Aichtamtliches. Deuntsches Reich.
Preußen. Berlin, 28. April.
Se. Majestät der Kaiser und König hielten, wie aus Darmstadt gemeldet wird, am Sonnabend Vormittag um 11 3 zu Ehren Ihrer Majestät der Königin von Großbritannien und Irland eine Parade der Garnison ab. Nachmittags 3 Uhr stellten Se. Majestät der Kaiser Ihrer Majestät der Königin Victoria eine Deputation des 1. Garde⸗ Dragoner⸗Regiments Königin von Großbritannien und Irland vor. Ihre Majestät die Königin hatte hierzu die Abzeichen dieses Regiments angelegt. Abends 7 Uhr hörten Se. Majestät den Vortrag des Chefs des Militärkabinets. 4
Gestern Vormittag 15 hr begaben Sich Se. Majestät der Kaiser zum Gottetzdienst in die Hofkirche und nahmen darauf militärische Meldungen entgegen.
Ihre Majestät die Kaiserin und Könägin ist gestern Nachmittag kurz vor ? Uhr aus Darmstadt wieder hier eingetroffen.
Aus „W. T. B.“ liegen über die Reise Sr. Majestät des Kaisers und Königs folgende Drahtberichte vor: Darmstadt, 26. April. Ihre Majestäten der Kaiser und König und die Kaiserin und Königin, Ihre Majestät die Königin von Großbritannien und Irland, Se. Königliche Hoheit der Groß— erzog von Hessen und die Prinzessinnen Beatrice und lix machten heute Nachmittag um 5 Uhr eine anderthalb— stündige Spazierfahrt in, den Roßdörfer Wald. Nach der Rückkehr in das Neue Palais fuhren Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin unter dem stürmischen Jubel der Bevölkerung nach dem Schlosse. .
Um 116 Uhr waren Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin von Baden sowie die Landgräfin von Hessen und die Erbprinzessin von Anhalt hier eingetroffen und am Bahnhofe empfangen worden. Höchstdieselben reisten gegen Abend wieder ab.
Heute Abend um R/ Uhr begaben Sich Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin nach dem Neuen Palais, woselbst bei Ihrer Majestät der Königin Victoria unter Theilnahme der ganzen Großherzoglichen Familie Tafel stattfand. Hierauf wohnten die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften dem von Mitgliedern des Großherzoglichen Hof⸗Theaters aufgeführten Wichert'schen Lustspiel „Post festum-é bei.
Darmstadt, 27. April. Ihre Majestät die Königin von Großbritannien wohnte heute Vormittag dem Gottes— dienst in der Kapelle des Neuen Palais bei. Um 1 Uhr fand im Palais Familientafel statt. Se. Majestät der Kaiser machte Vormittags eine Spazierfahrt im Emilsgarten. ;
Nachmittags 41/ Uhr unternahmen Se. Majestät der Kaiser, Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und der Erbgroß⸗ herzog von Hessen, Ihre Majestät die Königin Victoria, Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Heinrich von Preußen sowie die Prinzessinnen Alix und Beatrice in offenen Wagen eine Ausfahrt nach Dianaburg und kehrten von dort gegen 6 Uhr zurück. Darauf wurde im Neuen Palais gemeinschaftlich der Thee eingenommen.
Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Heinrich von Preußen hat Sich mit dem Prinzen Waldemar heute Abend 65 / Uhr nach Kiel begeben. ;
Darmstadt, 28. April. Se. Majestät der Kaiser ist heute früh um 8 Uhr nach Eisenach abgereist. Se. König— liche Hoheit der Großherzog sowie sämmtliche Prinzen gaben Allerhöchstdemselben das Geleit nach dem Bahnhofe, woselbst auch die Gesandten und die Spitzen der Militär- und Civil⸗ behörden zur Verabschiedung anwesend waren. Das zahlreich auf dem Bahnhof anwesende Publikum brachte dem Monarchen überaus begeisterte Ovationen dar.
Das „Armee-Verordnungs-Blatt“ veröffentlicht nach— stehende Allerhöchste Kabinets-Ordre Sr. Majestät des Kaisers und Königs, betreffend die Stiftung eines „Allgemeinen Ehrenzeichens in Gold“:
Ich habe beschlossen, für Personen des Civil und Militärstandes, welche sich bereits im Besitze des „Allgemeinen Ehrenzeichens“ befinden und sich einer weiteren Auszeichnung würdig machen, ein neues Ehren— zeichen zu stiften. Dasselbe soll den Namen „Allgemeines Ehrenzeichen in Gold“ führen, aus einer runden goldenen Medaille von gleicher Größe und ähnlicher Ausstattung wie das frühere, durch Kabinets— Ordre vom 18. Januar 1830 zum Rothen Adler⸗Orden IV. Klasse erhobene Allgemeine Ehrenzeichen J. Klasse in seiner ursprünglichen Form bestehen, mit Meinem gekrönten Namenszuge und dem Stiftungs— jahr (1890) auf der einen und der lorbeerumkränzten Inschrift „Verdienst um den Staat“ auf der anderen Seite versehen und am Bande des jetzigen „Allgemeinen Ehrenzeichens“ getragen werden, welches letztere bei Verleihung des Ehrenzeichens in Gold nicht ab— gelegt wird. Ich beauftraze das Staats⸗Ministerium, hiernach das Weitere zu veranlassen. Die beiden Mir zur Ansicht vorgelegten Exemplare des früheren Allgemeinen Ehrenzeichens J. Klasse folgen anbei zurück.
Berlin, den 17. März 1890.
Wilhelm.
von Boettich er. von Maybach. Freiherr Lucius von Ballhausen. von Goßler. von Scholz. Herrfurth. von Schelling. von Verdy. Freiherr von Berlepsch.
An das Staats⸗Ministerium.
Weitere Allerhöchste Kabinets-Ordres bestimmen Folgendes:
Der Stab der 29. Kavallerie⸗Brigade wird von Mülhausen im Elsaß nach Colmar im Elsaß verlegt.
Die Artillerie⸗Prüfungs-Kommission ist end— gültig ausschließlich und unmittelbar dem Kriegs-Ministe— rium (Waffen⸗Departement) unterstellt.
Mit dem 1. April 1890 ist an Stelle des bisherigen „Organisations-Statuts für die Verwaltung und den Betrieb der Königlichen Militär-Eisenbahn (Berlin — Schießplatz)“ eine neue „Dienstordnung für den Betrieb und die Ver⸗ waltung der Königlichen Militär-Eisenbahn (Berlin — Schießplatz)“ in Kraft getreten, welche in der neuesten Nummer (12) des „Armee⸗Verordnungsblatts“ bekannt gegeben wird.
Mittels Allerhöchster Kabinets⸗Ordre vom 29. e 1899 ist eine neue „Schießvorschrift für die Kavallerie genehmigt worden.
Der Ausschuß des Bundesraths für Justizwesen hielt heute eine Sitzung.
Die Formation der beiden neuen Armee-Corps hat so weitgreifende und zahlreiche Aenderungen im Personalstande sowie in der Garnisonirung der preußischen Armee herbei⸗ geführt, daß Se. Majestät der Kaiser und König die Herausgabe einer neuen Rangliste befohlen haben, welche den gesammten aktiven Dienststand der Armee, die Reserve⸗ offiziere der neugestifteten Truppentheile, ferner die vollständige Anciennetätsliste der Generalität und Stabsoffiziere, das Gar⸗ nisonverzeichniß und eine tabellarische Uebersicht der Armee in ihrer neuen Eintheilung — dies Alles nach dem Stande vom 1. April d. J. — enthält. Die Herausgabe der Rangliste soll auch in Zukunft immer im April erfolgen und stets den Stand der Armee vom 1. April verzeichnen. Somit bildet die jetzt erschienene neue Ausgabe (Verlag der Königlichen Hof— buchhandlung von E. S. Mittler u. Sohn in Berlin) den Ausgangspunkt für die ihr alljährlich im Frühjahr folgenden Jahrgänge. A la suite des Kürassier⸗Regiments von Seidlitz ist der Fürst von Bismarck, Herzog von Lauenburg,
geführt. Die Liste der Reserve⸗Offiziere und Landwehrbezirke fehlt in der neuen Rangliste, ebenso das Namensverzeichniß.
Seit dem Jahre 1880 ist für die Erweiterung, Ver— vollständigung und bessere Ausrüstung des preu⸗ ßischen Staats-Eisenbahnnetzes ein Betrag von nahezu einer Milliarde Mark gesetzlich bewilligt worden. Hiervon entfallen — ungerechnet 60 Millionen Mark für Betriebsmittel — rund 475 Millionen Mark auf die Herstellung von 5522 km neuer Eisenbahnlinien, darunter 64 Millionen Mark für 274 km Vollbahnen und 4101 Millionen Mark für 5248 km Nebenbahnen. Hierzu treten noch über 118 8000090 (M6, welche in dem noch dem Landtage seit dem Februar d. J. vorliegenden Gesetzentwurf für weitere 906 km neue Bahnen (darunter 97 km Vollbahnen) vorgesehen sind, sodaß der Gesammtumfang der seit 1880 für Staatsrechnung aus⸗ geführten resp. zur Ausführung vorbereiteten neuen Bahnlinien einschließlich 500 km mit staatlicher Beihülse von über 6 800 000 S erbauter Privatbahnen nahezu 1000 km um⸗ fassen wird. Daß die meisten Bahnen als Nebenbahnen gebaut und geplant sind, entspricht den wirthschaftlichen und Verkehrsverhältnissen des Landes, da die Linien für den durchgehenden Verkehr im Wesentlichen bereits hergestellt sind und zur Befriedigung örtlicher Verkehrsbedürfnisse sich Nebenbahnen mehr eignen als Vollbahnen. Hätte man unwirthschaftlicher Weise theure Vollbahnen auch da anlegen wollen, wo billige Nebenbahnen genügen, auch zweckmäßiger sind, so hätten sehr viele wichtige Landestheile mit Schienen⸗ verbindungen noch nicht bedacht werden können.
Neben der Herstellung neuer Bahnlinien ist zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit bestehender Bahnstrecken auf einer Gesammtlänge von 1800 km das zweite, zum Theil das dritte und vierte Geleise gelegt worden mit einem Koöstenaufwande von 741½ Millionen Mark. Der neue Gesetzentwurf vom Februar wirft weitere Mittel von nahezu 29 Millionen Mark für fernere 400 km aus.
Zur Anlegung großer Rangir⸗ und Sammelbahnhöfe, zur Erweiterung und Umgestaltung bestehender Bahnhöfe sind über 114 Millionen Mark aufgewendet, so für Düsseldorf über 16 Millionen, Frankfurt a. M. nahezu 22 Millionen, Halle 19 Millionen, Köln 24 Millionen, Hamburg und Altona bis jetzt nahezu 16 Millionen Mark 2c. Der neue Gesetz⸗ entwurf sieht hierfür über weitere 50 Millionen vor, darunter nahezu 20 Millionen für Breslau, über 4 Millionen für Stettin, 5 Millionen für Buckau, 61 Millionen für Saar— brücken, über 8 / Millionen für Oppeln und Gleiwitz, nahezu 51 z sillionen für Beuthen mit Verbindung von Chorzow nach Kattowitz. Für sonstige Verbesserungen, wie Bahnhofsumbauten, Herstellung von Weichen und Signal⸗ stellwerken, Ausrüstung der Betriebsmittel mit durchgehenden Bremsen zur Erhöhung der Sicherheit des Betriebes, Erwei⸗ terung der Werkstätten 2c. sind nahezu 1691. Millionen Mark bewilligt und über 201½ Millionen Mark beantragt. Zur Be⸗ schaffung von Betriebsmitteln sind — ohne die Betriebsmittel anläßlich des Baues neuer Bahnen — nahezu 95 Millionen Mark verwendet.
Alles in Allem sind seit dem Jahre 1880 für neue Bahnen, zweite Geleise, Bahnhofsumbauten, Vermehrung der Betriebsmittel, Verbesserungen zur Erhöhung der Sicherheit des Betriebes, Beihülfen zum Bau neuer Eisenbahnen im Extraordinarium des Etats und durch besondere Gesetze nicht weniger als über 1, Milliarden Mark bewilligt und beantragt.
Diese Zahlen sprechen für sich selbst. Wenn demgegen⸗ über in einem Oppositionsblatte der Provinz Sachsen kürzlich die Behauptung aufgestellt wird, daß für die Besserung der Verkehrsverhältnisse des Landes von der Staatsbahn-Ver⸗ waltung so gut wie nichts geschehe und der „bisherige Be⸗ harrungszustand“ aufhören müsse, so können wir das Urtheil hierüber unsern Lesern überlassen.
Die im Reichs ⸗Eisenbahnamt aufagestellte, in der Ersten bezw. Zweiten Beilage zur ers, Nummer des „Reichs- und Staats⸗A Anzeigers“ veröffentlichte Uebersicht der Betriebsergebnisse deutscher Eisenbahnen für den Monat März d. ergiebt für die 15 Bahnen, welche auch schon im entsprechenden Monat des Vorjahres im Betrieb waren und zur Vergleichung ge— zogen werden konnten, mit einer Gesammtbetriebslänge von 35 679,» 8 km, Folgendes: Im März d. J. war die Ein⸗ nahme aus allen Verkehrszweigen auf ein Kilometer Betriebslänge bei 55 Bahnen mit zusammen 34 121,96 km höher und bei 19 Bahnen mit zusammen 1557,92 km (darunter 2 Bahnen mit vermehrter Betriebslänge) niedriger als in dem⸗ selben Monat des Vorjahres. In der Zeit vom Beginn des Etatsjahres bis Ende März d. J. war dieselbe auf ein Kilometer Betriebslänge bei 65 Bahnen mit zusammen 34 607,81 km höher und bei 10 Bahnen mit zusammen 1072,97 km (darunter? Bahnen mit vermehrter Betriebs⸗ länge) geringer als in demselben Zeitraum des Vorjahres. Bei den unter Staatsverwaltung stehenden Privat⸗
bahnen, ausschließlich der vom Staat für eigene Rechnung
in seiner neuen Charge als General-Oberst der Kavallerie auf⸗
verwalteten Bahnen, betrug Ende März d. J. das ge⸗ sammte konzessionirte k 59 900 S (15 405 009 66 Stammaktien, 2 451 900 νιι Prioritats⸗Stamm⸗ aktien und 5 000 C00 S Prioritäts-Obligationen), und die Länge derjenigen Strecken, für welche das Kapital bestimmt ist, 116,83 km, sodaß auf je 1 Em 195 668 M entfallen. Bei den unter Privatverwaltung stehenden Privat⸗ bahnen betrug Ende März d. J. das gesammte konzessio⸗ nirte Anlagekapital 549 612 529 S (282 816 550 S Stammaktien, 80 881 650 66 Prioritäts-Stammaktien und 185 914 329 S6 Prioritäts⸗-Obligationen, und die Länge derjenigen Strecken, für welche dies Kapital bestimmt ist, 3250,55 km, sodaß auf je 1 Km 169 084 s entfallen.
Se. Hoheit der Erbprinz von Sachsen-Meiningen, General ⸗Major und Commandeur der 4. Garde⸗Infanterie⸗ Brigade, ist nach Besichtigung und Musterung des Königin Augusta⸗Garde⸗Grenadier⸗Regiments Nr. 4.
Der General-Lieutenant von Sobbe, Commandeur der 1 Garde⸗Infanterie⸗Division, und der kommandirende Admiral, Vize-⸗Admiral Freiherr von der Goltz, sind von Dienstreisen hierher zurückgekehrt.
S. M. Kbt. „Iltis“, Kommandant Korvetten⸗-Kapitän Ascher, ist am 25. April d. J. in Amoy eingetroffen und beabsichtigte, am 26. dess. Mts. nach Takau in See zu gehen.
Kiel, 27. April. (W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich ist heute gegen Mittag an Bord der Korvette „Irene“ hier eingetroffen.
— 28. April. (W. T. B.) Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Heinrich ist mit dem Prinzen Waldemar heute Vormittag von Darmstadt wieder hier eingetroffen. Höchstdieselbi wurde von Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Heinrich auf dem Bahnhofe empfangen und sodann in das Schloß geleitet. Die Stadt hatte festlichen Flaggenschmuck angelegt.
Wiesbaden, 24. April. Aus der heutigen 5. öffentlichen Sitzung des 24. Komm unal-Landtages des Regierungs— Bezirks Wiesbaden ist Folgendes hervorzuheben:
Von der Vorlage des Landesausschusses über das Er⸗ gebniß der Verhandlungen mit der Königlichen Regierung wegen gemeinschaftlicher Verpachtung der Strom- und Ufer⸗ fischerei in der Lahn wurde Kenntniß genommen.
Der Antrag der Finanzkommission: „a. Versuchsweise eine Landarmen⸗-Anstalt zu Hadamar für die Zeit bis zum 1. Oktober 1892 zu errichten mit der Bestimmung, daß, wenn der Kom⸗ mungl-Landtag nicht vorher das Fortbestehen derselben be— schlossen hat, sie mit diesem Tage einzugehen habe; b. dem bezüglichen Reglement die Genehmigung zu ertheilen; den Landesausschuß zu ermächtigen, erforderlichen Falls die Fesistelung des Reglements mit der König⸗ lichen Staatsregierung zu vereinbaren, jedoch unter Festhaltung der Beschränkungen, welche sich aus Pos. a. dieses Deschlusfe und 5§. 1 des Reglements ergeben“, wurde an— genommen.
Desgleichen genehmigte der Landtag die Vorlage des Landesausschusses, die Ausgabe einer weiteren Serie von in prozentigen Landesbank-Schuldverschreibungen Litt. M. im Betrage von 10 Millionen Mark unter bestimmten von der Finanzkommission festgestellten Modalitäten betreffend, und
den Antrag der Finanzkommission, den Landesbank— Direktor zu ermächtigen, den Subaltern- und Unterbeamten der Nassauischen Landesbank und der Sparkasse, die noch auf Kündigung angestellt sind, deren Gehalt nicht postnumerando, sondern vierteljährlich praenumerando auszuzahlen.
Der Haupt-Etat der ständischen allgemeinen Verwaltung pro 1890,91 wurde vorbehaltlich der Aenderungen, welche durch spezielle Beschlüsse des Kommunal-Landtages bedingt sind, genehmigt.
Endlich stimmte der Landtag dem Antrage zu: „den Landes-Direktor zu ersuchen, von allen von ihm an den Landesausschuß ergehenden gedruckten Mittheilungen und von allen von dem Landesausschusse ausgehenden Druckschriften den sämmtlichen Mitgliedern des Kommunal-Landtages je ein Exemplar zugehen zu lassen.“
Hierauf wurde der Kommunal-Landtag durch den stell— vertretenden Landtags⸗Kommissar, Regierungs⸗-Präsidenten von Wurmb in üblicher Weise geschlossen.
Bayern. München, 26. April. (W. T. B.). Der Schluß des Landtages erfolgt, wie nunmehr definitiv vereinbart ist, am 3. Mai.
Sachsen.
Dresden, 26. April. Aus Turin wird berichtet, daß Ihre Majestäten der König und die Königin am Geburtstage Sr. Majestät in Vereinigung mit Ihren Königlichen Hoheiten der Herzogin von Genua und der Herzogin⸗Mutter von Genua einen weiteren Ausflug nach dem Schlosse Aglis, der Sommer⸗Residenz Sr. Königlichen Hoheit des Herzogs von Genua, unter⸗ nommen haben. — Ihre Majestäten verlassen Turin heute Nachmittag und begeben sich über Mailand nach Lugano,
woselbst bis morgen Abend Aufenthalt genommen wird.
Von Lugano wird die Rückreise über den St. Gotthard, Basel, Frankfurt a. M, Leipzig stattfinden, und die Ankunft in Dresden steht, wie bereits gemeldet, am nächsten Dienstag, Vormittags 10 Uhr 56 Minuten, zu erwarten.
Das „Dresdner Journal“ veröffentlicht folgende vom 26. April datirte Bekanntmachung des Ministers des Innern von Nostitz-Wallwitz:
„Das Ministerium des Innern sieht sich veranlaßt, für den 1. Mai d. J. die Abhaltung von Versammlungen unter freiem Himmel, sowie die Veranstaltung öffentlicher Auf⸗ und Umzüge nicht blos auf öffentlichen Plätzen und Straßen innerhalb der Ortschaften, sondern überhaupt auf Grund von 5. 12 des Gesetzes, das Vereins⸗ und Versammlungsrecht betreffend, vom 22. November 1850, hiermit zu verbieten.
Zuwiderhandlungen gegen dieses Verbot sind nach §. 33 des an⸗ gezogenen Gesetzes mit Geldstrafe von 3 bis zu 150 M oder mit drei⸗ tägigem bis dreimonatlichem Gefängniß, für die ebenda bezeichneten schweren Fälle aber mit Geldstrafe von 3 bis zu 300 M oder mit dreitägigem bis sechsmonatlichem Gefängniß bedroht.
Es ist von der Besonnenheit und dem gesetzlichen Sinne der Mehrheit der Arbeiterbevölkerung zu erwarten, daß sie alles, was geeignet ist, die öffentliche Ordnung zu stören, vermeiden und ver⸗
hindern werde. Wer dem entgegenhandelt, macht sich für die Folgen verantwortlich. Die Regierung ist der Verpflichtung ein— gedenk, die gesetzlich Ordnung und den öffentlichen Frieden mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu schützen.“
Württemberg.
Stuttgart, 26. April. (Schw. Merk) Die Kammer der Abgeordneten setzte gestern die Berathung des Eisen—⸗ bahngesetzes fort und genehmigte die für Erweiterungen und Verbesserungen an den im Betrieb befindlichen Bahnen eforderten 1 0530 000 6, und zwar: 1) für die Her—⸗ rng eines zweiten Geleises auf der Bahnstrecke Bietig⸗ heim Jagstfeld mit Erweiterung der Zwischenstationen bieser Strecke und mit gleichzeiliger Ausführung eines Rangierbahnhofs bei Heilbronn als erste Rate 250 000 (, 2) für die Erweiterung und Verbesserung der Verlade⸗ geleise und Einrichtungen für den Stückgüterverkehr auf dem Bahnhof Stuttgart 380 00046, 3) für die Ver— grbßerung der Central-⸗Wagenwerkstätte Kannstatt als erste Rate 400 000 4Mƽ. Ferner wurden genehmigt: für die Vermehrung des Fahrbetriebsmaterials der Staats— eisenbahnen 5 859 009 M, und für die Ausstattung der Personenzüge mit der Westinghouse (Schnellbremse) 250 0604, zusammen 6 100 000 6. Die Berathung über die zu Vorarbeiten für eine direkte Verbindungsbahn zwischen Untertürkheim und Zuffenhausen, eine direkte Verbindungsbahn zwischen Zuffenhausen und der Eisenbahn— station Hasenberg und die Erweiterung der letzteren Station, sowie für ein zweites Geleise auf der Strecke Hasen— berg = Böblingen geforderten 40 000 St wurde abgebrochen.
Baden.
Karlsruhe, 26. April. (Karlsr. Ztg.) Die Erste Kammer nahm in ihrer gestrigen Sitzung das Gesetz, be— treffend die Versicherung der Rindviehbestände, mit allen gegen eine Stimme an, genehmigte darauf die Fort— erhebung der Steuern für den Monat Mai, sowie den Gesetzentwurf, betreffend einige Aenderungen und Er— gänzungen des Polizeistrafgesetzbuchs vom 31. Oktober 1863. — In der heutigen Sitzung wurde das Budget des Staats-Ministeriums und der Ober-Rechnungs— kammer genehmigt und sodann zur Berathung von Peti— tion en übergegangen.
.Die Zweite Kammer genehmigte gestern gleichfalls die Forterhebung der Steuern für den Monat Mai und nahm dann den Antrag der Abgg. Wittmer und Gen., betreffend die Vergütung für die Raturalverpflegung der Truppen bei den Herbstübungen, in der Fassung der Kommission an. In der heutigen Sitzung wurde das Budget des Finanz-Meinisterkums (Tit. VI. der Aus— gaben und Tit. III der Einnahmen) angenommen. Im Laufe der Diskussion brachte der Staats-Minister Dr. Turban einen Nachtrag zum Budget des Ministeriums der Innern ein, durch welchen den Wünschen der Kammer hinsichtlich der Unter— stützung der Gemeinden und Kreise und insbesondere auch bezüglich der Forderung wegen Vergütung für die Natural⸗ verpflegung der Truppen entsprochen wird. Der Nachtrag wurde der Budgetkommission überwiesen.
Mecklenburg⸗Schwerin.
Schwerin, 26. April. Den „Meckl. Nachr.“ wird aus Cannes gemeldet, daß in dem Befinden Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs in der letzten Zeit eine wesent— liche Aenderung nicht eingetreten ist. Zwar sind die Nach— wehen des akuten fieberhaften Darmkatarrhs als vollständig überwunden zu betrachten, dagegen bestehen die Symptome der alten Neurose immer noch, wenn auch in etwas weniger quälendem Maße, fort.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. , April, (7h. C.) Ihre
; Königlichen Hoheiten der Großherzog und der Erbgroßherzog haben
Weimar,
sich heute nach der Wartburg begeben. Die Ankunft Sr. Majestät des Kaisers daselbst wird morgen Mittag erwartet.
Oldenburg.
(H.) Oldenburg, 25. April. Der Königlich preußische Gesandte am Großherzoglichen Hofe Graf zu Eulenburg überreichte heute Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog sein Abberufungsschreiben. Der Bischof von Münster D. Dingelstad wurde vom Großherzog in Audienz empfangen und beide Herren zur Tafel gezogen.
Oesterreich⸗Ungarn.
Wien, 27. April. (W. T. B.) Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht die Ernennung Ihrer Kaiserlichen und König— lichen Hoheiten des Erzherzogs Franz Ferdinand von Oesterreich-Este zum Oberst-⸗Inhaber des 19. Infanterie— Regiments, des Erzherzogs Karl Stephan zum Dberst— . des 8. und des Erzherzogs Eugen zum Oberst— Inhaber des 41. Infanterie-⸗Regiments. Ferner die Be— förderung des österreichischen Landesvertheidigungs-Ministers Grafen Wel sersheimb und des ungarischen' Landes ver— theidigungs-Ministers Freiherrn von Fejervary zu Feld— zeugmeistern. Weiter wird die Ernennung Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten des Erzherzogs Franz Ferdinand von Oesterreich-Este zum Obersten des J. Husgren⸗Regiments, des Erzherzogs Karl Stephan zum Linienschiffs-Kapitän und des Erzherzogs Eugen zum Obersten und Commandeur des 100. Infanterie⸗-Regi⸗ ments bekannt gegeben.
Gestern haben im Auswärtigen Amt unter dem Vorsitz des Minister⸗Präsidenten Grafen Kälnoky gemeinsame Minister-Berathungen bezüglich der Delegations— vorlagen und des Einberufungstermins stattgefunden.
Bei der gestern im Abgeordnetenhause fortgesetzten Berathung des Etats für die Landesvertheidigung drückte der Minister Graf Welsersheimb seine Freude darüber aus, daß der bewaffneten Macht Seitens aller Redner ein großes Wohlwollen entgegengebracht sei; die Regierung begrüße es, wenn sich die Gutgesinnten aller Parteien zu höheren Zwecken zusammenfänden.
Bus apest, 25. April. (W. T. B.) Im Handels—⸗ Ministerium ist heute Vormittag die österreschisch⸗ ungarische Zollkonferenz zusammengetreten, bei welcher außer den beiderseitigen Fach⸗Ministerien auch das Auswärtige Amt vertreten war. Den Gegenstand der Berathung bildete
= 28. April. Die „Ungarische Post“ meldet: Die bisherigen Ministerkon ferenzen, unter dem Vorsitz des Grafen Kälnoky, beschäftigten sich hauptsächlich mit dem diesjährigen Mehrerforderniß für Einfüh—⸗ rung des rauchloßen Pulvers und anderen hiermit verbundenen Kosten. Die Einstellung eines dies— bezüglichen Budgetpostens fand die Zustimmung, eine end— giltige Ziffer wurde jedoch noch nicht vereinbart. Sollte in der Nachmittags unter dem Vorsitz des Kaisers und Königs stattfindenden Minister⸗Berathung keine definitive Feststellung des Mehrerfordernisses erfolgen, so werden den bisherigen Minister⸗Berathungen noch weitere Nachkonferenzen folgen.
Großbritannien und Irland.
London, 27. April. (W. T. B) Bei dem gestrigen Jahres Bankett der Civil⸗Beamten, ann General Lord Wolseley präsidirte, erklärte derselbe in seiner Rede den Gedanken für lächerlich, daß im Falle einer Niederlage der englischen Flotte England gezwungen wäre, sich zu ergeben, und sagte: Stets seien für acht Monate 1 ,,, . Lande, und außerdem sei es ohne fremde Hülfe unmöglich, alle Häfen e fuhren z 8 H glich Häfen gegen Zufuhren zu
MReuter's Bureau“ erfährt, daß die in Zeitungen enhaltene Nachricht: die Pforte Botschafter Rustem Pascha instruirt, mit sch en Regierung Verhandlungen wegen einer Räumung Egyptens oder irgend welchen Theiles des selben einzuleiten, jeder Begründung entbehre. Die gegenwärtig zwischen der ottomanischen Botschaft hier— selbst und dem britischen Minister des Aeußern ausgetauschte Torrespondenz beziehe sich lediglich auf die laufenden Ge— schäfte.
Der Evelyn gegangene,
mehreren hätte den der engli—
von dem General-Konsul in Baring erstattete, dem vom 29. Februar datirte Finanzbericht sagt; Das Jahr 1889 sei, vom finanziellen Gesichts— punkte aus betrachtet, das befriedigendste Jahr in der Geschichte Egyptens. Aber um die fortschreitende Ent— ö Egyptens zu sichern, sei es nöthig, daß die eng⸗ lische Okkupation und der vorherrschende Einfluß der eng⸗ lischen Regierung, welche von der Anwesenheit der Okku— pationsarmee abhängig seien, aufrecht erhalten würden. In dem Bericht wird die Weigerung Frankreichs, der Konversion der egyptischen Schuld zuzustimmen, als nicht nur für die Interessen der egyptischen Steuerzahler, sondern auch der Bondsinhaber nachtheilig bedauert.
Stanley, welcher gestern Nachmittag um 33 Uhr in Dover landete, wo er von Lord Wolseley, General Bräͤcken— bury, Sir Francis de Winton, Rustem Pascha, Baron Worms und Clement Hill empfangen wurde, traf kurz vor 6 Uhr auf der Victoria⸗Siation in London ein und wurde von der sehr zahlreich anwesenden Menschenmenge mit stürmischen Zurufen begrüßt. Stanley ist in Begleitung von Dr. Parke, Sir William Mackinnon und Sir Francis de Winton Abends zum Besuche des Prinzen von Wales nach Sandringham abgereist, wo er bis Montag zu bleiben gedenkt. ͤ
Frankreich.
Paris, 28. April. (W. T. B.) Der Präsident Carnot ist gestern früh 7 Uhr hier eingetroffen und vom Minister des Innern Constans sowie von dem Polizei-Präfekten am Bahnhof empfangen worden.
Bei den gestrigen Wahlen zur Deputirtenkammer wurde in Lo déve Menard Dorian (Republikaner) mit i632 Stimmen gegen Leroy Beaulieu (kons.), der 7211 St. erhielt, in Tournon der Republikaner Seigno— bos mit 9543 St. gegen Morin Latour (kons.) mit 9520 St., und in Corrèze der Republikaner Delpeuch mit 8118 St. gewäht gegen den Boulangisten Vacher, welcher S018 St. erhielt. In den Departements Eure, donne und Charente sind Stichwahlen erforderlich. .
Bei den gestern stattgehabten Wahlen für den Pariser Munizipalrath wurden gewählt: 8 Konser⸗ vative, 12 Repuhlikaner und 1 Boulangist. Ferner sind 59 Stichwahlen erforderlich, von denen in 42 Bezirken die Republikaner verschie— dener Schattirungen, in 4 Bezirken die Konservativen und in 13 Bezirken die Boulangisten die meiste Ausficht haben. Die republikanischen Morgenblätter äußern sich über die Munizipalrathswahlen sehr befriedigt und bezeichnen als deren Merkzeichen die vollständige Niederlage der Boulan— gisten. Die boulangistischen Blätter hoffen, die Stichwahlen würden die erlittene Schlappe wieder gut machen. Die Organe der Monarchisten erklären die Wahlen als einen Beweis, daß die konservative Partei sich neu gefestigt habe.
Die Verstärkungen, mit welchen der Kreuzer „Rol— land“, wie bereits gemeldet, vom Senegal nach Porto Novo abgegangen ist, bestehen in 109 Mann Tiralleure, welche durch 100 Mann Marine-⸗Infanterie ersetzt werden sollen. Ferner sollen 100 Mann Marine⸗-Infanterie abgesandt werden, um die Landung der Truppen zu schützen. Es sind strenge Befehle gegeben, die Truppen in befestigten Punkten zu konzentriren, um jeden unnöthigen Zusammenstoß zu ver— meiden.
Das „Mémorial diplomatique“ theilt einen Brief des Königs von Dahomey an den Präsidenten Carnot mit, in welchem der König sich darüber beklagt, daß er ohne Kriegserklärung von Frankreich angegriffen worden sei. Die Kaufleute von Wyddach habe er weggeführt, weil sie sich mit Politik beschäftigt hätten, obwohl sie keine Soldaten waren, er werde sie übrigens nicht mißhandeln, sondern nur als Geißel bis zum Ende des Krieges behalten.
Italien.
Rom, 26. April. (W. T. B.) Die großen Manöver werden im Monat August unter dem Kommando des Generals Ricotti stattfinden.
in Kairo, Sir Parlament zu⸗
2.
Schweiz.
Bern, 28. April. (W. T. B.) Bei der gestrigen Volksabstimmung in Tro gen (Kanton Appenzell) lehnte die Landsgemeinde den Antrag auf das Verbot der indirekten Steuern und den Antrag auf Errichtung einer staatlichen Mobiliar⸗-Assekuranz⸗Anstalt ab. In Basel-Stadt wurde die bisherige Regierung wiedergewählt. Bellinzong, 27. April. (W. T. B.) Nachdem die Regierung des Kantons Tessin wegen der durch den Staatskassirer Scazziga verübten Veruntreuungen demissionirt hatte, wurde nunmehr die neue Regierung eingesetzt.
der Handels vertrag mit der Türkei.
Dieselbe besteht aus den beiden bisherigen Mit⸗
liedern Casella und Gianelli, zu denen Roß (ultramontan), espini (ein Führer der Ultramontanen) und Bonzanigo früher gemäßigt freisinnig) hinzugetreten sind. Pedrazzini und der Finanz-Direktor Regazzi sind nicht wieder gewählt worden. Griechenland.
Athen, 26. April. (W. T. B) Ein Dekret versetzt den General Valtinos, Commandeur des Thessalischen Armee⸗Corps, sowie 8 andere Offiziere wegen Theil⸗ nahme an der Bewegung in Larissa im vergangenen Februar in Nichtaktivität.
Serbien.
Belgrad, 26. April. (W. T. B.) hat einstimmig die durch Einführung der Nationalmiliz bedingten Abänderungen der Heeresorganisation definitiv angenommen. Die Session ist auf einige Tage ver— längert worden und wird voraussichtlich erst am 1. Mai ge— schlossen werden.
Die Skupschti na
Bulgarien.
Gofig, 6 pril, (B. T. B.) Se. Hohei der Herzog von Sachsen-Meiningen wurde auf seiner Reise durch Bulgarien in Philippopel Namens der Re⸗ gierung von dem Präfekten, Namens des Prinzen Fer— dinand von dem Hofmarschall und einem Flügel-Adjutanten sowie von dem Präfekten von Sofia begrüßt.
Schweden und Norwegen.
Stockholm, 26. April. (W. T. B.) Der Gesundheits—⸗ zustand der Kronprinzessin erheischt nach der Ansicht ihres Arztes Dr. Tham das Verbleiben Ihrer Königlichen Hoheit in Nizza. Die Rückkehr des Kronprinzen wird erst er— folgen, wenn ihm seine Gemahlin bei wärmerer Witterung nach Baden⸗Baden folgen kann.
Der Reichstag hat mit 206 gegen 148 Stimmen 2 868 000 Kronen zum Bau eines Panzerschiffes bewilligt.
Amerika.
Brasilien. Nach einem Telegramm des „W. T. B.“ aus Rio de Janeiro (über New⸗York vom 27. April) ist die in dem Kabinet bestandene Meinungsdifferenz wieder ausgeglichen, und behalten der Finanz-Minister Barbosa und der Minister des Aeußern Bocayura ihre Portefeuilles.
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (50.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister der geistlichen u. s. w. Angelegenheiten Dr. von Goßler, der Finanz ⸗Minister Dr. von Scholz, der Minister des Innern Herrfurth und der Handels⸗Minister Freiherr von Berlepsch beiwohnten, theilte der Präsident den Eingang eines Antrags des Abg. Metzner auf gesetzliché Regelung der Besteuerung der Konsum— vereine, mit.
Auf der Tagesordnung stand zunächst die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Fest— stellung eines Nachtrags zum Staatshaushalts— Etat für das Jahr vom 1. April 1890/91.
Abg. Freiherr von Huene führte aus, daß eine voll— ständige Zufriedenheit der Beamten mit dieser Vorlage nicht erreicht werde und nicht erreicht werden könne. Die Neu— ordnung nach verschiedenen Gehaltsstufen sei zweckmäßig. In der Budgetkommission werde gleichwohl die Regelung im Ein— zelnen genau zu erörtern sein, namentlich ob nicht die Mindest— gehälter einzelner Klassen zu erhöhen seien. Im Durchschnitt sollen den Beamten 13 Proz. Erhöhung, den Diätaren dagegen eine geringere Erhöhung gewährt werden. Warum das Letztere der Fall sein solle, sei noch durchaus dunkel. Durch die Alterszulagen für Lehrer und Lehrerinnen werde hoffentlich eine gewisse Be— ruhigung und Befriedigung in diesen Kreisen eintreten. Bei der Vertheilung der Stellenzulagen müßten vor Allem die Theuerungsverhältnisse in den Orten in Betracht kommen. Die Form des Nachtrags-Etats entspreche nicht den Anforde— rungen, welche das Haus zu stellen berechtigt sei; die Erhöhung der Gehälter müsse im Etat bei jedem einzelnen Titel der ver— schiedenen Beamtenkategorien in irgend einer Weise zum Aus— druck gebracht werden. Es empfehle sich, die Vorlage der Budgetkommission zu überweisen.
Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum bemerkte, daß, wenn die Vorlage sich in den Etat für 1890,91 noch hineinarbeiten lasse, dies geschehen müsse. Erfreulich sei der Entschluß der Regierung, die Beamten in gewisse Gehaltsklassen einzurangiren. Wenn die Beamten nicht voll die von ihnen gewünschte Erhöhung erhielten, so sei zu bedenken, daß auch Zeiten kommen würden, wo die Arbeiter die jetzigen Lohnerhöhungen nicht mehr haben würden; dann würde aber für die Beamten eine Gehaltsverminde— rung nicht eintreten. Die Stellenzulage sei eine schwierige Materie, man werde sie in der Kommission besonders zu erörtern haben. Die Lehrer hätten Anlaß, mit den ihnen gemachten Zuwendungen zufrieden zu sein. Man solle die Regierung nicht drängen, über die 18 Millionen hinauszugehen; die Sache würde sonst überhaupt kein Ende finden. Für die Schuldentilgung blieben jetzt noch 26 Millionen, “ Proz. der Staatsschuld; das sei das Wenigste, was man an Tilgung zu leisten hätte. Es sei ungewiß, ob die gegen— wärtigen Ueberschüsse in Zukunft bleiben würden, und wie viel von den 18 Millionen vielleicht durch erhöhte Matrikular— beiträge aufgezehrt werden würde. Was den Neubau des Domes und den Antrag einer Interimskirche be— treffe, so könnten die Konservativen, ohne die Pläne und Anschläge näher zu kennen, für die Bewilligung der dazu geforderten 200000 (6 nicht stimmen; man müsse wissen, wo und von wem diese Kirche gebaut werden solle. Der Ueberweisung der Vorlage an die Budgetkommission sei zuzustimmen.
Abg. Rickert bezeichnete die Vorlage als eine Abweichung von allen Traditionen der Etatsaufstellung. Bei der Einbringung des Etats sei eine Vorlage in Aussicht gestellt worden, welche dem Etat selbst vollständig an⸗ gepaßt sein sollte. Die Vorlage sei etatsrechtlich nichts weiter als die Forderung, der Regierung ein Pauschquantum von 18 Millionen zur beliebigen Vertheilung und Verwendung in die Hand zu geben. Was hier etatsrechtlich fehle, müsse formell in irgend einer Form in den Etat hineingearbeitet werden; bis jetzt habe sich die Re— gierung nur moralisch, nicht etatsrechtlich gebunden. Nahezu sämmtliche Klassen der unteren und mittleren Beamten sollen
berücksichtigt werden. Trotzdem wachse die Zahl der Unter⸗