1889 / 301 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 17 Dec 1889 18:00:01 GMT) scan diff

Nach der im Reichs-Eisenbahnamt aufgestellten, in der Ersten Beilage des „Reichs- und Staats Anzeigers“ veröffentlichten Rachweisung über die im Monat Ok⸗ tober d. J. auf deutschen Bahnen 6e, der bayerische beförderten Züge und deren Ber⸗ spätungen wurden auf 42 größeren Bahnen bezw. Bahn⸗ netzen mit einer Gesammtbetriebslänge von 34 987,26 Km befbrdert: An fahrplanmäßigen Zügen: 16390 Schnell⸗ züge, 156 997 Personenzüge, S482 gemischte Züge und 151 165 Güterzüge; an außerfahrplanmäßigen Zügen: 2577 Schnell, Personen⸗ und gemischte Züge und 43 881 Güter⸗ Materialien und Arbeitszüge. Im Ganzen wurden 1 006078 230 Achskilometer bewegt, von denen 272 825 494 Achskilometer auf die fahrplanmäßigen 6. mit Personenbeförderung entfallen. Von den 268 215 ahrplan⸗ mäßigen Courier-⸗ Schnell-, Personen⸗ und gemischten Zügen verspäteten im Ganzen 3588 oder 1,39 Proz. (gegen T,13 Proz. in demselben Monat des Vorjahres und 1,68 Proz, im Vormonat). Von diesen Verspätungen wurden jedoch 1241 durch das Abwarten verspäteter Anschlußzüge hervorgerufen, sodaß den aufgeführten Bahnen nur 2347 Verspätungen . 6,91 Proz.) zur Last fallen (gegen 1,00 Proz, im Vormonat).

n demselben Monat des Vorjahres verspäteten auf den eigenen Strecken der in Vergleich zu ziehenden Bahnen von 2357 357 beförderten fahrplanmäßigen Zügen mit Personen— beförderung 1666 oder 0,70 Proz, mithin C21 Proz. weniger. In Folge der Verspätungen wurden 1982 Anschlüsse versäumt Cen s222 in demselben Monat des Vorjahres und 2253 im

ormonat). Bei 8 Bahnen sind Zugverspätungen und bei 12 Bahnen Anschlußversäumnisse nicht vorgekommen. In der Nachweisung sind diejenigen Bahnen, auf welchen Zug— verspätungen vorkamen, nach der Verhältnißzahl (geometrisches

'ittel) zwischen der Anzahl der auf je eine Verspätung ent⸗ fallenden Züge und Achskilometer geordnet; danach nehmen die Mecklenburgische Friedrich Franz⸗Bahn, die w, , und die Wismaͤr-Rostocker Bahn die ungünstigsten Stellen ein. Wird die Reihenfolge der Bahnen statt nach der all der Verspätungen nach der Zahl der Anschlußversäumnisse bestimmt, so treten die Mecklenburgische Friedrich Franz Bahn, die Bahnen im Bezirke der Königlichen Eisenbahn⸗-Direktion (links— rheinische)h zu Köln und die Werrabahn an die ungünstigsten Stellen. In den vorstehenden Angaben sind die Ver— spätungen bei denjenigen Zügen, welche in Folge von Fels⸗ und Dammrutschungen und dadurch herbeigeführter Beschädi⸗ gungen der Geleise ausfielen, unberücksichtigt geblieben. Aus biesen Gründen sind 1 Zug ganz und 27 Züge streckenweise aus— gefallen, 12 Anschlüsse wurden verfehlt und 79 Züge erlitten Verspätungen.

Die im Reichs-Versicherungsamt bearbeitete, ihrem Abschluß entgegengehende Statistik der Unfälle, für welche im Jahre 1887 von den Berufsgenossenschaften Entschädigungen sestgestellt worden sind, läßt nach dem Inhalt der Zählkarten erkennen, daß die Folgen zahlreicher Unfälle wesentlich hätten abgeschwächt werden können, wenn die zur ersten Hülfeleistung vor Ankunft des Arztes erforderlichen Verband— mittel 2c. zur Hand gewesen und angewendet worden wären. Das Reichs-Versicherungsamt glaubt ein Mittel, welches einigermaßen dazu beitragen kann, jenen Uebelständen zu be— gegnen, darin erblicken zu sollen, daß in die von den Berufẽs— genossenschaften erlassenen beziehungsweise noch zu erlassenden Unfallverhütungsvorschriften unter Berücksichtigung der Aus— dehnung und Gefährlichkeit der Betriebe Bestimmungen über die erste . bei Unfällen aufgenommen werden. Auch aus Arbeiterkreisen ist neuerdings der Wunsch laut geworden, es möchte von Seiten der Berufsgenossen— schaften dafür gesorgt werden, daß in den Betrieben Ein— richtungen für die erste Hülfeleistung beständen. Das Reichs— Versicherungsamt hat wiederholt der Einfügung solcher Be— stimmungen in die Unfallverhütungsvorschriften mehrerer Berufsgenossenschaften seine Genehmigung ertheist. So ent— halten die im Jahre 1886 genehmigten Unfallverhütungs— vorschriften der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik („Amt⸗ liche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1836 Seite 190 ff.) die nachfolgenden Bestimmungen:

Für die Betriebsunternebmer. In jedem Betriebe sind nach Maßgabe der Arbeiterzahl des selben genügendes Verbandmaterial und einfache Arzneimittel vorräthig zu halten, welche an die Ver— letzten sofort nach Eintritt des Unfalls verabfolgt werden; diese ein facken Arineimittel hat die Genossenschaft bekannt zu geben. In den Weikstätten sind Anweisungen, betreffend die erste Behandlung Ver—⸗ letzter, in Plakatform anzubringen, welche vom Genossenschafts— vorstand zu beziehen sind. In großen Betrieben sind einige Personen in der erfien Behandlung Verletzter unterrichten zu lassen.

Für die Arbeiter. Jede, auch die geringste Verletzung ist gegen Eindringen von Staub, Schmutz und dergleichen sorgfaltig zu schützen, wozu das im Betriebe vorräthig gehaltene Verbandmaterial zu benutzen ist. Arbeiten mit Säuren und giftigen Stoffen sind bei eintretender Verwundung sofort einzustellen. Bei Eintritt von Unfällen ist der nächste Vorgesetzte sofort zu benachrichtigen und für schleunige Herbeischaffung ärztlicher Hülfe Sorge zu tragen.“

Eine Uebersicht über die sämmtlichen bisher genehmigten einschlägigen Bestimmungen ist in der von dem Verbande der Deutschen Berufsgenossenschaften durch R. Platz heraus— gegebenen Zusammenstellung der Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften Band 1 Seite 45 enthalten.

Das Reichs-Versicherungsamt hat demgemäß in einem Rundschreiben vom 8. Dezember an die Vorstände sämmt— licher ausschließlich vom Reichs⸗Versicherungs amt ressortirenden Berufsgenossenschaften anheimgestellt, der vorstehenden An⸗ regung sowohl im eigenen Interesse wie in dem der Ver⸗ nn thunlichst Folge zu leisten.

Am 2. Dezember 8. J. verstarb zu Wiesbaden, wo er eilung von schweren Leiden gesucht, der Geheime Ober— ustiz-⸗Kath Rudolf Schmidt im kaum vollendeten Hö. Lebens—

jahre. Das preußische JustizMinisterium, dem der Verstorbene als vortragender Rath angehörte, hat durch den Tod dieses hervorragenden Beamten einen schweren Verlust erlitten. Rudolf Schmidt wurde am 27. Oktober 1834 zu Bortsch bei Danzig geboren. Nachdem er im Jahre 1862 zum Gerichts-Assessor ernannt worden war und demnächst als Kreisrichter bei den Kreisgerichten in Pr. Stargardt und Marienwerder fungirt hatte, wurde er am 1. Mai 1873 als Hülfsarbeiter in das Justiz-Ministerium berufen. Am I0. April 1875 erfolgte seine Ernennung zum Geheimen Justiz-Rath und vortragenden Rath im Justiz Ministerium und am 9. Juni 1880 seine Ernennung zum Geheimen Ober— Justiz⸗Rath.

Gleich ausgezeichnet durch hohe Begabung wie durch unermüdlichen Fleiß hat der Heimgegangene stets mit voller Hingebung schlicht und anspruchslos seines Amtes gewaltet.

er mit den die Reform der Gerichtsverfassung , Arbeiten betraut. Er hat sowohl an der hierauf bezüglichen Reichs und Landesgesetzgebung in allen Stadien, welche dieselbe zu durchlaufen hatte, weit reichenden Antheil genommen, als auch in ersprießlichster Weise bei den umfang⸗ reichen und schwierigen Arbeiten mitgewirkt, die zum Zweck der Durchführung der neuen Gerichtsorganisation in Preußen erforderlich wurden. Der Entwurf des Ausführungsgesetzes zum deutschen Gerichtsverfassungsgesetze und die Begrundung dieses Eniwurfs sind aus seiner Feder geflossen.

Außer den Organisations-Angelegenheiten gehörten noch manche andere Zweige der Justizverwaltung zum Geschäfts— bereiche des Verslorbenen. Insbesondere hatte er die Etats⸗ und Kassensachen zu bearbeiten und demgemäß auch den Etat der Justizverwaltung vor dem Landtage zu vertreten. Das große, bei jenen Arbeiten zu bewältigende Material beherrschte er mit seltener Sicherheit; sein scharfer Verstand, gepaart mit reicher Erfahrung, ließ ihn stets das Richtige treffen und jede Schwierigkeit schnell überwinden.

Die große Arbeitskraft des Verblichenen gestattete ihm, seine Thätigkeit nicht auf seine nächsten Berufsgeschäfte zu beschränken, sondern seine reichen Geistesgaben und Kenntnisse auch noch in anderer Weise zu verwerthen. Seit dem Jah 1881 war er Mitglied der Justiz⸗Prüfungskommission und seit 2 Jahre 1886 Mitglied des Bundesamts für das Heimath— wesen.

39 Kriege gegen Frankreich erwarb er sich als Land— wehr⸗Dffizier das Eiserne Kreuz zweiter Klasse. Außerdem schmückten seine Brust der Rothe Adler-Orden zweiter Klasse und das Komthurkreuz zweiter Klasse des Herzoglich sachsen— ernestinischen Haus-Ordens. Er war nicht allein das leuchtende Vorbild eines gewissenhaften Beamten, sondern auch ein treuer Freund, ein Mann von schlichter Liebenswürdigkeit, erfüllt von Herzensgüte und Wohlwollen gegen Jedermann. Sein Gedächtniß wird von Allen, die ihn kennen gelernt, in Ehren gehalten werden.

Der Gouverneur von Köln, General-Lieutenant von Schkopp, ist mit Urlaub hier angekommen.

Bayern. München, 16. Dezeinber. Se. Königliche Hoheit der Prinz-⸗-Regent hat für den kommenden Neu⸗ jahrstag, gleich wie in den Vorjahren, eine Hofcour mit darauf folgendem Hofconcert befohlen. Der Prinz-⸗Regent hatte gestern den Erzbischof Anton von Thoma zur Tafel geladen. Das Befinden des an Grippe erkrankten Staats-Ministers Dr. Frhrn. von Lutz ist, wie die „A. 3.“ vernimmt, in langsam fortschreitender Besserung begriffen.

Der Finanz-Ausschuß der Kammer der Ab— geordneten hat den Gesetzentwurf, betreffend die Uebernahme der pfälzischen Gestütsanstalt auf den Staat, mit der Abänderung, daß auch der Preis⸗ vertheilungsfonds auf den Staat übergeht, einstimmig an— genommen.

Sachsen. Dresden, 16. Dezember. (Dr. Journ.) Die Erste Kammer bewilligte heute die zu Tit. 12, 14, 16, 24, 27 und 31 des außerordentlichen Etats geforderten Summen auf Antrag ihrer 2. Deputation einstimmig und ohne Debatte nach der Vorlage in Uebereinstimmung mit den Beschlüssen der Zweiten Kammer.

Die Zweite Kammer nahm die in Abtheilung O des ordentlichen Staatshaushaälts⸗-Etats, allgemeine Staatsbedürfnisse, enthaltenen Kapitel ohne Debatte mit der einzigen Aenderung an, daß Kap. 29, Landtzagsko st en, zum Zweck der Erhöhung der Besoldung des ständischen Archivars um 600 6 erhöht wird, und ging sodann über zu der allgemeinen Vorberathung des Antrages des Abg. Bebel und Gen. auf. Befreiung 5 Staatsbetrieben beschäftigten Ar— beiter, sowie der im Civilstaatsdienst ohne Beamteneigenschaft fungirenden Personen von der Zahlung der gesetzlichen Kranken-, Invali⸗ ditäfs- und Altersversicherungsbeiträge. Nach kurzer Begründung desselben durch den Abg. Kaden erklärte der Abg. Uhlemann (Görlitz,, daß eine große Anzahl Mit⸗ glieder dem Antrage grundsaͤtzlich nicht geneigt sei mit Rück⸗ sicht darauf, daß die betreffenden Reichsgesetze theils erst kurze Zeit, theils noch gar nicht in Kraft seien, daß sie aber bereit seien, dem Antrage eine reifliche Erwägung Sitens der Finanzdeputation A zu Theil werden zu lassen. Der Staats— minister von Nostitz-Wallwitz erklärte aus formellen und mate— riellen Gründen den Antrag für unausführbar und nahm in ersterer Beziehung auf die dem Antrage direkt wider— sprechenden reichsgesetzlichen Bestimmungen, deren Ab⸗ änderung auf dem Wege der Landesgesetzgebung unzulässig sei, in letzterer darauf Bezug, daß zu der beantragten Maßregel kein Grund vorliege, namentlich da seit 1884 Lohn— erhöhungen eingetreten seien, die zum großen Theil die zu gewährenden Beträge weit überstiegen. Nach einer Erwiderung Seitens des Abg. Liebknecht beschloß die Kammer gegen 9 Stimmen die Ueberweisung des Antrags an die Finanz— Deputation A.

Die Ergänzungswahl zur Zweiten Kammer für den 1. Wahlkreis der Stadt Chemnitz ist auf den 14. Januar n. J. angesetzt worden.

Württemberg. Stuttgart, 15. Dezember. Im Laufe der letzten Woche hatten, wie der St.-A. f. W.“ meldet, u. A. die General⸗Lieutenants a. D. Freiherr von Starkloff und Freiherr Pergler von Perglas die Ehre, bei Ihren Königlichen Majestäten zur Tafel eingeladen zu werden. Am 19. d. M. werden vier württembergische Truppentheile eine Jubelfeier begehen. An diesem Tage sind es 25 Jahre, daß Se. Majestät der König sich zum Chef des Grenadier-Regiments Nr, 123 sowie des ülanen-Regiments Nr. 19 erklärt hat, und Ihre Majestät die Königin Chef des Grenadier-Regiments Nr. 119 und des Dragoner-Regiments Nr. 25 geworden ist. Beide Majestäten haben zur Erinnerung an diesen Tag diesen ihren Regimentern Stiftungen für wohlthätige Zwecke zu— gewendet, namentlich zum Besten der Unteroffiziere und deren Hinterbliebenen, sowie in besonderen Nothstandsfällen auch der Mannschaften. Die Stiftungen bestehen in jährlichen, für alle Zeiten gewährten Renten in dem Jahresbetrage von 500 MÆτς für jedes der beiden Grenadier⸗Regimenter und von 250 „MS für jedes der zwei Kavallerie⸗Regimenter. Diese Stiftungsbeträge werden erstmals am 19. d. in den Besitz der genannten Truppentheile gelangen.

Baden. Karlsruhe, 16. Dezember. (Schw. M.) Der Präsident des Verwaltungsgerichtshofs, Geheime Rath

Alsbald nach seinem Eintritt in das Justiz-Ministerium wurde

von Seyfried, ist gestorben. Im nahezu vollendeten

S0. Lebensjahre starb der Geheime Rath n, Cron, langsähriges Mitglied und zuletzt vorsitzender Rath im Ministerium des Innern.

Hefen. Darmstadt, 15. Dezember. (Darmst. Ztg.) Bei der Zweiten Kamm er der Stände ist ein Antrag des Abg. Heinzerling eingegangen, wonach die Großherzogliche Staatsregierung ersucht werden soll, eine Vorlage einzubringen,

durch welche die Wittwen⸗ und Waisengehalte aus der vor

dem Gesetz vom 30. Juni 1886, das Civildiener-Wittwen⸗ Institut betreffend, liegenden Zeit in entsprechender Weise erhöht werden.

Mecklenburg⸗ Schwerin. Sternberg, 16. Dezember. (Meckl. Nachr.) Eine dem Landtage zugegangene Vorlage der Schwerinschen Regierung theilt mit, daß Seren issim us in der Eifenbahnangelegenheit das Minoritäts— votum anzunehmen bereit fei. Die Vorlage wurde mit 49 gegen 40 Stimmen, welche fur sofortige Annahme waren, der Kommitte überwiesen.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 16. Dezember. Th. C.) Am 21. d. M. werden 50 Jahre vergangen sein seit e. Königl. Hoheit der Großherzog, damals Erbgroßherzog, vom König Friedrich Wilhelm III. zum Rittmeister im 1. Kürassier⸗Regiment ernannt wurde. Dem Vernehmen nach wird Se. Königl. Hoheit an diesem Tage Deputationen des Kürassier⸗Regiments Graf Geßler (Rheinischen) Nr. 8, und des 5. Thüring. Inf. Regts. Nr. 94 (Großherzog von Sachsen), deren Chef Höchstderselbe ist, empfangen, um deren Glückwünsche zu dem fünßfzigjährigen Jubiläum seiner Angehörigkeit an die preußische Armee entgegenzunehmen. Am 19. d. M. begiebt fich Se. Königliche Hoheit der Großherzog, einer Einladung des Herzogs von Sachsen-Altenburg folgend, zu den Jagden nach Hummelshain, welche zu Ehren Sr. Majestät des Kaisers dort stattfinden.

Oldenburg. (.) Oldenburg, 16. Dezember. Ihre Hoheiten die Herzöge Alexander und Peter von Olden⸗ burg sind aus St. Petersburg am hiesigen Großherzoglichen Hofe eingetroffen, um an den Verhandlungen des hausgesetz⸗ lich alle zwei Jahre zusammentrelenden Familienraths des Großherzoglichen Hauses Theil zu nehmen.

Sachsen⸗ Meiningen. Meiningen, 15. Dezember. (Weim. Jig.) Der Landtag genehmigte in seiner gestrigen Sitzung den Ankauf der archäologischen Sammlungen des Pr. Jacob, welche etwa 1500 Gegenstände aus der La Tane— Periode enthalten, zum Preise von 5000 M66

Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 15. Dezember. (W. 3) Im Ostkreise sind bei der Nachwahl die Land⸗ tagsabgeordneten, deren Wahl wegen Formfehler für un— gültig erklärt war, wiedergewählt worden.

Anhalt. Dessau, 14 Dezember. (Anh. St.⸗A.) Ihre Königlichen Hoheiten der Erbgroßherzog und die Erb— großherzogin von Mecklenburg-Strelitz sind heute Mittag, mit Gefolge, von hier nach Neu⸗Strelitz abgereist.

Reuß ä. L. (4) Greiz, 16. Dezember. Der bisher mit der Führung der Präsidialgeschäfte bei Fürstlicher Landes⸗ regierung beauftragt gewesene Landesgerichts⸗Präsident Dr. jur. Mortag, welcher früher Kreisgerichts⸗Rath in Gera war und anläßlich der Neugestaltung der Justizbehörden im Jahre 1879 in hiesige Staatsdienste übertrat, ist zum Regierungs⸗ Präsidenten ernannt worden.

(Ger. Ztg.)

Reuß j. L. Gera, 16. Dezember, Der Landtag überwies in seiner vorgestrigen Sitzung den Antrag des Abg. Reuschel und Genossen um Bewilligung von 18 000 ½ auf die Finanzperiode 1390 1892 zur Ueber⸗ weisung an die Bezirksausschüsse, Behufs besserer Unter— stützung der Gemeinden bei Wegebauten, dem Finanz ausschuß. Bei der weiteren Berathung des Staats—⸗ haushalts-Etats wurde der Staatszuschuß zur Unter— haltung der Polizei, welcher in Gera 3062 M und in Schleiz 7ö0, M betragen soll, bewilligt. Ein Antrag des Abg. Dr. Jäger, nach welchem das Ministerium um eine Gesetzes vorlage ersucht wird, welche die Frage des Staatszuschusses zur örtlichen Polizei regelt, wurde angenommen. Für das Gym⸗ nasium in Gera wurde der Zuschuß um 3600 S erhöht, weil der Zinsfuß aus den Kapitalien erheblich zurückgegangen und die Einnahme an Schulgeld in Folge gesunkener Schülerzahl geringer geworden ist. Ein Antrag des Abg. Löblich, bie Gehälter der mittleren Lehrer— stellen um 5 Proz. zu erhöhen, wurde dem . Üüberwiesen und die betreffende Position abgzesetzt. Für das Gymnasium in Schleiz wurde ein Zuschuß von A 000 AM bewilligt und der Etat für das Landes-Seminar und die Taubstummenanstalt mit unbedeutenden Abänderungen ge⸗ nehmigt. In der heutigen Sitzung wurde. der Bericht des Finanzausschusses über die Vorlage, betreffend den Vor⸗ anschlag für den jährlichen Verwaltungsauf wand der Landessparkassen auf die Finanzperiode 1890 1892 nach dem Antrage des Ausschusses, worin nur unwesentliche Abänderungen vorgeschlagen waren, angenommen, und hierauf die Berathung des Staatshaushalts-Etats fortgesetzt. Der Abg. Löblich beantragte, den Zuschuß für das Real⸗ gymnafium in Gera von 900 S auf 15000 6 zu erhöhen. Der Antrag wurde nach längerer Berathung an den Finanzausschuß verwiesen. Die Ausgaben für die Besoldungen der Volksschullehrer wurden auf Antrag des Ausschusses um 10090 6 auf 109 300 MS erhöht und dann die Positionen für den Lehrer-Pensionsfonds (18 300 A6), zur Unterstützung von Vol ksschullehrern in Krank— heits fällen (600 „M), zur Erziehung schwachsinniger ünd blinder Kinder (2000 M, und zur Erforschung und Aufzeichnung der im Fürstenthum bezw. in vorhandenen Kunstdenkmäler (630 M) ewilligt.

Deutsche K’olonien. (W. T. B.) Aus Zanzibar vom Montag wird gemeldet, daß Bushiri in der Nähe von Pan⸗ gani von Dr. Schmidt gefangen genommen und nach Abhaltung eines Kriegsgerichts sofort standrechtlich er⸗ schossen worden sei. Major Wissmann befinde sich in Pangani. Emin Pascha sei außer Gefahr und werde demnächst in Zanzibar erwartet.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wi en, 16. Dezember. (W. T. W.) Se. Majestät der Kaiser und König empfing heute den neugewählten Bürgermeister von Wien, Dr, Prix, und ver⸗ sicherte denselben seines Kaiserlichen Wohlwollens für

die Stadt. Allerhöchstderselbe drückte sodann die gef ung auf eine gedeihliche Lösung der die Stadt ien betreffenden Fragen aus und bemerkte bezüglich des beabsichtigten Wegfalls einiger Bälle im kommenden Karneval, er wünsche keineswegs, daß auch in dieser Richtung dem Ge— werbe und der Industrie Verdienst entgehe. Das Abgeordnetenhaus nahm heute das Budget— pro visorium in dritter Lesung an.

Großbritannien und Irland. London, 16. Dezember. (A. C) Der Hof siedelt nächsten Mittwoch von Windsor nach Osborne über, wo die Königin bis zum 17. Februar verweilen wird. .

Wie die „A. C.“ mittheilt, wird Stanley, nachdem er sich in Zanzibar hinreichend eiholt hat, nach Egypten reisen und im Frühjahr nach London kommen. Alsdann wird er den König von Belgien in Brüssel besuchen und von da sich nach Berlin begeben. .

Aus Lissabon ist im Reuter'schen Bureau nachstehende neuere, vom 14. d. datirte Drahtmeldung em̃getroffen: .

„In Bezug auf die über Zanzibar eingegangenen und in London heute veiöffentlichten Nachrichten aus Mozambique, denen zufolge Major Serpa Pinto, nachdem er sich nach dem Matololo—⸗ Tand begeben, Händel mit den Makololo anfing und ihnen den Krieg erklärte, in welchem Hunderte von Eingeborenen mit Gatling Kanonen niedergeschossen, 2 englische Flaggen er— beutet und die Makololo schließlich von den Portugiesen gründlich unterjocht wurden, ist ermittelt worden, daß aus Mozambigue keine amtlichen Depeschen eingegangen sind seit der Vepesche, welche Liffabon am 19 November erreichte. Diese am 20. November in Tondon vom „Reuter'schen Bureau“ veröffentlichte Depesche lautete:

„„Eine Depesche aus Mozambique, datirt 17. November, ist hier (Lissabon) eingegangen, welche die neuesten Nachrichten aus dem Tistrikt Nyassa übermittelt Die Depesche meldet, daß der Sultan von Macangire, ein mächtiger Häuptling am östlichen Ge— ssade des Nyrassasees, der VBasall Portugals geworden ist. Matipuire und andere benachbarte Häuptlinge, der Mekolslo find in Qrillimane angekommen, um die portugiesiche Flagae entgegenzunehmen. In Maponda, dem Sitz der portugiesischen Misston der weißen Väter des Kardinals Lavigerie's, war der Eingeborenen äupiling abgesetzt und durch seinen Sohn ersetzt worden, welcher die Autorität Portugals anerkannte. Mejor Serpa Pinto, welcher mit Senbhor Albaro Castelloes, dem Ingenieur, mit der Ver— messung des Landes im Distrilt Mpassa, Behusfs Anlegung einer Fisenbahn am oberen Ende des Flusses Shire beschäftigt war, wurde von den Makololo am 8. d angegriffen. Dem Major gelang es jedoch, seine Angreifer zurückzuschlagen, welche 72 der Ihrigen todt auf dem Kampfplatze zurücließen. Mehrere Häuptlinge des Stammes sind verhaftet worden.“

In po'tugiesischen amtlichen Kreisen wird vermuthet, daß der in London veröffentliche Bericht nichts weiter als eine aufgebauschte Version der Affaire vom 8. November ist. .

In Lissaboner amtlichen Kreisen heißt es auch, daß Major Serpa Pinto nach Nyassaland gesandt wurde, lediglich um zu ermitteln, ob es thunlich sei, eine Eifenbahmn von Kiliani an der Küste von Mozambique nach dem Nyassasee über den Fluß Shirs anzulegen. Er brauche nicht ein Land zu erobern, das Portugal seit Jahrhunderten gehöre. .

Bas Vorgehen Portugals am Zambesi wird voraus⸗ sichtlich Gegenstand der Erörterung in dem heute stattfindenden ordentlichen Ministerrath bilden. Die Nachricht wurde von dem Bischof Sm ythies nach Zanzibar gebracht und von Oberst Evan Smith, dem britischen Generalkonsul in Zanzibar, auf dem Drahtwege an das Auswärtige Amt in London übermittelt. Vor dem Eintreffen der zugesagten schriftlichen Depeschen, welche alle Einzelheiten der Vorgänge übermitteln werden, dürfte Lord Salisbury keine Schritte in der An— gelegenheit thun. Sein erster Schritt wird, wie man glaubt, bie Form einer direkten Noté an, die portugiesische Re⸗ gierung annehmen, worin um Aufklärungen gebeten. wird, deren Verweigerung die Abberufung des britischen Gesandten in Lissabon nach sich ziehen würde.

= 16. Dezember. (W. T. B.). Die Londoner Abtheilung der Deutschen Kolonial-Gesellschaft hat in einer heute Abend stattgehabten Sitzung eine von Oldemeyer vorgeschlagene, von Hermann Meyer unterstützte Re solution, welche dem Deutschen Reichstage zung de fonirenden ostafrikanischen Dampferlinie auf das Wärmste und Nachdrücklichste anempfiehlt, ein st immig an—

genommen.

Frankreich. Paris, 16. Dezember. (W. T. B.) Die Depütirtenkamm er erklärte heute die Wahlen der bou⸗ langistischen Deputirten Mery und Naquet für ungültig.

Bei der vorgestrigen Schlußabstummung über die geheimen Geldbestände slimmten, wie wir der „Köln.

tg.“ entnehmen, 288 Republikaner, darunter eine Anzahl abikale und ein Konservativer, für die Vorlage, Die 181 Gegner bestanden aus 122 Konscervativen, 33 Boulangisten

und 26 Radikalen, darunter Camille Dreyfus und Millerand.

63 Deputirte, nämlich 29 Konservative, die beiden Boulangisten Delahaye und Solon, und 22 Radikale, darunter Clemenceau, Henri Maret, Pelletan, Peytral, Pichsn und Barodet, ent— hielten sich der Stimmabgabe.

n der Zeit vom 1. Januar bis zum 30. November d. 3 belief sich der Ertrag des französischen Ein fuh rhandels auf 3768 Millionen (gegen 3735 Millionen im gleichen Zeit raum des k,, des Ausfuhrhandels auf 3260 Millionen (gegen 2926 Millionen im Vorjahre).

Rußland und Polen. St, Pet ers burg. 15. Dezember.

(St. Pet Zig) Unlängst weilten in St. Petersburg die Gouverneure von sechs Gouvernements, um Instruktionen Behufs Einführung der Inst it ution des Landhaupt⸗ manns vom 1. Januar 1890 ab entgegenzunehmen. Dabei legten sie dem Minister des Innern den. Plan der Be⸗ zirkseintheilung vor, den sie, jeder für sein Gouvernement, ausgearbeitet haben. So soll das Moskauer Gouvernement, aus dem übrigens die Umgebung der Hauptstadt, sofern sie zur städtischen Polizei ressortirt, ausgeschlossen ist, wie die „Now. Wr.“ berichtet, in 5ö5 Landhauptmanns-⸗Bezirke ge⸗ theilt werden.

Italien. Rom, 16. Dezember. (W. . 8 In der heutigen Sitzung der Deputirt en kammer gab der Schatz-Minister Giolitti sein Exposénüber die Finanz lage, wies auf die bereits bekannten Ergebnisse des Budgets für 18683 s), 1859 90 und 15890 91. hin und bemerkte dazu, Dank den dem Schatze zu Gebote stehenden Mitteln sei der Kassendienst nicht nur für das Finanzjahr 1859 90, sondern auch für die ganze Finanzverwaltung im Rechnung ja hre 1850/91 gesicherl. Bei Aufstellung des Budgets für 1880,)91

worden seien, um die bestehenden Steuern ergiebiger zu

die Genehmigung der zu subven⸗ 3

des effektiven Theils des Budgets für 1890 91 belaufe sich auf 33 Millionen, worin die am 5. Oktober mittels Spezial— gesetzes für außerordentliche militärische Ausgaben geforder⸗ fen 16 Millionen mit einbegriffen seien. Ferner seien dabei berücksichtigt die Wirkungen der Aufhebung der Pensions— kasse, in Folge deren die Pensignen künftig in das Budget eingestellt würden; endlich seien in dem angegebenen Defizitbetrage auch 5 Millionen für den Bau von Eisen⸗ bahnen mit enthalten. Die Herabminderung des Defizits sei vor Allem abhängig von der strengsten Sparsamkeit. Das neue Finanzprogrxamm habe bei den ordentlichen Ausgaben eine Besserung herbeigeführt, die auf 13 bis 49 Millionen veranschlagt werden könne. Wenn man auf diesem Wege fortfahre, werde sich ohne neue Steuern das Gleichgewicht herstellen lassen; wolle man neue Ausgaben, so würden neue Steuern unvermeidlich sein. Der Minister erwähnte schließlich die zahlreichen Verwaltungsmaßregeln, die getroffen

machen, und kündigte Vorl agen über die Verbesserung der Täbackverwaltung und eine anderweite Organi⸗ fation der Börsenabgaben an. . Venedig, 16. Dezember. (W. T. B.). Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Pxinzessin Heinrich von Preußen sind heute Abend nach Korfu abgereist.

Spanien. Madrid, 16. Dezember. (W. T. B.) Nach einem von der amtlichen „Gaceta“ über das Befinden des Königs ausgegebenen Bericht verbrachte der König eine sehr ruhige Nacht. Das Eintreten der Wiedergenesung sei

nahe bevorstehend.

Belgien. Brüssel, 16. Dezember. (W. T. B) Die erste Kommission der Antisklaverei-Konferenz begann heute die erste Lesung eines neuen Abschnitts der Vorlage, betreffend Maßregeln gegen den Sklavenhandel. Dieser Ab⸗ schnitt bezieht sich auf die Ueberwachung und Ver⸗ folgung von Sklaventransporten im Innern, des Landes und handelt zugleich von den polizeil ichen Maßregeln, die gegenüber den an der Küste anlangenden und von der Küste nach dem Innern abgehenden Karawanen in Anwendung zu bringen sind.

Griechenland. Athen, 16. Dezember. (W. T. B.) In der Deputirten kammer brachte Del yannis heute eine Interpellation über die kretensischen Angelegen— heiten ein. Die Berathung wurde auf Dienstag vertagt.

Asien. Japan. Ueber das Attentat auf den Minister des Auswärtigen Grafen Ok uma berichtet der „Ostasiatische Lloyd“ vom J. November: . ö

„Graf Okama batte am 18. Oktober soeben einer Kabinet rersammlung beigewohnt, und fuhr in seiner Equipage nach seiner Wohnung, als der Kutscher, kurz bevor der Wagen in das Thor ein sohren wollte, einen europäisch gekleideten Japaner stehen sah, der etwas aus feinem Regenschirm herausnahm und dasselbe in die Equi page warf. Sefort erfolgte eine Explosion und wenige Augenblicke darauf ergab es sich, daß eine Dynamitbombe zu Füßen des Grafen explodirt war, die demselben eine tiefe Wunde unterhalb des rechten Knies zugefügt und außerdem, die rechte Hand und das Gesicht leicht verwundet hatte. Graf Okuma wurde sofort in scine Residen; getragen, wo sich kurze Zeit darauf eine große Anzahl hoher Staatsbeamter und Doktoren einfanden (unter letzteren unser Landsmann Hr. Dr Bäl). Unser Gesandter, Hr. Dr. von Holleben, war gleichfalls unter den Besuchenden. Der Mörder stieß sich sofort nach der Unthat einen Dolch in den Hals und starb auf der Stelle. Er ist etwa 30 Jahre alt; man fand an seiner Person feine Papiere, welche Aufschluß über seine Motive zur That geben könnten. Rach Berathung wurde von den Aerzten beschlossen, den Fuß zu amputicen eine Operation, die auch glücklich ausgeführt wurde. Letzten Nachrichten zufolge befand sich Graf Okuma außer aller Gefahr und auf dem Wege der Besserung.“

Afrika. Egypten. Kairo, 15. Dezember. (R. B.) Gerüchte von dem Tode des Khalifa sind fortgesetzt im Umlauf, aber eine Bestätigung aus zuverlässiger Quelle steht noch aus. Die in der englischen und ausländischen Presse von eit zu Zeit veröffentlichten Angaben, welche die Wahrschein⸗ lichkeit der baldigen Invasion einer Derwisch-Armee in Egypten andeuten, sind u age nau. Es ist guter Grund fur die Behauptung vorhanden, daß die Proviantvorräthe im Besitze der Derwische ein aggressives Vorgehen der letzteren auf Monate hinaus nicht rechtfertigen. .

Zanzibar. Zanzibar, 16. Dezember. (R. B.). Heute fand bei dem Sultan die feierliche Ueberreichung ber ihm von Sr. Majestät dem Kaiser Wilhelm sowie von Ihrer Majestät der Königin Victoria verliehenen hohen Ordensauszeichnungen statt. Der Feierlichkeit wohnte eine große Anzahl zanzibaritischer Würdenträger bei. Alle Schiffe im Hafen hatten Flaggenschmuck angelegt und gaben Salutschüsse ab.

Zeitungsstimmen.

Ueber den Empfang Sx. Majestät des Kaisers und Königs in Frankfurt a. M. wird der „Rheinisch-West— fälifchen Zsitung“ von dort geschrieben:

„Wenn Frankfurt mit anderen deutschen Städten die hohe Ehre gemein hat, den Deutzchen Kaiser, wenn auch nur auf wenige Stunden, in seinen Mauern als Gast gesehen zu haben, so kommt bei Frankfurt noch ein politisches Moment von hervor⸗ ragender Bedeutung hinzu. Die alte Demokratenstadt, noch jetzt die Hochburg der Demokratie, ist vielleicht, so unglaublich es klingt, die konservativste Stadt in Deutschland, und gerade diesem Umftand ist es zuzuschreiben, daß die Demekratie, die sonst im Deutschen Reiche eine praktische Bedeutung nicht mehr beanspruchen fann, hier noch eine traditionelle Macht, aber doch immer noch eine Macht ist. Wenn nun der Nimbus dieser Tradition seit dem großen nationalen Umschwung des Jahres 1870,71, von, dem aus das Emporblühen Frankfurts datirt, nach und nach immer mehr von seinem Glanze verloren hat, so hat der Kaiserbesuch diesen Umschwung einmal als eie unumstößliche Thatsache Jedermann vor vie Augen? geftellt, anderseits aber auch in ungeahnter Weise dazu beigetragen, denselben so zu fördern, daß man heute obne Ueber · treibung sagen kann, Frankfurt hat den Charakter einer demokratischen Siadt erkoren, es! hat aufgebört, die Demäne der Oppo- sition zu sein. Die alte Kaiserstadt hat Mitglieder unseres Kaiferhauses in den letzten Jahrzehnten schon dreimal empfangen, aber ein so gewaltiger, alle Erwartungen weit hinter sich lassen. der, von Mittag bis tief in die Nacht hinein sich immerfort fleigernder, selbst durch Schnee und Sturm nich. im mindesten ge. dampfter Jubel ist in Frankfurt noch keinem Kaiser, ist überhaupt noch in keiner Stadt Kaiser Wilhelm 1IJ. entgegengebracht worden. Selbst die prononzirt orpositionellen Persönlichkeiten konnten nicht

Rraft des Lebens stehen, wie in Frankfurt Pr

freulichste Zeichen der Zeit betrachten möchten: in hellen Haufen zog die Ardeiterschaft scon in den Frühstunden in die Thore Frank. furts ein, um ihren Kaiser ju sehen, und in dem die Straßen Überfluthenden Menschengewoge war bis zum späten Abend der Arbeiterkittel gan; ußerordentlich stark vertreten. Kein Wunder, wenn der Kaiser über den ibm gewordenen Empfang aufs Tiefste er⸗ freut war und daß er dieser Freude gegen den Ober · Sürgermeister der Stadt in einer an Herzlichkeit grenzenden Weise mehrfachen Ausdruck gegeben hat.“

Ueber denselben Gegenstand lesen wir in der „K ölnischen Zeitung“: J 1 „Der begeisterte Empfang, welchen Kaiser Wilhelm in Frankfurt gefunden hat, giebt dem „Standard“ Anlaß, einen Rückblick auf die politischen Umwälzungen zu werfen, welche aus dem seligen deutschen Bund das neue Deutsche Reich entstehen, ließen. In der alten Krönungsstadt de; heiligen römischen Reichs begrůßte der freudige Zuruf der Bevölkerung einen Kaiser aus dem Dause der Hohenzollern, die Frankfurt zu einer Provinzialstadt herabgedrückt, ihm seine Selbständigkeit und frühere Stellung genommen haben. Roch ist es frisch in der Erinnerung von Männern, welche, in der eußen zu kämpfen hatte

mit dem öfterreichischen Bundesgenossen. Es waren die Tage, in xcelchen⸗ Herr von Bismarck feine diplomatische Laufbahn begann. In Frankfurt tagten die Verfammlungen, welche Deutschland zu einigen verfuchten, aber ihre Reden blieben ohne Erfolg, in Berlin wurde durch die Politik von Blut und Eisen das neue Reich begründet. Frankfurt wurde durch die Hauptstadt in den Hintergrund gedrängt. Wenn man das überdenkt, so tritt erst die Bedeutung des Tmpfanges scharf und klar hervor. Er zeigt, wie tiefe Verschiedenheit obwal et zwischen einem politischen Erfolg, der nur auf roher Ge⸗ walt beruht und nicht getragen ist von nationalen Empfindungen, und einem Erfolg, den die zwingenze Logik der Thatsachen schuf und die zielbewußte Vaterlandsliebe ciner Gesammtheit begleitete.“

Unter der Ueberschrift „Die „Theuerungzpolitik“ und das billige Ausland“ bringt die „Leipziger Zeitung“ einen Artikel, worin es heißt:

Das System der Theuerungspolitik, das die Kartellparteien auf ihre Fahnen schreiben, wird die bervortretende Signatur des Wahl- kampfes sein‘, fo dekretirt in ihrem letzten Wahlartikel die Vossische Zeitung“ „An den Grenzen des Reichs braucht man nur eine kurze Strecke Wegs zurückzulegen, um jenseits der Grenzpfähle Brot und RMebl um fo viel billiger zu erhalten, als diesseits. Die Grenz⸗ bevölkerung ist einer der sichersten Zeugen, daß die agrarische Legende von dem zolltragenden Auslande ein Hirngespinnst ist?“ so befiehlt die „Vossische Zeitung“. ; Das Wahrmotto' ist bekanntlich nicht mehr ganz neu, und ebenso wenig der Hinweis auf das billige Ausland. Aber die Antwort auf die Frage, woher es wohl kommen mag. daß jene Grenzbevölkerung“, statt in dem gelobten Lande der Billigkeit zu bleiben noch immer vorzieht, schaarenweise in das Land der Theuerungspolitik aus⸗ zuwandern, sind uns Freisinn und Sozialdemokratie noch immer schuldig geblieben ; .

Mit dem billigen Brot und Mehl“ unserer böhmischen Grennachbarn, über welche der deutsche“ Freisinn jetzt täglich die volle Schale feines Neides ausgießt, muß es doch wol seinen Haken haben Benn während man niemals bört, daß sächsische Arbeiter, um sich dauernd den Genuß „billigen Brotes und Mehles zu sichern, sich in österreichischen Landen ansiedeln, zählen die böbmi⸗ schen Arbeiter, die im Lande der Theuerungepolitik. Arbeit und dauerndes Üünterkommen suchen, alljährlich zu Tausenden. Und merkwärdig! Nicht den billigeren preußischen und haverischen Grenzgebieten, sondern dem viel theureren Sachsen mit seiner ohne Dies fchon so dickten Bevölkerung geben sie den Vormg. Gegenüber 136 göh in Preußen und 63 G47 in Bavern hatte Sachsen bei Fer letzten Zählung 52 601 Reichsausländer, d. h. relativ etwa fünf Mal mehr afs die beiden anderen Staaten. Am stärksten aber waren mit Argländern die Städte längs der böhmischen Grenze besetzt, ob nan Zittau mit 57 Ausländern auf 1000 Einwohner gegen nur 22 in Leipzig.“

Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und OQuarantänewesen.

Schweden. ( Auf dem Hofe Fladje in der schwedischen Provinz Halland ist der Milzbrand ausgebrochen.

Submissionen im Auslande.

IJ. Belgien.

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Theater und Mufik.

Deutsches Theater.

Se. Hoheit der Erbprinz von Sachsen⸗Meiningen besuchte am Montag die Aufführung des Anzengruber'schen Schauspiels Der Pfarrer von Kirchfeld? und wohnte derselben bis zum Schlusse bei.

Lessing⸗ Theater. .

Das Lustspiel ‚Unsere Frauen“, das am Mittwoch wieder auf dem Repertoir erscheint und in seiner Gesammtdarstellung zu den lustigsten Darbietungen dieser Bühne gehört, ist in einigen Rollen neu besetzt worden. Frl. Jenny Groß wird hier zum ersten Male die Rolle der Grete Dorn spielen, welche sie seiner Zeit am Wiener Stadttheater creirt hat. Ferner wird Fil. Henriette Leuthold als lla Brandt und Frl. Clara. Markwordt in der Rollz der Frau Jenny Hilberg zum ersten Male in dieser Vorstellung mitwirken.

Residenz⸗Theater. .

Die Premiere von Pepa“, Luftspiel in 3 Akten von H. Meilhac und C Gonderac, findet am nächsten Montag, den 23. Dejember, statt und wird Frl. Rofa Bertens Gelegenheit bieten, sich zum ersten Male in dieser Saison wieder in einer bedeutenden Rolle zu zeigen.

Kroll's Theater.

Am Mittwoch, den 25. Dezember, wird zum ersten Male Der

Königsgardist', Operette von Arthur Sullivan, aufgeführt. Central Theater. .

Es finden nur noch zwei Vorstellungen vom „lachenden Berlin? statt, welches am Sonnabend, den 21. X. M., durch die. Kren. che Rovität Berolina“ abgelöst wird. Die Hauptrollen dieser Posse befinden sich in den Händen der Damen: Bettv Dambofer (Bettina). Josefine Dora (Vroni) Anna. Hocke (Gret- ben), Greihe Frick (Charlotte), Martha. Körnig (Minna), Eminy * Kröchert (Ellah, Marie Bousss (Angela) und der Herren: Direktor Thomas (Gravenstein) Georg Kaiser (Richard Schulze). Bruno Bollmann (Pepenberg), Oscar Löber (Kleeberg), Georg' Tjadom sky (Liesegang, Ferdinand Meyer (Pankratius), Anton

habe man fich der äußersten s

Sparsamkeit befleißigt. um die Nothwendigkeit neuer Steuern zu vermeiden. Das Defizit

umhin, ihre Häuser zu schmücken. Was wir vielleicht als das er⸗

Grünfeld (Nazi) und Ernst Kettner (Schnitzer).