1890 / 97 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 19 Apr 1890 18:00:01 GMT) scan diff

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gespielte Werk zeigt zwar in den Hauptsätzen einige bedenkliche Längen, ist jedoch im Adagio und besonders im Scherzo Satz von reizvollster Wirkung. Frl. Linn spielte ihre Klavierpartie mit großer technischer Sicherheit und eingebendem Verständnis. Weicher und modulationsfäbiger Anschlag ist zugleich mit Energie in Aus— prägung des Rhythmischen vereinigt; auch ist der mäßige Gebrauch des Pedals der Klarheit ihres Spiels sebr günstig. Die sebr begabte Kuüͤnstlerin brachte noch in einigen Klavierstücken von Bach-Raff, Chopin, Schumann, Moszkowski und Weber Tausig die erwähnten Vorzüge zur Geltung und erntete von Seiten des leider nicht sebr zahlreich erschienenen Publikums sehr lebhafte Bei⸗ falls bezeugungen. Die jugendliche Sopranistin Frl. Willard trug mit klangvoller, nur noch nicht vollständig ausgebildeter Stimme mehrere Lieder vor. An der sehr gelungenen Ausführung der Trios batten sich die Hirn. Srünfeld und Gregorowitsch betheiligt. Letzterer erfreute noch durch einige Violinvorträge, die gleich den übrigen künstlerischen Leistungen dieses Concerts allgemeine Aner— kennung fanden.

Mannigfaltiges.

Auf Beschluß der beiden städtischen Bebörden ist zur Errichtung von Gedenktafeln für hervorragende Männer, welche in Berlin gewohnt haben und hier gesterben sind, eine bestimmte Summe in den Etat pro 1860/91 eingesetzt worden. Nach Bestimmung des Magistrats in seiner vorgestrigen Sitzung soll die ausgeworfene Summe zur Verwendung gelangen behufs Anbringung einer Gedenk⸗ tafel an dem Hause Marfgrafenstraße 17, zum Andenken an Franz Freiherrn von Gaudy, welcher bis zu seinem Tode in diesem Hause gewohnt hat, und einer Gedenktafel für Heinrich von Kleist an dem Wobnhause desselben in der Taubenstraße. Ferner sollte eine Tafel für den Kammergerichts⸗ Rath Ernst Wilhelm Hoff mann (als Schriftsteller unter der Bezeichnung „E. T. A. Hoff— mann“ bekannt) an dem Hause Taubenstraße 31 angebracht werden. Diese Tafel ist jedoch schon auf Kosten des Eigenthümers des be— treffenden Hauses angebracht worden, sodaß der Stadtgemeinde keine Kosten erwachsen.

er hiesige Samaxriterverein hat dieser Tage einen Unter— richtskursus für Lehrer begonnen, der so zahkreich besucht ist, daß demnächst noch ein zweiter folgen soll. Der Kursus findet unter Leitung des Dr. Waßmund im Dorotheenstädtischen Realgym— nasium statt.

Die christlichen Jünglingsvereine und Vereine junger Männer zeigen in den letzten Jahren ein erhebliches Wachs— thum. Im August 1888 kannte man, der „Soz. Corr. zufolge, in allen 5 Erdtheilen zusammen 3790 Vereine mit 325 624 Mitglredern, und im Dezember 1859 schon 4042 Vereine mit 357 143 Mitgliedern. In Deutschland ist in derselben Zeit die Zabl der Vereine don 793 auf 844 und die Zahl ihrer Mitglieder von 35 752 auf 38 275 an2— gewachsen. Am staäͤrksten sind die Vereine in Nord⸗Amerika (195 456 Mitglieder) und Großbritannien (90 009).

Der Berliner Asplverein für Obdachlose hielt vorgestern Abend im Bürgersaal des Rathhauses seine 21. Jahresversammlung ab. Der Verein hat von seiner Begründung bis zum J. d. M. ing gesammt 2116 848 Qbdachlosen Aufnahme in seinen Asylen gewährt und zwar 1 752 514 Männern, 184 0653 Frauen, 144 788 Mädchen, 31749 Kindern und 4466 Säuglingen. Im letzten Jahr speziell war die Frequenz im Männerasyl um 558 geringer, im Frauenasyl, um 731 höher als Vorjahre. Die Gesammt— zahl der im letzten Jahre Nächtigenden betrug im Männer- asyl 106 760, im Frauenasyl 17 396. Die Zahl der Badenden stieg bei den Frauen von 1294 auf 1317, bei den Männern von 14165 auf 25 725; letztere Zunahme ist der Einführung von Brausebädern zuzuschreiben, auch hat die Einrichtung, daß jedem Badenden Seife verabfolgt wird, viel dazu beigetragen, die Frequenz; der Bäder so be⸗

deutend zu erhöhen. Im ersten Vierteljahr des neuen Jahres suchten 26 766 das Männerasyl, 3887 das Frauenasyl auf. Von ersteren badeten 7494, von letzteren 308. Der Zudrang junger Mädchen hat abgenommen, was wohl der Mägdeherberge zuzufchreiben ist, welche den jungen dienstlosen Mädchen auch Obdach während des Tages giebt. Der Arbeitsnachweis erzielt allmählich besseren Erfolg. Im Laufe des letzten Jahres wurde im Männerasyl 1607 Personen Arbeit ver⸗ schafft, und zwar 1139 Arbeitsleuten, 105 Kutschern und 3 Haus. dienern, im Uebrigen aber Handwerkern und unter diesen wieder 153 Schuhmachern, 119 Schneidern und 57 Tischlern. Im ersten Quartal dieses Jahres wurden nur 283 Personen in Arbeit gebracht. Von den Asplisten des Frauenasyls wurden im Jahre 1889 116, im ersten Quartal dieses Jahres 40 Beschäftigung zugewiesen. Die Einnahmen des Jahres 13885 beliefen sich auf 39 311 „; darunter befinden sich 18752 ½ Beiträge der 2850 Mitglieder, 5885 einmalige Beiträge, 5641 S Legate und Stif⸗ tungen und 5641 M Zinsen. Verausgabt wurden 36 832 M6, und zwar 21 378 für Unterhaltung des Männer⸗-Asyls, 6859 M für das Frauen ⸗Asyl, 2867 4 für Bureagu⸗Unkosten, 2364 M für Hypotheken⸗ zinsen. Im neuen Jahr sind bisher ca. 17 060 A eingegangen, darunter 2100 M an Legaten und 3334 M an einmaligen Beiträgen. An Ver⸗ mögen besitzt der Verein z. 3. 400 3385 „; seit seinem Bestehen hat er insgesammt 992740 M eingenommen und 592 403 M verausgabt.

Siegen, 16. April. Der Rh -Westf. Ztg.“ zufolge hat Se. Majestät der Kaiser dem Kuratsrium der Diesterweg-Stiftung in Berlin aus seiner Privatschatulle einen Betrag von 10 000 S für das Diesterweg⸗Denkmal überwiesen.

München, 16. April. (Allg. Ztg. Das bayerische VationalMuseum hat in den letzten Tagen zwei interessante Denkmale erworben. Das eine ist der romanische Taufstein der Ulrichskirche in Regensburg aus dem 13. Jahrhundert, das andere ein steinernes Weihwasserbecken von 1495, das ehemals auf einem Regensburger Friedhof stand. Der hohe pfeilerför mige Sockel des Beckens enthält eine Nische mit Zugvorrichtung zur Aufnahme eines Armeseelenlichtes. Beide Stücke fanden einen würdigen Platz in dem reitenden Garten des Museums, der durch Verbindung von

Natur und Kunst den Besucher so poetisch und malerisch anmuthet.

Bad Kissingen, 15. April. (A. 3.) Heute wurde hier das Aktien Bade ⸗Etablissement eröffnet Zum Gipfel des Finsterberges wird eine Fahrstraße angelegt, welche sich durch den Bellingshain hinzieht. Trotz der frühen Jahreszeit sind bis jetzt bereits 40 Badegäste angekommen.

Rappenau, 16 April. (Karlär. Ztg.) Seit einigen Tagen wird Seitens des Mannheimer Alterthum s vereins in Gemein— schaft mit dem Geheimen Hofrath Wagner an der Untersuchung von Grabhügeln im Freiherrlich von Gemmingen'schen Walde gearbeitet. Mehrere Hügel sind geöffnet worden und haben inter essante Ausbeute, Schmuckstücke von Bronze, Bernstein und Glas sowie Gegenstände einer Pferde Ausrüstung geliefert. Die Ausgrabung soll noch fortgesetzt werden.

Hamburg Das Hamburger Hülfseomitsé für deutsche Seemannsmission in auswärtigen Häfen erläßt soeben einen Aufruf, dem die ‚Hamb. Börsenhalle“ das Nachstebende entnimmt: „Die in englischen Häfen begonnenen Arbeiten, welche unsere Seeleute vor Uebervortheilung und schlechter Gesellschaft schützen und für ihr leibliches und geistliches Wohl durch bewährte Einrichtungen sorgen, werden immer mehr von den Matrosen unserer Han— delsflotte dankbar anerkannt. Das Seemannsheim in Cardiff mit 20 Betten, das in South Shields, für dessen Begründung vor einem Jahre der Hohe Senat eine Beihülfe von 2000 S gewährt hat, sowie die an 4 Orten bestehenden Lesezimmer, in

denen die Seeleute ihre freie Zeit zubringen können, werden in einer alle Erwartungen befriedigenden Weise benutzt; gute Lektüre wird in Lesemappen an Bord gegeben. Ein vortreffliches neues Andachtsbuch für Seeleute findet weite Verbreitung, Adreßkarten für die deutsche See⸗ mannsmission werden Jedem gegeben, der in See geht. Die für die Seemannsmission Angestellten fahren fort, mit gutem Erfolg Besuche auf den Schiffen zu machen (auf 1300 Schiffen sind 44065 Befuche gemacht), und es gelingt ihnen in vielen Fällen, unerfahrene junge Seeleute vor Verführung und Aussaugung durch habgierige Logier⸗ wirthe und ihre Helfer und Helferinnen zu schützen. Gesunden und Kranken wird vielfach Beistand geleistet; die Einladungen zu den Gottesdiensten für Seeleute finden oft freundliche Beachtung. Zu den vom General-Comits für Seemannsmission in England und Wales, in Sunderland, Hartlepool, Middlesborough, South⸗Shields, Liver⸗ pool und zu den von den vereinigten deutschen lutherischen Vereinen für innere Mission mit dem Vorort Hannover im Bristol Kanal getroffenen Einrichtungen ist nun auch ein Seemannsbeim in London gekommen. Seemannsmission wird auch in Kurzem in der Kapstadt eröffnet werden. Hamburg als erste Seestadt des Deutschen Reichs wird gewiß nicht zurückstehen wollen, sondern dies nützliche Unter— nehmen durch Beiträge unterstützen. Von den genannten Vereinen aufs Dringendste gebeten, wenden wir uns vertrauensvoll an alle für die deutsche Seefahrt sich Interessirenden, besonders die Herren Rheder Hamburgs, in deren Interesse es liegt, der Demoralisation und Desertion der Seeleute im Auslande vorzubeugen, und bitten der guten Sache ihre Sympathie zuzuwenden. Beiträge können per Bank an die „Hamburger Filiale der deutschen Bank“ für Deutsche Seemannsmission oder per Kasse an die Herren H. Fölsch. Hermannstraße 50. Kassirer, Pastor Lindner, St. Göorg, Bleicherstraße 8, Rud. Torentzen, Pinnasberg 32, R. Rettich, Reuer— wall 7, Hauptpastor Dr Röpe, Jakobikirchzof 13 und Pastor Weymann, Harvestehude gezahlt werden.“

Johannisbad im böhmischen Riesengebirge. Die Eröffnung der Badesaison, dürfte in vier Wochen stattfinden. In den Restaurants und Villen regen sich schon die Hände, um alles für den Empfang der Kurgäste bis zum Eröffnungstermin 19. Mai fertigzuftellen. Die Zahl der Wohnungen für Kurgäste erfuhr wieder eine Vermehrung; Anlagen, Wege und Plätze wurden in den beslen Stand versetzt. Zu dem Bau der von oͤsterreichischer Seite aus auf die Schneekoppe projektirten Zahnradbahn wird es schwerlich kommen, da der bedeutendste Besitzer jener Strecke, über welche die Bahn gehen soll, bei der jüngst in Trautenau stattgefundenen Kommisstons« verhandlung gegen das Projekt Einwendungen erhob. Dagegen aber wird Johannisbad noch im Laufe dieses Jahres eine neue Trink wasser-Hochquellenleitung erhalten. In der vorjährigen Saison war Johannisbad von eirea 3060 Kurgästen besucht.

zu 2000 Fres. Geldbuße verurtheilt.

Kairo, 18. April. (R. B.) Die Regierung hat im Ein— verständniß mit den General-Konsuln der auswärtigen Mächte in ganz Egypten die Spielsäle aufgehoben, nachdem auch der griechische Konsul, welcher gegen die Schließung der griechischen Säle Einspruch erhoben hatte, endgültig der Schließung der Spielfäle aller Nationalitäten zugestimmt hat. Der ‚Turf⸗Club“ beschloß heute, das Baccarat: Epiel zu verbieten, und man erwartet, daß Seitens des „Club Khedivial“' das Gleiche geschehen werde.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

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Wetterbericht vom 19. April, Morgens 8 Uhr.

41 R.]

Stationen.

W. Taubert.

Bar auf 0 Gr

u. d. Meeressp.

Wind. Wetter.

2 362 2 3

2 58 S828 8

3 *. S

Mallaghmore Aberdeen. Christiansund Kopenhagen. 3 bedeckt Stockholm. 6 wolkig Vaparanda. 771 O 1 wolkenlos St. Petersbrg. . 2 bedeckt Moskau. 1 bedeckt Cort. Queens town... 760 ONO 2 bedeckt Cherbourg. 758 NNO H Nebel 256 no 3 bedeckt 7254 NO 4 wolkig Hamburg.. 752 NNO 3 Regen i) Swinemünde 757 NO Niebel 52 SSO 2bedeck? 1565 O 1 *dedegt 4 WMW Z bededk K. 2Regen Karlsruhe.. 754 SW A bedeckt Wiesbaden. 753 still bedeckt I5tsz SW 4 bedecl) 54 SW A2 wolkig 152 SW 3 Regen) 255 O heiter 754 S

5 wolkig 2 bedeckt 3 wolkenlos

Montag:

8

d w N QQ 50 C

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ö Triest .... 757 OSO 1pedeckt

1 Nachts anhalt. Regen. ) Nachts Regen. 2) Nachts etwas Regen. I Nachts anhalt. Regen.

Uebersicht der Witterung.

Das barometrische Minimum, welches gestern über Thüringen lag, ist mit abnehmender Tiefe

westdeutschen Küste fort, während an der ostdeutschen

ist in Central⸗Europa trübe und vielfach regnerisch. Die Temperatur ist in Deutschland im Nordosten estiegen, im Uebrigen im Durchschnitt etwas ge— allen. In Rügenwaldermünde, Grünberg und Fried— richshafen fanden Gewitter statt.

Deutsche Seewarte.

Theater⸗Anzeigen.

Nönigliche Schauspiele. Sonntag: Opern. band? haus. 92. Vorstellung. Othello. Oper in 4 Akten von Giuseppe Verdi. Text von Arrigo Boito.

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är die deutsche Bühne übertragen von Max Kalbeck. In Scene gesetzt vom Qber⸗Regisseur Tetzlaff Dirigent: Kapellmeister Sucher. Schauspielhaus.

Zeutsches Theater. Sonntag: Mein Leopold.

Montag: Krieg im Frieden. Dienstag: Mein Leopold. Mittwoch: Götz von Berlichingen.

Derliner Theater. Sonntag: Eva. Montag: Uriel Acosta. Dienstag: Die wilde Jagd.

Tessing - Theater. Lustspiel in 5 Akten von Victorien Sardou.

Montag: Die Ehre. Schauspiel in 4 Akten von Hermann Sudermann.

Dienstag: Rabagas.

Dictoria-Theater. Sonntag:

Montag: Dieselbe Vorstellung.

Sonntag:

Schauspiel von H.

97. Vorstellung. Der Sturm.

Anfang 7 Uhr.

Anfang 7 Uhr. 98. Vorstellung. Die Anna⸗

Sgra. Prevosti) Anfang 7 Uhr.

elle Alliance Theater.

und A. Wicher. Anfang 74 Uhr.

Central - Theater.

Sonntag: Rabagas. . mit Gesang in 4 Akten

G. Steffens. Anfang 74 Uhr.

Montag: Dieselbe Vorstellung.

Der Sommergarten ist geöffnet.

Urania, Invalidenstraße 67 / 62. 3 11 Uhr. schichte der Urwelt.

Montag: Dieselbe Vorstellung.

Anfang 7 Uhr. Stanley in Afrika. Zeitgemälde in 10 Bildern

von Alex. Moszkowski und Richard Nathanson. ; . K ,. 66. 3. 6 A. Raida. Ballet von C. Severini. Concert von Dora Sellini (Mezzo⸗Sopran) unter ; Anfang r.

Nach A. W. v. Schlegel's Uebersetzung. Musik von . Tanz von E Graeb In Scene gesetzt vom Direktor Dr. Otto Devrient Musikalische Direktion: Hr. Steinmann. Anfang 7 Uhr.

. , K Das äthchen von Heilbronn. Romantische Oper in nathan. ;

4 Akten von Carl. Reinthaler. Text frei nach H. . K, von Kleist's gleichnamigem 3 Bulthaupt. Anfang 7 Uhr.

Schauspiel haus. Zauber ⸗Komödie in 5 Aufzügen von Shakesveare. Nach A. W. v. Schlegel's k. Musik von W. Taubert. Tanz von E. Graeb.

Dienstag: Opernhaus. 94. Vorstellung. Don butg. JInan. Oper in 2 Akten mit Tanz von Mozart. Tert von Daponte.

Schauspiel haus. Lise. Schauspiel in 5 Aufzügen von Hermann Hersch. Anfang 7 Uhr.

Friedrich -Wilhelmstädtisches Theater. Fark? Meerer, ge,,

Residenz- Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ rg. Sonntag: Zum 71. Male: Lustspiel in 3 Akten von Victorien Sardou. Deutsch von Robert Buchholz. Anfang 71 Uhr.

Montag u. folg. Tage: Marquise.

Kroll's Theater. Jialienische Opern⸗Saison. Sonntag: Lucia di Lammermoor. (Lucia:

Montag u. folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.

Direktion: Emil Thomas.

Sonntag: Vorletzte Sonntags ⸗Vorstellung in dieser Saison. Zum 38. Male: Ein fideles Haus. (Rhtees) . Hrn. nach einer vor⸗ andenen Idee von W. Mannstädt.

Ritiez;. als. gutspie ig 1 Akt gon Grile 3s Feile: Chenfselttz Klaö'retbe Gallus. Zun

nordostwärts nach der Odermündung fortgeschritten. Aumt ierauf: er f Die frischen nordöstlichen Winde dauern an der n,, Scauspiel in 3 Atten

die Winde schwächer geworden sind. Das Wetter , Luftspiel in 4 Akten

Adolph Ernst-Theater. Dresdenerstraße 72.

Sonntag: 3. 71. M: Der Goldfuchs. Gesangs⸗ posse in 4 .,. von k Leopold Ely. Wallner - Theater. Sonntag: Zum 2. Male: gen lg, re he e n rr n, ,,, Rigobert. Posse in 3 Akten nach dem Franzö⸗ sischen der Grenet⸗Dan court u. Burone von Hans Ritter. Vorher: Zum 2. Male; Das Arm. 73 Male: Der Goldfuchs. , hand. Schwank in 1 Akt nach einer vorhandenen

jj von Fritz Mm und Franz Guthery— Anfang r. Montag u. folg. Tage: Rigobert. Das Arm⸗

Dienstag: Benefiz für Marie Reichardt. Zum

Sonntag, um 75 Uhr:

Zum 244. M. Coneert⸗Anzeigen.

Römischer Jof. Montag, 21. April: Zweites

gef Mitwirk. der . Frl. Stella Naht und des Violinisten Hrn. Hemy Berény. Anfang 7 Uhr.

Concert-HJaus, Leipzigerstr. 48 (früher Bilfse) Vorletzter Sonntag,

Zum 94. Male; Der arme Jo, Abend 6y Uhr: Gesellschafts-⸗Äben?

Montag, Abends 75 Uhr: Letzter Beethoven⸗

. Musik von Carl Millöcker. Abend. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: x · VQVu—Q—Ki—1 Hr Kapellmeister Federmann. Anfang 7 Ubr.

Montag: Der arme Jonathan.

Familien Nachrichten.

Verlobt: Frl. Helene Greßler mit Hr. Gustav Rieseler (Leipzrig - Burg b. Magdeburg). Irl. Alga Thiel mit Hrn. Dr. Fritz Krantz (Berlin Bonn) = Frl, Anna Kroker mit Hrn. Kaufmann Hugo Schön (Berlin). Frl. Johanna Becker mit Hrn. Thomas Bing (Rostock Hofheim im Taunus). Frl. Mathilde Hilgers mit Hrn. Hans Hiedemann (Köln). Frl. Auguste Ewers mit Hrn. Gutsbesitzer Franz Richart. Willmes Küstelberg i. W. Oberfleckenberg i W.). Fr. Rosa Brüggemann, geb. Lochner, mit Hrn. Masor Dans. Ferno (Aachen Bonn). Frl. Emma Krause mit Hrn. Lehrer Robert Eigner (Inster burg Königsberg).

Mar qunise.

Sonntag: Mit n . 9 gönn fan mnesh ,, n, b, de Verehelicht: Hr. Amtsrichter Klemens Raestrup

Nantilus. Großes Ausstattungsstück mit Gesang J und Tanz in 4 Akten und 13 Bildern nach Jules Verne von Carl Pander. Musik von E. Christiani

mit Frl. Thereschen Gentrup (Lichtenau i. W— Ostenfelde i. W.). Hr. Eugen Seger mit Frl. Klara Zander (Magdeburg). Hr. Leo Brocker mit Frl. Maria Storme (Krefeld). Hr. Christian Schneider mit Frl. Selma Effenberger (Rhein⸗ breitbach Ehrenfeld). Hr. Hugo Dietert mit Frl. Franziska Anika (Berlim.

Geboren: Ein Sobn: Hrn. Prem. -Lieut. Grafen Albrecht v. Pfeil (Leobschütz⸗. Hrn. Rob. Engel (Rostock)h. Hrn. Alex Kersten

Heinrich Hennewig (Reckling⸗ bausen). Hrn. Polizei ⸗Lieut. Emil Schade (Berlin). Hrn Gustav Glinicke (Berlin). Eine Tochter: Hrn. Amtsrichter Heygster Fischhausen). Hrn. Max Kind. (Leipzig). Hrn. Polizeirath Dr. Berger (Leipzig!. Hrn. MaxßMoench (Breslau).

Gestorben: Hr. Rentier Wilh. Eduard Bötzow Berlin) Hr. Kanzleirath Louis Schumann (Berlin) Hr. Julius Schmidt (Berlin). Hr. Rentier Friedrich Adolph Schröder (Berlin). Hr. Kaufmann Otto Brandt (Berlin). Hr. Gymnasial⸗Oberlehrer Theodor Duda (Brieg). Frau Friederike Mewes, geb. Biemann (Rostoch.

Redacteur: J. V.: Siemenroth.

Berlin: Verlag der Expedition (Scholy.

z Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlage Geöffnet don Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32. Die Ge⸗ ; .

Sieben Beilagen Leinschließlich Börsen · Beilage).

Musik von

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

3 97.

Berlin, Sonnabend, den 19. April

1890.

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Varlamentarische Nachrichten.

Schlußbericht der gestrigen (43.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten. Fortsetzung der dritten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Feststellung des Staatshaushalts-Etats für das Jahr 1890,91, und zwar des Etats des Ministeriums der geist— lichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegen—

eiten. h Abg. Dr. Windthorst: Dem Minister und dem Grafen Limburg-Stirum muß ich nachrühmen, daß sie Beide sehr sachlich und versöhnlich gesprochen haben. Was der Minister über die Initiative der Volksvertretung gesagt hat, ist weder kon⸗ stitutionell geboten, noch auch nur wünschenswerth. Aber ich verstehe den Minister recht wohl. Er will es gern so lassen, wie es ist, und es wird so bleiben, wenn wir die Initiative ergriffen, da nach seiner Meinung alle die Herren um uns auf seinen Wink unsere Anträge einfach ablehnen würden. Diese große Barriére richtet er gegen unsere Initiativanträge von vornherein auf. Ich muß Ihnen sagen, Herr Minister, daß es mich in höchstem Grade betrübt, daß gerade Sie so etwas thun und gerade Sie sich weigern, die nöthigen Vorlagen auszuarbeiten. Wozu geben wir denn Ihnen und Ihren Räthen das Geld? Die Dinge können ver— ständig nur so geordnet werden, daß man die Einsetzung einer Kommission veranlaßt, zu welcher auch die kirchlichen Organe gehören und an der Detailberathung mit theilnehmen. Sonst sind die Bemerkungen des Ministers nichts als Hohn! Ich würde übrigens auch selbst bereit sein, einen Entwurf zu machen, der vor dem Staate und vor dem Landtage auch bestehen kann, wenn der Herr Minister mir die Vertretung an seinem Tische überlassen will. Ich hebe dies hervor, weil es tief eingreift in die Stellung der Regierung zur Volksvertretung. Der Abg. Graf zu Limburg-Stirum sagt, der Kulturkampf ist nicht von einzelnen Menschen, sondern von elementaren Gewalten gemacht worden, er hat dies ohne festere Begründung als Behauptung aufgestellt. Für mich ist es ein Klang ohne Inhalt. Vielleicht war es eine Epoche der deutschen Entwickelung; als die Katholiken in Deutschland die Majorität hatten, wurde festgesetzt das corpus evangelicorum und das corpus ceatholicorum. In Religionssachen konnte die Minorität niemals durch die Majorität überstimmt werden. Als die Evangelischen die Majorität erhielten, glaubten sie die Katholiken unterdrücken zu können und soweit sie das nicht konnten, wollten sie eine Nationalkirche machen. Den Kulturkampf hat Fürst Bismarck begonnen, soweit er beendet ist, hat ihn Fürst Bismarck beendet, er allein; denn nur er hatte die Macht dazu, alle widerstrebenden Elemente zu überwinden. Ich freue mich, Gelegenheit zu haben, dem Fürsten Bismarck für das Wiedergutmachen meinen herz— lichen Dank auszusprechen, und ich hoffe, daß sein Nach— folger das gut begonnene Werk aufnehmen und der Kultus— Minister ihm dabei die Hülfe leisten wird, die er dem Fürsten Bismarck geleistet hat. Ich komme nun zu den Einzelheiten. Was die Vertretung der katholischen Interessen betrifft, so müßten wir eigentlich 2 Kultus-Minister, einen katholischen und einen evangelischen haben. Ja, warum wollen Sie mich nicht zum Kultus-Minister haben? Ich habe ja auch in Hannover viel mit kirchlichen Angelegenheiten zu thun gehabt. Die Katholiken in Hannover sind trotz ihrer Minderheit stets mit Gerechtigkeit und Wohlwollen behandelt worden, das ist der Unterschied zwischen Hannover und Preußen. Es ist nicht einerlei, wer die Sachen bearbeitet. Wir sind ebenso klug, ebenso redlich, wir können ebensoviel leisten wie Ihr, das ist genug! Katholische Räthe müssen zunächst in ge— nügender Zahl in einer Abtheilung die katholischen Sachen bearbeiten. Ohne die Aufhebung der katholischen Abtheilung wäre der Kulturkampf unmöglich gewesen. Ich wußte ja, daß der Minister sagen würde, er sei für alle diese Sachen verantwortlich. Das ist für mich ein leerer Schall. Ein Mann, der so viel zu arbeiten hat, kann die Sachen nicht kennen, und wenn er sie kennt, kann er sie nicht approfon⸗ diren. Es ist eine reine Fiktion, zu glauben, daß der Minister alles verantwortet. Nein, der Ministerial-Direktor macht die Dinge, nicht er; er giebt höchstens ganz allgemein die Direktion. In allen wesentlich katholischen Dingen wird ein katholischer Rath gehört, sagt der Minister. Was heißt „gehört“, was heißt „wesentlich katholisch“? Es wird vielfach von der Förderung des Studiums innerhalb Deutschlands bei den jungen Klerikern dispensirt, sagt der Minister. Das ist es ja eben; wir wollen nicht abhängen von einem Dispens, wir wollen ein Recht, wie die Evangelischen es haben. Nach den Ausführungen des Ministers bezüglich des Einspruchsrechts stelle ich fest, daß es damit genau so liegt, wie ich behauptet habe. Ich hatte ja angekündigt, daß ich die Sache hier wieder vor— bringen würde; da hätte man doch mit dem Minister des Aus— wärtigen konferiren müssen, und warum ist denn der Minister des Auswärtigen überhaupt nicht gegenwärtig? Es wäre doch

sehr wünschenswerth, wenn er hier wäre, um sich zu infor-

miren; von den Verhandlungen hierüber wird es doch wesent⸗ lich abhängen, ob wir auf dem Gebiet der Verständigung vorwärts kommen oder nicht. Wegen des Schulaussichtsgesetzes sprechen wir uns bei meinem Schulantrag. Was das Sperr—⸗ gesetz betrifft, so danke ich dem Minister für die gegebene Erklärung. Möge es endlich kommen in einer nach In— halt und Form uns zusagenden Gestalt. Die alt⸗ katholischen Dinge haben sich gewiß bei uns etwas anders entwickelt, als in Bayern, aber dort wie hier hat man die Altkatholiken als. Mitglieder der katho⸗ lischen Kirche behandelt. Das Altkatholikengesetz widerspricht durchaus dem Gerechtigkeitsgefühl. Nur die Kirche kann sagen, was zu ihr gehört, nicht der Staat. Die Regierung thäte wohl, in dieser Hinsicht uns nicht zu viel Widerstand zu leisten. Sieht sie denn nicht in der evangelischen Kirche die , n, Bestrebungen, deren Vertreter auf Grund des ltkatholikengesetzes behandelt zu werden verlangen! Wie will der Minister das der evangelischen Kirche gegenüber ver⸗ antworten? Auf die Verfassungsfrage hat der Minister sich nicht eingelassen. Die Verfassungsartikel müssen wieder—

hergestellt werden, sie sind die Basis des Vertrauens der Katholiken in Preußen. war nicht mein Hauptzweck; der lag in der Auf— zählung der Beschwerden, die ich vorgebracht habe, damit man überall wisse, woher es kommt, daß unserer gemeinsamen Arbeit immerfort durch bureaukratische Spitzfindigkeit Hinder— nisse bereitet werden. Sie zeigen uns fortwährend Mißtrauen, wo allein Vertrauen neue Kraft und neue Eintracht herbei⸗ führen kann. Man soll doch nicht so ängstlich durch Landräthe und Bürgermeister abwägen lassen, ob nicht eine Schwester mehr oder weniger einen Kranken mehr oder weniger pflegen darf. Lesen Sie die Evangelien, da finden Sie nichts von dieser Aengstlichkeit, und vor dem Kulturkampf war sie auch nicht vorhanden. Ob die Kapuziner in Mainz, Koblenz oder Köln sitzen, das sollte doch der leitenden Macht Deutschlands einerlei sein. Sie treiben hier eine kleinliche Politik. Binden Sie die Kirche ferner an Händen und Füßen, entziehen Sie ihr ihre Organe, dann müssen Sie sich nicht wundern, daß wir nicht leisten können, was wir sonst leisten würden, und was zu leisten auch in Ihrem Interesse liegt. Alle weltlichen Maßregeln werden vergeblich sein; die Freiheit der Kirche und eine christliche Schule ist die einzige Remedur gegen die Leiden der Zeit. Wollen Sie das nicht, nun so mögen Sie die Leiden der Zeit in Gottes Namen über sich ergehen lassen.

Abg. Dr. von Stablewski kommt auf die zweite Lesung zurück und hebt hervor, daß die Behauptung des Kultus⸗ Ministers, daß in Posen die Deutschkatholiken nur mit Dispens eine Trauung oder Taufe in deutscher Sprache erhalten können, vollständig unrichtig sei, wie die Erklärung der Pfarrer von der Franziskanerkirche beweise. Ueberhaupt seien die Infor— mationen des Ministers vielfach unrichtig gewesen, und er be— daure, daß der Reichskanzler heute nicht anwesend sei, damit er auch der polnischen Frage seine Aufmerksamkeit zuwenden könne. Der Reichskanzler könnte dann sehen, wie das Vor— gehen der Behörden einen immer tieferen Spalt zwischen der Bevölkerung und der Regierung öffnet, namentlich durch die Unterdrückung des Religionsunterrichts in der Muttersprache. Von Ordensniederlassungen ist keine einzige bei uns gestattet worden; jedenfalls ist auch das lediglich den falschen Informationen des Ministers zuzuschreiben. Die Zeitungen bringen die Nachricht, daß am Gymnasium in Posen der Unterricht in der polnischen Literaturgeschichte be— seitigt und für den Unterricht in der polnischen Sprache ein Buch eingeführt ist, welches bisher nur in Elementarschulen benutzt worden ist. Eine solche Vernachlässigung des Pol— nischen ist doch für die Provinz Posen sehr bedauerlich.

Abg. Jo hannsen: Der Kultus-Minister hat einen Schul— inspektor, uber welchen ich Beschwerde geführt habe, als einen verdienten Mann hingestellt. Dieser verdiente Mann, der Prediger Pries, steht in einem sehr schlechten Verhältniß zu seiner Gemeinde, sodaß die Gemeinde fast einstimmig das Konsistorium um seine Abberufung gebeten hat. Freilich ist diese Bitte abschlägig beschieden morden. Ein anderer Predi⸗ ger, der in seiner Gemeinde sehr angesehen ist, ist wegen Be— leidigung des Ministers zu Gefängnißstrafe verurtheilt worden.

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. von Goßler:

Meine Herren! Ich verzichte darauf, zu diskutiren, ob ich richtig gehandelt habe oder nicht. Mir ist es auch ganz gleichgültig, ob der Derr Abgeordnete spricht oder die Steine schreien läßt. Weshalb ich ier das Wort ergreife, ist lediglich, um diese Anzapfung gegen ver— schiedene Beamte zurückzuweisen. Ich kann den Herrn Vorredner nur bitten, daß er Alles, was er gesagt hat, drucken läßt, damit die ordent⸗ lichen Gerichte darüber entscheiden. Diesen Vergleich mit den beiden Stellen, die hier angeführt sind, überlasse ich ihm natürlich. Ich kann nicht dafür, wenn das Gericht den Mann zu Gefängniß ver— urtheilt. Was ich aber gethan habe, das will ich auch hier vertreten. Ich halte es heutzutage für die Aufgabe eines jeden Geistlichen, mag er einer Konfession angehören, welcher er will, sich dieses Maß von Selbstbeschränkung aufzuerlegen, welches er der Welt und der Obrig— keit schuldig ist, auch in Bezug auf seine Religion. Ich kann mir nicht gefallen lassen, der ich nicht aus freien Stücken auf meiner Stelle stehe, sondern ausdrücklich auf Befehl Sr. Majestät, und alle die Funktionen, die ich wahrzunehmen habe und die in dem komplizirten Verhältniß eines Kultus⸗Ministers liegen, auf Grund dessen vornehme, daß ein Geistlicher, sei es der evan— gelischen oder einer sonstigen Kirche, sich hinstellt und mich mit Be leidigungen überschüttet. Mir persönlich ist es ganz egal, ob mich Jemand beschimpft oder nicht, aber es ist nicht egal, ob mich Jemand in meinem Amte beschimpft, das kann ich meinem König und dem Staate gegenüber nicht dulden. Darum hin ich eingeschritten. Mir thut es leid, daß es dahin gekommen ist, aber die Folgen davon kümmern mich nicht. Diese Parallele, die Sie daran knüpfen, über— lasse ich Ihnen; mir ist das gleichgültig, das mögen Sie mit Ihren nordschleswigschen Herren abmachen. ; .

Da ich nun einmal spreche, so gestatte ich mir noch auf eine Bemerkung zurückkommen, die der Hr. Abg. von Stablewski gemacht hat. Die Rede war in der, Hauptsache nicht an, mich gerichtet, sondern an den Herren Minister · Präsi⸗· denten, derselbe wird ja davon Kenntniß nehmen. Ich habe, was die Franziskanerkirche anbetrifft, sofort in Folge der Dis kussion, welche stattgefunden hat, den Ober-Präsidenten zum Bericht auf⸗ gefordert. Der Bericht ist noch nicht materiell erstattet, er hat nur einen vorläufigen Bericht eingereicht. Aber ich glaube, daß doch sehr viel von dem bestehen bleiben wird, was ich gesagt habe. Indessen ich darf wohl daran erinnern, meine Herren: Wie es den deutschen Katholiken in der Provinz Posen ergangen ist, wissen Sie doch alle. Die Zahl der Bamberger z. B betrug in den fünfziger Jahren einige Tausend, die sprachen alle deutsch, die Schulen waren alle deutsch; heute spricht kaum noch einer in der Familie ein Wort deutsch, und zwar auf Grund der Amtshandlungen, welche die Geistlichen der Stadt Posen, denen sie überwiesen waren, vorgenommen haben. Es ist vorgekommen und ist erwiesen, daß in Hunderten von Fallen die Aus- stellung der Taufscheine in polnischer, mindestens in lateinischer Sprache erfolgt ist, daß die Uebersetzung der Namen aus dem BDeutschen ins Polnische erfolgt ist. Und auf die Weife ist eine Be— völkerung, welche sich noch heute durch eine urdeutsche Tracht aus⸗— zeichnet, vollkommen polonisirt worden. Das ist auch eine Geschichte. Ich habe die Verlesung des Herrn Abgeordneten nicht vollständig ge—⸗ hört, was ich aber davon gehört habe, das, glaube ich, ist eine Ur— kunde, auf welcher die Staatsverwaltung und die deutschen Katholiken in Posen fußen werden. In der . wenn ich es recht ver—⸗ standen habe, danke ich es dem Herrn Vorredner, daß jetzt Farbe bekannt wird, daß die Herren ihre Verpflichtung, welche sie

Die Erörterung der Ordensfrage

den deutschen Katholiken gegenüber haben, anerkannt haben. Ich

werde die nothwendigen Konsequenizen daraus ziehen. .

Was die Frage mit den Orden betrifft, so ist es richtig, daß eine Reihe von Wiederzulassungen abgelebnt worden sind. Die Herren haben ja die Verhältnisse bier kennen gelernt, als wir über die Rückgabe des Vermögens verhandelten; da ist über die Philippiner in eingehender Weise hier gesprochen worden. Also darauf möchte ich mich beziehen. Mit welchen Schwierigkeiten da die Verwaltung zu kämpfen hat, ersehen Sie aus einem sehr schlagen den Falle. Ich habe hier wiederholt früher vorgetragen, daß die Vinzentinerinnen in Kulm eine Thätigkeit entwickeln, die weder nach nationaler, noch nach christlich'charitativer Seite einwandsfrei ist. Aus der neueren Zeit zB, wo die Staatsverwaltung immer in die Lage gedrängt wird, als friedliche Partei sich be— zandeln lassen zu müssen, haben wir ruhig die Vinzentinerinnen walten lassen in einer Krankenanstalt in Zduny In der Nähe jener Krankenanstalt liegt eine Waisenanstalt. Bekanntlich muß nach der Gesetzgebung ein Orden, wenn er ein Waisenhaus über— nehmen will, Genehmigung dazu haben; diese haben die Damen natürlich nicht nachgesucht, sie haben heimlich eine Thür durchgebrochen und die Verpflegung und Unterhaltung der Waisen selbst in die Hand genommen. . .

Meine Herren, das sind Zustände, die wirklich überaus unerfreu⸗ lich sind, und ich bin neugierig zu hören, ob diese Thatsache abgelehnt wird. Nach meinem Wissen haben wir durchaus nicht irgendwie der Errichtung von Niederlassungen in der Provinz Posen widerstritten; im Gegentheil, ich entsinne mich, daß ich mit dem früheren Vikar Fürsten Radziwill dringend dahin gestrebt habe, daß eine Ordens thätigkeit sich entfalte, welche nicht dieser Vorwurf der Entnationalisirung trifft. Prinz Radziwill war derjenige, welcher zuerst die Elisabetherinnen nach Ostrowo rief. Die Elisabetherinnen haben seit der ersten Nieder⸗ lassung, welche der Prinz Radziwill gründete, eine zweite Niederlassung im Kreislazareth zu Ostrowo erhalten, sie haben neue Niederlassungen in Fraustadt, Schrimm, Jersitz und Zirke. .

Außerdem sind die Borromäerinnen in Posen ausgebreitet worden, zunächst haben sie die Niederlassung in Rokitten und Kempen. Ich will damit nur agen: sobald das kirchliche Element in den Vorder grund tritt, wird die Regierung bereit sein, wie in anderen Provinzen dem Bedürfnisse der Bevölkerung entgegenzukommen. Aber der Fall, den ich angeführt habe aus Zduny, macht es mir zu meinem Be— dauern leider nicht möglich, mit derjenigen Vertrauensseligkeit, dem dort bisher fungirenden Orden der Vinzentinerinnen aus Kulm ent— gegenzukommen, als ich mich nach meiner Auffassung der ganzen An— gelegenheit hingeben möchte.

Abg. Jürgen sen: Das Sprachreskript von 1888, welches der Abg. Johannsen mit agitatorischen Reden bekämpft, ist kein unheilvolles, sondern ein durchaus den Bedürfnissen und den Wünschen des größten Theils der Bevölkerung ent— sprechendes. . .

Abg. Im Walle betont wie in der zweiten Lesung die Nofkhwendigkeit einer Gehaltsaufbesserung der Beamten am Lyceum Hosianum in Braunsberg und bittet, dieselbe schon im Nachtrags⸗Etat vorzunehmen.

Minister der geisllichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. von Goßler: J

Ich kann mich mit der kurzen Erklärung begnügen, daß ich sage: den Anschauungen des Herrn Vorredners kann ich nicht entgegentreten. Ich halte es in der That für meine Aufgabe, nach der angedeuteten Richtung eine erneute Prüfung eintreten zu lassen; sie ist ja auch schon eingetreten.

Das kann ich aber nicht versprechen, daß im Nachtrags-Etat, für welchen etwas andere Gesichtspunkte maßgebend sind als die hier zur Erörterung stehenden, die Angelegenheit den von dem Herrn Vor redner gewünschten Verlauf nimmt. Denn wie Sie, wie ich annehme, aus dem sehr bald vorliegenden Nachtrags-Etat ersehen werden, reicht die Summe von 18 Millionen nicht aus, um auch bei dieser Kategorie, von der der Herr Vorredner gesprochen hat, eine Aufbesserung der Lage herbeizuführen. Aber ich würde jedenfalls nach der Anregung im nächsten Etat es für meine Aufgabe halten, den Versuch zu machen, dem Wunsch des Herrn Vorredners zu ent— sprechen.

Was die Verschiedenheit zwischen Philosophen und Theologen anlangt, so glaube ich, liegt der Unterschied darin, daß die Philosophen nicht alle Geistliche sind oder zu sein brauchen; ich erinnere mich wenigstens, daß ich auch Verheirathete unter den Herren kennen gelernt habe. Ich nehme an, ich bin nicht vorbereitet daß dadurch diese auffallende Differenz ihre Erklärung findet. Aber in der Hauptsache kann ich versprechen, daß ich versuchen werde, dem Wunsche des Herrn Vorredners Folge zu geben.

Abg. Dr. Mosler legt die Gründe dar, die für die Er— richtung einer katholischen Schule für die 115 katholischen Kinder in Weißensee bei Berlin sprechen.

Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. von Goßler:

Meine Herren! Was daz Letzte anbetrifft, so würde ich, glaube ich, in der Lage sein, sofort eine zutreffende Antwort zu geben, wenn ich eine Ahnung gehabt hätte, daß das Thema angerührt werden würde. So viel ich weiß, habe ich bereits angeordnet oder die An ordnung ist im Gange, daß die Einschätzung des Stelleneinkommens für eine gewisse Frist stationär bleiben möge. Das liegt, glaube ich, schon im Interesse der Verwaltung selbst.

Zweitens, was die Gehaltszuschüsse anbetrifft oder vielmehr die Speztalfrage, ob, wenn ein Pfarrer zwei Pfarreien verwaltet, ihm bei der Bemessung des Geldzuschusses die Einkünfte aus beiden ange— rechnet werden können, so ist meines Wissens ein solcher Fall aus der Praxis, aus der Rheinprovinz in den allerletzten 8 oder 14 Tagen an mich herangekommen. Ich habe ihn bisher nicht entschieden, ich habe ihn wahrscheinlich zum Vortrage befohlen; aber die Herren können sich denken, daß ich ihn in der gegenwärtigen Zeit noch nicht habe entgegennehmen können.

Was die Schule zu Weißensee anbetrifft, so ist mir dieser Fall bekannt. Er ist noch nicht entschieden, er ist mir aber bekannt. Der Fall ist typisch in seiner Schwierigkeit. In Weißensee haben sich in ganz kurzer Zeit Katholiken angesiedelt, arme Leute, Arbeiter, und haben jetzt, man kann sagen, von Monat zu Monat steigend, die Zahl von 115 Schulkindern erreicht. Ich babe also, sowie ich von der Sache Kenntniß erhielt, die Gemeinde, welche die evangelische Schule auf den Kommunal-Etat übernommen hat, aufgefordert, eine katholische Schule einzurichten. Die Gemeinde hat dies abgelehnt. Ich bin nun durch das Gesetz außer Stand gebracht, es selbständig anzuordnen; mir bleibt nur der Weg des Verwaltungs beschlußver⸗ fahrens übrig, welcher etwas lang und in seinem Erfolge, wie ähn— liche Fälle gezeigt haben, ungewiß ist. Ich habe versucht, die katho⸗ lischen Hausväter zu einer Hausvätergemeinde zu organisiren. Es hat sich dabei die absolute Leistungsunfähigkeit dieser Hausväter ergeben; man kann wohl sagen, sie haben nichts. Man muß nun darüber nachdenken, wie man ihnen eine Schule verschaffen kann, welche von den eigentlichen Trägern gar nicht finanziell unterhalten wird. Ich habe mit dem Propst Jahnel und ich stelle dem Herrn Vorredner anheim, mit demselben in Verbindung zu treten vor einiger Zeit die Sache durchgesprochen, und habe ihn gebeten, mir die nöthigen