Handel und Gewerbe.
Durch einen im russischen Gesetzblatt vom 21/9. März 26 s ist das Zollamt zu Cherson auf⸗ weil ausländische Schiffe wegen des seichten er Versandung der Dniepr⸗Mündung nicht gelangen können und aus diesem Grunde der letzteren ein Zollamt in Cherson über—
veröffentlichten Uka gehoben worden, Fahrwassers und d mehr nach Cherson bis zur Vertiefung flüssig ist.
Von dem „Reichs-Kurs buch“ und Dampfschiff verbindungen Ungarn, Schweiz, sowie der bedeutenderen Ver je Theile Europas und der Dampfschiff verbindungen mit außereuropän, schen Landern; bearbeitet im Kursburegu, des Reichs Postamts; Skizzen fremder Länder; Jebersichts karte) erschien soeben hierselbst (Monbijou⸗Platz 3)
Post⸗
einer Karte
Hamburg, 1.
Columbia“ der Hamburg ⸗Amerikanischen Aktiengesellschaft hat, von NewYork kommend, heute 5 Uhr
B.) Der Castle⸗ Dampfer ist auf der Heimreise heute in London und „Surobian Castle“ auf der Ausreise
Der
Morgens Lizard passi
London, 29. April.
Grantully Cast der Castle⸗ Damp gestern in Capetow — 30. April. „Dane ist gestern — 1. Mai. (V
Ausreise Madeira p
ist gestern von den Canarischen In auf Der Union Dampfer „Spartan“ ist gestern von
te von Deutschland und Kursbuch-Abtheilung mit besonderer im Verlage von Julius Springer die Ausgabe Nr. 3 für Mai 1890. (Preis 2 )
Der Schnell dampfer
Verkehrs⸗Anstalten.
Mai. (W. T. B)
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0.
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n angekommen. (G. T. Gh)
—
assirt.
auf der Heimreise abgegangen.
Theater und Musik. Kroll's Theater.
Morgen findet die letzte Wiederholung von Donizetti's „Lucia mit Sgra. Prevosti in der Titelrolle statt. nächste Sonntag bringt den letzten italienischen Opernabend.
di Lammermoor“
Gestern, am Bußtage brachte der Schnöpf's das von ihm oft gehörte Oratorium Paulus.; Dickmal war der Orchesterbegleitung zum ersten Mal auch die Orgel hinzugefügt, welche die großartige Wirkung der Chöre d mitunter auch in Sologesängen, wie z. B. in het spricht' aufs Wirkungsvollste ein Chöre war eine höchst lobenswerthe. te vielleicht noch durch eine größere Betheiligung der Frauenstimmen erhöht werden können, zumal der Chor zwischen Präzision in der
Aufführung.
wesentlich steigerte un
dem Recitativ „Wie der Prop
griff. Die Ausführu Der Totaleindruck hät
Orgel Zusammenwirkung und die große Klangs
fünften Ehor des ersten Theils und in dem Chor, g fo wundervoll wirkten, gaben das erfreulichste Zeugniß von dem künst— lerischen Aufschwung, den der Verein genommen hat. Den „Paulus“ sang Hr. von Milde vorzüglich. Die Arie Vertilge sie' und Gott, fei mir gnädig“ hört man recht selten in solcher Vollendung, nstlerische Leistung der Fr. Schmidt-Köhne und die Betheiligung des Frl. M. Schwarz sowie des sehr begabten Tenoristen Hrn. O. Vetter trugen sehr wesentlich zum Gelingen Die Orgelbegleitung befand sich in den be— währten Haäͤnden des Hrn Dr Reimann, der die Klangschönheiten der vortrefflichen Concertorgel stets mit der nöthigen Einsicht in das schöne Werk Mendelssohn's zur Geltung brachte. erkennenswerthen Leistung des Orchesters heben wir das gelungene Solo des Flötisten und das des Cellisten noch ganz besonders hervor. Lebhafter und wohlverdienter Beifall von Seiten des sehr zahlreich erschienenen Publikums wurde allen betheiligten Künstlern und be— sonders dem umsichtigen und energischen Dirigenten, dem Königlichen
die sehr bedeutende kü
der Aufführung bei.
und Orchester wie die chönheit der zahlreichen Männerstimmen, die im Sei uns gnädig“
Philharmonie.
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Musikdirektor Hrn. Schnöpf, zu Theil.
(Uebersicht der Cisenbahn , in Deutschland, erre bindungen der übrigen
Die
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Union ⸗ Dampfer von Capetown auf der Heimreise abgegangen. Der Castle⸗ Dampfer . wick-Castie“ ist gestern von London auf der Ausreise abgegangen. Der Castle⸗ Dampfer „ Garth⸗Castle⸗ Der Union⸗Dampfer seln auf der Heimreise abgegangen.
hat gestern
che Gesangverein von Mendelssohn zur
Auf der sehr an⸗
Danzig, 1. Mai.
der Rädelsführer
Desterreich⸗
beobachtet.
mit Breslau,
fa 1. Mai.
Charakter.
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Niederleschen gemeldet. arbeiten ebenfalls sammtlich.
Anblick.
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auf der in allen Fabriken
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Capetown
merken. Dres den, 1. Mai. die
Der
Chemnitz, 1. Mai.
vollkommene Ruhe. Ausdrucksweise . 6 Polizei gemeldet worden.
Metz, 1. Mai.
3 8 efeiert.
Alles.
den Versammlungen,
während des ganzen Tages gearbeitet.
welche Störung der Ruhe ist nicht zu befürchten. Köln, 1. Mai, 1 Uhr Nachmittags.
jetzt ist hier nichts von der Feier der Arbeiter zu be—
(W. T. B.) Bis jetzt haben sich Arbeiter völlig ruhig verhalten, arbeiten. In Sieg's Sälen fand eine Volksversammlung von 400 Personen, an welcher der Abg. Bebel theilnahm, und im „Trianon“ eine solche von 7100 Personen, bei welcher der Abg. Singer zugegen war, statt.
l (W. T. B.) liche Vorgehen der Arbeitgeber ist von glänzendem Erfolg begleitet. Bis jetzt liegen aus 30 größeren Fabriken Berichte vor, daß die Arbeiter überall pünktlich und vollzählig zur Arbeit angetreten sind; auch in der Stadt herrscht
Mülhausen i. Els., 1. Mai. Feier der Arbeiter ist hier Nichts bemerkbar;
Wien, 1. Mai, Vormittags 11 Uhr. Stadt hat im Ganzen ihr alltägliches Aussehen, es ist keinerlei Stockung des Verkehrs wahrnehmbar. Läden und Magazine, mit wenigen Ausnahmen, sind offen; die öffentlichen Märkte werden wie immer abgehalten. K von Arbeitern in Festtagskleidern begeben sich zu
deren etwa 40 Vormittags stattfinden, Behufs Berathung der vom Pariser Sozialistenkongreß im vorigen Jahre beschlossenen Programmpunkte. freien Polizeimannschaften sind konsignirt, das Militär wird
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
: (W. T. B.) Arbeitsplätzen und in fast allen Fabriken wird ungestört fortgearbeitet, nur eine Oelmühle mußte den Betrieb einstellen, weil die Arbeiter feiern. Bauplätzen verließen heute Vormittag die Maurer und Hand⸗ langer und bei einem Festungsbau die Erdarbeiter, welche durch gien Burschen aufgestachelt waren, ihre Arbeit.
wurden verhaftet ansammlung auf einem Marktplatz durch die Polizei zerstreut. Die für heute Nachmittag geplanten Volksversammlungen im Freien sind verboten worden; die Plätze werden scharf
; (W. T. B.) Physiognomie des heutigen Tages zeigt einen friedlichen Nur für den Mittag und den Abend ist je eine Arbeiterversammlung einberufen, um die Forderung des Achtstundentages zu besprechen. ö i. (W. T. B.) hier überall Ruhe. In sämmtlichen Fabriken wird gearbeitet. Dasselbe wird von den Hüttenwerken Wil— helmshütte, Eulau und . sowie von der Fabrik in ie
Auf den meisten Auf einigen
Vier
und eine Arbeiter⸗
Die allgemeine
ur Zeit herrscht
Maurer und Zimmerleute
Nordhausen, 1. Mai. (W. T. B.) Es herrscht voll⸗ ständige Ruhe hier; die Straßen bieten den gewöhnlichen
Kiel, 1. Mai. (W. T. B.) Auf allen Werften sowie und Werkstätten wird ausnahmslos
Irgend
(W. T. B.) Bis
die meisten
Das gemeinschaft—
Bremen, 1. Mai, 1 Uhr 30 Minuten Nachmittags. (W. T. B.) Die Stadt ist vollständig ruhig. Bis jetzt sind keinerlei Ansammlungen oder Ausschreitungen bei der 1 Es sind alle Vorkehrungen zur Aufrechthaltung der Ordnung getroffen. . . (W T. B) Hayingen, Rosseln, Forbach und Saargemünd wird nicht
In Ars, Moyeuvre,
(W. T. B.) Von der es arbeitet (W. T. B.) Die Sämmtliche Kleine
Die dienst⸗
in den Kasernen in Bereitschaft gehalten. Auf den Straßen und Plätzen befindet sich nirgends militärisches Aufgebot, nur in den aus den letzten Excessen bekannten Stadttheilen Neu⸗Lerchenfeld, Ottakring und Hernals patrouilliren kleine Kavallerieabtheilungen; der Prater ist durch Infanterie und Kavallerie in voller Feldausrüstung besetzt. Morgens erschienen die Erzherzöge Albrecht, Rainer und Wilhelm, um sich über die Vorkehrungen zu informiren. Das her⸗ kömmliche Praterleben am 1. Mai beginnt sich, wie in früheren Jahren, zu entwickeln. Bisher sind in dem hiesigen Polizei⸗ rayon nirgends Stönungen der Ruhe signalisirt; alle Arbeiterverfammlungen sind ruhig verlaufen. Das Wetter ist prachtvoll.
Wien, 1. Mai. (W. T. B.) Aus Lemberg wird gemeldet, daß dort vollständige Ruhe herrsche; im Hof⸗ raume des Rathhauses findet eine Arbeiterversammlung statt. Aus Galizien wurden weder Ruhestörungen noch Demon⸗ strationen gemeldet; in Troppau wird in allen Fabriken mit Ausnahme einer einzigen gearbeitet; es herrscht vollständige Ruhe. — In Brünn brach Nachts in einer Schafwollfabrik ein Brand aus, der anscheinend angelegt war und beträchtlichen Schaden anrichtete. — In Proßnitz (Mähren) wurde bei der heute erfolgten Einliefe— rung mehrerer gestern verhafteter Personen in das Ge⸗ fäng niß letzteres Vormittags von etwa 4000 Arbeitern gestürmt. In Vrbovska bekränzten die Arbeiter der dor— ligen Holzmanufaktur als Gegendemonstration die Maschinen, schmückten die Fabrik mit Blumen und brachten die Inschrift
an: Hoch die Fabrik.
Pest, 1. Mai. (W. T. B. ).. Heute durch⸗ zogen die Militärkapellen wie, üblich am 1. ai mit klingendem Spiele bei herrlichem Wetter die Stadt. Das Aus sehen der Straßen ist das gewöhnliche, Arbeitergruppen begeben sich zu den Versammlungen nach ihren Vereinslokalitäten. Der Aufzug der Arbeiter nach dem Mechigspiatz wird erst Nachmittags stattfinden. Das Arbeiter- comité ist sest entschlossen, jeder Demonstration auf das Nach⸗ drücklichste entgegen zu treten.
Pest, 1. Mai. (W. T. B.) Vor der Walzmühle fand ein Exzeß Seitens der Arbeiter statt, wobei das Militär genöthigt war, mit Bayonnett-Angxiff ein— zuschreiten; zwei fremde Arbeiter wurden verwundet. Die Arbeiter der Walzmühle arbeiten ruhig weiter. In einzelnen Mühlen feiern die Arbeiter, in der Mehrzahl wird jedoch gearbeitet.
Paris, 1. Mai, Vormittags 10 Uhr. (W. T. B.) In den äußern Boulevards herrscht Ruhe. Die in neren Stadtviertel bieten den Anblick der gewöhnlichen Be— wegung. Die großen Läden sind offen, die Schaufenster jedoch leer. Die Läden der Waffenschmiede sind geschlossen.
Bern, 1. Mai. (W. T. B. . Nach den genauesten Nachrichten wird in allen gewerblichen Kantonen der Schweiz heute ausnahmslos gearbeitet. In Bern und Zurich soll Nachmittags von einer kleinen Anzahl feiernder Arbeiter eine Feier in bescheidenem Rahmen ab— gehalten werden. Sonst beschränkt sich in allen gewerbe⸗ reichen Kantonen, Basel, Bern, Zürich, Genf, Solothurn, St. Gallen, Glarus, Thurgau, Aargau und Neuenburg die Arbeiterfeier auf abendliche Versammlungen zu Gunsten der achtstündigen Arbeitszeit. Ueberall wird nur über alltägliche Dinge gesprochen, und jede Unruhe scheint in der Schweiz ausgeschlossen.
früh 9.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
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der Witterung.
Die Luftdruckvertheilung hat sich im Allgemeinen
wenig verändert.
Bei schwacher nördlicher bis öst—
licher Luftströmung dauert über Deutschland das vorwiegend heitere und trockene Wetter fort, die
Temperatur ist meistens gestiegen und liegt fach über der normalen, erheblich, um 9
den nordöstlichen Gebietstheilen. Deutsche Seewarte.
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Theater ⸗Anzeigen.
Aönigliche Schauspiele. Freitag: Opern— haus. 103. Vorstellung. Carmen. Oper in 4 Akten von Georges Bizet. Text von Henry Meilhac und Ludovie Halsby, nach einer Novelle des Prosper Merimée, Tanz von Paul Taglioni. Dirigent: Kapellmeister Kahl. Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. 107. Vorstellung. Der Sturm. Zauber⸗Komödie in 5 Aufzügen von Shakespeare. Nach A. W. v. Schlegel's Uebersetzung. Musik von W. Taubert. Tanz von E. Graeb In Seene gesetzt vom Direktor Dr. Otto Devrient. Mustkalische Direktion: Hr. Steinmann. Anfang 7 Uhr.
Sonnabend: Opernhaus. 104. Vorstellung. Die Hochzeit des Figaro. Komische Oper in 4 Akten . ozart. Text von Beaumarchais. Anfang 3.
Schauspielhaus. 108. Vorstellung. Der Sturm. Zauber -Komödie in 5 Aufzügen von Shakespeare. Nach A. W. v. Schlegel's , , Musik von W. Taubert. Tanz von E. Graeb. Anfang 7 Uhr.
Deutsches Theuter. Freitag: Mein Leopold. Sonnabend: Faust's Tod. Sonntag: Der Sohn der Wildniß. Die nächste Aufführung von Götz von Ber⸗ lichingen findet am Montag, den 5. Mai, statt.
Berliner Theater. Freitag: Julius Caesar.
. Die wilde Jagd. (Hedwig Nie— mann.
Sonntag: A tempo. — Der Weg durch's Fenster. — Gewitterschauer. (Hedwig Niemann.)
Tessing — Theater. Freitag: Die Ehre. Schauspiel in 4 Akten von Hermann Sudermann. Sonnabend: Zum 1. Male: Der Besuch. Schauspiel in 2 Akten von, Eduard Brandes. Hierauf: Zum 1. Male: Mädchenrache. Lust- spiel in 2 Akten von Eduard Bauernfeld.
i ,, Ein Besuch. Hierauf: Mädchen⸗
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Wallner-Theater. Fteitag: Zum 13. Male: Rigobert. Posse in 3 Akten nach dem Franzö⸗ sischen der Grenet Dancourt u. Burone von Hans Ritter. Vorher: Zum 13. Male: Das Arm⸗ band. Schwank in 1 Akt nach einer vorhandenen 7 . Fritz Mai und Franz Guthery. Anfang 7 T.
Sonnabend u, folg. Tage: Rigobert. — Das Armband.
Victoria-Theater. Freitag:
Stanley in Afrika. Zeitgemälde in 10 Bildern Moszkowski und Richard Nathanson. Ballet von C. Severini.
Dieselbe Vorstellung. .
von Alex.
Musik von C. A. Raida.
Anfang 74 Uhr. Sonnabend:
Friedrich Wilhelm städtisches / Der arme Jo⸗ Operette in 3 Akten von Hugo Wittmann
Freitag: Zum 105. Male: nathan.
und Julius Bauer. Musik von
In Seene gesetzt von Julius Fritzsche. Anfang 7 Uhr. Der arme Jonathan.
Hr. Kapellmeister Federmann, Sonnabend:
RNesidenz - Theater. Direktion: Sigmund Lauten ·
Male: Lustspiel in 3 Äkten von Vietorien Sardou.
burg Freitag: Zum 82. von Robert Buchholz. Anfang 71
Sonnabend: Marguise.
Rroll's Theater. Italienische Oxern ⸗Saison.
Vorstellung. Lammermodor mit Sgra. Prevosti.
Freitag: Vorletzte
7 Uhr.
elle Alliance Theater. 62. Male: Der Nautilus. stück mit Gesang und Tanz
der Residenz):
Sonnabend:
Adolph Ernst-⸗ Theater. Dresdenerstraße 72.
Benefiz für Elly
Freitag: Der Goldfuchs.
82. Male:
Franz Roth. Anfang 74 Uhr. Sonnabend: Der Sommergarten ist geöffnet.
Großes Ausstattungs⸗ ; in 4 Akten und 13 Bildern nach Jules Verne von Carl Pander. Musik von G. Christiani und A. Wicher.
Im prachtvollen glänzend rengvirten Sommergarten (vornehmstes und großartigstes Sommer ˖ Etablissement Großes Doppel ⸗Concert. Illumination des ganzen Etablissements. des Concerts 6 Uhr, der Theaters 74 Uhr. Dieselbe Vorstellung.
Gesangsposse in 4 Akten von Eduard Jacobson und Leopold Elv. Couplets theilweise von Gustav Görß. Musik von
Dieselbe Vorstellung.
Urania, Invalidenstraße 67 / 62. Geöffnet von 12 —11 Uhr. Freitag, um 55 Uhr: Hr. Dr. Potonis: Was find Blumen? und um 8 Uhr: Die Geschichte der Urwelt.
Zum 255. M.:
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Marie Streichan mit Hrn. Oeko⸗ nom Otto Zieten (Berlin). — Frl. Maria Ort⸗ win mit Hrn. Dr. med. Georg Winter (Wien — Berlin). — Frl. Margarethe v. Wallersbrunn mit Hrn. Fritz Herpich (Inowrazlaw — Berlin). — Frl. Adele Scotti mit Hrn. Dr. med. MaxRüll (Berlin). — Frl. Dora Grivp mit Hrn. Friedr. Schoen (Kander b. Bolkenhain). — Frl. Frieda Goebel mit Hrn. Karl Beringer (Siegen). — Frl. Sophie Behrmann mit Hrn. Johannes Sellin (Eckernförde Stettin).
Verehelicht: Hr. Dr. Gustav Dobbert mit Frl. Therese Becker (Elbing). — Hr. Bankdirektor Louis Arioni mit Frl. Hanna Strauß (Barmen). — Hr. Emil Jung mit Frl. Liddy Dänner (Chemnitz). — Hr. Fritz Wegener mit Frl Anna Scheer (Charlottenburg. — Hr. Dr, Ernst Engel mann mit Frl. Elisabeth Sachse (Magdeburg — Berlin). — Hr. Georg Grützmann mit Frl. Marie Tetzschke Mam ;
Geboren: Cin Sohn: Hrn. Hauptmann a. D. Lancelle (Tanten). — Hrn. Otto Choné (Berlin). — Hrn. Georg Berju (Berlin). — Hrn. Paul Dase (Berlins. — Hrn Prof. Richard Börnstein (Berlin). — Hrn. Theodor Beckert (Chemnitz). — rn Emil Paupitz (Leipzig) — Eine Tochter:
rn. Leonhard v. Beldern (Köln). — Hrn. Dr. C. Gade (Hannover). — Hrn. Gotthard Sachsen⸗ berg (Roßlau a. d. Elbes. — Hrn. Königl. Re⸗ gierungs⸗Bauführer Baehr (Berlin). — Hrn. Rechtsanwalt Ehrlich (Kottbus).
Gestorben: Hr. Kaufmann Johann Georg Tiede (Bernau). — Hr. Wilhelm Springer . — Hr. Kaufmann Rudolf Schultze (Berlin). — Hr. Hotelbesitzer Reinhold Werner (Torgau). — Frl. Wilhelmine Koch (Berlin).
Theater.
Carl Millöcker. Dirigent:
Marquise. Deutsch Uhr.
Lucia di Anfang
Freitag: Zum
Brillante Anfang
Redacteur: J. V.: Sie menroth.
Berlin: Verlag der Expedition (Scholy.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagt⸗ Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32.
Acht Beilagen (einschließlich Börsen ⸗Beilage).
Bender. Zum
22. April 1875,
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗-Anzeiger.
M 1106.
Parlamentarische Nachrichten.
Schlußbericht der vorgestrigen (51.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten. Forisetzung der ersten Berathung des Gesetzes zur Ausführung des §. 9 des Gesetzes vom betreffend die Einstellung der Leistungen aus Staatsmitteln für die römisch— katholischen Bisthumer und Geistlichen.
Abg. Freiherr von Erffa: Wir hoffen, daß über die Vor⸗ lage eine Verständigung, eventuell in einer Kommission er— reicht werden wird; doch wollen wir den Katholiken, wenn das, was Graf Strachwitz ausgeführt, die einstimmige Meinung der Herren vom Centrum sein sollte, das Gesetz nicht aufzwingen. Wenn Graf Strachwitz uns so beweglich gebeten hat, diese Vorlage abzulehnen, so kann uns das ja gar nicht so überaus schwer fallen, denn wir wollen ja doch einen weiteren Schritt auf dem Wege zur Herstellung des kirchlichen Friedens und zur endgültigen Beseitigung der Reste des Kulturkampfes thun. Wie man bei einem derartigen Gesetz von einem höchst bedauerlichen Ereignisse, von einem schweren Unrecht, von der Züchtung der Sozialdemokratie sprechen kann, ist mir unerfindlich, solche Uebertreibungen können doch der Sache nur schaden. Ich kann Ihnen nur rathen, nach meinem Beispiel die Sache geschäfts—⸗ mäßiger zu behandeln. Aus den Schlußworten des Grafen Strachwitz klang auch heraus, daß Sie mit Ihrer totalen Ablehnung noch nicht so ganz sicher sind. Bestehen Sie darauf, nun, so wird die Sache, auf ein Jahr zurückgestellt werden, und dem Vaterlande wird daraus kein großer Schaden erwachsen. Wir fassen die Vorlage als die Gewährung einer Dotation auf; diesen Charakter 9 sie schon dadurch, daß sie eine ewige feste Rente festsetzt, welche vom Landtage budget— mäßig nicht beseitigt werden kann. Wir acceptiren diesen Charakter, hoffen aber bestimmt, daß endlich auch die lang⸗ jührigen Wünsche der evangelischen Landeskirche erhört, daß die durch Friedrich Wilhelm IV. gegebenen Versprechungen endlich eingelöst werden. In weiten evangelischen Kreisen ist über diese Vorlage eine große Beunruhigung verbreitet, und wir können den Vorwurf der stiefmütterlichen Behandlung der evangelischen Kirche nicht eher zurücknehmen, bis diese Wünsche befriedigt sind, bis eine finanzielle Stärkung und Kräftigung der Kirche eingetreten ist; wir wünschen nament⸗ lich, daß endlich, der Verheißung im 5§. 54 des Civilstands— gesetzes entsprechend, die Ablösung der Stolgebühren erfolgt. Wir bitten die Regierung, die von der Generalsynode ein— stimmig als Pauschquantum für diesen Zweck bezeichnete Summe von 750 000 MS bereits in den nächstjährigen Etat einzustellen. Die Form der Rente acceptiren wir, geben aber zu erwägen, ob nicht die 3169 Proz. Verzinsung vielleicht eiwas zu hoch gegriffen sind. Ich bin ja gar nicht darüber zweifelhaft, daß Sie auch 5 Proz. nehmen würden; aber Sie müssen doch anerkennen, daß bei dem heutigen Zinsfuß der Staat, wenn er die 16 Millionen zu seinen Einnahmen nimmt und 31 Proz. Rente gewährt, einfach ein halbes Prozent drauflegt. Indessen ist dies für uns von sekundärer Bedeutung. Die Ihnen den meisten Anstoß erregende Ver— einbarung der Regierung mit den kirchlichen Organen über die Verwendung ist die ganz naturgemäße Konsequenz der Rentenform; wurde diese gewählt, so kannte die Regierung die Verwendung nicht aus der Hand lassen. Die Vereinbarung braucht ja nicht auf einen kurzen Zeitraum sich zu erstrecken; wir halten längere? zerioden für richtiger, damit nicht Streitigkeiten entstehen können, die wir nicht wünschen. Noch weniger befreunden können wir uns mit dem in nationalliberalen Blättern aufgetauchten Vorschlag, daß dabei eine Mitwirkung des Landtages stattzu⸗ finden habe. Diesen Gedanken halten wir für äußerst unglücklich; es würde sich über die Verwendungszwecke immer von Neuem unerquickliche Streiterei entspinnen und solche offentlichen Dis⸗ kussionen können dem Frieden nicht dienlich sein. Wir sind bereit, die Sache im Plenum zu berathen, werden uns aber einer Kommissionsberathung auch nicht widersetzen. f
Abg. Dr. Windthorst: Ich hatte gehofft, die Diskussion über diefes Gesetz würde sich in ruhigerer Weise vollziehen, als sie durch den Abg. Freiherrn von Zedlitz und Neukirch eingeleitet worden ist. Der Schlußakkord seiner Rede er⸗
innerte mich lebhaft an die bösen Tage des Kulturkampfes. Nach Ansicht der Regierung soll, das Gesetz ein weiterer Schritt zur Versöhnung sein, und die Herren, die hier ge⸗ sprochen haben, scheinen dieser Ansicht zuzustimmen. Die Re⸗ gierung hat in der Vorlage ausgesprochen, daß die Gelder für Zwecke der katholischen Kirche zu verwenden feien; damit hört der wüste Lärm in den Zeitungen auf, welche gemeint haben, hier handle es sich um eine Summe, welche zur freien Verfügung siände und auch zu staatlichen Zwecken verwendet werden könnte. Das beweist, wie völlig irrig das Beschlagnahmegesetz auf⸗— gefaßt wird. Wer meint, die Sperrgelder seien reines Staats⸗ eigenthum, der vertritt die Philosophie der Sozialdemokraten, welche das Eigenthum zum Staatseigenthum machen wollen, um es von Neuem zu vertheilen. Wenn das Kapital nicht den rechtmäßigen Eigenthümern zurückgegeben werden soll — und diese — vertritt ja auch der streng kon⸗ servative Abg. Freiherr von Erffa, — so erkläre ich: Wer für dieses Gesetz stimmt, stimmt für die Sozialdemokratie. Ich bin mir in diesen Dingen klar, und ich weiß nicht, ob ich es nicht noch erlebe, daß Ihnen Ihre neuen Theorien von Anderen auf Ihrem Rücken werden klar gemacht werden. Wir haben das Recht, die Herausgabe des Kapitals zu ver⸗ langen, es handelt sich darum, ein begangenes Unrecht wieder gut zu machen. Wir verlangen die Herausgabe des Kapitals und zwar mit Zinfen. Von den Zinsen war nie die Rede; obwohl ich ö. danach gefragt habe, hüllten sich die Herren stets in Stillschweigen, wie sie es stets thun, wenn sie ihr Unrecht verbergen wollen. Ich glaube nicht, daß heute noch Jemand das Beschlagnahmegesetz materiell rechtfertigen wird. Nur im äußersten Kampfe der Revolution finden wir etwas Aehnliches. Ich bedauere, daß ein solches Gesetz in einem e . Staate hat rechtskrästig werden können, und wenn in Preußen der Grundsatz Suum
Berlin, Donnerstag, den 1. Mai
cuique gilt, so ist das Gesetz auch nicht preußisch. Die Be⸗ schlagnahme ist auch rigoristisch ausgeführt worden. Selbst Leistungen aus Familienstiftungen, zu religiösen Zwecken wurden mit Beschlag belegt. Es hieß: es geht gegen die Katholiken! nur weiter! Ich verlange eine detaillirte Nach— weisung über all das, was in den 16 Millionen enthalten ist, auch eine genaue Zinsenberechnung verlange ich. Erst dann werden Sie im Stande sein, Ihr Unrecht zu erkennen, und ich hoffe, auch bei dem Abg. Freiherrn von Erffa wird sich dann das Gewissen rühren. Am einfachsten wäre es, das Kapital an die Diözesen zurückzugeben; diese werden die Sache dann schon ordnen. Der Staat hat hierbei nichts zu sagen, denn es handelt sich um ein Restituendum. Nun sagen die Herren, die evangelische Bevölkerung sehe in dieser Vorlage eine Bevorzugung der Katholiken. Eine Bevorzugung der Katholiken unter dem Ministerium von Goßler? Ich glaube, das ist Ironie. Ich bin der Erste, be⸗ rechtigte Ansprüche der evangelischen Kirche zu unter— stützen, ich trete gern zu Gunsten einer Ent— schaͤdigung für den Stolgebührenausfall ein; auch für eine Dotation — natürlich verlange ich dann auch für die katho⸗ lische Kirche eine Dotation. Mit dem gegenwärtigen Gesetz hat aber diese Sache gar nichts zu thun. Es ist das eine bedauerliche Begriffsverwirrung, für welche leider auch der Abg. Freiherr von Erffa eintrat. Ich habe die Prätension, zu behaupten: eine Beunruhigung der evangelischen Be⸗ völkerung existirt gar nicht. Wenn diese wüßte, daß es sich hier gar nicht um neue Zuwendungen han— delt, so würde kein ruhig denkender Protestant seine Forderungen mit dieser Frage in Verbindung bringen. Als das Gesetz erschien, kam mir zu Ohren, daß die katholischen kirchlichen Behörden und namentlich der heilige Stuhl die Vorlage gut geheißen hätten. Ich stelle das in Abrede, ich konstatire zur Aufklärung und Beruhigung des katholischen Volkes, daß die kirchlichen Behörden, namentlich auch die Bischofsversammlung in Fulda, nichts Offizielles gethan haben, was der Rückgabe des Kapitals an die Berechtigten präjudizirte. Das Gesetz, wie es vorliegt, können wir nicht annehmen, wenn es uns auch schwer wird, gebotene Vortheile zurückzuweisen. In solchen Fällen aber müssen Prinzipien höher stehen als UÜtilitätsrücksichten. Gerade in einer Zeit, in der Rechtsgrund⸗ sätze so oft wenig geachtet werden, muß man sich hüten, dieses oder jenes aus Spportunitätsrücksichten zu thun, und hierin sollte uns auch die konservative Partei unterstützen. Ich habe mich gefreut, daß Widerspruch aus unseren Kreisen von dem Abg. Grafen Strachwitz, einem Manne erhoben ist, der in vielen Beziehungen zu Ihnen gehört. Er gehörte lange der Armee an, in der mehr Rechtssinn zu finden ist, als im Civil. Ich bekenne, noch von keinem preußischen General solche Grundsätze gehört zu haben, wie Sie sie hier geäußert haben, aber ich sage aus— drücklich von keinem General. Wenn Fürst Bismarck länger in der Armee geblieben wäre, so würde er ein noch größerer Mann sein, als er heute ist. Uns ist es unmöglich, dem Gesetze zuzustimmen. Gleichwohl, bin ich für Kommissions⸗ Berathung, weil es räthlich ist, in engerem Kreise alle Gesichtspunkte zu erwägen, und weil ich hoffe, dort manche irrige Anschauung korrigiren zu können. Das Gesetz macht einen neuen Versuch, mit katholischen Geldern korrumpirend auf unsere kirchtichen Verhältnisse einzuwirken. In der Kommission muß eine genaue Spezifikation der ge⸗ sparten Gelder erfolgen. Hr. Falk unglückseligen Angedenkens hat 2 Jahre, bevor das Sperrgesetz gegeben war, das Gehalt des Bischofs von Ermeland gesperrt. Sind diese Gelder hier auf— geführt? Ist es nicht geschehen, so sind sie mit einem Ent⸗ schuldigungsschreiben dem Herrn Bischof auszuzahlen. Dann ist eine ganze Anzahl von Anstalten und Stiftungen gesperrt worden, und wenn das Detail dieser Sperrungen voll und ganz bekannt gegeben ist, dann werden Sie auch die Summe des verübten Ünrechts erkennen. Der Minister will die Sache so einrichten, daß der Staat das Kapital einsteckt. Das nenne ich mit dem Grafen Strachwitz einen Akt gegen das siebente Ge— bot. Man will der Kirche eine Rente geben, die monatlich oder jährlich fällig sein soll. Jedenfalls wird dadurch ein fortwährender staatlicher Einfluß auf die Kirche ausgeübt, den wir nicht dulden können. Der Minister hat diskretionäre Ge⸗ walt genug. Wir wollen lieber kein Geld, aber Freiheit. Der Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch sagt mit leichtem Sinne: wenn Ihr das Gute nicht wollt, dann behalten wirs. Auch der Abg. Freiherr von Erffa, was ich nicht von ihm erwartet hätte, hat ähnliche Laute von. sich gegeben. Wenn diefe Anschauung allgemein bei Ihnen herrscht, so würde das beweisen, daß man sich bei Ihnen über Recht und Gesetz cavalièrement hinwegsetzt. Das können Sie in Hoppegarten thun, aber hier nicht. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, daß in der Kommission etwas Befriedigendes zu Stande kommt, aber Drohungen werden auf Manner von Prinzip keinen Eindruck machen, und wir werden nicht aus Utilitätsgründen das Prinzip aufgeben. Lieber hungern, als das Recht aufgeben! Schließlich bin ich der Ueberzeugung, daß, wenn Sie unsere Vorschläge. ablehnen, die Sperrgelder ein Pfahl in Ihrem Fleisch sein werden. Wir werden nicht anstehen, schließlich unsere Ansprüche an den Stufen des Throns zu begründen, und ich glaube, daß bei den Königen Preußens das Rechtsgefühl schärfer ausgebildet ist, als bei Ihnen. 16.
Minister der geistlichen ꝛc. Goßler:
Meine Herren! Mit dem geehrten Herrn Vorredner bin ich darin einverstanden, daß das vorliegende Gesetz auf dem Wege der Ver— sföhnung, einen weiteren Schritt thun soll, daß das Gesetz bestimmt ist, nicht Wunden aufzureißen oder gar neue zu schlagen, sondern vor⸗ handene zu heilen. Ich versage es mir deshalb, auf einen großen Theil der Ausführungen des anderen Redners seiner Fraktion einzugehen, welcher den Muth gehabt bat, die Königliche Regierung des Bruchs des siebenten Gebotes zu beschuldigen und ihr mittelbar zu imputiren, die Verbreitung der Sozialdemokratie zu fördern. Ich erkenne an den Muth dieses Urtheils, aber ich erkenne damit nicht an, daß ich von dem Standpunkt aus, von dem ich die Debatte führen werde, irgend wie einen Änlaß oder eine Verpflichtung habe, auf das Maßlose einer
derartigen Beschuldigung einzugehen.
Angelegenheiten Dr. von
1890.
Der Hr. Abg. Dr. Windthorst legt seinen ganzen Ausführungen eine juristische Theorie zu Grunde, die wohl, wie ich annehmen kann, die meisten Mitglieder dieses Hauses, jedenfalls die Juriften und namentlich die Juristen, welche sich mit staatsrechtlichen Fragen be⸗ schäftigt haben, nicht anerkennen werden. Der Hr Abg. Dr. Windt⸗ horst stellt sich die Sache so vor: diejenigen Persönlichkeiten, seien es physfische, seien es juristische, welche aus Kap. 1195 und 116 des Staats haushalts — um diese handelt es sich hier — Ansprüche an den Staat hatten, hätten diese Ansprüche gewissermaßen wie ein Eigenthum. Er geht davon aus, daß sie ein klagbares, rechtmäßiges Eigenthum gehabt hätten, und konkludirt nunmehr so: daß der Staat im Jahre 1875 in seiner Gesetzgebung dieses Eigenthum mit Beschlag belegt habe, daß, nachdem die Beschlagnahme aufgehoben worden, der alte Zustand wiederhergestellt sei, und das beschlagnahmte Eigenthum in die Hände der rechtmäßigen Eigenthümer übergebe.
Meine Herren! In allen wesentlichen Punkten ist diese Theorie nicht richtig. Wir haben es nach dem Gesetz von 1875 nicht mit einer Beschlagnahme von Eigenthum zu thun, sondern mit der Ein stellung von öffenttich- rechtlichen Leistungen des Staats. Der 5. 9 des Gesetzes stellt das ganz klar. Er unterscheidet zwei Abtheilungen in diesen Staatsleistungen; die der einen Abtheilung werden ohne Weiteres zu Gunsten der Staatskasse erspart, die der anderen dagegen aufgesammelt. Und dann wird weiter s daß ein
nur bestimmt, Gesetz darüber entscheiden werde, was mit den aufgesammelten Be⸗ trägen werden solle. Der Wunsch hat schon damals die Staats— regierung beseelt. — Sie werden das sehen aus den Motiven und den Erklärungen in diesem hohen Hause, — daß ein Zeitpunkt kommen möge, wo diese Leistungen zu Gunsten der katholischen Kirche — andere Ausdrücke sind nicht gebraucht — verwandt werden möchten, und durch meinen Mund erst hat die Staatsregierung wiederholt ihre bestimmte Absicht hier ausgesprochen, daß zu Gunsten der katbolischen Kirche diese Staatsleistungen verwandt werden würden, soweit sie aufgefammelt worden. Bie Staatsregierung ist in dieser Absicht selbstverständlich auch überall verleumdet worden, wo überhaupt die Verleumdung vordringen kann. Niemals aber, versichere ich, hat in der Staatsregierung, so lange ich ihr anzugehören die Ehre gehabt babe, die Abficht bestanden, anders als zu Gunsten der katho— lischen Kirche und ihrer Zwecke diese eingestellten aufgesammelten Staatsgelder zu verwenden.
Alle öffentlich rechtlichen Leistungen, meine Herren, stehen unter anderen Gefetzen und unter anderen Voraussetzungen und Grundlagen als die Forderungen des Privatrechts. Es handelt sich nicht um Eigenthum, auch nicht um Konfiskation, sondern es handelt sich um Staatsleistungen, welche auf öffentlich-rechtlicher Basis beruhen und unter gewissen Voraussetzungen gewährt werden und nur gewährt werden können, welche ich hier nicht weiter erörtern will; — wir würden uns dabei weit hinaus verlieren. Aber jedenfalls trifft die Analogie oder Parallele des Privatrechts absolut nicht zu; — der 8. 9 muß Sie darüber eines Besseren belehren, wenn Sie anderer Meinung sein sollten.
Ich erkläre also ganz bestimmt, daß in der Staatsregierung nie⸗ mals di Auffassung obgewaltet hat, als ob ihr gegenüber ein Recht im technischen Sinne bestanden habe, sei es eines einzelnen Empfangs berechtigten, sei es eines einzelnen Geschädigten, oder einer sonst zu konstruirenden Persönlichkeit juristischer oder natürlicher Art.
Nachdem ich dies vorausgeschickt habe, komme ich unmittelbar natürlich zu der Frage: auf welche Weise die Absicht der Staats regierung der katholischen Kirche gegenüber, zu, erfüllen ist. Es fragt sich zunächst, ob es überhaupt möglich ist, das, was ein gestellt war, demjenigen zu geben, welcher in friedlichen Zeiten einen Anfpruch darauf gehabt hätte? — Ich möchte, ehe ich in diese Deduktion eintrete, noch kurz darauf hinweisen, daß, als die Voraussetzung des Gesetzes von 1875 unter der die Einstellung der Staagtsleistungen aufhören sollte, d. h. als ein friedlicher oder friedensähnlicher Zustand eintrat, die ferneren Staats— leistungen unmittelbar zu Gunsten der dann Empfangs berechtigten auflebten, daß aber niemals die Rede davon sein konnte, den auf— gelaufenen Rest den letzteren auszuzahlen. Als nun die Königliche Staatsregierung vor der Frage stand, wie es mit der Verwendung zu halten, da war sie sich darüber klar, daß sie keinen Fonds hinter sich habe, sondern, wie ich das mindestens schon fünfmal in diesem Haufe ausgeführt habe — dem Abg. Dr. Windthorst muß augen blicklich sein sonst pvortreffliches Gedächtniß nicht ganz treu geblieben sein — einem Conto gegenüberstand; d. h. die Königliche Staats- regierung hat die eingestellten Beträge nicht massirt, sie auch nicht zinsbar angelegt, sondern hatte die Staatsleistungen einfach dem Bestande der General-⸗Staatskasse oder den sonstigen Kassen, die ja nur abgelegte Theile der General ⸗Staatskasse sind, übergeben. Die Frage wegen der Zinsen u. s. w. ist wenigstens schon Hmal vor uns gebracht worden, und wenn sie in der Kom— a, nochmals erörtert werden soll, so bin ich dazu natürlich gern zereit.
Die Königliche Staatsregierung war sich darüber klar, daß, wenn sie an eine Verwendung der eingestellten Leistungen ging, sie nur solche Verwendungsarten der Landesgesetzgebung vorschlagen könnte, welche überhaupt möglich wären — möglich vom rechtlichen, möglich vom thatsächlichen, möglich vom politischen Standpunkte. Nun ist es ja ganz richtig, wenn der Abg. Dr. Windthorst sagt, die Herren Bischöfe haben in ihrer letzten Fuldaer Versammlung den Antrag gestellt, man möge die aufgesammelten, gesperrten Staatsleistungen in natura, in folle zurückgeben. Ja, meine Herren, das ist ja selbstverständlich, daß man, wenn man heute als Bischof eine Forderung stellt, die in der öffentlichen Diskussion steht, natürlich den prinzipiell schärfsten Anspruch erheben muß; aber ich glaube nicht indiskret zu sein, wenn ich fage, es ist keiner der Herren — wenigstens habe ich keinen ge— sprochen —, der nicht der Meinung gewesen wäre, eine Ausführung der Restitution an die sog. Empfangsberechtigten sei politisch und rechtlich unmöglich.
Faßt man die etwaige Rückgabe an die einzelnen, durch die Ein⸗ stellung der Staatsleistungen betroffenen Bischöfe ins Auge, so tritt diefe Unmöglichkeit sofort zu Tage. Wir haben unter den Bischöfen in unferem Vaterlande nur noch einen einzigen, der dieselbe Stelle einnimmt, wie vor den Zeiten des Kulturkampfes; ein zweiter ist in eine andere höhere Stelle übergeführt; 2 andere Herren leben außer⸗ halb des Vaterlandes, 7 sind gestorben, auch schon einige Nachfolger derfelben. Von den 4 Bischöfen, welche nicht unmittelbar zu Preußen gehörten, ist inzwischen einer — durch Vereinigung seines diesseitigen Diszesanantheils mit einer preußischen Diözese — aus Preußen aus— geschieden, übrigens gleich 2 anderen gestorben.
Wenn Sie die Domkapitel ansehen, so werden Sie finden, daß die Hälfte oder mindestens ein Drittel der Herren auch schon dahin gegangen ist. Bei den Seminarien und sonstigen Bildungsanstalten würden in Anbetracht der zahlreichen Lehrer hunderte von sog. Empfangsberechtigten hinzukommen, und wenn Sie gar auf Kay. 116 ein- gehen, wo im Etat Geistliche zu vielen hunderten stehen, also die Empfangs⸗ berechtigten wären, dann werden Sie sagen müssen, schon der Herr über Leben und Tod hat eine reine Herausgabe an die sog, Be— rechtigten unmöglich gemacht. Jede Untersuchung einer sog. holländi⸗ schen Erbschaft ist ein Kinderspiel gegen den Versuch, der Empfangs berechtigung nachzugehen.
Und dann würde man irren, wenn man mit einzelnen der Herren Vorredner glaubte, daß „Empfangsberechtigt⸗ und „Geschädigt“ das⸗ selbe ist. In meinen Akten befinden sich zahlreiche Anträge von Ge