1890 / 52 p. 9 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 26 Feb 1890 18:00:01 GMT) scan diff

wohl überlegen, in welcher Weise wir sie bekämpfen. Wenn die ren, die dem Abg. von Eynern nahe steten, die üte haben wollten, mit uns in diesem Kampfe zu⸗ fammen zu wirken, so würde uns das freuen. Itzt Haben sich die Herren zu Hause gehalten und eine Pfeife Taback geraucht. Mit Zwangemitteln allein ist die Sozialdemokratie nicht zu unterdrücken; wir müssen ihr auch beikommen auf sittlichem Gebiet, auf dem Gebiet der Religion und durch Abstellung der begründeten Beschwerden des ar⸗ beitenden Standes. Das letzte ist viel zu wenig geschehen, und ss ist eine Freude für mich, daß jetzt von Allerhöchster Stelle aus die Angelegenheit endlich in Angriff genommen wird. Ich wünsche, daß ron allen Seiten in kräftiger Tonart die Inten⸗ tionen St. Majestät unterstützt werden. Ich habe in den Kreis⸗ blättern und in den offiziösen Blättern noch nicht viel davon ge⸗ lesen. Wenn man bei Anstellung von Beamten Mittel hat, zu er⸗ kunden, ob die Kandidaten katholisch sind, in die Kirche gehen u. s. w, warum sollte es bei den Schutzleuten nicht möglich sein? Wenn der Abg. Stöcker meinte, das führe zur Heuchelei, jo müßten wir danach überhaupt aufhören, eine Kontrole zu üben. Die Beamten müßten beim Kirchenbesuch mit besonders gutem Zeispiel vorangehen, Daß man die Schutzleute in der⸗= selben Weise wie das Mililär zur Kirche führe, habe ich nicht . Ich habe dies Beispiel nur angeführt, um zu zeigen, daß überhaupt eine Kontrole möglich ist.

Abg. Stöcker: Die rechte Seite hat nur darüber gelacht, daß man die Schutzleute in die Kirche führen und gleichsam eine Statistik über ihren Kirchenbesuch aufnehmen will. Dieser Vorschlag ist falsch und hat in der That etwas Komisches. Im Jahre 18458 sagte man; gegen Demokraten helfen nur Soldaten. Ich habe dem jüngst in einer Volksversammlung das Wort gegenübergestellt: gegen Sozialisten helfen nur Christen, aber richtige!

Abg. von Ey nern: In Solingen hatten sich sämmtliche Parteien geeinigt, einen einzigen Kandidaten gegen den Sozial⸗ demokraten aufustellen und eine geeignete Persoͤnlichkeit in der Person des katholischen Landesdirektors Klein gefunden. Diese Gemeinsamkeit der Aktion ist aber von der Centralleitung des Centrums nicht gebilligt worden, als Hr. Klein erklärte, daß er wegen seiner amtlichen Stellung sich nicht entschließen könnte, einer bestimmten Partei beizutreten; an der centrumsfreundlichen Gesinnun des Kandidaten konnte kein Zweifel sein. Mein Zwischenruf, daß die Centrumspartei einem Sozialdemokraten zum Siege verholfen habe, war deshalb durchaus gerechtfertigt, und die Jiede des Abg. Dr. Windthorst steht im Widerspruche mit dem Verhalten der Partei im Lande.

Abg. Bachem: In dem Kreise Solingen ist die Centrums⸗ partei nach der sozialdemokratischen die stärkste. Es ist des⸗ halb natürlich, daß sie darauf besteht, auch den Kandidaten zu nominiren. Die Partei müßte sich ohrfeigen lassen, wenn sie davon absähe. Wir sind aber nicht geneigt, uns ohrfeigen 39 lassen, namentlich nicht von den Nationalliberalen in dem

ugenblick, wo der Bankerott dieser Partei offenbar ist und sie gar nichts mehr bedeutet. Die nationalliberale Partei wollte in Solingen ihre Schwäche nur hinter dem Centrum verstecken; daß wir das vereitelt haben, das ist der Schmerz des Abg. von Eynern. Das Centrum hat den Kampf gegen die Sozialdemokratie in Solingen wieder energisch auf⸗ genommen, und der Abg. Reichensperger hat denn auch eine ebenso erhebliche Stimmenzahl wie früher erhalten. Die Nationalliberalen aber zogen es vor, gar nicht zu wählen,

um nicht zu zeigen, we Wenige sie sind. Sitzen nicht aber auch sonst mehrere Sozialdemokraten von Gnaden der Herren National⸗ liberalen im Reichstage? In München 1II. war die ganze hohe nationalliberale Beamtenschaft für den Sozialdemokraten einge⸗ treten. Besonders aber sind Köln und Hannover interessante Punkte zur Beleuchtung der Entrüstung des Abg. von Eynern. Im Jahre 1884 ist mir ein Brieswechsel in die Hand gefallen, aus dem hervorgeht, daß damals in Hannover die National⸗ liberalen für den Sozialdemokraten gegen Hrn. Brüel ein⸗

jutreten sich verpflichteten, wenn sie bei der Süichwahl in Köln

die Unterstützung der Sozialdemokraten gegen das Centrum

= crhielten. Thatsächlich haben sie auch in Hannover dem Sozialdemokraten zum Siege verholfen; in Köln haben freilich

die Sozialdemokraten nicht die entsprechende Hülfe geleistet. ch verweise ferner auf die Vorgänge in Magdeburg im

ahre 1884 und auf andere Orte.

MBräsident von Köller: Ich kann nicht erkennen, worin diese Erörterungen mit dem Gehalt des Ministers zusammen⸗ hängen. Ich bitte jedenfalls nicht noch weiter in diesen

. Gegenstans hineinzugehen, als bisher schon geschehen ist.

Abg. Bachem Gfortfahrend): Ich wollte nur zeigen, daß die Entrüstung des Abg. von Eynern über das Centrum ganz und gar nicht am Platze war.

Abg. Pr. Windthorst: Ich bedaure, daß ein so in⸗ telligenter, ausgezeichneier, hraver Katholik, wie der Landes⸗ direktor Klein, nicht in den Reichstag gekommen ist. Er würde uns auf vielen Gebieten die nützlichsten Dienste haben leisten können. Dann hätten Sie doch dem Herrn sagen sollen, daß er auch der Fraktion des Centrums beitreten könne. Wir können bei den Wahlen keinen Katholiken unterstützen, der uns nicht beitritt. Wir würden uns dann selbst aufgeben. Das haben wir aber einstweilen noch nicht vor.

Abg.; von Eynern: Die Nominirung des Hrn. Klein, auf welche der Abg. Bachem Werth legt, war in der That von der Leitung des Centrums im Kreise Solingen erfolgt.

Abg. Dr. Sattler: Im Jahre 1884 war allerdings eine Anfrage aus Köln an mich ergangen in dem von dem Abg. Bachem bezeichneten Sinne. Der Abg. Bachem weiß aber auch, daß ich dieses Ansinnen abgelehnt habe. Woher weiß er aber überhaupt etwas hiervon? Er hat einen Brief, den ich an einen Namensvetter von ihm ge⸗ richtet habe, gelesen, der widerrechtlich in seine Hand gelangt war. Nur der fanatische Parteigeist des Hrn. Abg. Bachem kann ihn verhindert haben, der Wahrheit so weit die Ehre Zu geben, zu erklären, daß ich das Ansinnen aus Köln . Lehnt habe. Er würde folche Gehässigkeit nicht entwickeln, wenn er nicht der Meinung wäre, daß wir ihm und seinen Freunden die , Gegner seien.

Abg. Dürre: Die Behauptung des Abg. Bachem, daß Die Nationalliberalen in Magdeburg im Jahre 1884 zu Gunsten eines Sozialdemokraten eingetreten seien, ist unwahr. Als Büchtemann mit Heine in die Stichwahl kam, wurde in einer Versammlung vielmehr von einem Dutzend Redner er⸗ klärt, wir müßten für Büchtemann eintreten, und von keiner Seite angedeutet, daß wir anders handeln könnten.

„Abg. Bachem: Ich bin nicht durch Verletzung des Brief⸗ geheimnisses hinter die a. te zwischen Köln und Hannover gekommen.. Daß etwas geschehen ist, haben Sie aus der Art

und Weise, wie der Abg. Dr. Sattler auftrat, gesehen. Brief. verwechselüngen kommen häufig vor. Man macht den grief auf und Ües. Aus dem Inhalt ersieht man ia erst die Jer= wechselung. In Köln giebt es einen Stadtverordneten Dr. Albert Bachem, Fiedacteur der „Kölnischen Zeitung, und einen Julius Bachem, Redacteur der Kölnischen Volkszeitung! So ist ein Brief für den Redacteur Dr. Albert Bachem an die „Kölnische Volkzzeitung“ gekommen, und zwar in meiner Abwesenheit. Von Anem zwelten Brief weiß ich nichts, ich weiß nur, daß Anbandlungen zwischen Nationalliberalen in Hannover und Sozialdemokraten in Köln n, , haben. Thaisache ist, daß bei der Wahl in Magdeburg 1884 der Sozialdemokrat mit Hülfe der Nationalliberalen gewählt worden ist.

Abg. Dr. Sattler: Ich stelle fest, daß der Rechtsanwalt Julius Vachem, Redacteur der „Kölnischen Volkszeitung“, zinen Brief an den Redacteur Dr, Albert Bachem, Nedacteur der „Kölnischen Zeitung“, erbrochen hat oder durch seinen Vertreter hat erbrechen lassen. Das hat der Rechtsanwalt Bachem hier eingestanden. Ein zweiter Brief ist ebenfalls von

und gelesen worden, der an Nedacteur Dr. Bachem gerichtet war. Rechtsanwalt Julius Bachem benutzt die Kenntniß dieses Briefes, um hier in öffentlicher Sitzung des Abgeordnetenhausets meine Partei anzugreifen. Ich überlasse das dem Urtheil des Hauses. Eine Verabredung zwischen unserer Partei und den Sozial⸗ demokraten über die Wahl in Köln hat nicht stattgefunden. Wenn der Abg. Bachem dies bestreitet, so huldigt er damit dem Grundsatz: calumniare audacter, semper aliquid haeret.

Abg. Pr. Windt horst erklärt es der Bemerkung des Abg. Slöcker gegenüber, daß er durch Vorbringung der Be⸗ schwerden der Katholiken die Unzufriedenheit erhöhe, für eine wichtige Aufgabe des Hauses, die Beschwerden des Volkes vorzutragen. Durch Erfüllung der berechtigten Beschwerden der Katholiken werde der Ueberwucherung der Sozialdemokratie vorgebeugt. Daß eine Parität nicht herrsche, bewiesen die neuen Etgennungen im Kultus⸗Ministerium, im Ministerium des Innern und bei anderen Behörden. . .

Abg. Dürre: Es ist niemals von nationalliberaler Seite empfohlen worden, für einen Sozialdemokraten zu fümmen. Auch der Ausfall der Wahl in Magdeburg spricht nicht dafür; mir ist nicht ein einziger von meinen Partei- genossen bekannt, der 1881 für den Sozialdemokraten gestimmt

ãtte. ; Abg. Bachem: Der Abg. Dr. Sattler stellt es so dar, als hätte ich den Auftrag gegeben, den Brief zu erbrechen. Hätte ich das gethan, hätte ich mich allerdings einer Infamie schuldig gemacht. Als der Brief in Köln ankam, war ich ar nich! da, ich konnte also keinen Einfluß bezüglich des riefes auzüben. Ich habe erst mehrere Tage nachher durch Zufall von dem Brief Kenntniß erhalten. Es ist kein Unrecht, Jon einer solchen durch Zufall bekannt gewordenen Thatsache Gebrauch zu machen. Von einem zweiten Briefe habe ich bis heute nichts gewußt.

Abg. Dr. Sattler: Ich habe festgestellt, daß der Rechts⸗ anwalt Bachem, oder sein Stellvertreter, einen Brief von mir an eine andere Adresse aufgebrochen und gelesen hat. Das kann vorkommen, das Gravirende Uiegt aber darin, daß der Abg. Bachem sich nicht scheut, von dem Inhalt dieses Briefes hier in der Sitzung des Abgeordnetenhauses Gebrauch zu machen. Eine NMeinungsverschiedenheit über ein solches Ver⸗ fahren kann es nicht geben; Hr. Bachem hat eine andere Mei⸗ nung, möge er sie haben.

Damit schließt die Diekussion.

Rach einigen persönlichen Bemerkungen der Abgg. Bachem und Dr. Sattler wird Tit. 1 der dauernden Ausgaben, „Ge⸗ halt des Ministers“, bewilligt.

Schluß 4M Uhr.

In der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeord⸗

neten entgegneie auf die Aeußerungen der Abgg. Sombart und Lucius (Erfurt) der Minister des Innern Herrfurth: Meine Herren! Was zunächst den vom Hrn. Abg. Lucius zur

Sprache gebrachten Fall anlangt, so bin ich nicht in der Lage zu er- klärten, worauf es beruht, daß vier Monate zwischen der Wabl und der Einkührung des neuen Bürgermeisters in Erfurt vergangen sind.

Es ist zu dieser Wahl die Einholung der Allerhöchsten Bestäti⸗ gung erforderlich gewesen, Diese Allerhöchste Bestätigung ist eiwa rier Wochen vor der Einführung bei mir beantragt werden und ist dieselbe, welche stets ein pꝛat Wochen in Anspruch nimmt, mit tbun⸗ lichster Beschleunizung nachgesucht und ertbeilt worden. Ich kann feststellen, daß dem Ministerium eine Verzögerung in dieser Angelegen⸗ heit nicht zur Last fällt.

Ich möchte aber auch kaum glauben, daß einer Provinzialbehörde eine derartige Veizögerung zur Last gelegt werden kann. Denn bei Besetzung einer so wichtigen Stelle ist es nothwendig, sich bei den Bebörden des Gewäblien über dessen Persönlichkeit, über das, was er bisber auf ksmmunalem Gebiet geleistet hat, zu informiren, und der⸗ artige Cocrespondenzen nehmen natürlicher Weise eine größere Zeit in Anspruch. Es müssen ferner die Formalien der Wabl geprüft werden, und ich glaube, daß ein Zeitraum von vier Monaten von der Wahl bis zur Einführung keineswegs als ein solcher beneichnet werden kann, der auf eine Verzögerung bei den Bebörden irgendwie einen Schluß ziehen läßt.

Ich möchte sodann guf die Anforderung des Hrn. Abg. Sombart zurüdtommen. Meine Herren, die Ermittelungen über die Ver⸗ hältnisse der Gutsbezirke und Landgemeinden der östlichen Pro— vinzen sind in den Richtungen, welche ich hier im vorigen Jahre stizzirt habe, ununterbrochen fortgeführt worden; sie sind aber noch nicht soweit zum Abschluß gelangt, daß die Königliche Staats. regierung sich ibterseits über die gesetzäeberischen Maßnahmen auf diesem Gebiete hätte schlüssig machen können. Wenn ich daher auch nicht in der Lage bin, über diese gesetzgeberischen Maßnabmen mich bier näher zu außern, so möchte ich doch den Punkt bervorheben, daß die Ermittelungen über den Umfang des Bedürfnisses und die darüber eingezogenen böchst verschiedenartig lautenden Kundgebungen und Be richte der lokalen und. Provinzialbehörden nothwendiger Weise zu der Erwägung geführt baben, ob und inwieweit es möglich sei, den vorhandenen Mißständen in den ländlichen Koinmunalverhzltnifsen mit den Maßnahmen zu begegnen, welche die beste bende. Gesetzgebung bereitz an die Hand giebt, und ob und inwieweit es nothwendig ist, die Klinke der Gesetzgebung in die Hand zu nehmen. Meine Herren, es sind desbalb die sãmmtlichen Behörden aufgefordert worden, ibrerseits die Frage in Erwägung zu nehmen, inwieweit diesen Mißstãnden mit der lex lata eine ausreichende Abhülfe geschafft werden könne und ir wieweit und in welchem Umfange man auf die lex ferenda zurückgreifen müsse.

Daß aber in einem sehr erheblichen Umfange Riesen Mißständen, und zwar auch gerade denen, die Hr. Abg. Som⸗ bart hervorgeboben hat, bereits mit Hülfe, der bestehen. den Gesetz gebung Abhülfe geschafft werden kann, das bat allerdings die Erfahrung in, einzelnen Fällen in folchen Benrken und Kreisen gezeigt, wo die Bebörden mit besonders umsich⸗ tiger und thatkräͤftiger Initiative vorgegangen sind.

Giner der wesentlichsten Mißstände wird bekanntlich in dem Be⸗ stehen sehr zahlreicher leistungsunfähiger kleiner Gemeinden

und Gutsbezirke gefunden. Dieser Mißstand wird von keiner

dem Rechtzanwall Julius Bachem resp. einem Vertreter erbrochen

Seite in Abrede und kann nicht in x wenn man daß unter den rund Al 500 aden, wel in den östlichen Provinzen vorbanden sind, 1600 weniger als 50 Ein- wohner und 805 rund weniger als 100 Einwohner haben, und 33 von den etwa 15500 Gutgbezirken in den östlichen Propimen 7 , 7s ha und eima 1700 weniger wie 159 Ra um fassen.

n, meine Herren, ist aber allerdings die Möglichkeit gegeben. auf Grund der bestebenden Gesetzgebung bier nach den verschiedensten Richtungen kin Abhulke zu schaffen. Zunächst hat sich berausgestellt. daß eine Anzahl selbstãndiger Gutsbey cke irrthümlich als solche be⸗ zeichnet und bebandelt werden, indem man davon ausgegangen ift, daß allen wirthschaftlich selbständigen Gütern diese Qualität beiwohne. wäbrend nach der Judikatur des Ober. Verwaltungegerichtg diese Qualität von dem Umstande abbängig ist, ob vor Emanation der GCdikte von 1807 und 1811 bei dem beireffenden Gute das Verhältniß der Gutsunterthänigkeit obgewaltet habe. Wo diese Voraug⸗ setzung nicht vorhanden gewesen, fehlt die rechtliche Grundlage für die Existen; der selbstandigen Gutsbezirke. Güter der vorbezeichneten Art sind faktisch kommunalfrei und können dann arf Grund der bestehenden Gesetzgebung mit benachbarten Gütern vertinigt werden. .

Sodann bietet die Beftimmung im 8. 189 Theil IJ Titel 6 des Allgemeinen Landtechts die Möglichkeit, solche Gutsbezirke, welche durch Abverlãufe, durch Zersplitterungen fak tisch den Gharakter einer selbftändigen kommunalen Einheit verloren haben, während ihnen ht lich dieser Charakter noch beim obnt, durch, eine Aller. köchfte Ordre aufzulösen und die dadurch kommunalfrei werdenden Grundstügle benachbarten Gemeinden einzuverleiben. Endlich aber ist die Mözlickkeit gegeben, daß derartige kleinere Bezirke sich mit anderen kleineren oder größeren Bezirken zu leistungsfähigen Verbänden rer⸗ einigen, und zwar auf dem . freier Vereinbarung unter Zuftimmung der Betheiligten, d. h. bei Gutsbezirken unter Zustimmung des Gutsbesitzers, bei Landgemeinden unter Zustimmung der Gemeinde vertretungen. Daß aber auf diesem Gebiete sebr erhebliche Resultate erreicht werden können, ergeben einzelne Beispiele In einem Regierungsbezirke, in welchem allerdinge verhãltnißmãßig viele solcher kleinen leistungsunfähigen Kommunaleinbeiten bestehen, sind im Laufe der 2. „m Jabre. 1185 kleine Gutsbezirke und Gemeinden im Wege freiwilliger Vereinbarung zu bzw. mit 52 leistungsfähigen Ver bãnden vereinigt. .

Meine Herren, genau daeselbe gilt von einem anderen Mißstande, den der Hr. Abg. Sombart hervorgeboben hat, nämlich von denjenigen Gutsbezitken, welche zwar rechtlich noch Gutsbesirke sind, faktisch& aber den Charakter einer Landgemeinde erhalten haben. Wir baben in Preußen in den östlichen Provinzen 1500 Guts⸗ bezirke, in welchen vollständige Kolonien vorhanden sind; wir baben rund 450 Gutebezirke mit mehr als 409 Ginwohnern, und wir haben 40 bis 50, ich glaube, es sind 43 Gutsbezirke, welche mehr als 1000 Einwohner haben. Daß für derartige Gutebezirke, bei denen die Einheit des Besitz es, die eigentliche Vorautsetzung des selbst ständigen Gunsberirks, vollständig verloren gegangen itt, welche zum Theil zu großen Industriegemeinden geworden sind, die U mwand⸗ lung in Landgemeinden geboten ist. gebe ich zu; aber das kann auch, auf Grund der bestehenden , bewirkt werden und ist in einer großen Zahl von Fällen bereits bewirtt worden. Die Behörden sind aufgefordert worden, nach dieser Richtung hin ibre Bemühungen eintreten zu lassen. Dasselbe gilt von der Vereinigung solcher Landgemeinden und Gutsbezirke, welche, um mich eines technischen Ausdrucks zu bedienen, in unwirthschaft⸗ lichem Gemenge sich befinden, bei denen eine Sonderung der kommunalen Intertssen des einzelnen oder Gemeindebezirks überhaupt nicht mehr möglich ist. Immerhin haben gerade diese Erörterungen gezeigt, daß es keinewegs überall möglich ist, da, wo derartige Zu⸗ näͤnde vorhanden sind, Abbülfe zu schaffen ibeils aus lokalen, theils aus persönlichen Gründen. Und in diesen Fällen bleibt der andere Weg, den ich Ihnen auch bereits im vorigen Jahre bier angedeutet babe, der Weg der Bildung genossenschaftlicher Verbände. Auch nach dieser Richtung bin sind die Behörden angewiesen worden, ibrerseits mit Ermittelun gen vorzugeben, und zwar nach einer doppelten Richtung, welche durch die verschiedenartige gesetzliche Basis gegeben ist, arf Grund deren, derartige Verbände gebildet werden können. Solche Verbände können naͤmlich einmal gebildet werden auf Grund des preußischen Ausführungsgesetzes vom März 1871 zu dem Reichegesetze über den Unteistüßungswohnsitz für eine einzelne aber sebr wesentliche kommunale Aufgabe: für die Ortgarmenpflege; und sie können andererseits gebildet werden für eine größere Anzahl kommunaler Aufgaben, wo dann allerdings die Basis in den bestebenden Gesetzen über die Land gemeindeverfassungen gesucht werden muß.

Was zunächst die Bildung der Gesammtarmen verbände anlangt, so haben wir derartige Armenverbände, die sich ganz vorzüng⸗ lich bewährt haben, bereits in einem Theile der östlichen Provinzen. Die⸗ selben bestehen in Schlesien auf Grund einer Verordnung vom Jahre 1747 in sehr großem Umfange. Es sind dort, wenn ich mich recht erinnere. etwa 28090 aus Gemeinden und Gutsbezirken gebildete Gesammt⸗ armenverbände gegenüber einer Zahl von Einzelarmenverbänden, die kaum etwas größer ist, vorhanden. Dasselbe gilt von Neuvorpommern. In Neu vorpommern sind die sogenannten Kirchspielsarinen- verbände, welche mehrere Dorfgemeinden und mehrere Gutsbezirke umfassen, und deren Zahl dort uͤber 109 beträgt, während die Zahl der Einzelarmenverbände noch nicht halb so groß ist. Auch in anderen Provinzen hat man derartige Versuche, aber allerdings nur in sehr geringem Umfang gemacht. Nur in der Provinz Sachsen sind über 70 vorhanden. Diese Gesammtarmenverbände haben sich aber nach jeder Richtung vollständig bewäbrt, sie haben eine rationell ere Atrmenpflege, sie haben eine Verminderung der von vielfachen Mißständen begleiteten Abschiebung der , von einem Armenverband auf den anderen herbeigeführt und sie haben eine gleich⸗ mäßigere Vertheilung der Armenlasten ermöglicht. Es sind deshalb gerade nach dieser Richtung bin die Behörden mit Anweisungen ver. sehen worden, auf die Bil pung selcher Verbände hinzuwirken. Dabei ist nun ein anderer Punkt in Erwägung gezogen worden, nämlich eine Verminderung der Ortsarmenlasten in der Weise, daß die so⸗ genaunte außerordentliche Armen lgst für Blinde, für Idioten. sür Taubstumme u, s. w. von größeren Verbänden, namentlich also von Kreisen oder Landarmenverbänden übernommen wird; denn, das ist ja zweifellos, daß kleine Armenverbände oft rollstaͤndig durch einen einzigen Idioten oder Taubstummen, den sie zu ver sorgen baben, ruinirt werden können. Nach dieser Rick tung hin sind bereits sehr werth⸗ volle Eifolge erzielt, indem sich die bezeichneten Verbände, namentlich die Provinzial ver bande, durchaus entgegenkommend bewiesen haben, und ich hoffe, daß die nach diefer irn, hin ertheilten Anweisungen von segengreichen Folgen sein werden.

Aber auf der anderen Seite haben wir auch die Möglichkeit, für weitere kommunale Abgaben, insbesondere für die Wegelasten., der⸗ artige Verbände im Wege freier Vereinbarung zu bilden, und wir baben ein geraden mustergültiges Beispiel dafür in einem Kreise der Provinz Sachsen, wo fast ohne Ausnahme die in örtlich verbundener Lage befindlichen Gemeinden und Gutsbezirke freie Vereinbarungen dahin getroffen haben, daß die Ausgaben eine größere hestimmte Anzahl kommunaler Zwecke gemein⸗ schaftlich getragen und nach Maßgabe der direkten Staatssteuern verheilt werden, daß der Gutsbesitzek Theil nimmt an der Gemeindeversammlung und daß, wenn. Meinungediff eren en ent. steben, über diese der Rieisgaus schuß entscheidet. Es ist hierdurch möglich geworden, die größere Intelligenz des Gutsbesitzers für säm miliche kommunale Aufgaben nutzbar zu machen für die Gemeinde, es sind dadurch die Kosten vermindert, es ist eine gleichmäßige Tragung derselben erzielt, und ich glaube, daß ein Vorgehen auf diesem Wege einen großen Theil der bezeichneten Mißstände bereits unter der be stehenden , ,, zu beseitigen im Stande ist.

Ich mache ferner darauf aufmerksam, daß, was das Steuerwesen n,, die Gemeinden in der gage sind, hbleruͤber durch Statut zu beschließen und daß der Kreigaugschuß in der Lage ist, abzuhelfen, um eine unjweckmãßige irrationale Vertheilung der kommunalen Lasten zu

verhindern. Daß ist in so großem Umfange geschehen, daß von

iedenarti⸗ statifindet. i, . mens 3 zu laffen und sich dabei auch der. . Bezeichmung zu bedienen, die der sprachbil dende Prozeß der

ãbnliches Moment hinzu. Abg. Sombart Verhandlungen wegen der und Ge bäudesteuer desfallsigen soweit gedieben, Laß ich in der Lage bestimmte Mittheilungen machen zu auf die Schwierigkeiten binweisen zu müssen, Je kleiner der kemmunale folgt. desto größer ist die e mebr Sie auf d br tritt die sebr große Be⸗ ber den kleinen Städten dem platten

welches auch bereits von dem gehoben worden ist: weisung der Hälfte der Grund Komm unalver bände. Verhandlungen sind noch nicht wäre, hierüber irgend Aber ich glaube, die mit dieser Regelung verbunden sind. Bezirk ist, an welchem die Ueberweisung er dadurch bedingte Un gleichmäßigkeit zelnen Gemeinden beruntergeben, desto me vorzugung einerseits der großen Städte gegenũ und dem vlatten Lande die Bevorzugung der den minder woblbaben die Frage, an welche kom mun hat, eine überaus schw aber ift dabei zu berücksichtigen, munalen Lasten, die Schullast, ovinzen, nämlich da, wo das 2 meinde sie freiwillig au Kommunallast, sondern eine ich, wesentlich dabei ind Auge ge laßt w ob und inwieweit man in Betreff der zwecke der zu überweisenden Summen

t

Meine Herren! Ich will oh wendung, die mir jedenfalls gema namlich auf diese Weise die gesetzl wird und daß eine derartige eingedende braucht. Das versteht sich von selbst. A welche von solcher Bedeutung ist. von allerschwerwiegendit der größten Vorsi Wort, welches ja fach benu⸗ für Unentschlossenheit und Faulbeit, hier mi mich einem solchen Vorwurf auszusetzen, an

und wiederum r

wohlhabenden Landestheile den Landegtbeilen hervor. r alen Verbände die Ueberweisung ierige und gewichtige. Andererseits daß eine der wesentlichsten kom⸗ in dem größten Theil der östlichen andrecht gilt und wo nicht die Ge⸗ übernommen hat, leine und das wird, glaube ssen, um zu erwägen, Normirung der Verwendungs⸗ Vorschriften in das Gesetz auf⸗

ne weiteres die Richtigkeit einer Ein- bt werden wird, gleich zugeben, daß liche Regelung wesentlich verzögert Erwägung eine längere Zeit Herren, bei einer und bei der jeder Mißgriff man verpflichtet, mit glaube, ich kann ein ird zum Deckmantel t vollem Recht, und obne wenden: ebi va piano,

zu erfolgen

f den Kommunal⸗Etat Sozietãtslast ift.

en Folgen sein kann, ist cht vorjugeben und ich leider sehr vielfach benutzt w

Dem Abg. Zelle gegenüber bemerkte der Minister des Innern Herrfurth:

Zunãchst d in der entsprechenden Nachw

Es wird, wie den Herren i schlüsse des Hauses. welche sich litionen u. s. w beziehen, eine eine Antwort ertheint; ; handelt, oder um Angelegenheiten, Etats beziehen, . k Hauses in der Nachweisung nicht

ie Erklärung, warum die Antwort auf die Resolutien eisung eine Erwähnung nicht erbalten.

a bekannt ist, nur wegen solcher Be . auf besondere Beschwerdepunkte. Ve- Nachweisung aufgestellt und in dieser zu erlassende Gesetze die sich nur auf die Positionen des Beantwortung des Beschlusses des in Aussicht genommen. Im Uehrigen Abg. Zelle Grörterungen

un mit den Stadt⸗ dann hätte es

wenn es sich dagegen um

eingehenden Veranlassung erforderten Hätten wir es nur zu ih e sich die Sache sofort regeln; höhung der Hundesteuer eintreten zu lassen. t Ruͤcksicht auf das allgemeine Sinken des d da die Hundesteuer wesentlich, soweit sie finanziell n Charakter einer Luxussteuer hat, diese Aber bezüglich der allerverschiedenarligflnen Wuünsche

ist angeregt einzelnen Gemeinden eine Hundesteuer ob die Steuer nicht als Kreissteuer erboben, nicht durch die Kreisvertretung genöthigt steuerang der Hunde eintreten zu lassen finden Erörterungen noch statt; sie sin schluß gekommen.

Auf die Beschwerde des Abg. von Czarlinski erwiderte

der Minister des Innern

Was zunächst den Eingan linski anbelangt, die Behauptung, forderungen des poln ändert babe, so mu : sst zunãchst die von ihm angefübrte Verf Standesämter nach wie vor eine sich der Schreibung der Personennamen ist in keiner

des Haufes

noch nicht vorliegen. gemeinden, so würd kein Bedenken, eine Er Ich erkenne an, Geldwerthes un überbaupt in Frage kommt, de

einsreten könnte. Landgemein⸗

darüber zu

bejw. ob die Gemeinden ioerden sollten, Nach dieser Richtung hin d bisher noch nicht zum Ab-

Herrfurth:

g der Rede des Hin. Abg. von Czar- daß meine Stellung zu den A neten sich prinzipiell aus in Abrede stellen. ügung, die bekannte Ver⸗ heute in Kraft; eine Ab-

ischen Abgeord s ich dies durch

fägung an die nderung bezũg

cht, für den öffentlichen erhalten, nämlich so, daß man Nun wird aber diese O weiß nicht, ob meine reibweise geschrieben einem Schriftzeichen, welches wir im Deutsche t ei ner Cedille, welches mit jol⸗

ochen wird i

ch der polnischen

*

vie Behörden berechtigt, eine

fschen Sprache allmählich Ferbeigefuübrt bat. Meine Herren, wenn

Sie darauf hinausgehen wollen, daß Sie sagen; es müssen die Schreibwerfen beibehalten werden, wie sie sich in alten Urkun. den, Grundbuchern u. s. w. verfinden, dann würsen Sie die ganze Landkarte von Pofen umändern müssen; dann würde Posen nichk mehr Pofen heißen, sondern Pomnan, kein M ; waz Samter ist nach Volnischem Namen. welcher Siamotuly beißt; Bentschen hat einen Ramen, Den ich allenfalls buchstaßiren, aber nicht aussprechen ann. er kat überhaupt gar keine Aehnlichkeit mit dem (amen Bentschen. Diesen sprachbildenden Prozeß können Sie nicht aufhalten und wenn die Preußische Staateregierung in der Reberjengung, daß die Provinz Posen ein Theil, der preußiichen Monarchie und des Deutschen Reichs ist, ibrerseits eine Begũnstigung diefes sprachbildenden Prozesses in den gegebenen gesetzlichen Grenzen eintreten laßt, so finde ich das nur durchaus in der Ordnung.

ensch würde wissen,

Was die Kreisblätter anlangt, so kann ich dem Hrn. Abg., von

Czarlimgki nur sagen: er mag sich bezüglich der amtlichen Kreis łlãtter lediglich auf daslenige beschränken, was in denselben amtlich mit- getbeilt wird; dafür sind die Behörden verantwortlich, und dafür werden sie die Verantwortung ju übernebmen gern bereit sein. Für dasenige, was aber als nicht amtlicher Inhalt dieser Kreis blätter abgedruckt wird, mag fich der Herr Abgeordnete an die be⸗ sreffenden Redaktionen wenden; denn dafür sind lediglich die Redak⸗ tionen, nicht aber der Landrath, nicht die Regierung, nicht das Ministerium verantwortlich.

Was endlich die von Hrn. Abg von Czarlinski erwähnte Ausweisung

anlangt, so bemerke ich, daß neue Ausweisungen überbaupt jetzt nicht mehr haben veranlaßt zu werden brauchen,. sondern daß es sich lediglich darum Handelt, gegenüber den in früherer Zeit bereits Aus- gewlesenen, denen aber noch Fristen gestattet worden sind oder bei benen wegen der Uebernahme längere diplomatische Verhandlungen haben gepflogen werden müssen, endlich die bereits früher ertheilte Augweifungsordre zur Durchführung zu kringen. Der Fall; den der 3 Abg. von Gzarlinsi nannte, ich glaube, der Name war

owalsti. wurde mir durch einen Zeilungsausschniit bekannt, der in

6 Weise darftellte, ein Mann, der lange Zeit ich glaube, eit

er babe keine Friften erlangt, deswegen habe er sich das Leben ge⸗ nommen. Meine Herren, ich habe nähere Ermittelungen über diesen Fall reranlaßt und dabei hat sich herausgestellt, daß die Ausweisung gegen den Mann bereits vor circa 2 Jahren verfügt war. Die Aus ˖ weifung hat jedoch nicht zur Ausführung kommen können, weil wegen der Uebernahme nach Rußland erst noch längere Verhandlungen schwebten und sodann, weil Kowalski immer wieder um neue Fristen einkam; diese Fristen waren ihm bewilligt, zuletzt bis zum 1. Januar; er ift dann wicderum um eine neue Frist tingekommen und die Er⸗ tbeilung der Frist ist, glaube ich, am 18. Dezember erfolgt, konnte allerdings erst am 21. oder 22. zur Aus⸗ händigung gebracht werden, nachdem Kewalski am Tage vorher seinem Leben' ein Ende gemacht batte. Ich glaube, Sie können also auch in diesem Falle, wo die erbetene Frist bereits bewilligt worden war, nicht von einer in humanen Ausführung einer bereits vor 25 Jahren

oder 0 Jahren in Preußen gewesen, sei jttzt aus gewiesen worden,

erfolgten Verfügung reden. Dem Abg. von Strombeck gegenüber bemerkte der Minister

des Innern Herrfurth:

Der Hr. Abg. von Strombeck hat, wenn ich ibn recht verstanden

habe, 6 verschiedene Angelegenheiten zum Gegenstande seiner Erörte⸗ rungen gemacht. Ich will versuchen, demselben auf alle diese 6 Punkte zu antworten.

Waß zunächst die erste Beschwerde angebt, die Frage der Aus

führung der Baupolizeiordnung für den Regie⸗ rungtsbezirk Erfurt auf dem Eichsfelde, so hat er demselben Gegenstand bereits schriftlich zur Sprache gebracht in einer Eingabe, welche an den Minister der öffentlichen

Arbeiten und an mich gerichtet worden ist, und es ist ibm darauf vor einigen Tagen eine ausführliche schriftliche Antwort zu Theil geworden, die anscheinend noch nicht in seine Hände gelangt ist. Ich will also nur kurz refapituliren, diefe Mittheilung giebt die volle Antwort auf die Frage, die er heute an mich gerichtet. Zuerst auf die Frage, womit die verschiedene Behandlung in den Kreisen Schleusingen und Ziegenrück einerseits und dem Eichsfelde andererseits begründet sei? Diese Verschiedenbeit beruht darin, daß die Aufhebung oder Ab änderung dieser Bezirkspolizeiverordnungen nur mit Zustimmung des Bezirkgausschusses erfolgen konnte, daß der Bezirksausschuß es aber abgelehnt hat, diese Erleichterung für den ganzen Bezirk zu ertheilen, sondern ein Bedürfniß nur für die Kreise Ziegenrück und Schleusingen anerkannt, es aber abgelehnt bat, den eichsfeldischen Kreisen eine gleiche Rücsicht zu Theil werden zu lassen. Es ist ferner in dieser schriftlichen Antwort näber nachgewiesen, daß keines . wegs irgendwie in inhumaner und die Verhältnisse der Eingesessenen nicht berücksichtigender Weise vorgegangen worden ist, sondern daß es sich blos darum gehandelt hat, eine offenbare Renitenz in 2 Ge meinden zu brechen, daß aber im Großen und Ganzen mit sehr großer Nachsicht gerade in dieser Hinsicht verfahren worden ist.

Wag den zweiten Punkt anlangt, die Frage der Kranken⸗ kassen, so hat Hr von Strombeck erklärt, daß er selber mangelhaft informirt sei; ich bin gar nicht informirt, und kann mir diese Information ebensowenög schaffen, wie in Bezug auf den dritten Punkt, die Webeschule, weil diese Fragen uberhaupt nicht zu meinem Ressort gehören.

Bezüglich der von ihm jur Sprache gebrachten Frage der Tbierquälerei wird, soviel ich weiß, überall, wo ein Be dütf⸗ niß sich kerauegestellt hat, im Wege der Polizeiverordnung, nament- lich binsichtlich der Hundefuhrwerke, vorgegangen.

Wag die Verwendung von Kindern in gesundbeits⸗ gefährlichen SGewerben anlangt, so giebt einerseits die Gewerde— ordnung die Handhabe, auch dagegen vorzugehen, und anderern findet die von Hrn. bon Strombeck gewünschte scharfe polizeiliche Kostrole namentlich in der Richtung statt, ob die Kinder, welche solche Leute mit sich führen, ihre eigenen sind oder von fremden Leuten jum Zwecke des Gewerbes irgendwie angenommen sind,

Endlich erkenne ich, was den letzten Punkt anlangt, mit dem

errn Vorredner vollkommen das Bedürfniß zu einer Regelung Der

rage an, in welcher Weise die Bescheinigungen zu ertheilen eien, weiche den Ärbeitern es ermöglichen, möglicst bald in den Genuß der Vortheile zu treten, welche das IInvaliditäts und Altersversicherungsgesetz ihnen bietet. Die Verfügungen sind vom Reichs. Versicherungsamt entworfen, den verschiedenen Ministerien im Entwurfe zugegangen und werden. wie ich annehmen darf, in allerkürzester Zeit erlassen werden können. ; ;

Ich kann nur hinzufügen, daß den 2 die der Hr. Ab- geordnele ausgesprochen bat, dabei in vollster Weise Rechnung getra. gen wird, daß insbesondere als untere Verwaltungsbebörde für diese Bescheinigungen nicht die Landrätbe bezeichnet werden, Jon— dern die Gemeinde- und Ortspolizeibehörden mit diesen Bescheini. gungen beauftragt werden, sodaß für die Arbeiter nicht unnüße Wenge entfiehen, fär die Landräthe nicht unnütze Belästigungen, sondern daz in der einfachsten und bequemsten Weise diese Bescheinigungen beschafft werden können.

Dem Abg. Bachem entgegnete der Minister des Innern der,, ö . eine Herren! Den Hrn. Abg. Bachem scheint sein Gedãchtniß doch ein wenig verlafsen zu haken, wenn er glaubt, daß wir im vorigen Jahre, wo wir ja stundenlang über den 18e ne ster Conrad ung unterhalten haben, im Wesentlichen üter das Recht der politischen Gerneinde jum Gebrauch der Kirchengloq en bei der Beerdigung von Evangelischen ve rbsndeht hätten. Nein, melne herren, im vergangenen Jab haben heir uber die Anschuldigungen Jesprochen, welche gegen den Bürgermeister

Conrad erboben worden sind dahin, daß derselbe seine Zechschelden

edeckt habe durch Fompensation mit Gemeindeforderungen. daß er meindegelder Jahre lang binter sich behalten 14 .

selben erst abgeliefert babe, nachdem er von dem de⸗ empfänger daa. gedrängt wurde. Meine Herren, ich babe erklärt: diefe Angelegenbeit des Bürgermeisters

Conraꝝ ist definitiv ju Ende gebracht durch das itãr- ebrengerichtliche Erkenntniß, welches ibn von diesen Anschuldigungen freigesprochen hat, und am Ende der Diskussion, welche von zwei Plenarb . ratungen den besten Theil weggenommen hat, hat, wenn ich nicht irre, der Hr. Abg. Berger die Erklärung abgegeben: dieses bobe Haus habe selbst als Ehrengericht die Freisvrechung des Bürger- meisters ratibabirt. Die ganze Frage wegen der Rheinbrobler Glocken ift dabei nur hist risch, nur als Inziden punkt er vãbnt worden, und der Hr. Abg. Bachem bat ebenso erklärt, wie dies meinerseits ge= eben ist: die s e Frage befindet sich im Proseß, warten wir das Erkenntniß ab! . Nun, meine Herren, nehme ich gar keinen Anstand, anzuerkennen: das gerichtliche Erkenntniß ist jetzt ergangen; ich nebme auch an, wenn es nech nicht die Rechtékraft erlangt kat wird es dieselbe bald er⸗ halten, und dieses Erkenntniß ist in der Hauptfrage, in Betreff des Rechtes der vpolitijchen Gemeinde zum Mitgebrauch der Slocken bei der Beerdigung von Evangelischen, zum Nachtheil der bürgerlichen Gemeinde ausgefallen; die Kirchengemeinde bat ein obsiegen= das Erkenntniß erstritten. Ich nebme deshalb auch keinen Anftand, zu erklären, daß die Verwaltungsbebörden sich in einem Rechtg⸗ ier thum befunden baben, wann sie geglaubt haben, durch polizeiliche Maßregeln dieses angebliche Reckt der Gemeinde in diesem Spezialfall zur Durchführung bringen zu köpner, ebenlo wie die Kirchengemeinde sich in einem Rechtsirrthum kefunden hat, als sie bebauptete, daß überhaupt der bürgerlichen Gemeinde irgend ein Mitgebrauch der Glocken zu Zwecken der bürgerlichen Gemeinde nicht zustehe. Meine Herren, daß damals mit polizeiliches Maßregeln vor- gegangen wurde, ist, wie ich sage, aus einem Rechteirrtbum, aber aus einem erklärlichen und verzein lichen Rechtsicrthum, gescheben; denn es ft diese Kirche größtentheils auf einem Grundstück der politischen Gemeinde mit dem Gelde der pelitiscken Gemeinde gebaut, und eg war allerdings die Annabme, daß die pelitische Gemeinde vielleicht sogar Eigentbümerin, jedenfalls aber im Besitz des Mitbenutzungsrechts war, eine durchaus entschuldbare und verzeih iche

Im Uebrigen hat ja nun der Heir Abgeordnete Bachem als Mandatar der Gemeinde bier die Sache zur Sprache gebracht und behauptet, daß eine Verpflichtung der Kommunalaufsichtsbehsrde voꝛlãge, der politischen Gemeinde die Kosten zu erstatten, die ibr aus diesem Prozeß erwachsen sind. Meine Herren, ich glaube nicht, daß er in dieser Bezie bung ein Mandat der bürgerlichen Gemeinde erhalten bat. Die politische Gemeinde in Rheinbrobl hat ibrerseits einen anderen wohl etwas zweckmäßigeren Weg eingeschlagen; sie hat sich nämlich direkt an den Minister gewendet und igen Belcheid

denn ich konnte mir der ken, daß die Sache bier zur Sprache ge bracht würde —, findet sich ein Passus, den zu verlesen ich um die ; Erlzabniß bitten möchte. Darin heißt es: Wir Lernebmen nun aus den öffentlichen Blättern, daß man die Absicht begt, die sckon so oft im Hause der Abgeordneten ee ⸗- örterte Angelegenbtit nochmals daselbst zur Sprache ju bringen und dabei an Excellenz das Verlangen auf Erstattung der ent⸗ standenen Proztßkosten aus Staatsmitteln zu stellen. 5 Wir, es ist der Gemeinderath unterzeichnet sind jwar im Zweifel darüber, ob man in der That in der ge⸗ dachten Weise die Angelegenbeit nochmals im Hause der Abgeord= neten zu behandeln geder kt; immerhin wärden wir gegen dieses Vorgehen, dessen Lauterkeit wir nicht anzuerkennen vermögen, Ver wahrunz einlegen müssen, wenngleich auch wir eine öffentliche Be⸗ sprechung der Angelegenheit nicht zu scheuen brauchen Meine Herren, ich will gleich, um mich gegen Miñverstãndnisse zu bewahren, ausdrücklich erklären, daß ich veriönlich mich dieser Er klärung des Gemeinderatbz nicht arischli Fe, und daß ich die An- nahme, die darin enthalten ist, für nicht zutreffend erachte. Ich möchte aber doch darauf binweisen, daß man jetzt die Sacke um= drebt, und daß man das, was im vorigen Jahre als JInzidenzpunkt erwährt worde war, jetzt nun, was kistorisch richtig ist, was aber für die Debatte des vorigen Fahres absolut nicht zutrifft, als die Hauptfache hinstellt. und daß man daraus vielleicht die Folgerung Riehen wollte, daß auch die Angriffe gegen den Bürgermeister Conrad, die auf ganz anderen Giünden beruhen, berechtigt seien. Meine Herten, das ist nicht der Fall. Ich verstebe es collständig und ich

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jctz; beö dem Ertönen der Rheinbrobler Glocken, die. für die Be erkigung ron Cvan zelischen nungehr für immer ö. frum mt“ sind, mit einer gewissen Befriedigung auscuft: die Rbeinbrobler Glöckli baben ein schönes Geläut. Ich könnte ihm

meisters Feinde sind kreuzbrave Leun.

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Literatur.

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Nr. 7 von .Schorer's Familienblatt“ hat folgenden Jubalt: Glückbelazen. Grjäblung von F. von Kapff. Essenther (6. Fortfetzung). Ein Freudentag in Barcelona. Von Wilbelm stler. Zu dem Kunstblait Einzug des Fürsten Karl von Viana in Barcelona (1461). Nach dem Gemälde von Ramon Tusquets. Zar Frage der Sonntagsrube. Stimmen aus unserem Leserkreise.— Die anatolische Eisenbahn. Mit Vignette. Nicht die Recke. Roman von Hans Bertram (1. Fortsetzung). Kunstblätter; Einzug des Fürsten Karl von Viana in Barcelona (1461). Nach dem Gemälde von Ramon Tutquets. Monatebilder aus der guten alten Zeit V. Februar. Von H. Lefler. Holländische Landschaft. Von H. W. Metdag. Josef IJ. Nach eigem Schabkunnblatt vom Jahre 1777. 2. Blatt: Winter in Meran. Mit einer Ori ginaleich ˖ nung von W. Gause. Winter in Meran. Zu dem gleichaamigen Bilde. Aus der Frauenwelt: Gute Gedanken. Pꝛaktische Winke. Häusliche Kunstfertigkeit. Neue Rezepte. Kiaderstube. 3. Blat: Aus der Frauenwelt: Kinderhunmor. Grapbologischer Brieskasten. Denkübungen und Lösungen. Humoristisches: Einer kann nicht alles. Mit einer Originalleichnung von Aus Mandlick. Militãrischer Rathgeber.

bekommen, ven dem ich annebme, daß sie sich mit demselben wobl j ⸗· . friedengestellt füblt. In dieser Eingabe, die ich mitgebracht habee-

Till durchaus dem Hin. Abg. Bachem nicht widersprechen, wenn er

1 ö aber nickt folgen wenn er etwa fortfahren wollte: Und des Bůüra 1.

bogen werden. Die bereits erschienenen Nummern liefert die Verlags -

Die Nr. 3 der ‚Gefiederten Welt, Zeitschrift far 1