dahin zu kommen, daß jeder Kreis ⸗Schulinspeltor in jedem Jahr einmal — ich sage einmal — jede Schule sieht. Glauben Sie, meine Herren, daß selbst dies, was Ihnen doch gewiß sebr wenig erscheinl, durchjuf ihren mir bisher gelungen ist? Bereits im Jahre 1763 durch das General ⸗Schulreglement ist diese Revisionspflicht den Kreis ⸗Schulinspelforen auferlegt, und noch heute ist es nicht möglich gewesen, mit Sicherheit in den nebenamtlich verwalten Kreis. Schul-= aufsichtsbezirken dieses — meines Erachtens — Minimum von Auf⸗ ficht herbeizufübren. Das kann ich ja natürlich sebr leicht machen und auf dem Papier Kreis ⸗Schulinspektoren bestellen, aber irgend eine Instanz muß fein, welche das technische Unterrichtswesen voll und sicher beberrscht. Das kann die Lokalaufsicht sein, oder die Kreisaufsicht; aber eine Stelle muß es sein, nament- sich wo die Sckulen kompltzirt sind, also zweisprachig belastet sind — diefe Frage ist hier in den letzten Tagen vielfach er⸗ örtert worden — oder wo vielgestaltete Unterrichtzsysteme vorhanden find. Meine Herren, die Thatsachen sind heute stärker als vielleicht die eigenen Wünsche; es gebt aber nicht, daß man in heutiger Zeit, wo das geistliche Amt, wenn es richtig erfaßt wird, ungeheure uf⸗ gaben in sich faßt, noch einen Geistlichen findet, der nebenbei Pflichten erfüllt, die allein die Thätigkeit eines ganzen Mannes in Anspruch nehmen. Diese Fragen werden in loco sehr viel ruhiger beurtheilt, und ich kann versichern, ich bin in Oberschlesien mit katholischen Heistlichen vielfach zusammen gekommen, da hestehen ganz ruhige geordnete Verhältnisse; die Geistlichen, die die Lolalschulaussicht haben, find durchaus zufrieden und richten sich mit dem Kreis- Schulinfpektor — mag er katholisch oder evangelisch sein R ganz ruhig ein. Im Uebrigen komme ich, soweit es möglich ist, den Wünschen der katholischen Mitbürger durchaus entgegen. Ich habe in kurßer Zeit es möglich gemacht, in Oberschlessen. 5. evangelische Kreis Schulinspektoren zu versetzen und dafür katholische Schul⸗ infpektoren bineinzuschieben. Das ist keine Kleinigkeit, meine Herren; denn diese Kreis⸗Schulinspektoren sind definitiv angestellte Beamte, ich kann fie also nur versetzen in Stellen, die den früheren adäquat sind. Die Herren haben ja nichts. Böses gethan, fondern es find eben die veränderten Verbältnisse, die unter Umständen einen Wandel in ihrer Position wünschenswerth machen, .
Ich möchte aber doch auch den ständigen Kreis⸗Schulinspektoren zum Schluß eine gewisse Anerkennung nicht versagen. Ich habe mir bei den fortwährenden Angriffen auf die ständigen Kreis · Schulinspek toren und shre Einwirkung auf die Entwickelung des katholischen Schulwesens eine Uebersicht anfertigen lassen, wie diese Kreis Schulinfpektoren — also die im Hauptamt angestellt sind * 3. B. in den Provinzen Westpreußen, Westfalen und Rheinland in den Jahren 1871 bis 18865 gewirkt haben, und zwar berechnet nach der Vermehrung der katholischen Lehrerstellen. In diesen 16 Jahren haben‘ sich vermehrt die katholischen Tehrerstellen in Westpreußen um 466 0oο, in Westfalen um 33 oM und im Rheinland um 39 o/o. Meine Herren, ich möchte doch einmal wissen, ob ein Geistlicher im Nebenamt in der Lage gewesen wäre, ö U das katholische Volksschulwesen zu heben, als es ge⸗
ehen ist.
ö Also, meine Herren, wir werden uns vielleicht üher manche Prinzipien nicht leicht einigen. Ich gehe auf dieselben nicht ein; es sft ja in Ausficht gestellt, daß eine andere Gelegenheit sich dazu findet, aber das wollen wir doch anerkennen, daß die Kreigs⸗Schul⸗ inspektoren im Hauptamte ihre Pflicht in dem genannten Zeitraum in hohem Grade gethan haben, und die katholische Bevölkerung allen Anlaß hat, für die intensive Vermehrung der katholischen Lehrerstellen dankbar zu sein.
Abg. Dr. Windthorst: Die ganze Frage kann man ver⸗ schieden beantworten, je nachdem man annimmt, daß die Lokal⸗Schulinspektion ünd der Religionsunterricht den Geist⸗ lichen freigegeben sind, oder ob man annimmt, daß es allein vom Staat abhängt, wie weit dieser den Geistlichen den Religionsunterricht und die Aufsicht überlassen will. Warum soll, wenn die evangelischen Geistlichen die Lokal- und Kreis⸗ Schulinspektion haben, dasselbe nicht auch für uns. gehen? Wir gehen von unserem Verlangen nicht ab und sind auch nicht beruhigt, wenn der Minister sagt: in den und in den Fällen habe ich Wandel geschaffen und werde auf diesem Wege ortfahren. Es muß auf Grund des bestehenden Gesetzes generell verfügt werden: den Geistlichen sind ohne Weiteres der Religionsünterricht und die Lokal⸗Schulinspeltion frei⸗ gegeben, sowie den Erzpriestern und Dechanten die Kreis⸗ Schulinspektion. Das entspricht für die alten Pro⸗ vinzen dem Allgemeinen Landrecht und für die neuen den dort vorhandenen Schuleinrichtungen. Wie kann man das Gegentheil behaupten, wenn man nicht andere Zwecke dabei verfolgt? Den Hauptgrundsatz hat ja der Minister anerkannt, der nichts Anderes ist, als die Herbei⸗ führung des Zustandes vor 1872. Der Minister will aber der Omnipotente bleiben und je nach den Berichten der ürger⸗ meister, Landräthe und seiner Ministerial-Räthe allein ent⸗ scheiden. Was hindert die Regierung, unsere hillige ö zu erfüllen? Bis zum Beweis des Gegentheils muß ich an⸗ nehmen, daß das Hinderniß in der Fortdauer der kultur⸗ kämpferischen Ideen liegt. Wollen Sie den Frieden, so ge⸗ währen Sie unsere Wuͤnsche. Die Anschauungen der Katho⸗ liken müssen katholische Lehrer lehren. Die Evangelischen haben das gleiche Interesse. Der Minister schweigt darüber, daß in der Rheinprovinz noch drei altkatholische Kreis- Schulinspektoren vorhanden sind. Diese müssen schleunigst beseitigt werden — allerdings ohne daß sie persönlich eine rg. erleiden — denn sie sind eine stete Anklage für die Schulverwaltung selbst. In Ermland ist auch noch ein solcher Kreis-Schulinspektor. Die jetzigen Schulen bewältigen eine Masse von Unterrichtsstoff, thun aber nichts für die religiöse Erziehung. Ich hoffe, daß der Minister sein Wohlwollen so zu steigern im Stande sein wird, um am rechten Punkte an⸗ zufangen. Die Konservativen haben früher auch auf dem Boden des Zustandes vor 1872 gestanden, ich hoffe, daß die Söhne die Väter nicht verleugnen werden.
— , der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. von
oßler: Meine Herren! So weit ich verstanden habe, werde ich auf einige der Ausführungen des Herrn Vorredners antworten. Zunãchst darf ich daran erinnern, . meiner Tahelle in der Rheinprovinz nůr zwei altkatholische Kreis⸗Schulinfpektoren sich befinden; die Herren sind angestellt in Bonn und Saarbrücken. Ein dritter ist mir nicht bekannt. — Guruf: Im Ermland ist der Vierte! — Meine Herren, es ist schwer, über den konfessionellen Standpunkt der einzelnen Persönlich- keiten zu streiten. Es ist bisher von der Rheinprovinz gesprochen worden, und jetzt wird mir ein Name von den Herren genannt, der gar nicht der Rheinprovinz angehört. ; 5
Es ist auch nicht richtig, daß die katholischen Geistlichen aus der Kreisschulaufsicht gänzlich entfernt wären. Die Zahl der katholischen Kreis ⸗Sculinspektoren im Nebenamt, also der Erzpriester und Dekane, beträgt 94. Sie sehen also daraus, daß in den einfachen Verhältnissen — nach den Ueber⸗ sichten kann ich es jg nachweifen — nämlich in Hannover. Hessen. Nassau, Mittel. und Riederschlesien noch recht viele Erzpriester und Dekane die Kreisschulaufsicht führen. ;
Was die , betrifft, von denen ich aus⸗ gegangen bin bei der Wiedereinrenkung der Verhältnisse, so muß ich, was ich ja schon oft ausgesprochen habe, Pkederholen: Wird ein katholischer Geistlicher angestellt als Pfarrer,
799 vertritt er nach den alten Auffassungen der Schulverwaltung die . Religione gesellschaft und es wird ohne Weiteres angenommen, daß
ihm die Leitung des Religionsunterrichts zustebt. Sellte das in qanz augnahmtwelsen Fällen nicht angängig scheinen und bestimmte Gründe dafür vorliegen, fo tritt die Regierung mit dem betreffenden Srdinarius in Verbindung. Steht nach der erfassung der einzelnen Provinzen der katholischen Geistlickleit die Ertheilung des Religiongzunterricht und zwar des katholischen Religiongunterrichts zu, fo ist mit den Rischöfen die Vereinbarung getroffen, daß, wenn der Bischof einen Hülfsgeistlichen anstellt — ich muß in Parenthere bemerken, daß in der Regel der Kaplan den Religionsunterricht ertheist — er bei der Mittheilung von der erfolgten Anstellung gleichzeitig der Unterrichtebehörde oder dem Ober ⸗-Präsidenten, ie nachdem es vereinbart ist, mittbeilt, welche Funktionen einem solchen Hisfsgeistlichen übertragen worden sind, namentlich hinsichtlich des katholifchen Religiongunterrichts. Damit ist die Sache erledigt. Sollte gusnahmzweise eine Differenz vorkommen, so wird diese zwischen dem Bischof und der Regierung zum Austrag gebracht.
Was die Dr r in anbetrifft, so ist der dringende Wunsch auegesprochen worden, daß in allen den Fällen, wo die Regie. rung die pflichtmäßige Ueberzeugung hat, daß der Pfarrer die Interessen der? Schule im. Sinne unserer maßgebenden Bestimmungen zu fördern bemüht fein wird, ihm. die Aufsicht über⸗ tragen werden soll. Ich babe hier die Uebersicht und kann nur wieder. holen, daß in steigender Weise den katbolischen Geistlichen und den katholischen Mitbargern entgegengekommen ist. Nach der Uebersicht find belfpielsweise fast auznahmtlos faämmtliche katholische Schulen Westfalend unter der Aufficht der katholischen Geistlichen. Finzelne Fälle scheiden ja immer aus, und zwar ganz gleichgültig, um welcht Konfeffionen es sich handelt. In allen den Fällen, wo es sich um komplizirte Schulsysteme handelt, um Sladte, Groß⸗ indust riebezirte, ut es unmöglich. daß eine Lokalschulaufsicht im gewöhnlichen Sinne von den Geiftlichen, mögen es katholische, van gesische oder judische sein., wahrgenommen. werden kann. Das beansprucht auch ein Geistlicher, der die Verhältnisse kennt, gar nicht. Dort haben wir andere Cinrichtungen getroffen, dort haben wir die Hauptlehrer, die Kektoren mit den Befugnisfen, welche sonst der Lokal- Schulinspektor hat, betraut, und die Sache fungirt dort so gut, wie sie sungiren kann. Das spielt aber den kolossalen Ziff ern der gewöhnlichen Schulen gegenüber keine Rolle. ; .
Was die Kreis ⸗Schulinfpektion anbetrifft, so habe ich vorhin schon das Nöthige gesagt. In den einfachen Verhältnissen, wo die Kreis. Schulinspektoren im Nebenamt geblieben sind, stelle ich sie gern wieder an, aber in komplizirten Verhältnissen halte ich es eben nicht für möglich. Wie viel ich Kreis⸗Schulinspektoren im Hauptamt anzu- stellen habe, ist durch den Etat festgesetzt. Cs sind 240 etgte- mäßige Stellen, und mehr kann ich nicht anstellen. Be rechnen Sie sich ungefähr, wie viel Kreise noch, übrig bleiben. Ich bitte dringend, meine Herren, anzunehmen, daß da nicht Geheimniffe bestehen. Das erste Deft des preußischen „Central blatteß für die Unterrichts verwaltung! enthält. namentlich jeden Kreis, den Aufsichtsbezirk und jeden Kreis-Schulinspektor. Sie werden also daraus ersehen, wie in den verschiedenen Provinzen sich das Aufsichtẽwesen in der Kreiginstanz gestaltet hat. Ich würde sehr dankbar sein, wenn die Herren durch das Fortlassen der prinzipiellen Streitig keiten es vermeiden würden, immer wieder neue Fragen aufzuwerfen, und wenn Sie dasjenige Maß von Ruhe, welches die Unterrichts verwaltung für ihre Maßnahmen dringend bebarf, foͤrdern möchten. Es ist ganz außerordentlich fchwer, diese wohlwollende Praxis, in der ich mich seit Jahren befinde, in steigendem Maße auszuführen, wenn fort. während in der Provinzialpresse bei jeder Gelegenheit in scharfer Weise die Unterrichtsverwaltung angegriffen wird auf prinzipiellem Gebiet; da muß man doch den Eindruck haben, daß gewissermaßen etwas erzwungen werden soll, und daß, wenn etwas erreicht wird, dies in einer anderen Absicht erreicht wird, als um das Unterrichiswesen zu fördern. Dadurch wird das Unterrichtswesen erschwert, und da wir hier einmal von Beruhigung sprechen, so möchte ich die Bitte daran knüpfen, daß Sie es der Provinzialpresse doch nahe legen, sie möchte die guten AÄbsichten der Ünterrichtsverwaltung unterstützen und nicht gewiffermaßen zum Gegenstande einer abfälligen Kritik machen.
Abg. Rickert: Ich bitte den Herrn Minister, in dem von . Knörcke angeführten Falle doch in erster Linie auch den Schulrath zu rektifiziren, dem eine inquisirorische Ver⸗ nehmung der Lehrer durchaus nicht zusteht. Der Herr Minister hat bezüglich der Magdeburger Verordnung, wonach sich die Lehrer der feindseligen Parteinahme gegen die Re⸗ gierung enthalten sollten, gesagt, daß dieselbe sich decke mit dem Kaiserlichen Erlaß von 1882, wonach sich die Lehrer der Agitation gegen die Regierung zu enthalten hätten. Es ist doch, ein großer Unterschied zwischen „Agitation“ und „feindseliger Parteinahme“. Untex bieser kann ja schon die bloße Stimmabgabe verstanden werden. Für den Erlaß ist die vom Fürsten Bismarck im Reichstage gegebene Interpretation allein maßgebend, daß von den unpolitischen Beamten nur Enthaltung von der Agitation gefordert werde, aber nichts vorgeschrieben, nichts befohlen, nicht gedroht, vielmehr das Verhalten bei den Wahlen ganz dem Gewissen des Beamten überlassen werde. Der Kultus⸗ Minister dagegen sagt, der Erlaß bedrohe die Beamten. Wir halten die Regierungsverfügung für gesetzwidrig und werden so Henn die Reglerung dringen, bis diese Verfügung auf⸗
ehoben ist. uch Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. von Goßler:
a. thut mir leid, daß ich den Wunsch des Hrn. Abg. Rickert, zwischen dem Minister ⸗Präsidenten und mir einen Gegensatz zu kon⸗— struiren, nicht erfüllen kann. Ich bin neulich etwas unvollständig ge⸗ wesen. Ich habe in der That nicht geglaubt, daß nach meinem kurzen Vortrag nech so viel übrig bleiben konnte, um diesen gesetzlosen Zu⸗ stand, der in der Unterrichts verwaltung herrschen soll, hier vor dem Lande zu deklariren. Ich babe damals gusdrücklich gesagt, die Regierung hätte mir gegenüber berichtet, daß sie in keiner Weise beabsichtigt habe, etwas Änderes in der Inftrüktion von 1886 zu sagen, als in der Allerhöchsten Ordre vom Januar 1882 ausgesprochen ist. Ich habe vergeffen, wenn ich so sagen darf. — ich habe es nicht für nöthig gehalten, zu sagen, — daß ich der Regierung aufgegeben habe, aus⸗ brücklich, um Mißverständnisse auszuschließen, diesen von Herrn Rickert angefochtenen Absatz der Instruktion zu deklariren, damit keinerlei Mißverständniß eintreten kann. Das ist verfügt am . Februar 1890, und ich bin Überzeugt, daß die Regierung diesem Befehl nach⸗ gekommen ist. ;
Es steht nunmehr fest, daß, nachdem der Hr. Abg. Rickert die Güte gehabt hat, in der ersten Lesung die Sache zur Sprache zu bringen, ich die Regierung zum. Bericht aufgefordert habe Die Reglerung hat die Instruktion eingereicht und hat gesagt, sie habe einen anderen Wortlaut gewählt, der Sinn solle derselbe sein. Damals habe ich gesagt: Üm sicher zu gehen und um Mißverständ⸗ niffe zu vermeiden, haft Du diese betreffende Verfügung zu deklariren oder, wie es hier heißt, klar zu stellen, um weitere Zweifel an der Bedeutung auszuschlie ßen.. Ich glaube, es ist jetzt, wie eben gesagt, Frieden im Lande. ehr kann ich nicht thun. Hr, Rickert hat an ⸗ geregt, ich habe befohlen, die Regierung wird gehorchen.
Abg. Johannsen: Die Belobigung des dänenfeindlichen von mir angeführten Geistlichen ist ein großer Fehler gewesen. Wenn ich die Reise des Ministers nur kurz berührt habe, so weiß der Minister — ich habe es dem Tone feiner Rede angehört — daß mir noch ganz andere Dinge zu Gebote stehen, die diese Reise noch ganz anders beleuchten; ich nehme aber davon Abstand. Der Abg. Jürgensen hai betont, daß ich im vorigen Jahre den Eid auf die Verfassung abgelegt habe. weiß, was das bedeutet; ich gehöre zu denjenigen Schlezwigern, die immer gewußt haben, was
ein Eid bedeutet, die sich 13418 und 49 nicht verleiten ließen,
den Eid und die Treue gegen den König zu brechen. Wenn der Abg. Jürgensen nicht gewußt hat, daß man in Nord⸗ schleswig gegen die Einführung der deutschen Sprache ist, so beweist das nur, daß er in den Dingen, die dort vorgehen, gar nicht Bescheid weiß; im vorigen Jahre haben sich über 19 900 Schulinteressenten um Aufhebung des Restripts von 1888 an die Regierung gewendet.
Abg. Jürgen sen; Eine Petition mit 19000 Unter⸗ schriften mag wohl an den Minister gegangen sein, aber bei der so intensiven dänischen Agitation bedeuten diese Unter⸗ schriften gar nichts; viele Leute haben ihre Unterschrift ge⸗ 66 die vorher das . behauptet haben. Ich sage,
ie Nordschleswiger wünschen deutsch zu werden. Ber Abg. Johannsen meinte, er habe sich 1848 nicht zum Trab verleiten lassen. Nach dem Handbuche ist er 1840 geboren, war damals also 8 Jahre alt.
Die Ausgaben für die Schulinspektoren im Nebenamt werden bewilligt
Bei dem Titel. „ Schulinspektoren“ bemerkt der Abg. Dr. Windthorst, daß, wenn die Religionsgesellschaft das Recht auf Religionsunterricht habe, sie auch das Recht habe, den Unterricht zu ordnen; und sie ordne ihn, indem sie dem Geistlichen das Lehren als einen Haupttheil seines Amtes über⸗ trägt. Der Titel wird bewilligt.
Es folgt der Titel „Alterszulagen“.
Abg. von Oertzen (Jüterbog) bemängelt die Scheidung der Städte in solche mit über oder unter 10 000 Einwohnern als eine sehr mechanische. Fabrikstädte mit über 10 000 Ein— wohnern, dig eine große Armenlast hätten und gezwungen seien, neue Schulen zu bauen und Lehrer anzustellen, seien häufig nicht in der Lage, aus eigenen Mitten die Gehalts⸗ uulagen zu machen, solche Städte, sollten eben⸗ . Berücksichtigung finden. Eine gleichmäßige Fest⸗ ellung der Gehälter sei nicht durchführbar, wohl aber sollte die Gehaltsaufbesserung bei den Lehrern, nachdem sie eine Reihe von Jahren im Amt gewesen, nach Möglichkeit gleich—= . geregelt werden. Dem Minister stehe ja kein Zwangs⸗ mittel nach dieser Richtung zu, aber alle seine Ueberredungs⸗ kraft sollte er zu dem . aufwenden; eventuell sollte er mit den Bedürfnißzuschüssen zurückhalten.
Abg. Dr. Wuermeling empfiehlt ebenfalls solche Städte mit über 10900 Einwohnern, die schnell anwachsen und nicht besonders leistungsfähig sind, der Berücksichtigung Seitens des Ministers, und fragt, wie es mit den Städten mil über 10000 Einwohnern gehalten werden solle, die mehrere Schulsozietäten . von denen jede für sich weniger als 10000 Seelen umfasse.
9 ö der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. von o pler:
Die Ausführungen, welche die beiden letzten Herren Redner gemacht haben, enthalten sicher außerordentlich viel Richtiges; aber Sie werden es verstehen, wenn ich bei dieser Gelegenheit wiederhole, daß ich nach den Intentionen, welche das hohe Hauß bier Jahre lang beherrscht haben, das diskretionäre Ermessen der Unterrichtsverwaltung allermaßen einschränke. Es wäre von einem gewissen Standpunkte aus sehr viel leichter, wenn man die Leistungsfähigkeit und die Leistungsunfähigkeit der Gemeinden zum Ausgangtpunkt für die Ge⸗ währung der Dienstalterszulagen nimmt; aber nach den schlimmen Erfahrungen, die ich im Laufe der Jahre gemacht habe, werden Sie es verstehen, daß ich lieber solche Diskussionen habe, wie wir sie jetzt führen, als nur an der Hand von zahllosen Spezial- fällen immer. hören zu müßen: Die Schulbehörde ver⸗ stehe es nicht, richtig die Gerechtigkeit walten zu lassen; in dem einen Falle gebe sie, wo sie vielleicht hätte versagen sollen, und umgekehrt. Ich habe in der ganzen letzten Gesetzgebung mir selbst mit vollem Bewußtsein die möglichste Beschränlung auferlegt.
Nun kann ich sehr leicht mir den Einwand gefallen lassen: die Grenze von 10 000 Einwohnern sei eine willkürliche. Gewiß, meine Herren, das räume ich in gewissem Maße ein. Ich habe Nach—⸗ weisungen machen lassen über alle Arten von Gemeinden: von 50 600, 30 000, 20 0600, 15 000, 10 000 Einwohnern; da ist man ungefähr zu der Ziffer gekommen, die man nach der Lage des Etats als die angemessenste hielt. Wenn man die Städte und die Ort schaften sich mit Namen vor Augen hält — die Nachweisungen liegen alle bis auf Heller und Pfennig berechnet vor uns — so kann man im Allgemeinen sagen, Orte über 10 000 Einwohner sind in der Regel in Bezug auf ihr Schulwesen unter Berücksichtigung der gesetzlich vom Staat gewährten Stellenbeiträge als schon leistungs⸗ fähig anzusehen. In Verhandlungen mit dem Herrn Finanz⸗Minister habe ich mich auf diese Grenze festgelegt, mir aber die Berechtigung oder Sicherheit dafür gewähren lassen, einmal, daß diejenigen Lehrer, welche in größeren Orten heute im Besitz von Alterszulagen sind, nicht verkümmert werden sollen, wenn die Vorschläge der Königlichen Staatsregierung durch Annahme des Etats Billigung finden. Es sollen keine Verschiebungen zu Ungunsten der Lehrer eintreten. Was aber die Gemeinden mit mehr als 10 000 Ein⸗ wohnern angeht, die nicht leistungsfähig genug sind, um ihren Lehrern ein angemessenes Diensteinkommen zu gewähren, so habe ich beschlossen und stehe mit dem Herrn Finanz ⸗Minister auf demselben Standpunkt, daß, wenn dieser Etat verabschiedet ist, ich die Regierungen anweisen werde, die Besoldungs⸗Verhältnisse der Lehrer in den Orten über 10 0065 Einwohner zu prüfen. Sollten sie sich als nicht genügend erweisen, so werde ich auf den Titel 34 zurückgehen, aus welchem ich in der Lage bin, Gemeinden oder Schul verbänden Beihülfen zu gewähren, mit der Verpflichtung, diese Beihülfen zu Besoldungsverbesserungen, insbesondere zu Alterszulagen für die Lehrer zu verwenden.
Der schwierigste Punkt, den auch der Abg. Dr. Wuermeling angeregt hat, ist, daß in einer Gemeinde von über 10000 Einwohnern sich Schul⸗ gemeinden befinden können, also wo ein nicht kommunalisirtes Schulwesen besteht, welche in sich weit weniger als 10 900 Einwohner haben und unter Umständen gar nicht leistungsfähig sind. Daß diese Schulgemeinden eigentlich ebenso berücksichtigt werden sollten, wie Orischaften, die nicht 10 000 Einwohner haben, ist ein durchaus naheliegender Gedanke; aber doch auch in diesem Falle habe ich mich dahin schlüssig machen müssen, daß es richtiger wäre, auch hier diese starre Grenze mir selbst zu ziehen und die Ungleichheiten, die sich da ergeben, auf dem eben von mir gekennzeichneten Wege der Gewährung von Staats. beihülfen auszugleichen. Ich glaube, für unsere Diskussion ist es im Allgemeinen besser, daß diese Grenze so scharf gezogen wird, wie möglich. Ich halte es eben nicht mehr für gut, politisch für ein Unglück, wenn der Schulbehörde der Vorwurf gemacht wird, sie verfahre ungerecht, vielleicht nach vorgefaßter konfessioneller Ueber- zeugung. Es ift besser, die Gesetzgebung des Landes zieht eine feste Grenze, dann fallen die Vorwürfe fort. Ich wünsche das dringend im Interesse der Unterrichtsverwaltung. Aber darüber hinaus wieder⸗ hole ich, daß ich nach Abschluß des Cats versuchen werde, den Ge⸗ meinden, welche Schul verbände mit weniger als 10 900 Ginwohnern haben, oder Städten mit über 10 9o0, welche das Schulwesen kom- munaliter geordnet haben, bei erwiesener Leistungsunfähigkeit zu Hülfe zu kommen, damit sie die Gehaltsverhältnisse der Leyrer feststellen und bessern, es möglich machen können, ihre Lehrer mindestens ebensogut zu stellen wie dieselben in den Orten unter 10 000 Ein⸗ wohnern gestellt sind. ;
Ich glaube, das wird als Wohlthat empfunden werden, nicht als versagtes Recht. Ich glaube nun, die Herren werden es, wenn Sie sich in meine Lage versetzen, veistehen, daß ich mir lieber selber einen
Zwang cuflege als daß ich hier Vorwürfe höre, die Unterrichts- verwaltung verwaltet nicht nach Recht und Gerechtigkeit die Fonds des Staats.
Abg. Freiherr von Erffa verzichtet nach diesen Er⸗ klärungen des Ministers über die Städte 6 . 10 000 mwahger fee nt wie gage d
Abg. Knörcke bringt die Lage der technischen und Vorschullehrer an höheren Lehranstalten zur . welche fürchten, daß sie, nachdem sie lange Jahre an Volksschulen thätig gewesen, jetzt hinter den Volksschullehrern, die Alters⸗ zulagen erhalten, urückstehen werden, und bittet, hier einen Ausgleich herbeizuführen. Redner spricht seine Freude darüber aus, daß auch Städte mit über 10 090 Einwohnern Berück⸗ sihtig g nach Möglichkeit erfahren sollen.
Abg. Seyffardt (Magdeburg): Das Haus beschloß im vorigen Jahre, den Minister zu ersuchen, in den diesjährigen Etat eine Summe einzustellen, um die Lehrer an größeren Orten so stellen f können, wie die Lehrer an korrespondiren⸗ den Orten gestellt waren. Die Regierung will nun diese Bedürfnißzuschüsse nur geben Lehrern in Städten bis zu 10 00 Einwohnern. Das würde die schlimmsten Konsequenzen für diejenigen Mitglieder dieses Hauses haben, die eine generelle Verbesserung aller Lehrergehälter im Lande für dringend erforderlich halten. Da würde das Petitioniren der Lehrer nicht aufhören, bis alle Lehrer ihren Antheil an der Staatsdotation erhalten haben.
Ab. Mies macht unter speziellem Hinweis auf Düssel⸗ dorf und München⸗Gladbach geltend, daß auch bei Städten über 10 000 Einwohnern das Bedürfniß vorhanden sei, den Lehrern Alterszulagen von Staatswegen zu geben. Es sei nicht zu verkennen, daß es wesentlich der Thätigkeit der Geist⸗ lichkeit und Lehrerschaft in der Rheinprovinz zu danken sei, daß die Sozialdemokratie dort noch nicht in dem Maße ver⸗ breitet sei wie in anderen Provinzen. Die betreffenden Städte mit einer großen Fabrikbevölkerung seien nicht im Stande, solche Schulsysteme wie die Großstadt Berlin mit aufsteigender Gehaltskala einzurichten. ;
9 , der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. von o ßler:
Ich darf daran erinnern, daß, was den Eingang der Rede des Herrn Vorrednerz anbetrifft, die Regierung vollkommen den Inten⸗ tionen des hohen Hauses gefolgt ist. Das hohe Haus hat wiederholt beschlossen, man selle nicht, wie der Minister Falk es vorgeschlagen hatte, darauf Rücksicht nehmen, ob in größeren Schulsystemen aus⸗ gebildete Gehaltsstalen für die Lehrer bestehen oder nicht. sondern man solle einfach sagen, jeder Lehrer, der 10, 20, 30 Jahre zurück⸗ gelegt hat, soll eine gewisse abgestufte Alterszulage von 100, 00, 300 4 erhalten. Auf diesem klaren Wege ist die Regierung gefolgt. Die Differenz zwischen den Beschlüssen des hohen Hauses und den Vorschlägen des gegenwärtigen Etats ist nur die, daß, während Ihre Beschlüsse auf alle Lehrer gehen, die Regierung sagt: nur diejenigen Lehrer sollen Dienstalterszulagen erhalten, welche in Orten unter 10 000 Einwohnern angestellt sind. Abgeschwächt wird diese Differenz dadurch, daß einmal, wie ich wiederholt ertlärt habe, diejenigen Alterszulagen, welche die Lehrer jetzt schon erhalten, ihnen verbleiben — das ist eine Ziffer, wenn ich recht unterrichtet bin, von rund 137 000 SJ —, und zweitens, daß, wenn die Ge⸗— meinden, deren Lehrer keine staatlichen Dienstalterszulagen erhalten, beziehungsweise die Schulverbände, um in dem Rahmen des Abg. Wuermeling zu bleiben, sich als nicht leistungsfähig erweisen, um die auch in den größeren Orten durchzuführende Aufbesserung der Lehrer⸗ ehälter selbst zu gewähren, wir versuchen wollen, und die feste
bsicht haben, durch einen Rückgriff auf den Fonds von rund 6 900 000 M½ — Titel 34 unseres Kapitels — die Differenzen aus⸗ zugleichen. Daß also dann immer noch etwas übrig bleibt, welches die Herrn nicht befriedigt oder welches die Interessenten nicht be⸗ friedigen wird, das erkenne ich an. Wir wollen hoffen, daß sich die Möglichkeit erweist, die Sache anderweitig zu Wege zu bringen. Ich muß jetzt zunächst daran erinnern, wie ich wiederholt erklärt habe: wir stehen, wie ich hoffe, vor der angenehmen Frage, aus staat⸗ lichen Zuwendungen das Gehalt der Lehrer zu erhöhen; ich glaube es wird der richtige Weg sein, daß dies in Form der Alterszulagen geschieht, und dabei werden wir die angeregten Fragen erneut in Erwägung nehmen. Die Hauptsache ist, daß die Lehrer, die es brauchen, mehr Geld bekommen sollen; ich glaube, diesen Zweck werden wir mit Ihrer Hülfe erreichen.
Abg. Dr. Langerhans hält ebenfalls die vorgeschlagene Abgrenzung für eine ungerechte. Da wäre es vielleicht noch besser, wenn der Minister wie in früherer Zeit freie Befugniß hätte, da zu bewilligen, wo ein Bedürfniß vorhanden ist.
Bei dem Titel „Unterstützungen für ausgeschiedene Elementarlehrer“ fragt Abg. Knoercke an, ob die in diesem Titel ausgeworfenen Summen von den Bezirksregierungen, denen sie überwiesen seien, voll ausgezahlt würden; ihm seien Fälle bekannt, wo dies nicht geschehen sei.
ö . der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. von oßler:
Die Frage, welche der Hr. Abg. Knörcke an mich richtet, kann ich, da er Namen nicht genannt hat, leider nicht beantworten; ich glaube, ohne Gefahr kann ich zweierlei sagen: erstens, da der Fonds übertragbar ist, so geht, wenn in einem Jahre etwas gespart wird, das auf das naͤchste Jahr über; es wird also nichts zu Gunsten der Staate kasse er⸗ spart, sondern Alles kommt den Lehrern zu gute. Zweitens kann ich wohl versichern, daß Spezialbeschwerden, welche an die Centralinstanz kommen, auf das Wohlwollendste geprüft werden, und daß in der That der Eindruck besteht, daß ein wirklicher Nothstand, ein wirk⸗ liches Bedürfniß im Lande nicht mehr existirt, welches nicht Abhülfe fände. Sollten allo anderweitige Behauptungen aufgestellt sein, so würde ich bitten, sie mir spezialisirt, exentuell außerhalb dieses Hauses mitzutheilen.
Es folgt das Kapitel „Kunst und Wissenschaft“.
Abg. von Meyer (Arnswalde): Die Ausgaben für Kunst und Wissenschaft sind gegenüber dem Vorjahre um 24 000 6 gesunken. Alle anderen Etats sind gestiegen, so namentlich der ö wo für die lex Huene allein 2 Millionen mehr ausgeworfen sind. In anderen Staaten, vor Allem in Frankreich, wird für die Kunst mehr gethan. Ein einziger Neubau wird beantragt bei der Kunst⸗Akademie in Königsberg, der allerdings mit der Kunst nur im indirekten n, steht. Es handelt sich nämlich um eine
aschküche. I50 900 16 werden gefordert für Vervollständigung der Unterrichtsmittel und für Kunstgewerbearbeiten. . bin ich dem Minister sehr dankbar. Das Kunstgewerbe ist der eigentliche Urgrund der höheren Kunst gewesen und wird es bleiben. Die Mittel sollen auch zur Dekoration der Minister⸗ hotels verwendet werden. Das halte ich für sehr nothwendig, denn von dem Ministergehalt ist die Sache nicht zu machen. Ich habe immer gefunden, daß die Ministergehälter die FPhlechlesten in gan. Preußen Kind; ich hoffe. daß man bei den Parlamentsgebäuden, deren Neubau ja in Aus—⸗ sicht gelte ist, auch an den Tisch des Häuses denkt. Für die lebenden Künstler ist seit Langem recht wenig hn Die 300 000 S zum Ankauf von Kunstwerken sind eit 1574, obwohl sich der Etat verdoppelt hat, unverändert geblieben. Unterstützt wird dieser Ankauf durch Se. Majestãt
aus seiner Privatschatulle. Berlin kommt bei diesen Fonds allerdings am besten weg, aber gleich dahinter kommt die Rheinprovinz; auch Pommern hat etwas bekommen, man kann also nicht mit demselben Recht wie früher von dem Vasser⸗ kopf Berlin sprechen. O00 M6 werden zur Betheiligung deutscher Künstler an internationalen Kunstausstellungen ge⸗ fordert. Das ist eine Neuerung. Sehr zu bedauern ist der Mangel eines Dispositionsfonds für plastische Kunst und monumentale Bauten, welcher dem Kaiser zu überweisen wäre, um im Reiche die Kunst zu fördern. .
Abg. Sey ffardt (Magdeburg) wünscht, daß die Museen, um sie auch dein kleinen Manne zugänglich zu machen, Sonntags Nachmittags oder wenigstens Wochentags Ahends geöffnet seien, und beklagt die veraltete Einrichtung des Berliner Kupferstich— ö und die unübersichtliche Zusammenstellung des Abguß⸗ abinets.
Abg. Bie sen bach beklagt die geringe Dotirung des Etats für Kunst, die ungefähr im Verhaͤltniß zum Gesammt-Etat so viel betrage, als wenn ein Mann mit 30 900 6 Einkommen etwa 10 40 . für Kunstzwecke ausgebe. Namentlich müßten zur Unterstützung der Künstler, besonders der Staffelei—⸗ maler, größere Mittel eingestellt werden, um deren Nothstand zu lindern. Ein besonderer Uebelstand sei für unsere Künstler der amerikanische Werthzoll für Gemälde von 25 bis 30 Proz, des Werthes. Das amexikanische Volk und Parlament sei mit der Ahschaffung des Zolles einverstanden.
Abg. Goldschmidt schließt sich den Wünschen des Abg. Seyffardt an. Es käme nur ö. eine Ausgabe von . „6b an, um die Museen mit elektrischem Licht zu ver⸗ ehen.
. ö der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. von
o ßler:
Meine Herren! Soviel ich höre, wird die Rednerliste beinghe erschöpft sein, und ich möchte die Debatte nicht verklingen lassen, ohne den Herren aufrichtigen Dant zu sagen für das warme Eintreten für die Kunst und für die große Reihe von Vorschlägen, die für mich freilich noch viel werthroller wären, wenn ich das Geld hätte sie zu befriedigen. Wenn es nur nach meinem Wunsche ginge, würden nicht bloß diese, sondern viele andere Wünsche, die ich in, meinem Busen verschlossen halte, erfüllt werden. Aber jedenfalls bin ich dankbar, und ich kann mich unmöglich mit Ihnen in irgend einer Frage in Gegensatz setzen wollen.
Ich darf darauf aufmerksam machen, daß, wenn es sich um die elektrische Beleuchtung der Museen handelt, auch die Beschaffung eines großen neuen Aufsichtsperfonals in Frage kommt, und wenn Sie, wie ich das ja pflichtmäßig gethan habe, sorgfältig die Summen zusammenstellen, welche berücksichtigt sein wollen, um eine Anmeidung darauf zu gründen, so kommt ein erklecklicher Betrag heraus. Aber die einzelnen Gesichtspunkte, die zu Gunsten der Einrichtung angeführt sind, verstehe ich in vollem Maße; ich würde sehr dankbar sein, wenn ich einen vraktischen Ver⸗ such machen könnte. Man könnte elektrische Anlagen machen, ohne die Sache stationär einzurichten. Ich habe vor Jahren 20 000 MS gehabt, um zu versuchen, wie sich die Elektrizität für Sammlungen, Unterrichtsräume u. s. w. verwenden ließe. Damals war die Frage noch sehr neu; die 20 000 MS sind verwandt worden und haben uns jedenfalls sehr belehrt und haben auch die Fabrikanten sehr belehrt. Wir haben daraus gesehen, daß man in der That sowohl nach der unterricht⸗ lichen Bersorgung unserer Schüler als auch nach der Erhöhung des Kunstgenusses des Abends außerordentliche Erfolge er— zielen kann. Damals handelte es sich nur um die sehr schwierige Frage der Theilung der Ströme, denn mit dem Glühlicht ist nicht viel zu machen auf diesem Gebiet. Das Glühlicht kostet zuviel, hat auch nicht immer diejenige Lichtwirkung, die man hraucht. Es handelte sich damals um die Theilung des Bogen— lichtes, und auf diesem Gebiet ist in den abgelaufenen 6 Jahren ein erfreulicher Fortschritt erzielt; also die Sache ließe sich unter allen Umständen machen.
Wenn nun der Abg. Biesenbach die Nothstände in Künstlerkreisen betont, so kann ich das allermaßen unterstützen; der Noth⸗ stand ist ja, wie, richtig hervorgehoben ist, durch die Höhe des amerikanischen Eingangszolles sehr gesteigert. Ich habe darüber seit Jahren schon Beobachtungen gemacht und bin unablässig bemüht gewesen, im Interesse der preußischen und der deutschen Künstlerschaft auf die Abstellung dieses Zolles hinzuwirken. Aber mein Einfluß geht auch in Nord ⸗Amerika nicht weiter als hier: ich kann kein Parlament zwingen, etwas zu thun, was es nicht selber will. 3.
Was nun die Ausführungen zu Gunsten der Staffeleimalerei anbetrifft, so will ich dem nicht entgegentreten; aber ich halte mich für verpflichtet, zu sagen, daß sich die Nothlage am krassesten bei den Bild⸗ hauern einstellt. Der Bild hauer ist viel mehr an kostbares Arbeitsmaterial und kostbaren Arbeitsraum gebunden als der Staffeleimaler. Wenn der Staffeleimaler, der schlechte Zeit hat, zeichnen kann — was freilich nicht alle können — so findet er im Allgemeinen als Zeichner heute noch sein mühsames Brot, aber der Bildhauer findet selbst sein mühsames Brot heute nur noch sehr schwer. Er kann ja herab⸗ steigen auf die Sandsteinbearbeitung für große Neubauten, aber die frühere Möglichkeit, daß er in Zeifen der Noth und Entbehrung für das Kunstgewerbe arbeitete, ist ihm im Allgemeinen verschlossen. Früher war ja bekanntlich der Bildhauer in der Lage, Modelle für mancherlei Fabrikationszweige zu schaffen, ich meine 3. B. die Ornamentik, die sich an den Kunstgeräͤthen, Stutzuhren ꝛę. findet, und für andere Zweige unserer Kunstindustrie. Dabon ist heute kaum noch die Rede. Alle diese Arbeiten machen unsere Kunstschüler, die auf den kunst⸗ gewerblichen Anstalten gebildet sind, im Allgemeinen besser, sie be⸗ herrschen meist das Material sicherer, haben einen klareren Eindruck davon, wie eiwas sich in Porzellan, Gips, Metall u s. w. macht, als der Bildhauer, der ein Atelier hat für einen hohen Preis und ein sehr kostbares Material an gutem Sandstein oder Marmor haben muß. Der Bildhauer ist, wenn er einmal in Verfall kommt, kaum zu retten. Ich will Sie mit den traurigen Bildern nicht bebelligen. Ich sehe das Elend, die kümmerlichen Seiten des Künstletß mehr als die Glanzseiten. Die Berühmten ö mich nicht, aber die Aermeren finden, und mit Recht, den
eg zu mir.
Ich will nun noch streifen, was der Abg. Seyffardt gesagt hat; vielleicht könnte er es zurücknehmen. Er sprach von der veralteten Ein⸗ richtung unseres Kupferstichkabinets. Das Kupferstichkabinet in Berlin ist inhaltlich eins der ausgezeichnetsten, die es giebt. Kein Kupfer stichkabinet hat solche Fortschritte in den letzten 10, 20 Jahren ge= macht wie das Berliner. Aber wir haben es auch besser ein gerichtet, wir haben durch Ihre Bewilligung es fertig gebracht, vor einigen Monaten einen großen Sberlichtfaal zu eroͤffnen und dieser ist wefentlich zu dem Zweck gemacht, eine bessere Anschauung der Kupferstiche für das Publikum, herbeizuführen. Es ist wirklich werth, daß die Herren einmal hingehen und sich die Sachen anfehen; die Schranke sind so eingerichtet, daß daneben Vorrichtungen zur Vorführung von Schauftücken Platz finden, und es wird in ein beitlicher und planmäßiger Weise ein solcher Wechsel in den ausge stellten Kupferftichen eingehalten, a wenn man mit einer gewissen Regelmäßigkeit Hingeht, man im Laufe einiger Jahre eine ganz erstaun ˖ liche Belehrung findet. Ich weiß ja fehr wohl, daß das für die Pläne, die ich für die run habe, alles Kleinigkeiten find. Aber soweit der beschränkte Raum reicht, ist es zweckmäßig und gut eingerichtet.
Wag die Klagen des Hrn. Abg. von Meyer in Beiug auf Pommern betrifft, so thut es mir auch leid, wenn innerhalb der Provinzen keine gleichmäßige Verwendung des Kunstfonds statt⸗ findet. Aber die Verthellung dieses Fonds,! von dem Hr.
von . gesprochen hat, ist im allgemeinen so. geregelt,
daß der Staat nicht den Provinzen die Wohlthaten zuweist, sondern
die Städte oder Provinzen müssen ein Unternehmen ihrerseits anfangen, dann tritt der Staat hinzu. Wenn z. B. eine Stadt ihren au r ne, saal autschmücken will, wenn man eine Kirche fich ausschmücken will. dann geht die Initiative in der Regel nicht von uns aus, sondern sie wird nur geleitet, während im allgemeinen die Intereffenten damit bervortreten. Ergeht dann die Bitte an den Staat, er möge die Dand zur Durchführung der Wünsche bieten, dann geben wir, wenn irgend möglich, das Beste, um das Werk zu sichern. Und da kann ich nur sagen — ich will keinen Vorwurf machen — aber im Allge⸗ meinen ist die Initiative in Pommern keine große, und ich würde mich freuen, wenn die Aeußerungen des Hin. Abg. von Meyer nach diefer Richtung hin einen fruchtbaren Boden finden. Es giebt dort wohl schöne ältere Backsteinkirchen, aber da sie gothischen Stils sind so eignen sie sich meist nicht in dem Maße für die Ausfchmũckung durch, Malerei, wie das bei anderen der Fall ist. Ich will mit dem schließen, womit Hr. von Meyer angefangen hat; ich verspreche ihm die gewünschte neue Fensterscheibe und freue mich, daß er das Denk⸗ mal König Friedrich Wilbelm 's IV. in seiner ganzen Schöne ge— würdigt hat. Es ist in der That ein Platz, den jeder Patriot be⸗ n n ftr, und ich will das durch die berühmte Fensterfcheibe nur 1 8 Abg. Dr. Freiherr von Heereman meint, daß nur ei
- ) ö r ein kleiner Theil der Museen mit elektrischem Licht i,, werden könne, daß ein vernünftiges Betrachten und Studiren möglich sei. Für gute Gemälde sei das elektrische Licht schädlich, dagegen sähen schlechte Bilder in diesem Licht recht gut aus. Die Erwachsenen, die am Tage arbeiten, seien des Abends zu abgespannt und die jüngeren Leute gingen besser in Unterrichtsschulen. Das Geld für solch großartige Anlagen und für das nothwendige Personal würde sich besser als Zu⸗ schüsse für die Zeichenschulen in den Provinzen verwenden lassen. Das käme der Kunst und dem Kunsthandwerk besser zu. Statten, als das elektrische Licht. Die Unterbeamten der
kuseen sollten bei der allgemeinen Beamtengehalts-Erhöhung auch in Betracht gezogen werden,
Abg. Graf zu Limburg-Stirum schlägt vor, versuchs— weise ein Museum des Abends zugänglich zu machen und es am Tage, um das Personal nicht zu vermehren, zu schließen.
Abg. Goldschmidt regt an, in den Kunstgewerbe⸗
nn. das Studium der Nakurformen mehr zur Geltung zu
ringen.
. Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. von ö
Meine Herren! Die Anregung, welche Hr. Meurer in dem Buche giebt, aus welchem Hr. Abg. Goldschmidt vorgelesen hat, ift nicht ohne Beachtung geblieben. In den allernächsten Tagen erwarte ich Anträge auf Grund der Prüfung, welche innerhalb des Kunstgewerbe⸗ Museums und der dortigen Unterrichtsanstalt mit diesen Vorschlägen vorgenommen worden ist. Ganz neu sind die Vorschläge übrigens nicht, denn es ist ja bekannt, daß in der hiesigen technischen Hochschule ein Professor sich mit der Frage über die Ein⸗ führung neuer Pflanzenornamente an der Hand von Studien an lebenden Pflanzen seit Jahren mit ausgezeichnetem Erfolge beschäftigt hat. Ich habe an der genannten Anstalt ein besonderes Pflanzenhaus eingerichtet, wo gewisse, für die Bedeutung des Ornaments wichtige Pflanzengebilde sorgfältig kultivirt werden. Die Herren, die sich damit näher be⸗ schaͤftigt haben, werden wissen, daß durch die Bemühung jenes Herrn bereits eine ganze Reihe neuer Motive in die Pflanzenornamentik, in Tapeten und Alles, was dazu gehört, gekommen ist. Sie werden wissen, daß das Acanthusblatt nicht mehr die Rolle spielt wie früher oder doch in anderer Form. Wir haben eine ganze Reihe Acanthus Kulturen, bloß um wieder das Acanthus⸗Ornament frisch zu beleben an der Hand der natürlichen Anschauung, anderseits sind Paleen—⸗ gruppen, Diestelformen und erschiedene andere eingeführt worden durch die Bemühungen, welche in Charlottenburg gemacht sind. Hr. Meurer geht in einzelnen Beziehungen weiter. Die Sachen sind in der Prüfung, und wir werden sehen, inwieweit wir ihm folgen können.
Ich darf noch eins erwähnen: die außerordentlich befruchtende Einwirkung der japanischen Kunstrichtung ist ja nicht spurlos an uns vorübergegangen. An unseren Lehranstalten ist auch das japanische Pflanzenornament Gegenstand des Studiums; — in der Beobachtung der einzelnen Theile der Pflanze sind die Japaner uns überlegen, und wir, haben eine außerordentliche Anregung durch sie empfangen. Also die Anregung trifft mich nicht unvorbereitet, und ich hoffe, daß aus den Vorschlägen des Hrn. Meurer ein gesunder Kern sich entwickeln wird. Es mag sein, daß das etwas kostet, aber ich hoffe, daß das nicht zu viel ausmachen wird, sodaß das hohe Haus es mir berzilligen kann. Es wird dazu eine Art botanischer Garten, eine Kultur von geeigneten Pflanzen, wohl unentbehrlich sein, und ich möchte den Hrn. Abg. Goldschmidt bitten, sich mit Hrn. Professor Jacobsthal an der Technischen Hochschule in Verbindung zu setzen; dann wird er sehen, wie dieser bedeutende Ornamentiker sich in dieser Beziehung bethätigt hat.
Das Kapitel wird hierauf bewilligt.
(Schluß 4 / Uhr)
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
In Altenesseen fand am Sonnabend eine für die Beleg⸗ schaften der Zechen Anna, Karl und Emscher des Kölner Bergwerk. Vereins berufene Versammlung statt, welche nur von 80 bis 100 Mann besucht war. Die Tagesordnung umfaßte die an die Verwaltung der Zechen zu stellenden Forderungen und die Wahl von Deputirten. Bezüglich des ersten Punktes führte, der „RheWestf. Itg. zufolge, der Vorsitzende aus, daß der Verbandsvorstand zwar eine Lohnerhöhung von 50 Ho festgesetzt habe, doch könne daran nicht festgehalten werden; es seien die Forderungen etwa so zu stellen: 1) achtstündige Schicht einschl. Fin und Ausfahrt, 2) das Gedinge ist so zu regeln, daß jeder Hauer pro Schicht 5 6 verdienen kann, 3) Verbauer durfen nicht unter 4 S verdienen, 4) die übrigen Schichtiöhner müssen eine Lohnerhöhung von 250/o erhalten. Diese Forderungen wurden in Form einer Resolution einstimmig ange nommen. Die dann erfolgende Wahl der Deputirten zeigte, wie wenig Interesse die meisten der Anwesenden an der Sache hatten. Viele lehnten die Wahl ab, und unter diesen auch die bis- herigen Deputirten Massenberg und Bauer, sowie der frühere Deputirte von Zeche Karl, Luze. Den dritten Deputirten für Zeche Karl konnte man gar nicht wäblen, weil kein Vor. schlaJ gemacht wurde. Für Zeche Emscherschacht wurde zuerst der Bergmann Pott gewählt; dieser lehnte die Wahl ab und meinte, man solle daes Wählen für Emscher nur drangeben, weil ja doch böchstens 10 Mann von der Zeche da seien. In Folge dessen wurden für Emscherschacht keine Deputirten gewählt, sondern es sollen dort, wie der Vorsißende bemerkte, die alten Deputirten weiter fungiren. Aufgabe der Deputirten solle es sein, die Unterschriften der Beleg⸗ schaftsmitglieder zu sammeln, damit der Hr. Assessor Krabler nicht sagen könnte, die Deputirten seien nicht berechtigt, für die Beleg⸗ schaft Forderungen zu stellen. Sonntag, den 30. d. M., werden die BDeputtrten deskalb in mehreren Wirthschaften anwesend sein, um die Unterfchriften der Kameraden entgegenzunehmen.
Wie die „Rh. u. Ruhr-Itg n mittheilt, wollte der frühere Vorfitzende des Ausstands⸗ Comité s. Weber in Reck. linghausen am heutigen Dienstag auf einer n,
Verfammlung des Kreises Recklinghausen als Redner für die
Gründung eines neuen Verband es auftreten.
Aus Saarbrücken wird der Köln. Itg.“ , ,,, den
3650 Steiger den Aeußerungen des Abgeordneten Dasbach im Abge⸗