Der Kaiserliche Wirkliche Geheime Rath, Präsident des geicd een ‚ mn ssr,, Mitglied des Staatsraths und des Herrenhauses, Hermann von Dechend, ist vorgestern Abend nach schweren Leiden im Alter von 76 Jahren ver⸗
storben.
Se, Majestät der Kaiser und König haben mittelst Allerhöchster Ordre vom 19. v. M. die Befugniß zur Erthei⸗ lung der Annahme- und Anlegungs⸗Erlaubniß in Betreff des Verdienstkreuzes der Fapanischen Gesellschaft vom Rothen Kreuz auf die Ministerial⸗-Instanz zu über⸗ tragen geruht.
In der am 1. d. M. unter dem Vorsitz des Vize⸗ räsidenten des Staats⸗-Ministeriums, Staatssekretärs des . Dr. von Boetticher abgehaltenen Plenarsitzung des Bundesraths wurde über die Wiederbesetzung erledi ter Stellen bei mehreren Disziplinarkammern sowie über den Sr. Majestät dem Kaiser wegen Wiederbesetzung einer Raths⸗ stelle beim Reichsgericht zu unterbreitenden Vorschlag Beschluß gefaßt. Mit der bereits erfolgten Ueberweisung des Gesetzentwurfs, betreffend die Friedens⸗-Präsenzstärke des deutschen Heeres, an die Ausschüsse für das Landheer und die Festungen und für Rechnungswesen erklärte sich die Ver⸗ sammlung einverstanden. Von der auf Veranlassung der Reichs— kommisfion zur Untersuchung der Rheinstromverhältnisse erfolgten Veröffentlichung einer hydrographischen, wasserwirthschaftlichen und wasserrechtlichen Darstellung des Rheinstromgebiets nahm dieselbe Kenntniß. Die beantragte Zahlung des Gehalts an einen Reichsbeamten in Vierteljahrsraten wurde genehmigt. Endlich wurde über das Rekursgesuch eines Reichsbeamten egen seine unfreiwillige Versetzung in den Ruhestand Be⸗
chluß gefaßt.
S. M. Kanon enboot Il tis“, Kommandant Korvetten— Kapitän Ascher, ist am 50. April er. in Pagoda Anchorage eingetroffen und beabsichtigt, am 4. Mai nach Tamsui in See zu gehen.
. ani, Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Heinrich empfingen heute Nachmittag den Magistrat und die Stadt⸗ verordneten im Rittersaale des Schlosses, um für den von der Stadt zum Hochzeitstage geschenkten Monumentalbrunnen
huldvoll zu danken. Bayern.
München, 1. Mai. (W. T. B.) In drr heutigen Sitzung der Abgeordnetenkammer wurden die Etats⸗ Uebertragungen der Ueberschüsse von 1886/88 auf die, Finanzperiode 1890 91 bewilligt. Der Finanz— Minister erklärte im Laufe der Diskussion: aus den Ueberschüssen von 1888 jetzt schon mehr einzustellen, würde bedenkliche Begehrlichkeiten hervorrufen. Die bayerischen direkten Steuern seien niedriger als irgendwo; nur die Mutationsgebühr sei höher, jedoch sei dieselbe größtentheils den Spekulanten auferlegt; letztere auf eine einprozentige erabzusetzen, würde eine Mindereinnahme von drei is vier Millionen ergeben, welche durch eine Erhöhung der direkten Steuern einzubringen die Kammer wohl abgeneigt wäre. Sobald die Etatsüber— schüsse absehbar dauerhaft sein würden, werde der Finanz— Minister weitere Erleichterungen im nächsten Budget einsetzen. Der Etat wurde unter Genehmigung einer Staatsreserve von 425 952 6 bilanzirend auf 280 291 642 MS erhöht. Morgen stehen Petitionen zur Berathung.
Württemberg.
Stuttgart, 30. April. (StA. f. W.) Se. Majestät der König hat vorgestern den Kaiserlichen Korvetten⸗-Kapitän Freiherrn von Erhardt, bisherigen Kommandanten der Korvette „Olga“, und heute den von seiner Mission nach Darmstadt zurückgekehrten General-Major und General à la suite Sr. Majestät, Freiherrn von Falkenstein in Audienz empfangen. — Heute fand bei Ihren Königlichen Maje stäten in der Spiegelgalerie des Residenzschlosses größere Tafel statt, zu welcher u. A. die ritterschaftlichen Abgeordneten Frei—⸗ herr Edmund von Ow, Präsident a. D. Schad von Mittel— biberach, Konsistorial-Präsident Freiherr von Gemmingen, Freiherr Wilhelm König von Königshofen, Freiherr Richard König von Warthausen und Freiherr von Ellrichshausen ein⸗ geladen waren.
Vorgestern beging das in Rastatt garnisonirende Preu⸗ ßische Infanterie⸗Regiment von Lützow Nr. 265, dessen Chef Se. Majestät der König von Württemberg ist, die Feier seines 7J5jährigen Bestehens. Als Ver— treter Sr. Majestät wohnte der General-Lieutenant und General⸗Adjutant des Königs, Freiherr von Mols berg dem Feste bei, zu dem auch der Hofmarschall Freiherr von Wöli— warth eingeladen war.
Hessen.
Darmstadt, 1. Mai. (W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog ist heute nach Leipzig zur Uni⸗ versität zurückgekehrt.
Mecklenburg⸗Schwerin.
Schwerin, 29. April. Aus Meran vernehmen die „Meckl. Nachr.“, daß Ihre Königliche Hoheit die Frau Groß— herzogin⸗Mutter in der letzten Zeit sehr gute Fortschritte in der Kräftigung gemacht hat und von dem im Anfange dieses Monats aufgetretenen Krankheitsanfall völlig wieder⸗ hergestellt ist.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.
Weimar, 1. Mai. (Th. C.) Obgleich erst gestern im Laufe des Tages bekannt geworden war, daß Se. Majestät der Kaiser beabsichtige, auf der Rückreise nach Berlin hier Aufenthalt zu nehmen, um Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Großherzogin, Seinen Besuch abzuftatten, hatte sich die Stadt heute früh bereits reich mit Flaggen geschmückt. In den vom Schloß zum Bahnhof führenden Straßen nahmen die Kriegervereine, Sänger- und Turnervereine, die Schulen u. s. w. mit ihren Fahnen Aufstellung, um den Kaiser zu begrüßen. Punkt iG ½ Uhr traf der Sonderzug auf dem Bahnhof ein. Offizieller Empfang fand nicht statt. Se. Majestät der Kaiser sowie Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und der Erbgroßherzog, in
Ministers Freiherrn von Groß, des Königlich preußischen Ge⸗ sandten von Derenthall, welcher in Eisenach bereits den Kaiser empfangen hatte, des Ober⸗Hofmeisters von der m u. A. m. in vierspännigem offenen Wagen mit Spitzenreiter na dem Schlosse, unter den stürmischen Hochrufen der Bevölke— rung. Nach Begrüßung Ihrer Königlichen Hoheiten der Frau Großherzogin und der Frau Erbgroßherzogin zog Sich Se. Majestät der Kaiser in Seine Gemächer zurück und begab Sich später zum Frühstück bei dem Grafen und der Gräfin Görtz. Um 44 Uhr war Tafel bei Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin. Nach derselben verabschiedete Sich der Kaiser von der hohen Frau und setzte um 7 Uhr die Reise nach Berlin fort, nachdem Se. Majestät auf dem Bahnhof von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog den herzlichsten Abschied genommen hatte.
Anhalt. Dessau, 39. April. (Anh. St.- A.) Das Gehuxtsfest Sr. Hoheit des Herzogs wurde bereits am 27. April durch eine Vorfeier des Militär⸗ und Lriegervereins (Erbprinz Friedrich von Anhalt), bestehend aus Festhall ꝛc. im Bahnhofs⸗ hotel gefeiert. Auch am 28. April fand eine solche Vorfeier Seitens des Kriegervereins und des Hesse'schen Gesangvereins im Tivoli— saale sowie der ersten Compagnie der freiwilligen Feuerwehr im Bahnhofshotel statt. An demselben Abend wurden in ver— schiedenen Lokalen Militär⸗Tanzvergnügen abgehalten. Am Festtage selbst war die Stadt reich mit Fahnen und Flaggen geschmückt; zahlreiche Gratulanten stellten sich im Schlosse ein, um in das dort aufliegende Buch ihre Namen einzuzeichnen. Um 2 Uhr Nachmit⸗ tags versammelten sich die Theilnehmer des Festessens im Bahnhofshotel; während der Tafel brachte der Staats-Minister von Krosigk den Toast auf Se. Hoheit den Herzog aus. Die meisten anhaltischen Zeitungen brachten in poetischer oder prosaischer Form eine Gratulation dem Landesherrn dar, wie auch in den Schulen entsprechende Fest⸗ akte stattfanden. Schwarzburg⸗Sondershausen.
Sondershausen, 1. Mai. (Reg- u. Nachr. Bl.) Nach hierher gelangter telegraphischer Nachricht erfolgt die Rü ck⸗ kehr des Durchlauchtigsten Fürstenpaares nicht vor Montag, den 5. Mai.
Oesterreich⸗Ungarn.
Wien, 30. April. (Wien. Abdp.) Im Abgeordneten— hause wurde heute die Berathung des ,, des Ministeriums für Kultus und Unterricht zu Ende geführt und die Verhandlung über den Etat des Finanz⸗ Ministeriums begonnen.
Nach den Mittheilungen der Wiener Blätter darf, schon jetzt als das Ergebniß der gemeinsamen Minister— Konferenzen betrachtet werden, daß die Gesammtsumme der von den Delegationen zu beanspruchenden Kredite, mit Ein⸗ schluß der Nachtragskredite, hinter der für 1890 bewilligten Gesammtsumme zurückbleiben wird; dagegen dürfte das ordentliche und außerordentliche Heeres⸗-Erforderniß für 1591 das für das laufende Jahr übersteigen. Die Hauptposten dieses Mehr— erfordernisses bestehen aue den Summen für die Beschaffung der noch nothwendigen Acht-Millimeter⸗-Mannlicher-Gewehre und für die Herstellung des rauchlosen Pulvers. Die Er— zeugung des letzteren wird mit den Kosten für den Bau der hierzu erforderlichen Pulverfabrik den Betrag von ungefähr zehn Millionen in Anspruch nehmen; für das Jahr 1891 hat die Kriegsverwaltung die erste Rate einge⸗ stellt; die weiteren Raten werden in den folgenden Jahren zur Bewilligung nachgesucht werden. Für den ordentlichen und außerordentlichen Heeresaufwand für das Jahr 1890 haben die Delegationen die Summe von 111,7 Millionen be⸗ willigt. Es wäre somit für das nächste Jahr ein Erforderniß von etwa 114 Millionen zu gewärtigen. ;
— 1. Mai. (W. T. B. Die Kaiserin ist Vormittags hier wieder eingetroffen.
Großbritannien und Irland.
London, 1. Mai. (A. C.) Die Königliche Yacht „Victoria and Albert“ mit Ihrer Majestät der Königin und dem Prinzen und der Prinzessin Heinrich von Battenberg langte gestern Nachmittag 5 Uhr, vom Kontinent kommend, in Port Victoria an. Von dort setzten die aller— höchsten und höchsten Herrschaften mittels Sonderzuges die Reise nach Wind sor fort und trafen wenige Stunden später dort ein.
Sir Perey Anderson, der Ober⸗-Sekretär des afrika⸗ nischen Departements des Auswärtigen Amts, hat sich gestern nach Berlin begeben, um im Auftrage des Marquis von Salisbury mit dem deutschen Auswärtigen Amt über die Lage der Dinge in Ost-Afrika zu konferiren.
London, 1. Mai. (W. T. B.) In der heutigen Unterhaussitzung erklärte der erste Lord des Schatzes Smith: die Regierung erwäge jetzt die Beschlüsse der Berliner Arbeiterschutzkon ferenz, doch könne er noch nicht sagen, welche Maßregeln sie bezüglich der angeregten Fragen dem Parlament vorschlagen würde. — Das Unterhaus nahm heute nach fünftägiger Debatte die irische Boden— ankaufs-Bill in zweiter Lesung mit 348 gegen 268 Stimmen an.
Frankreich.
ar . . Mai. (W. T. B. Weder im El ysche noch im Ministerium des Innern wurde heute irgend eine Abordnung empfangen. Auf Anordnung des Ministers des Innern hat sich der Seine⸗Präfekt von früh an im Stadthause. aufgehalten und Maßregeln getroffen, um zu verhindern, daß die Munizipalräthe irgend eine Abordnung empfingen. Als die Munizipaltäthe um
U Uhr erschienen, erklärte ihnen der Präfekt, daß er sie außerhalh der Munizipalrathssitzungen nur als einfache Bürger ansehe. Die Munizipalräthe protestirten hiergegen, doch wurde keinerlei Abordnung im Stadthause angenommen. — Dem „Temps“ zufolge sind im Laufe des Tages nur 7 Ver— haftung en vorgenommen worden, und zwar waren dieselben ohne besondere Bedeutung.
Schweden und Norwegen.
(E) Stockholm, 29. April. Der von dem Gesetzaus⸗ schuß befürwortete Antrag: die Regierung um die Vorlage
genommen, von der Ersten Kammer aber nach kurzer Debatte mit 83 gegen 38 Stimmen verworfen worden. Der schon öfter gestellte Antrag ist damit wieder abgethan. Nach den von der Regierung gemachten Mittheilungen bestehen in Schweden 166 Fideicommisse, deren Inhaber 38 Grafen, 40 Freiherren, 61 Adlige und 27 Nichtadlige sind. Der Landbesitz umfaßt 46 Proz, des besteuerten Grund und Bodens, und der Taxwerth aller Fideicommisse beträgt 109 467 107 Kronen; der Durchschnittswerth ist 659 440 Kronen. Das reichste ist Krapperup in Schonen, mit einem Werthe von 4355 700 Kronen. Dänemark.
FE Kopenhagen, 30. April. Die Besserung in dem Befinden des Prinzen Johann schreitet beständig fort, Se. Königliche Hoheit muß jedoch noch immer das Bett hüten.
Die Einnahmen aus den allgemeinen Zöllen, der Branntwein⸗ und Rübenzuckersteuer sowie den Schiffsabgaben haben nach Abrechnung aller Zollvergüti— gungen im Finanzjahre 1889/90 36 398516 Kronen gegen 29 773 916 Kronen im Finanzjahre 1888 / 89 betragen. ,
Der Bau des neuen Seeforts auf der Nordspitze des Mittelgrundes hat begonnen. Nach einer Bekanntmachung des Marine-Ministeriums ist am 24. April im Interesse der Schiffahrt ca. C400 Ellen gerade nordwärts von dem Leucht⸗ feuer auf dem Seefort Dreikronen und 600 Ellen südwestlich von der Mitte des Baugrundes ein Merkschiff ausgelegt wor— den, das dieselben Ballons und Laternen wie für Wracks zeigen wird. Die Aufschüttung und Befestigung des ca. 550 Ellen im Geviert messenden Baugrundes ist einem Unter— nehmer für 2 000000 Kronen übertragen worden.
Parlamentarische Nachrichten.
Dem Herrenhause ist der Entwurf eines Gesetzes, be⸗ treffend die Errichtung eines Amtsgerichts in der Stadt Velbert, zugegangen.
— Die Kommission des Hauses der Abgeordneten zur Vorberathung des Gesetzentwurfs zur Ausführung des 5. 9 des Gesetzes, betreffend die Einstellung der Leistungen aus Staatsmitteln für die römisch⸗katholischen Bisthümer und Geistlichen, hat sich konstituirt und den Abg. Korsch zum Vorsitzenden, den Abg. von Oertzen (Jüterbog) zu dessen Stellvertreter, sowie die Abgg. Hoeppner, Dr. Mosler und Olzem zu Schriftführern gewaͤhlt.
— Auf der Tagesordnung der am Sonnabend, den 3. d. M., Vormittags 11 Uhr, stattfindenden 52. Plenar⸗ situng des Hauses der Abgeordneten stehen folgende Gegenstände: Erste, Berathung des Gesetzentwurfs über Rentengüter. — Dritte Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend die erleichterte Abveräußerung kleiner Grundstücke. . Dritte Berathung des Gesetzentwurfs über die Termine bei Verträgen über Wohnungsmiethen in den Provinzen Schleswig- Holstein, Hannover und Hessen-Nassau. — Zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend das zulässige Ladungs⸗ gewicht und die Beleuchtung der Fuhrwerke im Ver— kehr auf den Haupt- und Nebenlandstraßen sowie auf den wichtigeren Nebenwegen der Provinz Schleswig-⸗Holstein, mit Ausnahme des Kreises Herzogthum Lauenburg. — Erste und zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Gründung neuer Ansiedelungen in der Provinz Hessen⸗Nassau. — Erste und zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die in Ansehung der ehemaligen Wallgrundstücke in der Stadt Frankfurt 4. M. unter dem Namen „Wallservitut“ bestehenden
au⸗ und Benutzungsbeschränkungen.
Amtsblatt des Reichs ⸗Postamts. . — Inhalt: Verfügungen: vom 16. April 1890. Post-Dampfschiff verbindung auf der Linie Stettin — Kopenhagen. 3. .
BVerösfentlichungen des Kaiserlichen Gesundheirs⸗ amt. Nr. 17. — Inhalt: Gesundheitsstand. Volkskrankheiten in der Berichtswoche. Aus den statistischen Jahrbüchern der Stadt Paris 1886 und 1887. — Sterbefälle in deutschen Städten von 10 090 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Berliner Krankenhäufern. — Desgl. in deutschen Stadt. und Landbezirken. — Witterung. — Thierseuchen in Portugal 1889. 3. Vierteljahr. — Veterinär ⸗polizei= liche Maßregeln. — Medizinalgesetzgebung u, J. w. (Preußen, Frank⸗ furt 4. U). Ansteckende Krankheiten. — (Baden.) Jahresberichte der. Bezirksärzte. — (Schweiz.) Schächten. — (Großbritannien.) Schweineseuche. — Rechtsprechung. Butterverfälschungen (Fortsetzung). — Kongresse, Verhandlungen gesetzgebender Körperschaften, Vereine u. s. w. (Oesterreich Saccharin. — Vermischtes. Fleischschau in Augsburg.
Rekursentscheidungen des Reichs⸗Versicherungsamts.
(826). Der Schaffner einer Pferdebahn wurde durch ein anderes Fuhrwerk überfahren, als er während der Fahrt abgesprungen war, um eine Weiche zu stellen, und demnächst seinen Wagen in der Ab⸗ sicht, wieder auf dessen Hinterperron zu gelangen, an sich vorbeipassiren ließ. Entgegen der beiheiligten Berufsgenossenfchaft, welche ihre Ent⸗ schädigungspflicht abgelehnt hatte, da der Unfall durch ein fremdes, mit dem Straßenbahnbetriebe in keinem ursächlichen Zusammenhange stehendes Fuhrwerk herbeigeführt worden sei, hat das Reichs · Versicherungẽ amt in Uebereinstimmung mit dem Schiedsgericht durch Entscheidung vom 21. Oktober 1889 das Vorliegen eines Betriebsunfalls anerkannt. Der Ver letzte ist durch seinen Dienst gezwungen gewesen, inmitten des Wagen⸗ verkehrs auf dem Straßendamm die Weiche zu stellen. In Folge dessen war er den Gefahren des Straßenverkehrs in befonderem Maße ausgesetzt, da er seine Aufmerksamkeit in erster Reihe auf die ihm obliegende Betriebshandlung richten mußte und in Folge deffen weniger als andere auf der Straße verkehrende Personen auf seine eigene Sicherheit bedacht sein konnte. Der Begriff des Betriebs unfalls erfordert nicht, daß die Betriebsthätigkeit selbst und unmittel⸗ bar die Verletzung herbeiführt; es genügt vielmehr, daß der Arbeiter aus Anlaß des Betriebes besonderen, mit der Betriebsthätigteit an sich nicht verbundenen Gefahren ausgesetzt wird und diesen erliegt. Gu vergleichen die beiden nachfolgenden Entscheidungen.)
(826) Ein Straßenbahnkutscher wurde, nachdem er auf dem Halteplatz die Pferde seines Wagens auf die andere Seite desselben umsespannt hatte und nach Befestigung der Zugeorrichtung rückwärts zurückgetreten war, um auf den Vorderperron des Wagens zu ge⸗ langen, von einer zu nahe an letzterem vorbeifahrenden Droschke ver- letzt. Die betheiligte Berufsgenossenschaft lehnte die Gewährung einer Entschädigung unter Bezugnahme auf die Rekursentscheidung 476, Amtliche Nachrichten des R. V. A. 1888 Seite 176, ab, da de Unfall sich nicht bei dem Betriebe ereignet habe. Das Reichs · Versicherungs amt hat in Uebereinstimmung mit dem Schiedsgericht durch Entscheidung vom 21. Oktober 1889 den Rentenanspruch als begründet anerkannt.
Generals⸗Uniform, begaben sich nach Begrüßung der auf dem Bahnhof versammelten Persönlichkeiten, namentlich des Staats⸗
eines Gesetzentwurfs wegen Au fhebung der Fideiesmmisse zu ersuchen, ist von der Zweiten Kammer einstimmig an—
Der Verletzte befand sich im Augenblick des Unfalls mitten in seiner
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eigentlichen. Betriebsthätigkeit. Ez gebört gerade zu den dem Straßenbahnbetriebe eigen hümlichen Gefahren, daß das Fahrpersonal nicht nur auf, sondern guch neben dem Wagen verschiedenartige Ver; richtungen vorzunehmen hat und, indem cs diesen seine Aufmerksamkeit in erster Reihe zuwenden muß, sich vor den durch den Verkehr auf dem Straßendamm bervorgerufenen Gefahren nicht in demselben Grade schützen kann, wie das auf der Straße verkehrende Publikum. (Zu vergleichen die vorstehende, sowie die nachfolgende Entscheidung.)
(827.) Der Ingenieur einer Pferdebahngesellschaft wurde bei der ihm obliegenden Rexision der Pferdebahngeleise auf dem Straßen⸗ damm von einem Kohlenwagen überfahren und verletzt. Die be— theiligte Berufsgenossenschaft lehnte die Gewährung einer Ent⸗ schãdigung ab, da der Unfall in keinem ursächlichen Zusammenhange mit dem Betriebe stehe. Das Rekursgericht bar in Ueberein— stimmung mit dem Schiedsgericht den Rentenanspruch des Klägers durch Gntscheidung vom 31. Sktober 1835 als begründet anerk'nnt. Der Kläger war bei, der durch seinen Beruf bedingten Besichtigung der Straßenbahngeleise nicht nur der gewöhnlichen Gefahr, welche das die Straßen passirende Publikum bedroht, sondern einer wesentlich srhöhten Gefahr ausgefetzt, Wenn einmal wal er dadurch geruch, sich anhaltend auf dem Straßendamm inmitten des regen Wagen verkehrs zu y und sodann mußte er sein Augenmerk haupt sächlih auf den Zustand der Schienen richten. so daß er seine Auf merksamkeit nicht gleich einem unbeschäftigten Fußgänger in genügendem Maße seiner Umgebung und seiner persönlichen Sicherheit widmen konnte. (3u vergleichen die beiden vorstehenden Entscheidungen)
G28) Ein Pferdebahnschaffner wollte sich in der Fahrtpause, während deren der von ihm bediente Wagen am Endpunkte der Strecke bielt, in ein nahe belegenes Wirthshaus begeben, um sein Abendbrod zu sich zu nehmen. Unterwegs beschädigte er sich durch Jall, über den Straßenrinnstein. In Uebereinstimmung mit dem Schiedsgericht hat das Reichs⸗BVersicherungsamt durch Entscheidung vom 15. Januar 18830 das Vorliegen eines Betriebsunfalls verneint Der Gang, bei welchem der Kläger verunglückte, erfolgte nicht zu Zwecken des Betriebes, sondern lediglich in seinem persönlichen Inter- esse, und die Gefahr, welcher er erlegen ist, bildete eine Gefahr des gemeinen Lebens, welcher das guf öffentlichen Straßen verkehrende Publikum überhaupt ausgesetzt ist, und welche weder dem Straßen⸗ bahnbetriebe eigenthümlich ist, noch durch denselben in einer das'ge— wöhnliche Maß übersteigenden Weise für die darin beschäftigten Per⸗ sonen erhöht wird. (3u vergleichen Entscheidungen 133 und 476, Amtliche Nachrichten des Ré. A. 18875 Seit. 356, 1888 Seite 176, sowie die drei vorstehenden Entscheidungen)
Bescheide und Beschlüsse des Reichs⸗Versicherungsamts.
(829) Ein schon vor dem 1. Januar 1888 bei der Steinbruchs Beruf genossenschaft katastrirter Steinbruchbetrieb, in welchem auf Rech⸗ nung eines Kommunalverbandes die für deffen Wegebauten erforderlichen Steine gewonnen werden, wurde, nachdem der Kommunalverband zur Uebernahme der durch die Versicherung seiner Bauarbeiten entstehen⸗ den Lasten gemäß §. 4 Ziffer 3 des Bauunfallversicherungsgesetzes für nn , erklärt worden war, von dem Kommunal⸗ verbande als ebenbetrieb seines Baubetriebes anerkannt und mit. Wirkung vom 1. Januar 1889 übernommen. Die Weigerung des Kommunalverbandes, von demselben Tage ab auch die Zahlung der Rente aus einem vor dem 1 Januar 1888 im, Steinbruchbetriebe eingetretenen Unfall zu übernehmen, hat das Reichs. Versicherungẽ amt mit Entscheidung vom 20. März 1890 für unbegründet erklärt. Nach den 5§. 4 Ziffer 3 und 46 bes Banunfallyersicherunge gesetzes tritt für Bauarbeiten eines für leistungsfähig erklärten Kommunalverbandes bei Anwendung des Bauunfallversicherungsgesetzeß an Stelle der Berufsgenossenschaft der Kommunalverband. Soweit dies Te- Fall ist, find gemäß 47 a4. a. O. die Bestimmungen der §§. 3 bis 16 des Ausdehnungsgesetzes vom 28. Mai 1885 entsprechend anzu⸗ wenden. Der 58.3 des Ausdehnungsgesetzes, welcher diejenigen Be- stimmungen aufzählt, die auf die an Stelle der Berufsgenossenschaften getretenen Verbände keine Anwendung finden, nennt hierbei nicht den 3 * des Unfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884. Somit sind die Bestimmungen des letztgenannten Paragraphen auf das Verhältniß eines für leistungsfähig erklärten Kommunal“ verbandes zu einer nach dem Unfallversicherungsgesetz gebildeten Berufsgenossenschaft anwendbar. Da ferner der in Absatz 2 des 32 a. a. für den Fall des Ausscheidens einzelner Industrie⸗ zweige oder örtlich abgegrenzter Theile aus einer Berufsgenossen⸗ schaft ausgesprochene Grundsatz, daß von dem Zeitpunkt des Ausscheidens ab die Entschädigungsansprüche, welche gegen die erstere Genossenschaft aus den in Betrieben der ausscheidenden Genossen⸗ schaftstheile eingetretenen Unfällen erwachsen sind, von der⸗ jenigen Genossenschaft befriedigt werden müssen, welcher die Genossenschaftstheile nunmehr angeschlossen sind, auch für den Fall deg Uebergangeg eines einzelnen! Betriches' von einer Genossenschaft auf die andere gilt, sofern nicht der Uebergang in Folge einer Betriebsveränderung (5. 38 des Unfall⸗ versicherungsgeseßes) stattfindet, — vergleiche die Bescheide 304 und 441, Amtliche Nachrichten des RV. A.“ 1837 Seite 39 und 377 —, so ist der Kommunalverband verpflichtet, vom 1. Januar 1889 — als dem Tage der Uebernahme des Steinbruchbetriebes — ab auch die Rente zu übernehmen, welche aus dem in diesem Betriebe eingetretenen Unfalle erwachsen ist. Andererseits steht dem Kommunalverbande gegenüber der Steinhruchs ⸗ Berufs⸗ genossenschaft der im §. 32 Absatz 4 des Unfallversicherungsgesetzes bezeichnete Anspruch auf einen enfsprechenden Theil des Reservefonds und des sonstigen Vermögens dieser Berufsgenossenschaft zu. Der Bescheid 586, — „Amtliche Nachrichten des R. V. A.“ 1889 S. 166 —, welcher lediglich von dem Verhältniß des Kommunal verbandes zur Versicherungsanstalt einer Baugewerks. Berufsgenossen. schaft handelt, findet auf die vorliegende, wesentlich anders gestaltete Sachlage keine Anwendung.
Kunst und Wissenschaft.
Die Schwedische Gesellschaft für Anthropologie und Erdkunde hat an Emin Pascha in Anerkennung seiner Verdienste um die Wissenschaft die goldene Vega⸗ Medaille verliehen.
— Der Verein Berliner Künstler hat in seiner General— versammlung am 29. April an Stelle der im vorigen Jahre durch den Tod ausgeschiedenen Ehrenmitglieder, und zwar des Königs Dom Luiz von Portugal, des Profeffors Ferdinand Bellermann und des Rentiers Kuhtz. zu Ehrenmitgliedern erwählt: den Vize⸗ Präsidenten des Staats⸗-Ministeriums, Staats ⸗Minister, Staats⸗ sekretär des Innern Dr. von Boetticher, den Genremaler Pro⸗ fessor Ludwig Knaus und den Landschaftsmaler A. Haun.
— Der ordentliche Professor in der juristischen Fakultät der Uni⸗ versität Gießen PDr. Hans Benne cke ist auf sein Nachsuchen mit Wirkung vom 1. Mai d. J. an aus dem Dienst geschieden und an seiner Stelle, wie die ‚Barmst. Ztg.“ meldet, der Privat · Dozent Dr, Reinhard Frank in Marburg zum ordentlichen Professor in der juristischen Fakultät der hessischen Landes-Universität ernannt worden.
— r Be der am J. Mal in Paris vollzogenen Wahl eines Mitgliedes der Aedgdemie Augier's waren 7 aufgestellt, meisten Sti
Di e 16. Plenarversammlung der Central ⸗Direktion der
Monumenta Germaniae historia . wurde in diesem Jahre in den Tagen vom 14. bis 18. April in Berlin abgehalten. Erschienen waren alle zwölf Mitglieder, unter
ihnen an Stelle des am 18. Dezember 1889 durch den Tod uns ent⸗ zissenen Geheimen Raths von Giefebrecht Herr Reichs ˖ Archiv Direktor 8. von Rockinger aus München. Der Platz des am 3. September 1889 verstorbenen Professors Wejfäcker war unbesetzt geblieben. Herr Prof. Breßlau, obwohl schon für Straßburg ernannt, nahm noch als Berliner Mitglied, an den Verhandlungen Theil. Herrn Dr. Holder⸗Egger war inzwischen durch Kaiserliche Ernennung eine feste Anstellung als etatmaäͤßiges Mitglied der Central-Direktion nebft dem Professortitel ertheift worden.
Vollendet wurden im Laufe des Jahres 1889/90:
in der Abtheilung Leges: Tom. V der Folioausgabe Schlußheft, e thaltend Lex Romana Raetiea Curiensis ed. Zeumer; in der Abtheilung Antiquitates: Neerologia Germaniae tom H, 1 ed. Herzberg-Eränkel (Die Salzburger Todtenbücher) ; von dem Neuen Archiv der Gefellschaft: Band XTV.
Unter der Presse befinden sich ein Folioband, 12 Quartbände, 1 Octavband.
Die Abtheilung der Auctores antiquissimi geht ihrem Abschlusse entgegen. Von der Ausgabe des Clauaͤianus von Herrn Prof. Birt ist der Text vollendet, Einleitung und Register werden im Laufe des Jahres gedruckt werden. Von Cassiodor's Variae, einem der am schmerzlichsten vermißten Bände unserer Sammlung, ist der Satz bis in das 6. Buch vorgeschritten, sodaß bis zu unferer nächsten Ver einigung das Erscheinen diefer von Herrn Prof. Mommsen mit Unter⸗ stützung des Herrn Archivars Krusch bearbeiteten Ausgabe zu gewärtigen ist. Der Druck der kleinen Chroniken hat scit Kurzem mit dem Chronographen von 354 begonnen, es wird beabsichtigt, den Band, um ihn der Wissenschaft rascher zugänglich zu machen, in einzelnen Heften erscheinen zu lassen.
Für dle Abtheilung Seriptores bat Herr Dr. Krusch seine Vor— arbeiten zum 3. und 4. Band der 88. Merovingici eifrig fortgesetzt und das dafür erforderliche handschriftliche Material etwa zur Hälfte ausgebeutet. Durch die dankenswerthe Gefälligkeit der Bibliotheks⸗ verwaltungen konnte er 62 3. Th. sehr alte Handschriften an seinem Wohnort benutzen, während die längst geplante Reise nach Frankreich noch weiter aufgeschoben wurde.
An dem ersten Bande der Schriften zum Investiturstreit (Libelli de lite imperatorum et pontificum saecui. XI et XII) wurde eifrig weitergedruckt, sodaß der Abschluß sicher bis zum Herbst erwartet werden darf. Er enthält die Schriften des Wido von Arezzo, eines französischen Geistlichen, des Petrus Damiani (), des Kardinals Humbert. Gebhard's von Sal burg, Wenrich's von Trier, Pseudo-⸗Udalrich, Manegold von Lautenbach, Petrus Crassus, Dieta euiusdam 2c, Wsdo von Osnabrück, Bern⸗ hard von Constanz, Anselm von Lucca, Wido von Ferrara, Bonizo von Sutri u. s. w. An der Herausgabe betheiligten sich außer den früheren Mitarbeitern K. Francke und L. von Heinemann und dem Vorsitzenden namentlich auch die Professoren Thaner in Graz und . in Greifswald. Der 2. Band ist in Vorbereitung.
Der oft und längere Zeit unterbrochene Druck der von Herrn Prof. E. Schröder bearbeiteten Kaiserchronik geht jetzt endlich seinem baldigen Ende entgegen, sodaß das Werk Anfang Sommers erscheinen kann. Da es keinen vollen Band ausmacht, wurde Herr Prof. Rö⸗ diger in Berlin im Anschlusse daran mit einer neuen Ausgabe des Annoliedes betraut, die er für den Herbst in Aussicht stellt. An den für, den 3. Band der Deutschen Chroniken beftimmten Werken Enikels, herausgegeben von Herrn Prof. Strauch in Tübingen, ist rüstig gedruckt worden und die etwa 70 Bogen umfassende Welt⸗ chronik soll daher vor dem Fürstenbuche schon im Laufe dieses Jahres vollendet werden. Nicht minder hat im Sommer der Druck von
Wien begonnen: von den beiden als Band 7. bezeichneten Halbbänden, die sie zu füllen verspricht, wird der erste sicher auch im Laufe des Jahres zur Ausgabe gelangen.
Von der durch Herrn Prof. Holder ⸗Egger geleiteten Fortsetzung der Folio Ausgabe der 88 konnte der seit 1888 dem Druck übergebene 29. Band nur langsam gefördert werden, weil das Manufkript der von Herrn Dr. Finnur Joönsson in Kopenhagen vorbereiteten Islän⸗ dischen Excerpte von ihm einer Revision unterzogen wurde und dem Setzer große Schwierigkeiten verursachte. Auch an den von Waitz bearbeiteten Isländischen Annalen, an deren Korrektur sich Herr Prof. Gering in Kiel betheiligte, gab es nachträglich viel zu bun. nter den auf die Auszüge aus polnischen und ungarischen Geschichtsschreibern folgenden Nachträgen werden namentlich die Annales Hannonias des Jacobus de Guisia eine wichtige Stelle einnehmen. Handschriften aus Paris, Wien und Mons wurden von Herrn Dr. Sackur dafür hierselbst benutzt, andere auf einer von demselben aach Belgien und Nordfrankreich unternommenen Reise, die zugleich anderen Partien unseres Unternehmens zu Statten kam.
Neben dem 29. Bande wurden von Herrn Holder ⸗Egger auch der 30. und 31, die ausschließlich den Italienienischen Chroniken vorbe— halten sind. eifrig gefördert, wie auch eine von Herrn Pr. Simons— feld nach Oberitalien im Sommer 1889 unternommene Reife dieser Abtheilung galt. Zunächst beschäftigte sich der Herausgeber mit Salimbenée, der Doppelchronik von Reggio, den Gesta obsidionis Damiatae und dem Catalogus ministror. general. ord. Minorum und benutzte dafür Handschriften aus Paris, Heidelberg, Berlin. Studien über Johannes Codagnellus, die damit zusammen— hängen, sollen im Neuen Archiv veröffentlicht werden, eine neue Ausgabe der im 18. Bande abgedruckten Annales Medio- lanenses wird unerläßlich sein. Ohne eine italienische Reise lassen sich diese beiden Bände nicht abschließen, doch muß dieselbe aus Rück- sicht auf die Finanzlage in das nächste Verwaltungsjahr verfchoben werden. Aus dem Nachlasse des in Marburg verstorbenen Professors E. Ranke empfingen wir dessen umfangreiche Vorarbeiten für die Vitae Engelbert's von Köln und der heiligen Elisabeth.
In der Reihe der Handausgaben wird eine kritische Bearbeitung der Chronik Reginos von Prüm von Herrn Dr. Kurze in Stralfund im Sommer erscheinen. Ein neuer Abdruck der Annales Altahenses ist von dem Freiherrn E. von Oefele übernommen worden. Durch das hoch anzuerkennende Entgegenkommen des Königlich preußischen Kultus-Ministeriums ist der Sammlung der Handausgaben eine stärkere Verbreitung auf den Gymnasien erwirkt worden, welche den mittel alterlichen Geschichtsstudien zu großer Förderung gereichen wird.
In der Abtheilung der Leges ist der fünfte und letzte Band der Folioausgabe mit der durch Herrn Professor Zeumer vollendeten Bearbeitung der Lex Romana Raetica Curiensis abgeschlossen worden. Derselbe ist gegenwärtig mit der Lex antiqua Eurici und der Lex Visigothorum Rekkisvinthiana beschäftigt, die in einer Sonderausgabe erscheinen sollen. Die von Herrn Professor von Salis in Basel übernommene Lex Burgundionum, welche sich an die Lex Alamannorum anschließen wird, ist nahezu druckfertig.
Als neuer Hülftarbeiter ist für diese Abtheilung seit Anfang Sommer 1889 Herr Dr. Victor Krause aus Liegnitz eingetreten, dem zunächst die Fertigstellung des von Herrn Prof Boretius in Halle be⸗ gonnenen 2. Bandes der Kapitularien des Fränkischen Reichs als Aufgabe zufiel. In einem besonderen Hefte sollen davon zunächst die Gesetze Ludwig's J. seit 828 und Lothar's, ferner die italienischen Kapitularien unter Anschluß der Verträge mit Venedig ausgegeben werden. Das gorpus plaeitorum wird von Herrn Assessor Pr. Hübner in Berlin durch kurzgefaßte Regesten vorbereitet, für die Libri feu- dorum hat Herr Prof. K. Lebmann in Rostock 24 Handschriften bereits verglichen. J
Mit der Bearbeitung der Reichsgesetze, deren erster Theil bis 1291 reichen soll, ist Herr Prof. Weiland in Göttingen fo weit vor⸗ geschritten, daß er im nächsten Winter den Druck dieses Theiles hofft eröffnen zu können. Etwas früher noch als diese Reichsgesetze werden die unter Leitung des Herrn Hofraths Maaßen von Herrn Pr. Bretholz in Wien herausgegebenen Synoden des Nierowingerreiches zum Drucke gelangen. Sie sollen einen Dalbband bilden, dem sich zur Erganzung die Synoden des Karolingischen Reiches anschließen würden, sobald
dafür ein geeigneter Bearbeiter gefunden sein wird.
Otacker's Steirischer Reimchronik durch Herrn Prof. Seemüller in“
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In der Abtheilung Diplomata sind die Vorarbeiten für die Ur⸗ kunden Otto's III. so weit beendet worden, daß im Dezember der Druck beginnen konnte, welcher bis zum 153. Bogen fortgeschritten ist. An den Vorarbeiten betheiligten fich für Italien Prof. Dr von Ottenthal, Dr. Tangl und Dr. Starzer, in Teutfchland Pr! Bretholz, Dr. Kehr, Dr, Hertel und Dr. Sackur. In Wien unterstützten den Leiter der jeßige ständige Mitarbeiter Pr. Erben, Archivar Pr. Uhlirz und in jüngster Zeit Dr. Tangl. Diesem ist insbesondere die An⸗ fertigung der Register zu dem zweiten Diplomata. Bande übertragen worden. Mit der Fortsetzung für die Zeit Kaiser Heinrich's J. ist seit dem Oktober 1889 Herr Prof. Breßlau betraut und wird' er diese Arbeit auch an seinem neuen Wohnorte nicht unterbrechen. So dringend wünschenswerth es auch wäre, die Urkunden der Karolinger ebenfalls in Angriff zu nehmen und damit die empfindlichste Lücke auf diesem Gebiete auszufüllen, so versagen doch dafür vor der Hand vollständig die Mittel.
Die Herausgabe des von Ewald unvollendet hinterlassenen Re- gistrum Gregorii, welches die Abtheilung der Epistolae eröffnen sollte, wurde im Mai 1889 dem Herrn Pr. L. Hartmann in Wien übertragen, der hauptsächlich zur Feststellung der Orthographie Hand—⸗ schriften Gregor's auf einer Reise nach Troves und Paris untersucht bat. Eine weitere Reise nach Mailand wird vielleicht später statt⸗ finden. Mit dem 5.—7. Buch soll der erste Band der Epistolae ge—⸗ schlossen werden, während die übrigen Bücher den zweiten füllen werden. In dem dritten Bande ist der Druck der Briefe des Mero⸗ wingischen Zeitalters über Desiderius von Cahors Linaus zu Bonifatius und Lul fortgeschritten, denen sich zunaͤchst vereinzelte Stück= und sodann solche des Westgothischen Reiches anreihen follen. Herr Dr. Gundlach hat diesem Bande nach wie vor feine ganze Thätigkeit gewidmet.
Herr Dr Rodenberg ist mit dem 3. und letzten Band der aus den
päpstlichen Regesten entnommenen Briefe, die bis 1268 reichen, soweit zum Abschluß gediehen, daß der Druck soeben beginnen konnte. Viele minder wichtige der von ihm benutzten Stücke'werden nur in Uus⸗ zügen Aufnahme finden oder in den Anmerkungen zur Verwendung kommen. . In der Abtheilung Antiquitates wurde die erste Hälfte des 2. Bandes der Neerologia Germaniae, die salzburger Erzdiszese, soweit sie salzburgisches und bayerisches Gebiet umfaßt, von Herrn Dr. Herzberg⸗Fränkel in Wien ausgegeben, an der zweiten wird un— ablässig gedruckt, doch durfte sie in diefem Jahre wohl kaum mehr ganz fertig werden.
An die Lon Herrn Dr. Harster in Speier vorbereitete Fortsetzung des 3. Bandes der Pœetae Carolini bat Here Dr. Traube aus München es übernommen, die letzte Hand anzulegen und in Gemein schaft mit jenem die Drucklegung zu besorgen. Der Druck hat mit den Gedichten aus S. Riquier begonnen, auf welche Gotschalk, Hink— mar, Agius, Milo von S. Amand, Johannes Scotus u. s. w. folgen werden.
Von dem ausführlichen Inhaltsverzeichniß aller bisher gedruckten Bände der Monumenta Germaniae, das die Herren Holder ⸗Egger und Zeumer entwarfen, hat soeben der Druck begonnen.
Die Redaktion des „Neuen Archivs‘, welche mit dem 15. Bande auf Herrn Prof. Breßlau übergegangen war, wird derselbe auch in Straßburg vorläufig beibehalten.
Einzelne Vergleichungen oder Abschriften wurden im ver flossenen AUubeits jahre sreundlichst besorgt von den Herren Braunschweig in Montpellier, Maurice Hénault, Bibliothekar in Valenciennes, de Vrieg und Boldermann in Leiden, R. von Fleischbacker und Graf von. Nostitz ig Losdon. A. Molinier in Paris, Emile Duverleaur in Brüssel. K. Schottmüller in Rom, Prof. Scheffer⸗Voichsorst in Straß⸗ burg, Dr. H. Simonsfeld in München, Tangl' in Rom und Wien, Dr. Heinrich Sabersky in Berlin u. f. ix. Handschriften wurden theils mittelbar theils unmittelbar aus den Bibliotheken auch Belgiens, Frankreichs, der Niederlande, Oesterreichs, der Schwei; in fo großer Zahl zur Benutzung eingesendet, daß ihre Aufüählung hier zu weit führen würde. Außer der Stadtbibliothek zu Schlettstadt, wo eine letztwillige Verfügung im Wege steht, bildet nach wie vor dieser edel müthigen und einmüthigen Förderung der Wissenschaft gegenüber Wolfenbüttel mit seiner Weigerung die einzige beklagenswerthe Aus⸗= nahme.
So wird auf allen Gebieten unseres weiten Arbeitsfeldes rüstig
fortgeschafft, neue Aufgaben aber in die Hand zu nehmen wie 9 B. den derbesserten Wiederabdruck der älteren theils vergriffenen theils veralteten Bände, verwehren uns die Schranken unserer Mittel.
Handel und Gewerbe.
Wie uns aus Budapest mitgetheilt die Dortigen Kreditinstitute „Erste Budapester Konsum-Kredit-Genossenschaft, gegenseitiges Spar⸗ und Selbsthülfs-Institut als Genossen⸗ schaft“, „Allgemeines Kredit-Institut“ und „Kre— ditor“ zu denjenigen Instituten zweifelhafter Art, durch welche namentlich Deutsche schon vielfach geschädigt worden sind. Diese Institute sind gemeinsam von Agenten errichtet worden, welche früher ein Stellenvermittelungsgeschäft betrieben haben, denen aber demnächst die erforderliche Kon— zession wieder entzogen worden ist. Die Leiter dieser Unter⸗ nehmungen haben ihr Augenmerk hauptsächlich auf Deutschland gerichtet und gehen darauf aus, Personen, welche sich in Geldverlegenheit befinden, auszubeuten. Hiergegen wird für die Zukunft hoffentlich Abhülfe geschaffen sein, da die ungarische Staatsanwaltschaft unlängst die meisten Geschäftslokale jener Vereinigungen gerichtlich sperren und das vorhandene meist nur geringe Baarvermögen zu Gunsten der beschädigten Personen mit Beschlag hat be— legen lassen. Die Unterfuchung ift noch im Gange.
wird, gehören
Submissionen im Auslande.
Niederlande. ; 19. Mai, Mittags. Ministerie van Koioniän (Technisch Bureau) im Haag.
Loos Nr. 108; Abstandssignale, Lokomotivschuppen, Drehscheiben, zusammengesetzte Wasserkästen, stehende Wasserkrähne, Stehpumpen und verschiedene gußeiserne Rohre — in 2 Abtheilungen;
Loos Nr. 26: Geräthschaften ꝛc. und kupferne Holzschrauben;
Loos Nr. 27: Kupfer;
Loos Nr. 28: Gezogenes Eisen, galvanisirtes Eisenwellblech, Stahldraht;
Loos Nr. 298: Eisenbahn Fahrkarten;
Loos Nr. 30: Fliesen;
Alles für Zwecke der Staatseisenbahnen auf Java.
Bedingungen käuflich für bezw. 5 Fl. (Loos 108) und je 0,25 Fl. (Loos 26 — 30) bei M. Nyhoff im Haag.
Einschreibung muß durch in den Niederlanden wohnhafte Personen erfolgen.
1) 16. Mai, 10 Uhr. konstruktion einer Brücke über den Lackeberk. Anträge bis zum 12 Mai.
2) Nächstens. Provinzial ⸗ Regierung zu Brüssel: Errichtung eines monumentalen Bogenganges am Palais du Cinquantenaire, Anschlag: 400 000 Fr.
Belgien.. . Provinzial⸗Regierung zu Brüssel: Neu— Anschlag: 49 158 Fr.
Theater und Musik.
Berliner Theater. Das dreißigjährige Bühnen- Jubiläum Ludwig Barnayv's wurde heute Vormittag in den Räumen der Kunststätte, welche sich der Jubilar selbst geschaffen, festlich eingeleitet. Die Bühne bot