1889 / 294 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 09 Dec 1889 18:00:01 GMT) scan diff

graziöse, leicht bewegliche Element kam mit staunenswerther Sicherbeit. B in Dworak's Slapischem Tanz“, zum Ausdruck Die dritte Ab⸗ tbeslung wurde von einer Wieprecht' schen Komposition ausgefüllt; der Titel militãrisches Tongemälde für örci verschiedene Militär ⸗Orchester, kuͤndigt schon den Inbalt an. Es ist darin von vornherein auf die Massenwirkung abgeseben, in deren Mãärsche der Franzosen, Russen, Oesterreicher machen den Anfang des Tongemäldes; finen' breiten Raum nimmt die Schlachtmusik mit Kanonendonner und Gewehrfeuer ein, wodurch verschiedene kriegerische Angriffe und auch der Sturm auf Leipzig bezeichnet werden sollen; unterbrochen wird

‚Die große Völkerschlacht bei Leipzig“,

Produktion Wieprecht Meister war. Krienssignale,

dieser Pauken. und Drommetensturm durch die beiden Choräle „‚Ein' fäfte Burg ist unfer Gott?“ und ‚Nun danket alle Gott. Dieses wuchtige Tongemälde, noch dazu in, einem ge schlossenen Raum vorgetragen, konnte

viel Anklang finden, wie die kleineren Nummern, Interessant war

die Vorfüßrung von Srihinalnrärkcen aus- ener Zeit wie sic=beim

Vorbeimarsch der verbündeten Kriegsbeere vor ihren Monarchen zur Ausführung kamen. Der Beffall nach jeder Nummer wgr herzlich und wohl verdient und erreichte nach der preußischen Volks hymne seinen

Höhepunkt.

Cirkus Renz.—

Nachdem das neue Ausstattungsstück ‚Die Einnahme von Baga⸗ movo' seine Zugkraft hinlänglich bewiesen, bat die Direktion wieder, wie in früheren Saisons, mit der Neueinstudirung alter bewãäbrter Pantomimen begonnen. Am Sonnabend brachte sie von Neuem Die lustigen Heidelberger“ zur Aufführung, welche bei allen Bechern des Cirkus von früber her in bester Erinnerung stehen. Die Wirkung dieses scherzhaften Studentenausfluges mit Hinder nissen gab derjenigen einer Neuaufführung nichts nach; mit gespannter Aufmerksamkeit folgte das Publikum dem Gange der lustigen Ereignifse, welche sich in wechselvollen, immer aufs Neue überraschenden Scenen in der Arena abspielen. Reich licher Beifall am Schluß der wohlgelungenen Vorführung bewies, daß die Wiederaufnahme der Heidelberger in das Repertoire ein glüäcklicker Gedanke war. Von den übrigen Nummern des Programms fei besonders die equestrische Leistung des Frl. Clotilde Hager hervorgehoben. Die berühmte Reitkünstlerin führte in allen Gangarten der hohen Schule the gold. bird, ein englisches Vollblut, vor und wußte sowohl ihre eigene Geschicklichkest wie die brillante Dressur des Pferdes im besten Licht zu zeigen. Das große Hurdle⸗ Rennen, ausgeführt von Damen und Herren mit vierundzwanzig Vollblutspringpferden. fand auch am Sonnabend wieder die unbestrittenste Anerkennung aller Freunde des Sports. Hr Franz Renz zeigte sich, wie immer, mit der stets gern gesehenen Vorführung des „Prinz Carneval als Meister der Dressur. Die Clowns, unter denen Hr. Frangois mit seinen ganz besonders komischen Leistungen genannt zu werden verdient, trugen nach Kräften dazu bei, den „Abend bei Renz“ wieder zu einem genuß⸗ reichen zu machen.

Preuszische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.)

Bei der heute angefangenen hn der 3. Klasse 181. Königlich preußischer Klassenlöͤtterie fielen in der Vormittagsziehung: . ö.

3 Gewinne von 6 000 M auf Nr. 90 515. 118251.

1 Gewinn von 5000 S auf Nr. 180 342.

1ẽ Gewinn von 3000 6 auf Ne. 183 418.

2 Gewinne von 1500 4 auf Nr. 44 905. 56 570.

3 Gewinne von 500 auf Nr. 83063. 1537 384. 157 626. ‚.

I Gewinne von 300 M6 auf Nr. 1141. 27 658. 44 551. 6 1 , 116 463. 117205. 170 228. 176 899. 181 810.

Mannigfaltiges.

Dienstag, den 10. d. M., findet Königliche Parforce— Jagd statt. Stelldichein: Mittags 1 Uhr zu Jagdschloß Grunewald, Uhr an der Saubucht.

Wetterbericht vom 9. Dezember, Morgens 8S Uhr. Tell. Sc Scene gesetzt

Anfang 7 Uhr

Stationen. Wetter.

von Mozart.

in O Celsius

Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp red in Millim.

3

——

21 Tempera fur

Teli.

2 sang 7 Uhr.

5

4 wolkig 6 bedeckt 3 Nebel

2 bedeckt 4 bedeckt 2 bedeckt bedeckt

—— 8 82

Mullaghmore Aberdeen .. Christiansund 741 Kopenhagen. 7 Stockholm. Vayaranda 750 St Petersburg 7689 Mokkan=.. 180 Cort. Queens. d Gberbourg . 164 759 J 760 Hamburg.. 66 Swinemünde 1768 Neufahrwasser 768 Memel. 770

. ö unster... 165 Rarlèrube.. 7I7I Wiesbaden 770 München .. 169 Chemnitz.. 771 Berlin.. 1269 1 771 Breslau 70 Ile d'Aix .. 772 R 4 heiter ö Trüst? ??. 166 SRO 3 wolkenloßz ? 0 nebersicht der Witterung.

Eine tiefe Depression ist nördlich von Schottland erschienen, auf den britischen Inseln frische südwestliche und weft liche, an der Sudküste Norwegens stürm ische füdlicke Winde verursachend. In Deuischland dauert das ruhige vorwiegend trübe Frostwetter fort; in Süd deutschland liegt die Temperatur meist mehr als

10 Grad unter dem Gefrierpunkt. Deutsche Seewarte.

imm 2 Q Q 2 Q , Theater ⸗Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Dienstag: Opern. baus. 255. Vorstellung. Lohengrin. Romantische Der in 3 Akten von Richatd Wagner. Dirigent: Rapellmeister Sucher. Anfang 7 Uhr.

*

73 te .

nalisten.

Donnerstag: Die nächste

8 GGG 68

2 halb bed. 6 Regen 3 Regen 5 Schnee 4 heiter 4 bedeckt 1 bedeckt bedeckt

bedeckt bedeckt Nebel

bedeckt Dunst Donne rstag: heiter

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Rasse. Donnerstag:

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Mittwoch

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Afrika.

im Allgemeinen nicht so

Mittwoch: Opernhaus.

ochzeit des Figaro. ) ö Text von Beaumarchais.

E. Graeb. Anfang 7 Uhr.

—— . Schauspielhaus. ; Schauspiel in 5 Aufzügen von Schiller. An⸗

Zeutsches Theater. Dienstag:

Mittwoch: Faust's Tod.

Aufführung von Der Sohn der Wildniß findet am Freitag, den 13. Dezember, statt.

Berliner Theater.

Mittwoch: König Lear. Demetrius.

Tessing - Theater. Dienstag: Die Ehre. Schauspiel in 4 Akten von Hermann Suzermann. Das letzte Wort. 4 Akten von Franz v. Schönthan. Die Ehre.

Fie nächfse Aufführung des Schauspiels Fall Clsmenceau findet Sonnabend statt.

Wallner - Theater. Dienstag: Zum 12. Male: Rervös. Schwank in 3 Akten von G. von Moser und Otto Girndt. Vor Scheidungs grund. Schwant Pansa und Carl Pauli.

Mittwoch und Donnerstag: Der Scheidungsgrund.

Victoria - Theater. Zeitgemälde in Mog; kowskti und Rich. Natbanson. Musik von. C J. Raida. Ballet von C. Severin.

Friedrich Dienstaa: Zum 4. M.: Prinzessin Pirouette. Komifche Dperette in 3 Akten von M. Ordonneau und E. Andrée. von R. Planquette.

Die Niederlegung der Schloßfreiheit wird, wie die bereits die Stadtverordneten⸗Versammlung in Der Magistrat hat ihr eine Vorlage unterbreitet und um nachstebenden Beschluß ersucht: „Unter der Voraussetzung, daß dem Comits für die Niederlegung zu der von ihm otterie ertheilt wird, und unter der ferneren Voraussetzung, kaß dem Magistrat durch Erklärung der kompetenten Behörden der zur Niederlegung *.

e

zur Zeit an den Restaurateur

Nat. Ztg. mittheilt, ; ihrer nächsten Sitzung beschäftigen.

der Schloßfreiheit die staatliche Genebmigung geplanten

Nachweis erbracht wird: es werde, Falls es Privathäufer an der Schloßfreiheit kommt, auch das an der dieser Straße belegene fiskalische, e Helms verpachtete Grundstück ohne Inanspruchnahme einer Ent⸗ schädigung freigelegt werden, ermächtigt die Versammlung den Magistrat, uber die Mitwirkung der Stadtgemeinde bei der Nieder⸗ legung der Schloßfreiheit mit dem gedachten Comité folgende Ver⸗ einbarung zu treffen: . 1) In die- von dem Comits mit . abzuschließenden Kaufverträge wird folgendẽ Bessimmun zufgeñomken: „Die Verkäufer verpflichten sich, die Auflassung an die Stadtgemeinde Berlin zu bewirken. Der Magistrat ist bereit, diese Auflassung ent⸗ gegenzunehmen. . . ö 3) Auf Verlangen des Comités ist der Magistrat bereit, die Verwaltung Der Häufer bis zu dem Abbruch zu übernehmen. Der Abbruch erfolgt auf Kosten des Comités und zwar spätestens im Laufe des dritten Quartals des Jahres 1892. ö. 3) Die Stadt übernimmt das durch den Abbruch der Häuser freigelegte Terrain als einen öffentlichen Platz, auf welchen das i m F. 6 unter a des Vertrages vom 11/30. Dejember 1875, betreffend die Uebernahme der fiskalischen Straßen und Brückenbaulast, dem Staat vorbehaltene Recht Anwendung findet. Soweit der Staat von diefem Recht keinen Gebrauch macht, behält sich die Stadtgemeinde die Beschlußnabhme über die Gestaltung des Platzes vor, wird aber die Ällerböchsie Genehmigung des für diese Gestaltung aufzustellen den Projekts einholen. ö 4) Der Magistrat ist bereit, die aus der Verwaltung der Grund stücke (Nr. 2) aufkommenden Gelder in Verwahrung zu nehmen und aus dem Bestande derselben die von den drei Mitgliedern des Comités beantragten Zahlungen zu leisten.

8. Dejember. (Frankf. Journ.) Gestern Abend ist wieder eine der durch die Explosion auf der Pulverfabrik be— troffenen Mädchen im hiesigen Landkrankenhause seinen Ver⸗ letzungen erlegen und. findet sich nunmehr nur noch ein Mädchen dortselbst in ärztlicher Behandlung.

Hanau,

Nürnberg, 5. Dezember. (Frankf. Journ) Nach einem Be— schlusfse der gemeindlichen Kollegien sollen auf die Dauer von 12 Jahren wei Drittel der jeweiligen Einnahmen des Kunstiammelfonds als Zuschuß für das Ka iser Wilhelm -⸗-Denkmal admassiert werden Für das Jahr 1890 ist der Zuschuß mit 9341 4 veranschlagt. Das kus Mitteln des genannten Fonds errichtete Erzdenkmal des Seefabrerßz Martin Behaim wird im Jahre 1890 zur Auf- stellung kommen, gleichwie die große Marmorvass zum. Andenken an das bier abgehaltene deutscke Sängerfest. Tie Vase, die auch aus den Mitlein des genannten Fonds errichtet ist, erbält ihren Stanz= punkt im jetzigen Stadtpark, woselbst seiner Zeit das Sängerfest ab⸗ gehalten wurde.

Heidelberg, 6. Dezember. (Frankf. Journ) Der Ausschuß des hlefigen Schloß vereins hat sich mit einer Petitibn an die Großherzogliche Regierung in Karlsruhe und die Kammern des Landtaßes um Erweiterung und Ergänzung der gesetzlichen Vorschriften dahin gewandt, daß künftig die Bauerlaubniß inner⸗ halb einer gewissen Entfernung vom Schloß entweder ganz versagt oder nur unter gewiffen Bedingungen ertbeilt werde, welche für vollstaͤndige Sicherstellung gegen weitere Schädigung des land⸗ schaftlichen Bildes des Schlosses Gewähr leisten.

Dessau, 6. Dejember. (Anh St. A) Bei der gestern früh im Vockeroder Revier abgebaltenen Pürschjagd schoß Se. Majestät ber Kaifer 5 Rothbirsche, darunter einen 16 Ender, einen 14. Ender, drei 12 Ender und einen 10 Ender. Bei der Treibjagd in der Mosigkauer Heide schoß der Kaiser 22 Schaufler, 3353 Alt, und Schmalthiere und 73 Sauen.

Wilhelm Fritzsche. Dirigent:

271. Vorstellung. Anfang 7 Uh 1

Otto Devrient.

266. Vorstellung. Die Komische Oper in 4 Akten Tanz von

Wilhelm

burg. mama. (Belle naman.) von Victorien Sardou und

272. Vorstellung. BDeutsch von Ernst Schubert.

Central - Theater. Vorletzte Woche. Historischer Possenabend. lachenden Berlin“.)

Dir Genn Dienstag:

Der Compagnon. Vorspiel u. 3 Akten (fünf

Anfang 7, Uhr.

Dienstag: Schlechte

Dienstag: Zum 111. Male: Gesangsposse in 4 Akten Couplets von Gustav Görß. Anfang 71 Uhr.

Schauspiel in

12 —11 Uhr. neue Bhonograph.

Der Sede bis zum Monde.

aufführung.

Circus Renz, Karlstraße

Vorher: Zum 14. Male: Der in 1 Akt von Eugen Anfang 71 Uhr. Nervös. Vorher:

Ausflug mit Hindernissen. mime. Prinz Carneral Equestrische Vorführung von 19

geritten von Damen und Herren engl. Vollblut⸗ Springpferde. Dienstag: Stanley in

10 Bildern von Alex. und Rosa,

treten der Anfang 77 Uhr.

Wilhelmstãdtisches Theater.

Deutsch von R. Gense. Musik In Scene gesetzt von Julius

igenthũ mern der Hinser

Kapellmeister 8. Mittwoch: Zum 5. Male: Prinzessin Pirouette.

Nesidenz - Theater. Direttion: Sigmund Lauten · Dienstag: Zum 46. Male: Schwieger Lustspiel in 3 Akten Raimund Anfang 76 Uhr.

Mittwoch u. folgde. Tage: Schwiegermama.

Direktion:

(Dritter Cvelus des Heiteres aus der Berliner Theater ⸗Geschichte mit Gesang und Tanz in einem Bildern) von Ed. Ja— cobson. In Scene gesetzt vom Direktor Emil Thomas.

Adolph Ernst Theater. Dresdenerstraße 73.

von Leon Musik von Fran Roth.

Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

Urania, Inbalidenstraße 57/6, geöffnet von Dienstag, von 1—7 Uhr: Abends 73 Hbr Abends 8 Ubr im Hörsaal: Phonographisch⸗telephonische Mu ik ·

Dienstag, 7 Uhr: Die lustigen Heidelberger, oder ein Studenten Große Original Panto⸗ und sein Gefolge. arabischen Pferden

durch Hrn. Franz Renz. Große J . mit 24 der besten

Reiten zwifchen den Reitkünstlerinnen, Geschw. Lillie ri. Natalie und Frl. Gierach. Auf—⸗ chulreiterin Frl. E. Guerra. Be— rühmte Reitkunstlerfamilie Briatore. Mittwoch: Große Vorstellung. Ber Circus ist geheizt.

Coneert⸗Anzeigen.

Sing- Akademie. Dienstag, 10. Dez:: XS. Wobl⸗ thätigkeits⸗ Concert von Jenny Mever. Anf. 8 Uhr.

'. Colombo. Die Ankunft des deutschen Dampfers . Kaiser Wilhelm j.. des ersten Schnelldampfers der australischen Reichs Poftlirie deg Norddeutschen Lloyd (vom Vulkan in Stettin erbaut). in unserem Hafen hat sich zu einem sehr bedeutenden Triumph der deutschen Schiffahrt und des deuischen Schiffbaues gestaltet. Der Dampfer ankerte Morgens um 6 Uhr im Hafen von Colombo und von diesem Augenblicke an bis in die späte Nacht hinein war das Schiff das Ziek von vielen Tausenden von Besuchern, Engländern, 4 Singalesen, Tamils, Indiern aus allen Provinzen, und einstimmig war der Ausdruck der höchssen Bewunderung und des Erstaunens. Die drei bier erscheinenden Zeitungen Cevlons (. Times of Cevlon', Tre Ceylon Framiner! und „The Ceylon Observer‘) veröffentlichten spaltenlange Berichte über den Dampfer und geben unter den Aus. drücken des höchsten Lobes räckhaltlos zu, daß das Schiff selbst den bisher als unüäbertrefflich geltenden Mammuth-Steamers, den Parade⸗ schiffen der Peninsular und Oriental und der Drient Linie bei Weitem überlegen sei. Thatsächlich ist nicht einmal ein äbnliches Schiff Kas die MerrerlussteffanFf ume die Paffngiteers5ume anlage jens in Ceylon gewesen, und der Erfolg der deutschen Linie mit der Ein⸗ stellung des ‚Kaiser Wilhelm II. darf als ein außerordentlicher be⸗ zeichnet werden. Rom, 8. Dezember. (W. T. B.) Gegen 6 Ubr früh wurden in Neapel, Urbino, Ancona, Agnone, Chie ti, Monte Saraceno und Torre Mileto mehr oder minder heftige Erdstöße verspürt. In Forli wurde kurz nach 6 Uhr Morgens ein länger andauerndes Erdbeben beobachtet. Auch in Tarent zeigte fich um 6 Uhr 18 Minuten Morgens eine etwa 10 Sekunden wätrende Erschütterung nit der Richtung von Ost nach West. Es ist kein Unglücksfall vorgekommen.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Darmstadt, 9. Dezember. (W. T. B. Se. Majestät der Kaifer ist, von dem Großherzog in einem offenen vierspännigen Wagen zum Bahnhof geleinet, wo die Prinzen des großherzoglichen Hauses, sowie die Spitzen der Militär- und Civilbehörden zur Verabschiedung anwesend waren, um 12 Uhr 37 Minuten nach Frankfurt a. M. ab— gereist. Die zahlreich anwesende Volksmenge brachte Sr. Majestät enthusiastische Kundgebungen dar.

Frankfurt a. M. 9. Dezember, Mittags 17 Uhr 20. Min. (W. T. B.) Der Festschmuck zum Empfange Sr. Majestät des Kaisers ist uberall vollendet. Die von Sr. Majestät zu passirenden Straßen und Plätze entlang ziehen sich durch Guirlanden ver⸗ bundene venetianische Masten. Ueberall zeigen sich reicher Flaggenschmuck und prachtvolle Dekorationen. Eine sehr große Menschenmenge durchwogt die Straßen. Die Spalier bildenden Kriegervereine, Schützenvereine, die hiesigen Feuerwehren und diejenigen der Umgegend, Gesangvereine, Turnveréine und Schulen nehmen bereits Aufstellung. Das Wetter ist kalt und trocken.

Frankfurt a. M., 9. Dezember, Mittags. (W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser ist heute Mittag 1 Uhr auf dem reich geschmückten Hauptbahnhofe hierselbst eingetroffen. Allerhöchstderselbe empfing im Kaisersalon alsbald die Spitzen der Civil- und Militär-Behörden, schritt die Front der auf dem Bahnsteig aufgestellten Ehren⸗Compagnie vom 1. Hessischen Infanterie⸗Regiment, Großherzog von Hessen, ab und begrüßte fodann die Landgräfin von Hessen im Fürsten— zimmer. Hierauf fuhr Se. Majestät in die Stadt, von der auf Straßen und Plätzen harrenden. dichtgedrängten Menschen⸗ menge enthusiastisch begrüßt. t

Meran, 9. Dezember. (WB. T. B.) Der Kronpränz von Schweden ist gestern Abend 9 Uhr zum Besuch seiner Gemahlin hier eingetroffen.

Ge/ —— ——

Schauspiel haus. . 1 Schaufpiel in 5 Aufzügen von Schiller. In vom Direktor Dr.

Federmann. Concert-Jaus, Leipzigerstr. a8 (früber Bilse).

Dienstaa, 10. Dez: Karl Meyder Concert. Ou pert. Freischütz' v. Weber. . Tell v. Rossini. Martha!“ v. Flotow. Fantasie a. „Don Juan. v. Mozart. „Thie lost 0ford“ f. Piston v. Sullivan, vorgetr. v. Hrn. Richter. ;

Fienstag, 31. Der. (Syplvester-Abend): seriptions⸗Ball.

Q, i C¶QQiQT,

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Elisabeth von der Osten mit Hry. Oberst Lieutenant 3. D. v. Griesheim (Gr. Jan— mwitz-Schloß Falkenburg). FIrl, Martha Besig mit Hrn. Predigtamts Kandidaten Ernst Lorenz (Friedeberg N. M) Frl. Cornelia Karstedt mit Hrn. Architekten Moritz Hoffmann Berlin). Frl. Hilma Ulrich mit Sen. Dampf⸗ färbereibesitzer Max Dietrich Raschüß Wurzen). Fil. Eugenie Daude mit Hrn. Braumeister Konrad Brüne (Dresden Radeberg). Frl. Alice Krosta mit Hrn. Prem. Lieutenant Leo v. Schlieben (Mariensee i. Westpr.).

Verse helicht: Hr. Reg Baumeister Rob. Falken · stein mit Frl. Emma Quelle (Walsrode).

Geboren: Gin S bn: Hrn. Lebrer Knautb (Dresden). Hrn. Johann Henny (Abtei Ober lungwitz Hrn. Julius Peters (Berlin). Eine Tochter: Hrn. L. Pfeiffer (Königsberg). Hrn. Dr. Ritters hausen (Langerfeld? 3

Gstorben: Frau Kanzlei Rath Julie Pfeiffer,

eb. Krause Militschj. Hr. Rentier Louis sid decke (Aendtorf). Hr. Kaufmann Hermann Pfänder (Waiblingen) Hin. Otto Kersten Sohn Alex (Posensß. Hr. Amtsgerichts · Rath V. Karl Eludius (Hannover). Frau Haupt mann Luife Giebrler, geb. Dotmann Oels). Hrn. Pfarrer Wilhelm Kauffmann Sohn Wil⸗ kelm (Morges). Frau verw. Oberförster Wil helmine Schumacher, geb. Flügge (Betlin). Hr. Bürgermeister a D. Max Bormann Berlin). Hr. Rentier J. L. Ladewig (Krivitz i. Mecklen⸗· burg).

Sn b⸗ Deslandes.

Emil Thomas. Zum 12. Male:

Flotte Weiber. Trevtow.

Der Von der

Abends

s Hurdle ⸗Rennen,

Ein Konkurrenz⸗

Redacteur: Dr. H. Klee.

Verlag der Expedition (Scholy.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin 8W., Wilbelmstraße Nr. 32

Sieben Beilagen seinschließlich Börsen Beilage). (18119)

Berlin:

mmm

; Erste Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

n 2zba.

Berlin, Montag, den 9. Dezember

1*8g)9.

Parlamentarische Nachrichten.

Schlußbericht der vorgestrigen (32.) Sitzung des Reichs—⸗ tages; Fortsetzung der zweiten Berathung des Etats

( JäGl l erund Var r au che Tau en aw a

Staatssekretär Freiherr von Maltzahn:

Meine Herren! Ich glaube, diejenigen Herren, welche beute abermals einen Angriff gegen die Zollpolitik des Deutschen Reichs und namentlich gegen die sogenannten agrarischen Zölle gerichtet haben, sind heute mit ibren Angriffen nicht sebr gluͤcklich gewesen. Sie haben sich auf ein Gebiet begeben, auf weichem diese Angriffe in der That noch weniger Aussicht haben, den Beifall Unbetheiligter zu finden, als dies früher der Fall gewesen ist. Es sind heute wesentlich Angriffe gegen die agrarischen Zölle gerichtet von dem Standvunkt der landwirthichaftlichen Produktion aus; es ist versucht, nachzuweiser, daß die Landwirtbe selbst ein Interesse daran hätten, die Kornzölle in diesem Augenblick fallen zu sehen. Meine Herren, ich glaube, man braucht diesen Gedanken nur auezuiprechen, um bei der großen Mehr— zahl der Landwirthe in Deutschland entweder einem baaren Erstaunen oder einem bellen Gelächter zu begegnen.

Der letzte Herr Abgeordnete hat diesen Gedanken noch dahin ausgeführt, daß er gesagt hat: wie ist es nur möglich, in einem Jahre, wo eine schlechte Ernte ist, vom Standpunkt des Landwirths Fohe Zölle und hohe Preise zu verlangen? Ja, meine Herren, fragen Sie jeden Mann, der Landwirth gewesen ist, ob in einem Jahre, wo ihm nach Gottes Fügung weniger zuwächst, er für das Wenige nicht wenigstens hohe Preise zu haben wünscht? (Zuruf links) Wenn er kaufen muß?“ Wer muß denn kaufen? (Lachen links) Die Herren lachen. Wer von den Leuten, die in den landwirthschaftlichen Gewerben beschäftigt sind, muß denn überhaupt das Korn kaufen, und wer hat von den Preisen Vortheil? Der erste Herr Redner heute hat uns darzulegen versucht, von der Erhöhung der Preise, welche eine Folge der landwirthschaftlichen Zölle sei, hätten höchstens . 28 600 größere Grundbesitzer in Deutfaland; ja er hat sogar angedeutet, es hätten Vortheil davon nur etwa 50 Leute in Preuten oder war es ganz Deutschland —, welche über eine Quadratmeile Land besäßen. Meine Herren, mit derartigen Argumenten werden Sie wirklich keinen Eindruck machen. Es sind nicht 50 Leute, es sind nicht 28 00) Leute, es sind 25 Millionen, es ist über die Hälfte der Bevölkerung Deutschlands, welche in derdandwirtbschaft beschäftigt ist und von der Landwirthschaft lebt. Und die weitaus größte Mehrzahl dieser Leute hat von einer Preis— erhöhung, wie sie in Folge der landwirthschaftlichen Zölle kam, keinen Nachtheisl, sondern Vortheil. Ich frage die Herren, welche mit ihren

Bebauptungen hier so sicher auftreten, ob sie denn unsere landwirth⸗ T. i ; ö. . . Folge der langen Aufstapelung wird es fest und versteint.

Dann verfällt es einem Zerjetzungsprozeß, und schneidet man

schaftlichen Lohnverhältnisse, wie sie wenigstens in dem ganzen Gebiet östlich der Elbe sind, absolut nicht kennen, und ob sie glauben, daß

die Mebrheit im Reichstage mit diesen Tingen so unbekannt ist, daß * 2. * y 5 . * sie derartige Bebauptungen hier aufstellen können? Wie werden diese

Leute im Osten gelohnt? Der Arbeiter selbst hat einen An— theil am Ertrage des Gutes; wenn die Ernte gut wird, so verwerthet der Drescher, der auf Drescherlohn steht, sein Drescher⸗ lohn höher, er hat ein Interesse an hohen Preisen und nicht an niedrigen.

Es ist dann ein Angriff gerichtet worden gegen die Holzijölle und ihre Wirkung. Auch dieser Herr, glaube ich, hat mit seinem Angriff nicht gerade sehr viel Glück gehabt. Er hat uns zuerst aus—

geführt, die Preise wären im Steigen, und. wir verhinderten durch Zölle, daß genügend Holz für den inländischen Bedarf ins Land

unsere hineinkäme. Unmittelbar nachher hat er ausgeführt, es sei in einzelnen größeren Städten in Deutschland eine koloffale Ueberspekulation in Bauten, welche Las Holz konsumire. Nun, meine Herren, dann ist es ja doch ein Vortheil, wenn die Zölle einen Theil des ausländischen Holzes wenigstens abhalten, wenn sie diesen Spekulanten das Holz vertheuern; denn daß an und für sich eine derartige Spekulation etwas Ungesundes ist, das gebe ich dem Herrn zu.

Dann hat er uns ausgeführt, unter der Wirkung dieser Zölle und der dadurch erzielten besseren Preise leide der deutsche Wald, in dem gehauen würde, was irgend zu verwerthen wäre. Daß eine derartige Wirkung von besseren Holipreisen eintreten kann und haufig ein— treten wird, muß ich dem Herrn zugeben. Die Nutzungen aus dem Holz sind ja eben nur in langen Perioden zu erzielen, und wenn in einer gewissen Periode günstige Konjunkturen vorhanden sind, so wird man die Einnahmen nehmen, die man lange Jahre durch nicht haben konnte. Wollen Sie aber verbindern, daß diese Einnabmen so genommen werden, daß das betreff ende Land nicht wieder aufgeforstet wird, dann müͤssen Sie stet ige Verhältnisse schaffen, dann müssen Sie also das beständige Bohren und Angreifen gegen die bestehenden Zölle unterlassen, damit man auf längere Perioden hinaus unter gleichen Wirthschafts bedingungen sich einrichten kann. Uebrigens ist es ür Jeden, der mit der Forstwirthschaft Bescheid weiß, zweifellos, daß die Zollpolitik auf die Erhaltung und Behandlung des Waldes viel weniger von Einfluß ist, als die Gesetzgebung der einzelnen Staaten über die Waldwirthschaft und dis Kontrole, welche der Staat von Recktswegen über diesen wichtigen Theil unseres nationalen Vermögens führt.

Der Hr. Abg. Rickert hat uns vorgeführt, es sei ein entsetzlicher Gedanke, daß der Staat dafür sorgen solle, daß der Konsument wenn ich ihn recht verstanden habe auch die nöthigen Mittel habe, zu bezahlen. (Widerspruch links) Ich habe ihn so verstanden; follte es so gesagt sein und es wird mir von der rechten Seite des Reichstags bestätigt, daß auch Herren aus dem Reichstag die Ausführungen so verstanden haben so würde ich dem Erstaunen des Herrn Abgeordneten über diesen Ge— danken nicht beitreten können. Denn ich glaube, so lange es Staaten gegeben hat, in denen die Regierung es als ihre Aufgabe angesehen bat, für die Entwickelung und Pflege der wirthschaftlichen Verhält⸗ nisse im Lande zu sorgen, so lange ist für die an der Spitze der Re⸗ gierung stehenden Personen ein Hauptgesichtspunkt der gewesen, daß sie beabsichtigt haben, durch die von ihnen ergriffenen Maßregeln die Produzenten im Lande in den Stand zu setzen, ihre Lebens haltung zu berbessern, also auch die Bedürfnisse, die sie kaufen müssen, gut zu bezahlen.

Ferner hat derselbe Herr Abgeordnete es als ein Entsetzliches i,, daß zur Zeit die Zölle etwa 6 ½ auf den Kopf der Be— völkerung betragen. Ja, meine Herren, behaupten Sie, daß wir die Ausgaben, welche durch die Einnahmen des Reichs und der Einzel⸗ staalen gedeckt werden müssen, hätten vermeiden können oder wesentlich verringern? So lange wir aber die Ausgaben leisten müssen, glaube ich, ist die Majoritãt des Reichstags mit den verbündeten Regierungen darin einverstanden, daß es für die gesammte Bevölkerung Deutschlands leichter ist, wenn man zur Deckung der einmal als noth⸗ wendig erkannten Ausgaben in einem stärkeren Maße, als es vor 10 Jahren und früher der Fall war, die Zölle heranzieht und auf diese Weise Einnahmen schafft, die man sonst durch direkte Besteue⸗ rung des Steuerzahlers erzielen müßte.

- 1 Frhr. von Ellrichs ha usen: Hr. Kröber meint, wir hätten keinen Hopfenbau im Inlande mehr, und deshalb hätten wir kein Herz für unsere armen Beides be⸗ streite jch entschieden, wir haben sogar einen sehr starken

w Abg. Böcke l. Wir haben. hezte- von irein , Seite das alte ** .

Hopfenbau. Mit seinen Ausführungen über die Zölle sind unsere Bauern durchaus nicht einverstanden. Wir müssen ver— hindern, daß unsere Landbevölkerung immer mehr in die Städte geht und dort den Sozialismus vergrößert. Das zu verhin— dern, ist unsere Pflicht.

die Zölle das Brot des armen Mannes vertheuerten. Der Abg. an. nennt Brot einen Luxusartikel für die untersten Klassen. Weiß er nicht, daß hier in Berlin auf den großen Getreidespeichern massenhaft das Getreide versteint und verstockt, damit der Handel sein Spiel treiben kann? Wissen Sie nicht, welche Rolle gerade für Getreide der Zwischenhandel spielt? Weniger die paar Pfennige Getreidezölle als der Zwischenhandel ver— schuldet das Unglück. Die „Berliner Markthallen⸗Zeitung“, ein unparteiisches Blatt, brachte kürzlich höchst interessante Ent— hülltingen über die Zustände der Berliner Getreidespeicher, beson— ders des 1878 errichteten der Victoriaspeicher-Gesellschaft. Diese sensationellen Enthüllungen müssen weiteste Kreise und nament— lich die Regierung interessiren. Es geht daraus hervor, daß, während Freisinnige und Sozialdemokraten fortwährend über

iger. und

die Theuerung in Folge der Zölle klagen, hier in Berlin

das Getreide massenhaft von Würmern und Sperlingen ver— zehrt wird. Ich bin gespannt, ob mir diese Enthüllungen widerlegt werden. Es ist mir immer interessant gewesen, bei den Klagen der Freisinnigen und Sozialdemokraten über die Getreidezölle nie etwas über den Getreidehandel zu hören. Wie aber auch die Sozialdemokraten stets an dem Zwischenhandel und der Börse vorbeigekommen sind, war mir bis dahin unklar, bis ich jüngst in den Zeitungen las, daß nach dem Bericht der sozialdemokratischen Fraktion über die eingegangenen Wahl— gelder einige sozialistische Bankiers ihren Gründungsgewinn von 20 000 4 der sozialdemokratischen Partei für Wahlzwecke übergeben haben. Wenn man den Bakschisch von der Börse nimmt, muß man ihr dankbar sein, eine Hand wäscht die andere. Tausende von Wispeln lagern auf den Speichern, gehen im

Wege des sogenannten Kündigungsgeschäfts zwischen den Händ-

lern von Hand zu Hand, ohne ihren Lagerplatz zu verändern. Jahrelang liegt das Korn so, bis endlich einmal ein Quantum abgefahren und zu Mehl gemahlen wird. Das Mehl aber geht nicht in den Konsum, es wird wieder in Säcken aufge— speichert und wieder im Kündigungsgeschäft gehandelt. In

die Säcke auf, so sieht man einen lebendigen Gewürmhaufen.

Dieses verdorbene Mehl wird aber nicht etwa der menschlichen Nahrung entzogen und zum Viehfutter verwendet. Da diese Dinge noch nicht zur Kenntniß der Gesundheitspolizei gelangt sind, so wird das versteinte Mehl mit großen Hämmern zerschlagen, mit einer 5 bis 6 Centner schweren Walze ge— walzt, fein gemahlen, durchgesiedt, mit etwas gesundem Mehl vermengt und an die Bäcker abgegeben, die Kredit zu nehmen gezwungen sind. Ich 9 begierig, ob die Regierung sich mit diesen Dingen beschäftigen wird. Die Unkosten an Lagergeld, Arbeitslohn ꝛc, vertheuern das Getreide mehr als der Zoll. Ich rufe den Herren, die über die Zölle klagen, zu: Seht Euch nur den Zwischenhandel an, Ihr seht den Splitter in unseren Augen, aber nicht den dicken Balken in den Augen der mit Euch verbündeten Zwischen händler und Börsenmänner. Die „Markthallen— Zeitung“ sagt, es gehören mindestens drei totale Mißernten dazu, damit die vorhandenen Vorräthe aufgebraucht werden. Dies muß das Volk einmal zu hören bekommen, damit ihm die Augen darüber aufgehen, wo die Wurzel des Uebels liegt. Ich bitte die Regierung, sich mit dem Lagerhauswesen gründ— lich zu beschäftigen. Solche Zustände sind unhaltbar; es ist die Pflicht der Regierung, sie zu untersuchen und zu regeln.

Abg. Graf Holstein: Die Getreidezölle sind nicht bloß im Interesse des Großgrundbesitzes. Jedermann kann es von den Leuten in den kleinen Städten hören, daß, wenn die Ge— treidepreise hoch sind, Bestellungen gemacht werden, und die Geschäfte gehen, während sie bei niedrigen Preisen stille sitzen und am Hungertuche nagen. Ebenso wird Jeder, der die praktischen Verhältnisse kennt, bestätigen, daß auch die länd— lichen Arbeiter an hohen Getreidepreisen ein Interesse haben. Die Folgen einer Mißernte gehen mit dem Jahre nicht vor— über, sondern wirken pernizißs auf Jahre hinaus; das wird von den Gegnern der Zölle nicht hoch genug angeschlagen. Daß die Landwirthe, wenn sie selbst zukaufen muͤssen, ein Interesse an billigen Preisen haben, leugne ich. Etwas werden sie doch jedenfalls zu verkaufen haben! Wenn ich bei hohem Preise, vorausgesetzt, daß die hohen Preise überhaupt Bestand haben, in einem schlechten Jahre zukaufen muß, so stehe ich mich besser, als wenn ich stets zu niedrigen Preisen ver—⸗ kaufen muß. Haben wir nun aber eine Theuerung oder nicht? Ich leugne sie. Die Preise waren vor den Zöllen viel höher als heute, und damals hat sich Niemand über die Höhe beklagt. Was die Kreise mit den überwiesenen Be— trägen anfangen sollen, wollen wir ihnen selbst überlassen. Wenn aber die Zollerträge ausfielen, wie sollten wir sie ergänzen? Uebrigens hat mein Kreis mit der Ueberweisungssumme die Irren⸗, Idioten⸗ und Taub⸗ siummeninstitute auf seine Kosten übernommen. Ist das nicht eine Entlastung für die Gemeinden und die Arbeiterfamilien, in denen sich solche Kranke befinden? Eine im Jahre 1880 eingesetzte Lommission zur Feststellung der Erzeugungskosten des Getreides, deren Resultate kürzlich veröffentlicht sind, hat ergeben, daß dieselben für Weizen 176, für Roggen 151, für Hafer 135 „6 betragen. Wollen Sie, daß die Landwirthe das Jand mit eigenem Schaden versorgen? Will der Abg. Rickert eine landwirthschaftliche Universität bauen, an der gelehrt wird, wie man Getreide billiger baue, so werden die sämmt⸗ lichen anderen Hochschulen ihre Thür zuschließen und ihr zu— laufen, und ich gelobe, daß ich mich zuerst als Hörer ein— schreiben lasse.

Abg. Rickert: Wenn die Grundbesitzer so gestellt werden sollen, daß sie bestehen können, so haben alle anderen Erwerbs⸗ klassen denselben Anspruch. Das können Sie aber nicht. Hr. Holtz will die Produzenten so stellen, daß sie zu hohem Preise Froduziren, und die Konsumenten so, daß sie die hohen Preise

bezahlen können, und Freiherr von Maltzahn stimmte diesem Problem zu. Warten wir ab, wie Hr. von Maltzahn im Verein mit Hrn. Holtz diese Aufgabe loͤst; bisher haben sich alle Staatsmänner vergeblich darüber den Kopf zerbrochen. Sie behaupten, die Majorität der Landwirthe brauche den

i n, Big Eid. wir. . auf Grund. in erer.

Kenntniß der Dinge das Gegentheil. Ich will Ihnen in der dritten Lesung an der Hand derselben den Nachweis liefern, daß es ein Aberglaube ist, daß die Majorität der Landwirthe Vortheil von den Getreidezollen hat. Wir haben es Ihnen ja schon so und so oft nachgewiesen. Nur um die Interessen der Großgrundbesitzer zu decken, behaupten Sie, daß die kleinen Grundbesitzer auch den Vortheil von den Zöllen hätten. Das Geld aus den Getreidezöllen mag ja den Kreisen gefallen. Ist das aber die richtige Finanzpolitik, daß das Reich Zölle auf die nothwendigsten Lebensmittel legt, die nachher in den Einzelstaaten verzettelt werden zu Ausgaben, die nützlich, aber nicht unbedingt nothwendig sind? Viele Kreise haben prächtige Kreishäuser gebaut; ist das eine nützliche Verwendung? Die gesundeste Finanz— politik ist immer die und Sie Gu den Konser— vativen), die Nachkommen der alten feudalen Stände, sind diesem darin untreu geworden —, daß wer die Ausgaben be— schließt, auch für die Einnahmen zu sorgen hat. Was soll denn die schon so oft widerlegte Behauptung, daß das Aus— land den Zoll trage? Daß die Leute an der Grenze über die Grenze laufen, um das billige Brot zu holen, beweist schon das Gegentheil. Die Thatsache, daß Deutschland um den Zollbetrag höhere Preise hat, steht fest. Wenn Graf Holstein den Courszette! ansehen will, so wird er finden, daß auf den holländischen Märkten die Preise um den Zoll niedriger sind. Die Großgrundbesitzer haben allerdings ein erhebliches Geld— interesse an den Getreidezöllen. Ist es aber gerecht vom Staat, im Interesse einer kleinen Zahl von Großgrundbesitzern die große Masse mit schweren Steuern zu belegen? Hrn. von Maltzahn gegenüber bemerke ich, daß ich nur behauptet habe, die Landwirthe in den östlichen Provinzen hätten bei dem ungünstigen Ausfall der Ernte kein Interesse an den Zöllen. Nach dem Bericht des landwirthschaftlichen Central— vereins von Littauen und Masuren müssen dort die Land— wirthe ihren Bedarf an Brot kaufen; wenn der Preis aber um den Zoll vertheuert wird, dann haben sie doch keinen Vor— theil von den Zöllen, sondern Schaden. Das Interesse dieser Landwirthe muß deshalb in diesem Jahre gegen die Getreide— zölle, mindestens auf ihre Ermäßigung gerichtet sein.

Abg. Graf Stolberg: Abgeholzt muß der Wald auf alle Fälle werden. Wenn die Holzpreise niedrig sind, wird aber das Abgeholzte einfach nicht wieder aufgeschont; sind die Holzpreise hoch und der Waldbesitzer hat die Aussicht, daß sie auch in Zukunft hoch sein werden, dann wird er geneigt sein, den Wald wieder anzupflanzen. Die hohen Holhzpreise sind also gerade im Interesse der Aufrechterhaltung des Waldes. , , Holtz hat die Behauptung aufgestellt, der Staat müsse gleichmäßig sorgen für den Konsumenten und den Pro— duzenten. Der Abg. Rickert meinte darauf, das sei ein Kunststück, das kein Mensch ausführen könne. Der Abg. Rickert stellt sich stets lediglich auf den Standpunkt des Konsumenten. Dann ist es außer⸗ ordentlich leicht, Volkswirthschaft zu treiben; dann verlangt man einfach billige Preise, alles Andere ist gleichgültig. Das ist ein einseitiger Standpunkt. Die Zuwendungen aus der lex Huene werden bei uns im Osten keineswegs verzettelt, sondern sie sind ein angenehmer Zuschuß zu den schwerdrücken⸗— den Kommunalebgaben. Außerdem haben wir nicht nur die Summen der les Huene, sondern auch die Zuschüsse des Staats zu den Schuldotationen aus den Getreidezöllen. Ich weiß sehr wohl, daß die Handweber in Schlesien wegen der Maschinenkonkurrenz in keiner beneidenswerthen, Lage sind. Aber vor 12 bis 15 Jahren, zur Zeit des Freihandels, war ihre Lage geradezu trostlos wegen der zoll— freien Einfuhr österreichischer Rohleinwand. Das deutsche Volk, Herr Rickert, ist bereits viermal über die Schutzzölle be— fragt worden, und jedesmal ist hier die schutzzöllnerische Majo— rität eine größere geworden. Die letzten erhöhten Getreidezölle sind mit weit größerer Majorität hier angenommen, als die anfänglichen niedrigen. Ich protestire gegen die Darstellung des Äbg. Rickert, wonach ein entsetzlicher Zolltarif dem deutschen Volke ohne seinen Willen aufgezwungen worden ist.

Abg. Hoffmann (Königsberg): In der Begründung der legten Getreidezollvorlage ist auch auf die berechtigten Interessen des inländischen Konsums hingewiesen. Angesichts der gegenwärtigen erhöhten Preise ist es angezeigt, zu prüfen, ob dieses Interesse die Aufrechterhaltung der Zölle von 18387 nicht verneint. Weite Kreise der Bevölkerung sind jetzt dieser Meinung. Im Gegensatz zum Jahre 1887 stehen wir jetzt einer fehr schlechten Ernte gegenüber. Die amtliche preußische Statistik giebt die letzten Ernte-Ergebnisse; nach diesen ist es mir wahrscheinlich, daß gerade der Landestheil, den ich hier vertrete, Ostpreußen, im nächsten Winter wird Ge— treide von anderswo kaufen müssen. Der Herr Staatssekretär hat sich auf das Interesse der 25 Millionen Landwirthschaft treibenden Bevölkerung berufen. Darunter sind aber auch alle diejenigen nach der amtlichen Statistik gezählt, die nur als Nebengewerbe die Landwirthschaft betreiben. Ostpreußen aber hat ganz vorzugsweise eine landwirthschaftliche Bevölkerung; während in ganz Deutschland die Berufsstatistik 55 Proz. landwirthschaftlicher Bevölkerung aufweist, beträgt sie für Ost— preußen 86 Proz. Nur 14 Proz. haben also noch ein Inter⸗ esse an niedrigen Getreidepreisen. Während nun in Ostpreußen im Jahre 1887.‚838 nach Abzug der Aussaat noch 99 090 t Weizen! gebaut wurden, ging die Produktion jährlich zuruck, sodaß 1888/89 nur noch 39 000 t nach Abzug der Ausfaat gebaut wurden. Aehnlich liegen die Verhältnisse im Roggenbau, der jetzt auch nur ca. 5 Proz. des früheren Ergebniffes beträgt. Der Rückgang der Bevölkerung ist nicht so bedeutend, daß Ostpreußen bei dieser sinkenden Produktion nicht Getreide wird kaufen müssen. Graf Mirbach hat früher einmal behauptet, daß viele seiner heimathlichen Landwirthe selbst das Saatkorn kaufen müssen. Die gegenwärtigen Verhältnisse aber erfordern die ernste Prüfung, ob die Zölle von 1887 noch aufrecht erhalten werden können.