1890 / 119 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 17 May 1890 18:00:01 GMT) scan diff

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in dem früheren Wohnzimmer Allerhöchstseiner Urgroßmutter alle die stummen Zeugen einer für das Haus Hohenzollern und ganz Preußen so schweren Zeit.

Von Luisenwahl aus setzten Ihre Majestäten die Ausfahrt noch weiter fort und begaben Sich zu den Außenforts bis Marienberg um die fortifikatorischen Bauten daselbst zu be⸗ sichtigen. Die Rückkehr nach der Stadt erfolgte durch das Ausfallthor. . .

Auf dem Königlichen Schlosse im Speisesaale fand gegen 7 Uhr die Majestäten waren kurz vor o/ Uhr daselbst wieder eingetroffen ein kleineres Diner statt, nach dessen Beendigung die Allerhöchsten Herrschaften im Nebensaale mit Ihren Gästen den Kaffee einnahmen. Später, gegen 9 Uhr, trafen die Musikcorps mit Windlichtern und Stocklaternen zum großen Zapfenstreich im inneren Schloßhofe ein, welch letzterer heute ein ganz anderes Aussehen als sonst hatte. Mächtige Gasflammen loderten aus den acht, oben trichterförmig aus⸗ laufenden, neu errichteten Gasständern empor und zahlreiche bengalische Feuer ergossen ihr magisches Licht auf den Schloßhof und das daselbst zahlreich versammelte Publikum. Während der Musikaufführungen erglänzte auch der Schloßthurm in ab— wechselnd rothem und grünem bengalischen Licht, und ab und zu sandte dieser ganze Feuergarben von zahlreichen farbigen Leuchtkugeln in den Schloßhof hinab.. -

Heute begab Sich Se. Majestät in aller Frühe nach dem Fort Quednau bei Königsberg, während Ihre Majestät die Kaiserin und Königin, Allerhöchstwelche bereits gestern Vormittag die Damen des Vaterländischen Frauenvereins zu empfangen geruht hatte, die in hiesiger Stadt befindlichen Wohlthätigkeits⸗ anstalten besuchte. . ;

Se. Majestät trat die Fahrt um Gi / Uhr früh an und traf bereits um 7 Uhr auf dem Fort Quednau ein, worauf die Festungsübung ihren Anfang nahm. Es handelte sich um einen von mehreren Seiten unternommenen heftigen Angriff auf das Fort, dessen Vertheidigung des Kaisers und Königs Majestät Allerhöchstselbst übernahm. Es kamen bei letzterer die schwersten Festungsgeschütze in Anwendung. Wiederholt erneuerte sich der Angriff und wiederholt wurde er ab— geschlagen, bis endlich gegen 8 Uhr die Infanterie zum Sturme vorging und das Halt geblasen wurde. Se. Majestät äußerte Sich sehr befriedigt über die Haltung der Angreifer und Ver—

theidiger und begab Sich alsdann zur Station Roihenstein der

Labiauer Bahn, um von hier aus in das Geleise der Südbahn und dann direkt nach Pillau zur Besichtigung der Land- und Seeforts zu fahren. Des Kaisers und Königs Majestät traf daselbst gegen R“ Uhr Morgens ein und fuhr, mit unendlichem Jubel von der Bevölkerung empfangen und begrüßt, direkt nach den Landforts, die, ebenso wie später die Seeforts, einer ein— gehenden Besichtigung unterzogen wurden. Dann erfolgte eine Dampferfahrt durch das Seetief, auf welcher Se. Majestät durch die ständig in Pillau liegenden 4 Kaiserlichen Torpedoboote und das augenblicklich ebenfalls daselbst ankernde, auf der Werft von Schichau in Elbing erbaute Kaiserlich russische Torpedo⸗ boot durch Salutschüsse begrüßt wurde. In Königsberg langte Se. Majestät gegen 12 Uhr Mittags wieder an und fuhr direkt nach dem Königlichen Schlosse, wo inzwischen um 1I*ν Uhr —auch Ihre Majestät die Kaiserin und Königin von Ihrem Besuche der verschiedenen Wohlthätigkeitsanstalten der Stadt Königsberg wieder eingetroffen war. Nicht lange darauf be— gaben Sich die Allerhöchsten Herrschaften nach der Börse zu dem von der Provinz veranstalteten Festessen.

Erwähnt mag hier noch werden, daß Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin gestern Abend beim Zapfenstreich ein wahrhaft künstlerisch ausgestattetes Musikprogramm, hergestellt von der Hand eines Offiziers der hiesigen Garnison, über— reicht wurde. Das Kunsiblatt trägt in der linken oberen Ecke die Königskrone und zeigt in vollendeter Feder— zeichnung in der rechten oberen Ecke eine getreue Ab— bildung des Königlichen Schlosses in Königsberg. In der linken unteren Ecke erblickt man einen wilden Mann, welcher das Allianzwappen der Majestäten hält, während die rechte untere Ecke das Wappen der Provinz Ostpreußen aufweist. Das Musikprogramm selbst befindet sich in der Mitte des Blattes, in gothischer Schrift ausgeführt.

Ueber das von der Provinz Ihren Majestäten gegebene Festessen berichtet ‚W. T. B.“ Folgendes:

Bei dem Diner der Provinzialstände zu Ehren Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin in der prachtvoll geschmückten Birse wurden die Majestäten durch den Land— tagsmarschall Grafen zu Eulenburg an der Treppe empfangen und nach dem großen Saale geleitet. In der Mitte der Längstasel nahmen die Majestäten unter einem purpurnen Thronhimmel Platz, während das Musikcorps des Kürassier— Regiments eine Fanfare blies. Rechts von Sr. Majestät dem Kaiser jaß der Ober-Präsident von Schlieckmann, links von Fhrer Majestät der Kaiserin der kommandirende General des J. Armee-Corps Bronsart von Schellendorff. Dem Kaiser gegenüber hatten ihre Plätze der Graf zu Eulenburg, der Kanzler im Königreich Preußen von Holleben, der General von dem Knesebeck, der Ober-Bürgermeister Selke, der Bischof von Ermland und der Landeshauptmann von Stockhausen. Nach dem zweiten Gange brachte der Landtagsmarschall Graf Eulenhurg-Prassen folgenden Trinkspruch auf Ihre Majestäten aus:

Mit der Allerhöchsten Genehmigung Sr. Majestät des Königs pen Preußen, unseres Deutschen Kaisers, unternehme ich es, in schwieriger Lage die Gefühle der Ostpreußen zum Ausdruck zu bringen. Meine Landsleute erwarten von mir, daß ich Nichts vergeffe und Alles mittheile, was ihren Bufen zu sprengen droht.

Em; Majestät und Ihre Majestät die Kaiserin können es von meiner Erziehung verlangen, daß ich nicht zu lang werde. Ich muß also kurz sein. .

Jedesmal, wenn ein Hohenzoller unsere Provinz betreten, haben wir Ostpreußen unsere Dankesschuld angewachfen gefunden. Es kann nicht mein Unternehmen sein, in dem Rahmen einer Tischrede alles dessen zu gedenken, was an Wohlthaten von dem Hohenzollerngeschlecht dem deutschen Vaterland, dem Königreich Preußen, unferer Provinz nicht einmal, zu Theil geworden ist. Diese Thaten gehören der Ge— schichte an. Heute gilt unser ganzes Denken Ew. Majestät und Ihrer Majestät der Kaiserin.

Nur kurz ist die Zeit, da Ew. Majestät den Thron bestiegen haben, und schon heute ist das ganze Vertrauen Ihrer Ostpreußen Ew. Majestät zu Füßen gelegt.

Die Pflichttreue, die männliche Kraftanwendung, die Ew. Majestät in jedem Augenblick uns zum Ausdruck gebracht haben, haben dieses Vertrauen gesichert; und wenn uns manchmal eine Sorge beschleichen wollte, daß Ew. Majestät, in dem begreiflichen Gefühl hre Kraft, an die Grenze der Belastung menschlichen Ver⸗ mögens zu gehen schienen, so haben wir unseren Trost darin gefunden, daß die ganze Lebenshaltung Ew. Majestät, die nicht auf' Genuß, der verweichlicht, sondern auf Leistung, die kräftigt, gerichtet ist, dafür sorgen werde, daß in den Momenten, wo es Noth thut, in Ew. Majestät der gesunde Sinn im gesunden Leibe porhanden sei.

Wenn wir an dieser Stelle unseres Denkens angelangt sind, dann wenden sich unsere Blicke unwillkürlich zu Ihrer Majestät, unserer Allergnädigsten Kaiserin. Ihr danken wir es, daß Sie Sr. Majestät den 236. Schatz gebracht hat: das trauliche Heim im Königsschloß zu Berlin. ö ?

Ueberall, wo man menschlich denkt und menschlich fühlt, ist das höchste Glück das Glück der Familie. Und diesen. Dank bringen wir Ihrer. Majestät der Kaiserin in dreifachem Sinne, indem Ihre Majestät dem Kaiser das Haus bereitet, indem Ihre Majestät den Söhnen ein Vater, ich möchte in diesem Augenblick sagen, ein Mutter⸗ haus deutscher Art gegründet haben und dem Vaterlande ein Vorbild geworden sind, wie eine jede Frau ihre Pflichten im engen und großen Kreise zu erfüllen habe. .

Wenn ich mir nun noch zu einem Dank an Ew. Majestät ein kurzes Wort erlauben darf, so ist es der Dank für die hohen Worte des Friedens, die Ew. Majestät allerorten und zuletzt an den Deutschen Reichstag und an Bord der „Fulda“ gesprochen haben. Mögen sie das Ausland, welches uns noch nicht vollkommen befreundet ist, be⸗ ruhigen, daß wir die Absicht nicht haben, es zu überfallen, indem auch die reiferen Männer, die die Schlachtfelder Böhmens und Frankreichs gesehen haben, sich dessen getrösten und erfreuen, daß ihnen die Greuel zu schauen erspart sein mögen, die mit einem Schlachtfelde ver— bunden sind. ö . .

Uns Ostpreußen bewegt ein höheres, stolzeres Gefühl, das ist das Vertrauen Ew. Majesfät, daß die Söhne der Väter von 1813 in dem Augenblick, da Ew. Majestät rufen, ihre Väter im Grabe nicht werden erröthen lassen, sondern daß sie gern folgen und Ew. Majestät ihr Blat und Leben zu Füßen legen werden.

Dieses Gefühl muß aber Ew. Majestat gehabt haben; denn nur dieses giebt dem Monarchen das Gefühl der Kraft, nur in diesem Gefühl kann er friedlich sprechen. . . 3 .

Wenn ich nun zum Schluß komme, so bitte ich Sie, meine Herren, unseren Dank dafür hier zum Ausdruck zu bringen, daß Se. Majestät auf dem Moskowitersaal die alte Probinz als die Säule des Domes bezeichnet hat. Ich bitte Sie Alle, diese Wort festzuhalten füͤr die Provinz und es zu bergen. Se. Majestät haben unsere Prorinz als die Säule bezeichnet des Domes, der sich über dem mächtigsten Herrscher Europas gewölbt hat. Dafür sprechen wir Ihm nun unsern Dank aus, indem wir rufen: unser ostpreußischer König, der Deutsche Kaiser, und Ihre Majestät die Kaiserin, Sie leben hoch! hoch! hoch!

Nach dem dritten Gange erhob Sich Se. Majestät der Kaiser und König zu folgender Erwiderung:

Mein verehrter Graf! Ich spreche Ihnen aus tief bewegtem Herzen Unseren innersten, wärmsten Dank aus, im Namen der Kaiserin und in Meinem Namen.

Gestatten Sie, Meine Herren, daß Ich am heutigen Tage, wo wir wieder miteinander versammelt sind, zunächst eines Mannes ge— denke, der in Ihrer Aller Herzen einen hohen Platz einnimmt, der lange Vorsitzender des Ostpreußischen Provinzial ⸗Landtages war und in der gesammten Provinz hochgeehrt und, geachtet von Meinem Herrn Vater und Meinem Herrn Großvater und Mir, gleichmäßig beliebt war. Ich denke an den verstorbenen Grafen von Dohna-Schlodien. Möge das Andenken dieses Mannes ein gesegnetes sein und zum Heile der Provinz gereichen!

Ich beglückwünsche die Provinz zu der Neuwahl, die sie getroffen hat. Die eben vernommenen Worte bürgen für Den, der sie ge— sprochen.

Unter den Gedanken, die Mich umwehen, wenn Ich in der Stadt Königsberg bin, hat auch einer Raum, von dem Ich fest überzeugt bin, daß er Jedem von Ihnen auch wohl im Leben schon gekommen ist, und das ist der, daß Königsberg durch eine Thatsache für unser ganzes modernes Leben einen bedeutenden Platz erhalten hat dadurch, daß Se. Majestät der dahingegangene Kaiser Wilhelm 1 das Königthum von Gottes Gnaden von Neuem hier proklamirt und dort in der Schloßkirche der gesammten Welt gegenüber zum Ausdruck gebracht hat: dieses Königthum von Gottes Gnaden, was ausdrückt, daß Wir Hohen— zollern Unsere Krone nur vom Himmel nehmen und die darauf ruJenden Pflichten dem Himmel gegenüber zu vertreten haben. Von dieser Auffassung bin auch Ich beseelt, und nach diesem Prinzip bin Ich entschlossen, zu walten und zu regieren.

Die Provinz hängt mit Unserem Hause fest zusammen. Ein gutes, segenbringendes Königthum ist vor Allem fundirt auf der Grundlage eines fest und zuversichtlich zum Rechten strebenden, Acker— bau treibenden Volkes. Die Zuversicht und das Vertrauen zwischen dem Herrscherhause und der Provinz sind gekräftigt durch schwere Schläge, die beide miteinander getragen haben; denn ein Land, welches mit seinem Fürstenhause eine Zeit, wie die vom Jahre 18065 bis 1813 durchgemacht hat, das, denke Ich, weiß, wie es in seinem Fürstenhause aussieht, und das weiß auch, wie es selber zu seinem Fürstenhause steht.

Ich weiß sehr wohl, Meine Herren, daß Momente kommen mögen gerade in einer Provinz, wie dieser, mit überwiegend ländlicher Be⸗ völkerung, wo es Ihnen Sorge machen kann, wohin es wohl (mit Ihnen gehen werde. Seien Sie unbesorgt, Meine Herren! Wenn es auch zuweilen so scheinen mag, als ob die Sympathie oder das Verständniß für die Interessen der Landwirthschaft nicht da seien, so mögen Sie sicher sein: der König von Preußen steht so hoch über den Parteien und über dem Getriebe des Parteihaders, daß Er, unentwegt auf jeden Einzelnen Seines Landes schauend, auch für das Wohl jedes Ein— zelnen und jeder Provinz beflissen ist. Ich weiß sehr wohl, wo es Ihnen gebricht und was für Sie zu thun bleibt, und Ich habe auch Meine Wege dem entsprechend vorgezeichnet.

Es ist Meine Pflicht und, so lange Ich es kann, werde Ich dafür sorgen, daß dem Lande der Frieden erhalten bleibt. Dies ist besonders wichtig gerade für Ihre Ackerbau treibende, Ihre Landbevölkerung. Der Ueberzeugung lebe Ich aber auch, und Ich freue Mich, daß es hier hervorgehoben worden ist, daß gerade das Bewußtsein, daß jeder einzelne Unterthan, jeder einzelne Preuße, Mann für Mann zu seinem König stehend, wenn es Noth thun sollte, Alles zu opfern bereit ist, dem preußischen Könige die Kraft giebt, mit Zuversicht diese Friedens⸗ worte reden zu können.

Er ist im Stande, den Frieden aufrechtzuerhalten, und Ich habe das Gefühl, daß Denjenigen, die den Frieden umzustoßen wagen sollten, eine Lehre nicht erspart bleiben wird, welche sie in 100 Jahren nicht vergessen werden.

Oft genug sind Versuche gemacht worden, die Interessen der Landwirthschaft, welche in dieser Provinz eine so hervorragende Be deutung haben, zurückzudrängen. Es sind auch Strömungen da, die leider die Achtung vor dem Ackerbau und vor der Landbevölkerung nicht mehr haben. Ich freue Mich aber, es sagen zu können, daß ein Umschwung schon eingetreten ist; denn einer unserer bedeutendsten Parlamentarier hat Mich noch diesen Winter versichert, daß er, obgleich er früher anderer Ansicht gewesen, nach eifrigem Studium und tieferem Eingehen auf

die bäuerlichen und grundbesitzlichen Dinge zu der festen Ueber—

zeugung gekommen sei, daß das Heil für die Zukunft Unseres Landes in einer festen, sicher fundirten Bauernschaft liege, und daß er seine größte Aufgabe darin erblicke, seine Partei dahin zu kringen, dafür wirken zu wollen.

Nun, Meine Herren, das ist auch Meine Ansicht und Ich spreche als König von Preußen: Ich werde stets, wie Ich auch gestern gesagt habe, das Beste Ihrer Provinz im Auge und für ihre Bedürfnisse ein warmes Herz haben. Sie müssen nur Geduld haben, wenn nicht Alles sogleich geschieht. Das aber verspreche Ich Ihnen, an der Provinz rühren lasse Ich nicht, und sollte es doch versucht werden, so wird Meine Souveränität als ein rocher de bronce sich dagegen setzen.

Ich erhebe Mein Glas und trinke auf das Wohl der Provinz. Sie lebe hoch! hoch! hoch!

Nach Schluß des Diners begab Sich Se. Majestät der Kaiser zunächst nach dem Schlosse und fuhr alsdann nach dem Bahnhofe, von wo, wie bereits gemeldet, um 4 Uhr die Ab⸗ reise nach Schlobitten erfolgte.

Gestern Nachmittag wurden, wie „W. T. B.“ meldet, Fräulein Hoffmann, die Tochter des Bürgermeisters, Fräulein Tribukait, die Tochter des Stadt-Schulraths, und Fräulein Riesen, die Tochter des Oberst-Lieutenants a. D., zu Ihrer Majestät der Kaiserin befohlen, Allerhöchstwelche den drei Damen goldene Brochen als Geschenk überreichte. Bei der Abends um 9 Uhr erfolgenden Abfahrt Ihrer Majestät der Kaiserin hatte sich auf dem Wege bis zum Ostbahnhofe trotz des feinen Sprühregens eine dichtgedrängte Menschen⸗ menge versammelt, von welcher Ihre Majestät enthusiastisch begrüßt wurde. In der Bahnhofshalle überreichten zwei Littauer Mädchen in ihrer Landestracht Ihrer Majestät nebst Blumensträußchen selbst gewebte Handschuhe, sowie selbst gefertigtes Spielzeug für die Kaiserlichen Prinzen. Ihre Majestät nahm die dargereichten Gegenstände huldvollst an und unterhielt Sich längere Zeit mit den beiden Land— mädchen. Die Abfahrt Ihrer Majestät erfolgte unter brausen— den Hochrufen.

Se. Majestät der Kaiser hat die photographische Aufnahme der Ehrenjungfrauen⸗Gruppen und die Nachsendung der Photo— graphien befohlen. Für die Armen Königsbergs hat Aller⸗ höchstderselbe 3000 6 gespendet.

Die kürzlich in dem Verlage des Königlichen Hof-Kunst— händlers Kay in Kassel erschienene Broschüre: „Lide ant consules“ trägt auf dem Titelblatt die Abbildung des Königlichen Wappens. Dem Verleger stand nicht das Recht zu, die Broschüre mit diesem Wappen zu versehen. Es ist nöthig, dies ausdrücklich zu konstatiren, um jede auf diese mißbräuchliche Verwendung des Königlichen Wappens sich etwa gründende Vermuthung eines amtlichen Ursprungs der Broschüre auszuschließen.

Der Bundesrath ertheilte in der gestern unter dem Vorsitz des Vize-Präsidenten des Staats-Ministeriums, Staatssekretärs des Innern Dr. von Boetticher abgehaltenen Plenarsitzung dem Entwurf eines Gesetzes für Elsaß-Lothrin⸗ gen, betreffend die Rechtsverhältnisse der Professoren an der Kaiser Wilhelms⸗Universität Straßburg, in der vom Landes-Ausschuß von Elsaß⸗Lothringen beschlossenen Fassung die Zustimmung. Die Vorlage, betreffend die Errichtung eines National-Denkmals für Kaiser Wilhelm J, und der Antrag des Mansfelder Knappschaftsvereins auf. Zulassung als besondere Kasseneinrichtung zur selbst— ständigen Durchführung der Invaliditäts- und Alters⸗ versicherung, wurden den zuständigen Ausschüssen zur Vor⸗ berathung überwiesen. Von den vorgelegten weiteren Akten⸗ stücken über Ost-Afrika nahm die Versammlung Kenntniß und beschloß, dem Gesuch einer Fabrik um Zulassung von Holzpulver zur Beförderung auf den Eisenbahnen und dem Antrage einer Unfallversicherungs⸗Berufs⸗ genossenschaft auf Errichtung eines einzigen Schiedsgerichts für dieselbe eine Folge nicht zu geben. Nachdem noch die nach dem Bankgesetz erforderliche Neuwahl der vom Bundesrath zu ernennenden Mitglieder des Kuratoriums der Reichs— bank stattgefunden hatte, wurde über die Bemessung des Ruhegehalts für mehrere Reichsbeamte sowie über die Ein— richtung der Quittungskarten für die Zwecke der In⸗ validitäts- und Altersversicherung Beschluß gefaßt.

Heute hielten der Ausschuß des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen, der Ausschuß für Handel und Verkehr und die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, ferner die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Rechnungswesen, die vereinigten Ausschüsse für das Landheer und die Festungen und für Justiz⸗ wesen, und die vereinigten Ausschüsse für das Landheer und die Festungen und für Eisenbahnen, Post und Telegraphen Sitzungen ab.

Durch das Rundschreiben des Reichs-Versicherungsamts vom 4. Juni 1387 war im Einvernehmen mit den Vorständen der Berufs⸗ genossenschaften die Aufstellung einer einheitlichen Statistik, betreffend diejenigen Unfälle, für welche im Jahre 1887 von den Berufsgenossenschaften Entschädigungen festzustellen waren, durch Ausgabe einer Unfall-Zählkarte in die Wege geleitet worden. Für die Einsendung der Zählkarten, welche für jeden in Betracht kommenden Verletzten gesondert auszu⸗ füllen waren, wurden vierteljährliche Termine festgesetzt mit der Maßgabe, daß im Interesse einer etwa erforderlichen voll⸗ ständigeren Aufklärung des Herganges und einer möglichst zu⸗ verlässigen Angabe über die Folgen der Unfälle die Einsendun jedesmal erst sechs Monate nach Ablauf desjenigen Viertel⸗ jahres bewirkt werden sollte, in welchem die Feststellung von Entschädigungen erfolgt war. Es gingen darauf bis zum Herbst 1338 im Ganzen 15979 Zählkarten ein, welche hier zunächst einer eingehenden Prüfung auf die Vollständigkeit und Zweifellosigkeit der erforderten Angaben unterzogen und, wo nöthig, durch Rückfragen ergänzt oder klar gestellt wurden. Demnächst wurden an der Hand des genau durchgesehenen und gesichteten Zählkarten⸗Materials sieben Tabellen ent⸗ worfen, welche die Grundlage für die weitere Bearbeitung bilden sollten. Diese Tabellen sind, nach endgültiger Fest— stellung und Ausfüllung derselben, bereits auf der Deutschen Allgemeinen Ausstellung für Unfallverhütung vom Jahre 1889 zur Kenntniß weiterer Kreise gebracht worden. Hieran

schloß sich die Aufstellung eines insbesondere den Hergang der Unfälle berücksichtigenden umfangreichen Textes zu den Tabellen. Nachdem nunmehr die Bearbeitung des Zählkarten-Materials zum Abschluß gelang! ist, ist die Statistik soeben in Nr. 10 der „Amtlichen Nachrichten des Reichs-Versicherungsamts“ vom 15. Mai 1899 veröffentlicht worden. Ueber ihr Ergebniß bringen wir Mittheilungen unter der Rubrik „Statistik und Volkswirthschaft“.

Der Kaiserliche Botschafter Graf zu Münster ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub nach Paris zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder über— nommen.

Der Herzoglich sachsen⸗meiningensche Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats-Minister Dr. Heim ist von hier wieder abgereist.

S. M. S. „Leipzig“, Kommandant Kapitän zur See Plüddemann, ist am 15. Mai in Nagasaki angekommen und beabsichtigt, am 18. Mai nach Shanghai in See zu gehen.

Bayern.

München, 16. Mai. Se. Königliche Hoheit der Prinz— Regent hat, wie die „Allg. Ztg.“ mittheilt, dem Comité unter dem Vorsitz des Ersten Bürgermeifters Dr. von Widenmayer sowie etwaigen weiteren im Königreich sich bildenden Lokal-Comités zunächst auf die Dauer eines Jahres die Allerhöchste Bewilligung ertheilt zur Errichtung eines Denkmals für den Fürsten Bismarck auf einer Höhe am Starnberger See, sowie zum Zweck des für denselben in Berlin zu errichtenden Natio naldenkmals Samm lungen freiwilliger Beiträge durch Aufruf in der Presse und durch Eröffnung von Sammelstellen im ganzen Umfange des Königreichs vor— zunehmen.

(W. T. B.) Der Prinz-⸗Regent richtete an den hiesigen Erzbischof ein Handschreiben, worin er sein aufrichtiges Bedauern über die beabsichtigte Abhaltung des deutschen Katholikentages hierselbst ausspricht, weil die Abhaltung in München nicht geeignet sei, hier den Frieden zu erzielen und zu festigen, der von den ruhig Denkenden aller Kreise der Stadt dringend gewünscht werde. Das Schreiben schließt: „Es ist Mein lebhafter Wunsch, daß Sie sich, ehe Ich weiter Maß— nahmen zu der Meinen Rechten und Pflichten gemäßen Wah— rung des Friedens ins Auge fasse, nochmals mit den katholischen Männern, insbesondere mit dem Domkapitel berathen und Mir das Ergebniß der Besprechungen baldigst anzeigen.“

Aus Negensburg wird das am 16. Abends 714 Uhr erfolzte Ableben Ihrer Königlichen Hoheit der Erb— prinzessin Helene von Thurn und Taxis berichtet. Die Prinzessin war am 4. April 1834 als Tochter des (am 15. November 1888 verstorbenen) Herzogs Maximilian in Bayern (aus der ehemals Pfal-Zweibrücken-Birkenfeldischen Linie) geboren, vermählte sich zu Possenhofen am 24. August 1858 mit dem Erbprinzen Maximilian und war seit dem 26. Juni 15367 Wittwe. Die Erbprinzessin war eine Schwester Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Elisabeth von Desterreich— Ungarn sowie Ihrer Königlichen Hoheiten der Herzöge Carl Theéodor und Max Emanuel in Bayern.

Sachsen.

Dres den, 9. Mai. Der Erste Rath bei der Kreis— hauptmannschaft zu Dresden, Geheime Regierungs⸗Rath von Bosse ist, wie das „Dresd. Journ.“ meldet, mik seinem bis— herigen Diensttitel zum vortragenden Rath beim Ministerium des Innern, und der Vorstand der Amtshauptmannschaft Dresden— Neustadt, Amtshauptmann Freiherr von Weissenba ch mit dem Diensttitel als Geheimer Regierungs-Rath zum Ersten Rath bei der Kreishauptmannschaft zu Dresden ernannt worden. Der Vorstand der Amtshauptmannschaft Löbau, Geheime Regierungs-Rath von Thie! au ist in gleicher Eigen— schaft zur Amtshauptmannschaft Dres den-Neustadt versetzt.

Württemberg.

Stuttgart, 16. Mai. (St A. f. W.) Der Ministerial⸗ Assessor, Ober-Regierungs-Rath Fleischhauer bei dem Mini— sterium des Innern ist zum vortragenden Rath und Kanzlei— Direktor ernannt worden.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 16. Mai. (Th. C.). Eine Konferenz von Beauftragten der Thüringischen Staaten über die Organifirung der für diese beabsichtigten gemeinschaftlichen Thü— ringischen Invaliditäts- und Altersversicherungs— Anstalt findet morgen in Ilmenau statt unter dem Vorsitz des Großherzoglich sächsischen Staats-Ministers Dr. Freiherrn von Groß, welcher sich heute in Begleitung des Regierungs— Raths Stier zu diesem Zweck nach Ilmenau begeben hat. Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Gooftha, 13. Mai. (Goth. Ztg. Der Landtag des Herzogthums Gotha trat gestern zu einer außerordent— lichen Sitzung zusammen. Zur Vorlage kamen zunächst die unterm 16. Januar d. J. mit Preußen vereinbarten Staatsverträge über den Bau weiterer vier Lokaleisenbahnen, nämlich der Linie Friedrichroha Georgenthal, Gräfentonna Langensalza, Döllstedt Walsch— leben und Jacsbsleben —ennstädt. Preußen übernimmt auch für diese den Bau und Betrieb, die be— theiligten Gemeinden leisten ansehnliche Zuschüsse und außerdem hat die diesseitige Staatskasse für die erst— genannte Strecke 150 000 Se beizusteuern. Die Vorlagen wurden zunächst der Kommissionsberathung überwiesen, im— gleichen ein Gesetzentwurf über Gleichstellung von In— und Ausländern bei Gemeindebesteuerung und die Forderung von 4000 M für eine neue Fortbildungsschule in Gotha. Hamburg.

Hamburg, 15. Mai. (Wes-⸗8tg.) Die Bürgerschaft genehmigte gestern die Errichtung des Kaiser-Denkmals auf dem Rathhausmarkt.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 16. Mai. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Herr enhauses führte bei der Berathung des Gesetz⸗

entwurfs, welcher die österreichischuungarische Bank ermächtigt, von den öffentlichen Lagerhäusern ausgestellte Warrants zu eskomptiren, der Prä— sident Graf Kuefstein aus, die Ursache zu der letzten Arheiterbewegung sei das kapitalistische System; da eine Ver— schärfung dieses Systems durch die Vorlage statifinde, erkläre er sich gegen die Vorlage. Der Finanz-Minister erwiderte, wenn auch Einzelne die Spekulation mißbrauchten, so könne deswegen die ganze Wirthschaftsordnung nicht aufgehalten und die Freiheit der Individualität nicht unterdrückt werden. Die Achtung vor der Individualität sei das Prinzip des Christen— thums, weshalb. die abendländische Regierung die Freiheit der Individualität achten müsse. Gegen die gesetzliche Spekulation könne, nichts eingewendet werden, solange dieselbe nicht unmoralisch sei. Zur Bemeisterung der Begehrlichkeit Einzelner gehörten höhere Mächte, religiöse und weltliche, aber nicht die weltliche Macht des Staates Die Vorlage wurde hierauf angenommen. Das Abgeordneten⸗ haus nahm die Regierungsvorlage Betreffs Einführung des neuen Eisenbahn-Personentarifs an, nachdem der Handels⸗Minister dieselbe eingehend befürwortet hatte.

Budapest, 16. Mai. (W. T. B.) Das Unterhaus nahm die Regierungsvorlage, durch welche der Unterricht in der griechischen Sprache in den Gymnasien ein— geschränkt wird, an. Eine heute unter Vorsitz des Han— dels-Ministers tagende Eanquste, woran auch Arbelter— delegirte theilnahmen, nahm einstimmig den Gesetz— entwurf über die Arbeiterhülfskasfen als Grund— lage für die Spezialberathung an.

Großbritannien und Irland.

London, 17. Mai. (W. T. B.) Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzefsin Heinrich von Preußen sind gestern Abend nach Windsor abgereist und daselbst von dem Prinzen und der Prinzessin von Battenberg auf, dem Bahnhofe empfangen worden. Später speisten Höchstdieselben bei Ihrer Majestät der Königin. Ihre Königlichen Hoheiten werden die Königin auf deren Reise nach Schottland begleiten.

In der gestrigen Sitzung des Oberhauses etklärte der Vremier⸗Minister Marquis von Salisbury: es sei eine absolute Erfindung, daß Deutschland im Jihre 1888 England peremptorisch aufgefordert habe, einen Offensip- und Defensivvertrag abzuschließen und der Tripelallianz beizutreten. Diese Forderung sei nie gestellt worden; nie sei eine Entfrem— dung in den Beziehungen mit Deutschland vorgekommen; die Beziehungen beider Länder seien stets herzliche gewesen.

Auf eine bezügliche Anfrage erwiderte Lord Salisbury: die Unterhandlungen mit Portugal uber Afrika dauerten noch fort. Die Schiffahrt auf dem Shire- und Zambesi⸗Fluß sei nicht Gegenstand der Unterhandlung, da jene Flüsse internationale Straßen seien. Hinsichtlich des in Frage kommenden Gebiets sei zu hoffen, daß von Portugal das zu erlangen sein werde, was Englands Recht sei.

Im Unterhau se erklärte gestern der Unter-Staatssekretär Fergus son: die Regierung habe keine Information, welche geeignet wäre, die Blättermeldung zu bestät'igen, wonach man

deutscherseits bestrebt wäre, die britischen Missionen

von Uganda auszuschließen und wonach ein hierauf bezügliches Abkommen mit dem französischen Kardinal Lavigerie getroffen wäre. Der englischen Regierung sei auch kein Schritt der deutschen Regierung oder deutscher Agenten bekannt, welche Rechte britischer Unterthanen unter den bestehenden Uebereinkünften beeinträchtigen könnten. Die bisher noch nicht geregelten Angelegenheiten würden jetzt in Berlin in freund— lichem Geiste erörtert, sodaß daran betheiligte wichtige Interessen durch gegenwärtiges Abstandnehmen von einer Diskussion nicht benachtheiligt würden. Der Unter-Staats— sekretär im Kolonial-Amt Baron Worms theilte mit, daß das Abkommen einer englischen Gesellschaft mit dem Häuptling Moreni, durch welches dieser Gesellschaft sämmtliche Bergwerks-, Holzungs⸗ und Weiderechte in Moreni's Lande übertragen werden, der britischen Botschaft in Berlin mitgetheilt worden sei. Das Unterhaus verwarf mit 263 gegen 183 Stimmen das vom Deputirten Fowler zum Einnahmebudget gestellte RAmendement, nach welchem die Extrasteuer auf Sprit nur auf ein Jahr beschränkt werden sollte. Frankreich.

Bhri 1. mi. . 837 Der Großfürst Vikolaus von Rußland ist gestern Abend von hier nach Stuttgart abgereist.

In der gestrigen Sitzung des Senats begründete der Senator Bozérien seine Interpellation, betreffend die Fischerei in den Gewäfsern von Neufundland. Nach der Antwort des Ministers des Aeußern Ribot, in welcher dieser dem Entschluß Ausdruck gab, die durch Verträge Frankreich übertragenen Rechte zu vertheidigen, wurde eine Tagesordnung, in welcher die Erklärungen der Regierung gebilligt werden, einstimmig angenommen.

Die Morgenblätter veröffentlichen heute ein Schreiben Boulanger's an Laisant, in welchem das Boulangisten— Comité als aufgelöst erklärt wird.

Bei der gestern, wie bereits gemeldet, erfolgten Er— öffnung des internationalen Telegraphen⸗Kon⸗ gresses waren nach einer Mittheilung des „W. T. B.“ 117 auswärtige Delegirte anwesend. Der Handels-Minister Roche hieß dieselben willkommen, erinnerte an die rasche Ent— wickelung der elektrischen Telegraphie und Telephonie und hob hervor, welche wunderbaren Ergebnisse man erhoffen könne, wenn alle Hülfsmittel des Geistes und der Arbeit dem Zweck gewidmet wären, unter den Nationen das Werk der Gerechtig— keit, der Wissenschaft und der Eintracht zu fördern. Der Minister beglückwünschte die Delegirten und gab der Er— wartung Ausdruck, daß ihre Arbeiten neue Verbesserungen hervorbringen würden, die geeignet seien, unter Ausdehnung der Gemeinsamkeit der Interessen, die Bande des Friedens unter den Nationen inniger und dauerhafter zu gestalten. Der norwegische Delegirte Nielson erwiderte als Aeltester der auswärtigen Delegirten dem Minister; er erinnerte daran, daß die Initiative zu den telegraphischen Kongressen Frank— reich zu danken sei, welches das Land der Freiheit sei und dem man auch die durch die Telegraphie verwirklichte universelle Brüderlichkeit zu verdanken habe. Der deutsche Delegirte Direktor im Reichs-Postamt Hake gab dem Danke der aus— wärtigen Kongreßmitglieder für den herzlichen und wahrhaft freundschaftlichen Empfang in Paris Ausdruck, in dieser für das allgemeine Wohl, der Menschheit und für den Fort—⸗ schritt der Civilisation so wichtigen Hauptstadt. Der Redner erinnerte sodann an die glücklichen Er—

folge des ersten Telegraphen⸗Kongresses und sagte: Angesichts der herzlichen und wohlwollenden Worte des Hrn. Ministers hegen wir die feste Zuversicht, daß die Berathungen des gegenwärtigen Kongresses ebenso fruchtbare sein werden, wie die des ersten Kongresses.“ Der Direktor Hake bat schließlich Frankreich, den Vorsitz in der Versammlung zu über— nehmen. Zum Präsidenten wurde darauf einstimmig der General ⸗Direktor Selves, zum Präsidenten der Tarif— Kommission Direktor Hake (Deutschland), zum Vize-Präsi— denten Ussow (Rußland), zum Präsidenten der Reglements— Kommission Baron (Frankreich, zum Vize-Präsidenten Delarge (Belgien) gewählt. Die Berichterstatter der beiden Kommissionen sind die französischen Mitglieder Seligmann und Unger.

Zu Ehren der Mitglieder des Kongresses finden in den Theatern Festvorstellungen statt, auch werden Ausflüge und Diners sowie Empfänge bei dem Handels-Minister ver— anstaltet.

Rußland und Polen.

St. Petersburg, 17. Mai. (W. T. B.) Die „Nowoje Wremja“ erfährt, daß demnächst unter dem Kommando des Contre⸗ Admirals Bassargin ein Geschwader ins Ausland abgeht, welchem auch die Fregatte „Dmitrij Donskoi“, die Korvetten „Rynda“ und „Witjas“ sowie die neue Kaiserliche Yacht „Poljarnaja Swtesda“ und die Yacht des Großfürsten Alexander Michailowitsch, „Tamara“ angehören werden.

Türkei.

Konstantinopel, 17. Mai. (W. T. B.) Nach einer Meldung der „Agence de Constantinople“ überreichte französische Botschafter Graf von Montebello Pforte eine Note, in welcher der Standpunkt der fran— zösischen Regierung, betreffend die Konversion der egyp— tischen Schuld, dargelegt wird.

Dem gestrigen Diner, welches der österreichische Botschafter Freiherr von Calice zu Ehren des Prinzen Friedrich August von Sachsen veran— staltet hatte, wohnten auch die Botschafter Deutsch⸗ lands, Englands, Rußlands und Italiens nebst Gemahlinnen sowie das Gefolge des Prinzen bei. Nach dem Diner war Empfang auf der österreichischen Botschaft, zu welcher die übrigen Botschafter und diplomatischen Ver— treter erschienen waren. Nach der Abschiedsaudienz beim

Sultan trat der Prinz die Weiterreise nach Bukarest an.

Rumänien. Bukarest, 16. Mai. (W. T. B.) Im Senat wies

heute der Minister-Präsident General Mans der Opposilions— partei gegenüber nach, daß die Befestigungen einen rein defensiven Charakter trügen. Die Kreditvorlage wurde mit 60 gegen 20 Stimmen genehmigt.

Schweden und Norwegen.

(FE) Stockholm, 14. Mai. Die Königin, deren an— dauernder Katarrh während der letzten Zeit sich nach und nach wesentlich gebessert hat, wird vom Freitag an ihren Sommer— aufenthalt auf Schloß Ulriksdal nehmen.

Der Kronprinz, der gestern nebst der Kronprinzessin in Karlsruhe eintraf, wird am Sonntag hierher zurückkehren.

Der Reichstag hat den von der Regierung vorgelegten Gesetzentwurf, betreffend die Unfallversicherung der Arbeiter und die Errichtung einer Reichs-Versicherungs— anstalt, ferner die privaten Anträge wegen Herausgabe einer Staatszeitung und wegen eines Schreibens an den König Zwecks Bildung von internationalen Schiedsgerichten ab— gelehnt.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (8.) Sitzung des Reichstages, welcher am Tische des Bundesraths die Staats-Minister Dr. von Boetticher und Freiherr von Berlepsch nebst Kommissarien beiwohnten, theilte der Präsident von Levetzow zu— nächst mit, daß die Zusammenstellung der Ergebnisse der Reichstagswahlen im Jahre 1890 und der Entwurf eines Gesetzes, betreffend Abänderung von Bestimmungen des Reichs⸗Strafgesetzhuches eingegangen seien.

Auf der Tagesordnung stand die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung.

Abg. Schrader gab seiner Freude darüber Ausdruck, daß endlich das Sozialistengesetz aufgegeben werden solle; er wünsche nur, daß es, wenigstens in der Praxis, schon vor seinem Ablaufstermin, außer Kraft gesetzt werde. Es breche sich jetzt überall die Ueberzeugung Bahn, daß es mit der Arbeiterversicherung allein nicht gehe, und man sei deshalb dazu übergegangen, die Arbeiter— schutzgesetzgebung auszubauen, wozu die internationale Ar— beiterschutzkonferenz einen wichtigen Schritt gethan habe. Möge sich die Regierung nun nicht auf den Standpunkt stellen, die Vorlage nicht Gesetz werden zu lassen, wenn der Reichstag sie in wesentlichen Punkten ab— ändere, wenn er z. B. die Bestimmungen über den Kontraktbruch hinausstreiche. Seine Partei werde die— jenigen Punkte der Vorlage annehmen, welche den früheren Beschlüssen des Reichstages entsprächen. Seit zehn Jahren sei nichts auf diesem Gebiete geschehen, es bleibe nun nicht anderes übrig, als diese alte Schuld mit einem Mal zu bezahlen, wenn— gleich er ein mehr allmähliches Vorgehen gewünscht hätte, weil manche Bestimmungen sehr scharf in das Geschäfts— leben einschnitten. Die Regelung der Sonntagsruhe in der Vorlage billige er im Allgemeinen, nur seien die Befugnisse des Bundesraths über die Feststellung der Ausnahmen zu weitgehend. Zur Beurtheilung der Arbeiterverhältnisse sei der Reichstag infolge seiner Zusammensetzung aus den verschie⸗ densten Interessenten kompetenter als der Bundesrath, der früher dieselben Beschlüsse des Reichstags über die Arbeiter⸗ schutzgesetzgebung entschieden abgelehnt habe, die er jetzt selber vorschlage. Die Ausfüh ungsbestimmungen seien nicht den Einzelstaaten zu überlassen, sondern die bezüg— lichen Verordnungen müßten von der Stelle ausgehen, die dem Reichstag verantwortlich sei, also dem Bundesrath. Die sozialdemokratischen Anträge, die jede gewerbliche Thätigkeit am Sonntag verbieten wollten, gingen zu weit. Soviel durch das Gesetz geregelt werden könne, müsse hineingebracht werden, dem Bundesrath dürfe nur möglichst wenig bezüglich der Ausführung überlassen bleiben. Bei allseitigem guten Willen werde hoffentlich aus der Kommissionsberathung etwas Brauch⸗