1890 / 54 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 28 Feb 1890 18:00:01 GMT) scan diff

d. in dem Konservatorium für Mu

3) muß derselbe sich über seine eugnisse seiner Lehrer ausweisen. Die , . in:

a. einer mmigen Volal⸗Doppelfuge, deren Haupt⸗ thema mit dem Texte von den Preisri 22 gegeben wird

3 ;

e) einer dreistimmigen, durch ein entsprechen . mentalvorspiel einzuleitenden k a ,, eren Text den Bewerbern mitgetheilt wird.

UI. Die Konkurrenten haben ihre Anmeldung nebfst den n, dn ffn ad. 1 5 mit genauer Angabe der

Mai d. J. der Königli i

23 ö ö 3 . . Königlichen Akademie

e Zusendung des Themas der Vokal⸗Doppelfuge sowie

des Textes der Kantate an die den i n r ner entsprechenden Bewerber erfolgt bis zum 1j. Juni d. J.

IV. Die Konkurrenzarbeiien müssen bis zum 1. Februar 1891 in e,, sauberer und leserlicher Schrift sowie versiegelt an die Königliche Atademie ber Künste abgeliefert werden. Später eingehende Arbeiten werden nicht berücksichtigt; den qu. Arbeiten ist ein den Namen des Konkurrenten ent' baltendes, versiegeltes Couvert beizufügen, dessen Außenfeite mit einem Motto zu versehen ist, welches ebenfalls unter dem 5. der ö an Stelle des Namens des Konkurrenten

en muß.

.Das Manuskript der preisgekrönten Arbeiten verbleibt Eigenthum der Königlichen Akademie der Küunste.

Die Verkündigung des Siegers und Serben mn des Preises erfolgt im Monat Juni 1891. Die uneröffneten Couverts mit den betreffenden Arbeiten werden dem fich persönlich oder schriftlich legitimirenden Eigenthümer durch den Inspektor der Königlichen Akademie der Künste zurück— gegeben ede bescht far

. Der Preis besteht für die diesmalige Konkurrenz in einem auf 1500 MS erhöhten Stipendium, . der Wg mn [ Studienreise zum Zwecke weiterer musikalischer Aus⸗

ung nach Maßgabe später erfolgender, besonderer Anwei⸗ sung zu verwenden hat. Während dieser Reise ist der Sieger verpflichtet, als Beweis seiner künstlerischen Thätigkeit an die unterzeichnete Sektion der Königlichen Akademie der Künste zu Berlin zwei größere eigene Kompositionen einzusenden, von denen die eine ein Symphoniesatz oder eine ö die andere das Fragment einer Oper oder eines Oratoriums ,. oder Messe) sein muß, dessen Aufführung etwa eine

iertelstunde in Anspruch nehmen würde.

VI. Die Zahlung des Stipendiums erfolgt in drei Raten, und zwar der ersten beim Antritt der Reise, der zweiten und dritten erst nach Einreichung je einer der ad V verlangten Arbeiten bei Beginn des zweiten und dritten Drittels der Reisezeit.

VII. Das Kollegium der Preisrichter besteht aus den in Berlin wohnhaften ordentlichen Mitgliedern der musikalischen Sektion der Königlichen Akademie der Künste und den Kapell⸗ meistern der Königlichen Oper hierselbst.

Berlin, den 13. Februar 1890.

Der Senat der Königlichen Akademie der Künste,

Sektion für Musik. M. Blumner.

zu Köln; ähigung und Studien

Finanz⸗Ministerium. Der General⸗Staatskassen⸗ Sekretär Bunte barth ist zum Geheimen Registrator bei dem rn ,, und der

Leihamts⸗Sekretär Fuchs aus Berlin zum General⸗Staats⸗ kassen⸗Sekretär befördert worden.

Zu st iz ⸗Ministerium.

53 Der Rechtsanwalt Nawrocki in Zoppot ist zum Notar für den Bezirk des Qber⸗Landesgerichts zu Marienwerder, mit Anweisung seines Wohnsitzes in Zoppot,

der Rechtsanwalt Schmaucks in Tiegenhof zum Notar

für den Bezirk des Qber⸗Landesgerichts zu Marienwerder, mit Anweisung seines Wohnsitzes in Tiegenhof, und

der Rechtsanwalt Niedermeyer in Uelzen zum Notar ö den Bezirk des Landgerichts zu Lüneburg, mit Anweisung sein

1. .

** 2

**

e, *

3

es Wohnsitzes in Uelzen, ernannt worden.

Aichtamtliches. Dentsches Reich.

Preußen. Berlin, 28. Februar. Se. Majestät der Kaiser und König begaben Sich heute Vormittag um itz Uhr nach dem Reichsamt des Innern, um dort der Sitzung des Staatsraths zu präsidiren.

Auf Allerhöchsten Befehl sind die Botschafter in London, Paris, Rom und Wien, sowie die Gesandten in Bern, Brüssel, Haag, Kopenhagen und Stock⸗ . angewiesen, die Regierungen, bei welchen sie beglaubigt ind, zu einer Konferenz Behufs 4 ng der Arbeit in industriellen Anlagen und Bergwerken einzuladen.

Die den betreffenden Ministern der Auswärtigen An⸗ gelegenheiten übergebenen Schriftstücke haben folgenden Inhalt:

„den Februar 1890. beehrt sich der Unterzeich⸗ die mündliche Mittheilung vom zur Kenntniß Sr. Excellenz ꝛc. ge bringen, daß Se. Majestät der Kaiser vorschlägt, es solle eine Versammlung statifinden von Vertretern der Regierungen, welche sich dafür interessiren, das Loos der Fabrik- und Minenarbeiter zu verbessern, damit diese Delegirten über die Fragen von internationaler Bedeutung berathen können, welche auf der Anlage verzeichnet sind.

Da jene Fragen ohne politische Tragweite sind, so er⸗ cheinen dieselben geeignet, in erster Linie der Prüfung von

männern un er rf zu werden.

Um die Eröffnung und den weitern Verlauf der Be⸗ rathungen zu erleichtern, hat die Kaiserliche Regierung ein ö entwerfen lassen, dessen Text dieser Note bei⸗ gefügt ist.

Auf Befehl seiner Regierun nete ꝛc., unter Bezugnahme au

Der Unterzeichnete beehrt sich, Se. Excellenz ꝛc. zu bitten, ihn wissen lassen zu wollen, ob die . geneigt ist, an der in Aussicht genommenen Konferenz theil⸗ zunehmen, welche in Berlin am 15. März 1890 zusammentreten wird? = Der Unterzeichnete gestattet sich hinzuzufügen, daß eine leichlautende Einladung gleichzeitig abgegangen ist an die . hrer Majestäten des Kaisers von Desterreich⸗ Ungarn, des Königs der Belgier, des Königs von Dänemark, der Französischen gp Hit gh Majestät der Königin von 32 der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Ihrer Majestätten des Königs von Italien, des Königs der Nieder⸗ lande und des Königs von Schweden und Norwegen.

Der Unterzeichnete ergreift ꝛc.“

Programm

für died erathungen der internationalen Konferenz, betreffend Regelung der Arbeit in in dust riellen Anlagen und Bergwerken.

1. Regelung der Arbeit in Bergwerken.

1) Ist die Beschäftigung unter Tage zu verbieten:

9 3 k 6 bestimmten Lebensalter?

b. für weibliche Personen? .

2) Ist für Bergwerke, in denen die Arbeit mit besonderen Gefahren für die Gesundheit verbunden ist, eine Beschränkung der Schichtdauer vorzusehen? . ö .

5) Ist es im allgemeinen Interesse möglich, um die Regelmäßigkeit der Kohlensörderung zu sichern, die Arbeit in den Kohlengruben einer internationalen Regelung zu unter—⸗ stellen?

Il. Regelung der Sonntagsarbeit.

1) Ist die Arbeit an Sonntagen der Regel nach, un d Nothfälle vorbehalten, zu verhieten?

2) Welche Ausnahmen sind im Falle des Erlasses eines solchen Verbotes zu gestatten? .

3) Sind diese Ausnahmen durch internationales Abkom⸗ men, durch Gesetz oder im Verwaltungswege zu bestimmen?

III. Regelung der Kinderarbeit.

1) Sollen Kinder bis zu einem gewissen Lebensalter von der industriellen Arbeit ausgeschlossen werden?

2) Wie ist das Lebensalter bis zu welchem die Ausschließung stattfinden soll, zu bestimmen?

Gleich für alle Industriezweige oder verschieden?

3) Welche Beschränkungen der Arbeitszeit und der Be— schäftigungsant sind für die zur industriellen Arbeit zugelassenen Kinder vorzusehen?

IV. Regelung der Arbeit junger Leute.

1) Soll die industrielle Arbeit jugendlicher Personen, welche das Kindesalter überschritten haben (1 2), Beschrän⸗ kungen unterworfen werden?

2) Bis zu welchem Lebensalter sollen die Beschränkungen eintreten?

3) Welche Beschränkungen sind vorzuschreiben?

h Sind für einzelne Industriezweige Abweichungen von den allgemeinen Bestimmungen vorzusehen?

V. Regelung der Arbeit weiblicher Personen.

1) Soll die Arbeit verheiratheter Frauen bei Tage oder bei Nacht eingeschränkt werden?

2) Soll die industrielle Arbeit aller weiblichen Personen 66 und Mädchen) gewissen Beschränkungen unterworfen werden?

3) Welche Beschränkungen empfehlen sich in dem Falle?

4) Sind für einzelne Industriezweige Abweichungen von den allgemeinen Bestimmungen vorzusehen und für welche?

VI. Ausführung der vereinbarten Bestimmungen. I) Sollen Bestimmungen über die Ausführung der zu vereinbarenden Vorschriften und deren Ueberwachung getroffen werden? 2) Sollen wiederholte Konferenzen von Vertretern der betheiligten Regierungen abgehalten werden und welche Auf⸗ gaben sollen ihnen gestellt werden?

Aus Paris, 27. Februar, meldet „W. T. B.“: Nach der heute Vormittag stattgehabten Sitzung des Minister⸗ raths empfing der Minister des Auswärtigen Spuller den deutschen Botschafter Grafen Münster und theilte demselben mit, daß die französische Regierung seine mündliche Einladungzur Theil nahme an der Berliner Konfernz im Prinzip annähme. Spuller wird die Einladung nächsten Sonnabend in einer offiziellen Note an den fran— zösischen Botschafter Herbette in Erwiderung der schriftlichen Einladung der Reichskanzlei bestätigen und donselben beauf— tragen, die Note zur Kenntniß der deutschen Regierung zu bringen und auf Wunsch eine Abschrift zu hinterlassen. Spuller wird in dieser Note die Ansichten der französischen Regierung bezüglich der durch die Betheiligung Frankreichs und durch das Programm angeregten Fragen auseinander— setzen. Betreffs der Anzahl und der Eigenschaften der Vertreter Frankreichs werden später, nach Verständigung mit den anderen Ntachten, Bestimmungen a . werden.

Das „Amts-⸗Blatt des Reichs-Postamts“ ver⸗ öffentlicht unter dem 22. Februar folgende Ansprache des Staatssekretärs des Reichs⸗Postamts von Stephan:

„Die in den Monaten Dezember und Januar uber Deutschland verbreitet gewesene Influenza Krankheit hat auch eine erhebliche Zahl von Beamten und Unterbeamten der Reichs⸗Post⸗ und Tele graphen · Verwaltung ergriffen. In mebreren Ober ⸗Postdirektions. Bezirken waren Erkrankungen bis zu einem Drittel des gesammten vorhandenen Verf eingetreten Die Darniederliegenden zahlten nach Tausenden. n Folge des hierdurch bervorgerufenen Beamten mangels ist die Bewältigung des Post und Telegraphenverkehrs, namentlich in den Tagen vor dem Weihnachtefeste und während des Jahres⸗ wechsels, mit Schwierigkeiten von ganz ungewöhnlicher Art verbunden gewesen. Der Umsicht der Herren Vorsteher der Post⸗ und Tele- graphenämter, der hingebenden Anstrengung des gesainmten Betriebs perfonals und der aujopfernden Haltung zablreicher Beamten und Unterbeamten, welche trotz eingetretener Erkrankung, unter dintan etzung der Rücksichten auf die eigene Gesundheit, ihren Dient obne Unter- brechung muthvoll weitergeführt haben, ist es gelungen, alle Schwierigkeiten u Überwinden und den Anforderungen des wäbrend der gedachten Zeit kane gesteigerten Post und Telegraphenverkehrs in vollem Maße erecht zu werden. Es gereicht mir zur Genugthuung, den sammssichen . Beamten und Unterbeamten für die auch im vorliegenden Falle wiederum bewiesene Pflichttreue im Dienst und Opferwill igkeit für das öffentliche Interesse meine besondere Anerkennung auszufprechen. Möge der alte bewährte Geist freudiger Pflichterfüllung auch für alle Zutunst in dem Personal der Reicht⸗Post⸗ und Telegraphen⸗Verwal⸗ fung lebendig bleiben!“

Der General der Kavallerie, Freiherr von Los, kommandirender General des III. Armee Corps, und der General der Kavallerie von Albedyll., kommandirender General des VII. Armee Corps, Beide General- Adjutanten weiland Sr. e, e. des Kaisers und Königs Wilhelm I., und der General Lieutenant von Blume, Commandeur der 8. Division, sind hier eingetroffen.

Der General der Infanterie von Leszcezynski, kommandirender General des IX. Armee⸗Corps, hat Berlin wieder verlassen.

BS. M. Kreuzer⸗Korvette Irene“, Kommandant Kapitän zur See Prinz Heinrich von Preußen, König⸗ liche Hoheit, ist am 26. Februar in Neapel eingetroffen und beabsichtigt, am 4 März die Reise nach Spezia , S. M. Panzerschiff „Deutschland“, Kommandant Kapitän zur See von Reiche, und S. M. Ian ech ß „Friedrich der Große“, Kommandant Kapitän zur See Ver von Haugwitz, sind am 26. Februar in Spezia eingetroffen und beabsichtigen, am 4. März nach Neapel in See zu gehen.

Sachsen. Dresden, 27. Februar. Auf Einladung des Präsidenten Dr. Haberkorn hatten sich, wie das „Dresd. Journ.“ meldet, die Mitglieder der Zweiten Kammer am vergangenen Dienstag zu einem Mittagessen auf dem Königlichen Belvedere versammelt. An demselben nahmen auf besondere Einladung Theil die Stagts⸗Minister Graf von . von Nostitz-Wallwitz, von Gerber und von Abeken, owie von dem Direktorium der Ersten Kammer die Herren Präsident von Zehmen und Sekretär Graf von Könneritz.

Graf Georg Ludwig zu Münster-Langelage, Königlich sächsischer Landstallmeister zu Moritzburg, ist in Folge eines Unfalls nach nur kurzem Krankenlager verschieden.

Beide Kammern hielten heute Sitzungen ab. Die Erste Kammer berieth uͤber das Königliche Dekret Nr. 22, den Entwurf eines Gesetzes über die Cerichtskosten in An⸗ gelegenheit der nichtstreitigen Rechtspflege betreffend. Frhr. von Friesen sprach sein Bedauern darüber aus, daß die in dem Gesetzentwuif niedergelegte größere Heranziehung des Grund⸗ besitzes den Großgrundbesitz am Meisten treffe, welcher zwar die neue Last auch tragen werde, der aber auf dem Wege sei, unter den ihm auferlegten Lasten zu erliegen. Diese Ansicht begegnete dem Widerspruch des Referenten, welcher bemerkte, daß die Erhöhung hauptsächlich von den größeren Städten getragen werden müsse, und des Regierungskommissars, Geheimen Justiz-Raths Dr. Rüger, der auf die geringe Bewegung des größeren Grundbesitzes und die sich damit ergebende geringe Erhöhung der Last hinwies, was übrigens vom Freiherrn von Friesen bestritten wurde. Der Geheime Rath a. D. Herbig betonte, daß bei dem Gesetz⸗ entwurf insonderheit der städtische Großgrundbesitz in Frage komme, der übrigens eine höhere Heranziehung zu den Ge⸗ richtskosten bei seiner Entwickelung und der Gebahrung beim Besitzwechsel wohl vertrage. Ohne weitere Debatte wurden hier⸗ nach das Gesetz und der Tarif mit den von der Deputation vorgeschlagenen, die Grundgedanken des Gesetzes nicht berührenden Abänderungen unter Namensaufruf einstimmig angenommen, die hierzu noch eingegangene Petition damit für erledigt erklärt, auch die Königliche Staatsregierung in Ueber⸗ einstimmung mit der Zweiten Kammer ersucht, dem über⸗ nächsten Landtage Mittheilung über die bis dahin vorliegenden Ergebniss der Kassenverwaltung, soweit sie aus dem neu zu erlassenden Kostengesetze herrühren, zu machen und dem nächsten Landtage den Entwurf einer Kostenordnung fuͤr Notare zur verfassungsmäßigen Be⸗ rathung vorzulegen. Die zweite ammer ertheilte dem Gesetzentwurf, betr. die Pen fionsberechtigung der berufsmäßigen Gemeindebeamten in den Städten mit der Städteordnung für mittlere und kleine Städte sowie in den Landgemeinden, auf Antrag der Gesetzgebungs⸗Deputation in der von der Ersten Kammer beschlosse ien Fassung ihre Zustimmung, nachdem in Folge von Anfragen des Abg. Dr. Schill festgestellt worden war, daß den Gemeinden freistehe, durch Ortsstatut auch die Er— reichung einer gewissen Aitersgrenze als Voraussetzung für die Pensionirung zu bestimmen, und daß die nach dem Entwurfe nicht wiedergewählten Gemeindevorständen 2c. zu gewährende Unterstützung rechtlich der Pension gleichstehe. Eine längere Debatte veranlaßte der Bericht derselben De pu⸗ tation über den von der Ersten Kammer unverändert an—⸗ genommenen Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Armenordnung. Zu Abschnitt J dieses Entwurfs, welcher die an einzelnen Orten auf Grund von Herkommen erhobenen Erbschafts abgaben beseitigen will, hatte eine Minderheit der Deputation die Ablehnung beantragt, zugleich aber den Antrag ge⸗ stellt, die Regierung um Erwägung zu ersuchen, unter welchen Bedingungen und Beschraͤnkungen den Orisarmen⸗ verbänden nachzulassen sein würde, unter Anlehnung an die staatliche Erbschaftssteuer eine Erbschastsabgabe zur Orts⸗ armenkasse zu erheben. Nachdem dieser Antrag von mehreren Rednern bekämpft, von anderen aber befürwortet worden war, erklärte der Staats-Minister von Nostitz⸗Wallwitz, daß die Aufhebung der in hohem Grade ungerecht wirkenden Erb= schaftsahgabe, wie sie jetzt bestehe, dringend wünschens⸗ werth sei, daß aber die Frage der Einführung einer kommunalen Erbschaftssteuer, die bisher noch von keiner Seite an die Regierung gebracht worden sei, von der letzteren in Erwägung würde gezogen werden, sofern dies von den Kammern gewünscht werden sollte. Nach dieser Erklärung einigte man sich dahin, dem Abschnitt J des Entwurfs zuzustimmen, andererseits aber auch den von der Minderheit gestellten Erwägungsantrag anzu— nehmen. Abschnitt l, welcher den Gemeinden die Ausgestal⸗ tung einer für die Armenkasse zu erhebenden Vergnügungs—⸗ steuer überläßt, wurde mit einigen von der Deputation bezw. der Minderheit derselben gestellten Abänderungsanträgen ange⸗ nommen. Zum Schluß wurde auf Antrag der Beschwerde⸗ und Petitions deputation eine Petition des Vorstandes des deutschen Vereins für Knabenhandarbeit und des Vorstandes des Landesverbandes zur Förde⸗ rung des Handfertigkeitsunterrichts im Königreich Sachsen um Unterstützung der Lehrerbildungs—⸗ anstalt des erstgedachten Vereins in Leipzig der Staats⸗ regierung zur Erwägung überwiesen unter gleichzeitiger Er⸗ mächtigung derselben, die Anstalt mit einem Beitrage von jährlich 3000 M zu unterstuützen.

Baden. Karlsruhe, 26. Februar. (Kearlsr. Ztg.)

Die Erste Kammer ging heute über die Mannheimer Ein-

gabe auf Herabsetzung der Liegenschaftsaccise zur

Tagesordnung über. Der Bau einer Lokalbahn von Gernsbach im Murgthal nach Weisenbach, bezw. die Gewährung eines Staatszuschufses zur Sirichtung dieser Privatbahn, wurde genehmigt. Die Zweite Kammer nahm heute den Gesetzentwurf, be— treffend das Recht zur Ausübung der Fischerei, nach dem Berichte der Kommission an, ebenso den Antrag der Kommission zu der Petition der Städte Wertheim und Freuden⸗ berg, betreffend die Weiterführung der Kettenschiff— fahrt auf dem Main, welcher dahin geht, die Regierung wolle mit allen Mitteln die bayerische Regierung zu bestimmen suchen, daß die Kette von Aschaffenburg weiter gelegt werde, oder es wolle die Regierung einer Dampsschiffahrtsgesellschaft eine 4prozentige Rente garantiren.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Wei mar, 27. Februar. (Th. C.). Der Landtag des Großherzogthums nimmt am nächsten Montag seine Sitzungen wieder auf.

Elsaßs⸗Lothringen. Straßburg, 26. Februar. Der Landesausschuß erledigte heute zunächst die erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die öffentlichen Ge⸗ nossenschaften zum Zwecke der Anlage von Feld wegen sowie von Bewässerungen und Ent⸗ wässe rungen. Die Vorlage wurde nach längerer Debatte an die dritte Kommission verwiesen und darauf die zweite Be⸗ rathung des Etats der Forst verwaltung begsnnen.

Großbritannien und Irland. London, 27. Jebruar. (W. T. B.) Lord Salisbury empfing heute Nachmittag den Besuch des deutschen Botschafters Grafen Hatzfeldt, welcher ihm die formelle Einladung zu der Berliner Arbeiter schutz⸗Konferenz überreichte. .

Im Unterhause theilte heute der Unter⸗Staatssekretär Fergusson mit: die neuesten Berichte britischer Beamten auf Kreta besagten, daß der Zustand auf der Insel im Allgemeinen ruhig sei; in den Dörfern kamen nur noch die auch sonst gewöhnlichen Klagen vor. Im Allgemeinen schienen Plünderungen und Gewaltihaten aufgehört zu 3 In den Städten würden wohl zuweilen noch aufreizende Berichte ver⸗ breitet; einige Anklagen über Grausamkeit der Truppen hätten sich jedoch als unbegründet herausgestellt. Aus Griechenland zurück⸗ gekehrte Flüchtlinge würden von den Behörden nicht behelligt, und alle . 16 ausgenommen, könnten frei zurück⸗ kehren. enn der Firman den Erklärungen des Vali gemäß ausgeführt werde, biete derselbe nach der Ansicht des brit: schen Konfuls keinen Anlaß zur Beschwerde; das Volk werde jedoch durch die Thätigkeit der Politiker aufgereizt. Immerhin sei der allgemeine Zustand hoffnungsvoll.

Frankreich. Paris, 27. Februar (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirten kammer benachrich— tigten die Deputirten Laur und Hubbard den Minister des Aeußern, Spuller, daß sie in Betreff der Absendung von Delegirten zu der Berliner Konferenz zu interpelliren beabsichtigten. Die Berathung darüber wurde auf nächsten Dienstag festgesetzt. Der Minister⸗Präsident Tirard sagte in . einer Anfrage Turrel's in Betreff des demnächstigen Ablaufs des Handelsver— trages mit der Türkei, die Pforte habe erklärt, Frank— reich werde nach Ablauf des Vertrages im türkischen Ileiche die Rechte einer meistbegünstigten Nation genießen. Dies werde natürlich gegenseitig sein und bis zum Jahre 1897 dauern.

Italien. Rom, 27. Februar. (W. T. B.) Ein heute veröffentlichtes Grünbuch über die Besetzung von Keren und Asmaxa enthält eine Depesche vom 25. Juli 1889, aus welcher hervorgeht, daß ein Vertrag zwischen Italien und Abessynien das Recht Italiens auf Keren und Asmara anerkennt. : .

Nach einer Meldung der „Agenzia Stefani“ aus Paris hat die italienische Regierung der Ernennung Billot's zum französischen Botschafter beim Quirinal ihre Zustimmung ertheilt.

Portugal. Lissa bon, 25 Februar. (K. 3.) Für den 2. März, als Gedenktag der Ankunft Vasco de Gama's in Mozambique, 1498, werden wieder repub likanische Kund⸗ gebung en geplant; man scheint diese Gelegenheit benutzen zu wollen, um die am 11. versuchten Ausschreitungen gegen die Regierung zu wiederholen. Letztere trifft jedoch auch dies⸗ mal ihre Vorkehrungen. Maueranschläge verbieten jede Kund⸗ gebung am 2. März. . .

27. Februar. (W. T. B.) In die vorgestern hier aufgelegte Liste zu Zeichnungen für einen Verthei— digung fonds sind bereits 80 000 Pfd. Sterl. eingetragen.

Belgien. Brüssel, 25. Februar. (M. A. 3.) Zum ersten Male seit den Weihnachtsfeiertagen hielt die Anti⸗ sklaverei⸗Konferenz gestern wieder eine Vollver⸗ sammlung ab. Zu Beginn der Versammlung widmete der Vorsitzende, Baron Lambermondt, zunächst dem verstorbenen Sulian Seyid Khalifa als aufrichtigem Freunde der europäischen Kultur einen warmen Nachruf und theilte mit, daß sein Nachfolger Seyid Ali den englischen Delegirten Sir John Kirk und den deuischen Delegirten Dr. Arendt mit seiner Vertretung auf der Brüsseler Konferenz betraut hat. Das wichtigste Ergebniß der gestrigen Vollversammlung ist die Einsetzung eines neuen Ausschusses zur Verhinderung, der Sklaven⸗ märkte. Somit sind im Ganzen drei Ausschüsse thätig: der Ausschuß zur Verhinderung des Sklavenhandels zu Lande, die See⸗Kommission und der zuletzt erwähnte Ausschuß, welchem die Aufgabe zufällt, Maßregeln zur Bekämpfung des Sklavenhandels in denjenigen Ländern vorzuschlagen, in die heute noch Sklaven eingeführt werden. Man hat hierbei auptsächlich einzelne Theile des osmanischen Reichs und erfien im Auge. In den nächsten Tagen dürften die Ver⸗ handlungen der Konferenz übrigens eine entscheidende Wen⸗ dung nehmen, da die Aeußerung der französischen und der englischen Regierung in Sachen des Schiff sdurchsuchungs⸗ rechts stündlich erwartet wird. Beigien. Brüssel, 27. Februar. (W. T. B.) Die über die Zwischenfälle bei dem Brande des Schlosses Tae ken angestellte Untersuchung ergab, daß der Bericht des Burgermeisters von Laeken Ungenauigkeiten enthalte, wo⸗ durch das Verhalten des Generals van der Smissen in einem andern Lichte dargestellt wird. Nichtsdestoweniger wird 2. . für sein damaliges Vorgehen eine Verwarnung erhalten.

Bulgarien. Sojia, 27. Februar. (B. T. B.) Der Pol. Corresp.“ zufolge hat das bulgaxische Kabinet keinerlei Beschwer den über den bulgarischen Vertreter in Belgrad, Mirtscho wit sch, Seilens der serbischen Re— gierung erhalien, ebensowenig seĩ die Abberufung desselben he⸗ gehrt worden. Wie die, Agence Balcaniqueę - erfährt, wäre die Re⸗ gierung anläßlich der Panitza⸗ Affaire Willens, bei den Mächten Schritte wegen der Anerkennung des Prinzen von Coburg zu thun, um auf diese Weise dem gegenwärtigen Zustande ein Ende zu setzen. Es habe sich als evident heraus⸗ Zestellt, daß, so lange die gegenwärtigen Verhältnisse fort⸗ dauern, auch Thür und Thor geöffnet sei, um Verwirrungen im Lande anzuzetteln.

Dänemark. Kopenhagen, 27. Februar. (W. T. B) Anläßlich der Jubiläumsfeier seines Thüringischen Ulanen-Regiments Nr. 6 entsandte der König den Chef des Garde⸗-Husaren⸗-Regiments, Oberst⸗Lieutenant von Hegermann-Lindencrone nebst Adjutanten als seine Vertreter.

Amerika. Washington, 25. Februar. (A. C. Die Weltausstellungs-Bill bewilligt in ihrer jetzigen, von dem Repräsentantenhause angenommenen Fassung 100 000 Doll. für Zollgebühren auf ausländische n. und 1 500000 Doll. für Vertretung des Bundes auf der Ausstellung sowie die zu dem Zweck zu errichtenden Gebäude. Da die Stadt New⸗York sich erbot, die gesammten Ausgaben für die Betheiligung des Bundes zu tragen, so will man beantragen, daß Chicago sich auch dazu verpflichten soll. Der Vorsicht halber soll auch ein Zusatz zu der Bill die Bundesregierung für keinerlei wegen der Aus— stellung eingegangene Anleihen und Schulden verzantwort— lich machen. Chicago hat 5 0009090 Doll. durch freiwillige Zeichnungen aufgebracht und will eine Anleihe in dem gleichen Betrage aufnehmen. Viele Kongreßmitglieder stimmten für Chicago, obgleich sie eigentlich über— haupt gegen eine Ausstellung waren, und werden da⸗ gegen stimmen, sobald die Bill wieder vor das Haus gelangt. Trotz allen Jubels ist es daher noch durchaus nicht sicher, daß Chicagos Wunsch in Erfüllung geht. Die Ab⸗ geordneten von Texas und Kansas find starke Gegner der Ausstellung. Ein republikanischer Senator erklärte, daß die Bill vom Senat vielleicht durch den überwiegenden Einfluß der westlichen Senatoren genehmigt werde, daß die Genehmi⸗ gung aber durchaus nicht sicher sei.

Parlamentarische Nachrichten.

Bei dem Hause der Abgeordneten ist von dem Abg. Rintelen der nachstehende Antrag zu der zweiten Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Ab⸗ änderung des 5§. 19 Absatz 1 des Pensionsgesetzes vom 27. März 1872, eingebracht worden:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:

Den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des §. 19 Absatz 1 des Pensionsgesetzes vom 27. März 1872, dahin ab— zuändern, 1) daß demselben ein neuer Artikel eingefügt werde, dahin lautend:

Artikel J. An Stelle des §. 10 Eingang des Pensionsgesetzes vom 27. März 1872 (Gesetzsamml. S. 268) tritt folgende Vor⸗ schrist: Der Berechnung der Pension wird dasjenige gesammte Diensteinkommen des Beamten, welches ihm am Tage des Dienst⸗ austritts nach Maßgabe des für das betreffende Etatsjaor fest— gestellten Besoldungs · Etats, derselbe mag bereits ausgeführt sein oder nicht, vermöge seines Dienstalters zust⸗ht oder zustahen würde, so⸗ weit es nicht zur Bestreitung von Repräsentations- oder Dies st— aufwandskosten gewährt wird, nach Maßgabe der folgenden näheren Bestimmungen zu Grunde gelegt.

2) daß die Artikel I. und IJ. der Vorlage die Nummern II. und III. erhalten; 3) daß in dem Artikel J. der Vorlage in Nr Litt. a hinter den Worten: im ständischen Dienste? eingeschaltet werde: im Privateisenbahndienste'; 4) daß die Ueberichrift der Vor⸗ lage dahin abgeändert werde, daß die Worte: ‚des § 18 Alsatz 1“ fortfallen.

Seitungsftimmen.

Gegenüber der Behauptung freisinniger Blätter, daß „das Kartell durch die Wahlen zerschmettert worden sei“, führt die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ aus:

„»Das Kartell bedeutet den Zusammenschluß aller derjenigen politischen Elemente, welche die heutige gesellichaftliche Ordnung auf⸗ rechterhalten wollen, und in Folge dessen die revolutionären Tendenzen der Sozialdemokratie bekämpfen müssen. Es gehören deshalb zum Kartell viel mehr Politiker und Wähler, als in dessen Listen gefuhrt werden, denn die große Mehrheit des deutschen Volks, darüber kann doch auch gegenüber dem ziffernmäßigen Anwachsen der Sozial“ demokratie kein Zweifel herrschen, will die bestehende Ordnung der Dinge im Reich aufrecht erhalten. ;

Wenn diejenigen Parteien, welche das fraktionsmäßig zusammen—⸗ geschlossene Kartell im Reichstage gebildet haben, an Mandaten Ein buße erleiden sollten, so spricht das in keiner Weise gegen den natür— lichen und nothwendigen Gedanken, welcher im Kartell seine bisher durchaus nicht vollkommene Verkörperung gefunden hat. Es war vielleicht ein . daß man den staatserhaltenden Gedanken, welcher das Volk beherrscht, in die Fesseln fraktionsmäßiger Abmachungen schmiedete, daß man ihn schablonisiren wollte. Ein derartiges Be⸗ ginnen ist dem Charakter des deutschen Volks nicht immer sympathisch, und zmal in diesem Fall, wo thatsächlich weite Kreise, die eigentlich in diesen Rahmen gehörten, in denselben nicht aufge⸗ nommen werden fonnten. Darum hat aber bei den diesmaligen Reichstagswahlen der Gedanke, es sei nothwendig, die staatliche Ord⸗ nung aufrecht zu erhalten, doch seinen deutlichen Ausdruck gefunden. Er ware vielleicht noch deutlicher geworden, wenn den einzelnen Wabl⸗ kreisen freigestanden hatte, nach ihrer Ansicht allein zu handeln, Kan— didaten aufsustellen, die ihnen genehm waren, obne Rücksicht auf die Frakiionginteressen. z Michtz wäre verkehrter, als wenn man aus der Thatsache, daß die spezifischen Kartell parteien nicht mehr die absolute Mehrheit im Reichstage hätten, den Schluß ziehen wollte, daß damit die natürliche deutsche Politik des inneren Ausbgues des Reichs auf verfassungs— mäßiger Grundlage irgend eine Aenderung erleiden würde. Dies glauben guch sene freissnnigen Blätter nicht, welche sich in Jubel 6 über den Zufammenbruch des Kartells ergehen ju müssen glauben. !

Mehr denn je hat sich die Nothwendigkeit gejeigt und wird als solche anerkannt, daß alle diejenigen Partelen, welche unsere stagtliche uin gesellschaftliche Sidnung erhalten wollen, fest zusammenstehen müssen.

Nur ein im engsten Fraltionsgeiste Befangener kann von cinem Zusammenbruch des 26 sprechen, da der leitende Gedanke des- selben, wie jetzt namentlich bei den Stichwahlen deutlich zu erkennen ist, fast alle bürgerlichen Parteien beherrscht.“

Die Rh in- und RKuhr⸗Zeitung. schreibt unter der ueberschrijt „Der alte und der neue Reichs tag“: == Wenn man den Thaten des neuen Reichstages mit verbältniß. mäßiger Rube entgegenseben kann, so ist es darum, weil der jetzt abgelaufene Reichstag seine Pflicht gerban., die Aufgabe, zu der er berufen gewesen, gelöst bat. Das Reich ist Dank. der patriotischen Thätigkeit des verfloffenen Reichstages militärisch und finanziell für geraume Zeit genügend ausgestattet; die Sozialreform, soweit sie sich auf das Gebiet der Verficherung gegen Notblagen der Arbeiter erstreckt, ist zu einem gewissen Abschluß gekommen; auch sonst sind dringende Aufgaben, deren Lösung mit den früberen Reichstagsmehrheiten nicht gelingen wollte, erledigt worden. Die bisherige Reichstagsmehrbeit bat ihre Zeit gut an= gewendet, und das Bewuftsein getreuer Pflichterfüllung wird sie auch darüber trösten, daß die Volksgunst ibr augenblicklich nicht zur Seite steht. Es ist eben nicht Alles angenehm und populär, was beilsam und nothwendig ist, aber ein gewissen hafter und patriotischer Mann wird zuerst nach letzterem fragen und dann erst nach der Volkesgunst. Auch die Volksgunst wird schon wiederkehren, wenn man die Herren Windtborst, Bebel und Richter erst wieder eine Weile an der Arbeit gesehen bat. In unserer schnellvergessenden Zeit sind die Eindrücke der früheren Thätigkeit der jetzt wiederhergestellten Majorität schon allzusehr verblaßt und verschwunden. Sie werden aber bald wieder aufgefrischt werden, dafür werden die neuen Parlamentsführer sorgen. Dieser durch eine unerkörte Agitation zu Stande gebrachte Reichs- tag ist nicht der wahr umd dauernde Ausdruck der Gesinnung des deutschen Volks in seiner Mehrbeit. Es ist kein Grund, verzagt zu sein wegen eines augenblicklichen Mißerfolgs, der unmöglich von Be⸗ stand sein kann. Bei einem solchen Wahlspstem, wie wir es im Reiche haben, und bei der politischen Unreife so vieler Wäbler treten Ueberraschungen und plötzliche Umschläge leicht ein; aber selbst dabei bricht sich am Ende doch Besonnenheit und Vernunft wieder Bahn.“

Die „Weimarische Zeitung“ führt betreffs der Steuerfrage aus:

„Die Freisinnigen und die Soꝛialdemokraten haben während der Wahlbewegung sehr gut verstanden, bei den Wählern den Glauben zu erregen, daß, wenn sie den Kandidaten dieser Parteien ihre Stimmen geben, erhebliche Steuerermäßigungen zu erwarten seien. Solche Versprechungen üben naturgemäß eine Wirkurg aus, wie ja die Haupt- wahlen vom 20. Februar bezengen. Aber wie steht es mit der that sächlichen Unterlage für die Ausfübrang solcher Versprechungen? Davon haben jene Redner sich wobl gebütet, etwas zu sagen. Wenn der Umsturz der Politik Bismarck's auf finanzpolitischem Gebiet auch nur in so weit zur Wahrheit werden soll, daß auf die Erträge aus den erböhten Zöllen, der Tabacksteuer, der Verbrauchs abgabe vom Brannt⸗ wein u s. w verzichtet würde, so würde riese Maßnabme für den Konsumenten kaum bemerklich werden in dem etwaigen Herabgehen der Preise. Es ist ja Thatsache, daß die Beseitigung, geschweige denn die Herassetzuag der indirekten Steuern auf die Prei- bildung einen kaum wahrnehmbaren Einflutz ausübt. Sehr emxfindlich würde dagegen der Einzelne durch diese Maßnahme berührt werden auf dem Gebiet der direkten Steuern. Die Einkommensteuer würde sofort bedeutend erböht werden. Aus obigen erböbten Zöllen u. s w. bat die Reichskasse eine Einnahme von rund 428 Millionen. Von diesen kommen an das Reich 120, an die Einzelstaaten 298 Millionen. Die erstere Summe würde, da sie ja absolut nothwendiz ist, wie auch der Deutschfreisinn durch das Votum seiner Abgeordneten im Reichstage für den Etat von 1890/1891 anerkannt bat, gedeckt werden müssen durch eine ent⸗ sprechende Erböhung der Matrikularumlagen, d. h die Einzelstaaten würden die Einkommensteuer erhöhen müssen, zunächst um diese 130 Millionen dem Reich u überweisen Dana aber würde für sie selbst ein Ausfall von fast 300 Millionen jährlich zu decken sein. Durch die Auszahlungen aus der Reichskasse an die Einzelstaaten ist die Finanzlage derselben eine viel bessere geworden Bleiben wir im Srofheriogtbum Sachsen, so sehen wir, daß in Folge dieser Aus- zahlungen eine vermehrte Schuldentilgung, die Aufbebung des Sporteliuscklogs, die Aufhebung des Chausseegel des, die Ueberweisung ven bedeutenden Mitteln an die Gemeinden für Etleichterung der

Interesse der Landwirthschaft u s. w möglich, daß vor Allem eine bedeutende

Politit

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was ja die unvermeidliche Folge des „‚Umsturzes der Vimarck's“ wäre, so würde auf die Fortdauer jener Erleichterungen,

müssen. .

Es ist nun im s c r . f bat posit ve Vorschläge, wie die Ausfälle zu ersetzen seien, nicht ein = mal gemacht die Einfübrunz der progressiven Einkommensteuer rorgeschlagen worden, um vermittelst dieser einen Ersatz für die durch den? Umsturz der bestebenden Zollpolitik entftehenden Ausfälle za schaffen Daß bei uns die progresside Einkommensteuer

durch die Berliner Ausfuhr bezieben. Aber es ist vielleicht zur Aufflärung recht nützlich, einmal zu zeigen, in wie ungeheueren Ver⸗ ältnissen sich diese Steigerung der Einkommenstener bewegen müßte, um ein nennenswerthes Resultat zu erzielen, das gleichwohl noch lange nicht hinreichte, um den Ausfall zu decken. Die Zahl der Steuerpflichtigen in Preußen von der 12. Stufe der Klassensteuer an aüfätrts war im Jahre 1889 90 232 477. Das Gesammteinkommen derselben beläuft sich auf 1694 Millionen, der Betrag der davon zu zahlenden Steuer etwa 47 Millionen. Würde man nun bei⸗ frielsneise bei der 10 Steuerstufe, welcher ein Einkommen ron über 108060 4 zu Grunde liegt;, mit der Progtession beginnen und von 4979 bis 30 00 bez. auch bis 50 so steigen, so würde man im ersteren Falle auf ein Steuererträgniß von etwa 967 Millionen, im letzteren von etwa 1243 Millionen kommen. Bei einer Progression bis 30 ojo würde danach gegen das jetzige Erträgniß ein Mehrbetrag von etma 49 Millionen, bei einer solchen von 50 o/o ein Mehrbetrag von etwa 77 Millionen zu erwarten sein. Bei einer Steigerung der Ein kommensteuet bis auf 50 obs0 würde also noch nicht die Summe erreicht sein, die Preußen aus den Ueberweisungen des Reiches auf Erleichterung an Staats. und Kommunalsteuer (90 Millionen) ver⸗ wendet hat. Daß aber die Steigerung der Einkommensteuer bis auf 50 C das Kapital aus dem Lande treiben, Landwirthschaft und In⸗ dustrie vernichten und die Arbeiter zu Bettlern machen würde, das sagt sich jeder selbst.“

Theater und Mustkt.

Berliner Theater.

Bei den Proben zu Hans von Hopfen's Hexenfang“ haben sich so bedeutende scenische Schwierigkeiten bergusgestellt, ir Biber, Ludwig Barnay sich entschlofsen hat, die Erstausführung auf Mitt- woch den 5. März zu verschieben. Am Montag, den 3. März, wird der ‚Veilchenfresser ' aufgeführt.

Lessing⸗Theater.

Gestern Abend gelangt; das Schauspiel Die Hochzeit von Va leni‘ von Ludwig Ganghofer und Marco Brociner mit getheiltem Erfolge bier zur ersten Aufführung; auf anderen deutschen Bübnen ist das Stück schon früher gegeben worden und foll dort günstiger aufgenommen worden sein Der Charakter des Stücks läßt sich, wie bereits aus der folgenden kurzen Inhaltsangabe erhellt, als . Sensations drama“ bezeichnen, und für diefe künstlerssch minder⸗ , . Gattung hat unser Publikum den Geschmack glücksicherweife verloren.

Ein alter Bojar, Aristide Notara, läßt ein schönes Zigeuner mädchen, Sanda, auf seine Kosten erziehen, um dasselbe Rer.

worden ist. Fallen jene Ueberweisungen aus der Reichskasse fort,

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ozialdemokratischen Programm der Freisinn

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besteht,

war den Sojialdemoktaten unbekannt, da sie ibre Weisheit nur

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Schul und Wegebaulasten die Verwendung von ansebnlichen Summen im

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Erleichterung der breiten Schichten der Bexölkerung in Bezug guf—= die Einkommensteuer durch eine rationelle Steuerreform geschaffen

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Gemahlin zu machen. Am Hochzeitstage entdeckt sie ibr Herz, welches

die den Einzelnen und den Gemeinden gewährt werden konnten, . verzichtet, gleichwohl aber die Einkommensteuer erheblich erhöht werden * .

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