1890 / 15 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 Jan 1890 18:00:01 GMT) scan diff

nur 81 anders zu stimmen, um das Resultat der Wahl zu andern. Beein flußt worden find bh Fabrikarbeiter, 13 Unterbeamte und 171 Lehrer. Wenn auch nicht alle diese gegen ihre Ueber⸗

ugung gestimmt haben, so liegt doch eine große Wahrschein⸗ ichkeit vor, daß diese Wahl gefälscht ist. Eine solche Wahl muß kassirt werden. Auf Antrag des Abg. von Bennigsen sind die Beweiserhebungen veranlaßt worden, ich hoffe also, daß auch heute Hr. von Bennigsen seine Stimme für die Kas⸗ srung der Wahl einlegt.

Abg. Hegel: Von den vielen Punkten des Wahlpretestes ist thatsächlich nur in dem Fall Gregorovius eine Ungehörig⸗ keit erwiesen. Nur in 4 Punkten von 16 hat die Beweis- aufnahme ergeben, daß die Thatsächlichkeit des Protestes nicht

anz zu bestreiten ist. Der Vorredner hat diese vier 96. aber in unrichtiger Weise dargestellt. Daß irektor Mönting zugleich Wahlvorsteher der Kolonie Landsberg war, ist selbstverständlich, denn die ganze Kolonie besteht eben nur aus vier Fabriken. Nur wenn man mit Voreingenommenheit an den Fall. herantritt, kann man auch in den ührigen Punkten eine absichtliche Wahl- beeinflussung finden. Daß einige Sozialdemokraten durch die Androhung der Entlassung aus einer Fabrik zur Wahl- enthaltung bestimmt wurden, ist richtig; aber es ist in der betreffenden Fabrik ausdrücklich durch Plakat die Be⸗ schäftigung sozialdemokrgtischer Arbeiter verboten. Diese . wird man schließlich doch wohl noch dem irbeitgeber lassen müssen. Den Fall Gregorovius sieht die Wahlprüfungskommission durch die disziplinarische Rüge für erledigt an, sie kann nicht annehmen, daß durch sein Schreiben an die Lehrer die Wahl beeinflußt ist. Zur Ehre der freisinnigen Wähler nehme ich an, daß sie sich von ihren Anschauungen nicht fo leicht abwendig machen lassen werden. Bleiben Sie auch ferner bei der wohlbegründeten Praxis der Wahl⸗ prüfungskommifssion und erklären Sie auch die vorliegende Wahl für 9 .

Abg. Rickert: Man empfiehlt uns, wir möchten bei der Praxis der Wahlprüfungskommission verbleiben. Bei welcher denn? Bei der Praxis der letzten drei Jahre, die sich zum Schlechteren gewendet? Ich habe wieder einmal in alten Akten „herumgewühlt“ Hrn. Woermann ist es natürlich unangenehm, an die Vergangenheit er— innert zu werden —, da fand ich denn einen dem ien ganz analogen Fall. Es handelt sich um einen onservativen Wahlprotest gegen die Wahl des national⸗ liberalen Hrn. Eisenlohr. Dieser hatte mit 84 Stimmen über die absolute Majorität, über den jetzigen Bundesbevollmäch⸗ tigten von Marschall gesiegt. Websky hatte nur 81 Stimmen über die absolute Masoritaͤt. In einem Dorfe, wo 2713 Stim⸗ men abgegeben wurden, davon 80 für von Marschall, . der Bürgermeister die Bürger durch Aus⸗ chellen zu einer Gemeindeversammlung berufen lassen. Nach Erledigung der Geschäfte forderte er die Bürger auf, sie möchten am Wahltage für Hrn. Eisen⸗ lohr stimmen, von Marschall wüßte nichts von den Interessen der Gemeinde, er hätte sich sogar mit den Ultramontanen verbunden. Obgleich der Bürgermeister in Baden mehr primus inter pares, mehr Bürger als Staatsbeamter ist, hat dennoch der Reichstag diesen Vorgang als eine widerrecht⸗ liche obrigkeitliche Beeinflussung angesehen und die Wahl des Hrn. Eisenlohr einfach kassirt. Das ver—⸗ stand sich damals von selbst. Obgleich nun hier notorisch ein Schreiben des Kreis⸗Schulinspektors an 171 Lehrer vorliegt, worin diese zur Wahlbeeinflussung aufgefordert wurden, hat die Wahlprüfungskommission darauf keine Rück sicht genommen. Diese 171 Stimmen reichen aus, die Wahl des Hrn. Websky zu kassiren, wie es auch bei der Wahl Eisenlohr . ist. Es ist wirklich eine sonderbare Zumuthung, daß wir

eweisen sollen, wie viel und welche Lehrer durch das Cirkular des Hrn. Gregorovius beeinflußt worden sind. Da streichen Sie doch lieber den Begriff „Wahlbeeinflussung“. Das Volk wird es aber nicht ö, wenn die Wahlprüfungskommission rein formalistisch zu Werke geht. Man sagt, Gregorovius hätte sich nur an seine Gesinnungsgenossen gewandt. Das ist unrichtig. Die katholischen Lehrer wollten von seiner Politik absolut nichts wissen, und auch die protestantischen Lehrer waren nicht alle seiner Meinung. Die Kommission hat nun eine wunderbare Sentenz zu Tage gefördert, das Cirkular des Kreis⸗Schulinspektors sei zwar ungehörig, inso⸗ fern es an sämmtliche Lehrer gerichtet war, unzulässig aber sei es nicht gewesen. Die Wirkung der amtlichen Wahlbeein⸗ flussung von oben herab zeigt sich am Eklatantesten an dem amtlich festgestellten Fall des Lehrers - ommer. Von ihm schrieb die „Freisinnige Zeitung“, daß er einem Kinde, dem bei der Bescherung ein uch geschenkt worden war, dieses während des Stichwahlkampfes wieder abgenommen ö weil der Vater ein liberaler Wähler war.

adurch fühlte sich Hr. Sommer beleidigt und strengte die Klage gegen das Blatt an. Die Gerichtsverhand⸗ lung, welche mit der Freisprechung der Zeitung endete und mit der entschiedensten Verurtheilung des Lehrers selbst durch den Staatsanwalt, entrollte ein schauriges Bild von Wahlbeeinflussung. Es wurde u. A. festgestellt, daß Sommer Diejenigen als Schufte bezeichnet hat, weiche für den Stadt— syndikus Eberty gestimmt hatten. Nach Beendigung des Schulunterrichts hat Sommer einige Schülerinnen an die grub schwarze Tafel treten, die Namen Websky und Eberty arauf schreiben, die Stimmen daneben setzen lassen, und hat dann gesagt, „das sind die 19 freisinnigen Schufte“. Die An—⸗ gelegenheit ist im preußischen K zur Sprache . worden, und der inister von Goßler hat en Lehrer Sommer nicht vertheidigen können, vielmehr das

jsstplinarverfahren gegen denselben in Aussicht gestellt Das

nsehen des Reichstages steht mir höher als jedes Partei⸗ inhteresse. Jede Partei hat ein Interesse und die Pflicht, das Wahlrecht, diese Grundlage des Reichstages, heilig und un⸗ versehrt 3 erhalten und jede Wahlbeeinflussung, sie komme von welcher Seite sie wolle, rücksichtslos zurückzuweisen, Er⸗ klären Sie die Wahl des Abg. Websky fur ungültig! Damit . Sie dem Ansehen des Reichstages einen Dienst er⸗ weisen.

Abg. Veiel vertheidigt die Wahlprüfungskommission gegen den Vorwurf. altbewährte Grundsätze aufgegeben und ne men für Prüfung der Wahlen aufgestellt zu haben,

hen die Wahlfreiheit nicht mehr genügend gewährleistet sickert habe den Fall Sommer angeführt, der ja ungualffizirbar sei, aber daß zwischen dem Ver⸗ Lehrers Sommer und dem Vorgehen des Schul⸗

e Gregorovius irgend ein Zusammenhang bestehe, nicht nachgewiesen werden. ; Singer: Alles, was im Sinne der Kommission

für Gültigkeit . ist, hat mich nur in der Ueber⸗ zeugung bestärkt, daß für das Votum der Majoritãt dieser Rommission eben Durchschlagendes nicht vorgebracht werden kann. Schon das Verhalten des Kreis⸗Schulinspektors allein müßte ausreichen, um ohne Weiteres die Kassation zu be— schließen. Statt dessen ist der von Hrn. Gregorevius au die Lehrer und von dieser auf die Wahler ausgeübte Dru dadurch von oben anerkannt worden, daß Hr. Gregorovius um Seminar⸗Direktor befördert ist. Der Waldenburger all ist typisch für die ganzen 1887er Wahlen; es ist hier wie überall damals dieselbe Dreiheit erkennbar, die allein der neuen Majorität den Einzug in dieses . ermöglichte, nämlich: einmal amtliche Wahlbeeinflussung, sodann Beeinflussungen schärfster und schlimmster Art Seitens der Fabrikunternehmer und Arbeitgeber, und endlich damit im Bunde die ne,, Verletzung des Wahlgeheimnisses. Nur dieser Dreiheit verdankt die Sler Mehrheit ihren Sieg. Bei Strafe der Entlassung ist den Arbeitern von Fabriköesitzern nach beeidigten Aus⸗ sagen verboten worden, sich bei der Stichwahl zu Gunsten des freisinnigen Kandidaten zu betheiligen. Das ist ein durchaus verwerflicher Eingriff des Arbeitgebers in die politischen Rechte der Arbeiter, und wenn nach Erweis der Wahrheit dieser Thatsache der Reichstag dennoch eine so zu Stande ge⸗ kommene . für gültig erklärt, so heit er damit gewisser⸗ maßen durch seine Abstimmung ein derartiges Verfahren gut, und man wird sich nicht wundern dürfen, wenn in weiten Kreisen des Volkes die Ueberzeugung Boden gewinnt, daß die Wahlfreiheit in Deutschland nur noch eine Form ist und daß die zu allererst zum Schutze der Wahlfreiheit berufene Instanz, der Reichstag selbst, kein Ohr für die Klagen über Verletzung der Wahlfreiheit mehr hat. Ein Wahllokal war bei der Stich⸗ wahl so eingerichtet, daß jeder eintretende Wähler vom Eintritt bis zur Abgabe des Stimmzettels vom Wahlvorsteher kon⸗ trolirt werden konnte, so daß es unmöglich war, den den Arbeitern aufgedrungenen nationalliberalen Stimmzettel zu vertauschen. Wie sollen da die Arbeiter ihre Ueberzeugung zum Ausdruck bringen? Ueber den Lehrer Sommer wundere ich mich eigentlich kaum; denn wenn solche Verfügungen von den Vorgesetzten ergehen was soll der untergebene Lehrer schließlich thun? Nur meine ich, sollte man den Kreis— Schulinspektor bestrafen, der in einer solchen Weise die ihm unterstellten Lehrer in Kollision mit ihrer Pflicht und mit dem bringt, was sie ihren Schülern als Moral einprägen sollen. Der Kommissionsantrag wird ja wohl auch im Plenum angenommen werden; wir stimmen natürlich gegen die Gültigkeit der Wahl, wir halten die Proteste für begründet und meinen, wenn drei Jahre hindurch ein Wahlkreis durch einen nach unserer Meinung nicht legitimirten Herrn ver⸗ treten war, so sollte der Reichstag noch in letzter Stunde das Unrecht möglichst zu sühnen streben, welches diesem Wahlkreise durch eine ganze Legislaturperiode hindurch geschehen ist. Sache des Wahlkreises wird es demnächst sein, sich den Ver⸗ treter zu wählen, der seiner politischen Auffassung entspricht. Heute bitte ich Sie, die Wahl für ungültig zu erklären und damit zu bekunden, daß der Reichstag es nicht wünscht, seine Mitglieder mit solchen Mitteln gewählt zu sehen.

Abg. Kulemann: In dieser Frage sind die Meinungen in meiner Partei nicht gleichmäßig. Lediglich durch den Un⸗ willen über stattgefundene Unregelmäßigkeiten dürfen wir uns aber bei der Wahlprüfung nicht leiten lassen. Jeder Wahl⸗ kreis kann verlangen, daß seine Wahl nur kassirt wird, wenn zweifellos die Meinung der Mehrheit der Wähler nicht zum Ausdruck gelangt ist. An das Votum der vorigen Session sind wir nicht gebunden, auch wer damals für die Beweis⸗ erhebungen gestimmt hat, kann heute für die Gültigkeit der Wahl stimmen. Von wesentlicher Bedeutung ist nur der Fall Gregorovius. Der Schwerpunkt liegt hierbei in der e, wie weit die Regierung und deren Beamte berechtigt ind, in die Wahlthätigkeit einzugreifen. Zur Entscheidung dieser Frage haben wir keine gesetzliche Bestimmung, sondern nur den Begriff der freien Wahl. Danach darf ein Beamter bei der Wahl auf solche Argumente hinweisen, die lediglich sachlicher Natur sind und als soiche auf die Ueberzeugung wirken. Und Gregorovius hat in seinem Schreiben auf die Treue gegen den König und auf die Reichs- und Regierungsfreund⸗ lichkeit hingewiesen, Argumente sachlicher Art, die auch auf die Massen des Volks bei den Wahlen bestimmend wirken. Nichts enthält das Schreiben dagegen, was den Empfänger Nachtheile für sich erwarten ließe, wenn er nicht nach der Meinung seines Vorgesetzten stimme. Ich finde also nichts in dem Schreiben, was mir als solche Wahlbeeinflussung erscheinen könnte, daß ich die Wahl für ungültig er⸗ klären müßte.

Abg. Dr. Windthorst: Allein das Schreiben des Schul⸗ inspektors Gregorovius genügt, die Wahl zu kassiren. Nicht allein, daß die Autorität eines Beamten auf schriftlichem Wege zu Wahlzwecken zur Geltung gebracht ist, ist in dem Schreiben auch noch auf eine mündliche Unterredung hingewiesen. Es liegt im Interesse aller Parteien, solche Vorkommnisse künftig zu vermeiden, und es ist unbegreiflich, weshalb die National⸗ liberalen solche Wahlmanöver billigen können. Daß im gegenwärtigen Augenblicke die Arbeiter sich überall erheben, zeigt, daß die Nationalliberalen doch auch sonst nicht überall ihrer Pflicht genügt haben.

Die Wahl wird entgegen dem Antrag der Kommission für un gültig erklärt. Für die Ungültigkeit stimmen: das Centrum, die enn igen die Sozialdemokraten, die Polen und die ien en der Nationalliberalen, u. A. Dommes, Engler, Grab, Hoffmann (Sachsen), Hoffmann (Königsberg), von Bennigsen, Woermann, Böttcher, Geibel, Leemann, Haar⸗ mann, Kalle, Henneberg, Retemeyer, Scipio, Keller (Württem⸗ berg), Hildebrandt. ö .

Eine Reihe von Petitionen wird als zur Erörterung im Plenum nicht für geeignet erachtet.

Schluß 5 Uhr.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Ein preußisches Pfandbrief ⸗Institut ist, wenn ein von ihm bepfandbrieftes Gut zur nothwendigen Subhastation ge⸗— langt und statutarisch der von dem Institut verwaltete Am ortisa⸗ tions fonds zur Kaufgeldermasse, auszuschütten ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, J. Civilsenats, vom 16. Oktober 1889, verpflichtet, spätestens im Bietungstermine auf Verlangen der oder eines der Subhastations⸗Interessenten Auskunft über den zur Kauf- geldermasse . des Amortisationsfonds zu geben. Eine unrichtige Ausknnftsertheilung macht das Institut für jeden

Sckaden, der daraus einem der Interessenten erwachsen ist,

haftbar.

Die Bestimmung des §.7 Abs. 3 des Reichs ⸗Stempelabgaben⸗ gesetzes vom 29. Mai 1885, wonach bei einem An schaffungs⸗ geschäft, welches von einem Kom missionär (Art. 350 H.-G. B) abgeschlossen ist, die Abgabe sowohl für das Geschäͤft zwischen dem Kommissionär und dem Dritten, als auch für das Abwickelungs geschäft zwischen dem Kommissionär und dem Kommittenten zu ent- richten ist, findet nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Civil⸗ senats, vom 18. November 1839, keine Anwendung auf ein stempel ˖ pflichtiges Anschaffungsgeschäft, welchez der vom Kommittenten beauftragte Kommissionär lediglich als Bevollmächtigter Rg⸗ men s fine; Kommittenten mit dem Dritten abschließt. In diesem Fall ist die Abgabe nur einmal zu entrichten.

Musenm für Völkerkunde.

Mit der Eröffnung eines neuen Saales, welcher Geräthschaften aus der Stein, und Bronzezeit enthält, ist wiederum ein Fort schritt in der Vervollständigung der Sammlungen zu verzeichnen Dieser Saal ist insofern von ganz besonderem Interesse, weil er uns die Anfänge menschlicher Kultur in den primitiven Erzeugnissen der prähistorischen Zeit vergegenwärtigt und, soweit es durch die bisherigen Funde möglich, ein Bild. giebt von dem häus . lichen und gewerblichen Treiben unserer ältesten Vorfahren. Die einfachen Herstellungmittel der Werkieuge und Waffen werden uns in einer Reihe von größeren Steinen vorgeführt; sie dienten zum Schleifen und Schaben der Geräthschaften; einer der⸗ selben stammt vom Bodensee und ist insofern besonders sebenswerth, als es uns zeigt, wie außerordentlich mühsam die Herstellung des zu verarbeitenden Materials war, denn er enthält eine kräftige Spaltrinne, die dazu dienen sollte, ihn zu zerkleinern bebufs Gewinnung kleinerer, zu Messern oder Beilen zu verwendender Stücke. Auch die Anfänge einer Getreidemühle sehben wir hier; sie besteht aus einem größeren und einem kleineren Stein, zwischen welchen das Korn zermalmt wurde. Die Zahl der in den breiten Vitrinen bier ausgestellten Aexte, Messer, Pfeile und Lanzenspitzen ist eine außerordentlich große. Obgleich die Besichtigung derselben etwas Ermüdendes an sich zu haben scheint, wird man doch bei genauerem Hinsehen merken, wie verschieden die Arten derselben sind sowohl in Hinsicht auf Material, wie Bearbeitung und Größe. Einige der Exemplare sind von erstaunlichem Umfange und müssen eine fürchterliche Waffe gebildet haben. Interessant ist die Art, wie man sie an den Stiel befestigt hat, sei es durch Einfügen des Holzes oder Horns durch ein eingetriebenes Loch oder umgekehrt durch Einpassen des Steins in das Holz oder Horn. Die langen 667 Lanzen⸗ spitzen sind zum Theil glatt gearbeitet, zum Theil lassen sie noch die rohe Bearbeitung durch ein Werkzeug erkennen; der Feuerstein ist vielfach zu derartigen Geräthen in Verwendung gekommen; die Mannig⸗ faltigkeit derselben beweist. daß der Bedarf ein sebr ausgedehnter ge⸗ wesen ist, man sieht Aerte, Meißel, Hämmer, Schaber, Wirtel u. dgl. m. Man muß die Geschicklichkeit und mehr noch die Aus dauer bewundern, mit welcher die Anfertiger dieser Sachen zu Werke gegangen sind; aber auch ihr Bestreben, Ver- zierungen anzubringen, verdient um so mehr Anerkennung, da das spröde Materigl ihren künstlerischen Neigungen große Schwierigkeiten in den Weg legte. Sie suchten jeden geeigneten Stoff für ihre Zwecke nußbar zu machen und so begegnet man denn auch einer ganzen Reihe don Arbeiten aus Knochen, welche für den Hausgebrauch, aber auch für den Schmuck bestimmt waren. Man wird mit Interesse die ersten Anfänge des Kammes betrachten, von dem sich recht gelungene Exemplare, aber auch ein solches, welches schon große Geschicklichkeit zeigt, vorfinden. Von Knochen und Horn ist verschiedenes Rohmaterial gefunden worden; darunter die Kinn⸗ backen eines Höhlenbären, welche mit ihren starken Raffzähnen be—⸗ kunden, ein wie gefährlicher Gegner das genannte Thier gewesen sein muß. Auch vom Wisent und anderen Thieren der drei Perioden der Steinzeit sind hier Knochen. und Hornreste ausgestellt.

Ist somit die 1 Steinzeit, d. h. die Zeit, in welcher die Menschen sich zur Herstellung ihrer Geräthschaften des Steins, der Knochen, des Horns u. s. w. bedienten, in einer Reihe von charakteri- stischen Proben in dieser Sammlung veranschaulicht, so nimmt einen weiteren beträchtlichen Theil die Periode ein, welche man für gewöhn ˖ lich mit dem Namen Bronzezeit oder richtiger Metallzeit bezeichnet. Die Bronze ließ schon eine kunstvollere Gestalt ung der Geräthschaften zu und weist bedeutende Fortschritte der gewerblichen Thätigkeit auf. Recht werthvoll sind denn auch die Funde, welche aus Ungarn, Böhmen und Süddeutschland stammen; aber auch die russischen Ostsee⸗ Provinzen boten reiche Ausbeute. Besonders hervorgehoben zu 6 verdienen die Gegenstände, welche aus dem Hallstätter Funde

ammen.

Die Fibeln, Celten, Spangen, Nadeln sind oft von künstlerischer Durchführung. Auffallend ist eine Schnalle mit Silbertauschirung; auch in den Gürtelbeschlägen und Lanzenspitzen zeigt sich Geschmack und ein gewisser Luxus. Ganz eigenartige Form weist ein großes bronzenes Musikinstrument auf, welches in Dänemark gefunden und bier in Nachbildung veranschaulicht wird. Der Lauf dieser gewundenen Posaune einer solchen ähnelt das Instrument am meisten ist nur sehr eng und exweitert sich an der Schallöffnung kaum über das Vierfache des Mundstück5k. Das Rohr endet in einer runden Platte, welche mit acht Buckeln verziert ist; an dem schlanken Halse hängen metallene Zierratben, welche offenbar Vroddeln dar. stellen sollen. Einige gam kleine Zierrathen, an welchen der Be⸗ schauer vielleicht achtlos vorbeigehen könnte, verdienen besondere Beach⸗= tung; es sind kleine figürliche Ornamente aus Metall, welche zur Schmückung der Urnen verwandt wurden. Die eine derselben entbehrt nicht eines gewissen Humors, denn 3. zeigt den plumpen Versuch, einen Reiter zu Pferde darzustellen. Diese Hegenstände sind von dem Geheimen Rath Professor Virchow dem Museum geschenkt worden; sie stammen aus Frögg in Kärnten.

Die Pfahlbauten haben uns eine große Menge von Gegenständen bis auf den heutigen Tag hinübergerettet, welche sich in dem schützenden Wasser erhalten haben, und, obwobl verkohlt und geschwärzt, doch noch ihren Ursprung erkennen lassen. So finden wir hier Reste von Pflanzen, Sämereien u, dgl.; aber auch Gewebereste, Netze u. a. m., ein Knäuel verkohltes Garn ist gleichfalls erhalten geblieben. Eine prähistorische Wohnung veranschaulicht uns das Modell eines Pfahlhauses aus der Station von Robenbausen (Kanton Zürich), von dem Ingenieur Messikomer rekonstruirt. Das in 1/2 der Größe ausgeführte Modell läßt den wirklichen Bau nicht groß erscheinen.

Groß ist die Zahl der verschiedenartigen Urnen und Schalen, welche je nach ihrer Bestimmung geformt sind und die üblichen Ver⸗ zierungen aufweisen. Drei prächtige Stücke aus Trochtelfingen Württemberg) sind in Nachahmungen hier dargestellt, sie sind von

attlicher Größe und gefälliger Form.

Nicht minder interessant sind die Sammlungen aus der prä—⸗ historischen Zeit, welche Gegenstände aus Griechenland und Italien enthalten und übersichtlich aufgestellt sind, sodaß man den Zusammen⸗ hang der einzelnen Perioden und Länder verfolgen kann.

Sicherlich hat von dieser Abtheilung des ethnographischen Muse ums der Gelehrte, welcher sich mit derartigen Dingen wissen⸗ schaftlich beschäftigt hat, einen höheren Genuß als, der Late, welcher manchen Gegenständen ziemlich rathlos gegenübersteht; aber auch er wird mit großem Interesse sich ein Bild zu entwerfen suchen von dem Leben und Treiben unserer Urahnen in der ältesten, uns nur durch Ueberreste bekannt gewordenen Zeit.

Bon nicht minderem Interesse als die Sammlung in diesem Saal sind nebenan drei Grabfunde aus der . Steinzeit, welche aus der Nähe von Merseburg aus dem Graͤberfeld von Klein ⸗Rössen stammen. Die drei Skelette liegen mit e, n. Knieen auf der rechten Seite. Gegenstände, welche man den Todten ins Grab mit⸗ Eigen hat, sind erhalten geblieben; so sieht man Armringe, einen

opf, ein Beil und andere Sachen mehr; auch Knochenreste von

Thieren wurden in den Gräbern vorgefunden, woraus der Schluß gezogen werden kann, daß den Verstorbenen Lebensmittel beigelegt wurden, offenbar für die Reise in das Jenseits. Die Skelette sind verhältnißmäßig gut erhalten.

h Stati ftik und Volkswirthschaft.

Fürsorge für die Arbeiter.

Die Stadt Elberfeld beschloß, dem. W. T. B zufolge, die Grrichtung einer Stiftung im Betrage von 100 000 M zur Ver besserung der Wohnungt ver hältnisse der arbeitenden KLlasfsen als Zeichen bleibender Erinnerung an die verewigte Kaiserin und Königin Augusta.

Zur Arbeiterbewegung.

In einer Correspondenz aus dem Saaxrre vier wird über die Erstarkung der Organisation der Bergleute auf den fis kalischen Gruben berichtet. Am Sonntag fand nämlich eine Vertrauensmänner Versammlung des hergmännischen Rechts⸗ s chu vereins statt, die der St. Johanner Ztg.“ zu folgenden Mittheilungen Veranlassung bietet: Die Geschäfte des Verbandes sind so gewachsen, daß die Wahl dreier besoldeter Beamten zur Bewältigung der Vorstandsgeschäfte stattfinden mußte. Das letzte Jahr ergab trotz großer Ausgaben einen Kassenüberschuß von 3000 6. Sodann wurde die Gründung einer besonderen Unter- stützun gskasse für gemaß regelte Bergleute beschlossen, das Erscheinen einer Broschüre in Aussicht gestellt und das Engagement eines auswärtigen Rechtsanwalts für Verbandszwecke ins Auge gefaßt. Am merkwürdigsten waren die Mittheilungen über den geplanten Bau eines eigenen Versammlungs⸗ hauses. Dieses Projekt ist bekanntlich durch die Saal verweigerungen gezeitigt worden. Nun wirkt es berraschend, zu sehen, von wie vielen Seiten den Bergleuten Hülfe zur Durch führung des Planes angeboten wird. Der Bau sell, aus Fachwerk errichtet werden und so nahe als möglich an der Bahn gelegen sein. In Elversberg wurde dem Verein ein Grundstück unentgeltlich offerirt. Ferner wurden mehrere Angebote, baare Zuschüsse zu ge⸗ währen, von interessirten Gesellschaften gemacht Um weitere Be⸗ rathungen über Art und Weise der Erbauung sowie die Platzfrage * pflegen, wurde schließlich ein aus 13 Mann bestehendes Saalbau

omits gewählt.

In Zwickau wurde am 12. Januar eine Versammlung der Belegschaft des erzgebirgischen Sieinkohlenbauvereins abgehalten, welche von etwa 350 Arbeitern besucht war. Die Ver⸗ sammlung trat den Beschlüssen der öffentlichen Bergarbeiter versammlungen vom 19 und 22. Dezember wie 1. Januar bei. Zu diesen Beschlüßsen, welche sich auf Erlangung von 3 AM 50 3 Schichtlohn, achtstündige Arbeitszeit und 50 0υίι Lohnzuschlag bei Ueberschichten bezogen, wurden, wie wir dem »Chemn. Tgbl.“ entnehmen, noch folgende Ergänzungsbeschlüsse ge= saßt: Wahl der Knappschafts ⸗Aerzte durch die Belegschaften, Ab⸗ chaffung der Kündigungszeit, Errichtung von Einigungsämtern,

inführung von Lohnbüchern. Anstrebung eines deutschen Berg— gesetzes. Sodann wurden 12 Deputirte der Grubenarbeiter und ein solcher der Tagearbeiter gewählt, welche gemeinsam mit den Deputirten der übrigen Werte des Zwickauer Reviers und dem Vor⸗ stande des Verbandes sächsischer Berg⸗ und Hüttenarbeiter die weitere Regelung des Lohn⸗ und Arbeitskampfes ausführen sollen. ;

In Leipzig hielten vorgestern die Tischlergesellen eine von 500 Personen besuchte öffentliche Versammlung ab, welche der Lpz tg zufolge beschloß, im Frühjahr (wahrscheinlich vom vom 1. Mai ab) die Fstündige Ärbeitszeit und einen Mindeststunden⸗ lohn von 35 Z nöthigenfalls mittels einer Arbeitseinstellung einzu⸗ führen, und verzichtete für den Fall einer solchen auf jede Unter slützung aus dem Strikefonds während der ersten 14 Tage des Aus⸗ standes. Weiter wurde die Feier des 1. Mai als Ruhetag beschlossen.

Der „Goth Ztg. wird aus Eisenach mitgetheilt, daß die Lohnbewegung unter den Maurern und Zimmerern Thüringens, auf welche früher von Erfurt aus hingewiesen wurde, nunmehr begonnen habe. Die Zimmerer haben sich, wie dem Blatt mitgetheilt wird, mit bescheidenen Forderungen an. die Innung gewandt. Daraufhin ist die Innung zu einer Berathung zusammengetreten und kam zu dem Schluß, daß nach Lage der geschäftlichen Verhältnisse eigentlich kein Grund zur Lohn erhöhung vorliege, doch wolle man in den Nachbarstädten Umfrage halten und dann später endgültigen Beschluß fassen. Die Maurer haben sich an die einzelnen Meister gewandt und ihnen die Mittheilung gemacht, daß sie sich dem Hamburger Fackverein angeschlossen hätten, daß sie ferner eine Lohnerhshung in der Weise erstrebten, daß ihnen vom 1. April ab für die Stunde Arbeit 32 3 gezahlt würden, sowie daß sie die Ueberstunden und Sonntagsarbeit abgeschafft wissen wollten; schriftliche Mittheilungen seien an das Comits des Fach- vereins zu richten. Man sieht schon hieraus, bemerkt das Blatt schließlich, daß die Bewegung von außerhalb in diese Kreise hinein getragen ist. ;

Hier, in Berlin, fanden am Montag wieder mehrere große Arbeiterversammiungen statt. Cine Versammlung von Tischlern, in der, wie die Stsbrg.⸗Ztg,‘ berichtet, über 3060 Per- sonen anwesend waren, beschloß im Anschluß an ein Referat. über die Bedeutung des achtstündigen Arbeitstages, mit allen, gesetzlichen Mitteln für die Einführung des achtstündigen Arbeitstages zu agitiren, den 1. Mai als Kundgebung dieser ihrer Er—⸗ kenntniß zu benutzen und als Feiertag zu erklären. Ferner er⸗ klärten die Anwesenden, daß eine Aufbesserung der Arbeits verhäãltnisse dringend sei und über kurz oder lang in eine Bewegung zur Erringung derselben eingetreten werden müsse. Die Forde rungen sind: Neunstündige Arbeitszeit. Bejablung von 20 4 Kost⸗ geld (Abschlag auf den Akkord) pro. Woche, Abschaffung der Sonn⸗ lags und Ueberstundenarbeit, Beseitigung der Werkstattsordnungen.— Ferner fand eine Versammlung der Putzer statt; in dieser wurde ein Antrag. für den Achtstundentag mit allen Kräften einzutreten, lebhaft bekämpft und am Ende mit großer Mehrheit abgelehnt, weil man zunächst für den noch lange nicht allgemein zur Durchführung ge brachten neunstuͤndigen Arbeitstag wirken will. Der kommende 1 Mai foll auch von den Putzern als Feiertag betrachtet werden. Endlich fand eine oͤffentliche Versammlung der Stepperinnen und Stepper sowie aller in der Schäftefabrikation beschäftigten Arbelter und Arbeiterinnen statt welche sich gleichfalls mit den Lohn verhältnissen beschäftigte und bestimmte Forderungen formulirte.

gKunst und Wissenschaft.

In der am 8. Janugr abgehaltenen Sitzung des Vergins für Geschichte der Mark Brandenburg trug 9 Ober⸗ förster 4. D. Sotz mann einzelne Abschnitte aus den handschrift lichen Aufzeichnungen eines alten preußischen Beamten vor. Dem Verfasser, der die frühere Einrichtung des preußischen Staatsorganismus mit einem Gebäude ursprünglich gothischen Stils vergleicht, das aus Nothbehelf nach und nach erweitert wurde durch Anbau und Ausbau, und die Schwierigkeit bervorhebt, das Glieder werk der Behörden, wie es an diese oder jene höchste Stelle an⸗ knüpfend, von den Spezial⸗ und Provinzialbehörden und von diesen abwärts bis zu den Distrikts und Lolalämtern verlief. zu verfolgen, war es beschieden, bald nach seinem Eintritt in den Staats dienst als Mitglied der Kriegs. und Domänen ˖ Kammer in Bayreuth während der franzfischen Otkupation, durch eigene Erfahrung. das feste Gefüge und die den preußischen Behörden innewohnende Kraft, mit welcher sie den beftigsten Erschütterungen Widerstand zu leiften vermochten, kennen zu lernen. In Berlin 181 geboren, be- richtet er über seine n, die er gleichzeitig mit Beuth, jedrich von Raumer, Adam Mülser, Achim von Arnim auf Ber= nischen Gymnaften erhielt. Während seiner Universitätszeit in

Halle waren seine Studiengenossen Solger, Friedrich von der agen, Gotthold, Krause; demnächst er die Universitãt oͤttingen gemeinfchaft lich mit Friedrich von Raumer's Bruder Karl.

Nach Berlin zurückgekehrt, trat er als Referendarius bei der Kur⸗

märkischen Kriegs und Domänen ⸗Kammer ein. ließ sich aber bald

auf seines Freundes Friedrich von Raumer Vorschlag wie dieser zu der Spezial ⸗Kommission versetzen, welche von der Haupt

Drganisations Kommission für die Besitznahme der nach dem Reichs⸗

Deputations Schluß vom 24. August 1803 an Preußen gefallenen

Entschädiqungs länder in Hildesheim, zu Heiligenstadt eingerichtet worden.

Auf der Universität in Halle entstand ein Verein, der später in

Berlin sich wieder zusammenfand, dessen Mitglieder wöchentlich ein⸗

mal zusammenkamen, um gemeinsam mit den neuesten Erzeugnissen

der Literatur sich bekannt zu machen. eigene Arbeiten vorjutragen und zu besprechen. Die auswärtigen Mitglieder wurden auf brieflichem

Wege über die Thätigkeit der Gesellschaft auf dem Laufenden erhalten.

Als besonders interessant wurden Auszüge aus von der Hagen's Briefen,

ferner Nachrichten über die Berliner Bühne, auf welcher die Schau⸗

spiele Schiller's, Goethe's die ersten Aufführungen erlebten, und die bezüglichen Urtheile des Berliner Publikums mitgetheilt. von Raumer und sein Freund wurden nach der vor der ber · Examinations · Sommission in Hildesheim abgelegten Staats ⸗˖ prüfung zu Assessoren ernannt im Monat Juli 1893; ersterer ging nach Berlin zurück, während Familienverhält ˖ nisse letzteren veranlaßten, seine Laufbahn in den neuen Provinzen weiter zu verfolgen. Als Kammersekretär des Hildesheimer Kollegii in Heiligenstadt beschäftigt, wurde er 1804 nach Ansbach an die dortige Kriegs- und Domänenkammer versetzt und war bei der Voll⸗ zugẽkommission des preußhisch⸗ bayerischen Landesgrenz · und Tausch⸗ vertrages vom 30 Juni 1803, welcher der später in bayerische Dienste übergetretene Kriegsrath Lang vorstand, thätig. Der Einbruch der französischen Armee unter Bernadotte regte die preußische Kriegspartei, zu welcher von Cipilbeamten Ladenberg gehörte, gewaltig auf.

Hardenberg und der Präsident von Schuckmann waren gegen den Krieg

mit Frankreich, obgleich sie es nicht laut werden ließen. Nach der in

Folge der Verhandlungen von Haugwitz über den Austausch

des Fürstenthums. Ansbach gegen den Besitz Hannovers

stattzefundenen Abtretung des ersteren an Frankreich resp.

Bayern kam der Verfasser der Nachrichten nach Bayreuth.

Die folgenden Schilderungen betreffen seinen Aufenthalt in Bayreuth,

wo ihn die Verheirathung mit einer Bayreutherin während der Zeit

der französischen Okkupation zurückhielt, die ,, des preußischen

Kammer⸗Kollegii durch die französischen Gewalthaber und durch die

Oesterreicher nach Wiederausbruch des Krieges zwischen Oesterreich und

Napoleon. Die Abtretung Bayreuths an Bayern brachte dem er⸗

schöpften Lande die endliche Erlösung von dem französischen

Gouvernement. Des Verfassers lang gehegter Wunsch, in die Heimath

zurückzukehren, erfüllte sich durch seine Berufung als Rath an die

Regierung in Potsdam, an deren Spitze sein alter Gönner in

, ,,. der frühere Kriegtrath von Bassewitz stand. Zum chluß der Beschreibung des Potsdamer Lebens ward ein Gedicht zur

Feier des Geburtstages des Ober⸗Präsidenten mitgetheilt, das bei dem

Kollegio kursirte und in launiger Weise Anspielungen auf die durch

das Regierungs⸗Amtsblatt bekannt gemachten Erlasse enthält, die ein

in mancher Beziehung lehrreiches Bild der damaligen Zeit und der mannigfaltigen Thätigkeit der Regierung geben.

Der am 16. Januar in München verstorbene Reichsrath Professor von Döllinger war am 28. Februar 1799 zu Bamberg geboren. Er studirte Theologie zu Würzburg und Bamberg, ward 1822 zum Priester geweiht, wurde 1823 Professor am Lyceum zu Aschaffenburg, 1826 und 1827 außerordentlicher resp. ordentlicher Professor der Kirchengeschichte und des Kirchenrechts an der Universität München. 1835 wurde Döllinger außerordentliches und 1843 ordent⸗ liches Mitglied. 1873 Präsident der Akademie der Wissenschaften. Auch war er Mitglied der baverischen Ständekammer seit 1845, sowie 1848/49 auch der Frankfurter National versammlung. Döllinger gab im Jahre 18371 das Signal zur Entstehung des Altkatholizismus. Am 17. April 1871 wurde er exkommunizirt.

Zu Hermann Lingg's siebzigstem Geburtstage findet, der M. .A. Ztg.“ zufolge, am 21. Januar Abends im Saale des Löwenbräukellers zu Munchen eine großartige Feier statt. Das Fest, von den Münchener literarischen Vereinigungen veranstaltet, wird, wie das Comits verspricht, der Stadt München wie des Dichters in jeder Weise würdig sein.

Das Richard Wagner-Mu s eum von Nikolaus Oesterlein in Wien hat im abgelaufenen Jahre einige Hundert auf die Sache bezügliche Originalhandschriften, Bilder (besonders viele Porträts), Werke, Bücher (darunter große Seltenheiten), sowie über tausend Zeitungen und Zeitschriften erworben. Unter den neuesten Einläufen ist, der N. A. Ztg. zufolge, ein sebr interessantes Autographenalbum zu erwähnen, welches aus einem Oertchen im bayerischen Hochgebirge stammt und in welchem innerhalb des Zeitraums von 1864 1882 sehr oft König Ludwig II., Prinz Otto (der jetzige König) und die Königin ⸗Mutter Marie von Bayern mit eigener Hand eingetragen erscheinen; anschließend haben sich Mitglieder der bayerischen Königsfamilie sowie hohe Würdenträger des Reichs und das Gefolge der genannten Allerhöchsten Personen eingeschrieben. Dem Museum wurden auch kürzlich die bei Gelegenbeit der Eröff⸗ nung des Wormser Festspielhauses (26. November) erschienenen prachtvollen Festschriften von dem Begründer Fr. Schön gespendet. Die Einnahmen des Museums vom Jahre 1889 betrugen gegen das Vorjahr 1888 nahezu das Doppelte. ;

In Stuttgart ist gestern der Ober⸗Hofprediger, Prälat Dr. Karl von Gerok gestorben. Derselbe war am 30. Januar 1815 zu Vaihingen an der Enz in Württemberg geboren und zeich nete sich schon auf der Schule durch poetische Arbeiten aus. Nachdem er das theologische Studium absolvirt hatte, war er zunächst Hülfsprediger und Repetent. Im Jahre 1849 wurde er Prediger in Stuttgart und 13868 ebendaselbst Ober · Sofprediger, Ober⸗Konsistorial Rath und Prälat. Er genoß einen bedeutenden Ruf als Kanzelredner, hat sich aber auch durch zahlreiche poetische Schöpfungen einen dauernden Namen er⸗ worben, Am bekanntesten von letzteren sind wohl die 1857 erschienenen Palmblätter“, eine Sammlung geistlicher Dichtungen.

. Ueber neue Höhlenfunde in Württemberg geht dem Staats Anz. f. W.“ folgende Mittheilung zu: Es handelt sich um Funde in der Tiefe einer bisher unter dem Namen „Heppenloch“ be kannten Fels grotte bei Gutenberg. Die Entdecker, Dr. He⸗ dinger Stutigart und Pfarrer Gußmann Gutenberg, haben dort seit einigen Monaten Forschungen angestellt, über welche sie bisher Stillschweigen beobachtet haben. achdem von anderer Seite eine mangelhafte Nachricht an die Oeffentlichkeit gedrungen, treten sie jetzt mit einem ,,, . Bericht hervor. Hiernach liegt die Entdeckung einer in eine ganze Anzahl von Hallen und Gängen getheilten, weit aus⸗ gedehnten und hohen Jura ⸗Höhle vor, von welcher die Berichterstatter sagen, daß sie alle anderen bisher bekannten an Schönheit und Groß artigkeit übertreffe. Der Bericht giebt über die phantastischen Schön⸗ heiten derselben eine lebhafte Schilderung. Was sodann die prä—⸗ historischen Funde betrifft, so beglaubigt sich das in engeren Kreisen umgegangene Gerücht, daß durch diesen Höhlenfund ein sicherer Beweis für die Existenz des Tertiärm enschen gefunden sei, zunächst nicht. Der Bericht sagt nur; es sei kaum mehr in Zweifel zu ziehen, daß die Funde nicht dem Dilupium deg Hohlefelsen ',. . Bocksteins, un äbnlichen angebören, sondern wahrscheinlich wenigstens zum Theil im Tertiär liegen. Die Berichterstatter behalten sich weitere Dar⸗ legungen vor.

Im Theater der Royal ⸗Institution zu London hielt am 11. d. M. vor einer ebenso zahlreichen wie glänzenden Versamm⸗ lung, unter dem Vorsitz des Prinzen von Wales, Professor Max Müller einen gediegenen Vortrag über die Gründung einer Reichsschule für das Studium der modernen orientialischen Sprachen im Zusammenhang mit dem Reichs . institut des Vereinigten Königreichs, der Kolonken und Indiens. , . Müller erwähnte bei der Gelegenheit die vortrefflichen

stungen der Regierunggz⸗ Seminare für orientalische Sprachen in

St. Petersburg, Wlen und Berlin.

Sandel und Gewerbe.

Vom Berliner Pfandbrief ⸗Amt sind bis 20. De⸗ zember 1889 14 781 300 6 3 oso ige, 30 3 200 4 0 ige, 44934 300 ½ 4 Yoige und 8 543 5b 0 Hog ige, zusammen S9 861 100 M. Pfandbriefe ausgegeben, wovon noch 1 469 966 A 4 Yo ige, 18 419 00 46 40ige, 21 535 2600 44 0oige und . 21 , zusammen ö * do0 40 Pfandbriefe Seitens der Grun eigentbümer verzinslich sind. aber noch ,, 6 358 ö. 3 r a,

Die Subskription auf die Loose zur ersten Kla— Lotterie zur Beschaffung der Ihre für . ,, legung der Schloßfreiheit findet von morgen ab in Berkin kei der Berliner Handelsgesellschaft, bei der Bank für Handel und Industrie, der Deutschen Bank, der Dresdner Bank, dem Bankhaufe Mendelssohn u. Co. und dem Bankhause Warschauer u. Eo. fowie in anderen Städten des Königreichs Preußen statt. (S. Inf)

= Die „New - Yorker Hdls- Ztg. sagt in einem Jahres- rückblick: Das Jahr 1889 ist, soweit die produktive Industrie in Betracht kommt, für die Vereinigten Staaten cin vrospe⸗ rirendes gewesen, die Spekulation hat dagegen viele Enttäuschungen erlebt, und ganz besonders Wall Street (Fonds. und Aktienbörse) wird dem Jahre keine Thräne nachweinen. Nichtsdestoweniger und

vielleicht gerade deswegen haben die meisten Industrien, eben weil sie von schwindelhaft⸗spekulativen Einflüssen verschont geblieben einen konstanten und gesunden Aufschwung genommen. Ueber den Eisenbahnbau wird mitgetheilt, daß im Jahre 1885 zu den Vaupt. und Stamm, Geleisen des Eisenbahnnetzes der Vereinigten

Staaten circa fünftausend Meilen neuer. Fisenbahnen hinzugekommen sind; diese Zabl ist die niedrigste seit dem Jahre 1885, wo' die Zu⸗ nahme 3588 Meilen Eisenbabn betrug Im Jahre 1885 wurden S471 Meilen, im Jahre 1887 12668 und im Jahre 13835 7284 Meilen neuer Eisenbahn in den Vereinigten Staaten gebaut; hierbei wird bemerkt, daß eine kleine, wenn auch unbedeutende Differenz nach der einen oder anderen Seite hin nicht aus gefchloffen ist. Das Gros des Eisenbahnbaus im Jahre 1889 hat sich be⸗ kanntlich im Süden abgespielt, wo zu dem bestehenden Eisenbahn— netz über 2000 neue Meilen hinzugekommen sind. Canada hat, wie dem Blatt mitgetheilt wird, sein Eisenbahnnetz um ca. 739 Meilen, Mexiko das seinige um ca. 370 Meilen vergrößert.

Manchester, 14. Januar (W. T. B.) 126 Water Tarlor 78, zor Water Taylor 94, 20r Water Leigh 8i, 30or Water Clavton 9g, zꝛr Mock Brooke 9, 49r Mavoll z, z0r Medio Wiltinfon 1603, 32r Warpeops Lees 83, 36r Warpcops Rowland 9f, or Doubi⸗ Weston 108, ö0or Double courante Qualität 133, 327 il vds 165 36 grey Printers aus 32r -46r 180. Fest.

St. Petersburg, 14. Januar. (W. T. B) Ziehung der russischen Prämien ⸗Anleihe von 1864: 200 609 Rol. Rr. 24 Ser. 9413, 5 oo RKbl. Rr. 25 Ser. 701i, 45 Go Rl Rr, ig Ser 13 593, 25 000 Rbl. Nr. 32 Ser. 13 614, je 199006 Rkl. Nr. 17 Ser. 19 800, Nr. 30 Ser. 7644, Nr. 49 Ser. 3306, je S000 Rbl. Nr. 4 Ser. 2027, Nr. 31 Ser. 11526, Nr. 31 Ser. 16 843, Nr. 26 Ser. 18511, Nr. 49 Ser. 9905, je 5000 Rbl. Nr. 14 Ser. 4095. Nr. 8 Ser. 18569, Nr. 47 Ser 11493, Nr. 9 Ser. 10 384, Nr. 4 Ser. 14 376, Nr. 44 Ser. T1215, Nr. 42 Ser. 2169, Nr. 49 Ser. 11 369, je 1000 Rbl. Nr 18 Ser. 18 495, Nr. 32 Ser. 19 584, Nr. 12 Ser. S472, Nr. 32 Ser. 5214, Nr. 25 Ser. 16397, Nr. 25 Ser. 3366, Nr. 15 Ser. 14124, Nr. 2 Ser. 4418 Nr. 1 Ser. 16125, Nr. 5 Ser. 7606, Nr. 15 Ser. 2207, Nr. 40 Ser. 11228, Nr. 18 Ser. 12335, Nr. 3 Ser. 14526, Nr. 20 Ser. 5281, Nr. 20 Ser. 14744, Nr. 33 Ser. 8517, Nr. 14 Ser. 8482, Nr. 38 Ser. 1846, Nr. 25 Ser. 14364.

New⸗ York, 14. Januar. (W. T. B.) Weijen⸗Verschif⸗ fungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Ver⸗ einigten Staaten nach Großbritannien 19 000, do. nach Frank⸗ reich 14 0b, do. nach anderen Hafen des Kontinents 18000, do. von Kalifornien und Oregon nach Großbritannien 50 000, do. nach anderen Häfen des Kontinents Qrts.

14. Januar. (W. T. B. Der Werth der in der vergangenen Woche ausgeführten Produkte betrug 7659386 Dollars gegen 4230179 Dollars in der Vorwoche.

14 Januar. (W. TB.) Vi sible Supply an Weizen

33 178 000 Bushels, do. an Mais 10 834 000 Bushels. Lima, 14 Januar. (W. T. B.) Die Frage betreffs der An⸗ sprüche der Inhaber chilenischer Bonds gegen Chile ist nunmehr geregelt. Den Bondsinhabern werden die Guano Niederlagen in bestimmten Distrikten zugesichert. Die chilenische Regierung verspricht, keinen Guano aus irgend welchem anderen Guanolager, welches auf chilenischem Gebiete bestehen dürfte, während eines Zeitraums von 4 Jahren zu verschiffen, und tritt 80 0so0 des Äntheiles des Staates aus dem Guano -Ertrage seit dem Februar 1882, sowie den Gesammthetrag der in der Bank von England deponirten Gelder, welche die Hälfte des Ertrages aus den Guano⸗Verkänfen repräsentiren, an die Bondsinhaber ab. Diese Konzessionen werden auf 2E Millionen Pfd. Sterl. geschätzt. Das Gesetz, welches diesen Vertrag mit dem Hause Grace ratiftzirt, ist von der peruanischen Regierung heute veröffentlicht.

Submissionen im Auslande.

I. Italien. .

1) Januar 22. Genua, R. Fonderia: S000 kg Kupfer- draht; Voranschlag 19 200 Lire. ö

2) Januar 28. Spezia, Direzione costruzigni navali R. marina: 300 Stück Sicherheitslampen aus Messing; Vor- anschlag 12 890 Lire. .

3) Mailand. Im Projekt: Einrichtung einer Dampf wasch: anstalt für die Provinzial⸗Irrenenstalt Mombello. Näheres bei dem „Presidente del consiglio provinciale in Mailand?-.

4 Mailand. Im Prosekt; Bau einer elektrischen Straßenbahn von Todi über Borghetto=—S. Colombano nach Chignolo. Näheres bei dem „Comitats Promotore della Tramvis elettriea in Mailand‘, Präsident: car. Emilio Conti, deputato al

Parlamento. Il. Niederlande. .

1) 27. Januar, Nachm. 25 Uhr, De. Administratie over de Gevangenissen zu Leeuwarden, im Strafgefängniß, für die Arbeiten der Gefangenen: . ;

Lieferung von gewebten Stoffen, Konfektionsartikeln, Kapok, gesponnenem Roßhgar und gesponnenem Alpengras.

Auskunft an Ort und Stelle. . 2) 5. Februar, Vorm. 11 Uhr. Ainisterie van Waterstaat,

Handel en Vyverheid im Haag im Ministerialgebäude: ; ̃ Loos Nr. 16165: Lieferung“ des metallenen Oberbaues für zwei

gisenr ahn. Yrehbrücker Guru woppe lggleife, fomse ven zwai. feen Eisenbahnbrücken fuͤr Doppelgeleise, vn zwei festen Eisenbahnbrücken

werth 181 500 Fl.

Bedingungen käuflich bei Gebr. van Cleef, Buchhändlern, im 5

Haag. erkehrs⸗⸗ Anftalten. 2

am burg, 14. Januar. (W. T. B.). Der Post dam pfer chm ki der Hamburg Amerikgnischen Packetfahrt⸗

Aitiengefellschaft ist, von Hamburg kommend, gestern Abend in

New⸗York eingetroffen.

3 . 3

für ein Geleise, nebst einigen zugehörigen Arbeiten; betr. den- Bau der Eisenbahnstrecke Rotterdam =-Hoek van Holland; Schätzungs ⸗-·-

London, 13. Januar. (J. 6.) Es hat sich eine Gesells z 1 *

ebildet, um neue Socks dicht bei den Victoria Docks zu er 2

as Hauptdock foll 7138 Jards lang und 357 Yards breit sein, wäh⸗-

rend das Rebendock eine Länge von 576 Jards und eine Breite von *

160 JVards haben soll.

London, 14. Januar. (G. T. B.) Der union · Dampfer

„»Nubian“ ist gestern auf der Außreise in Capet own ange- kommen. w

ö

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