enthalt an der Riviera 3 nehmen und wird sich zunächst, am Donnerstag, den 6. d. M., nach Nervi begeben, um von dort später nach Mentone zu übersiedeln. . Se. Großherzogliche Hoheit der Pirinz Maximilian von Baden, welcher am 28. v. M. Abends von Berlin in der Königlichen Villa zu Strehlen eingetroffen war, wird heute Abend wieder nach Berlin zurückkehren . Beide Kammern . heute Sitzungen ab. Die Erste Kammer beschäftigte sich mit Petition en. Die Zweite Kammer erledigte den Bericht der Gesetzgebungs⸗ deputation über den Antrag des Vize⸗Präsidenten Streit auf Revision der Gesindeordnung vom 10. Ja⸗ nugr 1838. und eine denselhen Gegenstand. be—⸗ treffende Petition des landwirthschaftlichen Kreisz⸗ vereins Leipzig. Nachdem der Abg. Ackermann die Revision als unzeitgemäß bekämpft hatte, die Ahgg. Horst, Vize⸗-Präsident Streit, Klemm, Eulitz und Kirbach dagegen für eine maßvolle Aenderung im Sinne der Abänderung bezw. Streichung gewisser Paragraphen, die mit den Reichs⸗ gesetzen und den jetzigen Feitverhältnissen nicht mehr in rich⸗ tigen Einklang zu bringen sind, eingetreten waren, und nur der Abg. Kaden eine weitgehende Aenderung befürwortet hatte, beschloß die Kammer mit 50 gegen 22 Stimmen, die Staats⸗ regierung zu ersuchen, die Gefindeordnung vom 10. Januar 1835 einer Reyision zu unterziehen, wobei als abänderungs⸗ bedürftig die sS§. 51, 52, 97 und 105, sowie 31, 32. 34, 45 und 45 mit Mehrheit bezeichnet wurden, und einen dem Er— gebniß der Revision entsprechenden Gesetzentwurf auf dem nächsten Landtage der Ständeversammlung vorzulegen.
Mecklenburg⸗Echwerin. Schwerin, 3. März. Wie den „Meckl. Nachr.“ aus Cannes vom nämlichen Tage ge— meldet wird, hatte Se. Königliche Hoheit der Großherzog in der Nacht vom 28. Februar zum 1. März und noch im Verlaufe des letztgenannten Tages sehr unter einem hoch fieberhaften Darmiatarrh zu leiden. In der Nacht zum 3. d. M. ging das Fieber etwas herunter, und auch die übrigen Erschelnungen ließen nach. Seit heute Morgen ist eine wesentliche Besserung im Befinden Sr. Königlichen Hoheit eingetreten, und sind die Krankheitserscheinungen nur noch in geringem Maße vorhanden. .
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 3. März. (Th. C.) Se. Königliche Hoheit der Großherzog hat, wie wir hören, an die deutschen Fürsten sowie an die Senate der freien Städte Schreiben gerichtet, in denen er denselben den von dem Kirchengemeindevorstand der evangelischen Gemeinde in Tokio erlassenen Aufruf um Unterstützung bei dem Bau . ,, chen Kirche daselbst in lebhafter Weise an das
erz legt.
Der Landtag, der sich am 6. April v. J. vertagte, hat heute seine Sitzungen wieder aufgenommen. Unter den neuen Ein⸗
ängen befindet sich ein Ministerialdekret, betreffend die An⸗ ar rang eines naturwissenschaftlichen Haupt⸗ lehrers an der Forstlehranstalt in Eisenach, ein wei— teres, das sich auf die Zulässigkeit der Schuldverschrei⸗ bungen des Großherzogthums zur Belegung vor— mundschaftlicher und zu öffentlichen Depositen gehöriger Gelder bezieht. Ein drittes Ministerialdekret betrifft die Abtrennung der Ohrenklinik von der chirurgischen Klinik in Jena, ein viertes die seit dem Oktober v. J. bestehende Prüfungsanstalt für Chrono— meter in Ilmenau.
Vor Eintritt in die Tagesordnung der heutigen Sitzung gab Landtags-⸗Präsident Müller der Trauer um den Heim⸗ gang der verewigten Kaiserin Augusta Ausdruck und verlas das in dieser Veranlassung an Se. Königliche Hoheit den Großherzog Namens des Landtages gerichtete Kondolenzschreiben sowie das Antwortschreiben des Großherzogs. Der Präsident theilte darauf die amtliche Notifikation der im Großherzoglichen Staats⸗Ministerium stattgehabten Veränderungen mit und sprach in einer die hohen Verdienste des zurückgetretenen Staats⸗ Ministers Dr. Stichling würdigenden Ansprache an den Land— tag das Bedauern über das Ausscheiden desselben und die besten Wünsche für sein ferneres Leben aus. Der Präsident begrüßte sodann das neue Ministerium, dem der Landtag eben— falls das vollste Vertrauen entgegen bringe, und das die Fort— dauer des altgewohnten schönen Verhältnisses zwischen Regie⸗ rung und Landtag mit Sicherheit erwarten lasse. Staats⸗ Minister Dr. Freiherr von Groß erwiderte mit der Ver— sicherung, daß durch die, auch von den Mitgliedern der Re— gierung schmerzlich empfundene Veränderung die bisherige Politik nicht berührt werde, die altbewährten Grundsätze würden aufrecht erhalten bleiben. Die Regierung werde die Rechte des Landesherrn vertreten, aber auch die des Land⸗ tages achten und für die Wohlfahrt des Landes nach besten Kräften sorgen. Der Landtag möge ihr dabei seine Unter— stützung gewähren.
Sualamburg, 3. März. Die drei Senate der Hanse— städte hatten eine vor läufige Uebereinkunft dahin ab— geschlossen, daß die zur Ausführung des Gesetzes, betreffend Invaliditãat und Altersversicherung, zu gründende hanseatische Versicherungsanstalt! in Lübeck ihren Sitz erhalten sollte. In der Hamburger Bürgerschaft wurden nun, wie die „Weser Zig.“ meldet, gegen diese Senatsvorlage Bedenken laut, namentlich wegen des Domicils, infolgedessen ein Ausschuß eingesetzt wurde, welcher jetzt seinen Bericht erstatet hat. Es wird in demselben erörtert, daß die Etablirung der Anstalt in Lübeck nicht nur aus finanziellen, sondern auch aus Gründen der Gerechtigkeit zweckmäßig erscheine. Nach genauen Ermittelungen werden zur Verwaltung der Versicherungs-Anstalt eine „ganze Schaar von Beamten“ und umfangreiche Bureauräumlichkeiten erforderlich sein. Da nun die Verwaltung so billig wie möglich eingerichtet werden müsse, sei Lübeck den Ec e rin vorzuziehen. Eine Ver⸗ gleichung der Beamten Etats von Lübeck und Hamburg ergebe, daß Lübeck erheblich billiger sei, und die Miethen verhielten sich wie 5 in Hamburg zu 3 in Lübeck. Außerdem fei es auch nicht mehr als billig, daß Lübeck bei der sich jetzt dar bietenden Gelegenheit eincn Ersatz für das ihm 1879 verloren gegangene Ober-Appellationsgericht erhalte; des halb empfiehlt der Ausschuß die Senats vorlage — zu welcher das Ein—⸗
verständniß Bremens f ae, , derten Annahme. schon vorliegt — ver an
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 3. März. (B. T. B.) Budget gu sschu ß erllärte der Heri c der an. Sektions-Chef von Niebauer, auf eine Interpellation über
den Stand der Valuta⸗Regulirung: die ungarische Regierung habe auf die bann lh Note der österreichis Regierung zustimmend geantworiet. Die eingeleiteten Ver⸗ handlungen Über diesen Gegenstand schwebten noch, er könne daher eine weitere Auskunft nicht ertheilen.
Großbritannien und Irland. London, 1. März. (A. C) Bie Dubliner Amiszeitung veröffentlicht einen Erlaß, welcher die Nationalliga im Kirchspiel Kil⸗ mo ree, in der Grafschaft Mayo, und in verschiedenen Kirch⸗ spielen der Grafschaft Tipperary verbietet und aufhebt.
Der schwedische Gesandte in London, Graf Piper, hat diesen Posten nach 13 jähriger Dienstzeit niedergelegt.
In Malta ist heute der neuernannte Gouverneur, General ⸗Lieutenant Sir H. A. Smith, eingetroffen und von den Spitzen der Behörden feierlich empfangen worden, worauf er den Amtseid ablegte. .
Das englische Telegraphenamt hatte in dem mit dem 31. März 1889 abschließenden Jahre eine Nettoeinnahme von 2129 965 Pfd. Sterl. Die Ausgaben für Gehälter, Miethe und Instandhaltung des Netzes beliefen sich auf 1969 323 Pfd. Sterl.
— 3. März. (W. T. B.) Der Marquis von Salis⸗ bury gab heutẽ im Oberhause gegenüber den Angriffen Labouchsre's die Erklärung ab: Sein w mit Probyn auf dem Bahnhofe sei ein zufälliges gewesen, und er habe sich über die bei dieser Gelegenheit gethanen Aeußerungen keine Notizen gemacht. Er habe aber sicherlich nicht gesagt: der Verhaftsbefehl gegen Lord Somerset erfolge am nächsten Tage, da er im Gegentheil erklärt habe: die inen erachteten die vorliegenden Beweise für unzu⸗ änglich. . .
Im Unterhause brachte Gladstone einen Antrag ein, welcher durch die Aufhebung Labouchère's am Freitag ver⸗ anlaßt wurde und welcher erklärt, daß, falls ein Deputirter eine Anschuldigung gegen einen Minister erhebe und diese Namens des Ministers dementirt werde, die Thatsache, daß der Minister Mitglied des Oberhauses sei, den Deputirten nicht hindern solle, die Annahme des Dementis zu verweigern und seine Anschuldigung aufrecht zu erhalten. — Ueber den Antrag, betreffend die Parnell-Kommission, und das dazu angemeldete Amendement G ladstone's entspann 3 eine lebhafte Debatte. Der erste Lord des Schatzes, Smith, erklärte: der Regierungsantrag bezwecke, gegen alle interessirten Parteien absolut gerecht zu sein, wäh⸗ rend die Annahme des Amendements Gladstone den Glauben erwecken könnte, daß sich alle gegen die Par— nelliten erhobenen Anklagen als falsch erwiesen. — Der Unter-Staatssekretär Fergus son theilte mit: die por⸗ tugiesische Regierung sei bereit, mit den Vertretern der portugiesischen Eisenbahngesellschaft in Betreff der Entschädigung wegen Wegnahme der Delagoa-Eisenbahn zu verhandeln, eventuell diese Angelegenheit einem Schiedsspruch zu unter⸗ werfen. — Der Unter⸗Staatssekretär Gor st zeigte an, daß kleine Abtheilungen der Garnison von Aden die Häfen von Zeyla und Berbera an der Somaliküste besetzt haben. .
— 4. März. (We T. B.). Wie die „Morning Post“ erfährt, unterhandele die Britische Südafrikanische Ge— sellschaft bezüglich der käuflichen Erwerbung des Eigen⸗ thums und der Rechte der Afrikanischen Seen-!Gesell— schaft in Nyassa-Land und anderwärts.
Frankreich. Paris, 4. März. (W. T. B.) In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer brachte der Abg. Dreyfuß die Interpellation betreffs der Umstände, welche zur Demission Constans' führten, ein. Der Minister-⸗Präsident Tirard erklärte, er stehe der Kammer zur Verfügung. Die Kammer beschloß die sofortige Diskussion der Interpellation, welche Drey fuß sodann ausführte. In der Beantwortung erklärte der Minister Präsident Tirard, es habe keine Meinungsverschiedenheit zwischen den Ministern und Constans bestanden. Bezüglich des politischen Programms bestand der Redner auf seinen früheren Erklärungen, er wolle stets die Vereinigung aller Republikaner, um die erbitternden Fragen zu beseitigen und diejenigen, welche sich auf die Geschäfte und Reformen beziehen, vorzunehmen, und zählt alsdann die im Budget eingeführten Reformen auf. Auf eine Aeußerung von Dreyfuß, es sei ein Fehler, Delegirte zur Konferenz nach Berlin zu entsenden, betheuerte Tirard den Patriotismus des Kabineis und schloß damit, das Kabinet werde stets fort— fahren, die Politik der republikanischen Einigung zu befolgen, und bitte die Kammer, sich über die Vertrauensfrage klar auszusprechen. Im weiteren Verlaufe der Debatte, an welcher sich Cassagnac, Ribot, Clsmenceau und andere De⸗ putirte betheiligten, lehnte die Kammer mit 319 gegen 200 Stimmen die einfache, von der Regierung nicht acceptirte Tagesordnung ab und nahm schließlich eine von Barthou beantragte, motivirte Tagesordnung mit 249 gegen 200 Stimmen an. Dieselbe sagt, daß die Kammer der Regierung vertraue und Überzeugt sei, dieselbe werde eine entschieden republikanische Politik in Uebereinstimmung mit den Wünschen des Landes befolgen. — Die Interpellation Laur über Entsendung von Delegirten zu der Arbeiterschutz— Konferenz in Berlin wurde auf Donnerstag vertagt.
Die Journale aller Parteien sind darin einig, daß die Stellung des Ministeriums, trotz des gestrigen Votums der Kammer eine vollständig erschütterte bleibe. Das „Journal des Debats“ bemerkt, selten habe ein par⸗ lamentarisches Kabinet ein kläglicheres Schauspiel geboten, als gestern der Fall gewesen sei. Frankreich habe in Wahrheit seit gestern ein neues Kabinet, dessen eigentlicher Präsident Bourgeois unter den Auspizien Floguet's und Clsmenceau's sei. Das Ministerium habe an Festigkeit nichts gewonnen, die Kammer sehr viel an Ansehen und Würde eingebüßt. Die „République fran çaise“ stellt die Frage: wofür verlangte man gestern ein Vertrauens votum? Für das radikale Programm Bourgeois oder für das Programm des Justiz-Ministers Thevenet? Hierdurch ließen sich die zahlreichen Stimmenthaltungen Seitens der gemäßigten Partei erklären.
Bei der vorgestrigen Stichwahl im Quartier Pantheon wurde der Boulangist Naquet mit 4496 Stimmen gegen den Opportunisten Bournaville (3694 St.) gewählt. Etcheverry (kons.), dessen Wahl früher ungültig erklärt worden war, wurde zum Deputirten im Departement Basses⸗Pyren ses mit 6213 Stimmen gegen Berdoly (Rep.) mit 5976 Stimmen wiedergewählt. .
, . Truppen wurden nördlich von Kotonu von Eingeborenen von Dahomey angegriffen. Letztere wurden mit einem Verlust von etwa 100 Todten und
Verwundeten zu rückgeschlagen. Der Verlust der französi⸗ schen Truppen wird auf einen Todten und drei Verwundete angegeben.
Italien. Rom, 3 März. (W. T. B.) Die De⸗ putirtenkamm er genehmigte heute mit 210 gegen 25 Stimmen die Vorlage, nach welcher die Apangge des Prinzen Amadeo, Herzogs von Aosta, seiner Familie zuerkannt wird. Der Minister-Präsident Crispi legte den . und Handelsvertrag mit dem Sultan der
aussa vor.
Der „Osservatore Romano“ veröffentlicht die bereits ge⸗ meldete Allocution des Papstes, in welcher es ferner heißt: Die gige Zeit ist eine Zeit des heftigen Kampfes der Feinde gegen das Pontifikat. Die Gläubigen müssen sich vereinigen, es zu retten. Das . der Gesellschaft beruht allein auf der Lehre der christlichen Wahrheiten. Es ist nicht richtig, daß dieselbe den modernen Fortschritten zu⸗ widerläuft. Die Mission des Papstes ist es, diese Wahrheiten zu lehren. Die Lenker der Staaten sollten dem Kampf gegen diese Lehren in Schule und Presse Zügel anlegen. — Heute wohnte der a der anläßlich des Jahrestages seiner Krönung abgehaltenen Messe in der Sixtinischen Kapelle dei.
Spanien. Madrid, 3. März. (B. T. B.) Der Ministerrath beschloß, anläßlich der Genesung des Königs, eine allgemeine Amnestie für politische und Preßvergehen. Der Ministerrath stimmte ferner dem Antrage des Ministers des Aeußern zu, den Grafen Benomar in die ,, mit einzuschließen und ihn außer Verfolgung zu setzen.
Portugal. Lissabon, 3. März. (W. T. B.) Gestern Abend fand in Setubal anläßlich der Verhaftung eines Ruhestörers ein Auflauf statt. Militär mußte gegen die erregte Menge einschreiten, wobei einige Soldaten und ein Major vom 1. Jäger⸗Regiment durch Steinwürfe verletzt wurden. Auch mehrere der Tumultuanten wurden verwundet. Von hier und von Evora sind Truppenverstärkungen nach Setubal abgegangen. — Die Anleihe des hiesigen Gemeinderaths, deren Erlös für den Landesverthei⸗ kö bestimmt ist, ist zwanzigfach gezeichnet worden.
Belgien. Brüssel, 28. Februar. Der von der Anti⸗ sklaverei⸗Konferenz eingesetzten dritten Kommission, welche die Beseitigung des Negerhandels für die Länder, in welche besonders die gefangenen afrikanischen Sklaven eingeführt werden, organisiren soll, liegt, wie die „Wes.⸗Ztg.“ berichtet, ein 12 Artikel umfassender Ent wurf nachstehenden Inhalts vor:
Die betheiligten Mächte werden durch strenge Ueberwachung der Grenzen, Durchgangsstraßen, Häfen u. s. w Einfuhr, Ausfuhr und Hardel afrikanischer Sklaben hindern. Festgenommene Sklaven werden in ihre Heimath zurückbefördert oder, falls dieses unmöglich, mit einem Befreiungebriefe, der ihnen Schutz und Hülfe bei den Ortsbehörden sichert, ausgestatfet. Afrikanische Sklaven, welche als Diener mit ihren Herren reisen oder als Matrosen auf Handelsschiffen dienen, werden durch dieses Gesetz nicht berührt. Einzelne an den Grenzen anlangende Sklaven wie zwangeioeise eingefuͤhrte Sklaven, werden als frei erachtet und erhalten Freilaffungsscheine. Zur Ausstellung dieser Bescheinigungen wird für jedeßs Einführungsgebiet., afrikanischer Sklaven mindestens ein Amt errichtet, welches jährlich über seine Thätigkeit eingehend zu berichten hat. Die einheimischen Schiffe, welche die Flagge eines der Länder, die als Bestimmungkorte für die Sklaven dienen, führen, werden in den Häfen, in denen sie anlegen, wofern sie des Negerhandels verdächtig sind, durch⸗ sucht. Etwa vorhandene afrikanische Sklaven werden freigelassen; gegen den Eigenthümer, Kapitän und die Besatzung des Schiffes wird gerichtlich vorgegangen. Alle Einfuhrhändler, Händler afrikanischer Sklaven, Anstifter der Verstümmelungen von Kindern und männlichen Er= wachsenen sind mit Strafen bedroht. Da die Unterdrückung es Negerhan⸗ dels am Rothen Meere und seinen Küßsten sehr schwierig ist, so wird der Sultan eine besonders scharfe Aufsicht an der Westküste Arabiens, auf den Straßen, welche diese Provinz mit seinen übrigen asiatischen Besitzungen verbinden, in allen Einfuhrhäfen und am Rothen Meere veranlassen. Der Schah von Persien wird im Persischen Meerbusen und in allen Häfen Ueberm achungsmaßnahmen treff in. Ter Sultan von Sansibar wird auf dos Kräftigste on der Bestrafung der Negerhändler auf dem Lande und Meere mitwirken. In Sansibar wird ein Gerichtshof und ein Amt zur Ausstellung der Befreiungsscheine errichtet. Alle Mächte, deren Gebiete Bestimmungkorte afrikanischer Sklaven sind, müssen jährlich und zwar innerhalb 4 Monaten nach dem Jahres schlusse Bericht über alle Antisklavereimaßnahmen und deren Erfolgze erstatten wie über die Zahl der festgenommenen und befreiten Sklaven, die ausgesprochenen Verurtheilungen und die Erfolge der Kreuzer.
Griechenland. Athen, 3. März. (WB. T. B.) Nach⸗ dem die Deputirtenkammer in der heutigen Sitzung das Budget angenommen hatte, wurde die Sessisn ge— schlofsen. Die Kammern werden wahrscheinlich zu einer außerordentlichen Session zusammentreten.
Serbien. Belgrad, 3. März. (W. T. B.) Die neue Handel skonvention zwischen Serbien und Rumänien ist heute hier unterzeichnet worden.
Bulgarien. Sofia, 3. März. (W. T. B.) Anläßlich des Jahrestages des Vertrages von San Stefano und des Friedensschlusses mit Serbien fand in der Kathedrale ein Tedeu m siatt, welchem Prinz Ferdinand und die Minister beiwohnten. ö
Der politische Agent Bulgariens in Konstantinopel Vul⸗ kowitsch, ist hier eingetroffen, um sich mit der Regierung über die Sachlage zu besprechen. Derselbe stattete den hiesigen diplomatischen Agenten Besuche ab. Heute Abend findet ein Ministerraih stait. Der „Pol. Corr.“ zufolge hat die , , Regierung in Konstantinopel keine for— melle Aktion in der Anerkennungsfrage unternommen. Der bereits gethane Schritt vertraulichen Charakters habe in der Uebergabe eines nichtamtlichen Schreibens Stambulow's an den grog g bestanden, in welchem die Frage gestellt wurde, ob die Pforte den Zeitpunkt nicht für gekommen erachte, die bulgarische Frage durch Anerkennung des Prinzen Ferdi⸗ nand als Fürsten abzuschließen.
Schweden und Norwegen. (F. Stockholm. 1. März Der König und die Königin werden sich am 11. d. nach Ehristiania begeben. Der Kronprinz und die Kron⸗ prinzessin von Dänemark sowie Prinz Johann von Glücksburg reisen heute Abend nach Kopenhagen zurück.
Der bisherige schwedisch⸗norwegische Gesandte am groß⸗ britannischen Hofe, Graf Piper, ö. zurückberufen und der Legations⸗Rath Adelborg mit der vorläufigen Geschäfte betraut worden.
Das letzte Heft von „Krigsvetenstaps-Akademiens Hand⸗ lingar“ enthält u. A. einen Aufsatz mit der Ueberschrift:
ührung der
Einige Vorschläge zu reglementarischen Be— immungen für den Kampf der Schwadron zu ferde“. Die Kenntniß des Verfassers von deutschen
Kavallerieverhältnissen und der letzten deutschen Kavallerie⸗
Manöver sowie ein Hinweis auf den Aufsatz in der „Post⸗och nr. Tidn.“ läßt mit Sicherheit schließen, daß sich unter der ignatur ** Prinz Carl verbirgt, der auf diese Weise
seine Erfahrungen während seines Dienstes in der
deutschen Armee fruchtbringend machen will. Der Ver⸗ fasser giebt auch an, daß seine Vorschläge zu einem neuen Exerzier⸗Reglement mit Leitung der deutschen und theil⸗ weise der österreichischen Reglements ausgearbeitet worden find. Er behandelt unter Bezugnahme auf das jetzt für die schwedische Kavallerie geltende Reglement den Angriff, das
Handgemenge, die Verfolgung, die Sammlung, den Ängriff
auf verschiedene Waffengattungen, den Wachtdienst der Kaval⸗
lerie im Terrain und auf dem Marsch, die Rekognoszirung
u. s.. w. Der Verfasser schließt mit einer Darlegung der
Motive, welche mehreren der vorgeschlagenen durchgreifenden
k oder neuen Bestimmungen zu Grunde gelegen aben.
Amerika. Vereinigte Staaten. Washington, 1. März. ¶ A. . Der Senat nahm eine Vorlage an, welche 75 000 Doll. bewilligt für ein Bronzestandbi!ld des Entdeckers Columbus, das am westlichen Portal des Capitols in Washington aufgestellt werden soll. Der Ausschuß des panamerikanischen Kongresses für Patente und Handelsmarken hat sich für Schutz des literarischen Eigenthums und der Erfindungen ausgesprochen.
Brasilien. Nach brieflichen, der „Pol. Corr.“ aus Rio de Jan ei ro zugehenden Berichten hat die pro visorische Regierung für die Ausarbeitung der neuen Wahl—⸗ ordnung sowie des Entwurfs der Verfassung je einen aus drei Mitgliedern bestehenden Auss⸗ chuß ernannt. Die Vornahme der allgemeinen Wahlen für die konstit uirende Ver fammlung'ist auf den 15. September und der Zu— sammentritt ? dieser letzteren auf den 15. November d. J. anberaumt worden.
Afrika. Sansibar. Telegraphischen Meldungen des „W. T. B.“ zufolge ist Emin Pascha am Sonntag auf einem Dampfer des Reichskommissars Majors Wissmann in Sansibar eingetroffen. An demselben Tage kam Major Liebert mit 29 deutschen Offizieren dort an.
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (20.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ gesrdneten, welcher der Justiz-Minister Dr. von Schelling beiwohnte, übergab vor Eintritt in die Tagesordnung der Abg. von Eynern einen von dem Geheimen Regierungs—⸗ Rath Bieger an ihn gerichteten Brief, in welchem ein in der Sitzung vom 26. Februar durch den Abg. Julius Bachem zur Sprache gebrachter Vorfall richtiggestellt wird, dem Präsi⸗ denten mit der Bitte, denselben zum Protokoll der heutigen Sitzung zu nehmen. —
Auf der Tagesordnung stand die Fortsetzung der zweiten Berathung des Entwurfs des Staatshaushalts— Etats für 1890,91 und zwar: „Justizverwaltung'“.
Die Berathung wurde aufgenommen bei den dauernden Ausgaben Kap. 714 „Landgerichte und Amtsgerichte“.
Bei Tit. 1 regte Abg. Dr. Enneccerus die Verleihung des Titels Amtsgerichts Direktor an die die Aufsicht führenden Amtsrichter sowie die Gewährung einer Funktionszulage an.
Regierungs kommissar 9 Justiz⸗Rath Eichhol bemerkte dagegen, daß der Verleihung des Titels bald au die Forderung eines höheren Ranges und Gehaltes folgen würde. Die Gewährung einer . würde zur Folge haben, daß verschiedene Stellen anderweitig mit solchen Jichtern besetzt werden müßten, welche bereits längere Zeit zur Auszeichnung und Beförderung bestimmt seien.
Abg. Parisius beschwerte sich, daß die Registerrichter bez ii der Genossenschaften zu viel veröffentlichten und dadurch große Insertionskosten verursachten. Sie trügen auch esetzwidrige Statuten ein, statt deren Abänderung zu ver⸗ angen. Die Bekanntmachung freiwilliger Auflösung von Genossenschaften erfolge nicht immer in den gesetzlich vor⸗ eschriebenen Blättern. Bei der Umwandlung von Genossen⸗ ar mit unbeschränkter Haftpflicht in solche mit beschränkter sei inkorrekt verfahren.
Der Justiz⸗Minister Dr. von Schelling erklärte, gegen⸗ über dem unrichtigen Verfahren der Richter nicht ein Auf— sichtsrecht ausüben zu können, das stehe dem Justiz-Minister nicht zu. Es wäre nur möglich, durch ein freundschaftliches Abmahnen die Richter vor dem Betreten eines falschen Weges zu warnen. Dazu sei aber mehr sachliches Material noth⸗ wendig, als der Vorredner geboten. .
Abg. Zelle beklagte die langsame Erledigung der Grund⸗ buchsachen in Berlin. Es seien ja bereits provisorisch Hilfs⸗ kräfte zur Verfügung gestellt; hoffentlich werde aber noch Weiteres zur Abstellung des Mißstandes geschehen.
Abg. Simon von Zastrow führte aus, daß der Land⸗ gerichts⸗Präsident nicht im Stande sei, bei den größeren Amts⸗ gerichten die Thätigkeit jedes einzelnen Richters zu beobachten; deshalb müsse man den aufsichtsführenden Richtern an solchen Amlsgerichten auch eine Aufsichtsbefugniß bezüglich der 3 geben.
bg. Dr. Windthorst trat diesem Verlangen durchaus , Der Einzelrichter solle ein Vertrauensmann des Volkes sein und müße dementsprechend nicht bloß selbständig, sondern auch sozial besser e n werden. Die Amtsgerichte mit einer größeren Anzahl von Richtern sollten in dieser Tendenz noch weiter zerstückelt werden. Bei der Uebertragung der Aussichtsführung werde jetzt nicht immer die Anciennetät berücksichtigt. Oft sei die Konnexion dabei entscheidend. Der Vorschlag des Abg. Simon von Zastrow müßte a limine zurückgewiesen werden. Lieber sollte man die Einzelrichter überhaupt wieder abschaffen und das Kollegialsystem einführen. . ;
Abg. Dr. En necc erus bemerkte, daß er nicht eine Aufsichtsbefugniß über die Kollegen dem n,, Amtsrichter habe einräumen wollen, sondern nur eine Funktionszulage für die erhebliche Arbeit, die der letztere habe, gefordert habe. Der älteste Richter könne nicht immer mit der Aufsicht, betraut werden, weil 3. bei der Unabsetzbarkeit der Richter oft ein sehr . lter und nicht die Kraft und Zeit zur Aussichts⸗ ährung habe.
Abg. Brandenburg schloß sich den Ausführungen des Abg. Dr. Windthorst an. —. .
Abg. Simon von Zastrow meinte, daß der Richter in der t, , ,. ein Einzelrichter bleibe, auch wenn der auffichtführende Richter besonders ausgezeichnet werde.
Der Justiz-Minister Hr. von Schell ing erklärte, dem Vorwurf, daß bei Verleihung der Aufsicht Konnexion im Spiele sei, durchaus kühl gegenüber zu stehen; er ehe un⸗ abhängig da und gebe überhaupt nichts auf Konnexion.
Abg. Dr. Windthorst wollte nicht behauptet haben, daß das Konnexionswesen unter der kurzen Amtsführung des jetzigen Justiz-⸗Ministers sich bemerkbar gemacht habe. Auf die öffentliche nähere Erörterung des Gegenstandes müsse er verzichten, da perfönliche Verhältnisse berührt werden müßten.
Abg. Ol z em sprach sich im Sinne des Abg. Dr. Enneccerus, Abg. Broekmann in dem des Abg. Dr. Windthorst aus. Abg. von Schalscha wünschte eine noch weitere Dezentrali⸗ sation der Amtsgerichte. w
Abg. von Tiedemann (Bomst) empfahl die Einrichtung eines besonderen Amtsgerichts in Znin, Abg. Döhring den Neubau eines Amtsgerichts in Marienburg.
Der Regierungskommissar, Geheimer Ober⸗Justiz-Rath Starke bemerkte, daß in Znin ein passender Raum fuͤr das Amtsgericht bisher nicht zu finden gewesen sei. .
Nach unerheblicher weiterer Debatte, an der die Abgg. von , , und Dr. Friedberg sowie der Regie⸗ rungskommissar Geheime Ober⸗Justiz⸗Rath Starke sich be⸗ theiligten, wurde Tit. J bewilligt.
(Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.)
— Das Bureau des Reichstages giebt nach Beendigung der Wahlen ein „Amtliches Reichstags Handbuch! heraus. Dieses bringt nicht allein die seither durch den Parlaments Almanach veröffentlichten authentischen Biographien und Uebersichten, zum ersten Mal offiziell und in erweitertem Umfang von der amtlichen Stelle herausgegeben, sondern auch eine ausgedehnte Sammlung der für die Parlaments praxis wichtigen Gesetze. Verfügungen ꝛ6. ꝛc. Es erscheint im Ver⸗ lage von Trowitzsch und Sohn in Berlin und kostet in bequem stem Taschenformat in biegsamem Leinwandband 3 „, geheftet 2 6.Ä Der statistische Theil (Biographien 2. 2c) apart wird zu 1 (e, gebunden 24M, zu haben sein.
Ergebnisse der Stichwahlen.
„W. T. B.“ meldet weiter noch folgende Ergebnisse der Stichwahlen:
Potsdam. Wahlkreis 9 Zauch⸗Belzig, Jüterbogk ⸗Luckenwalde. Dr. Kropatscheck (kons.) gewählt gegen Tabert (Soz.).
Danzig. Wahlkreis 2. Danzig Land. Mey (Centr.) gewählt gegen von Gramatzki (kons.).
Marienwerder. Wahlkreis 1. Stuhm, Marienwerder. Müller (Reichsp) gewählt gegen von Donimirski (Pole).
Marienwerder. Wahlkreis 2. Rosenberg ⸗Löbau. Dr Rzepnikoweki (Pole) gewählt gegen von Oldenburg (kons. ).
Marienwerder. Wahlkreis 8. Deutsch Krone. Gamp (Reichtp) gewählt gegen Fricke (Centr.).
Bromberg. Wahlkreis 3. Bromberg Stadt und Land Hahn (kons.) gewählt gegen von Komierowski (Pole).
Breslau. Wahlkreis 8. Breslau, Neumarkt, von Huene (Centr.) gewählt gegen Vietor Herzog von Ratibor (Reichsp.).
Liegnitz. Wahlkreis 6. Liegnitz Stadt und Land, Goldberg— Haynau. Goldschmidt (dfrs.) gewählt gegen Frank (Reichsp.).
Magdeburg. Wahlkreis i. Saljwedel Gardelegen. Landrath von Schulendorf⸗Beetzendorf (kons.) gewählt gegen Landrichter Neu⸗ kirch (dfrs.).
Magdeburg. Wahlkreis 3. Jerichow J. und IH. Wöllmer (dfrs) gewählt gegen von Plotho (kons.).
Magdeburg. Wahlkreis 8. Oschersleben, Halberstadt, Werni⸗ gerode. Rimpau (natl.) gewählt gegen John (kons.).
Merseburg. Wahlkreis 6. Sangerhausen. Eckartsberga Dr. Krause (dfrs) gewählt gegen Dr. Müller (natl.).
Merseburg. Wahlkreis 8. Naumburg, Weißenfels, Zeitz. Günther (natl.) gewählt gegen Hoffmann (Soz..
Schleswig- Holstein. Wahlkreis 4. Tondern⸗Husum, Eiderstedt. , (dfrs. mit 9601 St. gewählt gegen Francke (natl.) mit
Schleswig ⸗Holstein. Wahlkreis 5. Norderdithmarschen. Thomsen (dfrs. gewählt mit 9783 St. gegen Kahlke gnatl) 5339 St.
Schleswig⸗Holstein. Wahlkreis 6. Pinneberg. Molkenbuhr (Soz ) mit 15 010 St. gewählt gegen Peters (natl.) mit 12 826 St.
Hannover. Wahlkreis 11. Einbeck, Northeim, Moringen, Osterode Graf Werner von der Schulenburg (Welfe) gewählt gegen Dr. Eckell (natl.) .
Hannover. Wahlkreis 17. Harburg. Hastedt (natl.) mit über 2100 St. Majorität gewählt gegen Bärer (Soz.).
Hannover. Wahlkreis 18. Stade. von Bennigsen (natl.) ge⸗ wählt gegen Molkenbuhr (Soz.),
Minden. Wahlkreis 3. Bielefeld Stadt und Land, Wieden . . (Centr.) mit 11 999 St. gewählt gegen Singer (Soz.)
Arnsberg. Wahlkreis 1. Wittgenstein, Siegen. Stöcker (kons. gewählt gegen Träger (ofrs.).
Oberfranken. Wahlkreis 1. Hof. (Berichtigung) Nach genauerer Feststellung: Raiethel (dfrs.) gewählt mit 10 065 St. gegen Hutschen⸗ reutner (natl.) 9968 St. U
Oberfranken. Wahlkreis 2. Bayreuth v. Feustel (natl.) mit 1200 St. Majorität gewählt gegen Stoll (dfrs.). .
Mittelfranken. Wahlkreis 5. Dinkelsbühl. Lutz (kons) gewählt gegen Stobaeus (natl.). .
Hessen. Wahlkreis 3 Lauterbach. Zimmermann (Antisemit) gewäblt gegen Dr. von Kalckstein (dfrs.). z G Adler (dfrs.) gewählt gegen v. Oertzen ons.).
Bis jetzt liegen die Ergebnisse von 119 Stichwahlen vor. J diesen sind gewählt worden i4 Sozialdemokraten, 40 Frei— innige, 12 Centrum, 15 Konservgtive, 20 Nationalliberale, 4 Reichspartei, 6 Volkspartei, 6 Welfen, 2 Polen. Das Gefammtergebniß der bis jetzt vollzogenen 368 definitiven Wahlen stellt sich auf: Il Konservative, 37 Nationalliberale, 20 Reichspartei, 102 Centrum, 61 Te die, 34 Sozialdemokraten, 8 Volkspartei, 8 Welfen, 1 Däne, 16 Polen, 10 Elsasser.
Zeitungs stimmen.
Ueber die Staatsrathssitzung der vorigen Woche äußert sich die Kölnische Zeitung“ wie folgt:
Die Mitglieder des Staatsraths sind fast sämmtlich in ihre Heimath zurückgekehrt. Wir haben bereits mitgetheilt, daß die große Mehrzahl derselben über den Verlauf der Berarhungen sehr zufrieden gestellt ist und diese drei Tage gemeinsamer Arbeit unter den Augen unseres jugendfrischen Kaisers unauslöschlich in der Erinnerung behalten wird. Aber auch weit über den Kreis dieser Theilnehmer kinaus be—⸗ anspruchen die jetzt abgeschlossenen Berathungen ungetheilte Beachtung und Anerkennung. 34 ersten Mal ist es wobl in der Weltgeschichte vor⸗ gekommen, daß der Herrscher eines der mächtigsten Reiche einen erlesenen Kreis aus allen Geburts- und Berufsständen fowie aus allen politischen Parteien um sich versammelt, um in dreitägiger, höchst anstrengender Arbeit Aufklärung zu erhalten über die Thatsachen, die berechtigten Wünsche und die Befriedigungsmittel in einet die Welt bewegenden und dem Kaiser ganz besonders ans Herz gewachsenen Frage. Der 8 der Handwerksmeister, die höchsten Beamten, große und kleine
zndustrielle, hohe Offiziere und Gelehrte waren gleichmäßig ver⸗ einigt, um dem Kaiser und seinen berufenen Räthen Auskunft zu geben, und sie haben das mit voller Offenheit, mit großer Gründ⸗ lichkeit und Sachkenntniß in Rede und Gegenrede gethan. Zu den, eingeladenen Sachverständigen gebörte ein sozialdemo—⸗ kratischer Arbeiter, der den jüngsten Fadzug mitgemacht und das Eiserne Kreuz erworben hatte, ein deutschfteisinniger Arb itgeber, ein christlich⸗soʒialer Schriftsteller; sie haben, zumal die beiden letzten, mannigfache Gelegenheit gebabt und benutzt, ihre Anschauungen dar⸗ zulegen. Alle Theilnebmer haben sich — darüber herrscht nur eine Meinung — bestrebt, dem Erlauchten Monarchen, der mit unermüd⸗ licher Aufmerksamkeit und großer Ruhe die Geschäfte leitete, die volle Wahrheit zu geben, die er verlangte. Die Beschlüsse sind durchweg mit sehr großer Mehrheit, zum Theil sogar einstimmig gefaßt werder. Diese Thatsache bürgt dafür, daß praktisch Durchführbares beschlossen ist, das geeignet erscheint, berechtigte Wünsche der Arbeiter ar lin, ohne die Industrie zu sehr zu belasten oder gar zu igen.
Das „Deutsche Tageblatt“ schreibt unter der Ueber⸗ schtist Warum auflösen?:
. In parlamentarischen Kreisen erhält sich die Ansicht, daß der Reichstag gleich nach Ostern einberufen werden wird und daß dem⸗ selben Vorlagen sowohl zur Arbeiterschutzgesetzßzebung als zum Ersatz des Sozialistengesetzes zugehen werden. Herr Richter läßt. in seinem Leiborgan schreiben, daß die, welche dergleichen Mittheilungen verbreiten, Sehnsucht nach der Reichs⸗ tagsauflösung empfänden. Wir glauben nicht, daß auf irgend einer Seite zur Zeit eine solche Sebnsucht bestebt, wir glauben ins- besondere auch nicht, daß die verbündeten Regierungen an ihrem Theil den Wunsch haben, den eben gewählten Reichstag bald wieder aus— einander gehen zu sehen. Denn eine gleich günstige Gelegenheit, wie sie jetzt besteht, die grundsätzliche Opposition vor die Frage zu stellen, waß wollt ihr, und von ihr zu verlangen, daß sie zeige, was sie zu leisten im Stande, dürfte so leicht nicht wiederkehren
Ist es wirklich einem Theile der freisinnigen Partei im Ernst darum zu thun, die Liebe zu Kaiser und Reich so zu betbätigen, daß die Staatepolitik nicht zu Gunsten der Parteipolitik zu kurz kommt, dann um so besser, die Scheidung der Geister in der Partei der bisherigen Oporsition muß dann eintreten — das Kartell hat dieses Ziel, immer herbeigewünscht. Gelangen wir ihm end— lich um ein gut Stück näher, und jwar auf Grund der eben vollzogenen Neuwahlen, so wird die Regierung und werden die bisherigen Kartellparteien nicht so thöricht sein, dies zu beklagen. Daß Männer wie der rechtsfreisinnige deutschnationale Professor Hr. Hänel mit dem soeben in Mainz gegen Racke gewählten Franzosen⸗ freund Joest auf die Dauer an einem Strange ziehen würden, ist entfernt nicht anzunehmen. Wir wählen dieses eine Beispiel, um zu zeigen, wie verschieden sich in den Köpfen der Leute vom Antikartell die Welt malt, man könnte vielleicht noch viel drastischere anführen.
Wollten die verbündeten Regierungen und wollten die bisher verbundenen und jetzt erst recht zum engsten Zusammenschluß ge⸗ nötbigten Kartellparteien eine andere Taktik befolgen, als die, die ver⸗ schiedenen Kräfte des Antikartells jetzt heraus kommen und sich miteinander messen zu lassen, so würden sie einen Prozeß verzögern, der im Interesse des Vaterlandes eintreten muß. Die Zusammengehörigkeit von preußischen Monarchisten und süddeutschen Preußenfeinden und Republikanern ließ sich bei den Wahlen künstlich als Nothwendigkeit bezeichnen, bei der praktischen Bethätigung des gesetzgeberischen Arbeits ⸗ vermögens ist eine solche Alliance unhaltbar.
So sehr also die Regierung Alles vermeiden wird, um die Einigkeit des Antikartells, die mit dem Stichwahltage ihre natürliche Endschaft erreicht hat, wieder herzustellen, so wenig wird sie sich durch irgend welche Rücksichten auf Parteiverhältnisse von der Einbringung solcher Vor⸗ lagen abhalten lassen, welche sie im Interesse von Kaiser und Reich für noth⸗ wendig hält. Und wenn Hr. Richter für den Fall der Einbringung der Arbeiterschutzgesetze und eines Ersatzgesetzes für das Sozialistengesetz eine Reichstagsauflösung in Sicht stellt, so ist es zunächst mehr seine eigene Herzensangst, die er verräth, als daß er das glaubt, was er schreiben läßt. Er hat Angst davor, daß schon bei den Arbeiterschutz sfrazen und dem So ialistengesetz die Anti-Kartellmehrheit in die Brüche geht und selbst seine eigene Partei auseinanderfällt.“
In den „Berliner Politischen Nachrichten“ lesen wir: ;
„Die Reichstagswahlen ergeben ein starkes Anschwellen sowohl der sozialdemokratischen als der volksparteilichen und deutschfreisinnigen Stimmen und Mandate. Die Bedeutung und Stellung der Sozial⸗ demokratie gegenüber dem nationalen und monarchischen Staate wird auch in minder kundigen Kreisen nicht verkannt werden. Dagegen verfucht die deutschfreisinnige Presse sich in den Augen des Publikums als eine solche darzustellen, mit welcher das deutsche Kaiser— thum besonders gut regieren könne. Es mag ja allerdings an⸗ gesichts des Vordrängens der Sozialdemokratie der Wunsch nahe liegen. sich des besonderen Schutzes der starken nationalen Monarchie zu versichern. Allein bei näherer Betrachtung wird man der Ueber- zeugung sich nicht verschließen können, daß zwischen dieser und der deutschfreisinnigen Partei ein unüberbrückbarer Gegensatz besteht. In dieser Hinsicht mag hier nur daran erinnert werden, daß die Deutsch—⸗ freisinnigen die süddeutsche Volkspartei nicht nur überall in dem Wahlkampfe energisch unterstützt haben, sondern sie auch als ihre süddentsche Schwesterpartei, als völlig gesinnunge— verwandt und mit ihnen zusammenhängend bezeichnend. Nun ist der Grundcharakter der Volkspartei bekanntlich anti- preußisch, antideutsch und republifanisch. Es ist klar, daß, wer seine innige Zusammengehörigkeit mit einer Partei von revublikanischem und preußenfeindlichem Charakter besonders betont, im denkbar schärfsten Gegensatz zum preußischen Monarchismus steht. Ist man sich darüber klar und erinnert man sich ferner der Energie und Kraft, mit welcher gerade Fürst Bismarck die antinationalen republikanisirenden Bestrebungen zu jeder Zeit bekämpft bat, so wird man zugleich sich der Ueberzeugung nicht verschließen, daß das Tage⸗ werk des Fürsten Bismarck noch nicht vollendet ist.“
Die „Frankfurter Zeitung“ stellt einen Vergleich zwischen dem schweizerischen und helshen Konferenz Programm an und kommt hierbei zu folgendem Ergebniß:
Man hat die beiden Entwürfe vielfach miteinander identifizirt und aus der Uebereinstimmung der Hauptrubriken, welche die Sonn⸗˖ tagsarbeit, die Beschäftigung von Kindern, jugendlichen Arbeitern und Frauen betreffen, nach flüchtiger Prüfung geschlossen, daß beide Pro⸗ gramme wesentlich dasselbe besagten. ieht man jedoch genauer zu, sos ergeben sich einige höchst interessante Unterschiede. In erster Linie scheidet das deutsche Programm die Regelung
der Arbeit in Bergwerken als eine wichtige Spezialangelegen⸗ heit aus dem; Komplex der sonstigen Ark eff uf e aus und