1890 / 46 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 19 Feb 1890 18:00:01 GMT) scan diff

18 000 M zur Cinkommensteuer veranlagt sind, 2) mit dieser Ab⸗ änderung den Eesetzentwurf genehmigen.“

Die Ueberschrift und Einleitung des Gesetzes wurden ohne Debatte angenommen, ebenso Absatz 1 der Vorlage. Absätze 2 und 3, welche im Kommissionsantrage mit 3 und bezeichnet sind, wurden abgelehnt und an deren Stelle der Kommissionsantrag angenommen. Der Gesetzentwurf, betreffend Ergänzung resp. Abänderung der Gesetze über die Berwal⸗ tungsgerichte ꝛe, wurde dem Antrage der Kommission gemäß in zweiter Lesung unverändert angenommen. Bei der ersten Lesung des Haupt⸗Finanz⸗-Etats für 189051 wurde nach längerer Debatte, an der sich die Abgg. von Biederfee, Ursin, Drascher, Brumme betheiligten, beschlossen, den außer⸗ ordentlichen Etat sowie einzelne Theile des orbentlichen Etats und die außerordentlichen Ausgaben an die Etat Kommiffion zur Vorberathung zu verweisen, die übrigen Positionen des ordentlichen Etats aber im Plenum zu beraͤthen.

Destexreich- Ungarn. Pest, 18. Februar. IW. T. V. Se. WMajestät der Kaiser und König empfing heute Vormittag den Minister⸗Präsidenten von Tisza' in Audienz, welcher Allerhöchstdemselben Bericht über das Ableben des Grafen Andrassy abftattete. Se. Majestät nahm mit tiefer Theilnahme die Kunde von dem Verlust dieser so hervorragenden Stütze des Thrones und des Vaterlandes entgegen. Mittags trat der Ministerrath zu— sammen, um Beschlüsse in Betreff des Begräbnifses zu fassen. Soweit bis ö. bestimmt, trifft die Leiche des Grafen Andrassy am 20. Februar hier ein und wird in das Palais der Akademie der Wissenschaften überführt werden. Die Ein— segnung der Leiche erfolgt voraussichtlich am Freitag Vor— mittag, worauf sie mittels Separatzuges nach Terebes gebracht wird. .

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin richtete an die Gräfin Andrassy eine Beileidsdepefche mit dem Ausdruck aufrichtigsten Schmerzes.

In der Klubversammlung der liberalen Partei zeigte heute der Minister-Präsident von Tisza die Einbringung eines Gesetzentwurfs an, nach welchem dem Grafen An— drassy in Anerkennung seiner um Thron und Vaterland er— worbenen Verdienste ein Monument in Budapest auf Staatskosten errichtet werden solle.

Groftbritannien und Irland. London, is. Februar. (A. C.) Im Oberhause gab der Minister für die Ko— lonien Lord Knuts ford gestern in Erwiderung auf eine Anfrage Lord Belmore's die Erklärung ab, daß das Ergebniß der vorläufigen Konferenz der australischen Ko— lonien höchst befriedigend sei für Alle, welche wie die Regierung glauben, daß das Gedeihen, die Wohlfahrt, Stärke und Wichtigkeit der Kolonien wesentlich ver— größert und gesichert werden würde durch eine engere Verbindung dieser unter einander mittels irgend einer Art von Bundesregierung, über deren Form sich die Kolonien selber schlüssig zu machen haben wür den. Hoffentlich werde es der zweiten Konferenz der australischen Kolonien, die demnächst werde abgehalten werden, gelingen, alle noch bestehenden Schwierigkeiten aus dem Wege zu räumen.

(W. T. B.)) Das Unterhaus lehnte heute mit 307 gegen 240 Stimmen den Antrag Parnell's zu der Adresse auf die Thronrede ab, in welchem die irische Politik der Regierung getadelt wurde.

Aus Birma wird dem „R. B.“ telegraphisch gemeldet:

Rangun, 15. Februar. Die Regierung bat die verschiedenen Shan Staaten benachrichtigt, daß sie saͤ, abgesehen von der

blung eines Tributs, ein Recht an allen Wäldern, inen und Mineralien reservirt. Falls Eisenbahnen gebaut werden, ist das Land kostenfrei abꝛutreien.

Frankreich. Paris, 19. Februar. (W. T. B.) Das . . des Débats“ zollt den Absichten des Deut⸗

f en gaisers Lebhafte Anerkennung und erklärt, die kühne Initiative des Deutschen Kaisers hinsichtlich der Lösung der Arbeiterfrage sei das bemerkenswertheste inter— nationale Ereigniß, das seit Langem sich gn habe. Der Kaiser sei durchdrungen von seiner sozialen Mission und von dem Wunsche beseelt, sie zu erfüllen. Diese Thatsache

allein gereiche dem Kaiser zur Ehre. Was die Frage anlange, ob.

die Regierung der Republik die Einladung zur Konferenz annehmen dürfe, sei zu erwidern, daß die französische Regierung sich immer mit den Arbeiterfragen beschäftigt habe. Wie könnte sie also zugeben, daß diese Fragen auf einer internationalen Konferenz behandelt würden ohne ihre Theilnahme? Zahlreich seien die politischen und ökonomischen Probleme, welche der Kaiser aufgestellt habe. Jede Regierung müsse zunächst noch gewisse Aufklarungen von Berlin erhalten und sich der Bereitwilligkeit der anderen Machte zur Theilnahme ver⸗ sichern. Einmüthigkeit sei unerläßlich, aber wenn die andern Regierungen ihre Mitwirkung zusagten, könne Frank⸗ reich diesem Werke des Friedens seine Mitwirkung nicht versagen.

Der „Temps“ meldet aus Besançon, der General Negrier habe bei der Uebernahme des Kommandos des VII. Armer⸗-Corps in einer Ansprache hervorgehoben, daß ihm die Wacht in diesem Theile der Grenze anvertraut und ihm damit ernste Pflichten auferlegt worden seien; er werde sie erfüllen, denn er wisse, daß das Vaterland auf den Opfer⸗ sinn der Mannschaften rechnen könne.

Der Polizei-Präfekt theilte dem Herzog von Orleans mit, die stetig anwachsende Zahl der Personen, welche die Erlaubniß zum Besuche einholen, überschreite bereits die zulässigen Grenzen.

Italien. Rom, 15 Februar. Der mit den vatika⸗ nischen Kreisen in Fühlung stehende Berichterstatter der „Pol. Corr.“ schreibt: Die Erlasse des Deutschen Kaisers wurden in vatikanischen Kreisen mit lebhafter Genug⸗ thuung aufgenommen. Das Vorgehen des Souveräns erfährt in denselben vollkommene Billigung. Man weiß, daß Pap st Leo XIII. zu wiederholten Malen auf die Nothwendig keit en n hat, die sich in gewissen Fällen für die Macht⸗

aber ergiebt, durch ihr Eingreifen die Moralitat der Arbeiter zu schützen oder ihre Ausbeutung zu verhindern. Leo XIII. sieht es wie er dies auch bei mancher Gelegenheit een. in privaten Unterhaltungen als auch in öffentlichen Kund— rn, erklärt hat in unseren Tagen als eine der haupt⸗ ächlichsten Pflichten der Katholiken an, ihre Bemühungen der Verbesserung des Looses der arbeitenden Klaffen zuzuwenden. In Folge dessen hat auch der Vorichlag, den Kaiser Wilhelm I. den verschiedenen europäischen Regierungen gemacht hat, eine

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internationale Gesetzgebung zum Schutze der arbeitenden Klassen zu schaffen, im . die lebhafteste Zustimmung und die wärmste Theilnahme gefunden.“

Schweiz. Bern, 18. Februar. (W. T. B.) In zwei identischen Noten, die eine datirt aus Brüssel, die andere aus Bern vom J. Februar d. J., stellen die Re⸗ gierungen des Unabhängigen Congostaats und Portugals die Anfrage an den Bundesxrath, ob er geneigt sei, die Rolle des Schiedsrich ters für die Meinungs⸗ verschiedenheiten zu übernehmen, welche zwischen beiden Staaten bei Feststellung ihrer Grenzen in Afrika entstehen möchten. Die Anregung zu dem Schiedsgericht erfolgte im Einverständniß der Vertragsmächte in dem Augenblick, wo sie sich anschickten, die Abgrenzungsarbeiten vornehmen zu lassen. Der Bundesrath hat ö nnahme des ihm angebotenen Schiedsrichteramts zugesagt.

ö Basel, 18. Februar. (W. T. B.) Nach dem vom Großen Rath des Kantons Basel-Stadt angenommenen Krankenversicherungsgesetz, das noch der Volks— abstimmung unterliegt, sollen alle in Basel beschäftigten Ar— beiter, auch wenn sie in angrenzenden deutschen Gemeinden wohnen, unentgeltliche Verpflegung im Baseler Spital und Hausbesuch durch Baseler Aerzte genießen. Der Jahresbeitrag beträgt 12 Franken, wovon die Hälfte von dem Arbeitgeber gezahlt wird. Bei einem Einkommen von weniger als 1200

Franken wird der Jahresbeitrag erlassen.

Niederlande. Haag, 18. Februar. (W. T. B.) Der König hat den bisherigen Minister des Innern, Baron Dr. Mackay, zum Minister der Kolonien und an seiner Stelle den Deputirten de Savornin-Lohmann, Führer der orthodoxen protestantischen Partei, zum Minister des Innern ernannt.

Serbien. Belgrad, 18. Februar. (W. T. B.) Der J wird in der Skupschtina einen Nachtragskredit von 120 000 Fr. für die montenegri⸗ nischen Ansiedler einbringen. .

Wie die „Agence de Belgrade“ meldet, ist die gestern mitgetheilte Nachricht von der endgültigen Annghme der Eisfenbahnanleihe durch die Skupschtina verfrüht; die definitive Erledigung dieser Angelegenheit sei jedoch in nächster Session mit Sicherheit zu erwarten.

Bulgarien. Sofia, 18. Februar. (W. T. B.) Die Nachrichten von Unruhen in der Umgebung von Küstendil werden von der „Agence Balcanique“ für erfunden erklärt mit dem Bemerken, daß die Ruhe in Bulgarien nirgends ge⸗ stört sei.

Schweden und Norwegen. (F.) Stockholm, 17. Fe⸗ bruar. Der Kronprinz und die Kronprinzessin von Dänemark sowie Prinz Johann sind heute früh hier ein— getroffen; zu ihrem Empfange waren König Oscar und die Prinzen Carl und Eugen auf dem Bahnhof anwesend.

Amerika. Vereinigte Staaten. Washington, 17. Februar. (A. C.) Der Sekretär des Schatzamts Windo m hat, nachdem er den Kontrakt der Regierung mit den Aus— wanderungs⸗Kommissaren in New⸗HYork gekündigt, die Bedloes-Insel als künftigen Landungsplatz der Sinwanderer in New-York an Stelle von Castle Garden ausersehen. ]

Zeitungs ftimmen.

Ueber die Wirkung der Kaiserlichen Erlasse auf die Sozialdemokratie lesen wir im „Dresdner Journal“: . ö

„Der gewaltige Eindruck des entschlossenen und tbatkräftigen Vorgehens Sr. Majestät des Kaisers zeigt sich am Deutlichsten an der Haltung der Sozialdemokraten, insbesondere ihrer Führer. Sie erheben Anspruch darauf, als die besten Freunde der Arbeiter zu gelten. Wäre dem also, dann müßten sie sich dessen freuen, was für das Wohl der Arbeiter und für den Frieden zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in Aussicht steht. Sie müßten sich denen an— schließen, welche treu zu Kaiser und Reich stehen, sie müßten den deutschen Regierungen zur Durchführung ihrer auf das Volkswohl gerichteten Absichten die Hand bieten.

Aber nichts von alledem geschieht von Seite der sozialdemokra— tischen Führer. Feindseliger und gebässiger als je kämpfen sie gegen die Freunde der Ordnung. Ihr tollkühnes Auftreten entfesselt die Leidenschaften ihrer unbesonnenen, zum Theil noch politisch unreifen Gefolgschaft; der innere Frieden der Staatsgesellschaft ist auf das Ernstlichste bedroht

Diese auffällige Erscheinung beweist unwiderleglich, daß sie andere Ziele verfolgen, als die vorgespiegelten. Die angebliche Fürsorge für das Wohl der arbeitenden Klassen diente ihnen nur als Mittel zur Gewinnung der Herrschaft über die Volksmasen.

Jetzt ist ihnen dieses Mittel aus den Händen genommen. Der redliche und besonnene Arbeiter muß jetzt erkennen, wo er seine wahren Freunde zu suchen hat; er muß sich von denen, die ihm nur gleißende Worte und leere Versprechungen zu bieten hatten, ab- und sein Ver— trauen denen zuwenden, die ihm Thaten statt der Worte, segensreiche Einrichtungen statt trügerischer Glücksträume darbieten.

Die Führer der Sozialdemekraren fühlen, daß ibnen der Boden unter den Füßen wankt, und darum verlieren sie, wie die neuesten Auftritte im fächsischen Landtage und in Wablversammlungen beweifen, alle Gig und Besonnenheit.

urch den Eindruck der Kaiserlichen Erlasse sieht sich die Sozial⸗ demokratie jetzt ernst. bedrängt; ihre ganze Daseinsberechtigung ist in Frage gestellt. Sie führt jetzt einen Verzweiflungskampf. Hierin liegt die Gefahr des Augenblicks, Desbalb müssen alle Freunde der . und des bürgerlichen Friedens treu gegen sie zufammen⸗ stehen.

Der Hannoversche Courier“ bespricht im Hinblick auf die Wahlen die Stellung der Parteien zu den soz ial⸗ politischen Fragen und zu den Kaiferlichen Er— lassen: U .

„Es kann darüber kein Zweifel sein, daß der Reichstag, der morgen zum ersten Mal auf die Dauer von fünf Jahren gewäblt wird, wesentlich i nf dieser (sozialpolitischen) Fragen berufen sein wird, und daß die Entscheidungen, welche er darin trifft, von größter Tragweite für den inneren Entwickelungeprozeß der Zustãnde unseres Vaterlandes, sein werden. Wie sebr das große soziale Prohlem zu einer Lösung drängt, baben die Vorgänge des letzten Jahres zur Genüge gezeigt; daß etwas geschehen muß, ist der allgemeine Eindruck, ein Gefühl, dem Niemand sich entziehen kann. Durch daz hochherzige Vorgehen unseres Kgisers ist der Stein ins Rollen gerathen, cz giebt nur noch ein Vorwärts auf diesem Wege. Uebergll von allen patrio— tischen Herzen sind die Kaiserlichen Eclasse mit Begeisterung begrüßt worden. Naturgemäß sind in denselben ebenso wie in? der zur Eröffnung des Staateraths gehaltenen Ansprache die groß ; artigen weitschauenden Ideen, die wohlwollenden Absichten des . nur in großen Zügen und Umrissen angedeutet worden;

Aufgabe des neuen Reichgtages wird es sein. diefe Ideen mit Fleisch und Blut ju umkleiden, in die Gestalt von Geseßen zu bringen, durch welche die edlen Bestrebungen des Kaisers zu en werden. Wer immer sich zu dem Programm bekennt, das der Kaiser entworfen, wird sich jetzt bei den Wahlen, ebe er sich entscheidet, gewissenhaft zu fragen baben, von dem Kandidaten welcher Partei er am ehesten erwarten carf, daß er entschieden auf dem Boden dieses Kaiserlichen Programmzz stehe und Alles dranzusetzen entschloffen fei, damit es zur Wahrheit werde. Bei näherer Betrachtung läßt sich leicht erkennen, daß die verschiedenen Parteien eine sehr verschieden e Stellung zur Sozialpolitik einnehmen, und daß keineswegs von allen eine gleich freudige und eifrige Förderung der Kaiserlichen Absichten zu erwarten ist.

Am allerwenigsten gewiß läßt sich das erwarten von den Sozial- demokraten, obwobl sie sich rühmen, daß gerade von ihnen die An⸗ regung für die in Aussicht gestellten arbeiterfreundlichen Maßnahmen ausgegangen sei. Eine Partei, die Alles, was für das Wohl der arbeitenden Klassen geschieht, nur als unzulängliche Abschlags= zablungen bezeichnet und je mehr man bewilligt, desto mehr fordert, eine Partei, die in ihren letzten Zielen auf den Umsturz der gesell⸗ schaftlichen und staatlichen Srdnung ausgeht und die zur Erreichung dieses Zieles den Klassenhaß predigt, eine solche Partei wird nimmer offen und ehrlich die Hand zu gefetzgeberischen Maßnahmen bieten, welche die Arbeiter mit der heutigen Gesellschaftsordnung aussöhnen und den Frieden zwischen den verschiedenen sozialen Ständen bewerk⸗ stelligen soll. Wenn erst den Arbeitern die ganze Tragweite der Kaiserlichen Initiative voll zum Bewußtsein gekommen fein wird, wenn sie erst die segensreichen Folgen der denselben entsprungenen Gesetze an sich erleben und auch die Sozialreform, wie sie in den drei großen Versicherungegesetzen niedergelegt ist, ihre Wirkung voll ausüben wird, dann werden, so vertrauen wir, anch die deutschen Arbeiter in ihrer großen Mehrheit einsehen, wo ihre wahren Freunde sind, und sich lossagen von den sozialdemokratischen Irrlehren und Trug ⸗= bildern und zu einer nationalen, monarchischen Arbeiterpartei sich zusammenthun, die in gesetzlichön Bahnen, unter Anerkennung der gesellichaftlichen und staatli hen Zustände, wie sie historisch geworden, das Wohl und die Interessen der deutschen Arbeiter vertreten; von einer solchen Arbeiterpartei ist eine fruchtbare Förderung der auf das Wobl der Arbeiter gerichteten Bestrebungen zu erwarten, nicht aber von der internationalen Gesellschaft mit dem Ausland liebäugelnder n. die sich und ihrer Gefolgschaft diesen Namen beizulegen belieben.

Was nun die Stellung der übrigen Parteien zu den Kaiserlichen Erlassen und der Sozialpolitit angeht, so hat ja ein Theil der frei⸗ sinnigen Presse diese Kundgebungen mit Genugthunng begrüßt, ja sogar mit köstlicher Naivetät bebauptet, der Kaiser mache sich jetzt eigentlich nur zum Vollstrecker aller freisinnigen Forderungen. Und wenn man die Stimmung der Freisinnigen im Lande in Rechnung zieht, so wird man sich doch wohl der Hoffnung hingeben können, daß wenigstens ein Theil der Freisinnigen geneigt sein wird, auf dem Gebiete der Sozialpolitik mit den übrigen Parteien eine Strecke Weges zusammenzugehen; dagegen können wir uns der Ueberzeugung nicht erwehren, daß für die hauptsächlichsten Führer der Deutsch⸗ freisinnigen die Unterstützung der Arbeiterschutzgesetzgebung, wie sie im Reichstag beantragt war, när agitatorischen Zwecken diente und Sache der Parteitaktik war. Die ganze Haltung der freisinnigen Partei früber und jetzt beweist, wie wenig gerade auf die Freisinnigen bei einer großangelegten, umfassenden Sozialpolitik zu rechnen ist. . . ..

Es sind wieder die Kartellparteien, bei denen die Regierungen ihre Hauptstütze suchen und finden werden, wenn es sich um die Neber⸗= führung der Kaiserlichen Erlasse in Gesetzesgestalt, um die Aug— führung der sozialpolitischen Absichten des Reichsoberhauptes bandeln wird. Was namentlich die Nationalliberalen angeht, so datf im Hinblick auf manche gegentheilige Behauptungen in der gegnerischen Presse mit aller Bestimmtheit erklärt werden, daß die edelmüthi⸗ gen Entschlüsse unseres Kaisers in den nationalliberalen Herzen ein lautes Echo freudiger Zustimmung gefunden haben. Wir er heben berechtigte Einsprache gegen die Unterstellung, als ob die nationalliberale Partei nicht voll und ganz zu den Kaiserlichen Er⸗ laffen sich bekennte; ebenso wie sie sich freudig zu der ,., Kaiser Wilbelm's J. von 1881 bekannt und in Gemäßheit derselben an den sozialreformatorischen Gesetzen in entscheidender Weise mitgewirkt hat, ebenso wird sie sich mit aller Hingebung der Aufgabe widmen, welche die Kaiserlichen Erlasse den Vertretern des deutschen Volkes vorgelegt haben.“

Zu den Wahlen schreibt die, Karlsruher Zeitung“:

Alle Parteien zeigen sich bestrebt, die wenigen Tage bis zum Wabltermin nach Möglichkeit zu benutzen, um den Kreis ihrer Än—⸗ hänger zu erweitern die noch Schwankenden auf ihre Seite berüber⸗ zuziehen und die Lässigen zur Theilnahme an der bevorstehenden Wahl zu ermuntern. Dabei bildet es einen bezeichnenden Zug der diesmaligen Wahlbewegung, daß die dem Bunde der staatserhaltenden Parteien feindlich gegenüberstehenden Elemente ibre Angriffe nicht gegen dasjenige Werk richten, zu dessen wirksamer Förderung in gemeinsamer Arbeit mit den deutschen Regierungen die gemäßigten Parteien sich ver⸗ bunden haben, sondern daß sie durch allgemeine Klagen und Be⸗ schwerden über reaktionäre Bestrebungen, Vermehrung der Volks- lasfen und durch ähnliche Schlagworte sowohl die eigentliche Be⸗ deufung der bevorstehenden Wahl, wie das Kompromiß der regierungsfreundlichen Parteien in ein falsches Licht zu stellen versucken. Gegenüber diesen Veisuchen, den Schwer— punkt der Wahlfrage zu verrücken, dürfte doch wohl ein Hinweis auf den wirklichen Charakter der Wahl am Ylatze sein. Die sozialpolitische Gesetzzebung, zu deren Unterstützung die nationalen Parteien sich vereinigt haben, ist so wenig reaktionär, daß sie vielmehr einen eminenten Fortschrirt und eine bahnbrechende Neuerung in der staatlichen Fürsorge für das Wohl der Nation bildet; soweit dabei überhaupt von einer Vermehrung der Volkslasten die Rede sein kann, würde es sich doch nur um eine solche bandeln, die dem Wohle der arbeitenden Klassen zu Gute kommt. In dem Vorder⸗ grunde aller gesetzgeberischen Probleme, die dem nächsten Reichstage beschieden sein mögen, steht die Aufgabe, den inneren 5 zu erbalten und Bürgschasten für seine Dauer zu schaffen. elingt es, von dem inneren Frieden des Deutschen Reichs die ihn bedrohenden Gefahren abzuwenden., so wird dieses Ergebniß allen Parteien zu Gute kommen, die nicht offenbar den Umsturz der bestehenden Ord⸗ nung anstreben. Deshalb konnten aach die staatzerhaltenden Parteien, unbeschadet ihrer Selbständigkeit und ohne irgend einen Puakt ihrer Programme preiszugeben, zu, einem gemeinsamen Vorgehen bei der Wahl gelangen; wie die Erhaltung des auswärtigen Friedens, die im Jahre 1887 den Abschluß des Kartells herbei⸗ führte, so ist auch die Erhaltung des innern Friedens eine Aufgabe, die ein Zusammenwirken verschiedener Parteien sehr wohl ermöglicht. Wir glauben auch, daß die Pestrebungen zur Lösung der sozialen Frage, an welcher die gemäßigten Parteien im Einklange mit den verbündeten Regierungen zu arbesten bereit und entschloffen sind, die volle Sympathie des deutschen Volkes findet. Als ein Beweis hierfür glit uns eben der Umstand, daß die oppositionellen Parteien es nicht wagen, offen einzugestehen, worauf es bei den bevorstehenden Wahlen in erster Lin ie ankommt, und die Aufmerksamkeit der Wähler von dem Kernpunkte der Wahlbeweguug abzulenken suchen; aber das dürfte nicht gelingen. Zu der äußeren Stärke Deutschlands muß sich die innere Siärke geselsen, die in der Eintracht Aller, in der gleichmäßigen gerechten Fürsorge des Staates für alle Klassen der Berölkerung wurzelt. Zu diesem Zwecke will die Gesetzgebung in der Fürsorge für das Wobl der Arbeiter so weit gehen, als im Rahmen der bestehenden Staats und Gesellschaftsordnung möglich ist. Hierzu den verbündeten Regierungen die erforderliche Unterstützung im Reichstage zu verleihen, haben die gemäßigten Parteien sich vereinigt, und sie in den Stand zu setzen, dieser Aufgabe gerecht zu werden, liegt in der Hand der Wäͤhlerschaft.

Centralblatt der Bauverwaltung. Heraug gegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten. Nr. 7. Inhalt: Amtliches: Personal Nachrichten. Nichtamtliches: Eine neuere Anordnung von Eisenbalkendecken. . Giesecke in Neu⸗ brandenburg Die neuen Hafenanlagen bei Calais. Erweiterung des preußischen Staatsbahnnetzeß und Anlage neuer Eisenbahnen untergeordneter Bedeutung. Beitrag zur Lebre vom Fachwerk. Vermischtes: Preisbewerbung um Entwürfe für die Trinitatiskirche in 6 Hamburg und sein? Bauten. Deutsche natürliche .. eine in Bezug auf ihre Festigkeit und physikalifchen Eigen⸗

aften.

EisenbahnVerordnungs⸗Blatt. Herausgegeben im Löniglichen Ministerium der 5ffentlichen? Arbeiten. Nr. 6. Inhalt: Allerböchstes Privilegium wegen Ausgabe von 1200 000 6 viereinbalbprozentiger Anleihescheine der Brölthaler Eisenbabn; Aktien⸗Gesellschaft. Vom 20. Januar 1856. Grlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 7. Februar 1890, bett. Statistik der Güterbewegung.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Unter Waffentragen im Sinne des Sozialistengesetzes ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I Straffenats, vom 12 De— zem ber 183839, das Tragen einer Waffe zu verstehen, wobei die Waffe ihrer Eigenschaft als Waffe wegen und nicht bloß des Transports wegen getragen wird; unerheblich ist hierbei der Um- stand, daß die Waffe lediglich innerhalb des Privatbesitzthums des Trägers getragen wird. .

Statiftik und Volkswirthschaft.

Zur Lage der Montan-Industrie.

Der erfreuliche Aufschwung der Montan⸗Industrie im Reg. Bez. Münster hat sich im letzten Vierteljahre noch gesteigert, sodaß die Gruben und Eisemverke Ten Aufträgen vielfach nicht mehr zu genügen vermochten. Dementsprechend zeigen Kohlen. und Eisenpreise eine noch immer steigende Richtung und wird daher zumeist mit zufriedenstellenden Ueberschüssen gearbeitet. Die amtlich vermerkten Kohlenpreife dürften durch die thatsächlich erzielten Verkauft preise noch überholt werden, wobei indessen zu berücksichtigen ist, daß die Zechen fast durchweg ihre ß ver⸗ tragsmäßig zu den niedrigen Preisen des Vorjahres ver— geben haben und darüber hingus nur sehr geringe Kohlenmengen ab— zulassen im Stande sind. Die Preissteigerung kommt somit zum größten Theil den Zwischenhändlern zu Gute. Bei dem Auf— schwunge fast sämmtlicher Gewerkszweige, besonders der Eisenindustrie, bei der Lage der Produktionsverhältnisse des Auslandes im Bergbau ist eine westere günstige Entwickelung unserer Montanindustrie wahrscheinlich. Unterstützt wird diese Ent. wicklung durch das in letzter Zeit lebhaft zu Tage tretende und vielfach schon durchgeführte Bestreben, durch Vereinigung, Ankauf u. s. w. der einzelnen Bergwersgerechtsame größere und kräf⸗ tigere Betriebs- resp. Verwaltungseinheiten zu bilden. Hierdurch wird naturgemäß ein einheitlicheres und bestimmteres Auftreten der west— fälischen Kohlenproduzenten den Abnehmern und übrigen Kohlen— märkten gegenüber ermöglicht und in Zeiten des Preisrückganges der

Preisschleuderei vorgebeugt, welche bisher den westfälischen Stein

kohlenbergbau beinahe zum Erliegen gebracht hat.

Zur Lage der Landwirthschaft.

Die günstige Ernte des letzten Jahres hat, wie uns aus dem Re⸗ gierungsbezirt Trier geschrieben wird, in Verbindung mit den er— höhten Vieh und Kornpreisen die Lage der ländlichen Bevölkerung zwar zu bessern, doch die wirthschaftlichen Schäden, welche aus den vielen vorhergegangenen wenig befriedigenden Ernten hervorgegangen sind, nicht ganz zu beseitigen vermocht. Im Allgemeinen ist indeß wahrzunehmen, daß der Landmann seit dem letzten Herbst mehr Baar⸗ mittel in Händen hat wie in früheren Jahren und zur Abtragung von Schulden im Stande ist.

Handfertigkeits⸗ Unterricht.

Die Anregung zur Einführung des sogenannten Handfertigkeits⸗ Unterrichts als eines wohlgeeigneten Erziehungsmittels für Internats anstalten haben, wie aus Aachen geschrieben wird, bereits mehr fache Erfolge aufzuweisen. In der staatlichen Erziehungs und Besserungs⸗ anstalt Steinfeld ist außer den dort schon seit langer Zeit betriebenen Handwerken neuerdings auck die Korbflechterei eingeführt worden. Im Oktober hat die Verwaltung des städtischen Waisenhauses zu Eupen die Einführung des Handfertigkeits Unterrichts angeordnet. Nachdem die nothwendigen Geraäͤthe Werkzeuge und Materialien be⸗ schafft worden, ist mit der Unterweisung in Papparbeiten der Anfang . worden. Der Unterricht wird von einem Buchbindermeister ertheilt.

Wohlthätigkeit.

Der Kaufmann A. Schröder zu Telgte (Landkreis Münster) hat aus eigenen Mitteln eine Suppenanstalt für auswärtige Schul kinder eingerichtet, in welcher zur Zeit 30 Kinder verpflegt werden. Eine ähnliche Eintichtung ist auf Anerdnung der Oberin des Er⸗ ziehungsklosters in Freckenhorst (Kreis Warendorf) getroffen; hier wird 20 30 armen Kindern täglich unentgeltlich ein warmes Mittag⸗ es sen verabreicht. In der Gemeinde Herbern (Kreis Lüdinghausen) ist durch Schwestern von der Barmherzigkeit aus dem Mutterhause Heiligenstadt eine ambulante Krankenpflege eingeführt worden. In Ochrup (Kreis Steinfurt) hat der Kommerzien · Rath Laurenz bei Gelegenheit seiner silbernen Hochzeit 15 000 M zur Gründung einer Wittwen⸗ und Waisenversorgungskasse für die Ange stellten seines Werks und 365 000 M jur Unterstützung seiner , bei Geburts-, Heiraths⸗ und Sterbefällen gestiftet.

Die Bestrebungen, welche darauf gerichtet sind, den heranwachsenden Töchtern der bäuerlichen Bevölkerung und der Arbeiterberölkerung, welche im elterlichen Hause keine genügende Anl eitung für die Ver⸗ richtungen des Haushaltes empfangen, diese Anleitung in Haus halt ungsschulen zu geben, haben im Regierungs bezirk Aach en schon seit Jahren Anhänger und Förderer gefunden. In St. Vith, im Kreise Malmedy, besteht schon seit mehreren Jahren eine solche von dem Aachener Verein zur Beförderung der n mit erheblichen Zuwendungen unterstützte Anstalt speziell für Bauerntöchter. Eine ähnliche Anstalt in der Stadt Aachen läßt sich besonders die Unterweisung der jungen Fabrikarbeiterinnen angelegen sein.

In Düren 3 neuerdings die Erben Oskar Schuoll dem dortigen vaterländischen Frauenverein Behufs Gründung und Unter⸗ haltung einer Haushaltungsschule eine Summe von 60 000 M zur Verfügung gestellt.

Kongresse.

Am 24. Februar tritt in Berlin der Deutsche Landwirth⸗ schaftsrath zu seiner 18. Plenarversammlung zusammen. Auf der Tagesordnung steht namentlich die Berathung über den Entwurf des bürgerlichen Gesetzbuches. Am 25. Februar ist im Architektenhause die 21. Hauptversammlung des Kongresses deutscher Land- wirthe, welche unter Anderem über das Gengssenschaftsgese berathen wird, und am 26. in demselben Lokal die 15. General⸗ versammlung der Vereinigung der Steuer und Wirth⸗ schaftsreformer, welche Rentengüter und Reform der direkten Steuern in Preußen auf ihre Tagesordnung gesetzt hat.

Umfang und Geschäftsergebnisse der bestehenden Post⸗ sparkassen im Jahre 1887.

Dem in Nr. 44 des . R. u. StA.“ erwähnten 35, Geschäfts˖ bericht des britischen General ⸗Postmeisters über die englischen Post⸗ sparkassen ist auch eine sorgfällige Zusammenstellung über alle wich tigeren Verhältnisse in den Poftsparkassen anderer Länder beigefügt, welche sich auf das Jahr 1887 bezw. 1887 / 88 erstreckt. Wir entnehmen derselben folgende Uebersicht (die dem Namen des Landes in Klammern eg, ö Zahl bezeichnet das Jahr der Errichtung der Post— parkasse):

qut- cl.

haben (ein Zinsen) in * Tausend Mark

t- umlaufende stattgehabte . . Ein⸗ Rũck⸗

Spar Post . Spar ahiungen zahlungen u. s. w. stellen bücher in Tausend Mark 3

Staaten

Gesamm:

Niederlande (1881) . 1164 169 027 12739 9348 Belgien (1870) .. 624 542 057 91991 77 875 Frankreich (1882) . 6712 979 597 115 509 94003 . (1876) . 4237 1570 810 127 534 117 000

esterreich (1883) 4 356 597 708 29 959 26 646 Ungarn (1886) . . 2982 110 939 6 091 4647 Schweden (1884). . 152 004 2108 1314 Großbritannien und

Irland (1861). . 8720 3951 761 330719 293 605 1079481 Canada (1868). . 433 101 693 30 889 30 056 82 756 Kapland (1884). . 141 12 858 4288 3575 5 336 Cevlon (1885) .. 144 6 685 268 Indien (18823. . 6048 219 010 88 881 51 763 85 039 Neu Süd ⸗⸗Wales

i875. 313 64 0022 21540 19977 30 0289

Neu Seeland (1867) 283 79724 26243 23648 36 262 Queensland . 113 39780 18887 18298 28 520 Süd⸗Australien . . 109 60 301 21 002 21581 32 551 Tasmanien (1882) . 2996 824 705 920 Victoria (1865) . . 280 82 8576 19149 17296 28 130

Der von den genannten Staaten gewährte Zinsfuß beträgt bei Großbritannien und Irland 23, in den Niederlanden 2.54, in Bel gien, Frankreich und Desterreich 3, in Italien 3t, in Ungarn und Schweden 3,6 6/9. In den Kolonien des vereinigten Königreichs wird das Post⸗ Sparguthaben wie folgt verzinst: in Indien und Tasmanien mit 33, in Kapland mit 33, in Canada, Neu ⸗Südwales und Victoria mit 4, in Neu ⸗Seeland mit 48, in Queensland und Süd-⸗Australien mit 30); von Ceylon liegt keine Angabe darüber vor.

Außer Betracht gelassen in der englischen Quelle sind die Post— Sparkassen Japan, errichtet 1875, die unter Mitwirkung der Post«— anstalten thätige Staats ⸗Sparkasse in Rumaͤnien, errichtet 1880, sowie die in verschiedenen kleineren britischen Kolonien vorhandenen Post bezw. Staats-⸗Sparkassen, nämlich die PostSparkasse von Helgoland, errichtet 1885, die von Gibraltar, errichtet 1882, und die unter Mitwirkung der Postanstalten thätige Staats- Sparkasse in Sierra Leone, welche ebenfalls im Jahre 1882 errichtet wurde.

Italiens Waaren-Ein- und Ausfuhr im Jahre 1889.

In dem Bericht der italienischen General-Zolldirektion über den Monat Dezember 1889 sind wie gewöhnlich auch summarische An—⸗ gaben über den Handelsverkehr Italiens im ganzen abgelaufenen Jahre 1889, verglichen mit dem Vorjahre, enthalten. Die M. .A. Z. entnimmt dem Bericht Folgendes: Der Gesammtwerth der eingeführten Waaren belief sich im Jahre 1889 auf 1 390 679 788 Lire und überstieg denjenigen des Vorjahres um 216 078 206 Lire. Der Werth der ausgeführten Waaren betrug im letzten Jahre gö0 475 905 Lire, d. b. um 58541 366 Lire mehr als im Vor⸗ jahre. Hieraus ergiebt sich im Jahre 1888 ein Ueberschuß des Einfuhr werthes über den Ausfuhrwerth von 282 667 043 Lire, im Jahre 1889 von 440 203 8583 Lire; mit anderen Worten: der Ueberschuß der Einfuhr über die Ausfuhr ist im letztveiflossenen Jahre um 1573 Millionen gestiegen. Indessen ist zu beachten, daß die Preise vieler Waaren im Laufe des letzten Jahres eine nicht unwesentliche Erhöhung erfahren haben, welche für die Ausfuhrwaaren auf 4,42 e, für die Einfuhr waaren auf 29½ berechnet wird. Unter Berücksichtigung dieses Um- standes sind von dem Gesammtmehrwerthe der Ausfuhr 40 179 588 Lire, von dem der Einfuhr 27 008 642 Lire in Abzug zu bringen, so— daß als reiner Ausdruck der Quantitätszunghme bezw. die Ziffern 189 066 564 (für die Einfuhr) und 18361 778 (für die Ausfuhr) an⸗ zusehen sind. Die Nahrungsmittel haben im letzten Jahre zu dem Einfuhrwerthe von 216 Millionen nicht weniger als 795 Millionen beigetragen, und ihr Antheil würde sich noch höher gestellt haben, wenn nicht das ausländische Getreide, welches die Hälfte des genannten Werthes darstellt, einen Preisfall von etwa 10 ½ erlitten hätte. Wenn die Staatskasse durch die n, ,,,. einen Vortheil gehabt hat, so ist das Verhältniß für die Landwirthschaft offenbar kein günstiges. 3 der Zollerhöhung ist die Getreideeinfuhr von 669 789 t im Jahre 188 auf 872743 t im Jahre 1888 gestiegen, was an Zosseinnahmen über 10 Millionen ergeben hat. Desgleichen ist die Einfuhr der geringeren Cerealien, namentlich des Mais, ebenso des Reis, be⸗ trächtlich gestiegen. Dasselbe gilt von den Kolonialwaaren und in geringerem Grade vom Bier, dem Sprit und dem Olivenöl. Be⸗ treffs der Spriteinfuhr, welche durch das neue Gesetz über die Sprit fabriken eine plötzliche und starke Vermehrung erfuhr, ist zu be— merken, daß die italienische Fabrikation bereits daran ist, der ausländischen Konkurrenz Schritt für Schritt den Boden wieder ab⸗ zugewinnen. Die gewerblichen Rohprodukte zeigen eine Er— höhung des Einfuhrwertheg um 117 Millionen. An den vier Hauptartikeln: Baumwolle, Seidenkokons, Rohfeide und Kohlen allein wurden 1889 für 81 480 259 Lire mehr eingeführt als im Jahre 1888; doch entfallen davon nur eirea 485 Millionen auf die quantitative Vermehrung, der Rest auf Preissteigerung der Waaren. Auf eine steigende Entwickelung der italienischen a. fabrikation deutet die erhöhte Einfuhr vsn Holj⸗ und Strohmasse, welche im letzten Jahrzehnt von 6606 auf 10 006 Doppelcentner ge— stiegen ist, sowie die fast zu Null gewordene Lumpenausfuhr und der immer wachsende Papierexport.

tunft und Wissenschaft.

Im Königlichen Kunstgewerbe- Museum hat am Dienstag die Ausstellung der Gruppe VIII der Stoff sammlung be⸗ onnen. Dieselbe enthält die Teppiche zumeist älterer orientalischer Arbeit. Die betreffenden Vorträge wird am Sonnabend, den 22. Professor Dr. Lessing, am Donnerstag, den 27. Abends Br. Alfred Meyer halten. Mit dieser Gruppe schließt am 2. März die am 2. November 1889 begonnene Ausstellung der ,,, Zu gleicher Zeit sind auf Befehl Sr. Majestaät des Kgisers und Königs zwei Prachtsättel mit vollem Reitzeug, ein Geschenk Sr. Majestät des Sultans, im Lichthofe ausgestellt. Ver Herren. sattel ist in europäischer Art gehalten und mit dem Reichswappen geschmückt, der Damensattel in reichem Goldbrokat gearbeitet.

t Vom 15. Oktober bis 19. Nobember v. J. ist in Bitburg, welches in römischer Zeit eine Hauptstation an der Trier Kölner Straße war, die römische ÜUmmauerung dieses Ortes untersucht und bis auf einige Punkte festgestellt worden. Es ergab sich, daß diese Ummauerung wie die früher in NiÜipmagen und Jünkerath unter— suchten als eine befestigte Straßenftation anzufehen sst, und daß sie, in Technik und Bauart den genannten Befestigungen gleichend, wie diese in der Zeit Diolletians oder Constantinss erbaut. worden ist. Die Römerstraße zieht von Norden nach Süden mitten durch die Befestigung. Letztere hat eine ovale Form und im Innern von Norden nach Süden eine größte Ausdehnung von etwa 160 m und von Westen nach Osten von 133, o m. Die Mauer ist 3, 80 m brelt und mit 9, 69 bis 10 20 m , . Rundthürmen versehen. Außer den Thoren müssen 14 Thürme vorhanden gewesen sein, von denen 12 in größeren oder

kleineren Resten festgestellt sind. Hiervon ergaben sich 3 Stück als Hohl⸗!

thũrme, für einen 4. wird die gleiche Anlage vermuthet, während die übrigen Thürme Vollthürme sind. Am Eingang und Austritt der Römer straße aus der Befestigung lag je ein Thor. Das nördliche ist fast vollständig zerstört und von dem südlichen ist nur ein Theil des einen Tbortburmes erhalten, welcher wie die Thorthürme der porta nigra in Trier nach Außen halbkreisförmig über die Manerflucht bervor⸗

noch ungewöhnlich gut erhalten, indem sie, auf der Westseite des Ortes zum Theil freilich in mittelalterliche M ö. , noch viele Meter hoch über dem Erdboden emporragt bnd auf den übrigen Seiten gleichfalls stellenweise noch hoch aufstebt und fast allenthalben unter 8 Erde , ö

Das von dem Prinz -Regenten von Baver iftet Armee Denkmal fuͤr die Feldherrnhalle in z rn che gj der M A. Ztg. zufolge, von seinem Schöpfer Ferd von Miller in Thon lebensgroß vollendet worden und wird nun in Gips

hüllung des Denkmals dürfte bis 12 März 1591 (70 Geburtstag des Prinz Regenten) oder 28. Juni sg! (20 jähriger Ge⸗ denktaz des Truppeneinzugs in Munchen) entgegengesehen werden. Das Denkmal hat gegenüber dem eiften Hülfsmodell eine Veränderung dadurch erfahren, daß die dritte modellirte Figur, die Figur der heranwachsenden Generation, in Wegfall kam, um den mächtigen Eindruck der Hauptfigur, des mit griechischem Helm bedecten Kriegers

welcher mit dem Schild in der Rechten den Frleden beschützt, und den Eindruck der Figur des Friedens nicht abzuschwäöchen, sowie das Symbol der

Kraft des Volks, einen zu den Füßen“ des Kriegers und des Friedens wachenden Löwen, in größerem Umfange behandeln zu könn-. Der Krieger schwingt in der nervigen Linken das mit dem Löwenknauf geschmückte nicht entfaltete Felözeichen der Armee gegen das Sieges ther, feurig und siegesbewußt sieht er dem Feinde entgegen, denn er

will das Schwert ziehen, um den Frieden des Vaterlandes zu schirmen.

Die Verkörperung des Friedens in elner schlanken helden weiblichen Gestalt ist in den edelsten Formen durchgeführt. Die Gesammthöhe des Denkmals

vom Marmorsockel bis zum Fahnenknauf ist 24 Fun, die Figurenhöhe

des Kriegers etwa 17, die des Friedens 14 Fuß“ Die Figur des

Löwen nimmt eine Länge von 470 m ein. Der Gesamm ein druck des

sinnvollen, Antike und Zeitrichtung vereinigenden Denkmals hat in

seiner endgültigen Gestalt nur gewonnen Und wird Unter allen in Guß

ausgeführten Benkmälern Münchens oberan stehen.

Dem iünast verstorbenen als Dichter wie als Kanzelredner hochgefeierten Oper -Hofprediger Or Karl Gerok soll, wie die „Magd. Ztg.“ mittheilt, ein würdiges Denkmal in Stuttgart errichtet werden. Die einleitenden Schritte sind bereits geschehen. Dem Denkmaleomits gehören der Kultus Minifter Hr. von Sarwey, Justiz-Minister Dr. von Faber, der General. Adjurant des Königs, der Ober . Bürgermeister, der Ober ⸗Baurath Hr. von Leins und zahlreiche andere boch angesehene Männer an. r

Der Nordlandsahrer Dr Nansen hielt in der Geographi-⸗ schen Gesellschaft in Christian ia am 18. Februar einen Vor= trag über die von ihm geplante Nordvol⸗Erpedition. Er be⸗ absichtigt, ein möglichst starkes Schiff bauen zu lassen mit stark ein⸗ gebogenen Sziten, um vom Eise nicht zerdrückt, sondern eher gehoben zu werden. Die Fahrt soll durch die Behrisg-Stecaße gehen, und es soll versucht werden, mittels der dort vorhandenen günstigen Strö⸗ mung soweit wie möglich nordwärts zu gelangen uno wthanlichst bald die neu ⸗sibirischen Inseln zu erreichen. Von hier aus soll die Weiter reise nach dem Nordpol stattsnden, bis wohin der Strom wahrschein⸗ lich führe.

Handel und Gewerbe.

Die Rhein. West

ö he berichtet vom rheinisch⸗west⸗ fälischen Eisen- und

Stahlmarkt: Die Geschäftslage des

immung ist eine ruhige, im Uebrigen aber feste und zuversichtlicke. Die Vorgänge in England haben auf das reelle Geschäft kaum einen Einfluß ausgeübt. Die Vermuthung, daß die Verhältnisse auf dem englischen Markte, weil durch Speku⸗

jetzt auch, Markt

weniger lebhafte Nachtrage hat noch für keine Roheisensorte zu einem Preisrückgange gefuhrt, im Gegentheil behaupten sich sämmtliche Preise fest auf ihrem früberen Standpunkte. Auch die im Verhältniß zu den Vormonaten nicht gerade günstige Statistik hat das Vertrauen auf die gesunde Lage des Eisengeschäfts nicht erschüttern können. Die Lager vorräthe zeigen nämlich, obgleich die Erjeugung gegen die beiden Vormonate um tund 11600 t zurückgegangen ist, eine Zunahme von nabe 3000 t, während dieselben im vorigen Jahre, verschwindend

haben. Die Ursace der Mindererzeugung dürfte jedoch wohl in erster Linie auf die Knappbeit der Brennmaterialien sowie auf die Störung des Betriebes durch äußere Ursachen zurüchuführen sein. Eine Ab⸗ nahme der Produktion zeigt sich hauptsächlich bei ö. und Thomaseisen. Es bleibt noch zu bemerken übrig, daß, abgesehen von der geringen Zunahme der Lagervorräthe, die letzteren für sich be⸗ trachtet klein sind, da sie nur einer 8: bis gtägigen Produktion entsprechen. Auf dem Walleisenmarkt herrscht andauernd feste Tendenz. Die Stabeisenpreißse sind fest und die Werke auf längere Zeit hinaus mit Aufträgen versehen. Auch für Bandeisen ist die Stimmung unverändert fest und zuversichtlich. Aenderungen in den Preisen sind nicht zu verzeichnen; da jedoch die Deckungskäufe meist schon gemacht sind, so kommen verhältnißmäßig wenig größere Abschlüsse zu Stande. Die Grobblechwalzwerke sind ohne Ausnahme lebhaft beschäͤftigt. Das selbe ist von den Feinblechwalzwerken zu melden. Bereits Ende Januar batte der Verband über die Hälfte des vorigjährigen Versands an Aufträgen gebucht. Die Marktlage zeigt eine feste Haltung, wenn auch die Preise vorläufig noch keine steigende Tendenz verrathen. Die bis jetzt vorliegenden Aufträge dürften ausreichen, um den Werken den Betrieb bis Ende Juli zu sichern. Für Walzdraht, gezogene Drähte und Drahtstifle hat sich die Konjunktur noch nicht verändert. In den Maschinenfabriken, Eisengießereien, Bahnwagenbau⸗ anstalten ist Alles beim Alten geblieben. In der Metaligießerei, frertell Gelbguß, ist es sehr leöhaft, trotzdem sind die Preise ge⸗ dräckt und in keinem richtigen Verhältniß zu den Gestehungskosten. Dem Aufsichtsrath der Zwickauer Bank in Zwickau wurde von der Direttion die Bilanz und die Gewinn und Verlustrechnung für das Jahr 1889 vorgelegt. Nach denselben hat sich das Geschäft im vergangenen Jahre sehr günstig entwickelt und ist die Bank von Verlusten verschont geblieben. Der Abschluß ergiebt einen Brutto⸗ gewinn von 186761 66 und zwar auf Wechsel-⸗Conto 56 229 M (1888 48120 AM), Effekten und Sorten Conto 21 508 S (1888 20 676 ). Zinsen⸗Conto 37 065 M (1888 40 431 M6), Provisions- Conte 710 121 4 (1888 47 048 M6), Immobilien ⸗Conto 1057 (1888 6017 46), verfallene Dividende 21 M (18853 30 4. Eingänge auf höher abgeschriebene Forderungen 750 Mn Abzüglich der Unkosten in Höhe von 38 290 „6 und Abschreibung auf Mobilien · Conto mit 1480 4 verbleibt ein Reingewinn von 145 951 4A (gegen 122 120 MS in 1888), dessen Verwendung mit 7350 M zur Dolirung des gesetzlichen Reservefonds, 19 688 „6 für Tantismen an Aufsichtsrath, Direktion und Beamte, 23 gö3 zur Dotirung des Spezial Reservefonds, 96 000 1 zur Vertheilung einer Divsdende von 8oso (4060 in 1888) der demnächst einzuberufenden General- versammlung vorgeschlagen werden wird. Reservefonds und Spenial«

Reservefonds werden sich unter Berücksichtigung vorstehender Zu— weisungen auf 129 150 stellen.

springt. Im. Allgemeinen ist die Bitburger Römerfestung

ausgeführt, um sodann in Bronze gegossen zu werden. Der Ent

tes weicht im Wesentlichen von der der

kleine Differenzen ausgenommen, doch eine stete Abnahme gezeigt

ö. K ; w 3 ĩ 9 2 ö j K * . K ; . = 83 K // E . 2 2 6 2 6 K 2 J 24 * 3 k ö

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