1890 / 21 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 22 Jan 1890 18:00:01 GMT) scan diff

der Land und tete endlich über die Ver⸗ 3 83) y ir nen he, ed. für das

genannle Rechnungsjahr.

In der Ersten und Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeiger s“ befindet sich eine Bekanntmachung des Reichskanzlers über die während des ,, 1888/89 von den zuständigen Central⸗ behörden approbirten Aerzte, Zahnärzte, Thierärzte und Apotheker.

Das Uebun 1 bestehend aus S. M. Panzerschiffen „Kaiser“ (Fiaggichifff. „Deutschl and „Friedrich der Große“ und „Preußen“ Geschwader⸗ Chef Contre⸗Admiral Hollmann, ist am 50. d. M in Smyrna eingetroffen. S. M. Kreuzer⸗Korvette, Irene“, Kommandant Kapitän zur See Prinz Heinrich von P ö. . Königliche Hoheit, ist am 20. d. M. in Jaffa ein⸗ getroffen.

Vayern. München, 21. Januar. Der Geburtstag des Deutschen Kaisers wird, wie die „Allg. Ztg. meldet, in den bayerischen Garnisonen durch Beflaggung der Kasernen und sonstigen . durch Festessen der Offiziere und Unteroffiziere und Menagezulagen der Mannschaften gefeiert. Die bayer. schen Truppen, welche mit Königlich preußischen in einer Garnison stehen, begehen den Tag wie diese, durch Festgottesdienst, Parade ꝛc. . ;

Das Finanz-Ministerialblatt veröffentlicht eine Bekanntmachung, die am 1. Januar d. J. erfolgte Ver⸗ einigung der Gemeinde Neuhausen mit der Haupt- und Residenzstadt München betreffend.

Sachsen. Dresden, 21. Januar. Se. Majestät der König stattete, wie das „Dresd. Journ.“ mittheilt, heute , der verwittweten Frau Minister von Könneritz einen Besuch ab, um derselben Allerhöchstfeine Theilnahme an dem Tode ihres Gemahls auszusprechen.

Hinsichtlich des bevorstehenden Geburtstages Sr. Maßjestät des Kgisers verlautet, daß die Feier desselben, dem Wunsche des Königs zufolge, in der bisher üblichen Weise und nur unter Ausschluß von Musik stattfinden soll. Die Trauer wird für diesen Tag abgelegt.

Das amtliche „Dresd. Journal“ widmet dem verstorbenen Staats⸗Minister . von Könneeritz einen sehr warmen Nachruf, in welchem es heißt: .

„Hatten ihm schon seine früheren Stellungen, ebenso wie eine mehrmonatliche Verwendung al deutscher Civilkommissar in Metz und Orleans während des Feldzuges 1870,‚71 und der darguf folgen⸗ den Okkupation Gelegenheit geboten, seine hervorragende Befähigung für den Verwaltungedienst, seine Geschäftsgewandtheit und sein seltenes Geschick, Gegensätze auszugleichen und entgegenstebende Interessen mit einander zu vermitteln, in reichem Maße zu bethätigen, so gelangte seine besondere Begabung für die finanziellen und wirthschastlicken Seiten der Staatsverwaltung doch erst dann in vollem Um ange und in segensteichster Weise zur Geltung, als ihm Se. Majestaͤt der König nach dem Rücktritte des Freiherrn von Friesen vom 1. No = rember 1876 ab unter Ernennung zum Staats⸗Minister die Leitung des Finanz ⸗Ministeriums übertrug. Mit einer staunenswerthen Arbeitskraft und dem ihm. eigenen rastlosen Eifer, unterstützt durch eine ungemein leichte und schnelle Auffaffung, ein fast unfehl⸗ bares Gedächfniß, eine genaue Kenntniß des Landes und ein lebhaftes Intereffe für alle gewerblichen und technischen Fragen, gelang es ihm in kurzer Zeit, die weiten und unter sich so verschieden⸗ artigen Geriete seineg Ressorts in einer Weise zu beherrschen, welche die ungetheilte Bewunderung Aller erregte, die mit ihm in ge schäftliche Berührung kamen. Zu einer Zeit wirthschaftlichen Nieder⸗

anges und schwieriger Erwerbeverhältnisse an die Spitze der . berufen, wußte er durch glückliche Entwicklung der Einnahmequellen und durch weise Beschränkung der Ausgahen die sächsischen Staatsfinanzen bereits zu einem Zeitpunkte, zu welchem die meisten deuischen Stagten mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen katten, in günstigere Bahnen zu lenken und der Blüthe entgegen zuführen, welche die dermalige Lage. des. Staatshausbalts kennzeichnet. Namentlich erwies sich hierbei, die bald, nach der Ülebernahme des Minifteriumß. von ibm in Angriff genommene Durchführung und Revision der bereits von seinem Vorgänger begonnenen Neugestaltung der direkten Besteuerung von ersprießlichstem Erfolge. Nicht minder hat die vom Minister von Könneritz durch Fortsetzung der Ankäufe von Privatbahnen und durch Anlegung neuer Linien, insbesondere durch den Bau von Sekundär⸗ babnen rasch und energisch geförderte Erweiterung und Verdichtung des sächsischen Staatseifenbahnnetzes für die Hebung des Ver kehrs und damit für die Erhöhung der Staatseirnab= men Bedeutendes geleistet. Unterstüßzt durch die vom Reich unter seiner thaätigen und stets auf die Wahrung berechtigter sächsischer Interessen bedachten , ins Werk gesetzte Reform der indirekten Steuern, sah sich Minister von Könneritz auf diese Weise im Stande, nicht allein den Bestand der Staats forsten, denen er sein besonderes Interesse entgegenbrachte, durch namhafte Ankäufe zu er. weitern, sondern auch durch die Erwerbung der Freiberger Erzgruben die Lage der dortigen Bergarbeiter bevölkerung sicherzustellen, durch Ueberweisung eines Theiles der Grundsteuer die nölhigen Mittel zur Entlaftung der Schulgemeinden zu beschaffen und durch Aufkebung des Chausseegeldes eine vielfach lästig empfundene Erschrerung des Verkehrs zu beseitigen. Rechnet man hierzu die Einfübrung? des Staatsschuldbuchs, die Umgestaltung der ãußeren Form des Staat dhaushalis⸗Etats, die Neuorganisation der Hochbauperwaltung., die Anlegung neuer Straßen und des großen Winter. und Verkehrsbafens in Riesa. eine große Anzahl anderer Anlagen von geringerer Bedeutung, die Theil nahme an allen wichtigeren Maßregeln auf dem Gebiete der Landes. und Reichs. esetzgebung, fo ergiebt sich ein Bild so umfassender und vielseitiger bällgkeit, wie fie nur Wenigen vergönnt ist. Ihre Früchte, die jeßt schon dem Lande in reschem Maße zu Gute kommen, sichern der Finanzverwaltung des Ministers von Könneritz einen dauerndtn Ehren⸗ platz in der Geschichte unseres sächsischen Staatslebent. . Beide Kammern hielten heute Sitzungen ab. Die Sitzung der Ersten Kammer eröffnete der Präsident von ehm en mit einer AÄnsprache, in welcher er des verstgrbenen Finanz ⸗Ministers von 2 mit warmen Worten gedachte. Die Kammer erhob sich hierauf einmüthig zum chrenden Andenken an den' Verstorbenen von ihren Plätzen. Alsdann nahm die Kammer dur den Bürgermeister BVeutler die Ramens der vierten Deputation erfolgende Anzeige über die Unzulässigerklärung, einiger Beschmer— den entgegen und beschloß fodann einstimmig und ohne Debatte auf Antrag der dritten Deputation, dem Landtags⸗ ausschusse zur Verwaltung der Staatzschulden nach Justimming der Zweiten Kammer und im Verein mit dieser rücksichtlich der von demselben über die Verwaltung auf die Jahre 1856,57 abgelegten Rechnungen Ju stif ika tion s⸗ schein zu ertheilen. i.

In der Zweiten Kammer widmete der Präsident Pr. Haberkorn dem verstorbenen Minister von Könneritz einen ehrenden . Hierauf beschloß die Kammer den

Antrag der Abgg. Bebel und Gengsfsen auf Befreiung ber im Staais betriebe befchäftigten Arbeiter ꝛc.

von der Zahlung der gesetzlichen Kranken-, In va li⸗ dität⸗ 3g r nn,, ,, dem An⸗ trage der Finanz Deputation A. entsprechend, gegen 7 Stimmen auf sich beruhen zu lassen, worauf der Berg⸗, Hütten⸗ und Nünz⸗Et at, Kap. 8 15 des ordentlichen Staats haut= halts Etats, mit geringfügigen, zwischen der Regierung und der Finanz⸗Depuiation A vereinbarten Aenderungen Ge⸗ nehmigung fand. Den letzten Gegenstand der Tagesordnung bildete die allgemeine Vorberathung des Antrages der Abgg. Bebel und Genossen auf Beseitigung der durch §§. 5 und 76 des allgemeinen Berggesetzes vor⸗ geschriebenen Arbeitsbücher der Bergarbeiter. Nach ausführlicher Begründung des Antrages durch den Abg. Stolle (Gesau), welcher durch Anführung zahlreicher Bei⸗ spiele zu beweisen sich bemühte, daß die rbeits bücher zu Kontrolbüchern gemißbraucht worden seien, erklärte der Vize⸗ Präsident Streit die einfache Abschaffung des angefochtenen Paragraphen für unmöglich mit Rücksicht auf die dem Berg⸗ werkbesitzer auferlegte schwere Verantwortlichkeit, welche bedinge, daß dem Bergarbeiter ein gewisses Vertrauen geschenkt werden müsse; erachtete jedoch Aenderungen der Vorschriften über die zu ertheilenden Zeugnisse für möglich und wünschenswerth in der Richtung, daß der Eintrag auf Zeit und Eigenschaft der Arbeit sich beschränke. Abg. von Oehls ch lägel erklärte sich für Beibehaltung der Arbeitsbücher, auch der Zeugnisse über das Verhalten im Interesse der Disziplin, welche heim Berg⸗ bau herrschen müsse. Nachdem noch die Abgg. Buchwald und Wetzlich in demselben Sinne sich ausgesprochen hatten, wurde der Antrag der Gesetzgebungsdeputation überwiesen.

Württemberg. Stuttgart, 290. Januar. Se. Ma⸗ jestät der König hat auf die Anzeige vom; Ableben des Höchstihm persönlich bekannt gewesenen Professors der Theologie, Wirklichen Geheimen Raths Dr. Carl Aug, von Hase, in Jena, dessen Hinterbliebenen , aufrichtige Theilnahme an dem erlittenen Verluste aussprechen lassen.

Baden. Karlsruhe, 20. Januar. (Karlsr. Ztg.) In der Zweiten Kammer brachte heute der Präsident nach Erledigung der Berathung über die Interpellation Muser (siehe Nr. 14 des „R. u. St. A.“. das nachstehende Aller⸗ höchste Antwortschreiben Sr. Königlichen Hoheit des Groß⸗ herzogs zur Kenntniß des Hauses:

Mein lieber Herr Geheimerath Lamey!?

Die Zweite Kammer hat mir Lurch Ihre Vermittelung eine sebr wertße Beileidsadresse zukommen lassen. Die Großherzogin und ich sind für diesen erneuten Beweis treuen Mitgefühls an unserm großen Schmerz, um den Verlust einer ge— liebten Mutter recht innig dankbar. Der wohlthuende Aus- druck treuer Theilnahme bewegt unsere Herzen recht innig und erinnert uns an so manche Kundgebung treuer Liebe, bei den mancherlei Anlässen tiefer Trauer, an welcher sich die Zweite Kammer stets so mitfühlend betheiligte. Wir schätzen diese Theilnahme in ihrem ganzen Werthe und erwidern die treue Gesinnung derselben mit den warmften, Wünschen für das Wohlergehen des Volks und seiner Vertreter! .

Möge das Gedächtniß der hochseligen Kaiserin Augusta noch lange Jahre als ein gesegnetes in unserer lieben Heimath verehrt

werden. . . Wir bitten Sie, der Zweiten Kammer unsere herzlichste Dank⸗

barkeit sür den so werthen Ausdruck ihrer Beileidsadresse zu über⸗

itteln. ö Ihr wohlgeneigter

Friedrich. Berlin, den 18. Januar 1890.

Braunschweig. (.) Braunschweig, 21. Januar. Se. Königliche Hoheit der Regent, Prinz Albrecht, wird sich am Donnerstag bei der Beisetzung Sr. Durchlaucht des verewigten Für sten Georg zu Schwarzburg in Rudolstadt durch den Herzoglichen Kammerherrn Freiherrn von Münch— hausen vertreten lassen.

Sachsen⸗Meiningen. Meiningen, 20. Januar. (Ger. Zig. Der Landtag hat den gesammten Staats⸗ haushalts-Etat mit dem Finanzgesetz angenommen. Für Erweiterungsbauten des Sonneberger Amtsgerichts wurden S4 000 , zur Erhöhung des Gehalts der Amtsverwalter 1500 MS und zu weiteren Funktionszulagen für Oberförster S000 S6 bewilligt. Für die Landeskirche belaufen sich die Ausgaben auf 10s 140 S; 10000 M davon sind bestimmt, die im Lande noch mit einem Einkommen ven unter 1800 40 befindlichen Pfarreien finanziell bis zur Gewährung eines solchen Minimalgehalts aufzubessern.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 20. Januar. (Cob. Ztg.) Der Landtag des Herzog thums Coburg trat heute hier zusammen. Unter den dem Landtage gemachten Vorlagen ist der Gesetzentwurf, betreffend die Herabsetzung des Zinsfußes der 4proz. Anleihe vom Jahre 1881 auf Zi /e Proz., hervorzu⸗ heben. Danach sollen die 4proz. Coburger Staaisschuldbriefe in eine 3i / wproz. Staatsschuld umgewandelt werden und zwar der⸗ gestalt, daß diejenigen Schuldbriese, welche von den Inhabern innerhalb einer denselben zu bestimmenden Frist dazu angeboten werden, durch Abstenipelung der, Hauptpapiere und Ausgabe neuer Zinsscheine auf einen 3! / proz. Zins⸗ fuß herabgesetzt werden. Zur Tilgung der nicht zur Umwandlung gelangenden 4proz. Schuldbriefe sollen 3i/ͤ proz. Schuldbriefe in dem . erforderlichen Betrage ausgegeben werden. Die übrigen Vorlagen betreffen die Erhebung des Malzaufschlags im Amtsbezirk Königsberg und die Uebertragung der kassenmäßigen Geschäfte des hiesi⸗ gen Herzoglichen Domanenamts an die Herzogliche Staats kasse. Die ersigenannte Vorlage wurde der Finanzkommission über⸗ wiesen, für die beiden anderen sollen besondere Kommissionen gewählt werden.

Anhalt. Dessau, 21. Januar. Wie der „Anh. St.⸗A.“ hört, wird der Anhaltische Landtag zum 160. Februar ein⸗ berufen werden.

Echwarzburg⸗Rudolstadt. Ru dolstadt, 21. Januar. 8 olst. Lds.-3tg.) Die irdischen Ueberreste Sr. urchlaucht des Fürsten Georg werden Mittwoch, den 22. d. M., Nachmittags von 4 bis 6 Uhr, in der Stadtkirche ausgestellt werden. Den Dienst hierbei haben die Fürstlichen Kammerherren und die Offiziere der beiden Truppentheile, deren Chef der Verblichene war. Die . erfolgt in der Fürstlichen Gruft im Thurm der Stadtkirche am Donnerstag, den 25. d. M., Mittags 12 Uhr, Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin Maxie von Mecklenburg-Schwerin ist mit der Prinzessin

Elisabeth hier eingetroffen. Von weiteren Fürstlichkeiten sind bis jetzt angemeldet: Se. Königliche Hoheit der Groß—

herzog von 6 der ö Sr. Durchlaucht er

des verewigten Fürsten, und Se. Ho

rbprinz von Sachsen⸗Meiningen.

Oesterreich⸗ Ungarn. Bu d ap est, 21. Januar. (W. T. B.) Im Unterhause erklärte heute auf eine . bezüglich der Lieferungen der ungarischen Waffenfabrik der Landesvertheidigungs⸗Minister Freiherr von Fejervary: die Waffenfabrik habe in Folge gewisser Schwierigkeiten der ver⸗ e,, . Verpflichtung bezüglich der Lieferung einer be⸗ stinimten Anzahl Gewehre nicht entsprechen können und eine Verlängerung der gesetzten Frist verlangt. Er wolle mög- lichst schonend vorgehen und hoffe, die Waffenfabrik werde ihrer Verpflichtung bald nachkommen können. Da es sich jedoch darum handele, die ungarische Landwehr in kürzester Zeit mit den neuen Gewehren auszurüsten, da⸗ mit im Falle einer Mobilmachung für die Armee kein Nach⸗ theil erwachse, so müsse er sich, wenn bezüglich der Aus⸗ rüstung der Landwehr Schwierigkeiten entstehen sollten, die dazu nöthigen Gewehre wenigstens theilweise anderswo sichern. Das Budget für das Ministerium der Landes⸗ vertheidigung wurde hierauf erledigt und die Berathung des Budgets für das Unterrichts⸗Ministerium be⸗ gonnen. Rei der Debatte gab der Minister Csaky unter allgemeinem Beifall eine Darlegung der verschiedenen Reformen im Unterrichtswesen. Für die katholischen Lehrer⸗Bildungs⸗ anstalten werde ein Noörmativ mit Vermeidung jeder über⸗ flüssigen Verletzung der konfessionellen Autonomie demnächst eingeführt werden. Der Minister sprach sich ferner für die einheitliche Mittelschule aus und verwies auf die bereits durchgeführte Reform des Landes-⸗-Unterrichtsraths, er beab— sichtige statt der bisherigen , , eine allgemeine Unterrichtstaxe einzuführen und stellte schließ lich einen Gesetz⸗ entwurf in Aussicht, wonach die für den Bau von Volks⸗ schulen bestimmte Summe um 200 000 Fl. zu erhöhen wäre.

Großbritannien und Irland. London, 21. Januar. (W. T. B.) Die Leiche des Feldmarschalls Lord Napier of Magdalna wurde heute früh vom Tower nach der St. JJ übergeführt, um dort zwischen den Särgen Nelson's und Wellington's beigesetzt zu werden. In dem feierlichen Zuge marschirten zahlreiche Truppen aller Waffengattungen; auf dem ganzen Wege vom Tower bis zur Kathedrale hatte eine dicht gedrängte Menschen⸗ menge Spalier gebildet. Als der Sarg bei der Kathe⸗ drale anlangte, wurde er von dem Prinzen von Wales, dessen Sohn, dem Prinzen George, und dem Herzog von Cambridge, welcher als Vertreter der Königin er⸗ schienen war, empfangen. Sämmtliche Prinzen hatten große Uniform angelegt. Die übrigen Mitglieder der Königlichen Familie, fast alle in England anwesenden englischen Generale, sowie eine große Anzahl von See⸗Offizieren wohnten der Feier in der Kathedrale bei. Der deutsche Botschafter, Graf von Hatzfeldt, legte im Namen des Kaisers Wilhelm einen Kranz am Sarge nieder.

22. Januar. (W. T. B.). Ein Tagesbefehl des Kriegs⸗Min isters bringt die bekannte Beileidsdepesche, welche Se. Majestät der Kaiser Wilhelm anläßlich des Todes des Feldmarschalls Lord Napier of Magdala an den Herzog von Cambridge richtete, zur Kenntniß der ganzen britischen Armee.

¶A. C.) Der vor Kurzem zum Qber⸗Befehlshaber der britischen Truppen in Süd⸗-Afrika ernannte General⸗ Lieutenant W. G. Cameron hat Befehl erhalten, sich sofort auf seinen Posten zu begeben. Der General erhielt Anwei⸗ sungen sowohl vom Kolonial- wie vom Kriegs⸗Ministerium für den Fall, daß Verwickelungen eintreten sollten.

Aus Calcutta, vom 20. Januar, berichtet ein Telegramm des „Reuter'schen Bureaus“:

Eine Depesche von der gegen die Chins entsandten Expedition meldet, daß der Second⸗Lieutenant Foster von den King's Own Scottiss Borderers durch einen von den Chins aus dem Hinterhalt abgefeuerten Schuß in den Kopf getödtet wurde. Als Wiedervergel⸗ tungsmaßregel für diesen Angriff brannten die britischen Truppen das nächstgelegene Eingeborenendorf nieder. Unter den Truppen der Expedition grassiren noch immer Krankbeiten, wodurch der Bau der Landstraße sowie der Vormarsch der Kolonne verzögert wird.

Frankreich. Paris, 21. Januar. (W. T. B.) In dem heute stattgefundenen 5 legte der Finanz⸗ Minister Rouvier einen Entwurf zur Abänderung der Grundsteuer vor. Rouvier beabsichtigt, den Mehrertrag von 45 Millionen, welchen eine neue Vermessung der bebauten Grundstücke ergeben wird, zur Steuer⸗Erleichterung des un⸗ bebauten Grundes zu verwenden. Das Budget für 1891 ent⸗ hält auch eine Re ark der Thür⸗ und Fenstersteuer. Um den Minderertrag der Zuckersteuer zu beseitigen, wird eine Uebertae von 10 Fr. auf 190 kg für un⸗ besteuerten Zucker beantragt. In dem Budget wird ferner eine Verbesserung des Katasters vorgeschlagen.

21. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung

der Deputirten kammer brachte der Abg. Reinach den Entwurf einer Resolution ein, nach welcher in die Ge⸗ en,, des Hauses die Ermächtigung des Prä⸗ identen zur Ausschließung eines Deputirten für die ganze Dauer der Session aufgenommen werden solle. Der Abg. Chiche (Boulangis) brachte eine Interpellation über die jüngsten Ernennungen früherer bei den letzten Wahlen unterlegenen Deputirten zu richterlichen Aemtern ein und bemerkte, es sei dies eine Herausforderung des allgemeinen Stimm⸗ rechts. Der Richtersttnd müsse eine geheiligte Stätte über den politischen Meinungsverschiedenhelten sein. Der Justiz⸗-Minister Thevenet erklärte, die juüngst er⸗ nannten xichterlichen Beamten hätten wohlberechtigte An⸗ sprüche. Die Gesetzesbestimmungen, durch welche ihre Vor⸗ bereitung vorgeschrieben würde, seien nicht außer Acht gelassen. Nach einer Entgegnung Chiche's nahm die Kammer eine von Hurard beantragte Tagesordnung, durch welche die Kammer die Erklärung der Regierung billigt, mit 301 gegen 168 Stimmen an. Im weiteren Verlauf der Sitzung wurde nach lebhafter Debatte die Wahl Bischoffsheim's in Nizza mit 218 gegen 149 Stimmen für ungültig erklärt.

Rußland und Polen. St. Peters burg, 22. Januar. (W. T. B.) Ein heute veröffentlichtes Gesetz bestimmt, daß die Zahl der von dem Donschen Kosatenheere im Falle eines Krieges aufzustellenden Ersatz⸗Regimenter um vier *r h werden soll.

Gpauien. Mabrid, 21. n. dem neuen Kabinet hat nunmehr Becerra das h Reridl

(W. T. B.

der Kolonien und der Herzog von Veragua das Mi— nisterium der öffentlichen Arbeiten übernommen. Die neuen Minister leisteten heute den Eid auf die Verfassung.

Dän Kopenhagen, 21. Januar. (W. T. B. Bei den Wahlen zum Folkething sind v0 . wiedergewählt worden. Die Rechte verlor vier Sitze, davon drei in Kopenhagen. Drei Sozialisten sind gewählt worden, davon zwei in Kopenhagen. Die intransigente Linke (Bergianer) hat in mehreren Wahlbezirken, welche bisher von Mitgliedern der linken Verhandlungspartei vertreten wurden, gesiegt. .

Amerika. Washington, 20. Januar. (A. C.) Der Sekretär des Schatzamts. Mr. Windom, . he im Repräsentantenhau se eine Vorlage ein, welche zur Au s⸗ gabe von Schatznoten gegen Silberbarren-Depots nach dem in seinem Bericht an den Kongreß vorgeschlagenen Plane ermächtigt.

Brgsilien. Nach den Nachrichten zu schließen, welche der am Sonnabend in New⸗Höork von Rio de Janeiro eingetroffene britische Dampfer „Halley“ überbracht hat, lassen sich die Dinge in Brasilien durchaus nicht so friedlich an, wie man vermuthete. Rio sei in ein militärisches Lager verwandelt worden, und das ganze Land befinde sich im Belagerungszustande. Die strengen Methoden General Fonseca's hätten der provisorischen Regierung viele An— hänger entfremdet, und die Reihen der Kaiserlichen füllten sich.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (49.) Sitzung des Reichstages, welcher die Staatssekretaͤre Dr. von Boetticher, Graf von Bismarck, von DOehlschläger, der Staats-Minister Herrfurth, sowie andere Bevollmächtigie zum Bundesrath nebst Kom⸗ missgrien beiwohnten, eröffnete der Präsident von Levetzow die Verhandlungen mit folgenden Worten:

Meine Herren! Leider muß ich auch heute damit beginnen, Ihnen eine Traverbotschaft zu verkünden. (Die Mitglieder des Hauseg erheben sich von ihren Sitzen.) Ein hochverehrtes, hoch⸗ angesehenes Mitglied dieses Hauses, der Freiherr von und zu Tranckenstein, ist heute Morgen gegen 11 Uhr nach kurzer Krankbeit, aber schwerem Leiden hier in Berlin aus diesem Leben geschieden, ein echter dentscher Mann, fest und treu, wahr und ohne Furcht, selbfilos, recht und schlecht, ein Mann karg an Worten, aber ven großer Thatkraft und von weitem Blick, eine Auterität überall, wohin seine Pflichten ihn riefen. Der Freiherr von und zu , war schon Mitglied des Zollparlaments und hat diesem

ause angebört ununterbrochen seit dem Jahre 1872 als der Ab— geordnete des 3. bayerischen Wahlkreises Unterftanken. Von 1839 bis 1887 war er erster Vize ⸗Präsident dieses Hauses. Als solchen hatte ich die Freude, ihn drei Jahre lang zu meinem nächsten Amtsgenossen zu haben. Ich habe hierbei Gelegenheit ge⸗ habt, seine hervorragenden Eigenschaften kennen und hoch würdigen zu lernen. Die persönlichen Beziehungen zwischen mir und ihm, die sich damals anknüpften, sowie die freundschaftlichen Gesinnungen, die er mir seitdem bewahrt hat, werde ich lebenslang in theurer Erinnerung be- wahren. Er ist seine Wege vor sich gewandelt und ruht nun in seiner Kammer. Ich nehme an, daß, indem Sie sich erhoben haben, Sie das Andenken des Heimgegangenen ehren wollen.

Auf der Tagesordnung stand an erster Stelle: die zweite Berathung der Ergänzung des dem Reichstage vor⸗ liegenden Entwurfs des Reichs haushalts-Etats für das Etats jahr 1890,91.

Der Berichterstatter Abg. Graf Behr beantragte Namens der Kommission:

Der Reichstag wolle beschließen: die Ergänzung des Entwurfs des Reichsbaus halts ˖ Etats für das Etatsjahr 1890/91 in den ein⸗ zelnen Kapiteln und Titeln mit den in Ansatz gebrachten Summen un unter den gebrauchten Bezeichnungen unveraͤndert zu bewilligen.

Ohne Debatte nahm das Haus diesen Antrag an. (Schluß des Blattes.)

In der heutigen (4) Sitzung des Hauses der Ab— 56 eten, welcher der Vize⸗Präsident des Staats— tinisteriumg, Staats⸗-Minister Dr. von Boetticher, der 2 Dr. von Scholz und der Minister des Innern, errfurih, beiwohnten, theilte der Präsident den Eingang folgender Vorlagen mit:

1) Rechenschaftsbericht über die weitere Aus⸗ ührung des Gesetzes vom 19. Dez em ber 1869, etreffend die Konsolidation preußischer

Staats anleihe.

2) Denkschrift, betreffend die praktische Aus— bildung der Kandidaten des Lehramts an höhe ren Schulen. .

3) Antrag der Abgg. Zelle und Dr. Langerhans auf Annahme eines Gesetzentwurfs, betreffend die Ergänzung der Städteordnung für die 6 östlichen Provinzen der preußischen Mon⸗ archie vom 30. Mai 1853.

Nachrichten von der Verwaltung der preußi— schen Staatsbergwerke, Hütten und Salinen während des Etats jahres 1888/89.

Auf der Tagesordnung stand enen der ersten Be⸗ rathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Fest—⸗ stellung des Staatshaushalts⸗-⸗Etats für das Jahr vom 1. April 1890/91.

Der Abg. Dr. Enneccerus wandte sich gegen die gestrigen Ausführungen des Abg. Rickert. Der Antrag auf Einsetzung einer besonderen Eisenbahnkommission sei keines⸗ wegs von einer Animosität gegen die Eisenbahnverwaltung eingegeben; derselbe bezwecke vielmehr nur, eine genauere

rüfung des Eisenbahn-Etats, der ein besonders wichtiger

wein des Etatswesens sei, zu ermöglichen. Die Behauptung des Abg. Rickert, daß kein Mensch an eine einseitige plötzliche 8 ung der Lebensmittelzölle denken könne, stehe im Widerspruch mit dem Verhalten der freisinnigen Partei im Reichstage. Es sei aber zu erwarten, daß nach dieser Erklärung diese Zollfrage aus der Agitation ausscheiden werde. Ünzutreffend sei auch, daß die großen Reichssteuern aus den letzten Jahren nicht nöthig gewesen seien. Dieselben ergäben schon jetzt nur 25 Millionen Ueberschuß unz seien durch die bamaligen und die demnächst bevorstehenden sicheren Ausgaben des Reichs vollkommen ber gie . gewesen. . habe sich der Abg. Rickert mit sich selbst in Wider⸗ pruch gesetzt, wenn er einerseits . die angeblich unnöthigen Reichssteuern und die Ueberschüsse meine, daß man auf die

inweise und andererseits Ueberschüsse doch nicht

Angesichts der Ueberschüsse aus den Eisenbahnen die fortgesetzte Gegnerschaft des Abg. che gegen das Staatsbahnsystem. Die Staatsbahnen ergäben nicht weniger als 153 Millionen Mark Reingewinn, und diese Summe solle ja nach dem Abg. Rickert noch zu niedrig veranschlagt sein. Ein solches Schwanken der Einnahme aus den Eisenbahnen, daß diese ganze Summe verschwände, sei nicht zu erwarten. Die günstige Finanzlage lege aber auch der Staatsregierung die . auf, diejenigen größeren Reformen, die seit langer

eit dringend gewünscht und zum Theil längst versprochen

eien, endlich in Angriff zu nehmen. Das gelte namentlich von dem , dessen Einbringung beschleunigt werden müsse. Das jetzige Einschätzungsverfahren sei absolut ungeeignet, das größere Kapital einigermaßen zu treffen. Die Deklarationspflicht werde nicht zu entbehren sein. Die Be⸗ denken dagegen mit u auf den kleineren Grundbesitz und Ge⸗ werbebetrieb würden sich beseitigen lassen, wenn man hier die De⸗ klaration von gewissen Thatsachen, auf welche dann die Einschätzung erfolge, gestatie. Mit der Forderung der Deklaration werde nicht eine Steuererhöhung, sondern nur eine gerechtere Vertheilung der Steuern beabsichligt. Eine Unterscheidung des fundirten und unfundirten Einkommens werde nothwendig eintreten müssen. Ferner sei eine Reform der Gewerbesteuer dringend zu wünschen. Die jetzige Gewerbesteuer wirke nicht in sozialem Sinne; sie drücke die kleinen Gewerbetreibenden und sei lächerlich klein für die großen. Eine allgemeine Theuerung liege unzweifelhaft vor, und die Gehälter der Beamten müßten deshalb, wenn diese nicht in der Lebenshaltung herunter— gedrückt werden sollten, erhöht werden. Hoffentlich werde in dieser Frage eine Einigung zwischen Landtag und Regierung zu Stande kommen und die Regierung auch die bezeichneten Gesetzentwürfe baldigst vorlegen.

Abg. Dr. Windthorst führte aus, daß der Etat in diesem Jahre ein erfreuliches Bild biete, es aber ungewiß sei, ob dies auch im nächsten Jahre der Fall sein werde. Die Hülfsmittel aus dem Reich würden kuͤnftig sparsamer fließen, die künftigen Ausgaben des Reichs seien gar nicht zu berechnen. Selbst was bisher für den Militär- und Marine⸗Ciat bewilligt sei, werde voraussichtlich nicht genügen, und schon dem nächsten Reichstage würden 6 neue Forderungen zugehen. Dazu kämen die Ausgaben für die Invaliden- und Altersversiche⸗ rung, deren wirkliche Gestaltung noch nicht zu übersehen sei. Es sei zu bedenken, . die arbeitenden Klassen immer mehr darauf dringen würden, daß ihre Beiträge herabgemindert und ihre Renten erhöht würden; diese Bestrebungen würden nicht eher aufhören, als bis die In— validen⸗ und Altersversorgung im Ganzen vom Staat ge⸗ macht werde. Endlich würde die Erhöhung der Besoldung der Beamten ungeheure Aufwendungen erfordern. Heute sei also die Finanzlage eine gute; ob sie es im nächsten Jahre sein werde, sei zweifelhaft; deshalb müsse man davor warnen, jetzt alle möglichen Reformprojekte hervorzurufen und den Leuten den Mund wässerig zu machen. (Schluß des Blattes.)

(Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ tages und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Vierten Beilage.)

Dem Hause der Abgeordneten ist der Vertrag vom 20. November 1889 wegen Fortdauer des thüringischen Zoll- und Handelsvereins zugegangen

Die nachstehenden Kommissionen des Hauses der Abgeordneten haben sich konstituirt:

I. Kommission für die Geschäftsordnung. Vorsitzender: Abg. Kletschke, Stellvertreter des Versitzenden: Abg. von Reumann, Schriftführer: die Abgg. Wet tich und Westerkamp.

Il. Kommission für Petitionen. Vorsitzender: Abg. von Gliszezyns ki, Stellvertreter des Vorsitzenden; Abg. Jacobs, Schriftführer: die Abgzs. von Veltheim, Weyerbusch und

eber.

Ill. Kommission für Agrarverhältnisse. Vorsitzender: Abg. Freiherr oon Huene, Stellvertreter des Vorsitzenden: Abg. Knebel, Schriftführer; die Abgg. Dr. Ritter und Herold.

IV. Kommission für das Justizwesen. Vorsitzender: Abg. Simon ven Zastrow, Stellvertreter des Vorsitzenden; Abg. Biesenb ach, Schriftführer: die Abgg. Dr. Avenar ius, Redbyl und Lerche.

V. Kommission für das Gemeindewesen. Vorsitzender: Abg. von Oerßen (Jüterbog), Stellvertreter des Vorsitzenden: Abg. Lehmann, Schriftführer: die Abgg. Freiherr von Richthofen und Dr. Krause.

VI. Kommission für das Unterrichtawesen. Vorsitzender: Abg. Graf Flajiron d' Haussonville, Stellvertreter des Ver⸗ sitzenden: Abg. Wessel, Schriftführer: die Abgg. Lub recht und

asse.

VII. Kommission zur Prüsung des Staatshaushalts. Vorsitzender: Abg. Ton Benda, Stellvertreter des Vorsitzenden: Abg. Sten gel. Schriftführer: die Abgg. von Jagow, von Tie dem ann (Bomst), Dr. Mitboff und Czwalina.

VIII. Kommission zur Prüfung der allgemeinen Rech nung über den Staatshaushalt. Vorsitzender: Abg. Dr. Virchow, Stellvertreter des Vorsitzenden: Abg. Dr. Saitler, Schriftführer: Abg. Conrad (Flatow).

IE. Kommission für die Wahlprüfungen. . Vorsitzender: Abg. von Liebermann, Stellvertreter des Vorsitzenden: Abg. Strutz, Schriftführer: die Abgg. Dr. Graf Bassewitz⸗Levetzow, Licht und Sperlich.

Die Liste der Parteien des Hauses der Ab— ,, ist erschienen. Danach zählt die konservative zartei 119, die Centrumspartei 98, die national— lib era le Partei S6, die freikonservative Partei 66, die deutschfreisinnige Partei 29, die Partei der Polen 15 Mitglieder. Zu keiner Partei e re 14 Abgeordnete. Erle digt sind 6 Mandate, nämlich 3. Frankfurt, 3. Breslau, 5. Dusseldorf, 6. Gumbinnen, 1. Merseburg und 4. Aachen.

Vorbereitungen für die Wahlen.

Von Seiten der Centrumsfraktion ist folgender Wahlaufruf ergangen: ; Die Neuwahlen fuͤr den Deutschen Reichstag sind auf den 20 Februar d. J. ausgeschrieben. Zum ersten Male erfolgen die⸗ elben auf die Dauer von fünf Fahrcẽn; fie find detbalb von erb öbter Wichtigkeit und stellen somit an die Wähler die gebieterische Forde⸗ rung, Mann für Mann an der Wahlurne zu erscheinen. Noch immer sind die Bedingungen nicht erfüllt, welche wir in jeder Wahlperiode als unerläßlich bezeichnet haben, wenn dem Volke die Religion erhalten, wenn christlich ⸗gläubige Ge⸗ . n f eg. icht, Erziehung, ung un issenschaft, in der Gesetzgebung und im öffentlichen Leden. Wir fordern . immer

da sie uh chi

mit Sicherheit rechnen könne, ö . ö. Unverständlich sei au

aus den Eisenbahnen resultirten.

von Neuem, daß der Kirche, im Deutschen Reiche wie in den Schutz gebieten, volle Freiheit der Bewegung geslai tet und alles beseitigt 3.

was die Selbständigkeit und die Rechte der Kirche beeinträchtigt, was die segengreiche Wirksamkeit aller ihrer Genoffenfchaften und das in der, Verfassung gewährleiftete deimathsrecht der Reichgangehörigen verletzt. Wir erkennen zugleich in der unbehinderten Thätigkeit der Kirche und ibrer Organe, sowie der dadurch zu erhoffen den Kräftigung des christlichen Geistes in den Kreisen der Arbeitgeber und Arbeiter, Das wirksamste Mittel zur Belämpfung der gemeingefährlichen Be⸗ strebungen der Sozialdemokratie ein Mittel, wirkfamer als alle Aus⸗= nabmegesetze. Unter steter Wahrung des verfafsungs mäßigen föderativen Grundcharatters des Deutschen Reiches werden wir Funsere freudige Mitwirkung zur weiteren Ausbildung aller jener Maßregeln nicht versagen, welche die Verbesserung der Lage der arbeitenden Bevöl⸗ kerung zum Zweck haben. Unentwegt beharren wir in dem Bestreben, zaß die im Reichstage zum Theil schon wiederholt zur einnahme ge— langten Arbeiterschutz Gesetze, insbesondere die Gefetze über die Ruhe und die Heiligung des Sonntags, sowie über die . der Frauen und Kinderarbeit, zur Geltung gebracht werden In dem ernsten Irteressenkampfe, welcher vielfach zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern entbrannt ist, werden wir gern alle Maß regeln unterstützen, welche einen Ausgleich der beiderseitigen berechtigten Interessen herbeizuführen und das sich gegenseitig

zu heben, seinen berechtigten Klagen Abhülfe zu fchaffen, w

in bie heriger Weise eifrigst fortsetzen. Die r e d g' r, 8 Reiches hat sich in den Bahnen, welche wesentlich auf unser? An regung und unter unserec Mitwirkung eingeschlagen worden sind, besser gestaltet. Wir werden aber darüber zu wachen haben, daß die Vortheile der neuen Wirthsckaftepolitik nicht ungebührlich ausgenutzt werden, daß eine Vermehrung der Steuern und Lasten verhindert und Härten in der Besteuerung möglichst beseitigt werden. Wir werden auf allen Gebieten nachdrücklichst auf die größte Sxparfamkeit dringen. wenn wir selbstverständlich auch gewillt sind, heute wie immer, für die Ehre, für die Würde und die volle Wehrhaftigkeit des Deutschen Reiches einzutreten. An den Grundlagen der Verfassung, insbesondere an den für die bürgerliche Freiheit be⸗ stebenden Garantien werden wir unbeugsam festbalten. Nach diesen Grundsätzen haben wir bisher gehandelt und gedenken wir auch ferner zu handeln. Wir hoffen, daß die Wähler diese Grundfaäze auch für die Zukunft billigen, so wie sie uns auf Grund derfelben bisher ihr Vertrauen geschenkt haben. Wohlan denn! Möge am entscheidenden Tage Keiner von der Wahlurne zurückbleiben; möge Jeder furchtlos hinzutreten. Bleiben die Wähler uns treu, wie wir ibnen treu bleiben und treu unserem alten ruhmreichen Panier: Mit Gott, für Wahr- heit, Freiheit und Recht! Im Januar 1890.“

Seitungõstimmen.

In einem Artikel des „Hamburgischen Correspon⸗ denten“ über die preußische Finanzverwaltung heißt 5

„Der preußische Staatshausbalts-Etat wird nicht minder wie der Reichshaushalts Etat von dem jeweiligen Stande des Erwerbs⸗ lebens und des Verkehrs beeinflußt. Ja, der Reichs haushalts - Etat bietet dadurch eine größere Festigteit, daß er durch die Matrikularumlagen gestützt wird. Beinahe sämmtliche wich⸗ tigeren Einnahmequellen Preußens fließen, je nachdem auf wirthschaftlichem Gebiet Fluth oder Ebbe herrscht, reich licher oder spärlicher. Nur die Domaͤnenderwaltung, deren Einnahme im Wesentlichen auf langfristigen Pachtverträgen be⸗ ruht, und die direkten Steuern bleiben davon in der Hauptfache un—= berührt. Bei der Gebäude;, Gewerhe⸗ und namentlich auch bei der Einkommensteuer machen sich indeß längere Perioden wirthschaftlichen Aufschwungs oder Niedergangs gleichfalls geltend. Ebenfo spiegelt sich die erhöhte gewerbliche und Bauthätiglkeit in den Forstein⸗ nahmen wieder, während allerdings Eisenbabhnen. Bergwerke und Stempeleinnahmen, einschließlich der bei den Gerichtskosten ver- rechneten in noch ungleich höherem Maße den Wellenbewegungen des Erwerbsleben folgen. Bei einer Pbase der Weltwirthschaft, welche in mehr als einer Hinsicht an die Jabre nach dem französischen Kriege erinnert, darf daher weder das tasche Anschwellen jener en., noch die erhebliche Ueberschreitung der Ctatsansätze Wunder nehmen. So lange die gegenwärtige rasch aufsteigende Bewegung in dem deutschen Erwerbsleben anhält, wird der preußische Eat Über reichere Einnahmen verfügen und zugleich die Finanzverwaltung, wenn nicht besondere Umstände entgegenwirken, regelmäßig lieberschüffe aufweisen. Umgekehrt tritt, wie dies in der zweiten bälfte des vorigen Jahr⸗ zehnts nach dem Krach und während der rückläufigen Bewegung des Verkehrslebens in der Mitte des laufenden Jahrzehnts sich deutlich zeigte, in Zeiten stockenden Verkehrs und Sinkens des wirthschaftlichen Lebens sowohl ein Rückgang der Staatteinnahmen als ihr Zurück⸗ bleiben hinter den Etatsansätzen ein. !..

Es erscheint daher als ein durchaus richtiges Bestreben der preußischen Finanzverwaltung, wenn auch ju einer aͤngstlichen Spar⸗ samteit durchaus kein Grand rorliegt, sich trotz der augenblicklichen Fülle, von einer vorsichtigen Ueberlegung nicht abdrängen zu lasffen und eine ernstliche Schmälerung der Einnahmen gleich energisch ab⸗ zuwehren, wie eine erhebliche Vermehrung der dauernden Belastung des Staats mit Ausgaben. Nicht minder richtig ist es, daß sie es trotz der Ueberschüsse nicht verabsäumt, da, wo entweder die eigenen Hülfsquellen Preußens stagniren oder in den Ausgabe⸗Etats Erspar⸗ nisse herbeigeführt werden können, die bessernde Hand anzulegen. In letzterer Beziehung ist insbesondere die demnächst dem Abschluß nabe Verwandlung der höher verzinslichen Eisenbahn Prioritäten im Betrage von über 14 Milliarden Mark in 3 prozentige Konsols zu erwähnen, durch welche eine Zinsenersparniß von beinahe 16 Millionen Mark im Jahre erzielt wirt...

Jedenfalls bleibt der preußischen Finanzverwaltung das Verdienst, es trotz der Erhöhung der Matrikularumlagen um 21 Millionen Mark bei vorsichtiger Veranschlagung der Cinnghmen in dem Etat für 1390,91 ermöglicht zu haben, neben 53 Millionen Mark Er⸗ leichterung von Schul⸗ und Keeislasten und 26 Millionen Mark Erleichterung an direkten Steuern obne Inanspruchnahme außer⸗ ordentlicher Deckunggsmittel mehr als 25 Millionen Mark zu Erhöhung von Beamtenbeseldungen bereit zu haben. Sie kann mit Befriedigung auf dieses Ergebniß zurückblicken.“

Ueber die Denkschrift, betreffend die Arbeit erver⸗ 1. in den Kohlenrevieren, schreibt die Magde⸗

urgische Zeitung“:

„Die Dentschrift Über die Untersuchung der Arbeiter- und Be. triebsverhältnisse in den Steinkeblenbezirken ist so umfangreich, daß es eines forgfaltigen Studiums bedarf, um zu einem richtigen Ürthein über die Ergebniffe derselben zu gelangen. Soviel erhellt indeffen, daß sie nicht nur einen geschichtlihen Werth besitzt, in fo fern sie die Gründe des großen Bergarbeiterausstandeg im Frühjahr vorigen Jahres deutlicher erkennen läßt, sondern daß sie auch eine praktische Bedeutung für die Beurtheilung der jetzt neu einsetzenden Bewegung hat, auf die berelts an verschiedenen Stellen der Denkschrift hingewlesen wird. Um so bedauerlicher muß es erscheinen, wenn vereinzelt auf einen Blick hin, der doch nur ein flüchtiger gewesen sein kann, der Verfuch gemacht wird, der Denkschrift den Makel tendenzisser Entstellung an⸗ zuhängen. Es muß das um so unbegreiflicher erscheinen, wenn man sich den Ursprung der Untetsuchung vergegenwärtigt, die ja nicht auf irgend welcher gesetzlichen Verpflichtung beruht, sondern aus einer frejen Entschließung der Regierung hervorgegangen ist, nachdem die Klagen und Beschwerden zur Kenntniß unsereg Kaiserlichen Herrn ebracht und von demselben einer eingehenden, gewissenbaften Prufun ür würdig erachtet waren. Wie unberechtigt die Behauptung ift. da die Unterfuchung mit Voreingenommenheit geführt und die Denk⸗ schrist mit Voreingenommenheit (für die Ürbeitgeber) ausgear=

beitet sei, das mag nur vorweg an einem Punkte erwiesen

bedingende Wobl der Arbeitgeber und der Arbeiter 36 * J 5 geeignet sind. Die Bemühungen, den so wichtigen ö,, 3 ;