1890 / 90 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 11 Apr 1890 18:00:01 GMT) scan diff

Der General-Lieutenant von Dreso w, Commandeur der 36. Division, ist zur Abstattung persönlicher Meldung hier eingetroffen.

Der General⸗-Lieutenant von Werder, Commandeur der 1. Division, hat Berlin wieder verlassen.

S. M. Kreuzer-Korvette „Irene“, Kommandant Kapitän zur See Prinz Heinrich von Preuß en, König⸗ liche Hoheit, ist am 8. April d. J. in Gibraltar eingetroffen und beabsichtigt, am 10. dess. Mts. die Heimreise fortzusetzen.

S. NR. Schiffsjungen⸗Schulschiff „Arigdne“, Kom⸗ mandänt Kapitän zur See Claussen von Finck, ist am 9g. April d. J. in Santiago de Cuba eingetroffen und beabfichtigt, am 11. dess. Mis. die Weiterreise fortzusetzen.

Frankfurt a. M., 10. April. (Frkf. J). Der Ober⸗ Landesgerichts-Präsident, Wirkliche Geheime Rath Dr. A lbrecht ist heute Mittag nach kurzem Krankenlager im Alter von 74 Jahren verstorben. Derselbe feierte im vorigen Jahre sein 50 jahriges Dienstjubiläum.

Bayern.

München, 9. April. (Allg. Ztg. Se. Majestät der Kaiser Franz Joseph wechselte heute Vormittag mit sämmitlichen Mitgliedern des Königlichen und Herzoglichen Hauses Besuche. Der Besuch bei Sr. Königlichen Hoheit dem Prinz-⸗-Regenten dauerte nahezu eine Stunde. Nachmittags fuhr der Kaiser mit seiner Tochter, der Prinzessin Leopold, spazieren, wobei dem Kunstverein ein Besuch abgestattet wurde. Morgen findet zu Ehren des Kaisers hei dem Prinz⸗Regenten große Tafel statt, zu welcher außer dem Kaiserlichen Gaste, dem Prinzen und der Prinzessin Leopold noch. geladen find: die hiesige Kaiserliche und Königliche Gesandtschaft, der Dienst des Kaisers, der Staats-Minister von Crailsheim und Gemahlin, die obersten Hofchargen ꝛc. .

16. April. (Allg. Ztg.) Die Kammer der. Ab⸗ geordneten beschäftigte sich in ihrer heutigen Sitzung lediglich mit Petitionen.

In der Begründung der dem Landtage zugegangenen Nachtragsforderung zur Herstellung einer unter⸗ irdischen Telegraphenlinie von München bis zur Landesgrenze bei Hof heißt es:

Die großen unterirdischen Leitungen des Reichs ˖ Telegraphen⸗ gebiets haben sich im Laufe von 14 Jahren vortrefflich bewährt und es bieten dieselben ohne Zweifel die denkbar größte Sicherheit für den Telegraphenbetrieb. Daß diesem Umstande und einer unter allen Verkältnissen gesicherten Nachrichtenübermittelung zwischen den Haupt städten der Einzelstaaten, wichtigen Handels- und Industrieplätzen, dann größeren Festungen nach mehrfacher Richtung hin die weitest— gehende Bedeutung innewohnt, bedarf keiner weiteren Auseinander⸗ fetzung. Die äußerst befriedigenden Erfahrungen, welche die Reichs Post und Tele graphen verwaltung mit ihren unte rirdischen Telegraphen⸗ sinien machte, haben dem Reichs-Postamt wiederholt, erstmals zur Zeit der Ausführung der unterirdischen Linie Berlin Dresden, Ver⸗ anlaffung gegeben, die Herstellung und den Anschluß einer bayerischen unterirdischen Telegraphenlinie an das unterirdische Kabelnetz des Reichs anzuregen. Wenn von bayerischer Seite diesen Anregungen gegenüber seither eine Folge nicht gegeben wurde, so geschah dies aus dem Grunde, weil einerseits in den letzten Jahren nicht unbedeurende Geldmittel für die Erweiterung des baverischen Telegraphen⸗ netzes und die Vermehrung der Telegraphenstationen, ferner für die Herstellung von Telephonanlagen aufzuwenden waren, und weil anderer feits ein Postulat für eine vormals nicht unbedingt nothwendig ge— wesene kostspielige Einrichtung in der Periode einer minder günstigen allgemeinen Finanzlage, namentlich aber eines unhefriedigenden Standes der baverischen Telegrapheneinnahmen kaum Anklang gefunden haben dürfte. Bei der mit Autsicht auf Bestand eingetretenen Ver⸗ besserung dieser Einnahmen durch Steigerung des Telegraphen⸗ verkehrs' und der erfreulicher Weise zu konftatirenden günstigen all⸗ gemeinen Finanzlage möchten aber dermalen finanzielle Bedenken gegen die Ausführung einer unterirdischen Telegraphenleitung nicht mehr in das Gewicht fallen. Für deren Verwirklichung spricht vielmehr fol— gender ausschlaggebende Umstand. Die zwischen München und Nürn⸗ berg, dann Berlin auf dem Wege über Hof bestehenden oberirdischen Telegraphenleitungen, welche vorwiegend zur unmittelbaren Aus⸗ wechselung nicht nur der vorkommenden geschäftlichen und Privat⸗ correspondenzen, sondern namentlich auch zum Austausch der zahlreichen Staats. und Diensttelegramme best immt sind, gewinnen bei der stetigen Zunahme der in Betracht kommenden Beziehungen immer größere Bedeutung, und es stellt sich die Vermehrung der tele graphischen Verbindungen zwischen den genannten Orten als ein befonderes und zwingendes Bedürfniß dar. Die Vermehrung oberirtischer Leitungen begegnet jedoch im Betriebsbereich, der Reichs Telegraphencerwaltung in so fern erheblichen Schwierig⸗ keiten, als die Gestänge der an den Eisenbahnen geführten Linien bereits in hohem Grade mit Leitungen überfüllt sind. Auch die diesseitigen Telegraphengestänge in der Richtung München = Nürnberg Hof sind schon überlastet. Es erscheint somit der Zeit⸗ punkt gekommen, der Herstellung einer unterirdischen Telegraphenlinie von München nach Hof näher zu treten, nachdem die Reichs ⸗Post - und Telegraphenverwaltung bereit ist und Einleitungen trifft, die unter⸗ irdische Linie Berlin Dresden an die bayerische Landesgrenze bei Hof fortzufetzen. Den verhäͤltnißmäßig hohen Kosten der ersten Anlage steht die unbedingte Betriebssicherheit und Unabhängigkeit von elementaren Einflüssen und GEreignissen gegenüber, was schon unter gewöhnlichen Verhältnissen, wie die in den jüngsten Jahren durch mehrmalsge Wiederkehr heftiger Winter⸗ und Schneestürme herbei⸗ geführten bedeutenden Stockungen des Telegrammverkehrs darthun, für staatliche und private Interessen von nicht zu unterschätzendem Werth, in Zeiten politischer Komplikationen aber geradezu von un— berechenbar wichtiger Bedeutung ist. Nach vorstehenden Erörterungen glaubt nun die Königliche Staatsregierung, die Herstellung einer unter— irdischen Telegraphenlinie von München an die Landesgrenze bei Hof, und zwar, nachdem selbstverständlich die Landes festung n oli h nicht umgangen werden darf, auf dem hienach sich er— gebenden kürzesten Wege über Beilngries, Nürnberg, Pegnitz, Bayreuth, Berneck, Münchberg beantragen zu sollen. Die Verlegung des Kabels foll, wie dies auch im Gebiete der Reichs ⸗Telegraphen⸗ verwaltung geschehen ist, in der Haupisache längs der Landstraßen er⸗ folgen; die Führung längs der Bahnen empfiehlt sich des halb! weniger, weil diefe Verkehrswege, häufig Umgestal— tungen unkerworfen werden, welche oft eine Verlegung des Kabels bedingen oder zeitweise dasselbe gefährden würden. Die gesammte Kabellänge München Ingolstadt Beiln⸗ gries Nürnberg Gräfenberg Pegnitz Bayreuth Berneck Münchberg Hof Landesgrenze würde 327 Kilometer betragen Die Kosten sind auf Grund ausführlicher Mittheilungen des Reichs Post⸗ amts, welchem reiche Erfahrungen in der Anlage unterirdischer Telegtaphenleitungen zur Seite stehen, möglichst genau ermittelt und betragen rund 2 000 000 .

11. April. (W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der Prinz-Regent hat der Fürstin Bismarck zu ihrem heutigen Geburtstage seine Glückwünsche übermittelt, .

Der Ausschuß der Kammer hat der Regierung die Münchener Petition betreffs der strengen Sonntags ruhe zur Würdigung empfohlen. Der Regierungs⸗Kommissar Land—

mann erklärte: er vermuthe, der Bundesrath werde die Anord⸗ nungen über die Sonntagsruhe auch auf den Handelsstand aus— dehnen, und versicherte die Lammer des Wohlwollens der Regierung in diesen Bestrebungen. Die Reichsregierung beschäftige sich mit diefer Angelegenheit, doch sei bis jetzt noch nichts darüber an den Bundesrath gelangt. Der Referent des Centrums tadelte das späte Schließen der Laden in Berlin, wo dies selbst Sonntags erst um 11 Uhr stattfinde.

Sach sen.

Dresden, 10. April. Ihre Majestäten der König und die Königin erfreuen sich, nach den aus Mentone hier eingegangenen Nachrichten, fortdauernd eines guten Wohl⸗ befindens und haben den kirchlichen Feierlichkeiten aus Anlaß der Charwoche und des Osterfestes angewohnt. ;

Der Amtshauptmann zu Dobeln Wittgenstein ist als Ober⸗Regierungs⸗Rath zur Kreishauptmannschaft zu Leipzig und der Amtshauptmann zu Annaberg Dr. jur. von Mayer zur Amtshauptmannschaft Döbeln versetzt worden. Der Re⸗ gierungs-Rath bei der Kreishauptmannschaft zu Zwickau PHr. Kunze ist zum Amtshauptmann in Annaberg ernannt worden.

Württemberg.

Stuttgart, 9g. April. Se. Majestät der König hat, wie der „St. A. f. W.“ meldet, den Königlich großbritan⸗ nischen Minister-Residenten am Königlichen Hoflager, Sir Henry Barron, Baronet, heute in Audienz empfangen, um dessen Abberufungsschreiben entgegenzunehmen.

Eine Verfügung des Ministeriums des Kirchen— und Schulwesens, betreffend die Errichtung einer Versuchs⸗ statioön für Gährungsgewerbe an der landwirth— schaftlichen Anstalt in Hohenheim, vom 8. April d, 8 bestimmt bezüglich der Einrichtung und des Betriebes dieser unter dem 15. April 18589 zunächst probeweise eingeführten Versuchsstation im Wesentlichen Folgendes:

Zweck der Station ist, den Besitzern von Brennereien und Brauereien in Württemberg fördernd zur Seite zu stehen und dazu beizutragen, daß auch namentlich die kleineren Betriebe genannter Gewerbe rationeller gestaltet und technisch gehoben werden. Dieser Zweck soll zunächst erreicht werden: I) durch chemische Untersuchungen aller bei dem Betriebe der Brennerei und der Brauerei in Betracht kommender Rohmaterialien, Halbprodukte, Produkte und Hülfs— stoffe, 2) durch Prüfung und Verkauf von Instrumenten zur Kontrole des Betriebs, wie Thermometer, Saccharometer, Alkoholo⸗ meter ꝛc., wofür ein besonderer Preiscourant herausgegeben wird, 3) durch unentgeltliche Ertheilung von Rathschlägen und Gutachten in allen Verhältnissen des Brennerei- und des Brauereiwesens, ins besondere bei Betriebseinrichtungen und Betriebsstörungen, wie es auch 4) den württembergischen Brauern gestattet sein soll, in der Brauerei des technologischen Instituts in Hohenheim zu bestimmter Zeit mit eigenem Malz Probesude zu veranstalten.

Hefsen.

Darmstadt, 10. April. (Darmst. Htg.) Se. König⸗ liche Hoheit der Großherzog hat zur Säkulagrfeier des 1. Großherzoglich Hessischen Dragoner-Regim ents (Garde⸗Dragoner⸗Regiment) No. 23 nachstehenden Tages⸗ befehl an dasselbe gerichtet:

Hundert Jahre sind es, daß Mein in Gett ruhender Herr Urgroßvater, der Großherzog Ludewig 1. ruhmreichen Angedenkens, das Regiment errichtet hat.

Die Geschichte des Regiments er'ählt Euch, daß es am Rhein und in den Niederlanden von 1793— 55, 1806 und 1807 in Preußen und Litthauen, 1869 bei Aspern und Wagram, auf den Eisfeldern Rußlands 1812 und in den Kriegen von 1813 —15 gefochten hat. Auch in der neueren Zeit zeigt das Regiment sich würdig seines alt bewährten Rufs. Die Jahre 1848/49 sanden Eure Kameraden in musterhafter Haltung und Manneszucht.

Und die neueste Zeit führte das Regiment durch die Kriege von 1866 und 1870/71. Auf den Schlachtfeldern von Metz und an der Loire hat das Regiment seinen alten Waffenruhm neu bewährt und sein Theil zu den glorreichen Erfolgen der deutschen Heere gegen den gemeinfamen Feind beigetragen. Seit dieser heldenhaften Kriegszeit war das Regiment bemüht, ein tüchtiges, schneidiges Dragoner · Regiment zu bleiben, das jederzeit bereit ist, dem Rufe des Aller— höchsten Kriegsherrn, Sr. Majestät des Kaisers, zu folgen.

Hessische Garden Dragoner!

Mein Wunsch fur den beutigen Tag ist, daß Euch die 190jährige ruhmreiche Geschichte Eures Regiments stets vor Augen bleiben möge, dann werdet Ihr auf dem Wege der Ehre und des Ruhmes dem Denkspruche Euerer alten Standarte stets getreu sein:

„Für Gott, Ehre und Vaterland!“

Gegeben Darmstadt, den 10. April 1890.

Ludwig.

Außerdem hat Se. Königliche Hoheit, in Anerkennung der vorzüglichen Haltung und Führung des Regiments zu allen Zeiten, der Standarte desselben ein kular⸗Standarten⸗ band verliehen.

Bremen.

Bremen, 11. April. (Weser⸗Itg Der Senat hat an Stelle des an das Amtsgericht Bremen versetzten Richters ECaesar den Richter Dr. Grote zum Vorsitzenden des Seeamts Bremerhaven und den Richter Raben zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Seeamts Bremerhaven ernannt.

Oesterreich⸗Ungarn.

Wien, 10. April. (Wien. Ztg.). Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten, die Kronprinzessin Wittwe, Erz⸗ herzogin Stephanie und die Erzherzogin Elisabeth sind gestern Abend nach Meran abgereist. .

Brünn, 9. April. Der mährische Landtag ist heute zusammengetreten, um den vom LandesUusschuß vorgelegten Gesetzentwurf, betreffend die Aufnahme eines Landes⸗ Anlehens von neun Millionen Gulden, der ver⸗ fassungsmäßigen Beraihung zu unterziehen. Die Vorlage wurde einem' besonderen Ausschuß von 15 Mitgliedern über⸗ wiesen.

Frankreich.

Paris, 11. April. (W. T. B.) Dem „Figaro“ zufolge würde in Folge der letzten Stürme in Süd-Frankreich und der damit verbundenen Verheerungen die für nächsten Dienstag festgesetzte Reise des Präsiden ten Carnot nach Mar⸗ seille einen oder zwei Tage aufgeschoben werden.

Cannes, 10. April. (W. T. B.) Der Prinz von Wales hat sich heute nach Memntone begeben, um dem König und der Königin von Sachsen einen Besuch ab⸗ zustatten.

n Rußland und Polen.

St. Petersburg, 11. April. (W. T. B.) Der „Re⸗

gierungs⸗Anzei ger veröffentlicht folgendes Communiqué:

„In verschiedenen höheren Erziehungsanstalten haben kürzlich Kuhestörungen stattgefunden. Dieselben begannen in der Landwirthschaftlichen Akademie in Moskau unter dem Vorwande der Unzufriedenheit mit dem kürzlich eingeführten neuen Reglement und fanden Nachahmung in anderen eren Anstalten, wo es die Studirenden für geeignet hielten, ihre Kameraden in Moskau zu unterstützen. Eine genaue Untersuchung hat festgestellt, daß die Studirenden durchaus keine Ursache hatten, mit dem Reglement unzufrieden zu sein, und daß die Ruhestörungen einzig durch Mangel an Gehorsam Seitens der Studirenden ihren Vorgesetzten gegenüber verursacht wurden. Nachdem freundschaftliche Ermahnungen sich als fruchtlos herausstellten, sah man sich genöthigt, ernste Maßregeln zu ergreifen und die Ruhestörer entweder zeitweilig zu beurlauben oder gänzlich fortzuschicken. Von der Landwirthschaftlichen Akademie in Moskau wurden 55 zeitweilig be⸗ urlaubt und 3 entlassen, von der Universität in St. Petersburg 20 beurlaubt, 2 entlassen, vom Technolo⸗ gischen Institut in St. Petersburg 3 beurlaubt, 2 entlassen, von der Forstschule in St. Petersburg 13 beurlaubt, 2 entlassen, von der Thieraxrzneischule in Charkow wurden 15 beurlaubt und 2 entlassen.

Italien.

Ro m, 10. April. (W. T. B.) Der „Agenzia Stefani“ wird aus St. Petersburg gemeldet: der Kaiser habe an⸗ geordnet, daß dem Kronprinzen von Italien überall der herzlichste Empfang bereitet werde, und den Wunsch aus— gedrückt, daß derselbe in St. Petersburg und Moa kau sein Gast sei. Ein Hofzug ist dem Kronprinzen nach Odessa entgegengesandt worden.

Die Journalisten Jules Lavalette (Berichterstatter des „Figaro“ und Moritz Grunwald Gorrespondent der „Frankfurter Ztg. sind ausgewiesen worden. Die „Riforma“ bemerkt dazu: Die Gründe für diese Maßregel seien in den Artikeln 113 und 293 des neuen Strafgesetzbuchs vorgesehen. Dieselben beträfen die Verbreitung fal scher Nach— richten, welche geeignet seien, die internatronalen Be⸗ ziehungen des Staats oder seinen öffentlichen Kredit zu schädigen. Die Regierung habe sich endlich ent— schlossen, das Gesetz zur Anwendung zu bringen, da eine noch längere Duldung die finanzielle und wirthschaftliche Lage des Landes ernstlich gefährdet haben würde,

Brin disi, 109. April. (W. T. B.) Stanley wurde bei seiner Ankunft hier von dem Unterpräfekten, dem Bürger⸗ meister und zwei Mitgliedern der italienischen geographischen Gesellschaft an Bord des Schiffes begrüßt. Letztere überreichten Stanley eine ihm von der Gesellschaft zuerkannte goldene Medaille. Vom König und dem Minister-Präsidenten Crispi erhielt er herzliche Begrüßungs⸗-Telegramme. Stanley reist heute Abend über Neapel, Rom und Genua nach Cannes.

Spanien.

Madrid, 10. April. (W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich von Preußen ist in Cadix wieder eingetroffen und wird an Bord der Kreuzer-Koörvette „Irene“ bei Lissabon zu dem Uebungs-Geschwader stoßen.

In der heutigen Sitzung des Senats erwiderte der Minister⸗Präsident Sagasta auf eine Herausforderung des Generals Daban: er sei bereit, sich mit demselben auf jedem Felde zu messen. Der Angriff Seitens einiger rFepubli—⸗ kanischen Senatoren gegen die Monarchie rief eine leb⸗ hafte Bewegung hervor.

Als heute der Carlistenführer Marquis Cerralbo auf dem Bahnhofe in Valencig eintraf, fand Seitens einer nach Tausenden zählenden Menschenmenge eine feindselige Kundgebung gegen ihn statt. Die Menge folgte seinem Wagen nach dem Hotel, schlug die Fenster desselben ein und ver uchte das Gebäude in Brand zu stecken, was jedoch durch die Bürger⸗ garde vereitelt wurde. Schließlich mußte Kavallerie requirirt werden, welche die Volksmenge angriff und mehrere Personen verwundete. Feindselige Kundgebungen erfolgten auch am Abend vor dem Carlistischen Klub, wo sich etwa 2000 Personen angesammelt hatten. Man drang in das Gebäude ein und steckte die Möbel in Brand und suchte auch das Löschen der Flam— men durch die Feuerwehr zu verhindern, Eine andere Gruppe zertrümmerte und verbrannte die im Klubhause stehenden Wagen. Einige versuchten auch die Kirche in Brand zu stecken, wurden jedoch von Truppen daran ge— hindert. Der Pöbel errichtete zwei Barrikaden in den Straßen. Die militärischen Behörden haben den Ober⸗ befehl in der Stadt übernommen; die ganze Garnison wird unter den Waffen gehalten.

Schweden und Norwegen.

(F.) Stockholm, 8. April. Der König kehrt am Donnerstag nach Stockholm zurück, die Königin wird dagegen noch einige Zeit in Christianig bleiben, da der Gesundheits⸗ zustand Ihrer Majestät das Reisen noch nicht gestattet.

Die von mehreren hiesigen Blättern gebrachte Mitthei⸗ lung, daß dem Reichstage noch ein Armee⸗Reorgani⸗ sationsentwurf vorgelegt werden solle, entbehrt nach der „Post- och Inr. Tidn.“ jeder Begründung.

Dänemark.

(E) Kopenhagen, 9. April. Der König empfing heute den hiesigen Kaiserlich deutschen Gesandten Freiherrn von den Brinchen, der im besonderen Auftrage des Kaisers Wilhelm dem König einen Glückwunsch zu seinem Ge⸗ burts tage überbrachte.

Amerika. Vereinigte Staaten. Washington, 9. Aprit.

(R. B.) Der Senat genehmigte heute die Bill gegen die Trusts. Nur ein Senator stimmte dagegen.

Zeitungs stimmen.

Die Kehrseite der gegenwärtigen Lohnbewegung wird von der „Hamburger Börsen-Halle“ mit besonderer Rück⸗ sicht auf den deutschen Export besprochen. In dem Artikel heißt es:

. . bedeutender Faktor ist unser Absatz nach dem Auslande, der sich jährlich auf 34 Milliarden beziffert. Der größte Theil der Herstellungskosten dieses Riesenguantums entspringt aus Arbeitslöhnen. Wenn die Arbeitslöhne um 20 9 gesteigert werden, so müssen wir dom Auslande vielleicht 4 Milliarden für dasselbe Quantum fordern, das wir jetzt für 35 weggeben; es fragt sich denn doch

sehr, ob das Auktland das bezahlen will. Es kann sich m nächst unseren Konturrenten zuwenden, welche vielleicht nicht an nähernd. dieselbe Mehrforderung stellen, oder auch seinerseits zur Einschränkung des Konsums übergehen. Exporteure von Fach wissen recht wohl, wie oft es an einem Haar hängt, ob Deutschland oder das konkurrirende Ausland die Lieserung erbält. Jede Lohnsteigerung bei uns verbessert die Autsichten unserer Konkurrenten und ver— schlechtert, die unsrigen. Und wenn wir die Lieferung verlieren, so verliert die entsprechende Anzahl von Arbeitern nicht bloß die erhoffte Lohnsteigerung, sondern sogar den ganzen Lohn. Für jede Tonne Baumwollwaaren, welche die Chinesen wegen in Deutschland herr— schender zu hoher Löhne von den Engländern kaufen, muß eine Anzahl Weber in Chemnitz oder Krimmitschau müßig gehen und Arbeits lohn verlieren. Auch hier tritt dann eine abnehmende Nachfrage nach Arbeit, ein, und Arbeitslosigkeit und weichende Löhne sind die Folge. Mittlerweile aber hat der Nationalwohlstand schon Einbuße erlitten Die gedachten Lieferungen sind uns schon entgangen und vielleicht büßen wir es mit dauerndem Verlust an Kundschaft. Die Steigerung der Konsumtraft der Arbeiter ist eine ganz schöne Sache und unzweifelhaft geeignet, den Absatz mancher Artikel zu verbessern; aber die Konsumkraft entsteht erst aus der Produktionskraft. Steigert sich diese nicht, so wird der vermehrte Konsum schließlich aus dem Nationalvermögen bezahlt, und diefes kann sehr wohl verringert, ja erschöpft werden. Darin geht es den Völkern nicht anders als den Einzelnen. Mit, einem Worte: wenn die Arbeitslöhne zu hoch sind, so verlieren wir an ausländischer Kundschaft. Und wenn nicht etwa die Arbeiter die Lohnzulagen als Ersparnisse zurücklegen, sondern wenn sie dieselben verbrauchen, so hört der natürliche Zuwachs unseres Nationalvermögens auf, wir leben dann vom Kapital und gerathen zuletzt in Noth. Eben diese Noth und die Einschränkung des Konsums werden die unnatörlichen Triebe wohl wieder beschneid en und zu vergrößertem Fleiße und vermehrter Bescheidenheit zwingen. Bis dahin ist aber ein dorniger Weg, und man kann im allseitigen Interesse, auch in dem der Arbeiter, nur wünschen, daß wir vor ihm bewahrt würden.“

Statistik und Völkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Der „Rhein.Westf. Ztg. wird aus Witten mitgetheilt, daß die Verwaltung der Zechen ver. Franziska Tiefbau“ die be⸗ kannten Forderungen ihrer Belegschaft auf 50prozentige Lohnerhöhung und 8stündige Schichtdauer ꝛc. dahin beantwortet habe, daß sie durch die fortwährenden Aufbesserungen der Löhne, welche schon bei den meisten Arbeitern nicht nur die jetzt geforderte Höhe erreicht haben, sondern dieselbe weit übersteigen, bewiesen habe, daß sie berechtigten Wünschen und An« sprüchen der Belegschaft gern entspreche und damlt nach Möglichkeit fort⸗ zufahren juche, dagegen aber auch bestimmt voraussetze, daß die Ar— beiter nicht aufhören, durch Fleiß und Ordnungsliebe das Vertrauen ihrer Gewerkschaft und ihrer Mitbürger sich zu erhalten. Die Ant— wort ist einer am 7. d. M. abgehaltenen Versammlung der Beleg schaft vorgelegt worden. Die Stimmung der Bergleute war gegen den Strike, und ist in Folge dessen auch am 8. d. M. die Belegschaft vollzählig angefahren.

Aus Eisleben berichtet die ‚Voss. Ztg.“: Auf den Mans⸗ felder Gruben waren in den letzten Tagen Arbeiter⸗Unruhen vor— gekommen, bei denen hauptsächlich junge Leute betheiligt waren, welche unter der Forde rung höherer Löhne die Arbeit nieder⸗ gelegt und durch Drohungen und körperliche Mißhandlungen andere Arbeiter zur Niederlegung der Arbeit gezwungen hatten. Inzwischen sind nach Verhaftung von etwa 40 Personen die Unruhen beendet und die Arbeit ist überall wieder aufgenommen.

Einer Meldung des „Wolff'schen Bureaus“ aus Hamburg zu⸗ folge haben die dortigen Malergehülfen, gestern Morgen in fast allen Geschäften die Arbeit eingestellt; dieselben verlangen einen Minimallohn von 60 per Stunde, während die Malerinnung nur 50 * bewilligt. -Der . Mgdb. Ztg.“ wird aus Ham burg geschrieben, daß die Achtstundenbewegung dort an Umfang zunehme. Heute soll eine öffentliche Versammlung sämmtlicher Arbeiter Hamburgs statt⸗ finden, in welcher man Stellung zur Feier des 1 Mai nehmen will. Wie man wissen will, haben sich bereits mehr als 50 Fachvereine zu Gunsten des „8 Stundentages“ erklärt.

In Bremen ist, Nachrichten des letztgenannten Blattes zufolge, die Lohnbewegung etwas zum Stillstand gekommen. Zwar haben am Dienstag noch etwa 209 Klempnergehülfen die Arbeit niedergelegt, da sie fich mit ihren Meistern über ihre Forderungen nicht einigen konnten, aber in den anderen Gewerkschaften ist es doch ruhiger geworden und die Versammlungen werden seltener. Vielleicht ist es eine Folge der Uneinigkeit, welche in Arbeiterkreisen über die Frage herrscht, was mit dem 1. Mai begonnen werden sob.

Rus Lübeck wird der „Frkf. Ztg.“ unter dem 8. d. M. ge— schrieben: Der seit eirea 2 Wochen andauernde Strike der Holz⸗ arbeiter und Hafenarbeiter ist heute zu Ungunsten der Arbeiter entschieden. Die Rhedereien sowie die Holzhandlungen und Sägemühlen haben zahlreiche Arbeiter aus Schweden und Mecklenburg kommen lassen und damit alle entstandenen Lücken besetzt.

In Frankfurt a. M. legten, wie dasselbe Blatt mittheilt, die Stuckakeure, da ihre Forderungen von den Meistern nicht be— willigt worden sind, am 8. d. M. in sämmtlichen Werkstätten die Arbeit nieder. Ausgeschlossen hiervon sind nur die Plätze der Firmen Holzmann und Born, welche die Lohnerhöhungen schon seit Längerem bewilligt haben.

In Magdeburg fand am Mittwoch eine öffentliche Ver⸗ sammlung der Maler, Lackirer, Anstreicher z. statt zur Ver⸗ handlung der ‚Lohnbewegungsfrage“. Es wurde, wie wir der Magd. Ztg.‘ entnehmen, mitgetheilt, daß auf den eingegangenen Werkstätten⸗ Ästen sich bereits 200 Gehülfen unterschrieben hätten, die sich an der Lohnforderung betheiligen wollten; außerdem ständen noch mehr als 15 Liften aus, sodaß die Gehülfenzahl sich auf. 300 stellen würde. Ferner theilte der Redner mit, daß eine Firma die Forderungen ganz, eine andere annähernd bewilligt habe. Gleich gutes Entgegenkommen stände noch von einigen anderen Werkstätten zu erwarten. Am 12. April soll die eventuelle Kündigung zum 25. d. M. erfolgen. Ein Beschluß über den Antrag, ob ein General oder ein partieller Strike zu beginnen ist, soll erst in einer auf den 25. April angesetzten Versammlung gefaßt werden.

Bie „Ostses - Itg.“ theilt mit, daß einer größeren Anzabl von Arbeitern der Portland Cement Fabrik Stern! n Finken walde, welche, entgegen der Fabrikordnung, am Mittwoch statt um 7 Uhr schon um 6 Ubr die Fabrik verließ, am nächsten Morgen bekannt gegeben wurde, daß sie dafür bestraft werden sollten. Die Mehrzahl der Arbeiter verließ darauf die Fabrik. In Gartz a. D. haben seit Ostern die sämmtlichen Arbeiter in den Kalkbrennereien und Ziegeleien, sowie der größte Theil der Baugrbeiter die Arbeit niedergelegt. Die · felben verlangen verkürzte Arbeitszeit und erhöhte Lohnsätze. Ein Strike der Zimmergesellen, der in Pasewalk ausgebrochen war, wurde am 9. . beendet; die Arbeit wurde zu den alten Lohnsätzen wieder aufgenommen. [.

bal . Bauarbeiter Kongreß, welcher seit dem 9. 8d. M. in Hannover tagte, waren, wie verschiedene Blätter melden, 57 Städte von 57 Delegirten vertreten. Nach einer etwa 15stündigen Verhandlung in 5 Abtheilungen gelangte die Verfammlung über den ersten Gegenstand der Tagesordnung zu dem Beschluß, zu erklären, daß der Kongreß im Prinzip für eine Centralisation sei, aber in der gegenwärtigen Lage eine solche nicht empfehlen könne, fondern anrathe, je nach den örtlichen Verbaltnis n alle Arbeiter in verwandten Berufszweigen zu einer strammen Lokal- organisation zu führen. . .

Die Steinmetzen von Wiesbaden und aus der Umgegend, mit Ausnahme derjenigen, die in Grabmãälergeschäften thätig sind, haben am 8. d. M. die Arbeit eingestellt. In einer öffentlichen

Versammlung derselben wurden, der „Frkf. Ztg.“ zufolge, im Wesent⸗ lichen folgende Bedingungen aufgestellt, unter welchen die Arbeit event, wieder aufgenommen werden würde: 1) Einführung eines neun⸗ stündigen Arbeitstages. 2) Die Arbeitszeit dauert mit Pausen von 2 Stunden von 7 bis 6 Uhr. 3) Der Minimal⸗ lohn beträgt für einen Gesellen pro. Stunde 40 4. 4). Ueberstunden sind mit einem Zuschlag von 25 un Sonntags⸗ arbeiten mit einem folchen von 50 oo zu berechnen. 5. Die Ausloh - nung erfolgt allwöchentlich und während der Arbeitszeit. 6) Dieser Tarif tritt mit dem 8. April 18990 in Kraft. Ferner wurde noch beschlossen, den 1. Mai d. J, als Arbeiterfeiertag zu begehen.

Aus Zittau telegraphirt man der „Köln. Itg vom gestrigen Tage, daß sämmtliche Steinmetzen in den großen Steinbrüchen bei Grottau in einen Ausstand eingetreten sind und eine Lohn— erhöhung von 20 verlangen.

Die ständige Deputation des Innungs-Ausschusses

vereinigter Innungen in Berlin

hat eine Einladung ergehen lassen zur Versammlung von Vertretern deutscher Innungs- und Handwerker⸗Verbände sowie von Innungs⸗ Ausschüssen vereinigter Innungen in den Tagen Montag, den 28 und Dienstag, den 29. April 1890, mit einer Vorversammlung am Sonn tag, den 27 April d J. in Keller's Etablissement zu Berlin 80, Köpenickerstraße 96,97. Im Eingang zu dieser Einladung heißt es:

„Die Allerhöchsten denkwürdigen Erlasse Sr. Majestät Kaiser Wilhelm's II. vom 4. Februar d. J haben mit Recht die staunende Bewunderung der ganzen eivilisirten Welt erregt, indem der Deuntsche Kaiser sich durch diese Erlasse als einen wahrhaft würdigen Enkel seines Kaiserlichen Großvaters Wilhelm J. insofern erweist, als die Ziele und die Aufgaben der erhabenen Kaiserlichen Botschaft vom 17. November 1881 dadurch ihre treueste Fortsetzung erfahren. Die nächsten Ergebnisse dieser Erlasse werden uns in den Arbeiten der in Beilin zusammengetretenen internationalen Arbeiterschutz⸗ Konferenz sichtbar, von welchen man eine Eindämmung, wenn nicht Beseitigung der sozialdemokratischen Gewalten erhofft. Inzwischen nehmen die Gesellenbewegungen und die Strike ⸗Bestrebungen der gewerblichen Arbeiter in unverminderter Stärke ihren Fortgang und drängt sich immer unabweislicher dem selbständigen Gewerbestande die Pflicht auf, zu Maßregeln gegen die Gesellenausschreitungen sich zu vereinigen, wie auch der Gedanke der Einschränkung der beklagten Mißstaͤnde in unserem Gewerbeleben im Wege der Gesetzgebung in der öffentlichen Meinung sichtlich immer weniger Gegner findet“.

Ber Versammlung am 28. April soll eine Denkschrift zur Ge— nehmigung vorgelegt werden, in welcher das durch die verschiedenen Innungs⸗ und Handwerkertage festgestellte Reform -Programm und die auf Grund dieses zusammengefaßten Forderungen an die Reichs n und Landetzgesetzgebungen niedergelegt werden sollen.

Auf der Tagesordnung der Versammlung am 29. April d. J. wird als Gegenstand der Verhandlung der Plan der Vereinigung der in Preußen und in den übrigen Bundesstaaten bestehenden lokalen Innungès-Ausschüsse vereinigter Innungen zu einer gemeinsamen Central— ffelle stehen. Eine Geschäftsordnung wird die näheren Verhältnisse der gedachten Centralstelle erläutern, ebenso werden Nebenstatuten für die verschiedenen Eincichtungen der bei den Innungs ⸗Ausschüssen betheiligten Innungen vorgtsehen werden, welche das eigentliche Wii— kensgebiet der gemeinsamen Innungs ⸗Ausschüsse vereinigter Innungen nach den bisher darüber gewonnenen Erfahrungen ausmachen sollen.

( Wohlfahrtseinrichtungen.

Aus Beuthen O.-S. wird der „Schles. Ztg.“ geschrieben: Die Verwaltungen fast jeder größeren Grubengaalage des oberschlesischen Reriers treffen Vorkehrungen, um den oberschlesischen Arbeiter mehr als bisher an die Scholle zu fesseln. Für die verheiratheten Arbeiter werden, wo es irgend angängig erscheint, in der Nähe der Arbeits stätte Familienhäuser gebaut, oder die Gewerkschaften nehmen geeignéte Privathäuser in Pacht und richten in diesen Woh— nungen für ihre Arbeiter ein. Die Miethe für diese Wohnungen ist durchweg sehr gering. Noch mehr Beachtung verdient die Aufmerk— samkeit, welche in neuerer Zeit von den Grubenverwaltungen den jugendlichen Arbeitern, den Schleppern, zuge— wendet wird. Es sind zahlreiche sogenannte Schlaf⸗ häufer im Entstehen, andere bereits dem Verkehr über— geben, welche gegen ganz mäßige Bezahlung den jungen Leuten Unterkunft und Beksstigung gegähren. Diese Anstalten können eine energische, tüchtige und gewissenhafte Leitung vorausgesetzt in körperlicher wie in sittlicher Beziehung für das Wohl ibrer Insassen recht segensreich wirken. Noch andere Vorkehrungen so unter Anderem Vorrichtungen zur Reinigung des Körpers, Herrichtung ge— eigneter Räume, wo die Arbeiter das Mittagessen, welches ihnen zur Arbeitsstätte gebracht wird, einnehmen können werden ron den Gewerkschaften eingeführt, um ihre Arbeiter zufriedenzustellen.

Kunft und Wißssenschaft.

Denkmäler der Kunst. Zur Uebersicht ihres Eniwick— lungs ganges von din ersten künstlerischen Versuchen bis zu den Standpunkten der Geger wart. Bearbeitet von Professor Dr. W Lübke und Professor Dr. C. Lützow. 203 Tafeln (darunter 7 Farben⸗ tafeln) Querfolio nebst 30 Bogen Text in Lex. 80. Mit ca. 2509 Dar⸗ stellun gen. Klassiker-Ausgabe in 36 Lieferungen à 1 „6, Stahblstich⸗ Ausgabe in 35 Lieferungen 3 2? 6 (früherer Preis 160 ),. Stutt⸗ gart, Verlag von Paul Neff. Ein ganzes Menschenalter hat daß obige, von den ersten Kunstgelebrten in stets neu repidirten und ergänzten Auflagen herausgegebene Werk als vorzüglichstes Lehrmittel der Kunstgeschichte die bewährte Stellung behauptet, die ihm als best⸗ geordnetem Denkmälerwerk der allgemeinen Kunstgeschichte zuerkannt worden ist. Der historische, gerechte, klare Geist, welcher diesem wie allen Werken seines Begründers, des bekannten Kunstforschers Franz Kugler eigen war, leuchtet noch heute dem Beschauer auß der Anlage“ dieser Bildersammlung entgegen, und hieraus sowie aus der künstlerischen Darstellung und Ausstattung erklärt sich ihr andauernder Ruf und Erfolg. Im Sinne des Begründers wurden denn auch, vornehmlich von den Hrrn. Professoren Lübke und Lützow, die nöthigen Ergänzungen und Berbesserungen überwacht, und so reihen sich jetzt in der neuesten Ausgabe dem Denkmälerschatze der Vergangenheit auch Darstellungen aus dem Kunstleben der Gegenwart an. Den Wünschen gebildeter Kreise und der Kunst⸗ freunde kommt die Verlagebuchhandlung dadurch entgegen, daß sie neben der Stahlstich⸗Ausgabe die billige, ebenso vollständige Klassiker— Ausgabe erscheinen läßt. Die Anschaffung wird somit jedem Kunst— freunde und den der Kunst nahestehenden Fachmännern, besonders Architekten, Bildhauern, Malern, Lehrern an Gymnasien, Real-, Zeichen. und polytechnischen Schulen, Bauhandwerlern, Studirenden Durch diesen niedrigen Preis erleichtert.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Washington, 11. April. (W. T. B) Dem Monatsbericht des Landwirthschaftlichen Buxeaus zufolge war am J. April der allgemeine Durchschnittestand für Weizen 81, für Roggen 928/10.

Handel und Gewerbe.

Die nächste Börsen-Versammlung zu Essen findet am 15. April 1890 im „Berliner Hof“ statt.

Der Verwaltungsrath der Lebensversicherungs⸗-Ge— sellschaft zu Leipzig hat den Rechnungsabscluß für das Jahr 15859, welcher einen Ueberschuß von 3463 6506 aufweist, genehmigt und die an die Versicherten zu zahlende Dividende für das Jahr 1891 auf 42 0 festgesttzt. Die Hauptversammlung findet am 29. April statt.

Der Aussichtsrath der Württembergischen Vereins bank hat beschlossen, der Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 71 υ 45 ½ pro Aktie vorzuschlagen. Von dem nach Abschreibung von 80 00 M auf Bankgebäude und Mobilien

Conto 1917117 4 betragenden Jahresgewinn sollen 300 900 der außerordentlichken Reserve zugewiesen werden, sodaß beide Reserve⸗ Conti zusammen 20 C, des Aktienkapitals ausmachen. Der zur Ver— fügung verbleibende Rest beträgt 33 051 A

Frankfurt a. M, 160. April. (Getreide markthericht von Joseyh Strauß.) Anläßlich des Osterfestes war am Montag der Markt gefchloffen. Der heute wieder aufgenommene Verkehr bewegte fich in engsten Grenzen, wie es in solchen Wochen gewöhnlich der Fall ist. Weder die Spekulatien noch das EGffektivgeschäft fanden irgend welche Anregung, sodaß die Umsätze unbedeutend blieben. Die Preisnotirungen, welche wir nachstehend geben, sind daher mehr als Schätzungspreise denn als aus dem Verkehr resultirende Normen zu betrachten Weizenpreise stramm, ab Umgegend 205 i0 =* 10 , frei Fier 2081 - 21 S, hochfeiner pommerscher 21 ig „t, kurhessischer und norddeuischer 206 1 , russische Sorten t -22 6S6. Roggen träge, hiesiger 18— 6, russisché' Sorten 1741 = M0 0 Gerste verlassen, Frarken⸗, Ries. und Wetterauer Gerste 20-215 6, exquisite rumâ⸗ nische 16 , Mahlgerste 14t— 1M Hafer behauptet, 1718 je nach Qualität. Mais (mixed) verflaute eimpfindlich 11210 ½. In Ehilifalveter wurden Abschlüsse nicht bekannt; Käufer treffen hier einen guten Markt. Speisekartoffeln ohne Frage 24 - 3 ½ Roggenkleie 3— * *, Weizenkleie Spelzspreu 2— 10 510 d. Der Mehlmarkt zeigte im groß Ganzen weniger Leben und keine ausgesprochene Tendenz. Hies Weizenmehl Nr. O 334— 34 , Nr. 1 314 21 46, Nr. 2 271 283 46, Nr. 3 251-276 1M, Nt. 4 221 253 ½, Nr. 5 18 —19 Milchbrot. und Brotmehl im Verbande 58 51 Æ Norddeutsche und westfälische Weizenmehle Nr. 90 28 29 „, Roggenmehl, loko hier Rr. 6 28— 39 S, O, 265— 27 ÆS, 1 245 256 66 (Obige Preise versteben sich per 100 kg ab hier, häufig jedoch auch loko auswärtiger Stationen.)

Leipzig, 10. April. (W. T. B.) Kam mzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. April 4,85 S6, pr, Mai 4.85 Je, pr. Juni 4,823 t, pr. Juli 4823 „1, pr. August 4, 823 s, pr. September 4,823 M, pr. Oktober 4 826 , pr. November 1327 66, vr. Dezember 4823 M Umsatz 45 000 kg. Ruhig.

London, 10. April. (W. T. B.) An der Küste 11 Weizen la dungen angeboten.

Bradford, 10. April. (W. T. B.) Wolle fest, ruhig, Kolonialwolle fester, unverändert, Garne stetig, Stoffe ruhig.

Bern, 106. April. (W. T. B.) Die vom Bundesrgth der Regierung des Kantons Bern als Gegenwerth für die prioritätsaktien der Ju botenen 3prozent igen Re werden zu 1000 Fr., ob Fr und zu 10 000 Fr. Kapital ausgestellt und erhalten vier— monatlich zahlbare Coupons zu 19, 50 und 109 Fr. Zinsen. Sie können Seitens der Eidgenossenschaft jederzeit nach zwölfmonatlicher Kündigung al pari abgelöst werden. In dem Falle, daß die Kantone Freiburg und Waadt ihre Prioritätsaktien der Jura Simplon ⸗Bahn verkaufen, wird der Kanton Bern seinen Restbesitz von 8200 Aktien ebenfalls an den Bund abtreten jedoch nicht zu ungünstigeren Be— dingungen als die übrigen 0 000 Stück Akrien.

. ntentitel Ke u

5 ?

a Simplon ⸗Eisenbahn ange⸗

Submissionen im Auslande. Niederlande.

1) 28. April, Vm. 10 Uhr. Koninkl'k Institunt voor de Marine zu Wille Noordholland):

I) Lieferung von etwa 33 Stück Reißzeugen;

2) Lieferung von waschledernen und wolenen

(Jahtesbedarf pro 1. September 1890 99.

Auskunft an Ort und Stelle.

2) 30. April, Vm. 11 Uhr. Ministerie van Waterstaat, Handel en Nijverheid im Ministerialgebäude im Haag:

Loos Nr. 86: Lieferung von zwei doppelten Buscule⸗ Brücken über die im Bau begriffene Merwede-⸗-Schutzschleuse zu Gorin⸗ chem (Arbeiten zum Bau des Verbindungskanals Amsterdam Merwede . Schätzungswerth 50 500 Fl.

Bedingungen käuflich bei den Buchhändlern Gebr. van Cleef im Haag

De Raad. van Toezicht van het (Provinz

Handschuhen

Verkehrs⸗Anftalten.

Auf den Linien der Großen Berliner Pferde-⸗Eisen⸗ bahn Aktiengesellschaft sind im Monat März 1890 10 105400 Personen befördert und dafür 1162 262,50 „6 oder durch= schnittlich auf den Tag 37 492 35 M eingenommen worden. Die Ein nahmen im Monat März 1889 betrugen 1038 348,14 M oder durchschnittlich auf den Tag 33 495.10 6

London, 11. April. (W. T. B.) Der Castle Dampfer „Hawarden Castle“‘ hat Madeira gestern auf der Heimreis pafsirt. Der Castle⸗Dampfer „Roslin Castle“ ist am Mittwoch von London auf der Ausreise abgegangen. Der Castle— Dampfer „Grantully Castle“ ist am Mittwoch von Capetown auf der Heimreise abgegangen.

Theater und Mufik.

Berliner Theater.

Hedwig Niemann, die am Sonnabend in Fulda's Lustspiel „Die wilde Jagd“ nach längerer Pause zum ersten Male wieder auf— tritt, wiederholt am darauf folgenden Sonntag diese Rolle und spielt am Dienstag, 15. 8. M., die Titelrolle in Richard Voß' effektvollem Schau— spiel Eva“, dessen Aufführungsreihe darch den Urlaub der Künstlerin leider unterbrochen werden mußte. In der am Montag, 14. . M., stattfindenden Aufführung von „Wallenstein's Tod“ debütirt Hugo Höcker vom Stadttheater zu Hamburg in der Rolle des Max Piccolomini.

Lessing⸗Theater.

Auch Frl. Else Lehmann vom Wallner-Theater wird in der Matintse mitwirken, die am Sonntag im Lessing-Theater für die Pensjonfonds der Bühnengenossenschaft und, des Vereins Berliner Presse stattfindet. Die Matinse wird um 12 Uhr beginnen.

Das vierte Gebot“ muß mit der für Sonntag angekündigten Aufführung vorläufig vom Repertoire verschwinden, da der mit Frl. Marie Mever abgeschlossene Gastspielvertrag an diesem Tage sein Ende erreicht; doch hofft die Direktion, dieses Volksschauspiel im nächsten Winter wieder aufnehmen zu können.

. Wallner Theater.

. Die jetzigen Repertoirestücke Im Spätsommer“ und Die Bajadere“ mit Hrn. Wilhelm Knaack als Gast fanden in den bis⸗ herigen Wiederholungen bei gut hesetztem Hause die beifälligste Auf- nahme; namentlich erzielte der Schwank „Die Bajadere“ allabendlich einen großen Heiterkeitserfolg.

. Kroll's Theater.

. Sgra Franceschina Prevosti tritt erst in der nächsten Woche in der angekündigten neuen Partie, der Lucia; auf. Nach der höchst eigenartigen und fesselnden dramatischen Durchführung der „Traviata“ dürfen die zablreichen Verehrer, welche sich die italienische Gesangs—⸗ lünstlerin sofort mit ihrer ersten Rolle bier gewonnen hat, auch eine originelle Durchführung der Donizetti'schen Partie erwarten. Da das Repertoire der italienischen Oper noch eine Reihe anderer Werke, darunter auch hierorts seltener gehörte, z. B. Verdi's Ernani“, vor⸗ führen soll, fo geht die ‚Traviata“ mit Sgra. Prevosti in der Titel⸗ rolle am Sonntag zum letzten Mal in Scene. Philharmonie.

Das gestrige zweite Concert des Hannoverschen Männer⸗ Gesangvereins, dessen Ertrag zum Besten der Armen Berlins bestimmt war, hatte den großen Saal der Philharmonie vollständig gefüllt. Auch an diesem Abend trat die außerordentliche Schönheit des Stimmenklanges und die ausdrucksvolle Vortragsweise des Vereins erfreulich hervor, wie auch der Sorgfalt des Ensembles