aber Ansteckungsherde erhalten, und neuerdings ist die Seuche wieder an verschiedenen Stellen ausgebrochen. Die Krankheit zeigt sich in Geschwüren und übt einen geradezu verheerenden Einfluß auf den Schweinebestand aus. Mindestens 75 Proz. der erkrankten fallen der Seuche zum Opfer und selbst die scheinbar wieder genesenen Thiere führen ein hinsiechendes, schwindsüchtiges Leben. Nach den Schlachtergebnissen sind die inneren Theile dieser Schweine, Leber, Lunge, Darm, von den Geschwüren infizirt, so daß die allgemeine Annahme der land— wirthschaftlichen Kreise, daß auch die wieder gesund gewordenen Thiere unbrauchbar sind, nicht ungerechtfertigt ist. Welche große Gefahr auch Dänemark darin erblickt, beweist, daß das seit 1587 gegen Schweden erlassene Einfuhrverbot bis heute noch nicht aufgehoben ist. Eine Verbilligung der Fleischpreise ist von der Aufhebung unseres Einfuhrverbots nicht zu er—
sie dort angerichtet hat für das Jahr 1873 auf 20 Millionen Dollars, für das Jahr 1852 auf 13,5 Millionen Dellars, für das Jabr 1884 wiederum auf 20 Millionen Dollars und für das Jahr 1885 auf 25 bis 35 Millionen Dollars, und wenn man prozentual die Verluste, welche durch diese Krankheit hervorgerufen worden sind. berechnet, so stellt sich beispielsweife heraus, daß in Missouri 1876 30 ( des gangen Schweinebestandes an dieser Cholera zu Grunde gegangen sind, in Kentucky: über 26 0, in Indiana; 1809, in Georgia: 100i , in Sbio: 7g. Nun, meine Herren, legen ja diese Zahlen die Er⸗ wägung nabe, daß es geboten ist, sich gegen, diese Seuche so lange zu schützen, als überhaupt die Möglich keit einer Einschleppung gegeben ist. Ich würde es nur dann für verantwortlich alten koͤnnen., das KAusfuhrverbot aufzuheben, wenn der Rachweis zu führen wäre, daß durch dieses Einfubrverbot der deutschen Wirtbschaft ein Rachtheil zugefügt wird, welcher ganz außer Verhältniß zu dem Nutzen steht, den das Einfuhrverbot durch
erden sollen. Ich habe mich überzeugt, daß bis zu diesem e if Auch äche an Linziges Vänsbielĩ vothanden ist, bat, von Steinbruch aus die Maul⸗ und Klauenseuche verschlepyt worden ist. In jedem Dorfe, in jeder Stadt kann gelegentli einmal eine Krankheit ausbrechen, daraus 6 aber do nicht, daß man wegen so vorübergehender Zufälle jahre⸗ lange Erschwerungen eintreten lassen muß. Jedenfalls müßten die Inlandsverhältnisse mit derselben Strenge ver⸗ folgt werden wie die an der Grenze. Seitdem die Rothlauf⸗ seuche in höherem Maße die Aufmerksamkeit auf sich gezogen, en in den technischen Instanzen die eingehendsten Erörte— rungen stattgefunden, um die esetzgebung nach dieser Rich⸗ tung einigermaßen auf die Höhe der gegenwärtigen Kenntnisse und Erfahrungen zu bringen. Aus der technischen Deputation
und für das nächste Jahr rorläufig eine Beihülfe an die Unterbeamten in Aussicht nimmt. Vielleicht dürfte die Reichs⸗ verwaltung dieselben ägungen eintreten lassen wie in
seien deshalb als sehr unsicher anzusehen. Der Hinweis auf dieselben, wie wir ihn in den letzten Jahren so häufig von dem Bundesrathstische aus gehört haben, gewinnt unter diesen Verhältnissen eine besondere Beleuchtung. In der Werth⸗ berechnung der Textilfabrikate, die ein Drittel unseres ganzen Exports ansmachen, ist von dem Jahre 1880 plötzlich eine Er⸗ höhung der Bewerthung eingetreten, die gar nicht durch ver⸗ anderte Handels ⸗ und Werthverhältnisse gerechtfertigt ist. Pro Doppel⸗Lentner wurden im Jahre 1879 800 S, vom Jahre 1880 ab 1078 M berechnet; es handelt sich dabei um 000 Doppel⸗Centner, so daß lediglich durch die veränderte Berechnung der Werth um 150 Millionen in die Höhe gegangen ist. Die Schweiz bezifferte ihren ort an Seide und ö,. im Jahre 1884 auf 10700 Doppel⸗Centner im Werthe von
2. * 4 zu hören, welche wir nach seiner Meinung ge en. Abg. Richter: Es ist ganz natürlich, daß wir, wenn wir an der Hand von tsachen nachweisen können, daß Ihre damaligen Gründe für die Bewilligung nicht zutreffend gewesen sind, darauf aufmerksam machen. Es ist erklärlich, daß Sie solche Debatten lieber vermeiden wollen, aber wie Sie uns Vorwürfe machen können, daß wir die Mißerfolge konstatiren, verstehe ich nicht. In dem Augenblick, wo Sie auf Grund solcher falschen w;rthschaftlichen Politik weiter gehen wollen und den Steuerzahlern durch solche abenteuerlichen Pläne, wie die neue Verbindung nach Ost⸗Afrika, neue Lasten auferlegen wollen, ist es unsere Pflicht, auf die bisherigen Mißerfolge hin⸗
Sachsen. Bei unserem Etat von 1200 Millionen würde eine Aufbesserung der Bezüge der unteren Beamten nicht viel aus⸗ ma
Staatssekretär Dr. von Boetticher:
Während der bereits viertägigen Dauer der Debatte über den Etat des Reichsamts des Innern hat mir nichts so viel Freude gemacht als die Anregung des Herrn Vorredners, und ich bin ihm dankbar dafür, denn ich sehe, daß er mit mir darin übereinstimmt, daß man die Beamtenkräfte gut stellt und sie so zablreich bemessen soll, wie es für den Dienst erforderlich ist. Allein, meine Herren, wenn bisher in dieser Richtung beim Statistischen Amt nicht mehr geschehen ist. als sich aus dem Etat ergiebt, so liegt das daran, daß die Verhält⸗
zuweisen. Wir würden geradezu unsere Pflicht gegen das
Vaterland und die Steuerzahler hintansetzen, wenn wir
schwiegen. Im Gegentheil, diese Diskussion ist der Anfang
der Diskussion über die ostafrikanische Linie und giebt uns
Gelegenheit, diese ganz ungerechtfertigten Pläne mit Erfolg zu
bekämpfen.
Abg. von Helldorff: Da kein Antrag vorliegt, habe ich nicht die Absicht, heute beim Etat auf die Sache mit einem Worte einzugehen. Wenn aber der Abg. Richter sich ein Verdienst zuspricht, daß er hier Uebelstände zur Sprache bringt, die er schon früher erkannt hat, so bemerke ich, daß nach der ganzen Stimmung sowohl in der Presse wie
im Lande und bei Leuten von Urtheil Erfolge mit den
Reichs-Posidampferlinien wohl anzunehmen sind. Heute beim
Etat wollen wir uns aber in eine Diskussion mit dem Abg.
Richter darüber nicht einlassen. Gegenüber der Kleinlichkeit,
mit welcher der Abg. Richter die Mißerfolge vorgebracht hat,
meine ich, daß bei einem solchen Unternehmen Mißerfolge überhaupt nicht zu vermeiden sind. Diese Darstellung des
Abg. Richter richtet sich selbst, ich brauche darüber kein Wort
zu verlieren. .
Von dem Abg. Richter ist folgender Antrag gegangen:
den Reichskanzler zu ersuchen, mit der Gesellschaft des Nord
deutschen Lloyd Verhandlungen anzuknüpfen Behufs Aufhebung der
Damrferlinie Sydner —Samoa und der angemessenen Herabsetzung
der Reichs⸗Subvention für die australische Postdampferlinie.
Abg. Gebhard: Nicht das mache ich dem Abg. Richter zum Vorwurf, daß er überhaupt, wo er Schwächen sieht, die⸗ selben vorbringt; es ist unser Aller Pflicht und Schuldigkeit, das zu thun. Aber ich rüge die Behaglichkeit, mit der er es thut, und die Freude, die er an solchen Darstellungen hat.
Abg. Richter: Wenn man nichts zu sagen weiß, was zutrifft, so sagt man, die Sache richtet sich von selbst. Mit Behaglichkeit führen wir überhaupt die Diskussionen nach Möglichkeit; übrigens beneide ich Sie um die Behaglichkeit, mit der Sie auf Grund Ihrer falschen Wirthschaftspolitik immer neue Steuern auferlegen und den Steuerzahlern das Leben immer schwerer machen. Hr. von Boetticher hat selbst erklärt, daß der Schwerpunkt für die Samoalinie auf der politischen Seite liegt und daß man in Bezug auf die kom⸗ merziellen Fragen zu anderer Ansicht gekommen ist, als man damals war. Deshalb fragt es sich, ob nicht überhaupt diese
weiglinie auch vom Standpunkte Derjenigen aufzugeben ist, die damals dafür stimmten.
Abg. Dr. Windthorst: Ich gehe auf die Debatte nicht weiter ein, obwohl ich die Behauptung, daß wir hier nicht darüber diskutiren können, nicht als richtig anerkenne, denn wir haben beim Etat zu prüfen, ob die Gelder richtig ver⸗ wendet werden. Die Bewilligungen gehen jetzt in einem Tempo, das ich nicht fortsetzen will. Uebrigens kann ich heute für den Antrag Richter nicht stimmen, dazu ist die Sache nicht genügend aufgeklärt; in der Budgetkommission müßten erst amtliche Nachweise über die Resultate der Postdampferlinien gegeben werden. Amtliche Darlegungen waren das heute nicht, ich wünsche aber solche.
Abg. Richter beantragt die Ueberweisung seines Antrags an die Budgetkommission.
Der Titel wird bewilligt, der Antrag Richter der Budget⸗ kommission überwiesen.
Bei dem Titel „Für Ueberwachung des Auswan— derungswesens 180090 66 erkennt Abg. Dr. Singens eine erhebliche Besserung der Zustände auf dem Gebiete des Aus⸗ wanderungswesens im Laufe der letzten Jahre an, erwartet aber eine durchgreifende Abhülfe nur von einem internatio— nalen Auswanderungsgesetze; besonders sollten die verbündeten Regierungen dem ausgedehnten Mädchenhandel, der zum Nach— theil deutscher, ungarischer und böhmischer Mädchen stattfindet, ihre Aufmerksamkeit zuwenden.
Abg. Dr. Ham macher ist gleichfalls der Ansicht, daß den vielen Wünschen und Beschwerden in Bezug auf das Aus— wanderungswesen nur durch den Erlaß eines Auswanderungs— gesetzes wird begegnen werden können. Besonders empfunden werde der Mangel einer Angabe über die Berufsart der Auswanderer in dem Berichte des Auswanderungskommissars. Es würde sich wahrscheinlich als ein unbegründetes Vorurtheil gewisser landwirthschaftlicher Kreise herausstellen, daß der größte Theil der Auswanderer aus der Landwirthschaft komme; nach der Statistik, die in Hamburg aufgestellt werde, gehörten nur 8,9 Proz, der Landwirthschaft an. Dem Uebel der Auswan⸗ derung könne man nur an der Hand einer Berufsstatistik über die Auswanderer beikommen.
E Der Titel wird bewilligt.
n, Bei dem Kapitel „Statistisches Amt“ bemerkt Abg.
Broemel; Unsere w die einen so wesentlichen Theil der deutschen Reichsstatistik überhaupt bildet, hat im Laufe des letzten Jahrzehnts eine erhebliche Besserung erfahren,
sodaß eine Uebersicht über unsere Ein⸗ und Ausfuhr mit
größerer Genauigkeit möglich ist, als früher. Die Wagren⸗
werthschätzung, der ,,. große Schwierigkeiten im Wege
stehen, ist aber außerordentlich mangelhaft. Es finden sich bei
einer großen Reihe von Artikeln die erheblichsten Schwan⸗
. und Differenzen in der Bewerthung. Margarine
3. B., deren Werth ohne große Schwierigkeit festgestellt werden
kann, ist im Jahre 1884 mit 100 M, im folgenden nur mit
24 M6 per Doppel⸗Centner ö Professor Max Dietz⸗
mann in Chemnitz hat mit außerordentlicher Sachkenntniß
und staunene werthem Fleiß reiches Material zu dieser
Frage zusammengetraggen, und seine Zusammenstellung
verdient umsomehr Beachtung, als sie ohne bestimmte
juristisch⸗ politische Tendenz erfolgt ist; er kommt zu dem Ergebniß, daß die Mängel unserer erthstatistit in dem . System wurzeln, und daß unser System der Werth— 563 1. Resultaten nagt die mit den . That⸗
ein⸗
2X Millionen Mark; die deutsche Handelsstatistik führt die 960 Doppel⸗Centner, welche Deutschland davon transitirt hat, mit 90 Millionen Mark auf. Die deutsche Reichsstatistik schätzt den Doppel⸗Centner Papier auf 108 6, die Hamburger nur auf 51, die englische auf 52 M; allein bei dem Papierexport beträgt danach die Werthüberschätzung im Jahre 1884 50 — 120 Millionen Mark. Die deutsche Statistik berechnet den Export der feinen Lederwaaren nach Hamburg auf 26 000 Doppel⸗Centner im Werthe von 53 Millionen Mark, die Hamburger Statistik weist dagegen 271 000 Doppel-entner im Werthe von 7 Millionen nach; die Hamburger Statistik bewerthet nämlich den Doppel⸗Centner durchschnittlich mit 300 6, die Reichsstatistik mit 2000 S6 Die Schwierigkeiten, welche der Werthschützung entgegenstehen, sind ja bedeutend, namentlich in Folge der Sammelrubriken, wo einestheils verwandte und dann feinere und gröbere Waaren des—⸗ selben Artikels vereinigt werden. Aber gerade bei den Sammelrubriken ist nach Professor Dietzmann die Be— werthung so erfolgt, als ob sie nur aus feinen Waaren be⸗ ständen. Aus den gewerbetreibenden Kreisen sind ja über diese Verhältnisse bereits mancherlei Reklamationen ergangen, und sie haben mehrfach auch Berichtigungen zur Folge gehabt. Gerade die Art und Weise der Berichtigung aber, die meist gelegentlich in dem Jahrbuch des Statistischen Amts vor— genommen wird, hat Anstoß erregt. Es ist auch schon vor⸗ gekommen, daß die Berichtigungen, die in einem Jahre gemacht worden sind, in dem anderen Jahre bei Bearbeitung der Statistik wieder außer Acht gelassen worden sind. Das Statistische Amt, die wissenschafstliche Verwalterin unseres wirthschaftlichen Schatzes, muß die groben Mißgriffe, auf welche die Dietzmann'sche Schrift hinweist, eingestehen, klar— stellen und so weit als möglich berichtigen. Wir haben ein ge . Interesse daran, daß die mit so großen Kosten ver⸗ undene Handelsstatistik auch mit möglichster Zuverlässigkeit aufgenommen und veröffentlicht wird.
Siaarssekretär Dr. von Boetticher:
Ich freue mich zunächst, daß der Herr Vorredner die Mehr— forderung, welche wir zur Herbeiführung einer besseren Werthschätzung begehren, nicht beanstandet hat. Er hat sich aber in einer längeren Auseinandersetzung über die Mängel des bisherigen Einschätzungs ver fahrens ausgelassen, hat sich auf die Schrift des Herrn Professor Dietzmann berufen und hat eine Fülle von Einzelheiten vorgebracht, in denen es seiner Darstellung nach den An— schein gewinnt, als ob die Schätzungen, entweder die ersten oder die zweiten Schätzungen, nicht., zuverlässig gewesen sind, weil die Differenz zwischen beiden als eine sebr erhebliche sich heraus—⸗ stelt. Meine Herren, Sie werden nicht von mir erwarten, daß ich diese einzelnen Angaben einer Betrachtung unterziehe. Dazu fehlt mir das Material. Haͤtte der Herr Vorredner die Güte gehabt, mich von seinen Absichten vorher zu unterrichten, dann würde ich ihm vielleicht auch auf die einzelnen Punkte haben antworten können. Für mich ist in seinem Vortrage das einzig Wichtige und Interessante die Frage, ob das bisherige Schätzungspeifahren beizubehalten sein möchte, oder ob zu einem andern übergegangen werden muß. Das Schätzungs verfahren oder vielmehr die Art der Schätzung stellt ja an sich gar keine yrinzipielle Frage dar. Wir haben Alle ein Interesse daran, die Statistiker und die Volkswirttze, daß möglichst richtig geschätzt wird, und ein Verfahren, welches die Richtigkeit der Schätzung am sichersten verbürgt, wird von uns gewiß gern angenommen werden. Gerade zu diesem Zweck, um eine richtigere Schätzung herbeizuführen, ist die Mehrforderung, um die es sich hier handelt, in den Etat aufge— nommen. Wir haben die Erfahrung gemacht, daß die Zahl der herbei⸗ geiogenen Sachverständigen nicht ausreicht, um eine gründliche Sach⸗ kunde für alle einzelnen Waarenartikel zu gewährleisten, und es soll eben jttzt dahin gewirkt werden, daß man eine möglichst voll ständige Sachkunde für das Schätzungsgzeschäft heranzieht. Wollte man diese Frage hat ja auch der
und Herr Vorredner wohl gestreift — wollte man einfach zu dem Dekla—⸗ rations verfahren übergehen, so glaube ich, würde damit nicht etwas Besseres gewonnen sein. Denn der Versender der Waare hat in der Regel nur ein sehr einseitiges Interesse an der Deklaration und hat namentlich nicht immer das Interesse, richtig zu deklariren. Man würde also, wollte man zum Deklarationsverfahren übergehen, doch immer eine Instanz haben müssen, welche sich mit der Frage be— schäftigt, ob richtig deklarirt ist. Taxen sind ja bekanntlich Faxen, und in Folge dessen kann man von einer Schätzung, wie sie vorgenommen wird, nicht absolut das Richtige ver— langen. Aber wir werden auf dem einmal eingeschlagenen Wege — und ich mache darauf aufmerksam, daß dieser Weg ja erst seit 8 Jahren betreten ist — fortschreiten, wir werden die Mängel, die in die Erscheinung getreten sind, abzustellen bemüht sein und dabei auch die Winke, welche die Dietzmann'sche Schrift gegeben hat, und die Bemerkungen des Herrn Vorredners gerne benutzen. Daß wir ju einer fundamentalen Aenderung des bisherigen Verfahrens kommen sollten, das kann ich bis jetzt nicht in Aussicht stellen, aber auf die Verbesserung des bisherigen Berfahrens werden wir hinwirken.
Abg. Broemel:; Auch ich halte für das umfangreiche, die verschiedensten Verkehrsgebiete umfassende Deutsche Reich das Deklarationsverfahren für unzulässig. Bei der Werth⸗ schätzung aber sollte eine Bilanz, wie sie jeder Kaufmann auf—⸗ stellt, wohl möglich sein. Die Unrichtigkeiten sind bisher jedoch niemals korrigirt, was doch sowohl im Interesse der Handelsstatistik wie der wissenschaftlichen Statistik wünschens⸗ werth wäre. Die Kritik Dietzmann's ist so gründlich, daß sie , verdient, für unsere Handelsstatisrik verwerthet zu werden.
Abg. Dr. Baum bach wünscht eine Aenderung im Verhält⸗ niß der beim Statistischen Amt festangestellten Beamten 9e den allzu zahlreichen diätarischen Hülfsarbeitern. Obgleich letztere hier nicht zu entbehren seien, und obgleich diese Hülfs⸗ kraͤfte weit billiger seien, als fest angestellte Beamte, was sich auch in der Reichs-Postverwaltung zeige, so würde doch selbst eine ganz erhebliche Vermehrung der etatsmäßigen Stellen für das Reich von kaum nennenswerthem finanziellen Effekt . Der Vorschlag, nach Zjähriger Dienst⸗ zeit den Bureauarbeitern ein Gehalt von 1500 bis 1700 S und nach jähriger ein solches von 1809 6 zu bewilligen, sei durchaus nicht unbillig, namentlich in Anbetracht der erheblich estiegenen Löhne und. Lebengmittelpreise. Daß Letzteres der all fei, zeige selbst die sche Thronrede, die für
sachen er oder doch wahrscheinlich in völligem Widerspru ständen; die Erle en; unserer Aut⸗ * i e nf
nisse der Hälfsbeamten, denen der Hr. Abg. Baumbach sein Interesse besonders zugewendet hat, ganz eigenthümlich liegen, und daß sich insbesondere darunter eine ganze Reihe von Pensionären befinden, denen man mit einer etatsmäßigen Anstellung gar keinen Gefallen thun würde. Diese Pensionäre würden in ihrem Einkommen geradezu beeinträchtigt werden, wenn man den jetzigen Diätensatz, den sie als Hülfsbeamte im Statistischen Amt beziehen, ihnen nehmen und sie etatsmäßig anstellen wollte, denn dann würde ihnen eben die Pension, die sie jetzt unver⸗ kürzt bezieben, entsprechend gekürzt werden. Das ist ja ein Gesichts⸗ punkt, den die Finanzverwaltung nicht außer Acht laffen darf.
Außerdem ist der Finam effekt für das Reich kein ganz unerheb⸗ licher, denn so billig, wie man diese zum großen Theil untergeordnete mechanische Arbeit jetzt durch die Heranziehung von Diätarien erhält, würde man sie nicht haben, wenn man zu ihrer Bewältigung etats—⸗ mäßig angestellte Beamte verwenden wollte.
Allein ein Kern Wahrheit und ein Kern guten Strebens ist doch in den Bemerkungen des Herin Vorredners, und ich werde, so weit das irgend mit denlin Betracht kommenden Interessen vereinbar ist, gern bemüht sein, eine Vermehrung der etatsmäßigen Stellen beim Sta⸗ tistischen Amt herbeizuführen. Ich will dann nur hoffen, das mein 8 Kollege, der Staatssekretär des Reichs Schatzamts und der ohe Reichstag auch von derselben Bereitwilligkeit beseelt sein mögen, die der Hr. Abg. Baumbach und ich an den Tag gelegt haben.
Abg. Klemm: Nach den Worten des Abg. Dr. Baumbach könnte es scheinen, als ob die sächsische Thronrede selbst ein Heraufgehen der Löhne und Lebensmittelpreise zugesteht, wäh— rend die Aufbesserung der . in derselben keines—⸗ wegs damit begründet ist. Ich selbst schreibe das Steigen der Preise ganz anderen Ursachen, dem landwirthschaftlichen Noth⸗ stande, den Viehseuchen und Anderem zu.
Abg. Schrader: Es war nicht nöthig, in der sächsischen Thronrede die Ursachen für das Steigen der Preise anzugeben, denn in Sachsen kennt dieselben Jedermann. Man weiß, daß die Lebensmittelpreise in Folge unserer Zollpolitik in die Höhe gegangen sind. An unserer auf eine Besserung der Gehälter gerichteten Forderung, der auch die Re—⸗ gierung nicht zu widerstreben scheint, sehen Sie, daß es uns lediglich auf die Sache selbst ankommt, obgleich die Regierung uns das oft bestritten hat. — Ein Theil der im Statistischem Amt beschäftigten Personen, solche nämlich, die anderweitige Pensionen beziehen, wünschen keine dauernde Anstellung, weil sie ihre Pensionen nicht verlieren wollen. Die Zahl dieser ist aber nicht so groß, daß dadurch Diejenigen, die dauernd dort beschäftigt bleiben wollen, in ihrem Fortkommen gehindert werden können. Ich vermuthe, daß das ganze Haus im nächsten Jahre ebenso wie wir bereit sein wird, einer Vermehrung der etatsmäßigen Stellen im Statistischen Amt zuzustimmen.
Das Kapitel wird bewilligt.
. folgt das Kapitel „Kaiserliches Gesundheits—
amt! Hierzu beantragen die Abgg. Dr. Barth und Genossen:
Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, die Aufbebung des
Schweine Einfubrverbotes an der dänischen Grenze zu veranlassen.
Abg. Dr. Virchow: Wir wollten den Antrag, dem ich Sie zuzüsstimmen bitte, Anfangs in weit größerem Umfange aufstellen, als er jetzt vorliegt. Der Antrag hat seinen Grund zunächst darin, daß die dänische Seuche vollständig aufgehört hat, da sie an sich kein dänisches Produkt ist, sondern auch dort nur eingeschleppt war. Andererseits haben wir das Un⸗ glück gehabt, daß gerade im Laufe der letzten Jahre in Deutschland selbst eine Reihe von Krankheiten, die mit der dänischen Seuche verwandt sind, in außerordentlicher Verbrei⸗ tung geherrscht haben: die Rothlauf- und die Schweineseuche, zwei verschiedene, oft allerdings mit Unrecht zusammen⸗ geworfene Krankheiten. Das Kaiserliche Gesundheitsamt verfügt vielleicht über eine genaue Statistik der Krankheit, und ihre Kenntniß würde die kolossalen Verluste, die wir durch die Krankheit erlitten haben, deutlich zeigen. Wir leiden auf der anderen Seite noch immer unter der bedeutenden Erschwerung des Grenzverkehrs gegen Osten, wo die Maul⸗ und Klauensenche der Grund ist. Es ist seit einer längeren Reihe von Jahren geradezu eine Art von offiziöser Verpflichtung vorhanden, zu glauben, daß die Maul- und Klauenseuche immer von . eingeschleppt wird. Ich halte das für eine voreingenommene Stellung. In der preußischen technischen Deputation für das Veterinär⸗ wesen, in der vor 19 Jahren auch allgemein die Ansicht herrschte, daß die Maul- und Klauenseuche ein russischer Im— portartikel sei, ist eine allmähliche Aenderung der Anschauung eingetreten. Der vorletzte Bericht sagt, daß diese Krankheit auch in bisher vollkommen seuchefreien Gegenden plötzlich auf⸗ getaucht sei, wo die Möglichkeit einer Einschleppung nicht vor⸗ liege. Nach meiner Kenntniß gehört ein Gewaltakt dazu, diese Krankheit immer als von Rußland kommend zu betrachten. Auch bei uns haben fast ununterbrochen Seuchen geherrscht, denn in den letzten 13 Jahren ist Deutschland nur ein Vierteljahr seuchenfrei gewesen. Es ist ein zweischneidiges Schwert, wenn wir länger in dem bisherigen Rigorismus beharren. Die Untersuchungen über die Ursprungsstellen der epidemischen Krankheiten der Thiere sind ja außerordentlich schwierig zu führen. Ich möchte den verbündeten Regierungen und dem Kaiserlichen Gesjundheits amt entgegenhalten, daß es nichts Schlimmeres giebt, als eine vorgefaßte Meinung unter allen Umständen in der Gesetzgebung durchzupressen. Längere Zeit hindurch war es ja auch Staalsdogma, daß die Lungen senche von Holland eingeschlepst würde. Holland ist es nun mit der erstaunlichsten Mühe gelungen, sich fast seuchenfrei zu machen, und jetzt haben wir unseren eigenen wohlgehegten Seuchenherd in der Provinz Sachsen, den wir bis heute nicht vernichtet hahen. Ich will nicht sagen, daß wir unsere Grenzen vollkommen aufmachen sollen, aber man müßte sih auf das absolut Noth⸗ wendige beschränken, wofür sich nicht blos allgemeine Theorien, , . nachweisbare Thatsachen anführen lassen. So be⸗
37 gegen die Ausfuhr aus Steinbruch nach Oberschlefien Erschwerungen, welche weit über das zu billigende Maß hinaug⸗ gehen. Es besteht dort eine offizielle Quarantäne, in welche
. — iangh⸗ sã ; 1892/95 eine durchgreifende Aufbefferung der Beamtengehälter
alles Thiere gebracht werden, bie von dort jaug vertrieben
für das Veterinärwesen in Preußen und dem Kaiserlichen Hesundheitsamt sind Vorlagen hervorgegangen, die, wie mir versichert wird, vollkommen geeignet wären, eine ernsthafte Thätigkeit der Polizeibehörden im Deutschen Reich . führen und einen großen Theil der Seuchen zu vermeiden, die sich seitdem entwickelt haben. Aber da ist ein plötzlicher Süllstand eingetreten, wo, das weiß ich nicht. Sie mögen S mir nicht übelnehmen, aber ich habe ein wenig Hie Vorstellung, daß die Zärtlichkeit der Regierungen gegen die Agrarier etwas dazu beiträgt, diese Verhältnisse im Innern, nebenbei zum eigenen Schaden der Agrarier, sich so gestalten zu lassen. Wir müssen entschieden in Bezug auf bie Lungenseuche und den Rothlauf eine ganz strenge Gesetz⸗ gebung machen, dann wird auch das Ausland 6. Vertrauen haben und dann werden auch im Inlande die Sachen nicht zu einer solchen Kalamität werden. Es wird, von keiner Seite hestritten werden können, daß allmählich in Folge dieser Ver— hältnisse eine solche Theuerung des Fleisches eingetreten ist, baß selbst in Berlin der kleine Beamte gar nicht mehr in der Lage ist, so regelmäßig wie sonst sich mit Fleisch zu versehen, von den Arbeitern ganz zu schweigen. Es ist ein absolutes Bedürfniß, dem Import wieder die Wege zu bahnen und den Rarkt mit dem erforderlichen Quantum von Fleisch zu ver— sorgen. ö .
Staatssekretär Dr. von Boetticher:
Meine Herren! Ich muß Sie dringend bitten, den Antrag des Hin. Abg. Br. Barth abzulehnen. Dirsem Antrage liegen nicht, wie der Herr Vorredner in seinen Schl ußaus führungen behauptet hat, agrarische Tendenzen zu Grunde, sondern es sind bei dem Schweine⸗ infuhrverbot allein die Rücksichten leitend gewes en, welche die Regierung pflichtmãßig auf die Erkaltung und auf den Schuß des snlandischen Vichstandes zu nehmen hatte, und welche sie nicht außer Augen lassen durfte, wenn nicht bei weitem größere wirthschaftliche Fiachtheile eintreten sollten, als wie sie durch das Schwein eeinfuhr verbot hervorgerufen werden. Der Herr Vorredner hat bei feinen Darlegungen sich nicht auf das. Einfuhrverbot. Däne⸗ mark gegenüber beschränkt, sondern er hat in den Kreis seiner Be⸗ trachtungen auch das im Juli dieses Jahres erlassene Verbot der Einfuhr ron Schweinen gegenüber unseren östlichen Nachbarn gezogen, Ich habe mich bereits bei der ersten Leung des Etats über die Gründe verbreitet, welche die verbündeten Regierungen dazu bestimmt haben, Sr. Majestät dem Kaiser den Erlaß dieses Verbots ar zurathen. Ich kann im Allgemeinen auf meine Darlegungen verweisen, und ich will jetzt nur noch hervorheben, daß die Gefahr einer Seucheneinschleypung vom Ssten her in diesem Moment sich noch um nichts vermindert hat gegenüber dem Zustande, welchen wir im Juli dieses Jahres hatten. Wir verfolgen sehr sorg⸗ sältig den Gesundheitszustand unter den Schlachtthieren jenseits der Grenzen, und ich kann aus einer mir vorliegenden Nachweisung mittheilen, wie sich die Verbreitung der Maul, und Klauenseuche in Desterreich feit dem Juni dieses Jahres gestellt hat. Während im Juni in Oesterreich⸗ Ungarn nur 414 Gemeinden verseucht waren, Fat diefer Zuftand sich im Laufe der folgenden Monate erheblich ver⸗ flimmert. Die höchste Ziffer der Verseuchung ist am 31. Oktober mit 2646 Gemeinden erreicht, und gegenwärtig — die letzte Angabe datirt vom 7. November — herrscht noch in 1885 Gemeinden die Maul- und Klauenseuche. Eine ähnliche Entwickelung ist zu konstatiren für Ungarn. In Ungarn hat die Seuche vom 1. April, wo 41 Ge⸗ meinden verseucht waren, bis zum 5. November einen Umfang gewonnen, der eine Verseuchung von 12098 Gemeinden darstellt.
Mieine Herren, daß in diesem Zustande eine große Gefabr für uns liegt, das ist ganz außer Zweifel. Es ist richtig, mit dem Gesundheitsjustand in Deutschland stebt es auch nicht gut. Wir laben ebenfalls eine weit über unsere Wünscke hinausg⸗ gebende Verbreitung der Maul⸗ und Klauenseuche. Allein karüber — und das muß ich im Gegensatz zu dem Herrn Vorredner behaupten — ist gar kein Zweifel, daß wir eine ganze Reibe von Verseuchunge fällen konstatiren können, welche ihre Entstehung durch Zufuhr aus dem Auslande gewonnen haben. Was liegt also nãher, Ils daß man sich gegen das auf diesem Gebiete so gefährliche Ausland abschliezt? Der Herr Vorredner bat unsere Beziehungen zur Stein brucher Anstalt gestreift. Meine Herren, wir haben bei der Frage, in welcher Weise wir den inländischen Schweinebedarf, dessen Ve riedigung uns durch das Einfuhrverbot erschwert wird, anderweitig decken könnten, fehr wohl die ausgezeichneten sichernden Einrichtungen, welche die Steinbrucher Anstalt und der Steinbrucher Markt bieten, in Er— waͤgung gezogen, und jetzt ist für alle die Stationen, über welche wir aus Oesterreich⸗ Ungarn die Schweinezufuhr einlassen, ausdrücklich die Vergunstigung der Zufuhr nur auf Steinbrucher Schweine beschrãnkt. Allein auch die bestderwaltete und bezüglich des Gesundheitezustandes am besten geschützte Anstalt ist nicht davor sicher, daß auch dort der Infektionsstoff sich verbreitet, und so ist es denn auch der Stein⸗ krucher Anstalt passirt, daß vor Kurzem dort die Maul⸗⸗ und Klauen⸗ seuche ausgebrochen ist. ; ö.
Ich jweifle gar nicht daran, daß man in Steinbruch der Seuche bald Derr werden wird, und es wird mich freuen, wenn durch die Herstellung eines solchen Zustandes jede Gefahr für die Ein— schleppung des Infektionsstoffes nach Deutsckland beseitigt ist.
Nun aber, meine Herren, haben wir es bier bei dem Antrag des Hin. Abg. Barth nicht mit der Zufuhr aus dem Osten zu thun, wir haben es auch nicht mit der Maul und Klauenseuche zu thun; sondern wir haben das Einfuhrverbot gegen Dänemark im November 185? erlassen müßsen, weil damals in Daͤnemark eine sehr gefährliche Scweinekrankheit, welche wahrscheinlich identisch ist mit der ameri⸗ kanischen Hog ⸗Cholera“, sich gezeigt bat, und der Herr Vor— redner irrt, wenn er annimmt, daß eine Aenderung in Bejug auf diese Seuche dabin eingetreten sei, daß jetz jede Gefabr der Uebertragung dieser Seuche üher die dänisch⸗deutsche Grenze ausgeschlossen erscheine. Noch im September und Oktober d. J. sind auf Seeland Fälle dieser Schweineseuche konstatirt worden, und der Königlich dänische Minister des Innern hat in einer Sitzung des Folketbings noch neuerlich ju⸗ gegeben, daß diese Seuche noch nicht erloschen sei. So lange, wie
aber nicht geschehen ist, so lange ist es für die deutsche Regierung unmöglich, die dänische Grenze dem Schweine Import nach Deutschland zu öffnen, denn meine Herren, die Opfer, welche diese Seuche erfordert, sind ganz loloffale, und wir würden es nimmermehr verantworten können, Dentschland dem Import einer Krankheit zu öffnen, welche eine gan außerordentliche Schädigung des nationalen Wohlstandes mit Sicher- beit in Äusficht stellt. Zur Begrundung dieser meiner Auffassung will ich einige Zablen geben, welche . aus den Berichten jusammen ; stellen, die wir in amerikanischen Schriften über die verwüstenden Virkungen diefer „Hog ⸗ Cholera“ erbalten baben. Die Hog ⸗ Cholera
chin Ämerifa in der Hauptsache in den südlichen und westlichen
die Abwendung einer Gefahr für unseren Schweinebestand mit sich bringt, und in' diefer Beniebung bin ich denn auch meines Orts nach den Studien, die ich gemacht babe, gar nicht im Zweifel darüber, daß der Vortheil einer Aufhebung des Einfuhrverbots weitaus entfernt ist, sich dem Vorteil an die Seite zu stellen, der aus der Aufrecht baltung sich ergiebt. Meine Herren, wir baben allerdings eine Preissteigerung in Bejug auf das Schweinefleisch, das Rind- und das Schaffleisch in den letzien Monaten zu verzeichnen gehabt. Ich glaube kaum, daß irgend Jemand — und in diefer Beziehung muß ich die Andeutung des Herrn Vorredners zurückweisen — ein Interesse daran nimmt, die notwendigen Nahrungsmittel für das Volk über Gebübr zu ver tbeuern. Die Klagen über die bohen Preise der Lebensmittel werden übrigens nicht bloß in der Arbeiterwelt empfunden, meine Herren, auch wir hören sie in unsern Gesellschaftskreisen, auch unsere Haus frauen sind nicht erfreut, wenn das Schweinefleisch von. 75 A auf 1 4M steigt. Indessen, es fragt sich nur, wie man einer solchen Steigerung begegnen und wie man insbesondere die wirtbschaftlichen Folgen derselben beseitigen kann. n Nun ist die Steigerung der Preise keineswegs in Deutsch— land allein bemerkbar geworden. Im Gegentbeil, es liegen mir hier Nachweisungen vor über die Preisbewegung in Beug auf die Fleischpreife für London, für Paris, für Amster— dam, für Berlin, und aus diesen Nachweisungen entinebme ich, daß die Preissteigerung, die sich seit dem Axpril 1888, also vor Erlaß unferes Einfubrverbots gegen den Osten, bis zum August d. J, alfo nach Erlaß des Einfubrverbots, in Berlin volliogen bat, noch gar nicht einmal die stärkste Steigerung gegenüber den Steigerungs verhältnifsen in den anderen von mir genannten Großstädten ist,. Ich werde einige Zahlen geben. Der amerikanische Schinken kostete in London im April v. J 63 — 66, er stieg im August d. JT. auf 70 bis 74 sh pro 100 Pfund. Der dänische Speck Lostete in London im April 47-53, im August. 8a 7 In Paris stellten sich die Fleischpreise für Fettschweine im April v, J. auf 11,18, und im August auf. 38 — 1653 Fr. pro Kilogramm In Amsterdam kostete ein Kilogramm Schweinefleisch O. 35 bis F40 Fl., im August O47 bis O, 3, und die Steigerung, welche wir in der bezeichneten Periode für Berlin zu verzeichnen haben, stellt sich dahin, dat im April v J. das Schweinefleisch 38 bis 43, wãh⸗ rend es im August d. J. 53 bis 60 notirt wurde. — Tas ist sür 100 Pfund lebendes Gewicht mit 20 * Tara. Ich ziehe, meine Herren, daraus den Schluß, daß keineswegs das Einfuhrverbot der ausfchließliche Grund für die Erhöhung der Fleischpreise gemesen ist. Ich ziehe weiter daraus den Schluß, daß es ganz allgemeine Ursachen find, welche diese Erhöbung der Fleischpreise berbeigeführt haben. Nun, meine Herren, glaube ich auch darin keinen allzuerheblichen Wider⸗ fpruch zu finden, wenn ich sage: so beklagenswerth diese Steigerung der hreise ist und so wünschenswerth es im Interesse der konsumirenden . ift, niedrige Preise zu halten, so sebe ich darin doch kein Unglück, so lange die Erwerbsverhältnisse der konsumirenden Freise fich fo gestalten, daß die höheren Preise bezablt werden können. Erst bann, wenn mir nachgewiesen wird, daß der Erwerb, insbhesondere unserer arbeitenden Bevölkerung, es nicht mehr gestattet, die Preise zu jablen, welche jetzt bezablt werden müssen, erst dann werde ich zugeben, daß ein Nothstand eingetreten ist, der der Abhülfe dringend bedarf. Meine Herren, man bat — ich weiß nicht, ob man min diesen Grund wieder bringen wird — man hat darauf bingewiesen, daß Deutsch⸗ land, was den Schweinekonsum anlangt, auf das Ausland angewiesen sei. Man hat die Bebauptung aufgestellt, Deutschaund könne auf den Impott von Schwelnen aus dem Ausland gar nicht verzichten. Es ft dies nicht richtig. Unsere Statistik, die Einsubr und Ausfuhr⸗ statistik ergiebt, daß wir beispielsweise im vergangenen Fabre — aller dings ich gebe zu, es ist das erste Jahr seit einer sebr langen Periode, daß unfer? Ausfuhr die Einfuhr nicht unerbeblich überstiegen hat. Es sind im Jahre 1888 eingefübrt: rand 2982 007, und es sind aus⸗ gefübrt 355 500 Schweine. Also daraus ergiebt sick, wie er, daß Deutschland wobl im Stande ist, für seinen bedarf zu sorgen, und namentlich, wenn man dabei erwägt, daß sich der Ersatz bei den Sc weinen ungemein leicht vollziekt Das Schwein ist bekanntlich in Bejug auf die Produktion ein sehr ergiebiges Thier. Eine Vermehrung für jedes weibliche Schwein um 16 bis 20 Stück pro Jahr ist gar nichts Seltenes und wenn augenblicklich die Bezugsquellen um deswillen namentlich für die Händler unbeguemer geworden sind, weil an Stelle des gewohnten Imports aus Desterreich⸗Ungarn neue Quellen aufgesucht werden müäffen, fo din ich fest übereugt, daß sekr bald. der Zustand eintreten wird, wo. die deutsche. Landwirthschaft dollauf im Stande sein wird, diese verloren gegangenen Duellen ju ersetzen, und wo dann naturgemäß, auch, die Flagen über zu hob Preise aufbören werden. Das Schweinefleisch wird billiger werden, und wir werden auch dann die Möglichkeit ver— lieren, über zu hohe Preise zu klagen. . . . Aber wie gesagt, meine Herren, die wirtbschaftliche Seite der Sache ist für die verbündeten Regierungen nicht der Hauptgrund gewesen, um das Einfubrverbot zu erlassen. Das wesent liche Ife en besteht in dem Schutze unseres beimischen Viebstapels. So lange in Däneigark die von mir als sehr gefährlich bezeichnete Seuche nicht vollständig erloschen ist, und iwar längere Zeit bin · durch voll ständig erloschen ist, können wir nicht dazu ratben, das Einfuhrverbot gegen Dänemark aufzuheben. . Diefes Einfuhrverbot hat übrigens, wie ich nebenbei bemerken will, weitaus nicht die wirthschaftliche Bedeutung, wie das Einfuhr. verbot gegen Often. Denn die Zahl der Schweige, welche aus Dänematk in den freien Verkebr des Inlandes übergegangen sind, ift außerordentlich gering gewesen; sie bat, sich auf wenige Tausende erstreckt. Die Mehrzahl, der Schweine ist in die Exportschlächtereien übergegangen, sie ist ausgeführt worden und allerdings auch — und dabei ist der inländische Konsum be— theiligt — in die Wurstfabriken gewandert. gun, meine Herren, komme ich zum Schluß. Ich sage: das Einfuhrverbot gegen Dänemark ist woblüberlegt erlassen; es ist nichts inmittelst eingetreten, was die Gründe, die zu seinem Erlaß geführt baben, nach irgend einer Richtung erschüttert hätte, und ich kann des balb nicht in Aussicht stellen, daß die verbündeten Regierungen daiu übergehen werden, dieses Verbot aufzubeben. Ich bitte den eichstag dringend, ung in dem Beftreben, unseren Viebstapel vor der Ein ⸗ k von Seuchen aus dem Auslande zu schützen, ju unter tützen. Abg. Grub: Bei einer genauen Prüfung der Frage muß ich dem Antrage Barth und Henossen widersprechen. That⸗ sächlich geht mit der großen Entwickelung des Molkereiwesens in Danemark die Schweinemast Hand in Hand und in Ver⸗ bindung damit steht die Zunahme des Schweineexrports, der über na und Hamburg cht. Die Schweinecholera oder Schweinepest brach zuerst [8s in Schweden aus und wurde von dort Aber Danemark nach England und Amerika importirt.
port aber
Schweine.
warten; dem gegenüber steht die Gefahr der Einschleppung einer Krankheit fahr, Großgrundbesitzer trifft. kleinen Mannes wollen wir Alle ohne Unterschied der Partei sorgen. In ganz Deutschland giebt es keinen kleinen Grund— besitzer, selbst keinen Tagelöhner, der, wenn er überhaupt ein Grundstück hat, nicht ein Schwein hält. f das Volkswohl einschneidenden Fall müssen die Interessen einiger weniger Industriellen sich dem allgemeinen Volkswohl unterordnen. Und deshalb lehnen wir den Antrag Barth ab. Gegenüber den Ausführungen des Hrn. Virchow meine ich im Sinne aller Landwirthe in ganz Deutschland, daß wohl kaum ein Reichsgesetz so segensteich gewirkt hat, wie das Vieh⸗ seuchengesetz. m gegenüber dem Auslande nothwendig ist.
von verheerender Wirkung, eine Ge— mehr den kleinen Mann, als den Und gerade für die Existenz des
die viel
Bei einem so tief in
Thatsache ist, daß immer eine große Vorsicht
Abg. Kröber: Ich spreche vom süddeutschen Standpunk.
für den Antrag, die Maul- und Klauenseuche mag allerdings durch den Import österreichisch-ungarischen Viehes verbreitet sein. Schmuggel eingeführt worden sein? Jedes absolute Verbot der Einfuhr bedingt bei der Differenz der Preise diesseits und jenseits der Grenze naturgemäß den Schmuggel. Sie die Grenzen noch so sehr bewachen, werden Sie den Import würde erreicht Grenze viel stärkung d r Der Vlehstand an der Ostgrenze ist durch schlechtes Futter im letzten Jahre wesentlich reduzirt und ein weiteres Herauf— kommen derselben wird durch die hohen Viehpreise verhindert. Die Erleichterung des Imports würde dem Heraufkommen
Aber kann diese Krankheit nicht auch durch den
Und wenn
ausschließen können. Deshalb des Veterinarpersonals mehr werden können, wenn jedes Stück Vieh an der ein Gesundheitsattest haben muß; das würde mehr die Einschlexpung verhindern, als die Ver— der Grenzwachen und die sogenannte Grenzsperre.
O
doch nicht ganz durch Vermehrung
des Viehstandes sehr zu Statten kommen. Statt den Im— zu erleichtern, zwingen Sie ihn auf einen illegalen Weg. Der Magistrat von München hat sich auch gegen das Einfuhrverbot erklärt. Die zweite Qualität Kalbfleisch ist in München von 44 im Anfange dieses Jahres auf 66 3, also um 50 Proz. ge— stiegen. Sollen denn die Fleischpreise immer weiter steigen, bis der Arbeiter überhaupt nicht mehr Fleisch kaufen kann? Die weitere Aufrechterhaltung der Grenzsperre ist geradezu eine Landeskalamität geworden. Die Provinzial— vertretungen von Oberbayern haben an die bayerische Staats— regierung ein Gesuch um Aufhebung des Einfuhrverbotes ge⸗ richtet. Durch eine strenge Ueberwachung jedes Thieres und die Erleichterung des Grenzverkehrs wird mehr erreicht, als durch die Grenzfperre. Man glaubt auch die Gründe für das Einfuhrverbot nicht, sondern denkt, daß die maßgebenden Kreise ein Interesse an den höheren Fleischpreisen haben, und das wird ihnen immer vorgehalten werden. Deshalb ersuche ich den Bundesrath um sehr eingehende Erwägungen darüber, ob nach dieser Seite Erleichterungen eintreten können. Er würde sich den Dank der süddeutschen Bevölkerung sicher er— werben, wenn er diese Maßregel aufhebt. Abg. Webs ky beantragt: . den Reichskanzler zu ersuchen, die Erlaubniß der Einfuhr lebender Schweine nach den Schlachtböfen des Deutschen Reichs in möglickst ausgedehnter Weise zu gewähren. ö. Abg. Graf von Mirbach: Allerdings können durch den Schmuggel auch Thiere über die Grenze gebracht werden, damit kann man aber auch einen regelmäßigen Handel nicht vergleichen. Dieser bringt uns die Seuche sofort. Das Ein⸗ fuhrverbot schädigt Deutschland nicht, in meiner Heimath wenigstens, wo wir eine totale Mißernte an Getreide hatten — es fehlt sogar das Saatkorn —, war es, besonders für den kleinen Landwirth, eine Hülfe, daß in den letzten Monaten das Vieh zu annäherd guten Preisen erwartet werden konnte. So hat die Sperrmaßregel, die allerdings einen anderen Zweck verfolgt, gut gewirkt. Gegenüber von München führe ich Breslau an. Der Magistrat von Breslau hat bei den Stadt⸗ verordneten beantragt, die Mahl- und Schlachtsteuer, die UM Millionen Mark also auch eine hübsche Belastung der Konsumenten — beträgt, beizubehalten. Die Erklärung des Staatssekretärs von Boetticher wird Viele beruhigt haben. Ich habe allerdings niemals daran gezweifelt, daß in Deutschland noch Schweine genug heranwachsen. Ob der Abg. Virchow von einer Fürsorge für die Landwirthschaft oder von dem Gegentheil ausgegangen ist, das habe ich nicht recht verstehen können. Ich nehme zunãchst das Gegentheil an. Mit veterinärpolizeilichen Maßregeln ist besonders an der Ostgrenze nichts gethan, da herrschen allerlei Mißstände. Wir wunschen deshalb, daß die Grenzsperre thunlichst aufrecht erhalten werde. Sehr bedauern muß ich die Aeußerung des Abg. Virchow: Wir bedrohen möglicher—
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weise bei unserem veterinärpolizeilichen Stillstand das Aus⸗
land. Ich fürchte, daß das Ausland sich dieses Wort merken und Erschwerungsmaßregeln gegen uns einführen wird. Die deutsche Landwirthschaft wird dem Abg. Virchow dafür nicht dankbar sein und später mit ihm abrechnen. Der Abg. Virchow wird mit mir der Meinung sein, daß eine der schlimmsten Gefahren für unseren Viehstand die Rotzkrankheit ist; namentlich an der russischen Grenze haben wir mit den größten Gefahren in dieser Beziehung zu kämpfen; die Krankheit latitirt an unserer russischen Grenze. Unter der Verschleppung der Krankheit durch die Remonte⸗ Kommandos hatten wir . zu leiden; es ist denn für einige Zeit der Bahntransport der Pferde angeordnet gewesen, später äber in Folge von Vorstellungen an Allerhöchster Stelle wieder eingestellt worden. Die an Allerhöchster Stelle unter⸗ breiteten Gründe müssen aber überschätzt worden sein; denn der Zweck, den man bei der Beförderung der Pferde durch den Marsch olgte, wird keineswegs erreicht. Sollte in⸗
taaten der Union eingeniftet. Man berechnete die Verluste, welche
Die Pest war 1888 erloschen, in einigen Gegenden haben fich
dessen an dem isherigen Verhalten festgehalten werden, so