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der Nachweisung sind diejenigen Bahnen, auf welchen Zug⸗ verspätungen vorkamen, nach 5 3 ö
Mittel) zwischen der e. der auf je eine Verspätung ent⸗ fallenden Züge und Achskilometer geordnet; danach nehmen die Main⸗Neckar Bahn, die Werrabahn und die Bahnen im Bezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direltion llinksrheinische) zu Köln die ungünstigsten Stellen ein. Wird die Reihenfolge der Bahnen statt nach der Zahl der Verspätungen nach der Zahl der Anschlußversäumnisse bestimmt, so treten die Werra⸗ dahn, die Wain-eckar⸗Bahn und die Bahnen im Bezirke der Königlichen Eifenbahn-Direltion (linksrheinischen) zu Köln an die unguͤnstigsten Stellen.
— In den „Amtlichen Nachrichten des Reichs-Ver⸗ sicherungsamts“ wird im Anschluß an die die preufischen landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaften betreffende Bekannt⸗ machung vom 1. Januar 18858, nachdem inzwischen auch in sämmtlichen übrigen Bundesstaaten das landwirthschaftliche Unfallversicherungsgesetz seinem vollen Umfange nach in Kraft getreten ist, durch eine Bekanntmachung des Reichs⸗Versiche⸗ rungsamts vom 10. Januar eine Zusammenstellung der wich⸗ tigsten Bestimmungen über die Einrichtung und Verwaltung der für die letztgenannten Bundesstaaten. gebildeten landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaften ver—⸗ öffentlicht.
— Gemäß Bekanntmachung des Ober⸗Präsidenten, der Provinz Brandenburg, Staats Ministers Dr. von, Achen⸗ dach, trat am 15. 6. M. der 62. Komm un gh -Landtagg der Kurmark unter Vorsitz des Königlichen Majors a. D. und Domherrn des Hochstifts Brandenburg, Hrn. von Rochow-Plefsow, zĩufammen. Der Vorsitzende eröffnete den Landtag mit dem Hinweis auf den Heimgang Ihrer Hochfeligen Majestät der Kaiserin und Königin Au gust a. Tief und ernst bewegt stimmte der Landtag ein in den dreimaligen Hochruf auf des Kaisers und Königs Majestct. — Der Landtag hat durch den Tod den General Land⸗Feuerfozietäts Direktor und Haupt-Ritter⸗= schafts-Direktor von Tettenborn auf Reichenberg verloren, welcher dem Landtage länger als 30 Jahre und seinem stän⸗ dischen Amte länger als 25 Jahre in segensreicher Thätigkeit angehörte. Auch ein Mitglied, welches erst in letzter Session eingetreten war, der stell vertretende Stadtverordnetenvorsteher und Vertreter der Stadt Potsdam, Parlasca, ist dem Land⸗ tage durch den Tod entrissen worden. Der Landtag ehrte das Indenken der Verstorbenen durch Erheben von den Sitzen. An Stelle des Hrn. von Teitenborn ist der Graf von der Schulenburg-Trampe in den Landtag eingetreten; für Hrn. Parlasca hat eine Wahl noch nicht stattgefunden, vielmehr ist dessen Stellvertreter, Hr. Stadtrath Krüger, als Vertreter der Stadt Potsdam einberufen wolden. Durch Krankheit find am Besuche des Landtages verhindert: der Rittergutsbesitzer Kiepert, Freiherr von Knobelsdorff, Rittergutsbefitzer von Rathenom und Holzhändler Koller. Für dieselben sind deren Stellvertreter ein erufen, nämlich bie Rittergutsbesitzer von Hake auf Klein-Machnom und Kelch⸗Bollensdorf, Landrath von dem Knesebeck auf Karwe und Fabrikant Hartmann-Schwedt a. O. . Die Riederlausitz wird in Angelegenheiten der Land⸗Feuer⸗ sozietät durch den Landrath Freiherrn von Manteuffel und den Landsyndikus Freiherrn von Buddenbrgck ver⸗ treten. Unvertreten sind das Hochstist zu Branden⸗ burg, weil dessen beide Vertreter erkrankt sind, und' bie Kollektivstimme der adligen Majorate und Familien⸗ Fideikommisse der Kurmark, weil eine ahl noch nicht statt⸗ gefunden hat. Nach Mittheilung dieser Personalien konstituirte der Herr Vorsitzende den Landtag, indem er den Abgeordneten der Stadt Brandenburg, Hrn. Hammer, zum Protokollführer berie und drei Ausschüsse bildete, den ersten für die Angelegenheiten der Land ⸗ Feuersozietät, den zweiten für diejenigen der Kurmärkischen Hülfskasse und die bezüglichen Unterstützungsgesuche, welche auch in diesem Jahre in großer Zahl eingegangen sind — und den dritten für das Kriegsschuldenwesen und die inneren Angelegenheiten des Landtages. Zum Vorsitzenden des J. Aus⸗ schusses wurde der Landrgth Freiherr von Manteuffel und zu deffen Stellvertreter der Rittmieister a. D. von Bredow⸗Buchow⸗ Karpzow, zum Vorsitzenden des II. Ausschusses der Geheime Reglerungs-Rath und Landrath von Winterfeld— Menkin und zu dessen Stellvertreter der Hauptmann a. D. von Thümen auf Siangenhagen und zum Vorsitzenden des III. Ausschusses der Rittmeister a. D. Graf von Bredow auf Burg Friesac und zu dessen Stellvertreter der Rittergutsbesitzer von Burgsdorff auf e n ernannt. Diesen 3 Ausschüssen und dem ritter⸗ schaftlichen Konvente wurden die bisher eingegangenen M Sachen überwiesen, soweit sie nicht, wie eine Anzahl Denkschreiben für Bewilligungen des 61. KommunalLand⸗ tages aus dem Dispositionsfonds der Kurmärkischen Hülfs—⸗ . durch Kenntnißnahme des Landtages zu erledigen waren.
Der Präklufivtermin für den Eingang der in der gegen—
wärtigen Session noch zu erledigenden Sachen wurde auf den
21. d. M. einschließlich und die nächste Sitzung des Landtages mt Rücksicht auf die Arbeiten der Ausschüsse auf Montag,
den 20. d. M., Mittags 12 Uhr, festgesetzt.
— Se. Durchlaucht der Prinz Albert zu Sachsen⸗ Altenburg, General⸗Major und Commandeur der 3. Garde⸗ Kavallerie⸗Brigade, ist von Dessau hierher zurückgekehrt.
— Der General⸗-Lieutenant von Gélieu, à la suite des Garde⸗Schützen⸗Bataillons und Erster Kommandant von Koblenz und Ehrenbreitstein, hat Berlin wieder verlassen,
' G(cbenso der Königlich schwedische General⸗Lieutenant Freiherr
.
Dong ed erstroem, Inspecteur der Köͤniglich schwedischen Kaöal⸗ lerie, und der Königlich portugiesische General L. de Souza ö. General⸗Adjutant Sr. Majestät des Königs von
ortugal, welche Letztere als besondere Vertreter ihrer Sou⸗ veräne hierher abgesandt waren.
Sachsen. Dres den, 16. Januar. (Dr. Journ.) Die Erste Kammer erledigte in ihrer heutigen Sitzung die das Departement der en Inn betreffenden Kapitel des ordentlichen ite n,, und bewilligte allent⸗
halben nach der Vorlage die geforderten Summen in Ueber⸗ 'mnstimmung mit der Zweiten Kammer. Bei Kap. 14. Ver⸗ ung der Staats schul den, wünschte Graf Rex Be⸗
gung von etwa beim Staats schuldbuch sich heraus⸗
ssor Dr. Birch-Hirschfeld, vom Präsidenten lichtet und eingewiesen worden.
ltnißzahl (geometrisches
Baden. Karlsruhe, 16. Januar. (Karlsr. 3.) In der gestrigen Sitzung der Erstn Kammer wurde der Gesetzentwurf, betreffend das Recht der Ausübung der
ischerei einstimmig angenommen. — Eine Petition
es Comitès der evangelischen Gesammtgeistlichkeit des Großherzogthums, betreffend die Aufbesserung der Gehalte der evangelischen Pfarrwittwen und ⸗⸗Waisen, wurde der Regierung zur wohlwollen⸗ den Berücksichtigung überwiesen. Auf Antrag des Präsidenten wurden alsdann der Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Zuchtfarren, und der Entwurf eines Berggesetze s ber Kommission für Justiz und Verwaltung überwiesen.
Bei der heutigen Wiederaufnahme der 1 der Zweiten Kammer widmete, nach einer Mittheilung des W. T. B.“, der Präsident Lamey Ihrer Majestät der verstorbenen Kgiserin Augusta einen äußerst warmen, herzlichen Nachruf. Die Kammer beschloß, eine Beil ei ds⸗ adrefse an Ihre Königlichen Hoheiten den Großherzog und die Großherzogin zu richten.
Sachsen⸗Meiningen. Meiningen, 15. Januar. (Magd. Jig.) Bei Fortsetzung der Etats herathung be⸗ willigte der Landtag als neue Position 5000 M für einen forsttechnischen Rath im Staats⸗-Ministerium. In einigen anderen Titeln wurden die vom Finanzausschuß beantragten Abstriche beschlossen. Eine längere Erörterung veranlaßte eine Petition der Stadt Pößneck um einen jährlichen 6 von 7500 M zur höheren Knabenschule; der
inanzausschuß beantragte die Verwilligung von 2660 66, während die Regierung sich gegen jeden Zuschuß er⸗ klärte. Der Landtag entschied sich für den Ausschußantrag. Neu eingegangen ist eine andere Gehaltsscala für die Amts . Nach derselben ist die niedrigste Besoldung eines solchen auf 2400, die höchste auf 4500 66 angenommen; zwischen beiden kommen noch Stellen mit 2700, 3600, 3600, 800, 4000 und 4200 M Auch einige neue Stellen werden beantragt, im Ganzen würden nach der Vorlage 8500 M6 mehr einzustellen sein.
Eachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 16. Januar. (Cob.
Ztg) Der Landtag des Herzogthums Coburg ist 5. den 20. d. M. einberufen worden.
Oefterreich⸗ Ungarn. Wien, 16. Januar. Ihre Kaiser⸗ liche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin⸗Wittwe Erzherzogin Stephanie hat sich, wie die „Wien. Ztg.“ meldet, gestern Abend zu längerem Aufenthalt nach Gries bei Bozen begeben.
In der heutigen Sitzung der Ausgleichs konferenz, die von 2 bis 5i / Uhr Nachmittags dauerte, wurde dem „W. T. B.“ zufolge die Berathung der Justizangelegenheiten sortgesetzt und beendet. Ebenso wurde das Gesetz über den Gebrauch der Landes sprachen bei den auto nomen Behörden durchberathen.
Großbritannien und Irland. London, 17. Januar. (W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser Wilhelm hat in einem Telegramm an den Herzog von Cambridge anläßlich des Todes des Lord Napier of Magdala seine fe fut. und aufrichtigste Theilnahme für Ihre Majestät die Königin und die ganze britische Armee ausgedrückt. In Lord Napier habe die englische Armee einen ihrer tüchtigsten Generale und tapfersten Soldaten verloren; Sein Großvater und Sein Vater hätten die persön⸗ lichen und militärischen Eigenschaften desselben hochgeschätzt. Se. Majestät der Kaiser unterzeichnet sich in dem Telegramm als „Admiral of the Fleet“. Der Herzog von Cam⸗ bridge hat Sr. Majestät dem Kaiser für diesen Ausdruck der Theilnahme telegraphisch seinen herzlichen Dank über⸗
mittelt.
Frankreich. Baris, 16. Januar. (Fr. C.) In der letzten Sitzung des Minist erraths unterbreitete der Kriegs⸗ Pänister de Frey cinet einen Gesetzentwurf, betreffend eine Aenderung des Gesetzes vom 2B. März 1850 über den Generalstabsdien st. Der Entwurf enthält nach— stehende Einzelheiten; An der bisherigen Art der Ein⸗ berufung zu der höheren Kriegsschule wir d nichts ge⸗ ändert, aber nur diejenigen Offiziere sollen in Zukunft dem Generalstabe zugetheilt werden, welche die Kriegsschule mit sehr gutem oder gutem Erfolge absolvirt haben. Be⸗ zuͤglich der höheren Offiziere will man zu dem früheren ge⸗ schlossenen Korps zurückkehren, d. h. die höheren Offiziere des Generalstabs sollen demselben ständig angehören und nur als Sbersten für zwei Jahre zur Truppe kommen.
um Präsidenten des Senats wurde heute, wie „W. T. B.“ meldet, Le Royer mit 114 von 185 Stimmen wiedergewählt. Ebenso wurden die bisherigen Vize⸗Präsidenten wiedergewählt. In der Deputir tenkammer erfolgte die Wiederwahl der bisherigen Vize⸗Präsidenten, Quästoren und Schriftführer. . .
Der Kaiser Dom Pedro ist heute in Cannes ein⸗ getroffen.
Italien. Rom, 16. Janugr. Prinz Amadeus, Herzog von Aosta, ist, wie W. T. B.“ meldet, an der Influenza erkrankt und genöthigt, das Bett zu hüten,
— Die heute veröffentlichte Eneyklika des Papstes „über die vornehmsten Pflichten der Katholiken als Bürger“ beginnt nach der Uebersetzung der „Köln. V. Ztg.“ mit den Worten:
„Rückkehr zu den Satzungen des Christenthums und Umgestaltung der Lebensweife, Sitten und Einrichtungen der Völker nach seinen heiligen Vorschriften tbut Noth; und täglich macht sich diese Noth. wendigkeil immer gebieterischer geltend. Mehr und mehr hat man sich vom Christenthum entfernt, und um so gewaltiger schwoll die Hochfluth der Uebel, die uns bedrängt, so zwar, daß alle Wohl Fefinnten nur mit Bangen der Gegenwart denken und mit Zittern in die Zukunft schauen. Irn hat unsere Zeit nicht geringe Fortschritte auf Tem Gebiete der materiellen und sinnfälligen Güter gemacht; aber Sinnfaͤlliges, physische Macht und irdischer Reichthum vermögen, wenn sse auch wohl das Leben hienieden bequem und angenehm gestalten, doch des Menschen Geist, der nach höheren und herrlicheren Gütern ver⸗ langt, keineßwegs zu sättigen. Auf Gott muß unser Auge gerichtet fein, auf Ihn all' unser Trachten; das ist unser oberstes Gesetz und der Zweck unseres Daseinz.. . Dies gilt von den einzelnen Menschen; dies gilt aber auch von ber menschlichen Gesellschaft, von der Familie und nicht weniger auch vom Staate . . . Nun ist es aber offenkundig, daß die böheren Geistesgüter, von denen Wir , und die ohne die Pflege der Religion und stetige Beobachtung der christlichen Gebote nicht er⸗ worben werden können, von Tag zu Tag der Mißachtung und Gering⸗
—
schaͤtzung der Menschen mehr anheimfallen, und das in dem Maße, daß, je größer der Fortschritt auf den Gebieten des materiellen Lebenz ift, um fo größer auch der Rückgang und Verfall auf dem Gebiete jener höheren Gäͤter zu sein scheint. Einen ganz besonders kennzeichnenden Beweis hierfür erblicken Wir in den mannigfachen Unbilden und Schmähungen, mit welchen gerade in unsern Tagen bäufig ganz öffent. lich und ot enkundig Alles überschũttet wird, was katholisch ist, Unbilden urd Schmähungen, wie sie frühere, vom Geiste der christlichen Religion durchwehte Zeiten nicht kannten und auch nicht geduldet haben würden. Das Seelenbeil gar Vieler stehe hierdurch in äußerster Gefahr, aber zuch die Staaten, und. Reiche seien dadurch bedrobt und könnten dabei nicht unverfehrt bleiben; denn wo die Sitten und Einrichtungen nicht mehr christlich sind, da wantken alle Grundlagen jeglicher menschlichen Ordnung.! Es sei also Pflicht der Kirche, und die Zeit ˖ verhältnisse selbst forderten es auf das Entschiedenste, die Heilmittel zu sfuchen, wo sie sind. Als solche werden bezeichnet:; An schauungen, wie sie den Lehren deg Christenthumg;, entsprechen, und ein Leben, wie es den Porschriften des Christenthums entspricht, fär die Einzelnen und fur die Gesammtheit. Das allein könne schützen gegen die Gefahren, welche bevorstehen. Die Kirche aber dürfe nichts ungeschehen und nichts unversucht lassen, was ge⸗ eignet sei, jene christliche Gesinnung im Denken und Handeln der Völker wiederherzustellen Es unterliege keinem Zweifel, daß den Be⸗ kennern des katholischen Glaubens zablreichere und gewichtigere Pflichten binsichtlich des praktischen Lebens oblägen, als denen, welche das hohe Gut dieses Glaubens gar nicht oder nur theilweise besitzen. Ganz gewiß dürfe weder im Kriege noch im Frieden ein überzeugungstreuer Christ an Vaterlandsliebe von Jemandem sich übertreffen lassen, aber trotzdem müffe er bereit sein, eher Alles, eher den Tod zu erdulden, als die heilige Sache Gottes und seiner Kirche zu verrathen Wohl“, heißt es weiter, „sind also auch die Macht und dag Ansehen der irdiscken Obrigkeit den Christen verehrungs würdig; wohl erblicken sie in ihnen, selbst wenn ihre Träger derselben weniger würdig sein sollten, einen gewissen Abglanz der göttlichen Macht und Majestät; wohl liegt es gerate ihnen am Herzen, die Gesetze zu ehren und zu befolgen, nicht etwa bloß aus Furcht vor Strafe, sondern um des Gewissens willen; ‚denn nicht den Geist der Furcht hat Gott in unser Herz gelegt: allein wann die Staatsgesetze offenbar vom gött⸗ lichen Beistẽ abweichen, wann sie den Gesetzen der christlichen Religien und der Kirche widerfprechen, wann sie die Autorität Jesu Christi felbst in Seinem ebersten Stellvertreter und Hohenpriester verletzen, dann ist es Unrecht, ihnen zu gehorchen, Pflicht, ihnen zu wider⸗ stehen, und das nicht bloß im Interesse der Kirche, sondern auch im eigensten Interesse des Staates selbst, zu dessen Verderben ja Alles gereichen muß, was geschieht zum Nachtheile der Religion.“ Die Gegner Gottes suchten die Macht an sich zu reißen, um ihren Prinzipien zum Siege zu verhelfen; in vielen Ländern greife man den Katholizismus an. Die Katholiken müßten darum vor Allem einig sein und sich nicht nur den Dogmen, sondern auch der Disziplin der Kirche unterwerfen. Dem Papsft siehe das unumschränkte Recht über die Dogmen und die Moral, fowie über die nothwendigen Heilmittel zu Die Kirche umfasse verschiedene Nationen, welche unter gans verschiedenen Regierungen lebten; da sei es nothwendig, daß die Rechte und die Pflichten gegen die Kirche abgegrenzt würden und daß jeder Staat dieselben respektire. Diejenigen, welche die Kirche in den Streit der Parteien, hineinziehen wollen, mißhbrauchen die Religion. Der Papst bespricht sodann, die Einigkeit unter den“ Katholiken und führt aus, daß die Streitigkeiten und die inneren Zerwürfnisse ein Uebergewicht der Gegner herbei⸗ geführt hätten; ihnen gegenüber müsse man weder furchtsam noch verwegen sein. Die Furchtsamen würden eine zu große Nach⸗ giebigkeit ausüben, die Verwegenen dagegen leicht eine Rolle ein⸗ rehmen, zu welcher sie nicht berechtigt feien; sie würden die An⸗ gelegenheiten der Kirche nach ihrem eigenen Willen und nach ihren eigenen Ideen leiten wollen und seien nur schwer dazu zu bewegen, das, was ihren Ideen nicht entspreche, aufzunehmen. — Die Encyklika schließt mit einem Aufruf des Papstes an die Katholiken aller Nationen, die Gesellschaft zu erhalten durch die Uebung christ⸗ licher Tugend am häuslichen Herde = ö Der „Osservatore Roman o⸗— erklärt die Blät er⸗ meldung von Schritten, die der Vatikan gethan haben solle, damit die chiedsrichterliche Entscheidung in dem englisch⸗portugiesischen Streite dem Papste übertragen werde, für erfunden, und augenscheinlich nur bezweckend, dann weiter behaupten zu können, daß der Vatikan
einen Mißerfolg erlitten habe.
Spanien. Madrid, 16. Januar. (W. T. B.) Nach 8 Meldung ist der König in der Genesung be⸗ griffen. ö
— 17. Januar. (W. T. B.) Die Königin hatte gestern eine Konferenz mit Jovellar und Martinez Campos, welche ihr den Rath ertheilten, Sagasta mit der Rekon⸗ stituirung des Kabinets zu beauftragen. Die Königin wird
heute eine Unterredung mit den ehemaligen Kammer⸗Prä⸗ sidenten Martos und To reno haben.
Belgien. Brüssel, 16. Januar. (W. T. B). In der Deputirtenkammer brachte der Finanz⸗Minister Beernaert heute einen Gesetzentwurf ein Über die Er⸗ richtung einer anläßlich der bevorstehenden 25 jährigen Regierungs-Jubelfeier des Königs zu stiftenden ö für die Opfer resp. Invaliden der Arbeit. Für die gedachte Hülfskasse ist eine Summe von 2 Millionen Francs als Grundstock bestimmt.
Zchweden und Norwegen. (F.) Stockholm, 14. Ja⸗ nuar. Nach dem Bericht des Staatscomtoirs haben die Staatseinnahmen im vergangenen Jahre betragen: Zölle DRP 4Nö 529g Kronen gegen 37 723 663 Kr., Branntweinsteuer 14 334 89 Kr. gegen 14171 487 Kr., Staatseisenbahn en (Ueberschüsse) 6 hoo Kr. gegen 6 800 900 Kr. oder zu⸗ fammen 65 310 426 Kr. gegen 55 694 150 Kr. im Jahre 1888. Die Einnahmen aus diesen drei Titeln waren von dem Reichs⸗ tage für das Jahr 18895 zu 57 900 000 Kr. und für das Jahr 1888 zu 48 000 000 Kr. veranschlagt worden.
= 16. Januar. (W. T. B.) Morgen findet die Eröffnung des Reichstages statt. Der König wird zum Präsidenten der Ersten Kammer den Grafen Lagerbjelke und zum Vize⸗ Präfidenten den früheren Staatsrath von Ehrenheim, ö. Präfidenten der Zweiten Kammer den Kaufmann lof Wijt und zum Vize⸗Präsidenten den Hofbesitzer Liß Olof Larsson ernennen.
Amerika. Vereinigte Staaten. Washington; 15. Januar. (A. C) * er heutigen Sitzung des Senats reserirte Sherman als Vertreter des Ausschusses für die aus⸗ wärtigen Angelegenheiten über eine übereinstimmende Resolution beider Häufer des Kongresses zu Gunsten eines Schieds⸗ gerichtes Behufs Beilegung der Differenzen zwischen den Vereinigten Staaten und anderen Natis nen, welche 36 durch diplomatische Mittel geschlichtet werden können. Die Resolution wurde ad acta gelegt. - Der Senat zog auch den mit Rußland geschlossenen Auslieferungsvertrag in Er⸗ wägung und sandte ihn n n an den Ausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten zurück.
Afrika. Egypten. Kairo, 17. Januar. (W. T. B.) Der Khe dive gab gestern Abend zu Ehren Stanleys ein Diner, zu welchem nur die Minister und eingeborene
Beamte gelaben waren. — Nach Meldungen aus dem Sudan soll dort in Folge der Dürre des vergangenen Herbstes eine er Hun gersnoth herrschen und die Sterblichkeit eine ehr bedeutende sein. Alle Ansammlungen von Krie—⸗ gern haben sich in Folge dessen zerstreut. Laut hier ein⸗ gegangenen Briefen von Slatin Bey entbehren die Gerüchte über den Tod des Khalifen aller Begründung.
Parlamentarische Nachrichten.
der heutigen (45.) Sitzung des Reichstages, welcher die Staatssekretäre Dr. von Boetticher, Dr. ö. Elan ö von Oehlschläger sowie andere Bevollmächtigte zum Bundes- rath nebst Kommissarien beiwohnten, stand an erster Stelle auf der Tagesordnung die erste Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend eine Postdampfschiffsverbin⸗ dung mit Ost⸗Afrika.
Abg. Dr. Bamberger meinte, daß die gegenwärtige Periode der Verhandlungen nicht mehr dazu angethan sei, diese Vorlage zu erledigen. Im Jahre 1885 habe der Reichs⸗ tag eine ähnliche Subventlons forderung für Ost⸗Afrita mit großer Mehrheit abgelehnt. Man scheine die Vor⸗ lage jetzt nur deshalb eingebracht zu haben, weil man fürchte, der künftige Reichstag werde sie gewiß nicht bewilligen. Die Erfahrungen mit der Samoalinie hätten von der Forderung einer ostafrikanischen Linie abhalten sollen; die Linie nach Korea habe man vernünftiger Weise erst gar nicht in Gang. gebracht. Die Gründe fur die Einstellung ostafrikanischer Schiffe seien dabei ganz dieselben, die man für Samoa und Korea vorgebracht habe. Die ö Meinung habe sich in keiner Weise für die ostafrikanische Linie ereifert; nur ein Meeting der deutschen Kolonialgesellschaft habe stattgefunden. (Schluß des Blattes.)
(Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reich s⸗
tages, der Bericht über die gestrige Sitzung des Herren⸗
hau ses sowie der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des
Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten bzw. Zweiten Beilage.)
Zeitungs ftimmen.
Ueber den dem Hause der Abgeordneten vorgelegten
Staatsh aus halts⸗Etat für 1890,91 und über die gestrige Rede des Finanz⸗Ministers schreiben die „Berliner Politischen Nachrichten“: Das Bild eines gewaltigen, in gedeihlicher Entwickelung befind⸗ lichen Finanzwesens ist es, welches die Etatsrede des Finanz ⸗Ministers von Schol; entrollt. In ersterer Hinsicht ist hervorzuheben, daß der preußische Staatshaushalt für 1890 91 trotz der geringen außerordent lichen Einnahmen aus dem Ueberschusse von 1888/89 von etwas über 4,5 Millionen Mark den Gesammtbetrag von 1591 Millionen Mark erreicht. Die Bedeutung dieser Summe wird klar, wenn man erwägt, daß der höchste bisher in Aussicht stehende Ueberschuß desjenigen des ö Jahres mit 80 Millionen Mark, nur 5 osoo der Etatssumme etrãgt.
Bie steigende Prosperität erhellt aus der Vergleichung der materiellen Jahresabschlüffe der letzten fünfjährigen Periode: 1885.86 noch ein Defizit von 12 Millionen Mark, von da ab trotz erheblicher Vermehrung der dauernden Ausgaben von 16 auf 50, 68 und So Millionen Mark steigende Ueberschüsse.
Unter den Faktoren, welchen dieses Ergebniß zu danken ist, liegen zwei wefentliche außerhalb des Rahmens der preußischen ö die Vermehrung der eigenen Einnahmen des Reichs und die allgemeine Hebung des Wohlstandes und des Verkehrs. Beide hängen ader doch sehr wesentlich mit der unter Preußens entscheidender Mitwirkung vorgeschlagenen und in Angriff genommenen Reicks⸗Steuer- und Follpolitik zusammen. Was die in dieser Periode im Reiche neubewilligten Steuern anlangt, so ist ihre Wirkung auf die preußischen Abschlüsse überdies insolern sehr wesentlich, als nicht weniger als 40 Millionen Mark auf Rechnung derfelben zu dauernden Mehrausgaben, darunter 30 Millionen zur Erleichterung der Schullasten, disponirt sind, während die höheren Ueberweifungen aus den Zöllen durch die ler Huene, auf Grund deren für das laufende Jahr den Kreisen 33 Millionen Mark in Aussicht sfiehen, für die Staatsfinanzen so ziemlich neutralisirt werden.
Der preußischen Finanzverpaltung. aber gebührt allein das Verdĩenst, durch die in naher Frist dem Akschluß ahe Umwandlung von rund 11 Milliarden Eifenbahn. Prioritäten in Konsols eine Ver, minderung des Bedarss zur Verzinsung der Staateschulð um jãhrlich beinahe 15 Millionen Mark herbeigeführt zu haben. Der Unstand, daß diese sehr umfangreiche, auch für die Uebersichtlichkeit der Finanz⸗ verwaltung fehr werthvolle Operation sich ohne jede Störung des Geld⸗ marttes und dez Staats kredits, fowie obne jede Verwigelung pollziehen konnte, legt beredtes Zeugniß ab sowohl für das feste Vertrauen, dessen der preußische Staat und sein Kredit genießt, als für die Geschicklichteit und Sachkunde seiner Finanzverwaltung. Noch nach einer anderen Richtung hat diese damit sehr er · hebl ich zur Erreichung des günftigen finanziellen Kesultats mitgewirkt, nämlich dadurch, daß sie selbst bei reichen Einnahmen und Ueber schüfsen streng an der Regel der Sparsamkeit bei der Etats · Aufstellung im Einzelnen fefigehalten hat. Auf diese Weise ist es gelungen, die vorhandenen Mittel nicht zu zersplittern, sondern sie zu größeren, im Intereffe des Staats dienlichen Maßnahmen zusammenzubalten. Dem strengen Festhalten an dem Grundsaßze strenger Sparsamkeit ist es zu banken, daß etwa 36 Millionen für die Erleichterung von Schullasten Verwendung finden können; ihm ist guch zu danken, daß der Etat von 1889/95 eine Reserve von 18 Millionen Mark und somit die Moglichkeit bietet, ohne Störung des Gleichgewichts im Staats. 6 zu einer weitumfassenden Erhöhung der Beamtengehaͤlter zu
reiten.
In einem Artikel der „National⸗Zeitung“ über den⸗ selben Gegenstand heißt ez;
Die Prüfung der Vorschläge zur Ausgabensteigerung im Ein⸗ zelnen bleibt vorbehalten. Baß ein Etat, welcher nach den großen, dauernden Mehraufwendungen der letzten Jahre noch diese weiteren Vorschlaͤge gestattet, kein ungünstiger ist, wird unbestreitbar sein. Hr. von Scholz hat auch durch Hervorhebung seiner Ueberzeugung, daß die indirekten Reichs einnahmen fernere Steigerungen der Erträge hoffen faffen, bestätigt, was wir zur Thronrede in dem Sinne bemerkten, daß den zur Vorsicht mahnenden Momenten doch auch solche gegenũber⸗ stehen, welche eine weitere günstige Gestaltung des preußischen Etats erwarten laffen. Aber wenn wir hieran festhalten, wollen wir doch keineswegs die Mahnung zur Vorsicht bestreiten. welche der Herr Mtinister in gewiffen Umständen findet: es ist unleugbar, daß die stark gestiegenen Einnahmen aus den Eisenbahnen, den Stempelabgaben, den Forsten 2c. sich sehr beträchtlich vermindern könnten, sobald der jetzige Aufschwung der wirtbfchaftlichen Thätigkeit wieder nachließe, und ' die Uebernahme erheblicher bleibender Mehrausgaben auf den Etat, resp. der Verzicht auf Einnahmen könnte sich dann bedenklich rãchen.
Zu der Th ronxr ede bemerkt die „Kölnische Zeitung“:
Bie von dem Vize ⸗Präsidenten des Staats. inisteriums bei Eröffnung des Landtages verlesene Thronrede hat die Vorherverküͤn ⸗˖
digungen über eine ziemlich inbaltlose Sitzung als irrig erwiesen. Abgeschen von dem thüringischen Zoll., und Handels vertrage und einem Gefetz uber die Koften der freiwilligen Gerichtsbarkeit wird auch ein Gesetz zur Einführung der Rentengüter und zur Durchfũhrung der Steuerreform die Tbätigkeit der Abgeordneten in Anspruch nebmen. Sg erfreulich, wie die Mittheilung über die guten auswärtigen Beziehungen ist, so erfreulich ist auch die Absicht, Verbesserungen der Beamtenge hälter, namentlich in den unteren und mittleren Stufen, im nächsten Gtat zur Durch⸗ führung zu bringen. Besonders ist es aber mit Genugthuung zu begrüßen, daß die Bebauptung als unrichtig sich berausgestellt hat, man werde biese Session wiederum vorübergehen lassen, ohne die Reform der direkten Steuern zu fördern. Zwar wird in der Thron⸗ rede nur gesagt, eine Voölage über diesen Gegenstand sei in Vor⸗ bereitung, aber nach den im Vorjahre gegebenen Zusagen ist zu erwarten, daß diese Verbereitung möͤglichst rasch abgeschlofsen wird. Ueber die Einzelheiten des Gesetzes läßt sich nicht eher reden, als bis dasselbe vorliegt; richtig ist indessen, daß sowobl die Ueberweisung der Realsteuern an die Kommunalverbände als auch die Reform der Einkommensteuern dringlich ist. .. Die Eröffnung des Landtages wurde auch mit Recht, dazu benutzt, um der Arkeiter. bewegung gegenüber den bisher innegehaltenen durchaus richtigen Standpunkt noch einmal zu betonen, nämlich möglichste Fürsorge für dĩe Arbeiter, aber auch unbedingte Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung. Man kann erwarten, daß die letzten Worte der Thronrede sich bewahrheiten und im vertrauensvollen Zusammen⸗ wirken zwischen Landtag und Regierung wichtige, inhaltreiche Maß⸗ regeln ergriffen werden.“
Bezüglich des Passus der Thronrede betreffs der Renten⸗ güter heißt es im „Hannoverschen Courier“:
»Als ein sehr großer Segen für unsere landwirtbschaftliche Arbeiterbevölkerung wird sich, die Einführung des Rechtẽeinstituts der Rentengürer sicherlich bewähren; die Erfahrungen, die mit dieser Einrichtung in dem Geltungsbereich des Ansiedlungs— gesetzes für Posen und Westpreußen gemacht worden, sind, be— rechigen zu den besten Hoffnungen; ganz im Gegensatz zu den freisinnigen Uebertreibungen, welche in der Einführung des Instituts der Rentengüter den Beginn einer neuen Art Hörigkeit seben, erwarten wir von dem in Aussicht gestellten Gesetzentwurfe, deffen Ankündigung schon inn Weißen Saale mit Beifall aufgenom- men wurde, nicht bloß eine Beseitigung des jetzt namentlich im Osten viel beklagten Arbeitermangels, der Sachsengängerei und eine größere Seßhaftigkeit unserer ländlichen Bevölkerung, sondern auch eine er⸗ hebliche Besserung der Lage der landwirthschaftlichen Arbeiter und eine Kräftigung unseres Bauernstandes.“
3 aber die Thronrede äußert sich die Londoner,Morning D ö
„Die gegenwärtige Thronrede“, bemerkt das konservative eng lische Srgan, „ist voller innerer Pläne, welche das direkte Ergebniß jenes Prinzips konstitutionell er und auch in großem Maßstabe persön⸗ licher Monarchie find, Kraft welcher das Königreich Preußen eine gegenwärtige Lage einziger Stärke in der inneren Konsolidirxung erkangt hat. Die Maßregeln, welche darin angedeutet sind, sind keines ⸗ wegs dazu angethan, den Exponenten der unverfälschten Demokratie, welche in Frankreich hergestellt worden ist und die in zewissen Kreisen für England g-wünscht wird, zu gefallen. Gleichwohl ist der Fort⸗ schritt in Preußen keineswegs im Stocken. Preußen als eine Nation löst feine inneren Probleme langsam und fast schweigend. Dieselben mögen auf die Länge sich eher mehr als weniger heilsam und dauernd erweisen, weil sie nach einer den nationalen Verhältnissen angepaßten Methode herbeigeführt worden sind.“
Die „Conservative Correspondenz“ stellt den Kampf gegen die sozialdemokratische Umsturz⸗ partei als eine Hauptaufgabe der bevorstehenden Wahl⸗ bewegung hin:
Wer auch nur ein Haus von wenigen Metern im Geviert oder eine kleine Scholle Land fein eigen nennt und als freier, selbständiger Mann zu eigen behalten will, wer immer sich durch Fleiß und Talent zum Herrn eines sel bständigen Betriebes durchgearbeitet hat oder sich müht und sich Entbehrungen auferlegt, damit er den Seinigen nach seinem Tode eine Summe zu eigenem Besitz hinterlassen kann, die ihnen eine sorgenfreie Existenz sichert, sollte fühlen, daß dieser Kampf ihn wie kein zweiter angeht und auf welcher Seite er natur gemãß als Partei steht. Speziell unser ganzes im Erwerbsleben tbätiges Bürgerthum weiß allmählich aus zahllosen Erfahrungen der jũngsten Zeit zur Genüge, daß unser von der Sozialdemokratie ge⸗ gängelter Arbeiterstand nicht nach einer vernünftigen Gleichherechti. gung, sondern nach der Herrschaft strebt, nach einer das Gewicht und die Kö des Arbeitgebers völlig auslöschenden Herr⸗ schaft in den Werkstätten und Fabriken, nach der Herrschaft in unserm ganzen öffentlichen Leben, Dieses Bürgerthum, gleichviel, zu welcher Partei es sich bisher gehalten hat, sollte also auch fühlen, daß, wer mitten in ginem Streit von so grimmigem Ernst und von so tief greifender Bedeutung, an dem Vorabend eines Entscheidungskampfes, bei dem es sich um die Frage der Erhaltung der Grundlagen seines ganzen wirthschaftlichen Wesens handelt, sein Überwiegendes oder aus⸗ schlleßliches Interesse fär einen mäßigen Preisaufschlag des Schweine fleischeß in Änspruch nehmen will oder ihm etwas von angeblich bedrohten Wablrechten, die Niemand antastet, vordeklamiri, im ünstigsten Falle Narrenspossen treibt. Wenn Burschen mit brennenden 9 rings ein Haus umstehen, das sie in Brand setzen wollen,
würde der 1 für nicht seines Verstandes mächtig gelten, wenn
er nicht alle feine Gedanken auf, die Abwendung der dringenden Gefahr richten und sich in eben diesem Augenblick um den Bau einer Treppe oder den Preis cines Hausgeräths streiten wollte. Dieses thörichte Verhalten aber ist genau das, zu welchem der Freisinn seine Anhänger bereden will. Im gegenwärtigen Augenblick können alle An hänger der bestehenden Staats- und Eigenthumsordnung, soweit sie Anspruch auf ein vernanftgemäßes Handeln erheben, nur eine Aufgabe kennen: die Aufrichtung fester Schutz däm me gegen die heranfluthende Sozialrevolution. Wer den Blick des Wählers auf andere ßhrgen hinlenken und ihnen eine überragende Bedeutung beilegen will, wer zwischen denen, welche jene Aufgabe fest ins Auge fassen, den Hader schürt, kann, er gehöre einer Partei an, welcher er wolle, nur eins von beiden sein: ein beschränkter Politiker mit stumpfem Blick für die Scala der Bedürfnisse jeder Periode oder ein armseliger Patriot.“
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Der Schles. Ztg.“ wird berichtet, daß fast auf allen ober⸗ schlesischen Gruben eine Lohnaufbesserung der Arbeiter stattgefunden habe; die Einführung der achtstünzigen Schicht sei dagegen nicht überall möglich. So ist die graflich Hugo Henckel iche Verwaltung nicht in der Lage, guf der Stein kohlengruhe Radzionkau. sofort die verkürzte Arbeirsschicht einzuführen, weil sie noch auf 26. Jahre hinaus kontraktlich verpflichtet ist, ein bestimmtes Kohlenquantum für einen Hauptabnehmer zu liefein. Die abge⸗ schlossene Kohlenmenge würde man bei der verkürzten Schicht nicht fördern können. Dagegen gewährt diese Gewerkschaft ihren Arbeitern andere, recht ansehnliche Verguͤnstigungen. Die den Bergleuten für den eigenen Bedarf , , . Freikohle ist um ein Bedeutendes er högt worden; Speise kartoffeln werden für die Hälfte des Preises an die eigenen Arbeiter abgelaffen; diesen ist zugleich Ge⸗ legenheit geboten, für einen sehr niedrigen i, herrschaftlichen Acker zu pachten. Auch in anderer Beziehung ist die Verwaltung bemüht, den Wünschen ihrer Arbeiter zu entsprechen.
In einer Correspondenz der Madbg. Ztg.“ aus dem ob er⸗ schlesischen Bergwer ksrevier wird nach einem in Schlesischen Blättern in gleichem Wortlaut veröffentlichten Artikel auf den
schlimmen Einfluß, den der Zwischenhandel auf die Höhe des Arbeits! hnes hat hingewiefen. Die großen Bergwerks. befizer hätten. dennoch auf längere Zeit (angeblich auf drei, bis vier Jahre ihre gesammte Jahres produktion an Zwischenhänd lex in General ⸗Entreprise. verkauft, und zwar zu den vor der Ausstandszeit üblichen billigen Kohlenpreisen, Die ganze Steigerung der Kohlenpreise während und nach dem Ausstand sei demnach ausschließlich den Zwischenhändlern zu Gute gekommen, die Millonen verdient haben sollen. Diesen Zwischen bändiern gegenüber seien die Grubenbesitzer wie die Bergleute, die Arbeitgeber wie die Arbeitnehmer in Oberschlesien übel dran.
In Ham burg ist ein Strike der Heizer und Trimmer der im Hafen liegenden Hamburger Dampfer ausgebrochen. Die Veranlaffung gab, einer Meldung des Wolff schen Bureaus- zufolge, die beabsichtigte Herabsetzung der Heuer von 85 auf 75 ς — Elberfeld haben wie dem Dtsch Table berichtet wird, einige So Böttchergeselllen einer dortigen Fabrik die Arbeiteingestellt, weil jene Fabrik für einen Faßfabrikanten in Kassel, der von den Böttchergesellen nach Ausbruch des allgemeinen Ausstandes in Acht und Bann gethan war, Lieferungen gemacht haben soll. — Unter den Sattlern der Artilleriewerkstatt in Spandau ist nach dem Anz. f. d. Savell. ein Ausstand ausgebrochen; nicht ausreichende Be—⸗ schäfligung und zu geringer Lohn werden als Ursachen angegeben.
Aus Brüssel meldet . W. T. B.“, daß in der Umgegend von Charleroi der Strike neuerdings wieder in mehreren Kohlen⸗ gruben ausgebrochen sei. ;
Der „Magdeb Ztg.“ wird aus Brüssel berichtet, in dortigen sozialistischen Kreisen verlaute, daß der internationale Berg⸗ manns-Kongreß im Juni in der hennezauischen Industriestadt Jolimont tagen werde. An demselben werden die Vertreter der deutschen, französischen, belgischen, englischen und österreichiichen Berg⸗ leute Theil nehmen. Als Vorsitzender sei der Reichstags-Abgeordnete Bebel in Aussicht genommen.
Kunft und Wissenschaft.
Em in Pascha hat, W. T. B. iufolge, der philosophischtn Fakultat der Universität Königsberg zelegrarhisch seinen Dan für seine Ernennung zum Ehren-⸗Doktor ausgesprochen.
Handel und Gewerbe.
Nach einer Bekanntmachung des Königlich schwedischen Kommerz-Kollegiums vom 3. d. M. darf die Einfuhr seewärts von Hornvieh, Schafen, Ziegen und anderen Wiederkäuern sowie von Thieren des Pferdegeschlechts über . Städte stattfinden: Helsingborg, Hernösand, Kongelf, Landskrone, Lulea, Malmö, Stockholm und Sundsvall.
— Die Zeichnung auf die Loose zur ersten Klasse der Lotterie zur Beschaffung der Mittel für die Nieder⸗ legung der Schloßfreiheit ist, wie. V. T. B. meldet, an saͤmmtlichen Berliner Subseriptionsstellen heute geschlossen worden. — Von den in der Provinz etablirten Zeichenstellen sind nach den bis jetzt vorliegenden Nachrichten die Stellen in Frankfurt a. M. Königs⸗ berg i. Pr. und Stettin gleichfalls geschlossen. .
— Die von der Generalversammlung der Aachen⸗Höngener Bergwerks-Aktiengesellschaft gewählte Kommission bietet der Vereinigungs⸗Gesellschaft für Steinkohlenbau im Wurmrevier die Höngener Gruben zu 40* in Wurmrevier⸗Aktien mit Diridendenberechtigung vom 1. Juli d. J und 100js0 in Baar an. Ueber die Annahme des Verkauf sanerbietens wird der General-= rath der Vereinigungs⸗Gesellschaft: am 21. 8. Enscheidung treffen.
— Die nächste Börsen⸗Versammlung zu Essen findet am 24. Januar im „Berliner Hof“ statt.
— Aus Madrid meldet W. T. B.“, daß sich immer mehr Mangel an Gold zeige.
London, 16. Januar. (W. T. B.) An der Küste 2 Weizen ladungen angeboten.
Bradford, 16 Januar. (W. T. B] Wolle ruhig, williger, Lustre 1 4. unter höchstem Preis, Garne ruhig, für Stoffe ziem⸗ licher Begehr.
Verkehrs ⸗Anstalten.
Hamburg, 16. Januar. (W. T. B). Der Postdampfer Hungaria“ der Ham burg ⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ Aftiengesellschaft hat, von New Jork kommend, heute Mittag Lizard passirt.
London, 16. Januar. (W. T. B) Der Castle-Dampfer „Grantuliy Castle“ ist gestern auf der Heimreise von Capetown abgegangen, der Castle⸗Dampfer Hawarden ECastle“ hat beute 'auf der Heimreise Madeira passirt, der CFastle⸗ Dampfer Pembroke Castle. hat gestern auf der Augreise die Cangrischen In feln rassirt, der Castle⸗ Da mpfer „Warwick Castle“ ist gestern auf det Heimreise in London an⸗ gekommen. ;
— 17. Januar. (W. T. B) „ Der Union⸗Dampfer „Spartan“ sst gestern auf der Austeise in Capetown ange⸗ kommen.
Theater und Mufik.
Lessing ⸗Tzeater. .
„Vie Geigenfee“', ein dreiaktiges Lustspiel von Hang Qlden und Paul' von Schönthan, gelangt als nächte NRovität am Mittwoch, den 3X2. d. MN. zur ersten Aufführung. Die Inseenesetzung des Stückes wird von Hrn. Direktor Anton Anno geleitet.
Wallner ⸗ Theater. ö
Uebermorgen findet die letzte Sonntags :- Aufführung des von Moser schen Lustfpiels „Ultimo statt, dessen bisherige Vorstellungen sich sehr zahlreichen Besuches und beifaälligster Aufnahme erfreuten.
Friedrich ⸗Wilhelmstädtises Theater.
Carl Millöcker? s neue Operette Der arme Jonathan“, welckẽ in Wien vor Kurjem mit bestem Erfolge aufgeführt worden ist, ging gestern in unserm Friedrich Wilhelmstaͤdtischen Theater zum ersten Mal in Scene und fand hier eine ebenso freundliche Aufnahme, zu welcher fast gleichmäßig die gefällige Musit, das guasprechende Libretto und die beifalle würdige Darstellung beitrugen. Der Inhalt des Textbuchs, welches von Hugo Wittmann und Juliug Bauer herruhrt, ist unterhaltend, ohne, zu Uebertreibungen zu, greif. mig er — etwas Seltenes bei Operetten — sogar einen fütlichen
ern ein. ;
genuß übersattigt, feinem inbaltlosen Dasein ein. Ende machen; kin entscheidenden' Moment trifft er auf einen andern Mann, den armen Jonathan“, welcher seiner Armuth wegen denselben Schritt thun will. Da entsteht in Vandergold der Gedanke, es einmal als armer Mann auf dieser Erde zu versuchen; er schenkt seine Reich= thümer dem armen Jonathan und wird ein lebenslustiger, fröblicher Gesell, als er den Segen der Arbeit kennen lernt. — Dag Libretto erhebt fich über den gebräuchlichen Operettenunsinn sowobl in der seenischen Anlage, wie in der Form des Dialogs; gesuchte Wortspiele, wie sie sonst oft in aufdringlicher Weise den Textbüchern eigen, sind hier vermieden; dabei ist die Spracht zumeist vornehm und die Verse find giatt und gefällig. Millöckers Musik, die sich in den ge. wohnten Bahnen bewegt, aber doch einige rhythmisch 3 Erhästtal Yrigtnelle Rünmmern aufwelst, rie wiederholt i mifcken Beifall hervor; besonderg weisen das Lied des argen nathan und das Lied der Harriet. Willst Du, mein Liehf wicher auf die reiche Erfindungsgabe des Komponisten hin and freuen durch die glatte und leichtflüässige Melodik ebensosebt wie
bie feinfinnige orchestrale Begleitung; ferner dürfen das * Horch die Hauskapelle spielt', welches von Frl. Stu bel und rn. Pan no mufterhaft vorgetragen wurde, das „‚Impresariolied“ des
D — 2 1 2 2
Ein reicher Amerikaner Vandergold will, vom blohen Lebens