1890 / 99 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 22 Apr 1890 18:00:01 GMT) scan diff

ö 1 1

w

* 2

6 r.

K

.

Theater und Musit.

Deutsches Theater.

In der morgen stattfindenden Aufführung des „Götz von Berlschingen⸗ wird Fr. Geßner zum ersten Male wieder als Maria auftreten. Am Freitag findet eine Wiederaufnahme von Halm's „Sohn der Wildniß' mit Fr. Geßner als Parthenia statt. Am Sonnabend nimmt, wie berelts mitgetheilt, Frl. Ortwin als Anna Birkmeier im „Pfarrer von Kirchfeld! Abschied von der Bühne.

Berliner Theater. = ;

Ludwig Barnavr nahm nach seiner Genesung seine künst⸗— lerifche Thätigkeit gestern Abend als Uriel Acosta in dem gleich namigen Trauerspiel von Gutzkow wieder auf. Ueber die geist volle Auffassung diefer Rolle, über die formvollendete Verkörperung des Üriel durch Hrn. Barnay mit ihren vielen Lichtseiten, welchen sich aber durch das Streben nach plastischer Darstellung auch kleine Mängel der Grscheinung als leichte Schatten beimischen, ist schon oft berichtet worden. Es pleibt daher nur von Reuem die enthufiastische Aufnahme des Künstlers gerade in dieser Rolle von Seiten der Zuschauer zu bestätigen. Rauschender Beifall fosgte jeder größeren Rede und häufte sich naturgemäß auf Hrn. Baͤrnay, da der Uriel fast beftändig auf der Bühne bleibt und stete den Mittelpunkt aller Geschehnisse bildet. Neben ihm ist Hr. Kraußneck in der Rolle des de Silva mit Auszeichnung zu nennen; die ver⸗ ständige herzgewinnende Rede floß ruhig und natürlich von seinen Lippen und hatte außerdem den Vorzug großer Deutlichkeit, welcher Hrn. Basil (Ben Jochai) weniger eigen war. Dieser Dar⸗ steller spielt und spricht mehr mit Hast als mit jugendlichem Feuer; dadurch werden seine Worte bisweilen undeutlich. Hr. Weiß wirkte in der Rolle des Ben Akiba durch milde Einfachheit und maßvolles Mienenspiel. Weniger konnte Hr. Conrad als Mangsse Vanderstraten befriedigen; bei der Darstellung det ruhigen gefetzten. Alters lief zuweilen ein wenig Künstelei in Sprache und Geste mit unter, wodurch der Würde des reichen Handelsherrn Abbruch gethan wurhe. Als Judith, die liebenswürdige, (dle Schülerin Uriel's, debütirte eine junge Künstlerin, Frl. Giselag Pelitzer. Eine zarte Gestalt ven gefälligem Wesen und mit feiner weiche? Stimme erschien auf der Bühne; bis jetzt ist die Aussprache der Barflellerin noch ungewöhnlich stark von einer, wie es scheint, flavischen Dialektfärbung beheerscht, sodaß es schwer fällt, ihr eigent liches Können in dem steten Kampfe der Zunge mit den Worten zu beurtheilen. Es machten sich Töne von warmer Empfindung ja von Leiden⸗ schaft, bemerkbar; doch im Ganzen tönt Alles, was sie spricht, bis jetzt wie liebliche Kinderlaute. Recht anmuthig und verstänzlich gab Frl. Schneider den jungen Philosophen, Baruch Spinoza. Fr. Baumeister fand sich mit der Rolle der blinden Mutter üriel's recht gut ab, ohne bemerkenswerthe Schwächen und ohne be— sfondere Vorzuͤge. Der reiche Beifall rief ale Mitwirkenden wieder⸗ holt vor die Gardine, im Ganzen gestaltete sich der Abend jedoch zu einer besonderen Huldigung für Hrn. Direktor Barnav.

Wallner · Theater.

Der vorgerückten Jahreszeit wegen beginnen die Aufführungen der in den bisberigen Vorstellungen so beifällig aufgenommenen Repertoirestücke Rigobert“ und „Das Armband“ von heute ab erst um 73 Uhr.

Victoria Theater

Das Ausstattungsstück: „Stanley in Afrika“ erreicht zu Ende dieser Woche seine 250. Aufführung.

Residenz⸗ Theater. .

Hr. Reicher hat seine Thätigkeit als ‚Campanello“ in dem Zug⸗ stück ‚Marquise“ wieder aufgenommen.

Central Theater. ͤ

Das Central-Theater stellt sich vor seinem gänzlichen Schluß noch einmal in den Dienst der Wohlthätigkeit. Die vorletzte

Vorstellung am Montag, 28. d. M., findet zum Besten der unter dem Protektorat Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin stehenden Sanitätswachen im 28. Polizeirevier statt.

Philharmonie. .

Zur Feier des Geburtstages von Friedrich Fröbel fand gestein ein Concert zum Besten der Volkekindergärten des Berliner Fröbel-Vereins“ statt, welches sehr zablreich besucht war. Auf einen Prolog von Oskar Justinus, der in poetischer Form den segenzreichen Einfluß der Kindergärten auf das „allerjüngste Deutsch⸗ land' schilderte, und der von der Königlichen Hofschauspielerin Frl. Clara Mayer mit inniger Wärme des Gefühls vorgetragen wurde, folgte Grell's achtstimmige Motette: ‚Gnädig und barmherzig ist der Herr“, der sich ein sehr stimmungsvoll gehaltenes Chorlied von Th. Krause „Im Grase thaut's“ anschloß. Die Berliner Liedertafel (Dir Hr. Zander) erwarb sich durch den Vortrag beider Gesänge sowie durch den der später folgenden Chorlieder von Zander, Kremser, Donati und Machanek reichen und wohlverdienten Beifall. Auch die Königliche Hofopernsängerin Frl. E. Herzog unter⸗ stützte das Concert auf das Wirksamste durch die vortreffliche Ausführung einiger Lieder von Piutti, W. Taubert, Th. Kirchner, Spohr, R. Strauß und Th. Rehbaum, unter denen das des letzteren, Der Kleinen betitelt, einen wahren Beifallssturm hervorrief. Die künst⸗ lerischen Leistungen des stets gern gehörten Streichquartetts der Hrrn. Krufe, Moser, Nicing und Dechert, fanden gleichfalls die günstigste Aufnahme. Die bedeutendste Anziehungskraft für diesen Abend boten jedoch die Klaviervorträge der gefeierten Virtuosin Frau Teresa Carreno, die nicht bloß durch die zarte tief poetische Ausdrucksweise der Barcarole von Rubinstein und der Berceuse von Chopin, sondern vorzugsweise durch die staunenswerthe Kraft und Bravour im Vortrag der Polonaise (as dur) von Chopin, sowie einer sehr schwierigen Stakkato-Caprice von Wogritsch die Zuhörer zu enthusiagstischem Bei⸗ fall und mehrmaligem Hervorruf hinriß. sodaß die liebenswürdige Künstlerin noch eine Etude von Gottschalk (ihrem Lehrer) hinzufügte. Nach der soeben beendeten schwierigen Polonaise kann die Ausführung dieser die höchsten Ansprüche an Kraft und Virtuosität stellenden Etude geradezu eine phänomenale genannt werden. Ein endloser Jubel erfüllte den Saal. In einer Zwischenpause des Concerts sprach das Vorstandsmitglied Hr. Thoelde den Dank aus für die erfreuliche Theilnahme der Erschienenen und wies zugleich auf den gedruckten Prolog hin, der in zahlreichen Exemplaren von den jüngeren Kindergärtnerinnen für einen beliebigen Beitrag den anwesenden Herren übergeben wurde. Zugleich legte derselbe die Betheiligung an dem wohlthätigen Zweck den Zuhörern noch besonders ans Herz.

Mannigfaltiges.

In der gestern Vormittag 11 Uhr abgehaltenen Sitzung des Vorstandes des Vaterländischen Frauenvereins wurde der „Post“ zufolge beschlossen, zum Andenken an die hochselige Kaiserin Ru gusta eine große Gesammt-Stiftung aller deutschen Frauenvereine ins Leben zu iufen und zu diesem Zweck an . deutschen Frauenvereine nachstehenden Aufruf zu er⸗ lassen: „Die rastlose Thätigkeit, welche Ihre Majestät die Kaiserin Augusta auf allen Gebieten der Nächstenliebe ausgeübt hat, wird den deutschen Frauen stets ein leuchtendes Vorbild bleiben. Nicht nur der preußische Vaterländische Frauen ⸗Verein, der in der hochseligen Kaiserin seine Stifterin verehrte, sondern auch die übrigen deutschen Frauen⸗ Vereine unter dem Rothen Kreuz, deren a , Bestrebungen bei Ihrer Majestät alle Zeit die einsichtsvollste Förderung fanden, müssen es daher als eine Ehrenpflicht betrachten, ihrer unvergeßlichen Führerin und Beschützerin über das Grab hinaus den Zoll unaus— löschlicher Dankbarkeit darzubringen.

Zu diesem Zweck haben die Vorstände der unterzeichneten Ver

eine den Beschluß gefaßt, eine Sammlung zu vergnstalten, deren Er⸗ gebniß unter dem Ramen Frauen Dank? Ihrer Maijestät der Kaiserin überreicht werden soll. Die Absicht ist, die Erträge der Sammlung mit der von Ihrer Majestät der höchseligen Kaiserin Augusta zur Feier des goldenen Hochzeits⸗Jubiläums im Jahre 1878 begründeten Stiftung Frauen -Trost zu vereinigen. Die gemeinnützigen und wohl⸗ fhätigen Bestrebungen sämmtlicher deutschen Frauenvereine, denen diefe Stiftung in so hobem Maße gedient hat, werden hierdurch im Sinne der erhabenen Stifterin von Neuem belebt und gefördert werden. An alle Frauen und Jungfrauen unseres deutschen Vaterlandes ergeht hiermit der Aufruf, zu diesem nationalen Liebeswerk nach Kräften beizutragen. denn es würde dem wahrhaft volksfreundlichen Sinne der hohen Verklärten nicht entsprechen, wenn die Theilnahme ssch nur auf die Reichen und Wohlhabenden beschränkte. Damit alfo jeder deutschen Frau die Möglichkeit gegeben werde, die Gefühle der ehrfurchtsvollen Dankbarkeit für die hochselige Kaiserin zum Ausdruck zu bringen, bitten wir um einmalige Gaben im Betrage von zehn Pfennigen bis zu zehn Mark. Auch die kleinste Beistener darf des wärmsten Dankes sicher sein. ; .

Zur Annahme von Beiträgen erklärten die Vereinsvorstände sich

bereit.

Zum Besten des Deutschen Frauenvereins für Kranken- pfege in den Kolonieen (Vorsitzende Gräfin von Monts) wird in Berlin eine Ausstellung von ethnographischen Sam m⸗ lungen vorbereitet, welche Pr. Kohlstock, Lieutenant Sulzer, Maerker, Blümke, Graf Behr aus Ost⸗Afrika kürzlich beimgebracht haben, und denen eine Ergänzung und Vermehrung auch von anderen Seiten zugesagt worden ist. Ihre Einrichtung und Leitung geschieht unter Mitwirkung von Mitgliedern des Frauenvereins; sie soll in der Aula und den Sälen der Königlichen Kriegs-Akademie, Dorotheenstr. 58/59, am nächsten Sonnabend eröffnet werden und täglich von 3—7 Uhr Nachmittags geöffnet sein.

Die bronzene Gedächtnißtafel, welche der jetzige Inhaber der Firma Lutter und Wegner an seinem Hause anbringen will, soll, der ‚N. A. Ztg.“ zufolge, nachstehenden Wortlaut erhalten: Zur Erinnerung an E. T. A. Hoffmann und Ludwig Devrient, gestiftet zur Jubelfeier des Vereins für die Geschichte Berlins.“

Als Bauplatz für eine Interimskirche, welche während des Neubaues des Doms in Berlin errichtet werden soll, ist das jetzt fiskalische Terrain des ehemaligen Speichergrundstücks an der Ziegel⸗ straße neben der Universitäts-Frauenklinik in Aussicht genommen. Es wird beabsichtigt, die auf etwa 200 000 „S veranschlagten Kosten für die Herstellung der Interimskirche aus dem in dem Staatshaushalts⸗ Etat für 1885/90 unter Kap. 14 Tit. 2 des Extraordinariums zur Aufstellung von Plänen und zu Vorarbeiten zum Neubau eines Doms zu Berlin und einer Gruft für das preußische Königshaus bereit⸗ gestellten Fonds von 600 00 M zu entnehmen, und wird deshalb im Nachtrags⸗Etat eine entsprechende Erweiterung der Zweckbestimmung dieses Fonds beantragt.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Bremen, 22. April. (W. T. B.) Der Schnelldampfer „Lahn“, an dessen Bord Se. Majestät der Kaiser sich befindet, und die Kaiserliche Jacht „Hohenzollern“ haben 1 . Uhr Mittags den Weser-Leuchtthurm nach See passirt.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

—— e ö

ü

Wetterbericht vom 22 April, Morgens 8 Uhr.

2 1. 1j

Stationen. studirt:

Bar. auf 0 Gr. red in Millim 86 2 in O Celsius

u. d. Meeressp

.

Mullaghmore 7562 Sm 6 wolkig Aberdeen. 743 SSW JH halb bed. Ihre nsund d Ss R lalb ber. Kopenhagen. 1.62 1 Regen Stockholm. 1263 still Nebel

aparanda. I68 SO 2 wolkenlos

t. Petersbrg. 766 E 1Nebel Moskau ... ,, heiter Gork, Queens⸗

. 8 Cherbourg. 1.63

759

656 C. 459

Hr. Grube.

Oberländer.

—— 2 O ——

heiter Regen Regen Regen bedeckt bedeckt bedeckt bedeckt bedeckt Münster. .. bedeckt Karlsruhe.. halb bed. Wiesbaden. 16 still halb bed. München.. I69 6 eiter Chemnitz .. : halb bed.) Berlin.... bedeckt m . 2 wolkenlos Breslau... I bedeckt 8 Ile d Aix. . WSW 1sehlt fehlt Nina .... E64 O 3 wolkenlos 17 Ttiest ... 764 ONO A4bedeckt 1

1) Thau.

Uebersicht der Witterung. Ein tiefes Minimum von etwa 745 mm liegt nördlich

OO O OM Q O O O O 2 O MN

Hamburg .. Swinemünde Neufahrwasser Memel ...

Anfang 7 Uhr.

deo de —— ——

.

Donnerstag:

.

Donnerstag:

Acosta.

metrisches Maximum über 770 mm liegt über Süd⸗ Pohl west⸗ Europa. Das Wetter ist in Deutschland im 85

heiter und meist etwas kühler. An der deutschen Freitag:

Beuisches Theater. Berlichingen. . 1 15 rn m f

reitag: er Sohn der Wildnis. ; . 4

7 nächsse Aufführung von Der Pfarrer von und A. Wicher. Anfang 16 Uhr Kirchfeld findet am Sonnabend, den 26. April, statt.

Berliner Theater. Mittwoch: Zu Shakespeare's Geburtätag. Hamlet. (Damlet: Ludwig Barnay.) 41. Male: Ein fideles Haus. in 4 Akten nach einer vorhandenen Idee von W.

Der Veilchenfresser. Musik von G. Steffens.

Freitag: 31. Abonnements ⸗Vorstellung. Uriel Mannstädt. Tessing - Theater.

Norden trübe und wärmer, im Süden vielfach n , ,,, Lustspiel in 4 Akten

Die Ehre. Schauspiel in 4 Akten

Donnerstag: Opernhaus. 96. Vorstellung. Lohen⸗ Musik von C. A. Raida. Ballet von C. Severin; grin. Romantische Oper in 3 Akten von Richard Anfang 76 Uhr. Wagner. (Lohengrin: Hr. Gudehus, vom Königl. Hof⸗Theater in Bresden, als Gast) Anfang 7 Uhr.

Schauspiel haus. Katharina Howard. 5 Aufzügen von Rudolf Gottschall gesetzt vom Direktor Dr. Otto Devrient ; Besetzung: Heinrich der Achte, König von England, und Julius Bauer. Cromwell, Graf von Essex, Vize⸗ regent und Kanzler. Hr. Keßler. Cranmer, Erz— bischof von Canterbury, Primas des Reichs, Hr. Herzog von Norfolk, Hr. Plaschke. , , , . , ,, ,,. Laty Rochefort, Fr. Anders. illiam Summers, ; ö g Pofnatr des Königs, Hr. Kahle. Ürthur Derpham. hurg, Mittwoch: Zum 74. Male: Hr. Matkowsly. Lord Culepepper, Hr. Purschian. Gardiner, Bischof von Winchester, Hr. Hartmann. Emmy, Jane, Freundinnen der Katharina, Frl. Linden, Frl. Hoppe. Tempest, Hallam, Freunde von Derpham, Kammerherr des Königs, Hr. Will.

100. Vorstellung. Neu ein⸗ Trauerspiel in

In Scene Mittwoch:

Zum 97. Male:

Donnerstag: Marquise.

Hr. Herrmann, Hr. Winter.

Kammer

Belle Alliance Theater.

Mittwoch:; Götz von gänzlich neuer Ausstattung:

Am 29. April letzte Vorstellung.

74 Ubr.

Donnerstag: Dieselbe Vorstellung. Friedrich Wilhelmstädtisches Theater.

Der arme JIo⸗ nathan. Operette in 3 Akten von Hugo Wittmann Musik von Carl Millöcker In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Hr Kapellmeister Federmann. Anfang 7 Uhr. Donnerstag: Der arme Jonathan.

Nesidenz - Theater. Direltion: Sigmund Lauten

Lustspiel in 3 Akten von Vietorien Sardou. Deutsch von Rohert Buchholz. Anfang 73 Ubr.

Mittwoch: Mit : Zum ha. Male; Der Nautilus. Großes Ausstattungsstück mit Gesang und Tanz in 4 Akten und 13 Bildern nach Jules Verne von Carl Pander. Musik von G. Christiani

Donnerstag u. folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.

Central -Theater. Direktion: Emil Thomas.

Posse mit Gesang

5 . , . die j

] Montag: orletzte Vorftellung in dieser Saison. n n . Mittwoch: Juliette. Zum Besten der unter dem Protektorat Ihrer Ma— 1 i ,. 16 er , n. frische füdöstliche Schauspich in 3 Akten von Octave Feuillet. Vorher; 5 der Kaiserin und Königin stehenden Sanitäts- bis südwestliche nde herporrufend; ein karo. Die Schutreiterin. Lustspiel in 1 Akt von Emil wachen im 28. Polizei- Revier: Ein fideles Haus.

Adolph Ernst-Theater. Dresdenerstraße 72. Mittwoch: 3. 74. M: Der Esldfuchs. Gesangs⸗

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Elisabeth Wiede mit Hra. Stabs⸗ arzt Dr. Roesch (Bockwa Zwickau). Frl. Margarethe Müller mit Hrn, Rittergutsbesitzer Heinrich Titze (Liegnitz-M.⸗Thiemendorf). Frl. Martha Nellich mit Hrn. Paul Arnold (Breslau = Lohnau). Olga Thiel mit Hrn. Dr. phil Fritz Krantz (Berlin Bonn). Frl. Anna Schmidt mit Hrn. Milan Wendland (Berlin). Frl. Pauline Schneider mit Hrn. Gexichtsassessor August Lottner (Minden Lipp⸗ stadt). Frl. Margarethe v. Bergmann mit Hrn. Hauptmann Dernen (Metz). Frl. Hermine Roloff mit Hrn. Ingenieur Louis Dertling (Bolten⸗ hagen =Rostock) Frl. Ida Struckmann mit Hrn. Gerichtsassessor Dr jur. August Leverkühn (Hildesheim. Frl. Martha Ziethen mit Hrn. Ferdinand Schultze (Peine Hannover).

Dirigent:

Margnise.

Rroll's Theater. Jtalienische Opern-⸗Saison. Verebglicht; Hr, Kaufmann Hermann Richtzr

g 16 Mittwoch: Letztes Auftreten der Sgra. Prevosti diener des Herzogs von Norfolk, Hr Schippang. n n, 9 Gin Fear nner eth des Konig, Pr. Htngze. in Lucia di Lammermoor. Anfang 7 Uhr.

mit Frl. Adele Moritz (Leipzig —Volkmarsdorf). Or. Dr. med. W. Böwing mit Frl. Marie Kern (Fallersleben). Hr. Emil Lehnhardt mit Fil. Hella Eichmann (Warnemünde). Hr. Theodor Baum mit Frl. Martha Lienig (Gram schütz. Hr. H. Albert Söderberg mit Frl. Elisabelh Hallier (Rostockhh. Hr. Rudolph Paulus mit Frl. Adriane von Ferrier (Kleve) 8 5 Wolschke mit Frl. Anna Walther Berlin).

Geboren: Ein Sohn; Hrn. Axel Lundgreen Königsberg). Hrn. Gottfried Koch (Köln). Hrn. Wilhelm Schmidt (Leipzig). Hrn. Arthur Brebeck (Ober Langenau b. Hirschberg). Hrn. Julius Müller (Königsberg). Eine Tochter: Hrn. P. Lieutenant v. Dulong (Leobschütz) Hrn. Staatsanwalt Karl Drescher (Liegnitz! Hrn. Franz Baacke (Barcelona). Hrn. M. Brenner (Amsterdam).

Gestorben: Hr. Apotheker Karl Evert (Altona). Hr. Haupimann a. D. Albert Reichel (Schönlanke) Hr. Brauereidirektor Reinhold Ahrens (Berlin) Hr. Kommerzienrath Viktor Ludwig Wrede (Berlin). Frl. Marie Müller (Berlin). Frau Pauline Kramer, geb. Schmidt, (Berlin). Hr. Fabrikant Friedrich Quadfasel Berlin).

Mittwoch: Zum

Anfang

Küste ist vielfach Regen gefallen. Deutsche Seewarte.

Theater ⸗Anzeigen.

Nönigliche Schauspiele. Mittwoch: Opern- haus. 95. Vorstellung. Die lustigen Weiber von Windsor. Komisch phantastische Oper in z Akten von O. Nicolai. Text von H. S. von Mosenthal, nach Shakespeare's gleichnamigem Lust— spiel. Tanz von Hoguet. Dirigent: Kapellmeister Kahl. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 99. Vorstellung. Der Sturm. Zauber⸗Komödie in 5 Aufzügen von Shakespeare. Nach A. W. v. Schlegel's Uebersetzung. Musik von W. Taubert. Tanz von E Graeb. In Sceene gesetzt vom Direktor Dr. Otto Devrient Musikalische

Direktion: Hr. Steinmann. Anfang 7 Uhr.

von Hermann Sudermann. Sonnabend: Der Fall Clsmenceau. Schauspiel in 5 Akten von A. Dumas und A. d' Artois.

Wallner-Lheater. Mittwoch: Zum 5. Male: Rigobert. Posse in 3 Akten nach dem Feanzö⸗ sischen der Grenet ⸗Dancourt u. Burone von Hans Ritter. Vorher: Zum 5. Male: Das Arm band. Schwank in 1 Akt nach einer vorhandenen nnen Srtt Mai und Franz Guthery. Anfang n I.

Donnerstag u. folg. Tage: Rigobert. Das Armband.

Victoria-Thegter. Mittwoch; Zum 247. M.: Stanley in Afrika. Zeitgemälde in 10 Bildern von Alex. Moszkowgki und Richard Nathanson.

poffe in 4 Akten von Eduard Jacobson und Leopold Ely. Couplets theilweise von Gustav Görß. Musik von Franz Roth. Anfang 74 Uhr.

Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

Der Sommergarten ist geöffnet.

Geöffnet von Hr. Dr.

Arania, Invalidenstraße 7 62. 12 11 Uhr. Mittwoch, um 786 Uhr: Körber: Die Welt der Fixsterne.

Coneert⸗Anzeigen.

Concert Jaus, Leipzigerstr. A (früher Bilse)

Karl Meyder- Concert. Mittwoch, 23. April: Letzter Berliner Komponisten⸗ Abend unt. gef. Mitw. des Komponisten Orn. Paul Geisler. Sinfonische Dichtung: Merlin (neu) unter Leitung des Kom ponisten Hrn. Geisler.

Redacteur: J. V.: Siemenroth.

Berlin: . Verlag der Expedition (Schol5.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagz⸗ Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32. Acht Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage),

sowie der Sommer Fahrplan der Berliner Stadt und Ringbahn,

und die Inhaltsangabe zu Nr. 5 des öffent⸗

lichen Anzeigers (6tommanditgesellschaften auf

Artien und Aktiengesellschaften) für die Woche vom 14. bis 19. April 1890.

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Dienstag, den 22. April

188G.

nm es-

M 99.

Parlamentarische Nachrichten.

Schlußbericht der gestrigen (45.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten. Fortsetzung der dritten Berathung des Etats des Ministeriums der geistlichen ze. Angelegenheiten.

Regierungs-Kommissar, Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Ger mar: Es ist durchaus kein neuer Grunssatz, welchen der Finanz-Minister in Bezug auf die Auslegung des Ver⸗ merkes ausgesprochen hat. Die sämmtlichen Bewilligungen im Etat sind alle nur Ermächtigungen für die Regierung, die Gelder zu diesen oder jenen Zwecken zu verwenden; sie ist durchaus nicht gezwungen, alle bewilligten Gelder auszugeben.

Abg. Freiherr von Huene beantragt, in verschiedenen , , statt „können gezahlt werden“ zu setzen: „sind zu zahlen“.

Abg. Dr. Sattler steht vollständig auf dem Standpunkt der Erinnerungen der Ober-Rechnungskammer. Bei der Ent— stehung der ganzen Einrichtung ist immer nur davon ge— sprochen worden, daß innerhalb der Bewilligungsperiode die Ersparnisse von einem Jahre auf das andere übertragen werden sollten; daß Ersparnisse von einer Bewilligungsperiode auf die andere übergehen sollen, davon war niemals die Rede und kann nach dem Wortlaut des Vermerks nicht die Rede sein. Die Anträge liegen auch vollständig im Interesse der Finanzverwaltung, und ich bin überrascht, daß gerade die Finanz berwaltunz dagegen Widerspruch erhebt. Ich kann es nicht begreifen, daß aus Bedürfnißzuschüssen die eine Anstalt Kapitalien ansammeln soll, während der Staat bei anderen Anstalten Fehlbeiräge über den Bedürfnißzuschuß hinaus zu decken hat. Wenn Kapitalansammlungen gestattet werden, dann verlieren wir die Kontrole über die Finanzgebahrung der Anstalten, welche aus Staatsmitteln unterhalten werden.

Abg. Dr. Enn eccerus: Diese Zuschüsse haben nicht eigentlich den Charakter der Bedürfnißzuschüsse. Die Frage des Bedürfnisses wird nur am Anfange der Bewilligungs— periode geprüft; während der Zeit der sechsjährigen Bewilli⸗ gungsperiode sollen die Zuschüsse voll an die Anstaltskassen gezahlt werden, ohne Rücksicht, ob inzwischen das Bedürfniß sich vermindert oder vermehrt. Damit verlieren die Zuschüsse ihre Eigenschaft als Bedürfnißzuschüsse, und man kann nicht nach Ablauf der Periode verlangen, daß diese einmal geleisteten Zahlungen zurückgegeben werden. Ich möchte vorschlagen, alle Anstalten gleich zu behandeln. Denn, wenn man die Ersparnisse zur Staatskasse zurückführt, dann werden die Verwaltungen angereizt werden, die Zuschüsse auf jeden Fall auszugeben; das ist ein Anreiz zur Ver— schwen dung, während nicht nur eine weise Sparsamkeit ge— pflegt werden, sondern auch eine einigermaßen selbständige Verwaltung herbeigeführt werden soll. Bie Kontrole des Ab⸗ geordnetenhauses wird dadurch nicht erschwert, denn die Zinsen der angesammelten Kapitalien erscheinen in den Nachweisungen des Etats trotzdem. Es würde auch zu großen Ungerechtig— keiten da führen, wo höhere Anstalten verschiedener Art in einer Stadt vereinigt sind. Den städtischen Anstalten würden

die Ersparnisse verbleiben, den staatlichen Anstalter würden

sie entzogen werden. Das würde Niemand verstehen. Deshalb bleiben Sie bei dem Beschlusse zweiter Lesung, daß die Er— sparnisse den Anstalten überall belassen werden.

Abg. von Rauchhaupt erklärt sich Namens seiner Freunde für den Antrag der Kommission und bittet die Re— gierung, bei der Prüfung der Rechnung nicht sofort, wenn Ersparnisse gemacht werden, die Bedürfnißzuschüsse herabzusetzen. Denn dadurch werden die Einzelverwaltungen geradezu gezwun— gen, jede Ersparniß zu vermeiden.

Abg. Dr. Brüel erklärt sich für den Antrag der Kom— mission, welcher bestrebt sei, eine Verständigung herbeizuführen zwischen der Ansicht der Ober⸗Rechnungskammer und der Regierung. Aber bedenklich sei es, die Bewilligungsperiode , weil dadurch nur der Geschäftsgang erschwert werde.

Abg. Freiherr von Huene: Wir haben alle Ursache, in dieser Frage die Ober⸗Rechnungskammer zu unterstützen, müssen aber auch die praktischen Gründe der Regierung anerkennen; deshalb ist die Kommission zu ihrem vermittelnden Antrage gekommen. Ich war aber genöthigt, meinen Antrag zu stellen gegenüber der Auslassung des Finanz-Ministers, daß er die Anträge der Kommission, wenn sie zur Annahme gelangen sollten, nicht ausführen würde. Einen solchen Standpunkt kann sich das Haus nicht gefallen lassen.

Der Regierungs-Kommissar, Geheime Ober-Finanz⸗Rath Germar bittet, den Antrag des Abg. von Huene nicht anzu⸗ nehmen, weil dadurch die Regierung gezwungen werden solle, Gelder in bestimmter Richtung zu verwenden; es sei aber nicht Sache des Staatshaushalts⸗Etats, einen solchen Zwang aus— zusprechen. Das müßte in einem Gesetze geschehen, bei welchem dann auch das Herrenhaus mitzuwirken hätte.

Abg. Rickert: Ich kann nur bedauern, daß der Finanz— Minister sich so schroff dem Hause gegenübergestellt hat; der An— trag des Abg. Freiherrn von Huene, wenn er der Finanzverwaltung unbequem kommt, ist nur eine Folge des Auftretens des Hrn. Finanz-Ministers. Das Haus muß doch einen Schutz haben

egenüber solchen Drohungen der Finanzverwaltung. Solche

emerkungen aufzunehmen, ist das Abgeordnetenhaus be⸗ rechtigt, denn es steht zum Etat eben anders als das Herren⸗ haus. Die Ober⸗-Rechnungskammer hat das Recht und die Pflicht, die Verwaltung unseres Etatswesens zu kontroliren, und wir müssen uns freuen, daß sie dieser Pflicht nachkommt, und eine der ersten Pflichten der Volksvertretung ist es, die Ober-Rechnungskammier in dieser Pflicht zu unterstützen. Wir werden für die Anträge der Kommission stimmen, damit diese dem bisherigen Verfahren gegenüber zur Geltung kommen.

Damit schließt die Diskussion. Die oben mitgetheilten Anträge der Kommission werden mit der vom Abg. Freiherrn von Huene vorgeschlagenen Aenderung angenommen.

Ein Vermerk zu dem Kap. 124 „Kultus und Unterricht gemeinsam“, Tit. 2 „Zur Verbesserung der äußeren Lage der Geistlichen aller Bekenntnisse“ besagt, daß die Abstufung der Alterszulagen sich nach der Dienstzeit im Pfarramte richten soll.

Abg. von Strombeck beantragt, dafür zu setzen: „nach der Dienstzeit im Amte“ und begründet dieren Antrag unter Hinweis darauf, daß er ein durchaus paritätischer sei und ebensowohl für die evangelischen wie die katholischen Geist— lichen gelte, damit, daß die gegenwärtige Fassung des Etats— vermerks die Geistlichen gegenüber den anderen Staatsbeamten exzeptionell behandle. Ein Geistlicher, der sich z. B. in einer Lehrerstellung sehr glücklich fühle, müsse diese gleichwohl auf— gehen, weil er sonst in Folge des Vermerks erst später in eine höhere Gehaltsklasse einrücke.

Minister der geistlichen 2c. Goßler:

Meine Herren! Es ist etwas schwierig, in der dritten Lesung diese Materie zu behandeln; ich werde gleich von vornherein meine Stellung dadurch dokumentiren, daß ich Sie mit Rücksicht darauf, daß es sich um eine Frage handelt, welche auf den Staatshaushalts—⸗ Etat in quantitativer Hinsicht einwirkt, bitte, die Sache zurückzustellen, und daß ich an den Herrn Vorredner die Bitte richte, wie im vorigen Jahre womöglich auch in diesem Jahre seinen Antrag zurückzuziehen. Für die Bedeutung des Etatsvermerks, gegen welchen sich die Kritik des Herrn Vorredners richtete, ist nicht so eingehend gesprochen worden, als es vielleicht wünschenswerth gewesen wäre. Ich erinnere darar, daß im Jahre 1888 den Beschlüssen dieses hohen Hauses gemäß die Einstellung der höheren Summen und die Zweckverwendung derselben, wie sie jetzt in Kapitel 124, Titel 2 früher Titel 5 eingetreten ist, erfolgte. Welche einzelne Anschauungen dabei maß— gebend waren, ist auf dem von dem Herrn Vorredner berührten Gebiete damals nicht zum Ausdruck gekommen; aber auf der Grund— lage Ihrer Beschlüsse hat die Staatsregierung bereits im vorjährigen Staatshaushalts⸗Etat die Fassung gewahlt, wie sie jetzt wieder Ihrer Beschlußfassung unterbreitet ist, umd damals hat Ihr Herr Berichterstatter klar die Gesichtspunkte ausgesprochen, welche auch für die Staatsregierung maßgebend waren, die Fassurg so zu wählen, wie sie jetzt vorliegt. Damals sagte der Herr Berichterstatter, nach Seite 1005 des steno⸗ grapbischen Berichts der Sitzung vom 13. März, daß man sich gegen— wärtig halten müsse, daß ein Unterschied sei in der Verpflichtung zur Gewährung des Mindesteinkommens und der Alterszulagen; daß, wenn ein Geistlicher das Minimum erhalten solle, er zwar das Pfarr— amt erreicht haben müsse, daß dann aber die Zeitdauer, die er im Pfarramt zugebracht habe, gleichgültig sei, daß der Schwerpunkt also darauf liege, daß er überhaupt im geistlichen Amte mindestens 5 Jahre fungirt haben müsse. Das heißt zu deutsch: wenn ein Kaplan beispielsweise 6 Jahre im Amt ist und wird dann Pfarrer, erhält er sofort das Minimum auf Grund des GEtats— vermerks ohne Rücksicht darauf, wie lange er im Pfarramte steht. Die weiteren Dienstalterszulagen aber knüpfen sich an den Dienst— ablauf im Pfarramte. Der Berichterstatter sagt darüber:

Die weiteren Alterszulagen über jene Beträge hinaus sollen, wie das im zweiten Absatz durch die Worte im Pfarramte“ aus— gedrückt ist und der Natur der Sache enispricht, erst gegeben werden, wenn eine entsprechende weitere Dienstzeit im Pfarramt zugebracht ist.

Der Natur der Sache entsprechend! Nach meinen Nachforschungen beruht das auf sehr eingehenden Untersuchungen innerhalb der Kom— mission, über welche die Protokolle in dieser Beziehung wohl nicht ausreichende Auskunft geben. Aber die Natur der Sache, welche der Herr Berichterstatter als Motiv anführt, ist doch als zutreffend anzuerkennen, insofern namentlich, als es doch wohl die Absicht der gesetzgebenden Versammlung hier war, die Stellung der Pfarrer ins Auge zu fassen, und immer diejenigen Geistlichen, welche sich in fester Anstellung befanden, in ihren Diensteinkommen zu sichern. Es zieht sich dieser Gesichtspunkt zurück bis auf das Jahr 1875, wo zum ersten Male die Stellung der Pfarrer im Dienst Gegenstand Ihrer Fürforge gewesen ist. Der Herr Abg. von Strombeck hat bereits im vorigen Jahre diesen Antrag gestellt und hat ihn zurückgezogen; der Abg. von Strombeck hat denselben Antrag in der zweiten desung gestellt und hat ihn auch zurückgezogen mit der ausdrücklichen Motivirung, daß, wenn dem Antrage Folge gegeben werden sollte, er in die Budgetkommission zurückverwiesen werden müßte, damit das Haus sich definitiv schlüssig machen kann. Ich halte diese Auffassung über die finanzielle Bedeutung dieses Antrages für richtig. Ich kann augen⸗ blicklich nicht sagen, um wieviel 100 000 S der Antrag Strombeck, wenn er angenommen würde, den Staat mehr belasten würde; aber wenn es auch nur 1 S mehr wäre, so würde es eben nach der Ge— schäftsordnung des Hauses nothwendig sein, diesen Antrag noch einmal in die Budgetkommission zurückzuverweisen, und ich würde, glaabe ich, empfehlen können, diese Frage, welche an und für sich eine prinzipielle Bedeutung nicht hat, gegen— wärtig nicht zum Ausgangspunkt zu nehmen, um die Dis— kussion dieses hohen Hauses über den Etat noch weiter aufzuhalten. Sellte es wünschenswerth werden, so bin ich natürlich gern bereit, in der Kommission meine Ansichten weiter auszuführen; aber ich glaube, die ganz objektiv vorgetragenen Gesichtspunkte, die ich die Ehre gehabt habe zu entwickeln, führen vielleicht dazu, meiner Anregung Folge zu geben.

Abg. von Strombeck: Die früheren Zurückziehungen meines Antrages erfolgten mit Rüclsicht auf die Geschäftslage. Allerdings fällt mein Antrag unter den §. 27 der Geschäfts⸗ ordnung, aber gleichwohl kann darüber schon heute abgestimmt werden, denn von der Geschäftsordnung kann abgewichen werden, sobald Einstimmigkeit darüber herrscht. Mein Antrag ist jedenfalls besser als die gegenwärtige Fassung des Vermerks. . .

Präsident von Köller bemerkt, daß die Summe des Etatstitels durch die Veränderung des Vermerks an sich noch nicht geändert werde, es sei aber möglich, daß die Summe dann nicht mehr ausreiche. Es könne also der 5§. 27 zutreffen und er könne über den Antrag nur abstimmen lassen, wenn Niemand widerspreche. ,

Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch hält es nicht für angängig, hier von der Geschäftsordnung abzuweichen. Der Antrag bedinge eine Erhöhung des Fonds. Da ein In— teresse vorliege, den Antrag nicht mehr an die Kommission zu verweisen, beantrage er, über den Antrag von Strombeck zur Tagesordnung überzugehen. ͤ ö ;

Abg. von Strombeck: Mit Rücksicht auf die Lage, die sich entwickelt hat, will ich, wenn auch sehr ungern, auch jetzt den Antrag zurückziehen. ö

Damit ist die dritte Berathung des Etats beendet.

Der Etat balanzirt in Einnahme und Aus ga be mit 1591 613 142 (66; auf die ordentlichen Ausgaben entfallen 1543444773 M6, auf die einmaligen und außerordentlichen 48168 369 M

Der Etat und das Etatsgesetz werden darauf im Ganzen gegen die Stimme der Polen endgültig angenommen.

Es folgt die zweite Lesung des Gesetzentwurfs, betreffe nd die Ergänzung und Vervollständigung des Staats— eisenbahnnetvzes.

Angelegenheiten Dr. von

Die Linie Mohrungen-Wormditt wird ohne Debatte be— willigt.

In Bezug auf die Linie LublinitzVossowska haben die Stadt Guttentag und die umliegenden Dörfer und Guts— bezirke um ihren Anschluß an diese Linie petitionirt. Die Kommission beantragt, diese Petition für erledigt zu erklären und die Linie zu bewilligen.

Abg. Graf Strachwitz: Es ist sehr erfreulich, daß der Kreis Lublinitz mit der Regierungsstadt Oppeln verbunden werden soll. Aber die gewählte Linie, unter Vermeidung von Guttentag und der umliegenden Ortschaften, trägt den In— teressen des Kreises Lublinitz nicht Rechnung. Sie berührt die öden, weit ausgedehnten Waldungen des Grafen Stolberg, in denen sich jetzt schon fünf Bahnhöfe befinden, und ver— meidet die bevölkerten Theile des Kreises Lublinitz. In den Waldstrecken wohnen nur - 550 Personen, in den bevölkerten Strecken 11000 Einwohner. Dieser verkehrsreiche, wirthschaft— lich sehr bedeutende Theil des Kreises, insonderheit die Stadt Guttentag, hätten wohl einen Bahnanschluß verdient, umso— mehr, als die Bahnlinie dabei nur einen Umweg von 2 km machen müßte. Als Grund sür die kürzere Strecke hat man das strategische Interesse in den Vordergrund gehoben. Ich habe nun im Generalstabe durch den Freiherrn von Gersdorff über den Sachverhalt Erkundigungen einziehen lassen. Der Graf Waldersee hat erklärt, daß es ihm ganz egal sei, ob die pro— jektirte Linie durch den Wald oder durch die bevölkerte Gegend gehe. Etwaige technische Schwierigkeiten würden sich bei dem hohen Stande unserer Technik unschwer überwinden lassen. Ich bitte die Regierung, die Wünsche der Stadt Guttentag nochmals durch eine Kommission prüfen zu lassen und nach Möglichkeit berücksichtigen zu wollen.

Regierungs-Kommissar Geheimer Ober-Regierungs-Rath Dr. Micke: Die Wünsche der Stadt Guttentag sind bei diesem Projekt nicht unerwogen geblieben. Die stattgehabten eingehenden Ermittelungen hahen aber zu einer Ablehnung dieser Wünsche ge— führt. Zunächst ist das Bedürfniß eines Anschlusses von Gut— tentag nicht nachgewiesen. Dann aber ist Guttentag nicht etwa bloß mit einem Umwege von 2 km, sondern von 5 bis 6 km zu erreichen, und es hätte ein anderes Projekt aus— gearbeitet werden müssen. Endlich sind die technischen Schwierigkeiten so bedeutend, daß sie nur mit bedeutenden Geldopfern überwunden werden könnten, die zu dem beabsichtigten Zweck außer Verhältniß stehen. Wir haben die Sache nach Eingang der Petition nochmals prüfen lassen und sind zu demselben Ergebniß gekommen. Die unberechtigte und unbegründete Unterstellung, als ob bei der Auswahl der von der Bahn berührten Punkte andere Rück— sichten als die auf die allgemeinen und Verkehrsinteressen maßgebend gewesen wären, muß ich auf das Entschiedenste zurückweisen. Eine nochmalige Prüfung würde nach dem Ge— sagten kaum einen Zweck haben.

Die Linie wird bewilligt und die Petition nach dem Vor— schlage der Kommission erledigt.

Die Linie von Kosel (Stadt) nach Polnisch-Neukirch wird bewilligt, die darauf bezügliche Petition einiger Gypsgruben⸗ besitzer und -Pächter in Dirschel der Regierung als Material überwiesen.

Bei der Linie von Striegau nach Maltsch bemerkt Abg. Freiherr von Huene, daß er das Wort nehme, um für ganz vitale Interessen der Stadt Neumarkt, die hierbei in Betracht kämen, einzutreten. Die Stadt Neumarkt werde von der großen Oberschlesischen Bahn nicht berührt und die neue Linie würde noch weiter bei ihr vorbeigehen. Die Stadt müsse in diesem Falle noch weiter zurückgehen, denn die Industrie folge dem Schienenwege, und die Stadt, die nicht am Schienenwege liegt, kann nicht konkurriren. Ein großer Theil des Verkehrs, den Neumarkt jetzt habe, würde sich nach Striegau ziehen. Würde die Bahn näher an Neumarkt herangezogen, so würde sie sich allerdings etwa um 31½ km verlängern; aber die un— bedeutende Erhöhung der Transportkosten, die für die nieder— schlesischen Montanprodukte daraus entstehen würde, kann gegen— über den Vortheilen für Neumarkt nicht in Betracht kommen. Die Stadt Neumarkt hat sich außerdem bereit erklärt, in diesem Falle das Bahnhofsterrain unentgeltlich herzugeben und noch einen besonderen Beitrag zu leisten; die Kramsta'er Zucker— fabrik würde, abgesehen davon, daß sie mit ihren 660 000 Doppel-Centnern und 100000 Centner Kohlen eine gute Kundschaft ist, einen Beitrag von 50 000 S6 leisten. Der ursprüngliche Antrag der Stadt Neumarkt wollte die Linie direkt auf Neumarkt gerichtet sehen; der jetzige wünscht nur, daß sie sich in einem leichten Bogen der Stadt nähere. Die Stadt ist also gern zu Opfern für den Personenverkehr bereit, um für die Industrie und den Handel etwas zu gewinnen. Regierungs-Kemmissar Geheimer Ober-Regierungs-Rath Dr. Micke: Die Regierung bedauert lebhaft, daß es nicht angängig gewesen sei, die Stadt Neumarkt unmittelbar in die Linie einzuziehen, ohne die sonstigen Interessen, die man bei Legung der Bahnen im Auge hatte, zu schädigen. Gleichwohl wird die Regierung nochmals in Erwägung ziehen, ob nicht unter allgemeiuer Innehaltung der Linie eine möglichste Heranziehung von Neumarkt möglich ist. .

Abg. Freiherr von Richthofen: Dem Interesse der Stadt Neumarkt stehen andere Interessen gegenüber, die von höherer Bedeutung sind und Berücksichtigung verdienen. Die Linie Striegau— Malsch hat nicht bloß lokale Be— deutung, sondern stellt im Anschluß an die Linie Bolkenhayn eine Verbindung zwischen dem schlesischen Gebirge und der Oder her. Die Produkte des niederschlesischen Kohlen— reviers in Waldenburg, der ausgedehnten Steinbrüche und Thongruben in der Striegauer Gegend würden dann auf dem nächsten Wege die Oder erreichen und entferntere, nutzbringende Absatzgebiete gewinnen können. Jede Veränderung dieses Weges zur Oder würde eine Vermehrung der Fracht herbei führen, die Industrien schädigen und ihre Konkurrenzfähig⸗ keit beschränken. Alle diese Nachtheile sollen in den Kauf ge— nommen werden, bloß um der kleinen Stadt Neumarkt mit 6000 Einwohnern, die gar keine Industrie hat, eine bessere Bahnverbindung zu schaffen. Wollte man den Wünschen der Stadt Neumarkt entgegenkommen, so wäre es richtig, sie durch ein Anschlußgeleise mit der ihr zunächst liegenden Bahn zu