1889 / 285 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 28 Nov 1889 18:00:01 GMT) scan diff

ahlen über den Verkehr, mit denen man Staat machen könnte, sind natürlich nicht zu erwarten. Wir befinden uns am Anfange. Wie kann man glauben, daß die deutsche Ver— waltung einen plötzlichen Aufschwung in allen wirthschaftlichen Verhältnissen hervorbringen müßte? Da spielen noch andere Faktoren, besonders die Verhältnisse und Preise des Welt—⸗ marktes, mit. Die Vortheile einer geordneten europäischen, deutschen Verwaltung werden sich erst im Laufe einer langen Reihe von Jahren zeigen. Wir werden viel Geld, viel Zeit, viel Geduld, viel Arbeit gebrauchen, bis wir wirkliche Erfolge, wie man sie hier zu sehen wünscht, in unseren Schutzgebieten aufweisen können. Wer dies nicht einsehen will, mag sich in der Zwischenzeit immerhin über die unproduktiven Anlagen beklagen. Mit einer derartigen negativen Kritik kommt man nicht weiter, auf dem Boden einer negativen Kritik gedeiht der Baum der Erkenntniß überhaupt nicht.

Abg. Woermann: Die Berichte der Forschungsreisenden aus Togo und Kamerun lauten gerade in der letzten Zeit sehr günsti, und gerade diese Berichte haben veranlaßt, daß der Verkehr sich dort bedeutend gehoben hat. Besonders der Taback soll in Togo große Aussicht haben. Daß der Taback mit dem deutschen nicht in Konkurrenz treten kann, ist selbst— verständlich. Neu ist mir, daß ein Zuruf den Tabackzoll als einen Schutzzoll bezeichnete; bisher ist doch der Tabackzoll nur als Finanzzoll betrachtet worden. Redner verweist darauf, wie sich die Geschäfte in Lagos entwickelt haben. Lagos ist vor 20 Jahren auch nichts weiter gewesen, als Kamerun und Togo jLetzt Ebenso zeigt die englische Goldküste in nächster Nachbar— schaft von Kamerun eine günstige Entwickelung; die Kolonie ergab einen Ueberschuß von 800 000 ½¶. Die drei englischen Kolonien an der Westküste, welche nicht günstiger gestellt sind, als Kamerun und Togo, haben zusammen eine Ausfuhr von 11! Millionen Pfund Sterling; das ist doch eine Summe, die ins Gewicht fällt. Es kommt aber nicht bloß auf den direkten Verkehr zwischen dem Mutterlande und den Kolonien an, sondern die Kolonien werden die Stützpunkte für die weitere Ausdehnung des Handels. Nach dieser Rich— tung hin hat sich der Verkehr schon bedeutend ge⸗ hoben. Seitdem wir in West-Afrika festen Fuß gefaßt haben, ist Hamburg für Palmkernöl die Centralstelle ge— worden. Das Palmkernöl wird in Harburg in den Fabriken ausgepreßt und bildet dann wieder einen bedeutenden Export— artikel für Deutschland. Diese Thatsache beweist auf das Schlagendste, wie wichtig es ist, daß Deutschland sich dieser Sache angenommen hat. West-Afrika nimmt jetzt für Ham— burg im überseeischen Handel die sechste Stelle ein. Nun wird gesagt, der deutsche Handel könnte ja auch dorthin gehen, wenn dort englische Kolonien wären. Das ist richtig. Aber wie gering ist der Verkehr Deutschlands mit englischen Kolonien! Und wie stellt sich dem gegenüber der Verkehr Englands zu seinen Kolonien! Nach Ost- Indien allein hat England für 500 Millionen Mark Waaren exportirt, während die gesammte überseeische Ausfuhr Hamburgs nur 468 Millionen Mark beträgt. Wenn wir sehen, wie die Kolonien von allen Nationen umworben sind, wie sich der Handel entwickelt in diesen kleinen Küstenstädten, dann wäre es ein Unrecht, wenn wir auf diesem Gebiet nicht weiter fortschreiten wollten. Hr. von Kardorff hat neulich gesagt: Deutschlands Welmachtstellung erfordere eine koloniale Entwickelung. Das ist auch meine Ansicht. Es sind keine Chimären, wenn der große afrikanische Kontinent in Besitz genommen wird; es sind keine Chimären, wenn der König von Belgien zur Gründung eines großen Reiches viele Millionen opfert. Die übriggebliebenen Länder des afrikanischen Kontinents sind fruchtbar genug. Diejenigen, welche früher der Kolonialpolitik gleichgültig gegenüber gestanden haben, stehen ihr jetzt freundlich gegen⸗ über. Ich habe die feste Ueberzeugung, daß Afrika für Deutschland das wichtigste Handelsgebiet werden wird, welches wir überhaupt kennen. Deshalb müssen wir, was wir haben, weiter behalten.

Abg. Richter: Es ist allerdings eine Chimäre, daß große Summen für koloniale Zwecke in Deutschland von Privaten aufgewendet worden sind. Während viele Hunderttausende in dem letzten Jahre zu allen möglichen Zwecken gezeichnet worden sind, können Sie noch kein einziges Milliönchen nam— haft machen, das in dieser Zeit für koloniale Zwecke aufge— wendet wäre. Hr. Woermann hat auf den König von Belgien hingewiesen. Gewiß hat hier fürstliche Liebhaberei unermeß— liche Summen aufgeopfert; aber die Belgier haben sich ge— hütet, hierin den Spuren ihres Fürsten zu folgen. Die kleine Anleihe für die Congo-Eisenbahn hat glänzendes Fiasko ge— macht. Selbst dem Congostaat, dessen Verhaältnisse viel besser sind, als die in Togo, schenken die Finanzkräfte nicht soviel Ver— trauen, um auch nur zehn Millionen Francs zu zeichnen. Jedes Mal, wenn wir von einem einzelnen Schutzgebiet sprechen, lenken Sie die Debatte davon ab, steuern in den Ozean hinaus und reden von der Kolonialpolitik im Allgemeinen, damit ver— schleiern Sie nur die Sachlage. Wir denken nicht unbedeutend von unserem übersecischen Handel. Der hat aber nicht auf unsere Kolonialpolitiker gewartet. Der kleine Schnapshandel in Ost-Afrika und der übrige Handel in unseren Schutzgebieten sind doch Kleinigkeiten gegen unseren überseeischen Handel nach Amerika ꝛc. Nichts ist auch verkehrter, als wie Afrika als einen einheitlichen wirthschaftlichen Begriff hinzustellen. Weil in Lagos, meint der Abg. Woermann, eine gute Entwickelung stattgefunden, müsse dies auch in Togo geschehen, wenn man nur die Zeit abwarte. Man kann die Sache gar nicht phantasie— voller darstellen. Wir leugnen nicht die Nothwendigkeit der Staatshülfe für die Aue dehnung des überseeischen Handels; wir sind deshalb auch stets zum Schutz desselben für die Marine, die Vermehrung der Konsulate, die Freihandelspolitik, ohne die ein überseeischer Handel nicht möglich ist, eingetreten. Der Regierungskommissar meinte, wir behandelten Togo nicht mit Wohlwollen. Es kommt nicht auf Wohlwollen, sondern auf Wahrheit an. Deshalb wollen wir thatsächliche Mitthei⸗ lungen, um zu kritisiren, ob nicht Alles, was zur Verherr— lichung unserer Kolonien angeführt wird, auf Einbildung und falschen Angaben beruht. Hr. Krauel hat sein Material sehr weit herholen müssen, um uns vorzuführen, daß wir unrichtige Angaben gemacht, wenn er sich auf einen Artikel der „Kieler Zeitung“ berief. Im Kolonialkalender von 1889 ist nur eine einzige Firma in Togo aufgeführt. Hr. Krauel meint, es seien deren vier, die übrigen drei könnten doch nicht plötzlich dazu gekommen sein. In dem Kolonialkalender von 18909 heißt es aber ausdrücklich, daß drei weitere Firmen sich erst in dem letzten Jahre dort niedergelassen haben. Ich habe übrigens nicht von deutschen Firmen, sondern von den Deutschen, die dort wohnen, gesprochen; und von einer Firma weiß ich, daß sie durch einen Schwarzen vertreten ist. Diese Differenzen, die Hr. Krauel mit großem

Selbstbewußtsein angeführt hat, ganze Frage nicht erheblich. Jedenfalls ist es eine sehr kleine Zahl Deutscher. Hr. Woermann hat davon gesprochen, daß sogar eine deutsche Plantagengesellschaft zum Bau von Taback sich in Togo gebildet hat. Der ausländische Taback, sagen die Herren Krauel und Woermann, wolle dem deutschen keine Konkurrenz machen, der Zoll auf Taback sei kein Schutzzoll, sondern ein Finanzzoll; in England be⸗ zeichne man ihn ausdrücklich als Finanzzoll. Weiß denn Hr. Woer⸗ mann nicht, daß in England der Tabaclbau verboten ist, und des— halb der Zoll dort den Charakter eines Finanzzolls hat? In Deutschland ist der Tabackbau nicht verboten, und also der Zoll nicht bloß Finanz-, sondern auch Schutzzoll. Hr. H. H. Meier in Bremen hat seinerzeit direkt darüber geklagt, daß durch Erhöhung des Schutzzolls der Tabackbau bei uns er— schwert wird. Hr. Krauel meinte, wir verständen nichts vom Taback. In dem Maße, wie der ausländische Taback durch hohe Zölle vertheuert wird, ist es den inländischen Kon— sumenten unmöglich, den theueren ausländischen Taback zu kaufen. Aus diesem Grunde drängt der inländische Taback— bauer auf immer weitere Erhöhung der Zölle. Für alle diese Verhältnisse scheint der Abg. Woermann kein Verständniß zu haben, sonst würde er seinen Satz nicht aufgestellt haben. Ist der Abg. Woermann wirklich der Meinung, daß der Tabackzoll kein Schutzzoll ist? Dann setzt er sich in Widerspruch mit allen Parteigenossen, die sich bisher über diese Frage geäußert haben. Was eine Cigarrenfabrik in Braunsberg urtheilt, kommt nicht in Betracht. Worauf es mir hauptsächlich ankam, über den Sklavenhandel in den deutschen Schutzgebieten Auskunft zu erhalten, das hat die Debatte am wenigsten klar gestellt. Die Briefe Krause's sind schon im Januar und im April veröffentlich worden. Es muß auffallen, daß bis heute die Regierung nicht über die Sache orientirt ist. Ich habe den Satz aufgestellt, daß der ganze Auf— schwung in Togo eine Folge des Schmuggels ist. Wenn das nicht bestritten werden kann, dann muß ich allerdings sagen, das Togogebiet ist absolut nicht werth, daß es von Deutschen mit Geldaufwendungen unterstützt wird.

Ein Antrag auf Schluß der Diskussion wird angenommen.

Abg. Woermann spersönlich): Der Abg. Richter meint, daß nicht ein Milliönchen von deutschen Kapitalisten für koloniale Zwecke aufgewendet sei. Es sind aber thatsächlich im Ganzen 10 bis 12 Millionen eingezahlt worden.

Abg. Richter: Ich habe nur gesagt, daß, was seit dem letzten Jahre aufgewendet ist, noch kein Milliönchen beträgt. Die Ziffer des Abg. Woermann bezieht sich übrigens nicht auf baar eingezahlte Summen, sondern auch auf abgetretene Rechte.

Der Titel wird bewilligt.

Der Titel „Südafrikanisches Schutzgebiet“ 29 100 S wird in Verbindung mit dem Einmaligen-Ausgabe— zuschuß zur Bestreitung der Verwaltungs ausgaben im südwest— afrikanischen Gebiet 268 800 6 (166 800 S6 mehr als im vorigen Jahre) berathen.

Referent Abg. Dr. Bürklin begründet in längerer Aus— führung den Beschluß der Budgetkommission, die Summe unverändert zu bewilligen. Mit Rücksicht auf die schwierige Stellung des Reichskommissars Hauptmanns von Frangois sei eine Vermehrung der Schutztruppe dringend geboten, wenn auch die in letzter Zeit über die kritische Situation des Reichs— kommissars von François verbreiteten Berichte wohl über— trieben seien.

Staatssekretär Graf von Bismarck:

Ich möchte den Motiven, die aus dem Etat ersichtlich sind, noch Einiges hinzufügen, wenn schon der Herr Referent in dankenswerther Weise das Meiste und Beste wohl gesagt hat, was zur Begründung dieser Position gesagt werden kann.

In erster Linie möchte ich das bestätigen, was der Herr Referent über die Lage des Hauptmanns von Frangois gesagt hat, da ich wohl mit Recht annehmen darf, daß es allen den Herren hier am Herzen liegen wird, soweit Material vorliegt, darüber orientirt zu sein. Die Sache liegt turz so, daß sich die Verhältnisse in dem Hereroland Anfangs des Jahres so weit beruhigt hatten, daß im April das Kommissariat nach Otyimbingue zurückverlegt werden konnte. Mer Grund, welcher den Kommissar Nels, sowie den Hauptmann Frangois veranlaßt hat, Otyimbingue zu verlassen und sich nach dem ungefähr acht bis 9 Kilometer entfernt gelegenen Orte Tsaobis zu begeben, lag einmal darin, daß derselbe weitere Reibungen mit den Eingeborenen vermeiden wollte; zweitens aber auch darin, daß Tsaobis an einem Punkt gelegen ist, an dem sich die Wege kreuzen, die nach der Küste führen, und von wo aus derselbe am besten in der Lage ist, die Einfuhr der Waffen zu kontroliren, bezw. zu inhibiren. Dieser Grund ist mit entscheidend gewesen bei der Uebersiedelung des Hauptmanns von Frangois neben dem andern, daß derselbe in Otrimbingue ein passendes Unterkommen für sich und seine Polizeitruppe nicht finden konnte. Nach demjenigen, was der Herr Referent auch schon gesagt hat, befindet sich Hauptmann ron Frangois in einer gesicherten Position, außerdem ist nach den Beziehungen, in welchen er mit den Hereros gestanden hat, nicht anzu— nehmen, daß diese ihn angreifen oder ihm Schaden zufügen wollen. Die letzten amtlichen Nachrichten die uns vom Hauptmann von Frangois und über das Ergehen seiner Leute vorliegen, sind vom 18. Sep⸗ tember, also noch um einige Tage frischer, als die Privatnachrichten, welche vor kurzer Zeit in der Presse veröffentlicht wurden. Dieselben geben keinen Anlaß zur Beunruhigung, und da sie amtlich sind, so ist zu hoffen, daß wir gegenwärtig einen Grund zur Besorgniß nicht haben. Allerdings würde es immer sehr wünschenswerth sein, um sicher zu gehen und diese Leute in ihrer Stellung zu sichern, wenn die Schutztruppe, deren Anwerbung hier vom Reichstage erbeten wird, bald zusammengestellt werden könnte. Da heißt es auch: bis dat, qui cito dat, und es ist unzweifelhaft, daß diese unsere Landsleute, die in keiner besonders beneidenswerthen Lage sich befinden, es sehr danktar erkennen und mit mehr Sicherheit in die Zukunft schauen werden, wenn sie vernehmen, doß man sich schon in diesen Tagen damit beschäftigt, ihnen einen Sukkurs zu Theil werden zu lassen; die Vorbedingung dazu würde natürlich sein, daß die Herren diese Position heute bewilligen.

Um die Angaben, die ich vorhin machte, daß von einer feind— lichen Stimmung der Hereros gegen Hauptmann ven Frangois und die Deutschen überhaupt uns nichts bekanntist, noch zu belegen, möchte ich mir erlauben, einen Brief hier zu verlesen, welcher von Maharero an den Herrn Nels, als Stellvertreter des dortigen Reichskommissars gerichtet worden und vom 3. September datirt ist, aus Otyimbingue. Er ist übersetzt der Styl ist natürlich nicht ein ausgereifter und lautet folgendermaßen:

„Vor Allem muß ich Sie versichern, daß ich niemals unfried—⸗ liche Aksichten gegen den Hrn. Hauptmann von Frangois gehabt habe; als derselbe ron Usakes hierher zurückkehrte, da haben wir in der freundlichsten Weise mit einander gesprochen, und als er dann sein Lager an die andere Seite des Flusses verlegen wollte, da konnte ich nicht wissen, daß es damit eine solche Eile hätte. Des— balb sprach ich den Wunsch aus, damit zu warten, bis Sie an— kämen“.

Das „Sie“ ist immer Nels. „Dies that ich zugleich aus dem Grunde, weil Sie uns mitgetheilt hatten, daß der Hauptmann Ihnen unterstellt sei. Auch habe ich seine Antwort darauf als eine volle Zustimmung aufgefaßt. Aus

sind übrigens für die

diesen Gründen war ich aufs Aeußerste überrascht, als ich unmittel. bar darauf sab, wie der Herr Hauptmann mit der Truppe abzog, ohne uns zu grüßen oder eine Erklärung abzugeben. Deshalb schickt⸗ ich den Nikanor eiligst hinter ihm her, um mich nach der Ursache des für mich so räthselhaften Vorgehens zu erkundigen, und zwar bemerkte ich ausdrücklich, er solle keine Gewehre mimehmen. Leider liefen etwa vier Kinder (Jünglinge) mit, welche Gewehre mit— nahmen und sich, wie es scheint, an den Wagen des Herrn Haupt- manns nicht richtig benahmen. Daß die jungen Leute Gewehre trugen, kann ich ihnen nicht als eine besondere Schuld anrechnen, weil das hier Jeder thut; wohl aber war es ein Versehen, daß sie ohne Auftrag und ohne mein Wissen mitliesen und bei den Wagen sich so betrugen, wie sie gethan haben sollen. Wegen dieses Versehens bitte ich den Hrn. Hauptmaan von François um Verzeihung. . . . Ich schließe mit dem aufrichtigen Wunsch, daß die friedlichen Beziehungen zwischen uns und den Seamten der deutschen Regierung auch ferner fortbestehen mögen. Mit dem Gruß der Liebe und des Friedens verbleibe ich! —.

Ich muß um Entschuldigung bitten; ich habe einen Irrthum insofern gemacht, daf ich einen falschen Brief ergriffen habe. Ich sehe eben, daß dieser Brief von dem Zacharias Zeraua selber herrührt, von dem die Herren, die sich damit beschäftigen, wohl (in der Presse ge⸗ lesen haben, daß er derjenige war, der den Hauptmann Lon Frangois zu bereden suchte, dort zu bleiben Mehr kann man nicht verlangen, als daß dieser Zacharias selbst schriftlich durch den Reichskommissar den Hauptmann um Verzeihung bitten läßt.

Ich habe jetzt den anderen Brief in Händen von Maharero er ist viel kürzer —, von Ende August 1889, also etwa 8 Tage früher als der andere und Maharero schreibt einen etwas anderen Stel:

Als neulich Herr Nels hierherkam, da bengchrichtigtest Du,

Anführer der Soldaten, mich, daß auch Du hierherkommen wolltest“

der Brief ist also an den Hauptmann von Frangois gerichtet

„Nun höre ich aber, daß Du von Otvimbingue abgezogen bist,

und es scheint, daß Dein Abzug veranlaßt wurde durch einen

Zwist. Ich weiß jedoch nicht, mit wem Du den Zwist gehabt hast, ob mit den Engländern oder mit meinen Kindern

Kinder heißt hier soviel wie Unterthanen

auf Otyimbingue, da doch zwischen uns und Euch kein Zwist be— steht. Welche Art Zwist Deinen Weggang verursacht hat, ist mir unbekannt. Deshalb wünsche ich zu wissen, ob das eine Sache zwischen Euch und den Engländern ist. Wenn das der Fall ist, dann laßt mich aus dem Spiel, denn mit dem, was zwischen Euch und den Engländern ist, habe ich nichts zu schaffen. Wenn es sich aber um Etwas handelt, was meine dortigen Teute gethan haben, dann laß mich's wissen.“

Dies ist immerhin für einen Häuptling der Hereros ein ent— gegenkommender Brief, den man ebenso einen Entschuldigungsbrief nenen kann wie den anderen. Diese Briefe sind verhältnißmäßig jung, von Ende August oder Anfang September, und ich hoffe, daraus entnehmen zu können, daß eine momentane Gefahr nicht vor— liegt für die Truppen des Hrn. Hauptmanns von Frangois; aber, wie gesagt, um sicher zu gehen, ist es außerocdentlich erwünscht, wenn wir in die Lage versetzt werden tönnten, schon in allernächster Zeit eine Verstärkung dorthin zu schicken. Bei der Ausdehnung des SGe— biets und bei der Nothwendigkeit, die Waffencinfuhr und die Spiri— tuoseneinfuhr scharf zu kontroliren, würden 0 Mann gewiß nicht zu viel sein, und insofern die Herren nicht gesonnen sind, hier tabula rasa zu machen und die ganze Sache vom Reichstage aus so zu be— handeln, daß man sie besser aufgiebt, würde ich Sie dringend bitten, diese Forderung bewilligen zu wollen.

Die Entstehung der Sachlage kann mit wenigen Worten in Er— gänzung desjenigen, was ich vorher gesagt habe, dahin stizzirt werden, daß die Reibungen, von denen in der Presse mancherlei gestanden hat, in denen auch der bisherige Reichskommissar Göring sich amtlich hat äußern können, zurückzuführen sind auf die Agitationen des Kapländers Lewis, der schon mehrfach hier erwähnt ist, und verschiedener ähnlicher Abenteurer, welche für eine Annexion des deutschen Schutzgebiets an das Kapland agitirten und durch Zufuhr von Waffen, Munition und Spirituosen sich dort eine gewisse Stellung und einen erklecklichen Einfluß verschafft hatten. Es ist diefen gelungen, dem Maharero seiner Zeit, wie die Versammlung in Otyimbingue stattfand, im vorigen Jahre einzureden, daß die Kapregierung hinter ihnen stände, welches gänzlich unrichtig war und am besten daraus hervorgeht, daß die englische Regierung, die auch bei diesem Vorkommniß sich ebenso loyal benommen hat, wie auf allen anderen Gebieten, wo wir mit ihr zu thun haben, den Lewis und seine Hinterleute ausdrücklich desavouirt hat.

Es ist noch thatsächlich zu erwähnen, daß im Jahre 1885, wie der erste Schutzvertrag mit dem Maharero abgeschlossen wurde, von diesem im Namen des oder für den Lewis nur zwei Forderungen an— gemeldet wurden, welche Konzessionen auf Minen waren. Dieser Vertrag von 1885 ist später im Jahre 13887 bestätigt und er— weitert, nachdem inzwischen die Ansprüche, die angemeldet waren, von einer gemischten englisch⸗deutschen Fommission auf ihre Richtigkeit und Begründung geprüft worden waren. Auch vor dieser Kommission hat Lewis nichts weiter angemeldet, als seine Forderungen bezüglich zweier Minen, und ebenso ist in jenem erweierten Vertrage vom September 1887, also zwei Jahre nach dem ersten, wiederholt von diesen zwei Minen die Rede.

Nun, unmittelbar nach diesem 387er Abschlusse, sind dort die ersten Goldfunde eingetreten, und es liegt wohl auf der Hand, das veränderte Auftreten des Lewis darauf zurückzuführen, daß die Gold— funde ihm Lust gemacht hatten, seine Ansprüche weiter auszudehnen. Es ist anzunehmen, daß die Angehörigen des Kaplandes, welche dar . über Bescheid wissen, daß in ziemlicher Nähe dieses deutschen Schutz⸗ gebiets viel Gold und auch Diamanten gefunden worden sind. ange— nommen oder gehofft haben, es könne hier äbnlich sein, und sich auf alle Fälle die Ausbeutung sichern wollten. Thatsache ist, daß vom Herbst 1887 an das System der Aufhetzung von diesen kapländischen Aben— teurern mit viel mehr Nachdruck betrieben ist, und daß es Lewis an erster Stelle gelungen war, dem Maharero den Glauben beizubringen, der Reichskommissar Göring wäre nur der Abgeordnete einer Privatgesellschaft, da er so bescheiden und ohne Unterstützung an Mannschaften auftrete, und er wäre nur gekommen, um die Hereros und ihr Land ohne jede Gegenleistung auszunützen. Diese Agitation ist unterstützt worden durch die Mittel, die ich vorher nannte, die ihre Wirkung nicht verfehlten und die dazu führten, daß Maharero Lewis zum Mitregenten ernannte und ihm Generalvollmacht gab. Lewis hat sich darauf dem entsprechend benommen und hat eigenmächtig verfügt, es dürfe kein Berg- oder auch nur Häuserbau begonnen werden ohne seine Zustimmung. Dies hat andere Häupt⸗ linge verdrossen. Maharero ist nicht der einzige Häuptling dort; es giebt einige, die ähnlich starken Einfluß auf die dortigen Volks— stämme haben, und die haben sich dem Vorgehen des Maharero nicht angeschlossen. In erster Linie ist da ein Häuptling Manasse zu nennen, Manasse ist Christ, der Maharero ist, so viel ich weiß, noch nicht getauft; er gebört so zu sagen zu den dortigen Neophyten, und reservirt sich die Taufe, bis er auf dem Sterbebette liegen wird; als Grund hat er angegeben, er möchte sich von seinen vielen Frauen 5 trennen, was von ihm verlangt werden müßte, wenn er Christ würde.

Der Reichskommissar Göring hatte den Versuch gemacht, dort eine Schutztruppe anzuwerben, ich meine im Schutzgebiet, im Kap lande; dieser Versuch war aber mißlungen. Die Leute kamen nicht, hielten ihre Abmachungen nicht oder gingen auf eigene Hand fort, sodaß das Resultat war, daß Göring, der Reichskommissar, allein blieb. Hätte er damals auch nur die jetzige Schutztruppe zur Ver fügung gehabt, so ist wohl anzunehmen, daß diese Handvoll Abenteurer, welche der Maharero in dem vorhin ausführlich mitgetheilten Schreiben ausdrücklich desavouirt, eiwas zaghafter und rücksichtsvoller aufgetreten sein würde. Unter den Umständen, wie sie dort waren, hat, glaube ich, der Reichskommissar ganz richtig und weise gehandelt, wenn er Otyimbingue, wo es nur Reibungen für ihn gab, einstweilen

verlassen hat. Wie gesagt, hat sich sein Vertreter im April dahin jurückbegeben und ist jetzt in unmittelbarer Nähe. ö ;

Ein Moment möchte ich hier noch anführen, welches gestern schon von einem der Herren Redner gestreift worden ist, daß es nämlich unzweifelhaft sein dürfte, daß Fie dort als Abenteurer und. Freibeuter auftretenden Kapländer wohl Ermuthigung geschöpft haben werden aus den vielen abfälligen Artikeln in gelesenen deutschen Zeitungen und aus den scharfen und herabsetzenden Reden, welche hier im Reichs tage bezüglich des Schutzgebiets gefallen sind Die Herren werden mir darin beistimmen, daß die Kapländer nicht genau orientirt sein können über die hiesigen Verhältnisse und ohne Zweifel glauben, daß sowohl die betreffenden Qrgane unserer Presse, als auch, die Herren Abgeordneten, die den Schutzgebieten immer eine so harte Kritik n Theil werden lassen, einen großen Einfluß haben, und daß hie Regierung., wenn sie neben all der Mühe und Arbeit noch Verdruß und Aerger. mit diesem als so elend dargestellten Schutzgebiet hätte, wahrscheinlich froh sein würte, sie los zu werden. Ich glaube, daß das einge sehr naheliegende Schlußfolgerung ist, auf welche zudem die Berichte aus Kapstazt hin. zmaskommen. Es ist ja seit vorigem Februar eine lange Zeit ver flosen, in welcher viele Zeitungen nach dem Kapland gekommen sind, und ich glaube, daß die kapländischen Herren, welche dem Schutzgebiet ein so lebhaftes Interesse zuwenden, aus jenen herben Kritiken Er muthigung geschöpft und sie mit Befriedigung gelesen haßen werden in der Hoffnung, daß wir die Sache preisgeben würden. Die Herren wissen, daß gegenwärtig Unterhandlungen schwehen über den Verkauf eines großen Theils der der Südwest-Afrikanischen Gesellschaft ge= hörigen Ländereien. Die Bewerber sind zwei englische Gesellschaften, von denen eine recht potent ist. Aber der Vertrag, welcher jetzt dem Auswärtigen Amt vorliegt, hat in manchen Paragraphen, zu Bedenken Anlaz gegeben, die definitive Beschlußfassung ist darüber och nicht erfolgt, und, soviel ich orientirt bin, würde es keinen ungetheilten Beifall im Reichs- sage finden, wenn die Regierung die Zustimmung Nazu gäbe, daß an Fremde ein Theil der Ländereien verkauft würde. Ich habe nun ganz neuerdings noch von verschiedenen Deutschen eine Mittheilung he— kommen, daß sie bereit sind, sofort in den Vertrag einzutreten, welchen man den Vertrag Groll nennt. Diese Deutschen ich weiß nicht, ob die Herren genannt sein wollen, vielleicht wird man sich das besser aufsparen sind zunächst ihrer vier, zwei von denselben sind als wohlhabende Wechselagenten und Makler in London bekannt. Sie schreiben mir, sie beabsichtigen im Verein mit noch andern deutschen Firmen eine Compagnie zu bilden, um die in dem erwähnten Ver⸗ frag: an Groll übertragenen Rechte auszubeuten, und es ist diese Ge⸗ fellschcft in der Lage, die Kaassumme in kürzester Frist zu zahlen. Ich habe dies Ihnen mitthrilen wollen, um den Herren zu sagen, daß fich doch auch vier deutsche Namen gefunden haben, die Kauflust haben. Es wird Sache der Interessenten sein, mit diesen Herren in Beziehung zu treten. Ich werde mir erlauben, den Brief an die dortige Gesellschaft abzugeben. . .

Es läßt sich wohl hieraus der Schluß ziehen, daß die Herren, die mir dieses Schreiben geschickt haben, die Sache nicht für ganz werthlos halten; sie sind mir fast unbekannt, wir haben keine Be⸗ ziehungen zu ihnen, und sie würden doch nicht mehrere Millionen so ohne jeden Grund verlieren wollen. Ferner ist mie am Bezeichnendsten, daß die kaplandifchen Abenteurer mit solcher Hartnäckigkeit dort sozu— fagen ihre Haut zu Markte tragen; denn wenn die Schutztruppe, wie ich hoffe, verstärkt wird, so kann es doch leicht Ausweisungen geben, und bei Widersetzungen gegen Ausweisungen können auch körperliche Beschädigungen vorkommen; ich möchte daher annehmen, daß diese Kaplänber nicht so hartnäckig daran festhalten würden, sich dort ein— zunisten, wenn sie die Sache für ganz werthlos hielten. Ich hoffe, nie Herren nicht zu sehr zu ermüden, wenn ich in Erinnerung an die Frage des Werthes aus einer kurzen Zusammenstellung Einiges eitire, welche aus amtlichen Quellen, meist englischen und holländischen, gemackt ist. Da ist zunächst gesagt, daß dieses Kapland, welches jetzt eine der blühendsten Kolonien von England ist und jährlich 3 Mil lionen Pfund einbringt, über 150 Jahre nach seiner Entdeckung, bis 1545, gänzlich wüst gelegen hat; erst 1648 durch das zufällige Scheitern eines holländischen Schiffes in der Tafelbai ist Lort eine fsein: Anstedelung gestiftet worden, die sich lange Zeit sehr, sehr kümmerlich hingezogen hat. Besonders das Tagebuch des holländischen Gouverneurs Jan van Riebeck, welches recht interessant geschrieben, ist für Jeden, der an diesen Sachen Antheil nimmt, eine anregende Lektüre; er ist nur 10 Jahre dort gewesen, und als er 1662 die Kap stadt verlassen hat, welche damals aus einer Ansiedelung von knapy 2006 Häuschen bestanden, hat er die Zukunft der Kolonie für gesichert gehalten. Er hat sich aber darin geirrt. Nach zehnjähriger Amtszeit als Goucerneur und trotz aller seiner Mühe findet sich ein Brief an— führt von einem holländischen Kapitän, welcher, die heutige Kapstadt damals, Ende des 17. Jahrhunderts, für den schauderhaftesten Fleck der Welt erklärt, wo cas Fleisch so zähe, hart und saftlos sei, daß man es nicht essen könnte, und die Schiffe jeden Augenblick Gefahr liefen, zu stranden; die Ansiedler lebten meistens vom Ertrage ihrer Gasthäufer, Schnapsläden und Geflügelzucht. Ich habe den Herten in Erinnerung rufen wollen, daß über 200 Jahre nach der Entdeckung des Kaps bis 1712 die Kapstadt immer nur eine lästige Kolonie für die Holländer gewesen, genau gerechnet, über 69 Jahre nach der ersten Besiedelung; diese jetzt so reiche Kolonie hat also einen 4 jährigen Inkubationstermin gehabt, was, doch eine sehr be— deutende Reihe von Jabren ist im Vergleich mit unserer Kolonial⸗ erfahrung. Im Jahre 1712 hat die Kapstadt 260 Privathäuser ge zählt und war von einem Kreise wohlhabender Dörfer umgeben. Die Einnahme der Kolonie betrug damals 160 000, die Ausgaben 290 090 „, amo waren noch 150 000 S Zuschuß nöthig. Trotzdem haben die zähen Holländer ungeachtet dieser schlechten Erfahrungen die Sache festgehalten. Als im Jahre 1806 die Ergländer die Kolonie nahmen, hatte sich der holländischen Bauern eine große Unzufriedenheit be⸗ mächtigt, und sie zogen nach dem Vaalflusse. Dieses Land war früher als Wuste verachtet, die fleißigen holländischen Bauern haben sich jedoch Niederlassungen geschaffen, welche sie ernährten, und es führte dazu, daß im Jahre 13356 der englische Gouverneur der Kapkolonie ihnen das Land wegnahm und es unter englischen Schutz stellte, weil es gedieh, und die holländischen Boeren zogen darauf über den Vaal hinaus und bildeten den heute unter dem Namen Transvaal-Republik bekannten Staat. Ueber diesen Staat hat sich im Jahre 1852 der englische Gouverneur der Kapftadt, Henry Smith, in dem Sinne ge äußert, daß sein Gebiet abfolut gar nichts werth sei und daß es nicht lohnte, die englische Schutzherrschaft über dasselbe zu proklamiren. Ich glaube, daß dieses nicht ohne Interesse ist. Ich will nicht sagen, daß man daraus Schlußfolgerungen zieben soll, aber es zeigt doch, daß Gebiete in ziemlich unmittelbarer Nähe unseres Schutzgebiets recht viel Zeit gebraucht haben und lange Zeit als werth⸗ les erklärt worden, bis sie ihren Bewohnern Gedeihen und Fortkommen gaben. In der Transvaal Republik wurden im Jahre 1880 41600 weiße Einwohner gezählt, nach den letzten diesjährigen Berichten aus Kapstadt jetzt Io0 000 welze Einwohner; die Transvaal⸗Republik, die heut zu Tage die südafrikanische heißt, hat sich mithin in neun Jahren um fast 100 000 Einwohner vermehrt. Im Kapland sind die Fortschritte noch viel größere, obgleich dasselbe seiner Zeit als ein gottloses berrufen war. Es ist jetzt doxpelt so groß als Großbritannien und Irland zusammen, hat i Pillionen Einwohner. Und selbst die Territorien, welche unter dem Namen Great Karoo in den vierziger Jahren noch als eine Art Sahara verschrieen waren, sind heute mit Farmen bedeckt; es ist das namentlich der von Staatsmegen ein— geführten künstlichen Bewässerung zu verdanken. Auf die Bewässerungs⸗ rage komme ich auch gleich. Natürlich hat sie erst stattfinden können, nachdem nach Jahrhunderte langen Bemühungen das Kapland eine ertragssähige Kolonie geworden ist, und ich möchte mich dagegen verwahren, daß hier unmitteibare Vergleiche gezogen werden; Ich habe nur geglaubt, es würde die Herren interessiren, dies als Material dafür entgegenzunehmen, daß man hier doch nicht gar zu schnell ab⸗ urtheilen Joll. ; .

Es ist von dem Herrn Referenten auch gesagt, daf die Küste durch eiwa 50 und einige mehr Kilometer unfruchtbare Sandstreifen

gebildet wird; dahinter aber ist gutes Land. In der Hauptsache würde große Pferdezucht dort zu etabliren sein und beträchtlich zu ver⸗ größernde Rindviehzucht; es gedeihet dort, sobald nur Wasser da ist, auch der Weinstock und die Teige, wie in Kapland selbst. Nun wird in Bezug auf Bewässerung Manches geschehen können, zumal durch Anlage von Sammelbecken, Dämmen und Cisternen. Die Trans- vaalleute sollen außerordentlich geschickt in solchen Anlagen sein, bei ihnen liegen ähnliche Verhältnisse vor, und es ist also zu hoffen, falls wir diesen bisher fo stiefmütterlich behandelten südwestafrikanischen Schutzgebieten eine kurze Zeit der Ruhe gönnen, daß dort ähnliche Erfahrungen Platz greifen mögen. Interessant ist mir auch gewesen, aus einem der Berichte zu ersehen, daß ein Bergwerk, welches die Gspe copper mining compang, also eine Kupferbergwerks ⸗Gesellschaft aus der Kapstadt, angelegt hat in einer wasserlo en Gegend., nach Anbohrung alsbald Wasser ergeben hat. So kann man auch hierauf die Hoffnung gründen, daß, wenn weiter abbauwürdige Kupferlager angebohrt werden, sich in den Schachten Wasser finden wird, es würde dies von wesentlichem Nutzen für die Ausnützung der dortigen Mineral

ätze sein. . . . . de e eilen bestehen vier Gesellschaften, die dort thätig sind. Die erste ist die Kolonialgesellschaft für Südwest Afrika, welche den ausgedehnteften Landbesitz und auch die größten Bergwerksgerechts ame hat, welche eben in Verfaufsverhandlung steht. Zweitens existirt die Deutsche West⸗-Afrika⸗Compagnie, welche Versuche mit Export- schlächtereien vom Sandwichhafen aus macht und viele Handels“ expeditionen in das Innere schickt Behufs Exportirung von Fleisch. Drittens besteht die Deutschafrikanische Minengesellschaft, in der in der Hauptsache einige Rheinländer thätig sind, und endlich das Rehobother-Konsortium, welche sich mit Untersuchungen des vor— kommenden Kupfers und Goldes beschäftigen. Das sind alles kleine Anfänge, aber ich wollte dies sagen in Beantwortung einer Frage, welche ich aus dem Kommissionsprotokęll, ersehen habe. Nebenher giebt es noch eine Anzahl selbständiger Reichsangehöriger, welche in Folge der Kaiserlichen Verordnung vom März 1838 Schürfberechtigung erworben haben. Diese Ansiedelungen und Gesellschaften, welche dort Interesfen festgelegt haben. sowie die seit mehr als vierzig Jahren höchfst fegensreich wirkende rheinische Missionsgesellschaft, haben, glaube ich, Anspruch auf unseren Schutz, und selbst wenn dort nur dies Missionsgesellschaft sein sollte, die dort viele Tausende zum Christen thum bekehrt hat und Gesittung in das Land getragen hat, so würden alle die Herren, die damit Bescheid wissen, mit mir darüber über⸗ einftimmen, daß diese unseren Schutz verdient, wenn wir ihr denselben mit verhältnißmäßig geringen Summen gewähren können. ;

Waß diese Summen anbetrifft, so möchte ich auch noch erwähnen daß in dem unmittelbar benachbarten britischen Betschuanalande dasselbe ist erst vor vier oder fünf Jahren von England annektirt im Jahre 1886 für 3 Offiziere und 480 Mann fast 89000 Pfd. Sterl. in nem Jahre ausgegeben sind. Es sind dort ganz dieselben Ver⸗ hältaiffe, wie in unseren südwestafrikanischen Schutzgebieten; es giebt dort ebenfalls eine Anzahl Goldnester, aber auch zu wenig Wasser. Trotzdem hat das die Engländer nicht abgehalten, in dem einen Jahre beinahe 89 000 Pfd. Sterl. zu zahlen; diese Schutztruppe ist im nächsten Jahre auf 350 Mann erniedrigt, steht aber, soviel ich weiß, auf diefem Fuß noch heute. Eine von Seiten der Engländer getroffene Ein⸗ richtung scheint mit prima facie ganz prattisch zu sein, nämlich daß dort Farmen auf drei Jahre an Bauern oder Landarbeiter vergeben werden, wofür diese drei Jahre lang Kriegsdienste leisten und sich selbst be— waffnen müssen. Nach Ablauf dieser drei Jahre werden diese Farmer freie Eigentümer Das ist ein ähnlicher Zustand, wie er früher an der österreichifchen Militärgrenze bestand und wie er noch heute zu finden ist bei einigen Kosakenstämmen und den wir, wenn wir die Schutzgebiete behalten und wenn sie eine Zukunft haben sollten, vielleicht dort auch einführen könnten. Ich wollte die Sache hier nur erwähnen, damit sie als Material in der Reichstagsbibliothek bleibt.

Soweit man zur Zeit von Export und Import sprechen kann, ist beides natürlich gering. Es ist außerdem sehr schwer, darüber Genaues festzustellen, weil fast alles über Kapstadt geht. Die Haupt⸗ erportartikel sind, wie den Herren bekannt sein wird, Fleisch und Straußenfedern. Das Item Straußenfedern ist von Kapstadt und Transvaal aus ein recht beträchtliches, hoffen wir, daß es in unseren Schutzgebieten einmal auch noch so. werden kann. Was nun eine Spezlialforderung hier bei der Possitition betrifft für die Bergbehörde, so möchte ich darauf hinweisen, daß wir noch 19000 4 weniger dafür fordern, als die Gesellschaft dafür auf— zuwenden genöthigt war; diese Berxgbehörde hat einge⸗ richtet werden müssen, weil dort nicht nur konkurrirende dentsche Gesellschaften betehen, sondern auch fremde Unternehmer, und die Eingeborenen ebenfalls ihre Interessen haben. Da ist es nicht zu verlangen, daß eine betheiligte Gesellschaft so viel, Unpar— teilichkeit aufweisen soll, um sich das allgemeine Vertrauen bei. Recht · sprechung zu sichern, und ich glaube, daß woll kein Zweifel darüber beftehen kann, daß es sich empfiehlt, eine Staatsbehörde zu haben, welche die vielen Streitigkeiten, die jetzt schon vorkommen und noch in erhöhtem Maße vorkommen können, wenn der Bergbau sich rentabel k = Wegen des einen Zweckes der Polizeitruppe wollte ich „och anführen, daß es ihre Aufgabe mit sein wird, den fortwährenden Kämpfen unter den Eingeborenen durch Verhinderung des Waffen⸗ imports vorzubeugen. Aus den Berichten mancher Missionare werden die Herren die sehr berechtigten Klagen entnommen haben, mit welchen sie die fortwährenden Reibungen und Kämpfe zwischen den Ramaquahs, den Hereros und den Hottentotten schildern, welche die Bevölkerung dezimiren, und bei welchen es sogar vorkommt, daß von beiden Seiten schon zum Christenthum Bekehrte gegen einanzer kaͤmpfen. Ich glaube, daß da gerade die Polizeitruppe am heilsamsten wirken kann; sie soll nicht nur aus 50 Weißen bestehen, sondern noch aus etwa 50 Eingeborenen, die einzuüben sind. Das Abschneiden der Waffeneinfuhr ist einer der Zweige, den auch Hauptmann von Frangois im Auge hatte bei seiner ülebersiedelung nach Tsaobis. Der weitere Zweck ist, die Einführung der Spirituosen zu überwachen. Das halte ich nicht für so außerordentlich schwierig, denn die Küste ist zwar lang, aber hat wenig günstige Landungsstellen. Mit einem kleinen Segelboot dort irgendwo zu landen und sich auf den Strand laufen zu lassen, von wo man noch 50 oder 70 km in einem unwirthlichen Lande die Schnapsfässer auf dem Rücken tragen soll, dazu werden sicd nit so leicht Leute bereit finden, sie werden stets nach Sandwich— hafen oder nach Walfischbay zu kommen suchen, und in letzterem Hafen werden die englischen Behörden sicher mit uns zusammen— wirken, um den Spiritusimport zu verhindern. Also auch aus diesem Grande und ich betone das besonders, weil heute schon so viel

über die Schnapseinfuhr gesprochen wurde möchte ich befürworten,

daß die Polizeitruppe unverkürzt uns bewilligt wird.

Abg. Dr. Bamberger: Ich freue mich, daß der heutige Verlauf der Debatte einen friedlicheren Charakter angenommen hat als gestern. Wir können einen objektiven Standpunkt um so 6 festhalten, als die Kolonialpolitik voraussichtlich in Zukunft einen viel größeren Platz einnehmen wird, als

bisher. Erst heute kommen wir mit dieser Bewilligung zu der

eigentlichen, wirklichen, greifbaren Koloniglfrage, und doch haben wir uns schon seit Wochen bei verschiedenen Gelegen— heiten auf das Lebendigste über die Kolonialpolitik erhitzt. Daß das Auswärtige Amt eine besondere Abtheilung verlangt, begreife ich bei dieser Sachlage sehr wohl. Jeder erfahrene Geschäftsmann weiß, daß schlechte Angelegenheiten immer viel mehr zu thun geben als gute. Man sollte uns aber auch nicht Hiangel an Treue und Glauben vorwerfen und sich vor jedem Fanatismus in dieser rein wirthschaft⸗ lichen Frage hüten. Hier giebt es Feine. Religion, hier muß gerechnet werden, hier führt alle Schwärmerei zum Uebel, es muß mit positiven, konkreten Gruͤnden für und wider gekämpft werden. Daher ist es sehr willkommen, daß

hinter

gestern die Abgg. von Kardorff und von Bennigsen noch ein gutes Wort für uns eingelegt haben. Ich hoffe sogar, daß Hr. von Bennigsen auch den Theil seiner Rekriminationen gegen uns künftig fallen lassen wird, den er gestern noch auf⸗ recht erhielt. Er hat uns vorgeworfen, daß ein gewisser Theil der Presse, für die er uns verantwortlich macht, in etwas ab— fälliger Weise von dem Mißlingen der Kolonialpolitik rede. Im vorigen Jahre wandte sich Hr. Dechelhäuser als Mitglied der Ostafrikanischen Gesellschaft gegen mich, als von mir persönlich verletzt. Es that mir leid, daß er sich gereizt und gekränkt fühlte. Ich habe mich garnicht darum geklimmert, ob er Mit— glied der Gesellschaft sei oder nicht. Ich habe am Wenigsten die Herren im Verdacht, daß sie aus persönlicher Gewinnsucht sich in diese Angelegenheit hineinmischen. Ich halte die ge— nannten oder nicht genannten Herren für viel zu verständig, als daß ich von ihnen voraussetzte, daß sie aus Gewinnsucht handelten. Ich glaube vielmehr, daß sie aus einer Art von Hingebung für die Sache, aus dem, was man patriotisch nennt, weil es von der Regierung begünstigt wird, gehandelt haben. Während der lebhaften Debatten vor 11 Mo— naten, auf die auch der Herr Staatssekretär mit einer kleinen Spitze, namentlich gegen mich, hingewiesen hat, haben wir auf die ersten Nachrichten von den beunruhigten Verhältnissen in Südwest-Afrika die An⸗ frage gestellt, ob die Regierung glaube, das Terrain noch halten zu können, nachdem der Reichskommissar sich zurück— gezogen hatte und Streitigkeiten zwischen Maharero und den deutschen Ansiedlern entstanden waren. Der Reichskanzler warf mir vor, daß ich Anfangs unbewußter, dann sogar be— wußter Weise die Geschäfte deutscher Reichsangehöriger gestört, sogar so etwas wie Landesverrath begangen hätte. Ein sehr günstiger Verkauf von Bergwerken soll durch meine Ausfüh⸗ rungen gestört worden sein. Ich habe von zu verkaufenden Bergwerken nichts gewußt und wäre der Letzte gewesen, hem— mend einzugreifen. Jedes Interesse, erst recht ein Parteiinteresse lag mir vollständig fern. Der Reichskanzler schrieb mir zu, daß auf mein Urtheil hin die Leute, die Millionen für Berg— werke geboten hatten, jetzt ihr Angebot völlig zurückgezogen. Auch heute noch wird uns gesagt, daß die Kapländer nach unseren Ausführungen glaubten, die Deutschen würden sich in Angra Pequena zurückziehen, weil die Kapländer nicht wüßten, wie wenig Autorität die Leute hätten, die im Deutschen Reichs— tage geringschätzig von jenen Kolonien sprächen. In derselben Minute aber sagt der Herr Staatssekretär, daß der Reichs— kommissar Göring deswegen so verächtlich behandelt worden sei, weil man nicht gewußt hätte, daß der Reichskanzler ihm stände. Heute nimmt die Reichsregierung selbst Anstand, jenem Verkauf zuzustimmen, weil sie es für besser hält, daß der Besitz in deutschen Händen bleibe. Ich habe also dadurch, daß ich den Versuch gemacht habe, den Verkauf jener Minen zu stören, eine patriotische That begangen. Ich nehme für mich das Recht in Anspruch, mich auf den Boden zu stellen, auf dem im Jahre 1884 vom Reichskanzler die Kolonialpolitik eingeleitet wurde. Aus einem regierungsfreundlichen Blatte, dem „Hamburgischen Korrespondenten“, wissen wir, daß, als Deutschland den Plan faßte, die Karolinen zu besetzen, der Vertreter eines Hamburger Hauses in einer Privataudienz beim Reichskanzler die Ansicht vertrat, die heute der Abg. Hammacher hier vertritt und die Hr. Woermann früher ver— treten hat, daß kaufmännische Gesellschaften sich mit dem Schutz des Landes, der Polizei, der ganzen Vertheidigung nicht befassen können. Der Repräsentant jenes Hauses erklärte, wenn das Reich von den Karolinen Besitz ergriffe, müßte das Reich alle jene Verpflichtungen übernehmen. Der Reichskanzler hat dann erklärt, daß er die Kolonialpolitik in dem Sinne verstünde, daß die Kauf— leute, die Königlichen Kaufleute, wie er sagte, in den be— siedelten Ländern die Herrschaft übernehmen sollten, wie früher etwa die holländischen Kolonisten. Auf dieses Programm hin ist die Kolonialpolitik vom Reich inaugurirt. Viele Leute haben einer solchen Kolonialpolitik zugestimmt, ich selbst nicht, weil ich voraussah, es werde der Anfang sein, mit dem man uns in eine zweifelhafte Kolonialpolitik hineinzieht; bong fies vielleicht. Jeder aber, der in großen Geschäften Er— fahrung hat, sieht, daß unsere Kolonialpolitik nicht von großen maritimen Handelshäusern, sondern auf eine große doktrinäre Idee hin gegründet ist. Es war vorauszusehen, daß die Mlttel durchaus nicht den Zwecken und Aufgaben ent⸗ sprechen würden und daß wir in Kurzem an die Stelle kommen würden, wo das Programm des Reichskanzlers nur noch eine vergessene historische Reminiszenz sein würde. Jetzt geht das Dentsche Reich mit vollen Segeln in eine Kolonialpolitik hinein, die es übernimmt, die Interessen jeder einzelnen Unter⸗ nehmung im Auslande zu schützen. Das wollen wir nicht mitmachen. Wir werden die früher bewilligten 29 000 für die Schutztruppe weiter bewilligen, aber das jetzt ver⸗ langte Extraordinarium ablehnen. Wir wollen nicht ins Unermeßliche hinein das Reich verpflichten, Ausgaben zu machen für solche geschäftliche Unternehmungen, die vielleicht für den Einzelnen, vielleicht auch ür Mehrere und ganze Gesellschaften einen ganz erträglichen Nutzen abwerfen. Ich veranschlage, daß wir jetzt schon 20 Millionen jährlich direkt oder indirekt an unsere Kolonialpolitik wenden. Wie steht es nun mit der Schutztruppe? Im vorigen Jahre wollte man mit 30 Mann auskommen, und jetzt genügt diese Truppe doch nicht. Die Erfahrungen in Ostafrika haben wir ja jetzt vor uns. Vor 10 Monaten, als die Summe für Wiss⸗ mann bewilligt wurde, habe ich schon gesagt, mit so9 Mann ist das nicht gemacht, und so trifft es jetzt ein. Bewilligen wir jetzt diefe Mannschaft für Südwest-Afrika, so wird sie im nächsten Jahre wieder vermehrt werden müssen, und so wird nach und nach immer mehr nöthig, auch für die anderen Kolonien. Der Nutzen der Kolonien steht dazu in keinem Verhältniß. Bei der ersten k, ,,, will Jeder Ersparnisse machen, und dann geht man an die Bewilligung der einzelnen Posten, und wer etwas abzwicken will, wird sofort der Reichsfeind— schaft angeklagt. Gegenüber den Verwickelungen, in die das Deutsche Reich gerathen kann und bei der Nothwendigkeit der Erleichterung der Lasten der Steuerzahler müssen wir zwischen dem Nothwendigen und Ueberflüssigen unter⸗ scheiden. Luxus ist die ganze Kolonialpolitik, und diesen Luxus müssen die mittleren und unteren Klassen bezahlen. Leuͤte, wie Hr. von Kardorff, malen allerdings dem Volke aus, wie schön es wäre, wenn Deutschland nicht bloß eine Landmacht, sondern auch eine Seemacht wäre; wir aber können diesen Luxus nicht mitmachen.]

Staatssekretär Graf von Bismarck: .

Ich habe mich zum Worte gemeldet, um zwei Aeußerungen ar zu stellen, welche mir in der Rede des Herrn Vorredners, so weit i