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beeinflussungen sind nur denkbar, wenn ihre Wirkung hinterher kbontrollitt werden kann. Könnte das Geheimniß der Wahl wirklich absolut gewahrt werden, so würden die Wahlproteste nicht häufiger, sondern gerade geringer werden. Es fragt sich nur: Ist das jetzige System besser oder das von uns vorge⸗ schlagene? Daß das jetzige System nicht ausreicht, darüber verliere ich weiter kein Wort. Durch unseren Vorschlag würde. o meint man, Mißtrauen zwischen Arbeitgeber und rbeiter gesäei, manches patriarchalische Verhältniß werde gestört, bei welchem der Arheiter bei der Wahl, gern der Autorität seines Brotherrn. ge. solgt sei. Die Freiheit, der Autorität zu falgen, bleibt auch bei unferem System bestehen, und der, welcher die Autorität übt, wird sich noch mehr darüber freuen, wenn der Arbeit. nehmer ohne äußeren Zwang derselben folgt. Ausführbar ist der Antrag. Eine Kommiffionsberathung wird kein schätz bares Material liefern, denn was wir von nationalliberaler und sonservativer Seite gehört haben, deutet nicht auf fruchtbare deen hin. Einige technische Schwierigkeiten werden sich leicht eseitigen lassen. Es wird sich schon ein Mittel finden, einen Böswilligen, der zu lange in dem Raum bleibt, zu ent⸗ ernen. Die Befürchtung, daß ein Wähler alle in dem Raum ijegenden Wahlzettel mitnehmen könnte, ist leicht zu be⸗ seitigen. Es werden dann eben neue Zettel hingelegt. Durch eine! spanische Wand oder einen Vorhang ist leicht ein unbeobachteter Raum hergestellt. All die vorgekommenen Mißbräuche, wie der Unfug, die Leute mit hochgehobenen Stimmzetteln an die Urne treten zu lassen, sind un⸗ gehörige Dinge. Die wissentliche Verletzung des Wahl⸗ n, rin strafbar sein. Das Touvert ist nicht ie Hauptsache, fondern der abgeschlossene Raum; in diesem wird das eigentliche Wahlgeschäft vollzogen. Wenn wirklich auf allen Seiten des Hauses der gute. Wille vorhanden ist, das in, zu schützen, dann könnten die Herren — wir sind auf unfere Redaktion des Gesetzes nicht stolz = ihre Amendements zur zweiten Lesung noch stellen. Wir könnten dann das Gesetz vielleicht noch zur nächsten Wahl fertig be⸗ kommen, und das wird doch für alle Diejenigen, die wieder⸗ zukehren hoffen, gewiß von dem größten Werthe sein.
Abg. Sin ger: Die Bedenken gegen den Antrag haben nur den Zweck, das Gesetz hinauszuschieben. Die jetzige Ma⸗ jorität müßte ja mit sich selbst aufräumen wollen, wenn sie
em Vorschlag zustimmte; denn sie ist nur dadurch zu Stande ö daß man 188 trotz der bestehenden geheimen Wahl n der denkbar starksten Weise das geheime Wahlrecht verletzt at. Wir haben das ja erst gestern bei der Wahl des Abg.
ebsky und früher bei anderen Wahlprüfungen deutlich a,
ewiesen bekommen. Dem Abg. Müller hätte bekannt sein önnen, daß bei der Wahl seines Fraktionsgenossen von Stumm
das Wahlgeheimniß nicht allzusehr gewahrt ,, . ist; auf den Treppen zum Wahllokal und in diesem selbst haben die Be⸗
amten gestanden, die Arbeiter sind unter strengster Kontrole an den Wahltisch geführt worden, und Keiner von ihnen hätte
es gewagt, einen anderen Stimmzettel als den, der ihm von seinen Vorgesetzten eingehändigt war, abzugeben. Wenn nicht in den herrschenden Kreisen das Bewußtsein Eingang findet, daß sie kein Recht haben, aus ihrer ien h e f gen oder politischen Machtstellung heraus auf die Wähler einzuwirken, werden auch die besten Gesetze eine Verletzung des Wahl⸗ geheimnisses nicht verhüten. Ich weiß nicht, wie von dem An⸗ trage das Entstehen eines Mißtrauens zwischen den Arbeitern und Arbeitgebern zu befürchten ist. Die Arbeiter selbst in Ostpreußen beklagen den patriarchalischen Zustand als eine schwere Last. Wir werden für den Antrag und die zweite Lesung im Plenum ohne Kommissionsberathung stimmen. Die kühle Stellun
der Regierung gegenüber den Militäranträgen in Bezug au den Arbeiterschutz wird sich freilich auch hier geltend machen. Alle Parteien haben das Bedürfniß gehabt, dem Lande aus⸗ usprechen, daß das Geheimniß der Wahl gewährleistet werden . Der Haupterfolg der Diskussion liegt darin, daß, nach⸗ dem auch die Herren von der rechten Seite sich für die ge⸗ heime Wahl ausgesprochen, die Versuche, gegen das geheime Wahlrecht anzustürmen, beseitigt sein werden.
Abg. von Koscielski: Im Namen meiner politischen Freunde erkläre ich die vollständigste Sympathie mit dem An⸗ trage. Die Wahlbeeinflussungen haben in keinem Landestheil so zugenommen, wie bei uns im Osten. In den polnischen Theilen der Monarchie kommt es sehr oft vor, daß deutsche Grundbesitzer ihren polnischen Arbeitern gekennzeichnete Wahl⸗ ettel verabfolgen lassen, sich bezüglich der anders stimmenden ene, Proskriptionslisien anlegen, und dann unbarmherzig entlassen. Wir begrüßen deshalb den Antrag mit Freuden und werden für ihn stimmen.
Die Diskussion wird geschlossen.
Im Schlußwort bemerkt der Abg. Rickert: Wenn der Abg. Singer meint, daß mit der Berathung unseres Antrages hier die Hauptsache noch nicht gethan ist, so ist es doch ein erfreuliches Omen, daß während der ganzen heutigen Be⸗ rathung der Hr. Vize⸗Präsident des Staats-Ministeriums von Boetticher anwesend gewesen ist, obgleich es sich nur um einen e n Initiativantrag handelt. Wenn der Reichs⸗ tag erst einen Beschluß gefaßt hat, wird Hr. von Boetticher auch gewiß seinen Einfluß für uns einsetzen. Den Rednern von der rechten Seite, die uns einen Vorwurf daraus machen, daß wir den Antrag erst heute zur Berathung bringen, sage ich, daß wir den Antrag bereits im Anfang der Session
Alt haben. (Zwischenruf des Abg. Geibel.) Hr. Geibel
ident von Levetzow: Hr. Geibel hat gar nichts
kg. Ricke rt: Ich habe zu der nationalliberalen Partei noch
n . denn enz , , aus der . nhergtschen Kammer, Hr. Sachs, hat sich im entgegengesetzten inne wie Hr. Struckmann ausgesprochen. Wer die Reden der Herren von der Rechten richtig zu interpretiren versteht, wird unschwer ihr Mißtrauen gegen das geheime Wahlrecht kherhaupt daraus erkennen. Hr. von Rauchhaupt und der sthere Minister von Puttkamer haben ihre Abneigung
gegen was bestehende Reichstagswahlrecht deutlich zu erkennen
gegebe Da ein Antrag auf Kommissionsberathung des Ent⸗ urfs nicht gestellt ist, wird die zweite Berathung im Plenum
Der von dem Abg. Rickert 6 Gesetzentwurf, d die Abänderung der Militärstrafgerichts⸗ ng, wird unter Annahme eines redaktionellen Antrages Klemm (Sachsen) nach unerheblicher Debatte in sung definitiv angenommen.
; ᷣ mt 5 Uhr vertagt sich das Haus.
— Im weiteren Verlauf der i ¶ ). Sitzung des Herrenhau ses ergriff nach der Wahl des äsidiums der Fräfident Herzog von Ratibor von Neuem das Wort zu folgender Rede: —
„Meine Herren, bevor wir in den Geschäften des Hauses fert ⸗ fahren, erlauben Sie mir, eineg Greignistes zu gedenken, welche Se. Majestãt unferen erhabenen Kaiser und König, das ganze Königliche Haut und das gesammte Volk mit tiefer Trauer erfüllt und weit über die Grenzen unseres Vaterlandes hinaus die innigste Theilnahme wachgerufen hat. Fhre Majestät die Kaiserin und Königin Augusta, die treue Gefährtin unseres Heldenkaisert Wilhelm, die äber ein halbes Jahrhundert hindurch Freude und Leid mit ihm getheilt, ist dabingeschieden. Alle die älteren Mitglieder dieses Hauseg haben reichliche Gelegenheit gehabt, die entschlafene Kaiserin in ihrer rastlosen Thätigkeit auf dem Gebiet der Wissenschaft und der Kunft, der Armen und Krankenpflege Jahrzebnte lang zu beobachten und zu bewundern. Ihr Andenken wird unvergessen bleiben und in allen Kreisen, in denen edle Frauenthätigkeit zur Uebung ge⸗ langt. dauernd fortleben.
Das Haus wird das , fühlen. Sr. Majestãt von der tiefen Theilnahme Kenntniß zu geben, welche dasselbe aus diesem traurigen Anlaß erfüllt, und ich nehme an, daß Sie Ihr Präsidium beauftragen, diefelbe in geeigneter Weise zum Ausdruck zu bringen.“
Das Haus erklärte sich damit einverstanden und beraumte . 9 sodann die nächste Sitzung auf Donnerstag r an.
— Beiden Häusern des Landtages ist Seitens des Ministers der öffentlichen Arbeiten von Maybach der Bericht über die Ergebnisse des Betriebes der für Rechnung des preußischen Staats verwalteten Eisenbahnen im Betrieb sjahre 1888/89 zugegangen.
— Dem Herrenhause ist der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ausdehnung des Gesetzes vom 3. März 1 über den erleichterten Abverkauf kleiner Grundstücke auf unentgeltliche Abtretungen einzelner Gutstheile oder Zubehörstücke zu öffent⸗ lichen Zwecken, zugegangen. Derselbe lautet:
§. 1.
Die Vorschriften der 88. 1, 3 und 5. des Gesetzes vom 3. März 1850, betreffend den erleichterten Abverkauf kleiner Grundstücke (Gesetz Samml. S. 145) finden auch dann entsprechende Anwendung, wenn einzelne Gutstheile oder Zubehörstücke zu öffentlichen Zwecken unentgeltlich abgetreten werden.
In diesem Fall darf ein Unschädlichkeitszeugniß im Sinne des 8. 2 des Gesetzes vom 3. März 1850 nur ertheilt werden, wenn das abzutretende Erennstück im Verhältniß zu dem Hauptgut von ge⸗ ringem Werth und Umfange ist, und wenn die durch die öffentliche Anlage herbeigeführte Werthserhöhung des Hauptguts den Werth des Trennstücks erreicht.
§. 2.
Die Abschreibung des unentgeltlich abgetretenen Trennstücks vom Grundbuchblatte des Dauptgutes kann erfolgen, wenn die Auseinander⸗˖ setzungsbehörde bescheinigt hat, daß mit der Ausführung der öffent⸗ lichen Anlage begonnen sei.
Den Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes unterliegen auch die vor dem Inkrafttreten desselben stattgefundenen uneatgeltlichen ö einzelner Gutstheile oder Zubehörstücke zu öffentlichen
wecken.
In der Begründung heißt es:
Bas Gesetz vom 3. März 1850 beschränkt sich auf diejenigen . in welchen die Abtretung einzelner Gutstheile oder Zubehör⸗ tücke gegen Entgelt — . eines Kaufpreises oder Uebernahme einer feften, ablösbaren Geldabgabe — erfolgt. Es bietet die geeig neten Handhaben, um Weiterungen und Kosten gegenüber geringen Objekten zu vermeiden, und wahrt gleichzeitig die Interessen der Real⸗ berechtigten gegenüber dem verpflichteten Grundeigenthümer. Es er⸗ leichtert die Abveraäußerung kleiner Grundstückstheile durch Beseiti ⸗ gung erschwerender Formen und dient dauernd einem praktischen Be ⸗ orf, im Grundstücksverkehr.
nders liegt die Sache bei unentgeltlichen Abtretungen einzelner Gutstheile oder Zubehörstücke zu öffentlichen Zwecken, also bei den⸗ jenigen Fallen, in welchen solche Grundstückstheile zur Förderung ge meinnützlger Anlagen, insbesondere der Cisenbahnen, Wege, Kanäle u. f. w. unentgeltlich hergegeben werden. Auf diese Fälle findet das Gefetz vom 3. Marz 1850 keine Anwendung, vielmehr können jene Zwecke nach dem gegenwärtigen Stande der G setzgebung, insbesondere nach 5. 65 der Grundbuchordnung vom 5 Mai 1872 (Ges. Samml. S 446) nur dadurch erreicht werden, daß die sämmtlichen Realgläubiger in die lasten⸗ und pfandfreie Äbschreibung des Trennstücks vom Hauptgute einwilligen. Abgesehen daron, daß die Einwilligung sämmtlicher . in manchen Fällen überhaupt nicht, in den meisten Fällen aber nur mit unverhältnißmäßigen Weiterungen und Kosten zu beschaffen ist, wird durch dieses Erforderniß nicht nur der Grunderwerb für öffentliche Anlagen erschwert, sondern auch die Aus ⸗ führung folcher Anlagen oft in Frage gestellt oder verzögert. Häufig ift die unentgeltliche Hergabe von Grund und Boden geradezu Voraus⸗ fetzung für die Realisirung gemeinnütziger Projekte. So treten in ber Regel die betheiligten Grundbesitzer und Gemeinden das Terrain zu Chauffeen unentgelilich ab und bauen die Chausseen mit Beihülfen aus Kreis. oder Provinzialfonds aus, während der Kreig oder die Pro⸗ vinz die dauernde Unterhaltung der ausgebauten Strecken übernimmt, fobald die zum Bau abgetretenen Grundstückstheile lasten⸗ und pfand frei abgeschrieben sind. Stößt diese Abschreibung auf Hindernisse, so müffen bis zur Beseitigung der letzteren die Chaufeen Seitens der Üünternehmer auf eigene Kosten unterhalten werden. Aehnliche Verhäͤl tnisse liegen beim Bau von Eisenbahnen, Kanälen, Ent ⸗ und Bewãsserungsanlagen vor.
Angesichts diefer außerordentlichen Erschwerung der Durchführung gemeinnütziger Anlagen und Angesichts der Nachtheile, welche für die allgemelne Landeskultur dadurch entstehen, ist es erklärlich, daß ein dringendes Bedürfniß nach gesetzlicher Regelung dieser Frage her⸗ vorgetreten ist. ü
Bereits im Jahre 1885 hat der Abg. Dr. Graf von Posadowskvy⸗ Wehner dem Haufe der Abgeordneten den Entwurf eines Gesetzes⸗ betreffend die Üusdehnung des Gesetzes vom 3. März 186590 auf , , Abtretungen einzelner Gutstheile oder Zubehörstücke zu öffentlichen Zwecken, mit dem Antrage überreicht, diesem Gesetz entwurf die Zustimmung zu ertheilen. Die Vorlage wurde unter Zustimmung der Staatsregierung vom Hause der Abgeordneten in der Sitzung vom 7. Mars 1885 angenommen, scheiterte jedoch an dem Wider spruch des Herrenhauses, welches in seiner Sißung vom 21. Mãrz jdzso den Deseßentwurf ablehnte, weil die Majorität in der Er⸗ theilung von Unschädlichkeitsattesten ohne reale Entschädigung eine unzuläsfige Befchränkung der Rechte der Realgläubiger erblickte.
Seitdem ift das Bestreben der Staatsregierung nach gesetzlicher Regelung ie Frage insofern von Erfolg begleitet gewesen, als inzwischen für die Provinz Hannover die ,, n, n,. Grundsãtze des Gefetzeg vom 3. März 1850 auf unentgeltliche Abtretungen ein. zelner Gutstheile oder Zubehörstücke zu öffentlichen Zwecken durch das Gesetz vom 265. Marz 889 (Geseßz-Samml. S. ö im Prinzip als zweckmäßig anerkannt ist. Nach diesem Gesetze ist bei unentgeltlichen Rbtretungen einzelner Gutgtheile oder Zubehörstücke zu öffentlichen Zwecken die Ertheilung eines ,, . sowie die lasten · Und. pfandfreie Abschreibung der Trennstücke zuläfsig, wenn das Trenn- stück im Verhältniß zum Hauptgut von geringem Werth und Üünfang ist, und wenn die durch die oͤffentliche Anlage herbei⸗ seführte Werthgerhöhung des Haupigutes den Werth des Trennstückes
erreicht. Diefer Grundfatz beruht auf der Erwägung, daß sich der Werth des Hauptgutes, von welchem einzelne Trennstücke zu öffent ⸗
lichen Anlagen bergegeben werden, durch diese Anlagen, ingbesondere durch die damil berbundene Verbesserung der Verkehrg · und Absatd· verhältnisse wesentlich erböbt. die Möglichkeit der Verletzung der Realglaubiger alfo auggeschloffen ist. Fällt aber hiermit das einzige Bedenken, welches bisher gegen eine derartige Erweiterung ** e des Gesetzes vom 3 Marz 1830 geltend gemacht worden ist, so
npfichlt es sich, die Vortbeile des für die Provinz Hannover erlaffenen Gejeßeg vom 25 März 1889 auch den übrigen Gebletstheilen der Menarchie zukommen zu lassen. Der vorliegende Gesetzentwurf schließt sich den Grundsaͤtzen des vom Hause der Abgeordneten bereits im Jahre 1885 angenommenen Entwurft
und des vorerwähnten Gesetzes für die Provinz Hannover im Wesent⸗
ichen an und bildet fomst die erforderliche Grundlage zur einbeit ˖ lichen Regelung dieser Materie für den ganzen Umfang der Monarchie mit alleiniger Ausnabme des Regierungsbezicks Wiesbaden und der vormals Großherzoglich bessischen Theile des Regierungsbezirks Kassel, in welchen das 9 vom 3. März 1850 nicht eingeführt und ein Bedürfniß zur Einführung noch nicht hervorgetreten ist.
ur Erläuterung der einzelnen Vorschriften des Gesetz⸗ . wird Folgendes bemerkt: sen
Zu §. 1. .
Der Entwurf beschränkt sich auf unentgeltliche Abtretungen ein⸗ zelner Gutsgtheile oder Zubehörstücke zu öffentlichen Zwecken. Oh mit dem Unternebmen, zu welchem der erforderliche Grund und Boden unentgeltlich hergegeben wird, einem zffentlichen Zwecke gedient wird, ist in jedem einzelnen Falle von der n, ,, bezw. Kredit Direktion, welcher die Ertheilung des Unschäãdlichkeitsattestes auf Grund des 3. 1 des Gesetzes vom 3. März 1850 obliegt, zu prüfen. Eine rr . auf bestimmte öffentliche Anlagen, wie Gifenbahnen, Wege, Kanäle u. J. w. würde die weiter gehenden Ziele des Gesetzentwurfs in Frage stellen
Die Organifation der Kredit ⸗ Direktionen und der Augeinander⸗ setzungs behörden bietet den Realgläubigern die erforderliche Sicherheit für die sachgemäße Wahrnebmung ihrer Rechte bei der unentgeltlichen Abtretung der belasteten Trennstücke. Die Ausführungsbehörden werden bei Ertheilung der Unschäͤdlichkeitsatteste mit Vorsicht und Sorgfalt zu Werke gehen, um jede Benachtheiligung der Real⸗ interessenten zu vermeiden.
u 5. 2.
Anter der in diesem Paragraphen gedachten Abschreibung ist nur die Abschreibung im Sinne des & 71 der Grundbuchordnung vom 5. Mai 1872 (GesetzSamml. S. 446) zu verstehen. Aus dem §z 71 der Grundbuchordnung läßt sich nur entnehmen, daß die Er⸗ iheilung des Unschäͤdlichkeitsatteftes der lasten⸗ und pfandfreien Ab ⸗ schreibung des Trennstücks vorausgehen soll. Um jedoch den Real⸗ gläubigern und dem Eigenthümer des Hauptgutes die Ausführung des gemeinnützigen Unternehmens und somit auch die beabsichtigte Werthserhöhung des Hauptgutes zu sichern, erscheint es angemessen, die Zulässigkeit der Abschreibung des Trenastückes vom Hauptgut vom Beginn der Ausführung des Unternehmens abhängig zu machen und die Ausstellung der Bescheinigung über die begonnene Ausführung der Auseinandersetzungsbehörde zu übertragen. Eine weitere Verschiebung des Zeitpunktes der Abschreibung, insbesondere bis zur Fertigstellung der Fffentlichen Anlage, ist schon deswegen nicht rathsam, weil in diesem Falle der Unternehmer in der freien Verfügung über das ab⸗ zutretende Trennstück behindert sein würde.
U — 27.
Die Vorschrift des 8. 3 soll dem Gesetze keine rückwirkende Kraft geben, sondern nur die Erleichterungen dieses Gesetzes auch denjenigen öffentlichen Unternehmungen zukommen lassen, bei welchem die Schwierigkeiten des Grunderwerbs durch Berichtigung des Grundbuchs noch nicht beboben sind.
Eine gleiche Vorschrift ist in das für die Provinz Hannover erlassene Gesetz vom 25. März 1889 aufgenommen worden.
— Dem Herren ha use ist ferner zugegangen: der Ent⸗ wurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des §. 19 Abs. 1 des Pensionsgesetzes vom 27. März 1872, welcher lautet:
Artikel J.
An die Stelle des 8. 19 Abf. I des Pensionsgesetzes vom 27. Mär; 1872 (GesetzSamml. S. 298) tritt folgende Vorschrift:
§. 15. Mit Königlicher Genehmigung kann zukünftig nach Maß gabe der Bestimmungen in den §§. 13—18 angerechnet werden:
1) die Zeit, während welcher ein Beamter
a, sei es im In⸗ oder Ausland als Sachwalter oder Notar fungirt, im Gemeinde⸗, Kirchen⸗ oder Schuldienst, im ständischen Dienst, oder im Dienst einer landesherrlichen Haus, oder Hofver waltung sich befunden, oder
b. im Dienst eines fremden Staats gestanden hat; .
2) die ö. praktischer Beschäftigung außerbalb des Staats- dienstes, insofern und insoweit diese Beschäftigung vor Erlangung der Anstellung in einem ann, Staatsamte herkömmlich war.
rtike ö Dieses Gesetz tritt mit dem Tage der Verkündigung in Kraft.
Schliemann ꝰs Ansgrabungen
in Troja, Tiryns, Mokenge, Orchomenes, Ithakg im Lichte der heutigen Wissenschaft. Dargestellt von Br. Cgrl Schuchbar dt, Direktor des Kestner⸗Museums zu Hannover. Mit 2 Porträtz, 6 Karten und Plänen und 2980 Abbildungen. Leipzig, F. A. Brockhauß, 1890. (80. Pr. geh. 8 A, geb. 9 M 50 8) Dieses Buch bietet auf Grund der im Laufe der Jahre erschienenen einzelnen Publifationen des bekannten Forschers über seine Ausgra⸗ bungen ein zusammenbängendes Bild von denselben und ziebt zugleich das Facit ihrer Ergebnisse für die Wissenschaft. Der Verfasser beabsichtigt mit seinem Werk, nicht bloß in akademischen Kreisen zu einer allgemeineren Würdigung und Verarbeitung des Stoffes anju ⸗ regen, fondern vor Allem auch den Schulen und dem weiten ge—= bildeten Publikum eine klarere Anschauung von den Resultgten der Lebengarbeit des vielgefeierten, aber auch viel angegriffenen Mannes zu geben, als dies durch jene ausführlichen, mehr für die wissenschaft⸗ lichen Fachkreife bestimmten eigenen Berichte Schliemann's möglich ist. Vorangeschickt ist eine Biographie des Forschers; in den folgenden apiteln werden dann zuerst die größeren epochemachenden Ausgrabungen in Troja, Tiryns und Mykenae besprochen. Hierauf folgen Berichte über die Aeineren Ausgrabungen in Orchomenos und Ithaka In einem letzten, 6. Kapitel endlich stelli der Verfasser eine auf den gesammten Fund⸗ gegen ffn Schliemann's gegründete historische Betrachtung über die griechische Heldenzeit gn. ꝛ Er geht dabei von der jetzt auch wohl nicht mehr strittigen Ueber zeugung auz, daß jede Erörterung über, den Ursprung und den * thatsächlichen Gehalt der homerischen Gedichte sowie über den Ürsprung des griechischen Volkes und seiner Kultur die Schliemann'schen gut als vornehmstes Forschungsmaterial betrachten müffe. Denn erst mit ihrer Hülfe sei es möglich, sich ein Bild davon zu machen, wie die Länder und Völker, welche Homer in seinen großen Heldengedichten schildert, in Wirklichkeit beschaffen waren. Als die mykenischen Ech nach Athen gebracht wurden, sagt Schuchhardt, wiederholte R dasselbe Schauspiel, welches bei der Antunft der geginetifchen Bildwerke in München in den dreißiger Jahren stattgefunden batte: alle Welt schuttelte den Kopf ob solch Unerbörten Kunststils und konnte nicht eine Linie griechischen Charakters darin r. Auch heute selbst ist ihre Zugehörigkeit noch immer Gegenftand des wissenschaftlichen Streites. Schliemann meinte, in den Gräbern von kenae die Kultur Achäern wiedergefunden Köhler stellte dagegen die Fhese auf, daß dieselben den Carern angehörten. Diese beiden Auffaffungen stehen einander noch heute gegenüber. Bas Auffallendste an Schliemann 's Ausgrabungen ist zunächst, daß dĩefelben an all den Statten, welche bei Homer als die Mittelpunkte
von Homers u ben,
.
großer Macht — 2 erscheinen, auch wirklich jedes Mal eine solche hervorra Macht und Pracht festgeftellt haben. In Mylenge Tirvng und Orchomenos tritt ung ein und dieselbe my senische Kulturperiode entgegen; in Troja ist die Masse der Funde aug der Hauptschicht allerdings andersartig und offenbar älter, aber legen das Ende der dortigen großen Periode tritt ebenfalls der my iche Stil auf und stellt so den zeitlichen Zusammenbang zwischen beiden 6 her. Hieraus allein, sagt der Verf, gebt schon klar hervor, daß die 1 Homer's von seiner griechischen Heldenzeit zurück ⸗ gehen auf Nie Kunde von dieser mykenischen und trojanischen Blüthe . Feriede. Vielfach fiebt ihm sogar nicht bloß Kunde, sondern völlige Renniniß zu Gebote, und diese wird um so auffallender, wenn es sich um Dinge handelt, welche in keiner späteren Zeit mehr so hergestellt worden sind wie in der mykenischen. In dieser Beniehung ist zu . nächst an die festumschirmten Burgen zu erinnern, welche es nachber weder in Griechenland, noch in Kleinasien mehr gab. Homer weiß 8 von Mauern, Thürmen und Thoren; er beschreibt das fktäische hor mit seiner großen Plattform, von welcher aus Greise und Frauen dem Kampf in der Ebene zusehen, genau so, wie das freigelegte älteste Burgthor auf Hissarlik in der That gestaltet ist. Auch wie es im Innern der Burg aussieht, ist ihm woblbekannt. Der große Hof, von Saͤulenballen umgeben, in dessen Mitte der Altar des Jeus eht, und der Hauptsaal, in welchem Odysseug die Königin der hãnaken treffen soll, si end am glänzenden Feuer des Herdes, an die ule gelehnt, sind Beweise dafür. Der Metallreichthum jener jugendlich prunkenden Zeit spiegelt sich ebenfalls bei Homer deutlich wieder Wie in den Tbolosbauten die Wölbungen, so schimmern in des Alkinoos' Palaste die Wände von Erz. Ohne die Goldsachen der Schatzgräber wird man die Erzählungen Homer's von den getrie · benen Bechern, wie dem des Nestor, den gebuckelten Webrgebenken und den goldenen Hunden, die vor des Alkinoos Thür Wacht balten, für kecke Phantasie erklaren und hat das ja auch in der That früher getban.
Die auffälligste und wichtigste ülebereinstimmung zwischen den mylenischen Funden und Homer ist aber wohl die, welche die ein⸗
elegte Arbeit der Dolchklingen und eines erst jungft hinzugekommenen echers uns zeigt. Nirgends sonst sind bisher auf griecbischem Boden derartige Arbeiten, ganze Bilder aus verschiedenen Metallen hergestellt, u Tage gekommen, und gerade von ihnen hat Homer noch eine ganz are Anschauung gehabt, denn er beschreibt eingehend, wie auf dem Schilde des Achülles Weingärten dargestellt sind, mit blauen Trauben an goldenen Stöcken und von zinnernem Zaune umgeben, und ferner Jünglinge, welche goldene Schwerter an silbernen Gehenken tragen.
Wenn nun aber auch die Uebereinstimmung zwischen den aufge⸗ fundenen Tenkmälern und den epischen Schilderungen hinreiche, um ju beweisen, daß Homer mit seinen Achäern die Träger der mykenischen Kultur gemeint habe, so dürfe man diese Ueberzeugung doch nicht in der Art überschätzen, daß man die Kultur der echten Griechen nach der großen Wanderung den Dorern zuschreibe. Diese Auffassung werde merkwürdigerweise in den neuesten Geschichtsdar⸗ stellungen vertreten, sei aber aufs Entschiedenste abzuweisen. Wie sollten die Dorer, welche zur Herstellung von Dach und Thüren nicht mehr Instrumente als Axt und Säge gebrauchen durften, welche selbst als Tauschmittel nur Eisen verwendeten, welche den Mauerbau ver⸗ schmähten und in offener Lagerstadt wohnten, wie sollten sie irgend etwas gemein haben mit der feinsinnigen Ornamentik, dem ö und der staunenswerthen Bauthätigkeit der mykenischen
eric de.
Die Träger der mykenischen Kultur haben, nach Schuchhardt, sicherlich in Mykenge eine lange dauernde und festbegründete , ausgeübt; nur so erklären sich auch ihre mit so ungeheuren
itteln erbauten Burgen und der einzig in der Welt dastehende Reichthum ihrer Gräber. Die Zeit, welcher diese Kultur angehört, läßt sich aber noch sehr werig ficher bestimmen. Der mylenische Kunststil lehnt sich in einer Fülle von Einzelheiten an asiatische Motive an. Dabin gehören die beständig wiederkehrenden Löwen und ,. die Doppelaxt des karischen Zeus, die sitzende weibliche Figur auf einem kleinen Goldblech), welche genau der Göttermutter am Sipylos fleicht die Schnabelfchuhe der Männer auf dem Goldbecher von AÄmyklä, die Kuppelform der Gräber, welche wahrscheinlich auf pbrygischen Häuserbau zurückgeht, und die Massen von Gold, welche doch auch wohl nur von Phrygien oder Lydien bezogen sein können. Den lebhaften Verkehr mit Egypten beweisen unter den Fundergebnissen ein Straußenei und die Skarabäen, die Papyrnsstauden auf der Volckklinge, die Reliefbilder, die orm der Schwerter, das Muster der ecke von Srchomenos, die Wandmalerei von Tiryns und andere Motive. Aber diefe astatischen und egyptischen Einflüsse brauchen uns nicht zu wundern. Hatten doch die späteren Griechen selber noch deutliche Kunde von denselben und gaben sie unumwunden zu. Perseus, der pon den Infeln, und Pelops, der aus Lydien nach dem Peloponnes kommt, werben nach einander Könige von Mykenge, und in der Gestalt des Dangaoß, der aus Egypten einwandert, verkörpert sich alles, was die Hellenen dem Nillande zu verdanken glaubten an wird den mykenischen Stil also noch nicht einen griechischen nennen dürfen, denn griechischer Stil und griechisches Wesen hat sich nach Allem, was wir Feobachten können, erst im 7. Jahrhundert zu voller Eigen ⸗ art ausgebildet, wo auch der Name der Hellenen zuerst auftritt Viel · mehr laßt uns die mykenische Kultur einen Einblick thun in die gãbrende Mischung, aus welcher das spaͤtere Griechenthum sich abgeklärt hat, Wir fehen da Phrygische, iydische, karische, egoptische und vor Allem Insel. Glemente, und doch machen sich überall schon die Ansätze zu einem neuen eigenen Gestalten bemerkbar. Daß in der ganzen Ausdehnung diefer Kultur der Name der Achäer geherrscht habe, ist kaum anzu. nebmen. Wir wisfen weder, welcher Stamm diesen Namen zuerst führte, noch wie Homer dazu kommt, ihn für die vereinigten Griechen zu verwenden. peztell die Ärgolis heißt achäisch, aber auch auf Kreta und in Theffallen werden Achäer genannt. Neben ihnen werden wir in Böotien die Minher, in Ättika die Jonier und auf den Inseln Karer seßhaft zu denken haben, sodaß die mykenische Kultur nicht die eines einzelnen Volks war, sondern durch lebhaften Wechsel verkehr sich bei allen im und am Archipelagos wohnenden Stämmen beraus · gebildet hat. Möglicherweise hat eine zeitweilige ,,,, Eini⸗ gung dieser verschiedenen Stämme die gleichartige Verbreitung der Ruliur noch mehr gefördert. Wir denken unwillkürlich an das Reich des Minos, der von Kreta aus eine große Seeberrschaft ausübte, der die Karer unterwarf und dem auch der griechische Küstenstrich den Tribut zahlte, welcher für Athen in der erst von Theseus abgeschaff ten regel mäßigen Entsendung von . und Jünglingen bezeugt ist, aber innerhalb eines folchen Reich, mag deffen Mittelvunkt nun auf Kreta oder in Mykenä, oder zuerst dort und dann hier gelegen haben, sind jedenfalls eine Reihe von Stämmen an der gleichen Kul⸗ jur betheiligt gewesen. Die mykenische. Kultur ist gewiß in manchen Punkken von karischer Sitte beeinflußt worden; bie RFarer waren nach Herodot ein besonders seetüchtiges Volk, welches die Schildzeichen, Schildhandhahen und. Helmbüsche erfand. Aber noch mehr Beziehungen weisen doch nach Lydien und Phrygien, und von hier dürfte demnach der Haupttheil der zugewanderten. Be= völkerung gekommen sein. Aus der Mischung der verschiedenen frem⸗ den Glemente bildete fich dann auf dem neuen Boden ein neues Ganzes, und dabei wirkte jedenfalls auch der Einfluß des alt- eingefessenen Volkg in den verschiedenen Hegenden mit Auf dem riechischen Festlande beherrschte die mykenische Kultur nur die Ost⸗
ste; im Innern saßen wohl diejenigen, welche die Sage
elasger nennt und 3 g le wieder aus einer Reibe verschiedener
anden haben mögen. a,, b k erklärt sich der Verf. alsdann
Innerhalb dieses Bildes e r i lgendermaßen: Für die Festigung den troja nischen Krieg folgender aß ,,,
der See cha des inos war . Seeraͤuberel, welche durch die Unterwerfung der! Karer erreich wurde. Die Ausbreitung. der mykeni⸗ fchen Kultur ist dementsprechend ein Beweis für die friedlichen, ge⸗ beihlichen Zustãnde im ganzen Inselmeere. Die früheren Friedens störer werden aber nicht allein Karer geheißen haben. Die Ent.
brung der Helena von dem europäischen Gestade nach Troja ist
mer schon als ein bildlicher Ausdruck für veruͤbte Seerãuberei be⸗ trachtet worden. Die Stadt Troja aber mußte den
Ordnung erstrebenden Mächten eine um so. gefäbrlichere Widerfacherin sein, alg sie, wie ihre. günstige Lage, an der Durchfahrt zwijchen zwei Meeren erklärt, und wie die Funde bewiesen haben, damals wohl die mächtigste Stadt an der Ilein- afiatischen Küfie war. Sa mag es eins Aufbietung aller Kräfte erfordert haben, um diesen grimmigsten Feind der neuen Gesittung und Macht zu zähmen, und die Niederwerfung. desselben wird für die olgeseit immer als die größte That der Achäer . dagestanden haben. ie zweite Stadt auf Troja, die einzig große und bedeutende Periode der Burg, bat nach Augweig der Funde mitten in der mykenischen Blutbeʒest ibr ö. Ende gefunden. Die Erklärung liegt sebr nabe, daß dies Ende eben durch jene aufstrebende Kultur herbeigeführt worden ist. Damit würde aber der trojanische Krieg, wie der Verfasser meint, weit mehr thatfächliche Grundlage gewinnen, als man ihm in den letzten Jahrjehnten zugestehen mochte, und zugleich Homer in einem ganz neuen kicht erscheinen. In den homerischen Liedern, sagt Schuchhardt, spiegeln sich zum größten Tbeil die griechischen Verbält · niffe nach der dorischen Wanderung. Man nahm daber an, daß die Lieder unter den von den Dorern vertriebenen und meist nach Klein⸗ asien geflohenen Achäern entstanden seien, und daß der trojanische Krieg das Spiegelbild sei so manchen Kampfes, den die Ankömmlinge auf dem nenen Boden zu bestehen gehabt bätten. Aber abgesehen davon, daß die Flüchtlinge, welche zu Hause geschlagen und zersprengt waren, drüben. wohl schwerlich gleich Eroberungen gemacht und Städte belagert haben, blieb doch auch jene Erklärung, besonders dadurch sebr unbefriedigend, daß man nicht einsah, warum die Dichter ihre Helden nach bestandenem Kampf in die Heimath zurückkehren ließen. Man sah sich daher zu der An= nahme gezwungen, daß die Dichter eine schon früher von den Vätern der Flüchtlinge vollbrachte Eroberung Trojas fingirt hätten, um in solchem Bilde die Thaten der Enkel zu besingen. Wenn nun aber die aufgefundenen Thatsachen dafür sprechen, daß besondere Thaten der Enkel garnicht anzunehmen, sind. daß dagegen der in Rede stehende Kriegszug der Väter sehr wobl in Wirklichkeit stattgefunden baben kann, so werde man doch zweifellos den letzteren als Grundlage des Gedichts betrachten müssen. Auch daß erst in dem unruhigen Getriebe der nach Kleinasien Entflohenen die Anfänge der Somerischen Dichtungen entstanden sein sollen, hält der Verfasser für unwahrscheinlich Die Blüthe der Dichtkunst pflege immer Hand in Hand zu gehen mit einer Blüthe der bildenden Kunst, und beide seien eigentlich nicht Lenkbar ohne eine Blüthe politischer und speziell monarchischer Macht. Jetzt, wo wir diese Statten monarchischer Macht an dem griechischen Ufer kennen, wo wir sehen, welch eine Fülle von kunstvoller Pracht bier durch Jahrhunderte geberrscht hat, sei es eigentlich garnicht mehr möglich, anzunehmen, daß diese ganze Zeit über kein Sänger als Bringer der Lust an des Herrschers Tafel erschienen sei, und erst den Auswanderern drüben in dem kümmerlichen Bemühen, eine neue Existenz zu finden, die Zunge sich gelöst habe. Vergegenwärtige man sich dazu, daß in den älteren Theilen der homerischen Lieder noch eine klare Anschauung der Verhältnisse lebe, welche mit der Einwanderung der Dorer zu Grunde gegangen sind, daß der Pala, die Mauern, und Thore der Burgbefestigung und die eingelegten Gold. und Silberarbeiten be⸗ . werden, so werde man diese Auffassung nicht allzu kübn nden.
Das Buch ist gediegen und reich ausgestattet. Außer den Por⸗ träts Schliemann's und seiner Gattin enthält es zablreiche vortreffliche Holzschnitt⸗Abbildungen von allen hervorragenderen Fundobjekten. Diese sind zum Theil aus den, erwähnten eigenen Publikationen Schliemann's ausgewählt, zum Theil auch nach photographischen Auf⸗ nahmen seiner neueren und neuesten Entdeckungen reprodunrt oder nach Skizzen hergestellt, die der Verfasser im athenischen Museum gemacht hat. Auch Ansichten der Fundorte werden geboten und endlich sind mehrere Situationspläne und Karten beigefügt.
Statistik und Volkswirthschaft.
Fürsorge für Arbeiter.
Die gestern an dieser Stelle erwähnte Stiftung der Stadt Elberfeld im Betrage von 109 000 M ist von der Stadt verordneten Versammlung in einer Adresse an Se. Majestät den Kaiser und König zu genehmigen beantragt worden. Die Adresse lautet:
¶Allerdurchlauchtigfter Großmächtigster Kaiser und König, Aller⸗ gnãdigster Kgiser, König und Herr! Zum dritten Male in Doppel jahresfrist ist das Kaiserbaus der Hohenzollern von tiefer Betrübniß heimgesucht: Kaiserin Augusta bat ihren Lebenslauf vollendet.
Aufgewachsen unter den idealen Eindrücken ihres gesegneten Heimathlandes hat sie ihr ganzes Leben der gewissenhaftesten Erfuͤllung ihres fürstlichen Berufes, der Pflege des Guten und Schönen, vor allem aber der Wohlthätigkeit gewidmet.
Wenn die, gegenwärtige und die kommende Zeit die Ausübung der helfenden Liebe ihr Zeichen nennt, so hat die verstorbene Kaiserin als ein glänzender Stern der Zukunft vorangeleuchtet und durch ihr edeles Beispiel Tausende zur Erkenntniß und Nacheiferung angeregt. Mit ihr sinkt in das Grab die treue Pflegerin und Gesährtin unseres unvergeßlichen Heldenkaisers Wilhelm und die liebevolle Mutter des edelen Kaifers Friedrich. Schmerz und Trauer erfüllt das ganze Vaterland, darunter auch die königstreue Stadt Elberfeld.
Diesem Gefühle Ausdruck zu geben, hat die Vertretung der Stadt , Ew. Majestät ihre unterthänigste tiefe Theilnahme aus zufprechen und als Zeichen bleibender Erinnerung an die theure Heim⸗
egangene und im Sinne ihres reichgesegneten Wirkens eine Stiftung im Betrage von Ein Hundert Tausend Maxk aufzurichten, welche der Verbesserung der Wohnungsverhältnisse der arbeitenden Klassen dienen soll, und welcher den Namen Kaiserin⸗Augusta⸗ Stiftung mit Ew. Majestät huldvoller Genehmigung in führen gestattet sein möge. Gott segne, Gott schütze Ew. Majestät und dag ganze Kaiserliche Haus! Ew. Majestät allerunterthãnigste, treugehorsamste Ober⸗Bürgermeister, Beigeordnete und Stadtverordnete. Elberfeld, den 14. Januar 1890.“
Zahnärzte und Zahntechniker im Deut schen Reich im Jahre 18839.
Der von uns schon neulich erwähnte „Dental - Kalender für Deutschland, Desterreich⸗ Ungarn und die Schweiz“ für 1890 bringt in seinem zweiten Theil auch eine, allerdings verschiedene Druckfebler und namentlich veraltete Areal und Bevölkerungsangaben enthaltende, sonst aber ganz übersichtliche Zusammenstellung der im Deutschen Reiche sowie in den einzelnen Bundesstaaten bezw. preußischen Pro⸗ vinzen vorhandenen e, n welche sich im Jahre 1889 mit Zahn⸗ heilkunde und. Zabntechnit e r tg: BDarnach gab es im Denutschen Reiche 64, im preußischen Staat 1644 solcher Personen, darunter 667 bejw. 3995 in Deutschland approbirte Zahnärzte, 134 bejw. 80 in Amerika graduirte Doctors of Dental Surger), 49 bezw. z5 im übrigen Ausland diplomirte Dentisten und 1914 beiw. 1126 Zahnkünstler und Zahntechniker. ⸗
Vergleicht män die Gefammtzabl dieser Zahnärzte u. s. w. mit der Gesammthevölkerung, so entfallen auf Joo 9o0 Cinwohner im Deutschen Reiche o, 3, im preußlfchen Staate 5, 8, in Bayern, 5,3, in Sachsen 70. Gine verhältnißmäßig reh; e. solcher Erwerbs- thãtigen haben die Großherjogthümer Medlenburg⸗Schwerin und Strelitz, sowie verschiedene Küleinstaaten aufjuweisen. Von den preußischen Provinzen gingen . Berlin nur Schleswig⸗Holstein und Peffen ˖ Nassau mit je 7, über den Staats durchschnitt hinaus; Pommern, Brandenburg und Schlesien erreichten ihn nah n mit 6, bejw. 5,6 und h,, die übrigen blieben mebr oder weniger hinter dem selben jurück, am weitesten Posen mit 2.9 und Ostpreußen mit 2,2 auf 190 090 Einwohner,
Am stärkften find Grwerbethäͤtige der Zahnheilkunde in. Groß. und Mittelstäbten vertreten. Berlin weist allein 388, nahenn ein Viertel aller in Preußen vorhandenen Personen dieser Art auf, so
daß hier auf 100 009 Einwohner 29,5 entfallen. Daher der verhält ⸗
nißmäßig große durchschnittliche Prezentsaß für den preußischen Staat. Für er e, 30 deutschen Großfstãdte . wir nach dem Namens⸗ verzeichnifse der Aerzte und Techniker folgende Angaben zusammen: Hamburg 114. Breslan 58s, München 73, Dresden 61, Leipzig 41, Köln 34, Frankfurt a. M. 51. Königsberg i. Pr., 20, Hannover 32, Stuttgart 28, Bremen 24, Düsseldorf 13. Nürnberg 26. Danzig 13, Magdeburg 28, Straßburg i. C. , Chemnitz 2, Elberfeld 11, Altona 17, Barmen 11.
Literatur.
Zehn Jahre Berliner Kunstgesichte (1370 — 1880). Humpriftische Extrafabrten nach der Kunstausstellung 9 533 Heil. Mit einem Vorwort von Ludwig Pietsch. Berlin, Verlag von Paul Hüttig. Die hier in Buchform herausgegebenen bumo⸗ ristischen Kunstberichte über ein ganzes Dejennium erschienen feiner Zeit in der Tribüne“ und gefielen durch die witzige Art, in welcher sie geschrieben waren. Mit feiner Satire unterzog ihr Verfasser, G. Heil, Alles, was guf den hiesigen Kunstansstellungen Anlaß zu humbristischen Bemerkungen gab, seiner Betrachtung und legte das, wag er auf ihnen an Material gesammelt, im Feuilleton der Tribüne“ nieder. Man merkte es ihnen an, sagt Ludwig Pietsch in seiner Vorrede, daß sie keinetwegs nur jener selbstgefälligen Sportlust und jenem Witz entsprungen waren, der Krieg auf ewig mit dem Schönen treibt, sondern daß dieser Satiriker im Gegentbeil gerade für das echte Schöne in der Kunst von warmer ehrlicher Begeisterung erfüllt und für alles Kunst⸗ eschaffene mit feinstem Verständniß und gründlicher Sachkenntniß kehr sei. Des Weiteren theilt L. Pietsch mit, das G Heil seit jener Zeit, in welcher er mit so frischem Humor arbeitése, die alte Rüstigkeit verloren habe und durch Krankheit verbindert worden sei, den früheren Berichten neue folgen zu lassen. Um nun wenigstens die alten der Vergessenheit zu entreißen, habe er auf. Drängen seiner Freunde sich entschlossen, wenigstens diese gesammelt herauszugeben, nachdem er dieselben gruͤndlicher Feilung unterzogen habe. So treten denn die Berichte, deren sich die Kunstfreunde aus jener Zeit wohl noch erinnern werden, aufs Neue in die Oeffentlichkeit als abge ˖ schloffenes Ganzes und werden auch jetzt noch Leser finden, die sich an ihnen ergötzen. ö
— Stanlev's Briefe über Emin Pascha's Be—⸗ freiung‘ ist der Titel einer soeben im Verlage von F. A. Brockhaus in Leipzig erschienenen autorisirten deutschen Ueber setzung einer mit Stanley s Genehmigung veröffentlichten Samm⸗ lung seiner bisberigen Briefe und. Berichte. Dieselben sind namentlich in Deutschland nur zum geringsten Theile und sebr lücken⸗ baft bekannt geworden, und ibre Lektüre giebt daber jum ersten Male ein Ubersichtliches Bild der langwierigen, gefahr⸗ vollen und in den verschiedensten Beziehungen, besonders auch in geographischer Hinsicht, interessanten und wich tigen Expedition. Außerdem ist der Sammlung noch ver⸗ schiedenes neues wertbvolles Material und eine Uedersichtskarte bei- gefügt. Es sind im Ganzen 15 Briefe mit verschiedenen Beilagen, die auch über Stanley's Verbältniß zu Emin Pascha klareres Licht verbreiten; bis Emin Pascha selbst im Stande sein wird, volle Auf klärung zu geben, sind Stanley's und seiner Gefäͤbrten Berichte das einzige Authentische darüber. Wie rege das Interese für Stanley und Emin Pascha im deutschen Volke, und wie gesrannt man ift, Näheres über die Exvedition Stanley's ju erfabren, ergieht sich auch daraus, daß die Verlagshandlung, wie wir hoͤren, genöthigt war, gleichzeitig fie ben Auflagen erscheinen zu lafen.
Der Redaktion des Reichs ⸗ und Staats ⸗Anzeigers sind folgend Bücher und Druckschriften übersandt worden: Kriegsgeschichtliche Einzel schriften. Herausgegeben vom
Großen Generalstabe. Abtheilung für Kriegsgeschichte. Heft 12. Der 9. von Soissons am 3. März 1814 und die demselben un⸗ mittelbar vorbergehenden Operationen des Schlesischen Heeres. Das Rachtgefecht bei Laon am 3. März 1814. Die Stärkeverhältnisse im Deutsch-Franzöͤsischen Kriege 1870,71 bis zum Sturze des Kaiser⸗ reiches (Schluß). Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Berlin 1889. — Publikationen aus den K preußischen Staats⸗ archiven. Veranlaßt und unterstützt durch die K Archiv Verwaltung. 11. Band. Otto Meinardus, Protokolle und Rela⸗ tionen des Brandenburgischen Geheimen Raths aus der Zeit des Kurfürsten Friedrich Wilhelm. Erster Band: Bis zum 14. April 1643. S. Hirzel, Leipzig, 18898. — Mitt hei⸗ fungen des Geschichts⸗ und Altertbums-Pereins zu Leisnig im Königreich Sachsen 8 Kest. Zusammengestellt und im Auftrage des Vereins herausgegeben von Hr. med. C. M. Müller. Selbstverlag des Vereins, Leignig, 1889. — Geneg⸗ logische und biographische Notijen— über die ost⸗ preußtfche Familie von Werner 1. Fesammelt von Georg FTonrad, Gerichts, Affessor in Königsberg (stpreußen). R. Kanter, Marienwerder, 1589. — Nachträge und Berichtigun en zur urkundlichen Geschichte der Tettau'schen Familie von R. J. Ä Freiber rn von Tettau. Stargardt ' sche Buchhandlung, Berli, 18883. — Publikationen des Börsen vereins der deutfchen Buchhändler. Reue Folge. Archiv für Geschichte des deutfchen Buchhandels. Herausgegeben von der Historischen Kommission des Börfenvereins der deutsben Buchhändler, IE. Verlag des Börsenvereins der deutschen Buchhändler, Leipzig, 1890. — Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts, in be. fonderer Beziehung auf das preußische Recht mit Ginschluß des Handels ⸗ und Wechselrechts. Begründet von Dr. J. A. Gruchot. , ,. don Raff ow, Reichsgerichts · Rath, und Küntz ei,
eheimem Ober -⸗Justiz Rath und vorttagendem Rath im Königlich preußifchen Justf - Ministerium. Vierte Folge. Vierter Jahrgang. J. Heft. (Ser ganzen Reihe der Beiträge XXX]; Jahrgang.) ö. Vahlen, Berlin, 1896. Kommentar zjum Strafgesetz⸗
uch' für das Feutfche Reich, Ven Dr. Justus Olshausen, Kammergericht Kath. 3. umgearbeitete Auflage. 6. Lieferung (Bogen d6 = 65). Franz Vahlen, Berlin, 1853. — Wie treibt man am leichtesten feine Ku ßenstände ein? Ein gus der Praxis her- porgegangener Leitfaden fär Jedermann, sich selbst beim Amtsgerichte zju vertrelen. Bearbeitet und herausgehehen don C. Br own, Ber. fasser des Rechtsbeistand vor den deuischen Amtsgerichten“. 2. ver⸗ besferte und vermehrte Auflage. Gustar Weigel, Leipzig. An. naten des Deutschen Reichs für Gefetzge bung. Verwal⸗ tung und Statistik. Staatẽwissenschaftliche Zeitschrifi ad Matherialiensammlung herausgegeben von Dr. Ggors Hirth ind pr. Max Seyd el. 25. Jabtgang. Heft Nr. 1. A. Hirth, Munchen . — Lehrbuch des preußischen Verwaltung? rechts. . x — * Kuͤderitz sche Verlagsbuchhandlung), Berlin, 1889. — Ersatz kur- zeitiger Freiheitsstrafen. Eine kriminalpolitische Studie von ö Dr. P. F. Aschrott, Amtsrichter in Berlin. Verlagsanstalt und Druckerel · Aktiengesellschaft (vormals J. F. fact, Hamburg, 1889. — Ber ländliche GSrundbesitz in dem Entwürfe eines. bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, ins⸗ besondere binsichtlich seiner ,, Vortrag des Referenten Rechtsanwalts und Rittergutsbesitzers 8, G. Opitz Treuen i. V. in der XIV. Gereralverfammlung der Vereinigung der Steuer ⸗ und Wirtbschafte Reformer zu Berlin am 25. Februar 1889. Verlag des Bureaus der Steuer. und Wirihschafts-Reformer ',. Berlin, 1889. Sie Seehäfen des Weitverkehrs, dargestellt von Joleyb R. von Lehnert, K. und K. Cinienschiffg Kapitan. Johann Poleezer. K. und K. Korvetten Kapitän. Dr. Carl Zehden, Professor an der Wiener Handels Ktademie und Dr. Theodor Cicaiek, Professor a der Wiener Dandelg. Ärademie unter Redaktion von Alexander Ver 2 Jief. 5 (. Heft des IJ. Bandes). Volkzwirthschaftlicher Verlag vgn Alexander Dorn in Wien. — Annalen der Hydrographie und Naritimen Reteorologie. Organ des Hydrographts 3
on G. . Grote fend. Lief. 2. Verlag von Carl Habel C G.