1890 / 62 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 10 Mar 1890 18:00:01 GMT) scan diff

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dazu angethan, diesen Herren volles Vertrauen zu schenken. Ich fine den Maßstab für das, was ich hier vorzubringen und zu vertreten habe, nicht in den Ansprüchen eines Ab— geordneten an mein Verhalten, sondern in meinem Gewissen, und nech diesem Maßstab werde ich auch in Zukunft handeln. Aus den Hunderten von Zuschriften, die mir in den letzten Wochen zugegangen sind, geht hervor, in welchem Maße die Beamten von entschlossenen und unabhängigen Abgeordneten ein Eintreten für Abhülfe ihrer Beschwerden erwarten, Daß zu diesen Abgeordneten gerade Graf Kanitz gehören sollte, kann ich nicht behaupten. Die Erklärung des Ministers habe ich mit Freude begrüßt. Mit meiner Frage habe ich nicht gerade ihn und sein Ressort belästigen wollen. Aber nachdem in der Presse Zweifel an der Einbringung der Vor⸗ lage aufgetaucht sind, war es wünschenswerth, daß hier im Hause von berufener Seite diesem Zweifel entgegengetreten werde. Ich begrüße also die Erklärung des Ministers mit Genugthuung und Dank, und füge nur den Wunsch hinzu, daß auch während der weiteren Dauer der Session kein Grund auftauchen möchte, auf diese Vorlage zu verzichten.

Abg. Graf von Kanitz: Ich hahe nicht gesagt, daß der Abg. Broemel und seine Freunde die Gehaltserhöhung als Agitationsmitte! benutzt haben, sondern nur, daß die Steuer—⸗ entlastung, die Beseitigung der Zölle, die Frage des Staatsbahn⸗ systems sehr wesentlich mitspreche, wenn wir uns die Frage vorlegen, ob die Mittel zur Erhöhung der Gehälter vorhanden sind oder nicht. Die Gehaltserhöhung gönnen wir auf der kon servativen Seite den Beamten aus vollem Herzen, ich habe reichlich ein so weites Herz für die Beamten wie der Abg. Broemel. Die Petitionen der Beantten aber charakterisiren sich als ein Mißbrauch, als ein Umweg über den Instanzenweg, der ihnen 5 steht. Diese Petitionen bezeichne ich als ein Unwesen. enn die Petenten sich mit Vorliebe gerade an den Abg. Broemel und seine Freunde wenden, jo haben sie dazu gute Gründe. Auf unserer Seite herrscht eben das Vertrauen vor, daß die Staats⸗ regierung thun wird, was den Beamten gebührt. Deswegen lafsen die Petenten uns zufrieden und gehen eben an den Abg. Broemel. ö

Abg. Dr. Windthorst: Die Beamten haben als Staats— bürger nach der Verfassung das Recht, Petitionen einreichen zu durfen; darin liegt nicht Mißtrauen gegen die Vorgesetzten oder der Ausdruck eines Ungehorsams. Bitten der Beamten, ihre Lage zu bessern, sind durchaus berechtigt und sollten nicht beschränkt werden. Wir sollten uns sogar freuen, daß die Beamten zu uns so viel Vertrauen haben und daß sie auf dem gesetzlichen Wege bleiben. Machen wir doch die Augen auf und meinen wir nicht, daß Alles mit Gewalt unterdrückt werden kann. .

Abg. Rickert; Der Abg. Graf Kanitz hat es als ein Un⸗ wesen bez ichnet, daß die Beamten hinter dem Rücken der Vorgesetzten sich an das Haus wendeten, Es ist für uns wichtig,

solche Rede auch für die Zukunft zu fixiren. Der Abg. Graf Kanitz ist zuweilen so freundlich, uns mit voller Offen heit seine Gesinnung darzulegen, und ich danke ihm dafür. Uebrigens haben seine Freunde in früherer Zeit mit uns für Ueberreichung solcher Petitionen gestimmt. Ich finde es geradezu unerhört, daß ein Mitglied des Hauses, das als solches verpflichtet ist, die Rechte der Staatsbürger wahrzunehmen, in so weg⸗ werfender Weise über das Petitioniren der Beamten spricht. Der Abg. Graf Kanitz geht darin weiter als der Minister selber. Abgesehen von den Abgg. Graf Kanitz und von Tiede⸗ mann, ist wohl das ganze Haus einstimmig entgegengesetzter Meinung. Wir sind verpflichtet, die Beschwerden der Staats—⸗ bürger streng und gewissenhaft zu prüfen und eventuell der Staatsregierung zur Berücksichtigung zu überweisen.

Abg. Dr. Enneccerus: Ich trete auch für das Pe⸗ titionsrẽcht der Beamten in vollem Maße ein. Es ist eine vollkommen verkehrte Auffassung, daß in der Petition eines Beamten um eine vielleicht berechtigte Gehaltszulage ein Vor— wurf gegen seinen Vorgesetzten liege. In sehr vielen Fällen sind sogar die Petitionen den Vorgesetzten sehr angenehm.

Abg. Graf von Kanitz: Auch von der konservativen Seite sind Petitionen von Beamten stets auf das Wohl⸗ wollendste behandelt worden. Es ist aber eine andere Sache, wenn die Petenten sich an das Haus als solches wenden, oder wenn sie auf einem Schleichwege die Mithülfe eines einzelnen Abgeordneten in Ansprüch nehmen, um ihre Wünsche durch⸗ zufkttzen. Den letzteren Petitionen gegenüber werde ich mich stets ablehnend verhalten; den Petitionen aber, die an das Haus gelangen und offen besprochen werden, werde ich immer sachlich gegenüberstehen. .

Abg. von Kardorff: Ich will auch nicht das Petitions- recht beschränken und gebe zu, daß viele Petitionen berechtigt sind. Darin aber hat der Abg. Graf Kanitz recht, daß die Herren, die die Gehaltserhöhung wollen, auch für die nöthigen Einnahmen zu sorgen haben; und diese Sorge Seitens der Freisinnigen haben wir, im Reichstage wenigstens, vermißt.

Abg. Dr. Windthorst: Daß man die Beamten darin beschränten will, sich mit den einzelnen Abgeordneten in Ver⸗ bindung zu setzen, kann ich durchaus nicht billigen. Gerade die lebendige Kommunikation mit den Abgeordneten hat im Reichstage die Einmüthigkeit bezüglich der Erhöhung der Beamtengehälter ermöglicht. Wie sollen wir das Richtige treffen, wenn uns nicht Mittheilungen aus dem Volke über die Zustände gemacht werden? .

Abg. Dr. Enneccerus: Es ist kein Schleichweg, wenn der Beamte sich mit Namennennung petitionirend an einen Abgeordneten wendet. Dieser Weg ist oft auch praktischer als das Petitioniren an das ganze Haus, weil es den Beamten vor einer Benachtheiligung Seitens seiner Vorgesetzten be⸗ wahrt. Der Abg. Windthorst mahnte zur Sparsamkeit. Er selbst hat aber mit seinen Freunden die meisten Ausgaben mit bewilligt. Oder will er etwa Ausgaben machen und die Einnahmen nicht bewilligen?

Abg. Broemel: Man stellt die Sache so dar, als wenn Diejenigen, welche an eine Herabsetzung der bestehenden Zölle und Steuern denken, nur darauf ausgingen, die Einnahmen des Reiches derart zu vermindern, daß für die Aufbesserung der Beamtengehälter nichts übrig bleibt. Nun besteht aber nicht der geringste Zweifel darüber, daß alle Veranschlagungen der Einnahmen im Reich hinter der Wirklichkeit zurückbleiben. Dies gilt vor allen Dingen von den Getreidezöllen. Seit zehn Jahren treibt man die kurzsichtige, beschränkte Steuerpolitik, immer neue Steuern auf die nothwendigen Lebensmittel zu legen. Mit goldenen Lettern steht in der Geschichte der Steuerpolitik der Name Gladstone. Er hat es verstanden, durch eine Ent⸗ lastung des Kousumtz der Bevölkerung von solchen Steuern, deren Exträgnisse nicht allein in die Staatskasse, sondern auch in die Taschen Privilegirter fließen, die gesammte Nation konsum⸗ und steuerfähiger zu machen. Diesen Weg müssen auch

nicht zu. Aus den Taschen der

wir beschreiten. Was die Beamten betrifft, so habe ich immer

die Praxis befolgt, sie event., auf das Unberechtigte ihrer Forderungen aufmerksam zu machen und sie davon abzuhalten, das Haus mit Petitionen zu belästigen. Einen großen Theil der Petitionen, be,, der Eisenbahnarbeiter, habe ich für erechtfertigt gehalten. .

ö . ö Der Vorredner schien im ersten Theil seiner Ausführungen eine Wahlrede zu rekapituliren. Was die Herren wollen, wissen wir seit Jahren, und ich freue mich nur, daß seine Partei bei den Wahlen dafür gesorgt hat, daß der nächste Reichstag schwer⸗ lich ihre Anschauungen durchbringen wird, denn die freisinnige Partei hat die Polen und das Centrum unterstützt, welche Agrarier oder wenigstens Schutzzoöll ner sind. Ich weiß nicht, mit welchem Recht der Abg. Dr. Windthorst die Verantwort⸗ lichkeit für beschlossene Ausgaben lediglich auf die Schultern der Kartellparteien schiebt. Der Abg. Dr. Windthorst ö mit dem größten Theil seiner Freunde ebenfalls für diese Aus⸗ gaben gestimmt und ich hoffe, daß er im nächsten Reichstage, wo er ja die große Mehrheit kommandirt, sich dessen bewußt

iben wird.

ö. Abg. Berger: Die Bitterkeit in der Frage der Beamten⸗ besoldungsaufbesserung ist sehr erklärlich wenn man sich ver⸗ gegenwärtigt, wie seit Jahren von der Regierung diese Beamtenverbesserung in Aussicht gestellt oder mehr oder weniger versprochen wurde, und daß dieses Versprechen nicht gehalten worden ist. Beim Verwendungsgesetz wurden 25 Mil⸗ lionen für diesen Zweck in Aussicht gestellt und nun frage ich Sie, was ist von diesem damaligen Versprechen gehalten worden? Steis haben die Reffort-Minisler geantwortet, wir haben sehr wenig Geld. Anstaitt daß man im vorigen Jahre mit der Gehaltsaufbesserung von unten anfing, forderte man eine Gehaltsaufbesserung für den Unter⸗Staaissekretãr. Es hat mich gefreut, daß das Haus diese Forderung abgelehnt hat. Sie dürfen sich aber nicht wundern, wenn das in Beamtenkreisen böses Blut gemacht hat, und daß diese Mißstimmung bei den letzten Wahlen in Tausenden von Stimmen zu Tage ge⸗ treten ist. , .

Minister der öffentlichen Arbeiten von Maybach:

In 36 Debatte . habe ich eigentlich keine Veranlassung, ich wollte nur cine Bemerkung des Abg. Berger richtig stellen.

Er hat daran erinnert, daß im Jahre 1381 oder 1882 in Aus⸗ sicht gestellt sei eine Verbefserung der Gehälter der Beamten, und hir zugefügt, es fei in dieser Veziehung so gut wie gar nichts geschehen.

Pas ift nicht richtig. Meine Herren, vergessen Sie nicht, daß in einzelnen Verwaltungen ganz abgesehen von meiner eigenen Verwaltung recht viel geschehen ist, daß wir eine ganz Menge Millionen preisgegeben haben durch die Aufhebung der Relikten· beiträge und der Penstonsbeiträze, welche letztere, wenn ich mich recht erinnere, allein auf 6 Millionen Mark sich bezifferten. Das sind doch ganz erhebliche Summen, die man der Staatsverwaltung zu Gute rechnen kann; und schließlich, wo nichts ist, da hat auch der Kaiser fein Recht verloren; wir können nicht mehr ausgeben, als wir haben.

Abg. Dr. En neccerus: Die Engländer erheben an indi⸗ rekten Steuern 20 16 pro Kopf, wir nur 12 66 Ich gehe gern zu, daß unsere Steuergesetze reformbedürftig sind, und ich hoffe, baß die Regierung mit einer Steuerreform im sozialen Sinne vorgehen wird. ö .

Abg. Dr. Windthorst: Ich weiß nicht, warum ich im nächsten Reichstage mehr Gelegenheit haben soll, meine An⸗ sichten zu vertreten, als bisher. Uebrigens werde ich vielleicht mit Hrn. von Kardorff öfter zusammenstimmen, als er glaubt. Ueber den bisherigen Reichstag kann ich nur sagen: de mortuis nil nisi bene!

Abg. Ricke rt: Die Schutzzöllner haben am 20. Februar eine ganz gehörige Schlappe erlitten. Wenn wir jetzt noch nicht die Majorität haben, so trösten wir uns damit: alle Dinge können nicht mit einem Mal geschehen. Für das eng⸗ sische System, welches dem Abg. Enneccerus nicht zu gefallen scheint, hat kein Anderer als der Fürst Bismarck im Jahre 1875 sich ausgesprochen. Ich halte es mit dem alten Fürsten Bismarck. Schreien Sie (zu den Nationallibe⸗ ralen) doch nicht immer nach neuen Steuern. Erst wollte man neue Einnahmen, um die Beamtengehälter zu ver⸗ bessern, und wenn man die Einnahmen hatte, dann bekamen die Beamten doch nichts davon. Ebenso war es mit der ver⸗ sprochenen Reform der Gewerbesteuer. Der Abg. Enneccerus hat wirklich einen starken Glauben, wenn er annimmt, die Regierung werde doch noch eine Reform der direkten Steuern vorschlagen. Dazu gehört wirklich ein anderes Regierungs— system Und andere Minister, welche die Quotisirung der Steuern nicht von der Hand weisen. . 4

Abg. Graf zu Limburg-Stirum: Die Quotisirung hat an sich technijch mit der Reform der direkten Steuern gar nichts zu thun. Ich verstehe die Taktik der Herren vollkommen, sie sind im Grunde überzeugt, daß die Großkapitalisten, die hinter ihnen stehen, von einer Deklaration nichts wissen wollen; direkt können sie aber das nicht sagen. Es ist daher ganz klug, wenn sie ein unmöglich zu verwirklichendes Postulat daran knüpfen und so die Sache zu Falle bringen.

Abg. von Eynern: Wir können dem Abg. Broemel dankbar sein, daß er die Gehaltsaufbesserungsfrage angeregt

at; hätte er es nicht gethan, so würden wir es gethan haben. 9j der der Regierung nahestehenden Presse heißt es, daß die Erhebungen in Bezug auf die Beamten⸗Gehaltserhöhungen noch nicht abgeschlossen sind. Nun können wir es erleben, daß wir wie im vorigen Jahre wieder nach Hause geschickt werden und aus der ganzen Sache, gar nichts wird. ch hätte gewünscht, daß man im vorigen Jahre nesl erhoben hätte. Wenn die Untersuchnngen erst während der Parlamentszeit, wenn die Räthe hier beschäftigt sind, an⸗ gestellt werden, so können die Erhebungen nicht mit, der nöthigen Sorgfalt geschehen. Der Abg. Graf Limburg-Stirum hat von. Kapitalisten gesprochen. Ich glaube, daß die Kapitalisten auf der anderen Seite ebenso lark vertreten sind, wie auf der unseren. Ich glaube, auch ie Konservativen haben sich von der Deklarakionspflicht, von der allein in der Thronrede die Rede ist, noch kein klares Bild gemacht. Ehe das nicht geschehen ist, sollte der Abg. Graf Limburg⸗Stirum das Kapital nicht so scharf angreifen.

Abg. Dr. Windthorst: Ich frage den Abg. Grafen zu Limburg-⸗Stirum, ob das Hinderniß, welches in der Beklarationspflicht liegt, wirklich und lediglich bei den Hinter— männern der freisinnigen Partei gelegen hat? Ich beschränke mich auf diese Frage. .

Abg. Rickert: Die Behauptung, die die Konservativen wie die Sozialdemokraten aufstellen, daß hinter uns die Groß⸗ kapitalisten sländen, die die Steuerreform verhinderten, trifft

Herren auf der Rechten könnten viel mehr Goldstücke herausgeschüttelt werden; im Jeichttage stellen sie sich nur, als müßten sie vor Armuth und

Entbehrung zu Grunde gehen. Die Steuerlisten würden be⸗ weisen, daß auf Ihrer Seite die Großkapitalisten sitzen. Die Quotisirung ist früher von allen Parteien als Vor⸗ bedingung einer Steuerreform hingestellt worden. Angesichts der 00 im Reichstage bewilligten neuen Millionen müssen wir hier durch die Quotisirung ie Rechte der Volksvertretung wahren. Standen etwa die Großkapitalisten auch hinter uns, als wir im Reichstage die Neichs⸗Einkommensteuer hean⸗ tragten? Ich bitte den Abg. Grafen zu Limburg-Stirum seinen Einfluß auf seine Freunde im Reichstage . geltend zu machen, daß sie uns darin unterstützen, denn dieser Antrag wird nicht verschwinden.

Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum;, Ich sitze nicht im Reichstage und kümmere mich nicht um Dinge, die mich nichts angehen. Die Steuerreform kommt nicht zu Stande, weil der Abg. Rickert die unerfüllbare Bedingung der Quotisirung stellt. Lasse er doch erst die Steuerreform zu Stande kommen, wenn es ihm Ernst damit ist, und verlange er dann unabhängig davon die Quotisirung. Wenn die Sozialdemokraten ebenfalls auf die Thatsache hingewiesen haben, daß die freisinnigen Großkapitalisten Steuerreformen verhinderten, so ist das richtig, aber jedenfalls habe ich diese Thatfache nicht in derselben sozialdemokratischen agitatorischen Weise verwerthet.

Abg. von Kardorffz: Der Abg. Rickert und seine Partei haben im Reichstage mit für die gewaltige Erhöhung unsexer Wehrkraft gestimmt. Bei den Wahlen haben sie das aber verschwiegen. Wir fahnen an direkten und indirekten Steuern nur 12 6 pro Kopf, Frankreich 54 4 Und bei uns wird in Bezug auf Wehrkraft, Schul- und Verkehrswesen, Justiz, Verwaltung weit mehr geleistet, als in anderen Ländern. Es kommt nicht auf möglichst wenige Ausgaben an, sondern auf das, was für die Ausgaben geleistet wird.

Die Diskussion wird geschlossen

Persönlich bemerkte der Abg. Rickert: Ich habe bei den Wahlen ausdrücklich meinen Wählern erklärt, daß ich für die neuen Militärausgaben gestimmt habe, Es handelte sich dabei auch nur um 50 Millionen, Sie haben aber hunderte von Millionen bewilligt.

Abg. von Kardorff: Ich habe nicht den Abg. Rickert gemeint, sondern seine Partei. . .

Der Titel, sowie das ganze Kapitel des Ministeriums wird bewilligt.

Schluß 4 Uhr.

In der vorgestrigen 66 Sitzung des Hauses der Abgeordneten erwiderte auf, eine Anfrage des Abg. Tramm der Minister der ööfsfentlichen Maybach:

ch begreife nicht das Echauffement, welches sich in den Worten des Herrn Vorredners ausgedrückt hat, ebensowohl das Echauffement, welches seiner Zeit in der betheiligten Presse zum Ausdruck ge— konnen itt .

Formell will ich zunächst bemerken, daß, was der Herr Vor redner nicht sagte, der Erlaß, auf den er Bezug genommen bat, nicht von mir allein, sondern auch von den Herrn Handels Minifter und im Einverständniß mit dem Herrn Finanz ⸗Minister er gangen ist. Es darf ihm doch nicht unbekannt sein, daß Fragen von fo großer wirthschaftlicher und namentlich von finanzieller Tragweite nicht von einem einzelnen Minister entschieden werden können, daß diefer vielmehr an die Zustimmung der übrigen betheiligten Minister gebunden ist. =

Ich begreife nicht, weshalb der Herr Abgeordnete fortwährend an mich diesen Appell richtet. Hat er vielleicht vergessen, daß ich es gewesen bin, der gerade dieses Kanalprojekt unterstützt und hat be⸗ arbeiten lassen? Hat er vergessen, daß ich es war, der nach einmaliger Verwerfung des Projekts im Herrenhause trotz mehrfacher Schwierig- keiten die Angelegenheit noch einmal vor Ihnen zu vertreten unternommen hat? daß ich es gewesen bin, der nach Kräften dafür gesorgt hat, die Hindernisse, welche der Ausführung des Projekts entgegenftanden, zu beseitigen? Die Konkurrenz gegen die Gisen bahnen! wenn ich die fuͤrchtete, oder wenn diese für mich maß—⸗ gebend sein sollte, würde das in einem anderen Stadium hervor getreten sein. Eine derartige Befürchtung besteht bei., mir nicht. Ich halte an dem. Grundsatz fest, den ich während meiner ganzen Amtsthätigkeit bethätigt. habe und der auch nach meiner Ansicht der richtige ist, daß Eisenbahnen und Wasser⸗ strathen Verkehrsstraßen sind, die sich gegenseitig ergänzen sollen, sie sind lediglich dazu da, dem allgemeinen Wohl zu dienen und nicht als Einzelstraßen dem eigenen Nutzen.

Nun, meine Herren, wie steht nun die Sache? Auf die spe— zielle Anfrage komme ich nachher : Das nach der einmaligen Ver—⸗ werfung im anderen Hause demnächst im Jahre 1886 zustande⸗ gekommene Gesetz sagt Folgendes:;

Die Staatsregierung wird ermächtigt:

I) zur Ausführung eineß Schiffahrtskanals, welcher bestimmt ist, den Rhein mit der Ems und in einer den Interessen der mittleren und unteren Weser und Elbe entsprechenden Weise mit diesen Strömen zu verbinden, und zwar zunächst für den Bau der Kanalstrecke von Dortmund beziehungsweise Herne über Henrichenburg, Münster, Bevergern und Papenburg nach der unteren Ems, einschließlich der Anlage eines Seitenkanals aus der Ems von Oldersum nach dem Emdener Binnenhafen nebst ent⸗ sprechender Erweiterung des letzteren.

Wir haben die Vorarbeiten für den hiernach zunächst in Angriff zu nehmenden Theil soweit gefödert, daß die wirkliche Inangriff⸗ nahme desselben nunmehr ich glaube Recht zu haben bevor steht. Wir haben eine Königliche Kanal-Kommissson mit den nöthigen Organen eingesetzt, um den Bau zu leiten. Der Bau soll nach dem Projekt etwa 5 Jahre dauern. Es kann sein, daß es etwas länger dauert; ich will es aber nicht hoffen. Ich habe im vorigen Jahre Ihnen bereits mitgetheilt, daß die Vorarbeiten für diese Linie nach dem Rhein, die für uns als die zunächst zuerst in Ausführung zu bringende sich darstellt, fertig sind und wir werden an die Inangriff nahme, vorausgesetzt, daß die Mittel dafür bewilligt werden, herantreten, sobald der Bau an einem Theil in AÄngriff genommen ist und in einem entsprechenden Stadium sich befindet. An dieses Projelt reiht sich dann das aadere; wir können nur eines nach dem andern fördern. Ich sehe gh von den finan⸗ ziellen Schwierigkeiten, die aber der Herr Finanz ⸗Minister zu über winden hat, die nicht geringe sind; aber glauben Sie denn wirklich, meine Herren, daß wir all die nöthigen technischen Kräfte besitzen, so viele Bauten gleichzeitig auszuführen? Daß wir für die Kanalrinne durch das Haff von Königsberg nach Pillau, daß wir für den Sder . Spree Kanal, die großen Bauten an der Weichsel, daß wir für die Kanalisirung der oberen Spree, bezüglich deren die entgegenstehenden Hindernisse erst t beseitigt werden können, daß wir für alle die Bauten, die wir am Rhein u. s. w. vorzunehmen haben, den großen Nord⸗Ostsee Kanal, die nöthigen technischen Kräfte haben? Wir müssen uns innerhalb unserer finan⸗ ziellen und technischen Leistungsfähigkeit bewegen; und glauben Sie denn nicht, daß, wenn wir alle diese Dinge auf einmal in Angriff, nehmen wollten, vorausgesetzt, daß wir wirklich die technifchen Kräfte und das nöthige Geld haben, daß wir uns alle diefe Anlagen dann über Gebühr vertheuern würden?! Ich glaube, es wäre nicht im Interesse des Staats, wenn wir so wirth⸗ 6 wollten. Ich wiederhole, was ich im vorigen Jahre 6g

abe, und was auch jetzt noch wahr bleibt: wir werden einen Thell nach dem andern in die Hand nehmen. . Der Hr. Abg. Tramm hat gefragt, ob wir dem Comits die

Arbeiten von

betreffenden Beamten, die Materialien zur Verfügung stellen könnten, die für dieses Projekt früher ausgearbeitet worden sind. Ich weiß nicht, wie der Herr Abgeordnete sich das denkt? Will etwa das Comité uns die Mittel geben, um die Vorarbeiten gleich jetzt machen zu können, à fonds perdu, oder was denkt er sich sonst dabei? Will er etwa er hat das mit angedeutet den Kanal als ein Aktien- unternehmen zur Ausführung bringen? Wie möchte es da wohl mit der Dividende aussehen! . ̃

Genug, ich wiederhole, daß wir nach altpreußischer Spar samkeit das Richtige thun. wenn wir das eine Projekt nicht eher in die Hand nehmen, als bis das andere bis zu einem gewissen Punkt gediehen ist. Man will uns drängen, auf die sem Gebiet rascher vorzugehen, auch als es wirthschaftlich richtig ist. Denn wenn wir jetzt an die Vorarbeiten gehen, so werden dieselben, wenn wir an die Vorlage selbst kommen, kaum noch passen, das ist ja eine alte Erfahrung. Deshalb ist es nicht gerechtfertigt bloß um wie soll ich sagen das Bedürfniß der Interessenten in jenen Gegenden, zu befriedigen, ohne sich klar darüber zu werden, welche Linie für den Kanal eingeschlagen werden soll, so zu draͤngen In dem Bescheid des Minssters ist gesagt worden, daß die Interessen sowohl nach der mittleren als nach der unteren Elbe bin gewahrt werden müssen. Die Aufgabe ist nicht leicht zu lösen, aber sie wird mit der Zeit genommen und gelöst werden, und ich verstehe durchaus nicht, weshalb man so echauffirt ist, daß nicht sofort in die Arbeit eingesprungen wird; sie wird nicht um einen Tag später, aber auch nicht um einen früher in Angriff genommen werden, als bis es Zeit ist. Daran halte ich fest. .

Nun ist das übel genommen worden, daß ich eine Deputgtion nicht habe empfangen wollen. Meine Herren, Diejenigen von Ihnen, mit denen ich näher bekannt zu sein die Ehre habe, werden wissen, wie wenig Freude es mir macht, Deputgtionen zu empfangen.

Es kommt bei Deputationen im Allgemeinen nicht viel heraut. Sie kommen gus dem Lande her und wollen auch etwas erreichen. Ich bin, ich wiederhole cs, ja gar nicht legitimirt, allein irgend- welche bindende Erklärung zu geben. Mein Wohlwollen, mein Interesse für den Kanal habe ich stark genug bekundet; das besteht FDeute bei mir, wie es früher bestanden bat. Es liegt also gar kein Grund vor, mir das noch einmal wieder an's Herz zu legen.

Die Frage, ob bei Anlagen von neuen Eisenbahnen, ich weiß nicht, welche Projekte der Herr Redner im Auge hatte, auch Rücksicht genom nen werden würde auf die künftige Kanalanlage, kann ich mit Ja beantworten, das versteht sich von selbst. ;

Dann hat er noch die Frage an mich gerichtet, wie es denn eigent⸗ lich mit der Linie des Dortmund Ems-Kanals stände; es verlgute, daß eine ande re Linie eintreten solle, daß Schwierigkeiten für die Aus⸗ führung des Kanals hervorgerufen würden u. s. w. Ich nehme an, daß er damit meint die Frage die durch Behörden aller⸗ dings erörtert worden ist ob man iweckmäßig vom xechten auf's linke Ems Ufer hinüber gehen würde, und wie die Anlage bei Munster sich gestalten solle. Es sind Anträge an mich gelangt, diefe Frage zu prüfen. Der Punkt Bevergern steht durch Gefetz fest, und ich bin schuldig gewesen, der Behörde das herzugeben zur Aeußerung, ob die erbetene Aenderung technisch möglich und mit gleichen wirthschaftlichen Vortheilen verknüpft sein würde, wie man sie bei dem ursprünglichen Projekt vorausgesetzt hatte. Erst in diesen Tagen ist der betreffende Bericht in meine Hände gekommen, und wenn es Sie keruhigt, kann ich mittheilen, daß das Ergebniß die Festhaltung der Linie auf dem rechten Emsafer und ebenso die Festhaltung des Schwerpunktes bei Bevergern sein wird. Ich möchte den Herrn Vorredner bitten, sich und seine ver— ehrten Landsleute des versichert halten zu wollen, daß die Staatsregierung an dem Projekt der Ausführung dieses Kanals, und zwar in der zweckmäßigsten Weise festhält, daß sie die großen Interessen, welche sich an diese Anlage knüpfen, vollkommen erkennt, daß sie in dieser Beziehung gar kein Material von draußen bedarf, daß sie Alles, was in diefer Beziehung nothwendig ist, schon besitzt oder noch bekommt und daß sie, jobald der Zeit⸗ punkt finanziell und wirthschaftlich, natürlich auch technisch gekommen fein wird, dazu übergehen wird, der Landesvertretung eine Vorlage zu machen, welche die Ausführung auch dieses Theils des Kanals sicher stellt.

Dem Abg. Broemel entgegnete der Minister der öffent⸗ lichen Arbeiten von Maybach:

Es würde vielleicht einen ungünstigen Eindruck machen, wenn ich auf die Worte des Herrn Vorredners mich schweigend verhalten wollte, gegen den Verdacht, daß er das Gehalt des Ministers etwa erhöhen wollte, nehme ich ihn vollständig in Schutz ich bin über⸗ zeugt, daß das nicht seine Absicht ist —; die Frage, ob eine Vorlage in Bezug auf die Erhöhung der Beamtengehälter noch erfolgen werde, gerade bei dem Gehalt des Ministers der öffentlichen Arbesten in Anregung zu bringen weshalb das geschieht, ist mir nicht klac. Da sie aber einmal gestellt ist, so glaube ich, soweit mir die Verhältnisse bekannt sind, darauf antworten zu können. Eg liegt kein Grund vor, anzunehmen, daß nicht noch in der gegenwärtigen Session eine dem Versprechen der Staatsregierung entsprechende Vor⸗ lage gemacht werden wird.

Die Angelegenheit ist, wie sich der Herr Vorredner selbst sagen wird, nicht so leicht zu erledigen, es sind sämmtliche Ressorts bei der Angelegenheit betheiligt, die Arbeiten nehmen ihren guten Fortgang, und ich glaube, hoffen zu dürfen, daß wir recht bald in den Besitz einer entsprechenden Vorlage kommen werden. Jedenfalls meine ich, ich wiederhole es, daß gar kein Anlaß zu dem Zweifel vorliegt, als wenn nicht noch in der gegenwärtigen Session diese Angelegenheit geregelt werden würde.

Statistik und Volkswirthschaft.

Der Giroverkehr der Reichsbank.

Dem soeben erschienenen Verwaltungebericht der Reichsbank für das Jahr 1889) ist wie im Vorjahre eine vergleichende Uebersicht der Gefchäftsergebnisse seit dem Bestehen jenes Instituts beigegeben. Darnach sind die Gesammtumsätze desselben von 36 684.8 Millionen Mark im Jahre 1876 auf 99 708,9 Millionen Mark in 1889 gestizgen, sie haben sich also in 14 Jahren nahezu verdreifacht. Eine noch stärkere Zunahme als bei den Umsätzen insgesanm mt hat bei denjenigen im Giroverkehr stattgefunden. Es betrugen dieselben nämlich:

im Jahre Mill. Mark im Jahre Mill. Mark 1 13833 475955 , 77209 / 88 6 ö . 1 1579 530 4110,2 1486 57 mä, 83636 1883v1 5688151 1881 5316 1888. . 38638265, 0 kJ 18.

sernach haben sich die im Giroverkehr umgesetzten Beträge innerhalb des 14 jährigen Zeitraumes mehr als vervierfacht. Die größte Steigerung ist, in Folge der neueren Bestimmungen über den

Giroverkehr, vom Jahre 1885 ab zu verzeichnen gewesen; während

nämlich von 1875 bis 1882 der durchschnittliche Jahresumsatz bei

diefem Conto nur 30 045,5 Millionen Mark betrug, erreichte derselbe

7 mehr n von 1883 bis 1889 eine Höhe von 57 979,0 Millionen ark.

Zu den obengenannten Summen kommen noch die Einzahlungen von Behörden und Perfonen oder Firmen, welche kein Giroconto baben, für Girokunden an anderen Bankplätzen sowie umgekehrt die Auszahlungen an folche Richteontoinhaber, endlich die Umsãätze, welche fich aus der Benutzung der Giroeinrichtungen der Reichsbank Seitens des Deutschen Feichß und einzelner Bundesstaaten, vornehmlich

) Vergl. Nr. h8 des ‚R. u. St. M.“ unter „Handel und Gewerbe.

Preußeng, ergeben. Wird die hierdurch verursachte Bewegung mit in Anschlag gebracht, so berechnen sich nach den einzelnen Jahres- berichten von 18835 bis 1889 im Giroverkehr die Gesammtumsätze auf bezw. 38 008,3, 45 683,5, 54 894,0 56 654,3, 59 898, 8, 61 787,0, 66 904,4 und 79 O26, 1 Millionen Mark. ; . . Aust ihrem Girogeschäfte erwuchs der Reichsbank ein frei verfüg bares Guthaben, welches . . ö im Jahre durchschnittlich höchstens wenigstens 883 129,8 155,9 105,7 155,2 193,7 121,5 162,5 194,5 127,8 206,6 255,4 167,6 229, 1 262, 6 181,4 235, 294,9 168,ů3 240,0 301,8 175,8 Millionen Mark betrug. In welcher Weise die Abrechnung erfolgt, geht aus folgender Zusammenstellung für das Jahr 1889 hervor. Es wurden

vereinnabmt:

an Saldo aus dem Vorjahre. durch Baarzahlung ... diseontirte Wechsel ... eingezogene Wechsel und Effekten Uebertragungen am Platze.... ö von anderen Bank⸗ stellen. ;

110795 überhaupt 36 069.4 verausgabt: durch Baarzahlung. eeingelöste Domizilwechsel . 1407, 9 „Uebertragungen am Platze. 14 434,4 ö auf andere Bank⸗ stellien . 1909377 ! e,, Ia mn Es verblieben daher am Jahresschlusse an Giroguthaben 248,1 Mil lionen Mark.

11941,

nur noch 25,7 Cso.

betrugen die gegenseitig verrechneten Forderungen der Mitglieder im Jahre Mill. Mark im Jahre Mill. Mark 1884 12 130,2 1887 14 207,2 1885 12 554,4 1888 16 514,6 1886 13 356,5 1889 18 049,0.

Zur Arbeiterbewegung.

Auiñs Bochum meldet „W. T. B.“, daß die Vertreter mmtli Bergarbeiterver bandes beschlossen, das bisherige Zwickauer Verbandsorgan ab zuschaffen und ein anderes in demselben Tone im hiesigen Dieselben beauftragten den Vorstand, einen allgemeinen deutschen Bergarbeitertag, wenn gesetzlich zu⸗ lässig, vorzubereiten und nahmen den Antrag auf Enteignung der Bergwerke der bisherigen Besitzer und auf die Verwandlung in genossenschaftliche Betriebe der Arbeiter, Beamten und Leiter der

sämmtlicher Zahlstellen des

Bezirk zu drucken.

Bergwerke an.

Die Arbeiter der Königlichen Eisenbahnwerkstätten in Dortmund beschlossen in einer Versammlung am 6. d. M. die Absendung einer Dankadresse an Se. Majestät den Kaiser, welche nach der Rh. Westf. Ztg.“ folgenden Wortlaut hat; e Großmãchtigster Kaiser und König! Kaiser, König und Herr! Die heute ver— sammelten cirea 1900 Arbeiter der Königlichen Central⸗Maschinen⸗ und Wagenwerkstätte sind zusammengetreten, um Ew. Majestät ihren tiefgefühlten Dank für die Fürsorge für den wirthschaftlich schwächeren Theil des Volkes darzubringen, wozu auch wir gehören. Wir werden das Vertrauen, das Ew. Majestät in die Arbeiter setzt, nicht täuschen und stehen treu zu Kaiser und Reich. Besonders hat uns die Kgiserliche Entschließung erfreut, daß gtsetzliche Bestimmungen über die Formen in Aussicht zu nehmen seien, in denen die Arbeiter

Allerdurchlauchtigster, Allergnädigster

durch Vertreter, welche ihr Vertrauen besitzen, an der Regelung gemein⸗ samer Angelegenheiten betheiligt und zur Wahrnehmung ihrer Interessen bei Verhandlungen mit den Arbeitgebern und mit den Organen der hohen Regierung befähigt werden. Wie aus Zeitungsberichten bekannt geworden, hat sich der Staatsrath gegen die obligatorische Einführung von Arbeiterauschüssen ausgesprochen, aber die freiwillige Bildung solcher Ausschüsse besonders in den Staatsbetrieben empfohlen. Den Stufen des erhabenen Thrones nahen wir uns mit der unterthänigsten Bitte: Bei eventueller Bestimmung über den Wiederzusammentritt des Staatsraths zu gestatten, daß aus unserem Kreise ein Arbeiter gewählt werde, welcher unser Vertrauen besitzt, um an der Regelung gemeinsamer Angelegenheiten und zur Wahrnehmung unserer Interessen bei den Verhandlungen theiljunehmen. In tiefer Ehrfurcht verharren: ,, . Ärbeiter der Königlichen Maschinen⸗ und Wagen— werkstãätte.

In Remscheid ist abermals eine Arbeitersperre erklärt worden, wie aus einer Bekanntmachung im Inseratentheil der in Elberfeld⸗ Barmen erscheinenden „Freien Presse' ersichtlich wird; die⸗ selbe hat folgenden Wortlaut: „Achtung! Hierdurch setzen wir alle Kollegen in Kenntniß, daß die Zuschläger bei Herrn Heinrich Reinhold hier, Alexanderstraße, . J., mit ihrer Firma in Lohn⸗ differenzen gerathen sind. ir bitten alle Zuschläger dringend, Zuzug fern zu halten. Sämmtliche Zuschläger der Reinhold chen Fabrik. Der Vorstand der Grob. und Klempnerwerkzeug, Arbeiter,

Die Riemendrehereibefitzer haben, ihrem fruheren mit

etheilten Beschlusse entsprechend, ihren Gesellen sammt un? onders zu m 21. d. M. gekündigt. Ferner ist, wie. W. T. X. mel zet, etwa 1200 noch in Arbeit befindlichen Mädchen g kündigt worden. Die Zahl der übrigen Strikenden beträgt in 2 Betrieben soo. Die strikenden Riemendrehergefel len beschlossnn am Freitag, den Strike so lange fortzusetzen, bis der zebnstündige Arbeits tag bewilligt werde. .

In Folge der an dieser Stelle bereits erwähnten, an die Depu⸗ tation für Handel und Schiffahrt gerichteten Petition der Quai⸗ arbeiter in Hamburg wegen Lohnerhöhung hat diese Deyn tation mit r n n des Senats folgende ,, be⸗ willigt, welche vom Montag ab in Kraft treten sollen, nämlich; für Arbeiter eine Erhöhung von 3 ½ 26 auf 3 M 66; für Krahn⸗ führer von 3 66 S6 4 auf 4 S6 26 3. Es treten mehrere diverse Ver. besserungen in der Vergütung für Nacht⸗ und Sonntagarbeit ein; bisher wurden die Ueberstunden 338 J pro Stunde in der ganzen Nacht gezahlt, von jetzt ab wird die Verehtur bis 12 Uhr Nachts 45 3, nach 17 Uhr Rachts 55. J betragen. Die Sonntagsarbeit, welche bisher mit 3 6 30 8 bezablt wurde, wird auf 4 0 für die Ärbeiter festgesetzt; in gleicher Weise tritt eine Erhöhung für die Krahnfüͤhrer von 3 6 990 . Auf 16 66 3 ein. Es ißt anzunehmen, bemerkt hierzu die S. Brs. S.. daß diese erheblichen Lohnerhöhungen von den Quagiarbeitern. an. genommen werden, namentlich in Anbetracht des Umstandes, daß der Lohn der Quagiarbeiler big vor J Jahren nur 3. 6 betrug, und , . r, Steigerung der Lebengmittelpreise auf 3 30 er worden ist.

Der Magd. Ztg.“ schreibt man aus Bremen unter dem 7. d. M.: Nach 4 Zuwachs, deffen sich die So igldemo⸗ kratie bei den Wahlen erfreut hat, wird die Lohn bewe—⸗ gung mit noch größerem Eifer lebendig gehalten, als zuvor. dier in Bremen“ merkt man schon die Spuren. Diesmal sind

Gegenüber den Vorjahren ist ein immer größerer Rückgang des Baarmittelgebrauchs und eine steigende Anwendung des geldlosen Zahlungsausgleichs zu verzeichnen; denn während bei der Eröffnung der Giroabrechnungen im Jahre 1876 die Baarzahlungen rund 40 9, 1883 noch 38 C ausmachten, entfielen auf dieselben 1889 Seitdem Ende 1883 die gemeinschaftlich mit anderen großen Banken und Bankhäusern in Berlin, Köln, Frank furt a. M., Dresden, Leipzig, Stuttgart und Hamburg nach dem Vorbilde des Clearing⸗House in London errichteten Abrechnungsstellen, denen 1884 noch Breslau und Bremen hinzutraten, eröffnet wurden,

es, die Tischler, welche mit neuen Forderungen auftreten. Die Menge der für die Gewerbe und Industrie⸗Ausstellung zu be⸗ schaffenden Arbeit kommt ihnen dabei zu Statten. Es hat sich unter den Tischlern eine Lohnkommission gebildet und diese hat ein Rundschreiben hergestellt, das in diesen Tagen an die Meifter gefandt . Ja demselben wird die neunstündige Ärbeitszeit Der Strike der Arbeiter der Julius Cohn'schen Webefabrik in Nordhaußen ist am 65. d. M. beendet worden. Die Arbeiter, welche von ihren Forderungen Abstand ge⸗— nommen haben. sind fast sämmtlich wieder eingetrelen; nur ein kleiner Theil konnte nicht wieder eingestellt werden, da inzwischen ihre Stühle mit Webern von Auswärts besetzt worden waren. Die Fabrik befindet sich wieder in vollem Gange. Der Deutsche Bauernbund

16 , J. in n . war, richtete, wie das „Deutsche Tageblatt“ mittheilt, an den Reichsk. ü is⸗ marck JJ K

Ew. Durchlaucht spricht der heute hier im Buggenhagen's Ftablissement zu seiner Generalversammlung ö 1 Bauernbund seinen tiefgefühltesten ehrerbietigsten Dank aus fur den starken Schutz, den alle Gewerbe, auch das erste und bedeutendste, die deutsche Landwirthschaft, in der Ge et gebung des Reichs ge⸗ funden haben, der in erster Reihe auf Ew. Durchlaucht machtvolkes Eingreifen zurückzuführen ist. Möge Ew. Durchlaucht uns auch ferner Ihre wirksame Unterstuͤtzung nicht versagen, fo— wohl bei dem weiteren Ausbau der Gesetzgẽbung des Reichs wie der Einzelstaaten, in letzteren insbesondere hinfichtlich der Entlastung von der Doppelbesteuerung der Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer. Jeder Landmann,. der den Zusammenhang der Vorgänge der letzten Jahre richtig erkannt hat, sei er Bauer, sei er Großgrundbefitzer oder Arbeiter, muß treu zu dem bewährtesten Rathgeber unseres erhabenen Kaiserhauses stehen. Ew. Durchlaucht stets dankbarer deutfcher Bauernbund.“ .

„Von den Vorträgen, welche in der Versammlung gehalten wurden, erwähnen wir nach dem genannten Blatte denjenigen des Kammer herrn ven, Riepenhausen⸗Krangen über: „Hesicherter Bauernbesitz durch Heimstättenrechte. Der Redner knüpfte seine Ausführungen an daz von ihm herausgegebene Buch über Heimstätten. In, der Debatte, sprach man sich im Allgemeinen günstig für die Vorschläge des Referenten aus. Namentlich wurde betont, daß die Verschuldung des ländlichen Srundhesitzes zu groß, der Zinsfuß zu hoch und die Theilbarkeit zu stark sei. Der Verschuldung müsse eine Grenze gezogen werden; sie dürfe nicht mehr wie 30— 50 60 des Werthes der Grundstücke übersteigen. Zur Ablösung der Hypotheken müsse der Staat billiges Kapital schaffen in einer hypothekarisch - staatlichen Rente zu , höchstens 34 6. Den nächsten Punkt der Tagesordnung bildete das Referat des Ockonomie⸗Raths von. Mendel. Halle über das Genossenschaftswesen und die Landwirth⸗ schaft e. . Bei Bildung von Wirthschaftsgenossenschaften müsse man 4 Punkte ins Auge fassen: 1) Man solle nur die Leute dazu heran ziehen, die ein wirkliches Interesse daran hätten. 2) Man solle die Genossenschaften nicht über zu große Kreise ausdehnen. Gemeinde—⸗ weise solle man sie bilden. 35 Wer die Arbeit thue, solle auch dafür bezahlt werden. 4) Die einzelnen Genossenschaften müßten, um dauernd zu prosperiren. Verbände oder, wie das Gesetz sagt, Central⸗Genossenschaften bilden. Redner charakterisirte nun die 4 Genossenschaften, die für den Landmann die empfehlenswerthesten seien, die Ankaufs⸗, Verkaufs⸗, Produktiv und Darlehns⸗Genossenschaften und schloß mit einer lebhaften Aufforde⸗ rung an den deutschen Bauernstand, sich durch Bildung von Genossenschaften gegen den drohenden Untergang zu schützen. Der Reichstags Abgeordnete Graf Mirbach-Sorguitten sprach seine volle Uebereins—timmung mit den Ausführungen des Vorredners aus. Aber nicht allein auf dem Gebiete des Genossenschaftöwesens. sondern auch auf dem der Gesetz⸗ gebung müsse dein Landmann geholfen werden. Dazu mitzuhelfen, müsse die Landwirthschaft vor Allem fest zusammenhalten. Die Opferwilligkeit, wie sie die Gegner vor und bei den Wahlen zeigten, sollten auch die Landwirthe sich aneignen. Zum Schluß sprach der Vize⸗Präsident des Bundes, C. Vetter, über Feuerversicherung und Altersrentenversicherung. Redner berührte dabei die vielfachen Streitig⸗ keiten zwischen Gltern und Kindern, die auf Bauernhöfen sich einstellten, wo die Besitzer sich auf das Altentheil zurückgezogen hätten. Der Sohn klage, er könne das Altentheil nicht erschwingen, und der Vater, das Altentheil werde zu kärglich gewährt und reiche nicht aus. Um hier zu helfen, will Herr Vetter die Statuten zu einer Altersrenten⸗ versicherung ausarbeiten, die der nächstjährigen Versammlung vor gelegt werden sollen. Des Weiteren hat Redner auch die Gründung einer Versicherung von Brandschäden auf Gegenseitigkeit im Auge.

n Zur Weinfrage.

Die Weinhandlungen an der Mosel klagen darüber, daß sich im großen Publikum immer noch kein rechtes Verständniß für gute Mosel⸗ und Saar⸗Weine zeigen will. Man glaubt noch vielfach, der Moselwein könne nur ein billiger und wertbloser Säuerling sein. Dabei verlangen die großen Weinbergbesitzer für die Erträge ihrer guten Lagen verhältnißmäßig höhere Preise, wie am Rhein. Die öffentliche Meinung über die Weinverbesserungefrage hat sich in der letzten Zeit sehr geklärt. Man ist ein stimmig der Ansicht, daß die Ernten der letzten drei Jahre noch unverkauft in den Kellern der Winzer liegen würden, wenn nicht eine rationelle Verbesserung derselben gestattet wäre. Nur auf diefe Weise können große Mengen des in reinem Naturzustande vollständig ungenießbaren Weines trinkbar gemacht und in den Handel gebracht werden. Das Verbot dieser Verbesserungen würde die Winzer härter treffen, als die Händler und den Lebengunterhalt ersterer sehr in Frage stellen.

gstunst und Wissenschaft.

Die Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaf⸗ ten hat in ihrem Publikationsorgan, dem Neuen Lausitzischen Magazin“, den Jahresbericht über ihre Thätigkeit im Vereinsjahre 1838,89 veröffentlicht, wie er in der am 16. Oktober 1889 zu Görlitz abgehaltenen 173. Hauptversammlung von dem derzeitigen Sekretär Pr? Jecht, erstattet worden ift. Die Gefellschaft hat danach den Verluft ihres bisherigen langjährigen verdienten Sekretärs und Herausgebers des „Magazins“, des Professors Dr. Schönwälder, ferner den ihres Nestors, des Superintendenten Holscher, zu beklagen, welcher volle 50 Jahre lang Mitglied der Gesellschaft war. Sie zählte im Oktober 1889 13 Ehren,. 116 wirkliche und 44 korrespondirende Mitglieder, also im Ganzen 173 Mitglieder unter dem Präsidium des Ober ⸗Prästdenten der in Schlesien, H. von Seydewitz. Ihre wissenschaftliche

hätigkeit umfaßte die Stellung von Preisaufgaben, die Herausgabe des „Magazins! und die Haltung von Vorträgen. Von den Preig⸗ aufgaben war die geschichtliche Entwickelung des höheren Schulweseng in der Oberlausitz Ende Januar 1889 kal Leider war jedoch eine Lösung nicht eingegangen. Die Hauptversammlung beschloß daher, diese Aufgabe fallen zu lassen und nach dem erbetenen Vorfchlage des Professors Knothe in Dresden die Aufgabe auszuschreiben: ‚Das Görlitzer Prozeßverfahren während des 14. bis 16. Jahrhunderts.. Zwar wurde als Einlieferungstermin der 31. Januar 1891 festgefetzt, aber zugleich von der Versammlung ausgesprochen, daß man genelgt sei, den Termin zu verlängern und demgemäß den Preig zu erhöͤhen. Januar dieses Jahres war der Ablieferunggtermin für die andere reisarbeit: Die Seeunternehmungen des Großen Kurfürsten, intz⸗ esondere die , desselben an der westafrikanischen . 56 . J He mn 9 ö. gestellt worden, aber wegen der Unzulänglichkeit der Anfan e i . arbeitungen damals von Neuem zu ben er , ,,

Begrbeltung ausgeschrieben worden. Außerdem w 3 d. J. faͤllig: 19 ar noch im Januar

3. *

en Preise von 150 . zur zrlltz und die westfäiische Fehmt mit Räacktkick un;