schriften aus allen Theilen des Landes von Tage zu Tage. Die Beamten sollten bedenken, daß nicht alle ihre Wünsche berücksichtigt werden könnten; komme die Vorlage nicht zustande, so hätten die Beamten allein den Schaden. Das System der Alterszulagen hätte auf alle Beamten ganz allge⸗ mein ausgedehnt werden müssen, bei dem neuen System der Gehaltsstufen würde die Aufbesserung an die einzelnen Beamten ehr ungleichmäßig vertheilt. Die Forderung für die Diätare betrage 1 325 000 , doch sei nicht gesagt, wie die Vertheilung etats⸗ mäßig erfolgen solle, es handle sich auch hier bloß um einen Dispositionsfonds für die verschiedenen Verwaltungen. Was die Lehrer betreffe, so habe der Herr Kultus⸗Minister sich auch jetzt dem widersetzt, daß die Besoldung der Lehrer gesetzlich festgestellt werde; es würden nur ein paar Millionen zur diskretionären Vertheilung dem Kultus- und dem Finanz⸗ Minister zur Verfügung gestellt. Dieser Zustand müsse endlich beseitigt werden. . versicherte, daß für ihn die vor— geschlagene Lösung der Frage der Stellenzulage ganz unan⸗ nehmbar wäre. (Schluß des Blattes.)
(Der Schlußbericht über die vorgestrige Sitzung des Herren⸗ 5 es besindet sich in der Ersten Beilage.)
m 5. Frankfurter Wahlbezirk — Ost-Sternberg, est Wer br — s bei der für den verstorbenen Ritterguts— besitzer Karbe stattgefundenen Ersatzwahl von Bo Gelber g⸗ Schönow (konservativ) mit 242 Stimmen zum Mitgligede des Hauses der Abgeordneten gewählt worden. Der Gegenkandidat, Rechtsanwalt Hentschel in Zielenzig (deutsch⸗ freisinnig), erhielt 1 Stimmen.
Theater und Musik.
Königliches Opernhaus.
Der neue Gast aus Dresden, Hr. Gudehus hatte gestern in Wagner's Mufskdrama „‚Tristan und JFIsolde; die Rolle des Trlstan! übernommen und erzielte in derselben noch größere Erfolge als im, Lohengrin“. „Tristan“ erfordert nicht nur einen echten Heldentenor von bedeutender Stimmbegabung und ausdauernder Kraft, da der Sänger fast unausgesetzt auf der Bühne thätig ist, sondern auch eine ritterliche Erscheinung und dramatische Lebendigkeit des Spiels. Wir freuen uns, konstatiren zu können, daß unser Gast allen diesen An⸗ forderungen vollkommen gewachsen ist. Seine Leistung kann daher als eine in jeder Beziehung höchst lobenswerthe bezeichnet werden. Auch die Wärme des Ausdrucks steigerte sich in seiner Darstellung von Scene zu Scene immer mehr. In der sehr lang ausgeführten Liebesscene des zweiten Akts, in der der Sänger immerwährend die ganze Kraft seiner Stimme einzusetzen hat, sowie in der Scene des Sterbens und Wiedererwachens, bei welcher derselbe fast eine Stunde lang in ausgestreckter Lage zu singen hat, stand Hr. Gupehus, was Gesang und Darstellung anbetrifft, auf dem Gipfelpunkt seiner künstlerischen Leistung. Beide Scenen hat Wagner in Dichtung und Musik mit so wunderbar poetischem Zauber umgeben, daß der Darsteller und der Zu⸗ hörer sich gern über manche unleugbaren Längen in der Handlung hinwegsetzen. Die Partie der Isolde befand sich in den bewährten Händen der Fr. Sucher, die in Spiel und Gesang dem Gast nichts nachgab. Hr. Betz war ein unübertreff licher Kurweng! Fr. Staudigl führte ihre Brangäne, was Gesang und Grazie der Darstellung betrifft, ganz vorzüglich durch. Hr. Bi bert i (König Marke), Or. Oberhauser (Melot) und Hr. Rothmühl (ein junger Seemann) waren gleich⸗ falls vortrefflich an ihren Plätzen. Das Orchester unter Leitung des Kapellmeisters Sucher bewältigte die ihm zuertheilte große Aufgabe mit echt künstlerischer Hingebung an das Werk. Daß die Klang ⸗ wirkung mitunter zu stark war, z. B. in der Liebesscene, lassen wir nicht unerwähnt, und es erinnert dieser Umstand wieder an die zweck— mäßige Einrichtung des Bayreuther Theaters. Das außerordentlich zahlreich erschienene Publikum ehrte die Darsteller durch enthusiastische Beifallsbezeugungen und mehrmalige Hervorrufe.
Mit besonderer Freude begrüßen wir die Nachricht, daß Hr. Gudehus . auf vier Monate für jedes Jahr der Königlichen Oper verpflichtet worden ist.
Königliches Schauspielhaus. ; ;
Im Königlichen Schauspielhause fand gestern Mittag eine Wieder⸗ holung der am 19. d. M. zum Besten des unter dem Protektorat Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin stehenden Paul Gerhardt ⸗ Stifts veranstalteten Aufführung lebender Bilder durch Mit⸗ glieder der höchsten Kreise und der Hof-Gesellschaft statt. Ein vor nehmes und glänzendes Publikum hatte sich auch gestern wieder zahl⸗ reich eingefunden und begleitete die prachtvollen einzelnen Bilder mit dem lebhaftesten Beifall. Die Besetzung war dieselbe geblieben, und die Aufführung konnte auch gestern als äußerst wohlgelungen bezeichnet werden.
Berliner Theater.
Am Sonnabend trat Fr. Niemann in drei kleinen Lustspielen nach längerer i. zum ersten Male wieder auf und konnte in jeder ihrer drei ollen eine Glanzseite ihrer Künstlerschaft aufs Neue bewähren. Im ersten Stück wirkte sie durch stilles, herzbewegendes Weinen, im zweiten durch ihren kräftigen natürlichen Humor, und im letzten Lurch ihr köstliches Lachen.
„A tempo“, ein Schauspiel in 1 Akt von Enrico Mon te⸗ corholi, übersetzt von Richard Nathanson, eröffnete den Abend; das Stück ist auf tragische Rührung berechnet und erzielt sie auch trotz seiner Weitschweifigkeit in der Auseinandersetzung. Eine junge, von ihrem Manne getrennt lebende Frau, Sylvia, steht zwei Mal in Gefahr, dem Flehen eines Anbeters Gehör zu geben, und beide Male wird sie durch die Dazwischenkunft ihres Gatten und ihres Kindes, welche gerade a tempo d. h, zur rechten Zeit kommen, vor dem Fall bewahrt und endgültig mit ihrem Gemahl wieder vereint. Es ist auffallend, daß in diesem aus dem Italienischen stammenden Stück und in noch höherem Grade in dem letzten französischen von der Sittlichkeit der Ehemänner in leicht fertiger, ja man möchte sagen verächtlicher Weise gesprochen wird. Nach solcher Lehre haften die Sünden, welche die Frau tief kränken, den Männern gleichsam von Natur an und die Frau müßte ohne Kampf und ohne die geringste Aussicht, ein höheres, edleres Sittlichkeitsgefühl zum Durchbruch kommen zu sehen, mit den gegebenen Thatsachen rechnen. Das ist der Weisheit letzter Schluß in beiden Stücken, welcher der Wahrheit doch kaum entsprechen dürfte. Fr. Niemann spielte die Sylvia im Schmerz und in der Freude vortrefflich. Nicht weniger glänzend bewährte sich die vornehme Kunst des Frl. Nuscha Butze. Ihresgeschwätzige und im eigentlichen Sinne edle Antoinette, eine graziöse, anscheinend ober flächliche Salondame, wurde mit so viel Anmuth und herzgewinnender Liebenswürdigkeit gespielt, daß der begeisterte Beifall, welcher zumeist auf Rechnung der Darstellung zu schreiben ist, den beiden Damen in gleich hohem Grade galt ;
Im altbekannten Scribe'schen Lustspiel „Der Weg durch's Fenster“ trat der kräftige Humor der jungen Pächterin Lise Plsu„nwne in Fr. Niemann's Darstellung kräftig hervor; gehört doch die Lise Pomme seit langer Zeit zu ihren Paraderollen. Frl. Odilon gab die junge Frau mit gewinnender Naivetät in Spiel und Sprech- weise. Den Abschluß des Abends machte das inhaltlich schon erwähnte einaktige Lustspiel ‚Gewitterschauer“ von Ed. Pailleron. Ueber ein abgelegenes Wirthshaus an der fran— zösisch'italienischen Grenze ziehen heftige Gewitterschauer, und mit einem vorübergehenden Gewitter mit nachfolgendem eintönigen Regen wird die Liebesleidenschaft im einzelnen Fall und im Allgemeinen verglichen. Frau von Castellt macht es ihrer Freundin Jeanne klar, welche ihrem Manne durchgebrannt ist und durch einen Zufall auf ihrer Flucht in diese erbärmliche Gebirgs⸗ und Schmugglerschenke geräth. Fr. von Castelli hält Jeanne von der Fortsetzung ihrer Flucht zurück, indem sie in die überschwängliche Leidenschaft die Prosa des Lebens in Gestalt von Gendarmen dringen läßt. Fr. Niemann, als welterfahrene, verständige Fr. von Castelli, ließ ihrer Munterkeit und Lachlust die Zügel schießen und gab der vornehmen Dame mehr Keckheit in Ausdruck und Bewegungen, als sich mit der Würde der Schloßherrin eigentlich verträgt. Doch regte gerade ihr über⸗ sprudelndes, heiteres Temperament die Theilnahme der Zuschauer an und verhalf der kleinen Arbeit, welcher ebensowenig wie dem ersten Lustspiel ein bemerkenswerther literarischer Werth innewohnt,
zu einer freundlichen Aufnahme. Frl. Butze trat hier als Gastwirthin auf, natürlich im Spiel aber auch zierlich und manchmal vornehm in ihren Bewegungen; etwas mehr Derbheit hätte, der Rolle allerdings nicht schaden können. Der Beifall war herzlich und kräftig nach jedem Stück und rief die Darsteller wiederholt vor die Gardine. Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater.
Der Abend des vergangenen Sonnabends gestaltete sich zu einem Fest, wie es seit längerer Zeit im Friedrich Wilhelmstädtischen Theater nicht erlebt worden war. Zum hundertst en Male gelangte Millöckers . Armer Jonathan“ zur Aufführung, und es lag nahe, daß dieses Ereigniß in besonderer Welse gefeiert werden würde. Der Komponist war aus Wien herübergekommen, um dem Jubiläum beizuwohnen und selbst den Dirigentenstab in die Hand zu nehmen, lebhaft begrüßt von dem Hause, welches bis auf den letzten Platz ge⸗ füllt war und regen Antheil an den Vorgängen vor und hinter dem Vorhange nahm. An Ovationen sollte es denn auch nicht seblen, und zwar waren dieselben so stürmischer und herzlicher Art, wie kaum bei ähnlichen Gelegenheiten. Nach dem jede / maligen Fall des Vorhanges mußten sowohl. der Komponist wie auch Hr. Direktor Fritsche erscheinen und den lebhaftesten Beifall des Publikums entgegen nehmen. Das Personal der Bühne über— reichte mit humoristischen Worten Beiden sinnige Geschenke und brachte ihnen ein Hoch aus, in welches die Zuschauer lebhaft einstimmten. Zahllos waren die Blumenspenden und Kränze, welche den in den ersten Rollen beschäftigten Mitgliedern überreicht wurden; darunter befanden sich wahre Prachtstücke der Gartenkunst. Daß sämmtliche Mitwirkenden am Sonnabend sich ganz besonders anstrengten, lag auf der Hand. Hr. Well hof mit seiner unnachahmlichen Komik, Frl. Jenny Stubel, die ausgezeichnete Soubrette, Frl. Of feney, Frl. Schmidt, Hr. Hanno, Hr. Steiner: sie alle spielten so frisch und flott, daß man ihnen kaum anmerkte, daß sie ihre Rollen bereits zum hundertsten Male gaben. Noch auf lange, Zeit hin dürfte der Arme Jonathan“ das Repertoire des Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theaters beherrschen.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
München, 28. April. (W. T. B.) Die Kammer der Abgeordneten lehnte trotz lebhafter Befürwortung durch den Minister des Innern und den Regierungsvertreter die Forderung des Nachtrags-Etats in Höhe von 2185 000 1MÆ zur Erbauung des neuen Main-Floß— hafens in Würzburg ab und bewilligte nur für Ver⸗ bindungsgeleise zum Main⸗Ufer in Würzburg, Ochsenfurt, Marktbreit und Kitzingen zusammen 709 600 M .
Darmstadt, 28. April. (W. T. B.) Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich ist heute um iw Uhr Nach— mittags hier eingetroffen und am Bahnhofe von dem Groß⸗ herzog, sowie den Prinzessinnen Beatrice und Alix empfangen und nach dem Neuen Palais geleitet worden.
Eisenach, 28. April, 11/4 Uhr Nachmittags. (W. T. B.) Soeben ist Se. Majestät der Kaiser hier eingetroffen. Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog war Allerhöchst— demselben bis Bebra entgegengefahren. Auf dem Bahn— hofe wurde Se. Majestät von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog auf das Herzlichste begrüßt. Mehrere Kriegervereine sowie ein äußerst zahlreiches Publikum brachten dem Monarchen stürmische Ovationen dar. Sofort nach dem Eintreffen wurde bei herrlichstem Wetter die Fahrt nach der Wartburg angetreten.
Lyon, 28. April. (W. T. B.) In Folge von an⸗ archistischen Versammlungen, in welchen eine heftige Agitation für den 1. Mai angekündigt wird, verhaftete die Polizei 11 Personen, darunter 2 Russen.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)
ü
—
Wetterbericht vom 28. April, Morgens 8 Uhr.
Nach A. W. v.
Stationen. Wind. Wetter. W. Taubert.
in O Celsius
Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp red. in Millim
Temperatur
schlossen.
heiter Donnerstag:
3 bedeckt wolkenlos wolkig bedeckt bedeckt wolkenlos wolkenlos
Mullaghmore Aberdeen. 760 Christiansund 759 Kopenhagen. 761 Stockholm. 759 Haparanda . 1766 St. Petersbrg. 766 Moskau... 773 Cork, Queens; 161 2 halb bed. Cherbourg. 762 2 heiter 689 2 wolkig 7653 9 heiter Hamburg.. 761 halb bed. Swinemünde 762 wolkig Neufahrwasser 763 bedeckt Memel ... 763 bedeckt)
6 . wolkig / üunster. .. 761 halb bed. Karlsruhe. . 762 bedeckt 762 wolkig 761 halb bed. 163 ill wolkenlos 762 heiter 762 ill bedeckt Breslau. .. 763 heiter Ile d' Aix. . 766 heiter Nei 6769 3 Regen
Töne, w halb bed.
1) Gestern Nachmittag Gewitter.
Uebersicht der Witterung.
Die Luftdruckvertheilung ist auf dem ganzen Ge— biete eine gleichmäßige und daher die Luftbewegung schwach. Das Wetter ist in Central⸗Curopg vor— wiegend heiter und durchschnittlich etwas wärmer. In Süddentschland liegt die Temperatur noch erheblich unter der normalen. In Bayern und Sachsen fanden Nachtfröste statt. Königsberg und Memel hatten gestern Nachmittag Gewitter.
Deutsche Seewarte.
e · — — Theater ⸗Anzeigen.
Königliche Schauspiele. 1Dienstag: Opern haus. 101. Vorstellung. Der fliegende Holländer. Romantische Oper in 3 Akten von Richard Wagner.
61 MO NW
vom Wege. Wichert.
O C X O Q 50 C. — 4 R.
— —
*
schlossen . Donnerstag:
fresser.
H — N DN — — — —
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de M O0 M O — 2 Q O — OOO 0 O m 2 C
*
Voranzeige.
Hierauf:
Rigobert. Ritter.
r. Mittwoch:
In Seene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Sucher.
Schauspielhaus. Zauber⸗Komödie in 5 Aufzügen von Shakespeare.
Tanz von E. gesetzt vom Direktor Dr. Otto Devrient. Musikalische Direktion: Hr. Steinmann. Mittwoch bleiben die Königlichen Theater ge⸗
Meistersinger von Nürnberg. 3 Akten von Richard Wagner. Schauspielhaus.
Anfang 7 Uhr.
Deutsches Theater. Dienstag: Mein Leopold. Mittwoch bleibt das Theater und die Kasse ge⸗
Die nächste Aufführung von Faust's Tod findet am Sonnabend, den 3. Mai, statt.
Berliner Theater. Dienstag: Der Beilchen—
Mittwoch: Geschlossen. Donnerstag: A tempo. — Der We Fenster. — Gewitterschauer. (Hedwig Niemann.)
Tessing - Theater. Schauspiel in 4 Akten von Hermann Sudermann.
Mittwoch bleibt das Theater geschlossen
Donnerstag: Der Fall Clsmencean. Schauspiel in 5 Akten von A. Dumas und
Besuch. Schauspiel in? Akten von Eduard Brandes. Zum 1. Male: spiel in 2 Alten von Eduard Bauernfeld.
Wallner -⸗ Theater. Dienstag: Zum 11. Male: Posse in 3 Akten nach dem Franzö— sischen der Grenet⸗Dancourt u. Burone von Hans Vorher: Zum 11. Male: band. Schwank in 1 Akt nach einer vorhandenen . . Fritz Mai und Franz Guthery. Anfang
Donnerstag: Rigobert. — Das Armband.
Victoria - Theater.
Stanley in Afrika. von Alex. Moszkowski und
Musik von C. A. Raida. Anfang 7 Uhr. Anfang 74 Uhr. 105. Vorstellung. Der Sturm. —
Musik von
Schlegel's Uebersetzung. In Scene
Graeb. Dienstag:
nathan.
Anfang 7 Ühr. und Julius Bauer.
Hr. Kapellmeister Federmann. Mittwoch: Geschlossen.
; ; 102. Vorstellung. Die Donnerstag:
Große Oper in Anfang 63 Uhr.
106. Vorstellung. Ein Schritt Lustspiel in 4 Aufzügen von Ernst
Opernhaus.
burg. Dienstag:
von Robert Buchholz. Mittwoch: Geschlossen. Donnerstag: Marquise.
Faust, L. Theil. Dienstag:
. 7 Uhr. Belle Alliance Theater.
gänzlich neuer Ausstattung:
durch s Nautilus.
Verne von Carl Pander. und A. Wicher.
Donnerstag:
Dienstag: Die Ehre.
Voranzeige.
A. d' Artois.
Der der Residenz):
Sonnabend: Zum 1. Male:
Mädchenrache. Lust⸗
und Flott.
Das Arm⸗ treten der
Ge schlossen. an der Kasse zu haben.
Central - Theater. Dienstag:
Dienstag: Zum 253. M.:
Zeitgemälde in 10 Bildern Richard Nathanson.
Ballet von C. Severini.
Friedrich Wilhelmstãdtisches Theater. Zum 103 Male: Der arme JIw⸗ Operette in 3 Akten von Hugo Wittmann Musik von Carl Millöcker.
In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Anfang 7 Uhr.
Der arme Jonathan.
Nesidenz⸗ Theater. Direktion: Sigmund Lauten ; Zum 80. Male: Lustspiel in 3 Akten von Viectorien Sardou. Deutsch Anfang 71 Uhr.
RKroll's Theater. Italienische Opern⸗-Saison. Auf allgemeines Verlangen: La Traviata. (Violetta: Sgra. Prevosti.) Anfang
Zum 60. Male: Der Großes Ausstattungsstück mit Gesang und Tanz in 4 Akten und 13 Bildern nach Jules Musik von E. Christiani Anfang 74 Uhr.
Eröffnung der Sommersaison. — Im prachtvollen glänzend renovirten Sommergarten (vornehmstes und großartigstes Sommer ⸗ Etablissement Großes Doppel ⸗Concert, ausgeführt von dem Musikkorps des Garde⸗Kärassier⸗Regiments (in Uniform) unter persönl. Leitung des Königlichen Musik ⸗Direktors Hrn. Ruth und der gesammten Kapelle des Belle⸗Alliance-⸗Theaters unter Leitung des Kapellmeisters Hrn. Alb. Wicher. ! treten der Original⸗Salon⸗Gesangs⸗Humoristen Frisch Erstes Auftreten der Wiener Original⸗ Duettisten . u. Ludwig Tellheim. Erstes Auf⸗ ontra ⸗Altistin Frl. Elise Münchsdorfer. Brillante Illumination des ganzen Etablissements durch 40000 Gasflammen, bengalisches Licht ꝛc. Bestellungen auf Abonnements -Billets (à 6 M) für die am 1. Mai beginnende Sommersaison sind
Direktion: Emil Thomas.
Letzte Vorstellung in dieser Saison und im alten Hause. Zum letzten Male: Ein fideles
Saus. Posse mit Gesang in 4 Akten von W. Mannstädt. Musik von G. Steffens. — Epilog von W. Mannstädt, dargestellt vom gesammten Per⸗ sonal. Anfang 74 Ubr.
Vom 1. Mai bis 1. September 1890 wegen Um— bau geschlossen.
Adolph Ernst-⸗ Theater. Dresdenerstraße 72.
Dienstag: Benefiz für Guido Tielscher. Zum 80. Male: Der Goldfuchs. Gesangsposse in 4 Akten von Eduard Jacobson und Leopold Ely. Couplets theilweise von Gustav Görß. Musik von Franz Roth. Anfang 74 Ubr.
Mittwoch: Keine Vorstellung.
Der Sommergarten ist geöffnet.
Dirigent:
Marqnise.
Urania, Invalidenstraße 57 / S2. Geöffnet von
12 —11 Uhr. Dienstag, um 55 Uhr: Hr. Dr. Potonis: Was sind Blumen, und um 8 Uhr: Die Geschichte der Urwelt.
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Dora Reese mit Hrn. Johannes . (Gr - Buchwald = Voorde Bahnhof). —
. , mm Müller mit Hrn. Hugo v. Bohlen
erlin).
Verehelicht: Hr. Richard Helbig mit Frl. Minna Büttner (Leipzig —Oderwitz b. Pegau i. S) — Hr. Kurt Hallbauer mit Frl. Pauline Künick (Krimmitschau — Leipzig).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Max Fischer Leipzig). — Hrn. Staatsanwalt Gustav Freytag (Schweidnitz). — Hrn. E Noack (Schwerin) — Eine Tochter: Hrn. Otto Stephan (Leipzig). — Hrn. Rudolf Nadolny (Elbing). — Hrn. H. Heinatz (Bremen). — Hrn. Georg Hartenstein (Leipzig). — Hrn. Adolf Wagner (Connewitz).
Gestorben: Frl. Emeline Willmanns (Berlin). — Hr. Graf v. Matuschka (Schloß Kosel). —
Erstes Auf⸗ 366 Anna Schmidt, geb. Gerbrand (Markus
of). — Hr. reg a. D. Dr. Theodor Möbius
(Leipzig). — Hr. Ernst Wilhelm Kirsche (Leipzig).
— Hr. Kaufmann Hugo Bork (Oblau).
Dienstag: Mit
Redacteur: J. V.: Siemenroth.
Berlin: Verlag der Expedition (Scholz.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagt⸗ Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32.
Sieben Beilagen (einschließlich Börsen · Beilage).
( 704)
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Berlin, Montag, den 28. April
M HO4.
Parlamentarische Nachrichten.
Schlußbericht der vorgestrigen (9.) Sitzung des Herren— hauses. Berathung der Denkschrift über die Durch— führung des Gesetzes zur Beförderung deutscher , in den Provinzen Westpreußen un osen.
Der Referent Graf von Frankenberg theilte aus der Denkschrift der Ansiedelungskommission über die Ausführung des Ansiedelungsgesetzes im letzten Jahre mit, daß trotz der großen Schwierigkeiten, mit denen die Ansiedelung im vorigen Jahre in Folge der Witterungsverhältnisse zu kämpfen hatte, dennoch Fortschritte in der Erledigung der Aufgaben der Kom— mission zu konstatiren seien; wenn auch langsam, so gehe die Sache doch sicher vorwärts, und der Erfolg werde nicht ausbleiben. Die innere Organisation der Kommission sei insofern verändert, als zu den bisherigen zwei Abtheilungen noch ein technisches Bureau als dritte gebildet worden sei, dem die Vermessungs—
und Meliorationsarbeizen und dergl. übertragen seien. In welchem!
Umfange die Thätigkeit der Kommission sich vermehrt habe, ergebe sich daraus, daß dieselbe im letzten Jahre 30 415 Nummern zu bearbeiten . habe gegen 18697 im Vorjahre. Der Referent giebt ferner eine ziffermäßige Darstellung über die seit Erlaß des Gesetzes angekauften Güter und die Zahl der angesiedelten Personen. Insbesondere bemerkt er, daß in den früheren Jahren für den Hektar 582,12 S, im letzten 680 M. von der Ansiedelungskommission gezahlt seien. Die eingeborene polnische Bevölkerung komme den Änsiedlern in freundlichster Weise entgegen in Fuhrleistungen, Handleistungen und aller Art Hülfe. Im vergangenen Jahre habe die Ansiedelungs kommission keinen Ansiedler zwangsweise auf der Ansiedelung festzuhalten brauchen, während im vorhergegangenen Jahre 4 Proz. der Ansiedler wieder fortgegangen seien. Leistungsunfähigen An— siedlern habe die Kommission Entschädigungen für die Ümzugs— kosten gewährt. Leider sei es noch nicht gelungen, aus den An— siedlern politische Gemeinden zu bilden, obwohl die Kommission dafür bemüht gewesen sei und ein Normalstatut für solche Gemeinden aufgestellt habe. Für Schul⸗ und Kirchenverhältnisse sei nach besten Kräften gesorgt. Die Anpflanzung von Obst— bäumen sei im letzten Jahre erfreulich fortgeschritten. Die Kommission habe zur Erleichterung der Ansiedler, welche kein Vieh kaufen konnten, das Viehleihverfahren ein⸗ geführt. Wäre so im Allgemeinen die Thätigkeit der Ansiedelungskommission zufriedenstellend, so sei * anderer⸗ seits zu bedauern, daß der beabsichtigte Erfolg, die deutschen Arbeitskräfte im Osten zu vermehren, durch die Aus— wanderung zahlreicher Arbeiter gerade aus jener Gegend beeinträchtigt werde, durch die Sachsengängerei, der fogar von der Staatsbahnverwaltung dadurch Vorschub geleistet werde, daß die auswandernden Arbeiter durch Extrazüge zu billigeren Preisen befördert würden, wovon die Auswanderungsagenten den größten Vortheil hätten. Er ersuche die Regierung, mit , Mitteln diesem Fluktuiren der Bevölkerung enkgegen— zutreten.
Fürst Ferdinand Radziwill führt aus, daß die Hand— habung des Ansiedelungsgesetzes ein Gefühl der Bitterkest bei der polnischen Bevölkerung hervorgerufen habe. Vergebens bemühe man sich, diesem Gesetz die Bitterkeit zu nehmen und es so darzustellen, als ob es sich um eine sozialpolitische Maßnahme handele. Die nationale Spitze könne man dem Gesetze nicht nehmen. Ein solches Kampf⸗ gesetz sei nicht geeignet, die gemeinsame Arbeit aller Parteien zu fördern. Der Staat habe überhaupt nicht das Recht, einen Theil der Bevölkerung gleichsam wie einen Etats— titel als „künftig wegfallend“ hinzustellen. Es wäre Pflicht des Hauses, den Staat in seiner Aufgabe zu unterstützen, alle Staats bürger mit gleichem Maße zu messen; es müßte den Polen der Staatsschutz gesichert werden. Bei diesem Gesetz sei das nicht der Fall.
Graf Udo zu Stolberg: Das Gesetz ist allerdings in gewisser Weise ein Kampfgesetz, aber einen offensiven Charakter hat es nicht, es ist lediglich defensiv. Das Vordringen des Polenthums hat sich bemerkbar gemacht, so daß die preußische Regierung einschreiten mußte. Trotz der Ausweisung pol— nischer Arbeiter sind bei den letzten Reichstagswahlen er⸗ heblich mehr volnische Stimmen abgegeben worden. Der po nische Arbeiter hat weniger Bedürfnisse als der deutsche, der deutsche zieht nach Westen, die Polen ersetzen ihn und ver— mehren sich, so daß im Laufe der HJeit die Polonistrung ein- treten muß. Mit diesem Gesetz allein ist nicht Alles abge⸗ macht, sondern es bedarf noch anderer Maßregeln, das möge die Regierung bedenken.
Ober-Bürgermeister Müller: Was das Gesetz der pol—⸗ nischen Bevölkerung bringt, ist durchaus keine Schädigung, sondern eine Bevorzugung. Die polnischen Grundbefitzer ver— kaufen ihre Güter mit großem Nutzen an die Ansiedelungs⸗ kommission. Die polnische Bevölkerung wird es dem preußischen Staat nicht übel nehmen können, daß die preußische Re— gierung dahin strebt, einen kräftigen deutschen Bauernstand in dieser Gegend zu schaffen. Die Thätigkeit der Ansiedelungs— kommission wird dadurch gehindert, daß sie nur in der Zwangs⸗ versteigerung Güter kauft. Diese sind immer sehr ausgesogen und haben schlechten Boden. Es müßte ihr die Freiheit ge⸗ geben werden, nicht von Deutschen zu kaufen, wohl aber von Polen auch aus freier Hand. Vielleicht könnten auch schon gekaufte olnische Güter vergrößert werden durch Zukauf von Grundstücken, welche in der Hand von Deutschen sind.
Fürst Ferdinand Radziwill: Es ist schwer zu ent— scheiden, wer der Angreifer ist, wer sich in der Abwehr befindet. „Die Tendenz des Gesetzes geht dahin, die polnische Nationalität nach und nach wegfallen zu lassen. Darin kann ich nicht die Aufgabe des Staats finden.
Graf Udo zu Stolberg: Die Regierung will die polnische Bevölkerung nicht ganz verdrängen; es handelt sich nur um allgemeine Volksverschiebungen, welchen der Einzelne ohne freien Willen folgt.
Ober⸗Bürgermeister Dr. Miquel: Wenn alle Polen 6h Garantien patriotischer Gesinnung böten, wie der Fürst Radziwill, dann brauchten wir solche Gesetze nicht. Eine große Nationalität kann an ihren Grenzen auch Bruchstücke anderer
Nationalitäten haben, wenn sie sich nur einig mit dem Ganzen fühlen. Hätten wir diese Garantien bei den Polen gehabt, dann würde das Verhältniß zu ihnen nicht nur ein anderes sein können, sondern auch sein müssen. Kann der Fürst Radziwill versichern, daß alle seine Lands⸗ leute ganz ohne Hinterhalt in Preußen wohnen? Ich glaube nicht. Deshalb müssen wir unsere Sicherheit in anderen Garantien suchen. Die Wallonen an der belgischen Grenze sind nicht germanisirt, sie sind aber trotzdem gute Preußen. Der Zeitpunkt wird kommen, wo dies auch von den Polen gelten wird. Die Polen werden davon ausgehen, daß sie zu den West⸗Europäern gehören, und wenn eine große Streit⸗ frage entbrennt, müssen sie sich zu den West⸗Europäern schlagen. Bis dahin müssen wir mit diesem Gesetz vorgehen.
Fürst Ferdinand Ra dziwill: Die polnische Bevölkerung hat den sesten Vorsatz, die Pflichten, welche sie zum Theil mit ihrem Eide bekräftigt hat, treu zu halten.
Professor Dr. Dernburg: Wenn das deutsche Element gestärkt wird, so kommt dies schließlich auch dem polnischen Elemente zu Gute. Das Herrenhaus gerade hat den Polen die versöhnende Hand in der Darbietung der Kreis- und Pro⸗ vinziglordnung für Posen gereicht, diese Hand ist zurück— gestoßen worden.
Fürst Ferdinand Radziwill: Die Hand ist nicht zurück— fe en worden; die Bewohner der Provinz Posen wollten ich nur den dargereichten Freudenbecher nicht durch den Wer⸗ muthstropfen dieses Gesetzes verbittern lassen.
Graf von Frankenberg: Ich mache den Herrn Vor— redner auf die Thatsache aufmerksam, daß in Oberschlesien der größte Theil der Bevölkerung polnisch spricht, und daß man doch niemals eranlassung genommen hat, dort gleiche Gesetze einzuführen. Die Oberschlesier sind treue, feste Preußen, das haben sie auch bei den polnischen Revolutionen gezeigt, an denen sie sich nie betheiligt haben, ebensowenig treten bei den Wahlen Tendenzen zu Tage, wie in der Provinz Posen. Wenn wir in Posen zu Zuständen gekommen fein werden, wie sie in Oberschlesien bestehen, dann werden der— artige „Kampfgesetze“, wie sie der Herr Vorredner genannt hat, nicht nöthig sein, dann werden die Bewohner der Pro⸗ vinz Posen ebenso gute Unterthanen sein, wie andere, und wir werden sie, ebensowenig zu bekämpfen haben, wie die Wallonen und die Theile der czechischen Bevölkerung, die zu Preußen gehören.
. Denkschrift wird durch Kenntnißnahme für erledigt erklärt.
Es folgt der mündliche Bericht der Agrarkommission über den Gesetzentwurf, betreffend die Gründung neuer An— siedelungen in der Provinz Hessen-Nassau.
Nach den Kommissionsbeschluͤssen wird das Gesetz in einer gegen die Vorlage nur in einzelnen Punkten veränderten Fassung zur Annahme empfohlen. Zu den Gründen, aus denen die Ansiedelungsgenehmigung versagt werden kann, soll nach der Kom—⸗ mission auch die nachweisliche Gefährdung des Gemeindeinteresses gehören; der Einspruch gegen die Genehmigung soll, entsprechend dem Wunsche des Provinzial-Landtags, neben den nach dem Entwurf dazu Berechtigten auch von der Gemeindevertretung erhoben werden können.
Der Berichterstatter von Schöning befürwortet die Aenderungen der Kommission, die den provinziellen Eigen thümlichkeiten und den Wünschen des Provinzial⸗Landtages entsprächen.
Der Regierungskommissar Geheime Ober⸗Regierungs⸗ Rath Halbey erklärt die Abänderungsvorschläge der Kom— mission für bedenklich und bittet das Haus, sis abzulehnen. Die Gemeindeverfassungen der Städte der Provinz feien ganz verschieden unter einander und verliehen den Gemeinde— vertretungen ganz verschiedene Kompetenzen; andererseits seien die Kompetenzen zwischen Gemeindevorstand und Gemeinde— vertretung nicht scharf getrennt. Diese Erwägungen sprächen dagegen, der Gemeindevertretung das ge⸗ wünschte Einspruchsrecht beizulegen, dies sei vielmehr besser in den Händen des Gemeindevorstandes aufgehoben. Der Gemeindevorstand werde ja ohnehin in jedem“ solchen Falle mit der Gemeindevertretung sich ins Benehmen setzen. Die Aufnahme dieser Bestimmung würde ein Sonderrecht für eine einzelne Provinz begründen. Ebenso bedenklich sei es, das gefährdete Gemeindeinteresse als Grund der Versagung zu statuiren. Es reiche vollständig aus, wenn die Versagung er⸗ folge im Falle der Gefährdung des Schutzes der Nutzungen benachbarter Grundstücke aus dem Feld⸗ oder Gartenbau, aus der Forstwirthschaft, Jagd oder Fischerei, wie es die Vorlage n mn he: weitere Beschränkungen ließen sich nicht recht⸗ fertigen.
Ober-Bürgermeister Müller erklärt sich ebenfalls gegen die von der Kommission vorgeschlagenen Erweiterungen des Entwurfs. Praktische Erfahrungen ständen schon deshalb dem Provinzial-Landtag nicht zur Seite, weil es an Vorschriften über die Gründung neuer Ansiedelungen in Hessen⸗Nassau bisher überhaupt gefehlt habe. Höher als diese Wünsche stehe die Einheit der Gesetzgebung. Noch viel bedenklicher, jau geradezu gefährlich sei die Verleihung eines selbständigen Ein— spruchsrechts an die Gemeindevertretung neben dem Gemeinde— vorstande; damit würde ein Prinzip durchbrochen, dessen strikte Aufrechterhaltung im allgemeinen Interesse nur zu wünschen sei.
Ober-Bürgermeister Struckmann trägt Bedenken gegen den in dem Gesetz gebrauchten Ausdruck „Gemeindevorsteher“, meint jedoch, es werde eine Erklärung im Hause genügen, daß unter diesem Namen auch der kollegialische Gemeinde- vorstand zu verstehen sei. .
Graf von Brühl vertheidigt die Kommissionsbeschlüsse, für die auch der Ober⸗Bürgermeister von Frankfurt Dr. Miquel ,. habe. Die Kommission sei der Meinung . aß der Nächstbetheiligte seine Interessen am Besten kennen und . müsse; und sowohl der Ober⸗Bürgermeister Dr. Miquel wie der Provinzial⸗-Landtag hätten jene beiden Erweiterungen dringend befürwortet, wie auch der DOber— 66. der Provinz Posen sich damit einverstanden er—
ärt habe.
er Regierungskommissar Geheime Ober⸗Regierungs⸗
1890G.
Rath Halbey erklärt, daß von der letzteren Thatsache in den . des Innern und der Landwirthschaft nichts be— kannt sei.
Ober⸗Bürgermeister Dr. Miquel spricht 1a dafür aus, daß nach deutschem Recht das Eigenthumsrecht noch keineswegs das Bebauungsrecht involvire. Für die Gebiete des allgemeinen Landrechts möge der umgekehrte Grundsatz zutreffen, nicht aber für den Geltungsbereich des gemeinen Rechts. Aus diesem Grunde habe der Provinzial-Landtag die Gefährdung des Gemeindeinteresses zur Aufnahme unter die Versagungs⸗ gründe empfohlen. Die, Uebertragung des Einspruchsrechts an die Gemeindevertretung habe gar nicht die diesem Wunsche unterlegte Bedeutung; man wünsche nur den Ausdruck „Ge⸗ meindevorsteher“ entfernt, um auch den kollegialischen Gemeinde⸗ vorständen zu ihrem Recht zu verhelfen.
Ober⸗Bürgermeister Bredt bittet, den Antrag der Kom— mission, soweit er sich auf den Einspruch der Gemeindevertre— tung bezieht, abzulehnen, hingegen in so weit anzunehmen, als die Versagung der Ansiedelungserlaubniß im Gemeinde⸗ interesse zugelassen werden soll.
Ober⸗Bürgermeister Dr. Miquel beantragt, das von der Kommission vorgeschlagene Einspruchsrecht der Gemeinde— vertretung zu streichen, und für „Gemeinde-Vertreter“ zu setzen: „Gemeinde⸗Vorstand (Magistrat, Gemeinderath, Ge⸗ meinde⸗Ausschuß) “.
Ober-⸗Bürgermeister Müller beantragt, auch den von der Kommission beschlossenen Zusatz, daß die Gefährdung des Gemeinde⸗Interesses die Ablehnung begründet, zu streichen.
Unter Ablehnung dieses letzteren Antrages wird das Gesetz mit der vom Ober-Bürgermeister Dr. Miquel vorge— schlagenen Aenderung angenommen.
Schließlich berichtet die Justizkommission über den Gesetzentwurf, betreffend die in ÄAnsehung der ehemaligen Wallgrundstücke in der Stadt Frank— furt a. M unter dem Namen Wallservitut be— stehenden Bau- und Benutzungsbeschränkungen.
Das Gesetz bestimmt, daß bezüglich der bezeichneten Grund— stücke der Anspruch auf Auflösung des Leihnexus ausge— schlossen sein soll. Die Kommission, welche dem zustimmt, hat jedoch die Bestimmung gestrichen, daß der Anschluß auch für bereits eingeleitete Ablöfungen gilt, und daß durch Ortsstatut über die Aufrechterhaltung der bisherigen Bau- und Be— nutzungsbeschränkungen ohne Entschädigungsanspruch der Be— sitzer Anordnung getroffen wird.
. Ober-Bürgermeister Dr. Miquel beantragt, die Re— gierungsvorlage wiederherzustellen, und begründet in längerer Ausführung, daß es sich in dem vorliegenden Gesetze nicht um eine Privat, sondern eine öffentlich rechtliche Angelegenheit handle. Die Grundstücke seien den Besitzern nicht als Eigen⸗ thum, sondern in Erbleihe verliehen worben, und die darauf lastenden Beschränkungen seien nicht verjährt, sondern hätten heute noch Wirksamkeit. In das Privateigenthum würde nicht eingegriffen; jeder Besitzer kenne die Beschränkungen und keiner werde sich sträuben, wenn man dieselben, um sie zweckmäßig handhaben zu können, in moderne Formen bringe.
Der Regierungs⸗Kommissar, Geheime Ober⸗Regierungs⸗ Rath Halbey erklärt, die Regierung stimme im Wesentlichen mit den Ausführungen des Vorredners überein. Kein be— stehendes Recht werde durch den Gesetzentwurf geschädigt und allen Interessenten würde dadurch genügt. Aus den Erklärungen des Ober-Bürgermeisters Miquel gehe auch hervor, daß die Frankfurter selbst mit dem Entwurfe zufrieden seien; denn die in der Kommission laut gewordene Auffassung, daß der Magistrat Partei sei, treffe nicht zu. Der Magistrat sei Obrigkeit und nehme das öffentliche Interesse ebenso gut wahr, wie die berechtigten Ansprüche der Besitzer.
Senats-Präsident Eggeling tritt für die Kommissions⸗ beschlüsse ein.
Ober⸗Bürgermeister Struckmann erinnert daran, daß nach dem Gesetze es wohl die Absicht der Regierung sei, die Inhaber der Wallgrundstücke durchgängig zu Eigenthümern zu machen. Das sei indeß nicht klar genug in der Vorlage autz⸗ gedrückt und bedürfe daher 5. 3 des Gesetzes wohl einer Ab⸗ , e Ge
Wirklicher Feheimer Raih von Kleist-Retzow betont, daß die Sache eine große Bedeutung habe, m nn, mit Rücksicht auf Schönheit und Hygiene. Höher aber stehe die Wahrung des Rechtes. Daher bitte er die Beschlüsse der Kom— ö ain nnen
amit schließt die Generaldiskussion. 5. 1 wird nach den Beschlüssen der Kommission angenommen, 8. 2 und 3 . abgelehnt. =
Schluß 61 Uhr.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Gin nicht veröffentlichter städtischer Bebauungs⸗ vlan belastet, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Civilsenats, vom 16. November 1889, die davon betroffenen Grnndstücke mit der öffentlich rechtlichen Servitut der Unbebaubarkeit zwar nicht schon durch seine Existenz, wohl aber von dem Augenblicke an, in welchem die zuständige Behörde eine Bguerlaubniß verweigert und damit die bis dahin als innere Angelegenheit behandelte Anordnung zur Kenntniß der Betheiligten bringt. Ist in einem Einzelfalle die für einen Theil des betr. Grundstückes nachgesuchte Bau— erlaubniß verweigert worden, ohne dem Eigenthümer bekannt zu geben, daß sein Grundstück in seiner ganzen Ausdehnung in den Bebauungs⸗ plan falle, so wird dadurch nur dieser Theil belastet, die übrigen Theile werden dagegen erst dann mit der Serpitut der Unbebaubar— keit belastet, wenn eine für diese Theile nachgesuchte Bauerlaubniß verweigert wird. Hinsichtlich dieser Theile ist demnach für die Schadener satzforderung die Zeit maßgebend, in welcher die Genehmigung zu ihrer Bebauung verweigert worden.