der Gesetzgebung vorbehalten wollen, während die Vorlage sie dem Bundesrath überläßt. Bis zu einer gewissen Grenze stehen wir auf demselben Standpunkt. Der Reichstag wird daher mitzuwirken haben oder sich seine Mitwirkung wenigstens vorbehalten müssen. Für unausführbar aber halte ich den Vor⸗ schlag des Abg. Schrgder, daß der Bundesrath eine entsprechende Verordnung vorschläzt und nachher dem Reichstag vorlegen soll. Der Reichstag würde mit seiner nachträglichen Kritik vollständi haltlos dastehen, und die Wiederaufhebung einmal ergangener un durchgeführter Verordnungen würde eine sehr prekäre Maß⸗ regel sein. Entweder also Gesetzgebung oder dafür ein Ver— ordnungsrecht des Bundesraths! Das Verordnungsrecht dem Reichskanzler übertragen, würde der Verfassung widersprechen; wir haben nur ein Verordnungsrecht des Kaisers und des Bundesraths. Besser also konservlren wir unsers gesetz⸗ geberische Mitwirkung so weit wie möglich, überlassen aber den Rest dem Bundesrath. Auch ich halte materiell die neuen Bestimmungen des §. 126 für ein dringendes Bedürfniß; aber wir müssen größere Garantien, als die Vorlage sie gewährt, gegen den Mißbrauch suchen. Thatsächlich sind unsere heutigen Polizeibehörden meist nicht so organisirt, diese Aufgaben voll zu erfüllen, abzuwägen, wie weit hygienische Einrichtungen absoluk nothwendig sind, wie weit fie sich mit dem Betriebe vertragen und welche Kosten sie verursachen. Das der einfachen Verwaltungs⸗ entscheidung vorzubehalten, scheint auch mir bedenklich. In Preußen würden hier die Verwaltungsgerichte einzutreten haben, oder es müßten eigene sachkundige Behörden hierfür konstruirt werden. Die Frage, ob solche Bestimmungen noth— wendig sind, ob die Arbeitgeber in dieser Beziehung unter eine Vormundschaft gestellt werden sollen, muß ich durchaus bejahen. Eine große Anzahl Fabrikanten und Betriebe aller Art haben auf diesem Gebiet schon bisher Ausgezeichnetes geleistet, ebenso die Unfallgenoffenschaften, sogar über ihre Kompetenz hinaus. Dennoch wird es angezeigt sein, daß der Gesetzgeber hier selber einschreitet und auf eigene Organe sich stützt. Denn ebenso richtig ist es, daß man in der Praxis selbst doch zuweilen Verhältnissen begegnet, die geradezu Schauder erregen. Dabei spielt keineswegs Boshei oder rohe Gleichgültigkeit der Arbeitgeber die Hauptrolle, sondern es ist meistens Unkenntniß, denn diese Fragen der Hygiene stecken noch nicht im Kopfe jedes deutschen Arbeit— gebers. Also vorbehaltlich der Frage der Herflellung eines kontradiktorischen Verfahrens und der Zuziehung von Sach— verständigen und unter Mitwirkung, wenigstens Anhörung der Fabrikinspektoren kann ich diese Bestimmungen nur mit größter Genugthuung begrüßen. Vielfach ist in' den Kreisen der Arbeitgeber eine Abneigung gegen die Vorschrift bemerkt worden, daß obligatorische Fabrikordnungen zu erlassen und öffentlich formell bekannt zu machen find. Diese Ab— neigung ist in jeder Hinsicht unbegründet, auch mit Rücksicht auf das Interesse der Arbeitgeber selbst. Nichts ist gefährlicher, als wenn über die gegenseitigen Nechte und Pflichten Unklarheiten und Miß⸗ verständnisse bestehen. Schon der Erlaß und die öffentliche Bekanntmachung solcher Arbeitsordnungen wird vielfach materiell Mißhrauch verhüten. Ich kenne allerdings in Geltung be⸗ findliche Fabrikordnungen, welche nach den neu vorgeschlagenen Bestimmungen niemals den Inhalt haben könnten, den sie haben. Es liegt also in einer solchen Oeffentlichkeit eine sehr wichtige Kontrolle und Sicherung der Arbeiter. Ebenso aber werden auch die Arbeitgeber bei der Berathung solcher Fabrik⸗ ordnungen von ihren Arbeitern noch Vieles lernen. Ich wünschte nur, daß diese Vorschriften auch für größere Werk— stätten gegeben werden könnten. Wenn die Fabrikordnungen nicht ohne Anhörung der Arbeiterschaft erlassen werden können, so hat diese dabei Gelegenheit, ihre Wünsche zu äußern, welche, wenn verständig, auch berücksichtigt werden dürften. Die Freiheit des Arbeitgebers, in letzter Instanz selbst über den Inhalt der Fabrikordnung zu ent⸗ scheiden, kann man meiner Meinung nach ihm niemals nehmen. Es handelt sich doch nur um die Modalität des Arbeitsvertrages, der nur unter Zustimmung beider Theile ge— schlossen werden kann. Durch die Vorlegung der Fabrik— ordnung an die Behörden übernimmt letztere keinesfalls die Verantwortlichkeit für den Inhalt. Die Behörde ist nur be⸗ rechtigt, zu prüfen, ob die Fabrikordnungen den gesetzlichen Bestimmungen widersprechen und ob sie deren Bestimmungen erschöpfen. Wo Arbeiterausschüsse bestehen, sagt die Vorlage, sollen sie gehört werden. Wo dies nicht der Fall ist, sollen ad hoc für die Berathung der Fabrikordnung solche geschaffen werden. Darüber ist wohl kein Zweifel, daß die Arbeiteraus— schüsse obligatorisch zu machen zur Zeit ganz unmöglich ist. Dazu sind die Verhaͤltnisse zu verschiedenartig in ganz Deutsch⸗ land und außerdem nützen sie nichts, wenn sie erzwungener— maßen eingerichtet werden. Nur wenn sie auf Grund freier Vereinbarung ins Leben gerufen sind, werden sie bei der Arbeiterschaft das nöthige Vertrauen haben und den nöthigen Einfluß auch auf die Arbeitgeber gewinnen. Das Gesetz hat sich also sehr weise vor einer solchen Bestimmung gehütet. Alle diese Fragen gehören aber nicht zu denen, die eine große Verschiedenartigkeit der Auffassungen hervorrufen werden; wohl aber können freilich die anderen Bestimmungen der Vor⸗— lage möglicherweise zu abweichenden Anschauungen im Reichs—⸗ tage und gegenüber dem Bundesrath führen. Ich schließe mich hier aus voller Ueberzeugung und aus vollem Herzen der Bitte des Abg. Schrader an, daß der Bundesrath, wenn einzelne dieser Bestimmungen nicht angenommen werden sollten, daran nicht das ganze Gesetz scheitern lassen möge. Ich könnte mir denken, daß es sogar gerathen gewesen wäre, die Bestimmungen über Sonntagsruhe, über den Schutz von Kindern und Frauen und über größere Sicherung der Arbeiter für sich zu behandeln und die übrigen theilweise ins Straf⸗ recht übergreifenden Bestimmungen ebenfalls für sich zu be— handeln. Die ersteren find von solcher Bedeutung nach jeder Seite hin, daß es nicht zu verantworten wäre, wegen anderer Bestimmungen, die organisch mit jenen nicht zusammenhängen, das Ganze fallen zu lassen. Gegen die Buße habe ich ebenfalls erhebliche Bedenken. Die Kommission wird sorgfältig zu erwägen haben, ob nicht durch solche Vorschriften mehr Rach— theil als Gutes herbeigeführt wird— Gewiß ist es ein übles Ding, wenn Verträge einfach gebrochen werden können, ohne daß der Sache irgend welche Folge gegeben wird. Wir haben das bei großen und kleinen Strikes gesehen, aber dasselbe Delikt ist eben so oft Seitens der Arbeitgeber begangen worden. Ich hoffe, daß in dieser Beziehung die Einführung gut organisirter Gewerbegerichte Abhülfe bringen wird. Gerade mit Rücksicht hierauf könnte man doch erst einmal den weiteren Erfolg der Sache abwarten. Außerdem glaube ich, daß schließlich auch in den maßgebenden
erkennen werden,
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Kreisen der Arbeiter die Anschauung immer mehr durchdringen
wird, daß es richtiger ist, die Kündigungszeit inne zu halten. Entwickelt sich die Sache in dieser Richtung, dann brauchen wir so harte Strafbestimmungen nicht. Perfönlich stehe ich der Frage der Organisirung der Arbeiter in Vereinen und Verbänden sympathisch gegenüber. Ich halte solche Organi— sation zur Vertretung ihrer Berufsgenossen in ihrem Inter— esse, im Interesse der Arbeitgeber, der staatlichen Ordnung und der Aufrechterhaltung eines friedlichen Verhältnisses für nothwendig. Wir brauchen in dieser Beziehung nur an das englische Beispiel zu denken und sollten uns daran eine Lehre nehmen; daß einzelne Arbeiterausschüsse, die nur die Arbeiter einer Fabrik zu ihrem Arbeitgeber in ein Verhältniß bringen, diese Organisation ersetzen können, muß ich verneinen. Db man durch das Zufammenfassen solcher Aus⸗ schüsse zu solchen Vertretungen gelangen kann, will ich nicht erörtern. Jedenfalls möchte ich von dem gegenwärtigen Gesetz jede unnütze Belastung fernhalten. Richtig'ist aber, daß wir bezüglich der Organisation von Berufsvereinen uns in ganz ähnlicher Lage befinden, wie die Handwerker gegenüber den damals herrschenden Klassen bei Bildung der Innungen und Zünfte im Mittelalter, wo auch auf Grund der Durchführung dieser Organisation eine ganz neue Srganisation der Gesell⸗ schaft entstand. Die Vorurtheile in diefer Beziehung liegen weit mehr auf dem Gebiete der Vergangenheit als der Zukunft. Ich habe die beste Ueberzeugung und bin darin vollständig Op⸗ timist, daß, wenn diese Organisationen im Anfang uns noch so feindselig gesinnt sind, sie im Laufe der Entwickelung immer mehr daß in Wahrheit das Interesse der Arbeiter— schaft gegen das des Unternehmers kein gegensätzliches ist, daß gemeinsame Interessen vorhanden sind und daß diese nur durch sachkundige, verständige Männer verwaltet werden können. Wir werden an diese Frage in Zukunft in irgend einer Form herantreten müssen. Seitens des Staats kann man diese Organi—⸗ sationen nicht machen. Sie müssen wachfen. Man muß nur den Boden geben, auf dem sie wachsen können, auf dem ihnen genügend freie Bewegung gesichert ist und Mißbrauch ver⸗ hütet werden kann. Ich berühre zum Schluß die Bestim— mungen über das Arbeitsbuch Minderjähriger und die Auszahlung des Lohnes an dieselben. Die Tendenz der vorgeschlagenen Bestimmungen ist eine gute, das lehrt die Praxis des Lebens. Die Familie wird auch dadurch gefährdet, daß die Autorität der Eltern und Vormünder mehr und mehr zu verschwinden droht. Wenn junge Leute, jugendliche Arbeiter selbständig zu erwerben an— gefangen haben, sich dann um den Vater nicht mehr kümmern, die Mutter tyrannisiren oder gar die Familie verlassen und gar keiner Beaufsichtigung mehr unterliegen, so ist das zweifel⸗ los ein unerwünschtes Verhältniß. Andererseits sind auch die Fälle des größten Mißbrauchs der Kinder durch die Eltern nicht selten. In dieser Beziehung hat der Entwurf des bür— gerlichen Gesetzbuchs, die eigentkiche sedles materiae, schon einschränkende Bestimmungen vorgeschlagen. Sollten solche Bestimmungen also hier Aufnahme finden, so müssen wir auch die Kinder, soweit nöthig oder möglich gegen ihre Eltern schützen. Ob die Bestimmungen im Einzelnen zweckmäßig sind, wird die Kommission prüfen. Eine Bestimmung scheint mir schon jetzt unannehmbar, daß nämlich die Fabrikordnung vorschreiben kann, an wen die Auszahlung des Lohnes zu erfolgen hat. Das würde gegen den jetzigen Zu— stand eine erhebliche Verschlechterung involviren. Es Uͤegt dann die größte Gefahr vor, daß die jugendlichen Arbeiter in die Fabriken gehen, wo in dieser Bezichung einschränkende Be— stimmungen nicht bestehen, damit würde nicht der Seßhaftig— keit, sondern dem unsteten Umherziehen Vorschub geleistet. In den olten Schweizer Kantongesetzen zu Anfang des Jahr— hunderts gab es solche Vorschriften, die sogar die Auszahlung des Lohnes an die Obrigkeit zuließen. Aber das geht heute nicht mehr. Man wirft häufig die Frage auf: wirken denn diese Gesetze, thun sie denn den revolutionären und feindseligen Elementen Abbruch? Die Frage ist ganz unberechtigt. Diese Gesetze haben ihren Werth in sich, sie haben keine Nebenabsichten nöthig, thun an sich etwas Gutes und beseitigen bestehende Uebelstände im Interesse einer großen Anzahl unserer Mitbürger. und für sich eine Wohlthat
d und wird immer ihre gute Wirkung haben.
d Welchen Einfluß sie auf politische oder soziale Parteien hat, ist für die Beurtheilung dieser Gesetz⸗ gebung völlig gleichgültig. Davon bin ich allerdings durch⸗ drungen, daß dieselbe auf die Arbeiterschaft, wenn sie sieht, daß der Staat sich ihrer annimmt, da, wo sie sich nicht helfen kann, einen beruhigenden Eindzuck schließlich aus— üben muß. Das liegt nicht nur in der deutschen Natur, sondern auch der Natur und dem Charakter aller Menschen. Also die Frage soll man nicht stellen, ob es hilft, sondern, ob es nützlich und heilsam für unsere Verhältnisse ist. Das können wir mit bestem Gewissen bejahen mit Beziehung auf diese Vorlage. Ich bin überzeugt, daß die Befürchtungen, die heute noch vielfach gegen die Vorlage bestehen, in dem Augenblick, wo sie beschlossen ist, wo man vor einem bestimmten Etwas steht, wesentlich verschwinden. Ich empfehle im Großen und Ganzen die Annahme der Vorlage.
Darauf vertagt das Haus um 41Ʒ“ Uhr die weitere Berathung auf Montag 1 Uhr.
W Schlußbericht der vorgestrigen (61) Sitzung des Hauses der Abgeordneten. Fortsetzung der zweiten Berathung des Nachtrags zum Staatshaushalts-Etat für 1890,91.
Unter⸗Staatssekretär Meinecke: Die Kommission hat das Bedürfniß anerkannt, die Forderungen der Vorlage schon im laufenden Etat zu befriedigen, auch die Summe von 18. Millionen hat ihre Zustimmung gefunden, ebenso das Prinzip, die Gehaltserhöhungen von? unten auf zu be— ginnen. Damit ist nach der Meinung der Staats— regierung die Gehaltserhöhung der unteren Beamten im Wesentlichen zum Abschluß gebracht, und wenn weitere Mittel zur Verfügung stehen, würden wir zunächst bei der Aufbesserung der mittleren Beamten beginnen. Die etatsmäßigen Mängel der Vorlage hat auch die Kommission nicht beseitigen können, sie hat zwar die ein— zelnen Sätze aus den Anlagen zum Etat in den letzteren selbst übernommen, aber auch damit find die Gehälter der einzelnen Klassen nicht spezialisirt. Für die Regierung haben die Anlagen zum Etat genau dieselbe bindende Kraft, wie der Etat selbst.
ie Regierung wird in der veränderten Form kein Hinderniß und keine Beengung in der Ausführung der Vorlage sehen. Den Weg der prozentualen huschti t hat auch die as m ür ungangbar gehalten, weil derselbe die im Etat enthaltenen mannigfachen Ungerechtigkeiten noch verschärfen würde. ie Einrichtung der verschiedenen Klassen mit den
Jede solche Reform ist an
innerhalb derselben gerade für einen Vorzug; sie hat schablonisiren und die Beamten in gewisse enge Grenzen einzwängen wollen. Einer allgemeinen Durchführung der Dienstalterszulagen, wie sie der Antrag des Abg. Dr. Sattler verlangt, kann ich nicht ohne Weiteres zustimmen. Ich würde vielmehr der von der Kommission vorgeschlagenen Resolution den Vorzug geben, die Einführung dieses Prinzips „in Er— wägung zu nehmen“. Ein allgemeiner Plan der! Beamten— besoldungen ist bereits im Jahre 1883 aufgestellt worden, hat sich aber schon jetzt, nach sieben Jahren, als völlig unbrauch— bar erwiesen. Ich bin nicht in der Lage, eine bindende Er— klärung der Regierung abgeben zu können, habe aber die zuverlässige Erwartung, daß, wenn Sie ohne materielle Aende⸗ rung der Vorlage den Beschlüssen Ihrer Kommission zustimmen, die Regierung unbedenklich das Gesetz in dieser Form zur Ausführung bringen wird.
Abg. Broemel bedauert, daß ein großer Theil der Beamten mit ihren Wünschen auf Gehaltserhöhung auf die ungewisse Zukunft vertröstet werde. Es unterliege keinem Zweifel, daß in weiten Beamtenkreisen darüber große Un— zufriedenheit herrsche. Der Finanz-Minister habe sich die Sache zu leicht gemacht, wenn er bei der ersten Lesung ge— meint habe, diese Unzufriedenheit werde künstlich erregt und unterhalten. Sie sei vielmehr in den Verhältnissen durchaus begründet, und die Abgeordneten, welche diese Beschwerden hier vorbrächten, erfüllten damit nur ihre Pflicht und dienten da— mit dem Vaterlande.
Abg., Im Walle: Bei dem Charakter der Vorlage,
welche wie ein Mosaikbild ist, bei dem man keinen Stein her— ausnehmen kann, ohne daß es zusammenfällt, war es nicht möglich, Verbesserungen vorzunehmen, so daß noch immer Härten übrig bleiben, welche später beseitigt werden müssen. Diesem Zweck soll auch die vom Abg. Bachem gestellte Reso⸗ lution dienen. „Abg. Sombart: Ich danke dem Vertreter des Finanz⸗ Ministeriums für die Erklärung, daß demnächst die mittleren Be⸗ amten berücksichtigt werden sollen. Dabei würden mit in Be⸗ tracht zu ziehen sein die Landmesser, die bei den General⸗ Kommissionen und bei dem Eisenbahn⸗Minister beschäftigt sind. Bezüglich der technischen Diätare möchte ich dringend um eine Vermehrung der etatsmäßigen Stellen bitten.
Der Regierungs-Kommissar, Geh. Ober⸗Finanz⸗Rath Lehnert hofft, daß in kürzester Zeit unter entsprechender Er— mäßigung der Diäten eine Gehaltsaufbesserung bei den beiden Kategorien der Landmesser werde eintreten können.
Abg. hr. Sattler führt den allgemeinen Wunsch nach Gehaltserhöhung auf die Verwendungsgesetze zurück; die Ab= geordneten hätten an der unter den Beamten herrschenden Unzufriedenheit keine Schuld. Die Zeit der Erwägung der Alterszulagen sei vorüber; von allen Seiten werde darauf hingewiesen, daß das System der Dienstalterszulagen am meisten geeignet sei, die Zufriedenheit der Beamten herbei⸗ zuführen, durch welches den Beamten unabhängig von dem Wunsch des Vorgesetzten in angemessenen Zeiträumen Zulagen zu Theil wurden. Seine Resolution habe gerade deswegen eine schärfere Fassung erhalten, weil, nachdem die Eisenbahnverwaltung seit Jahren vorangegangen, die höchste Zeit sei, auch für die Unter- und Subalkternbegmten die Al⸗ terszulagen einzuführen.
lbg. Bachem: Der Unterschied zwischen den Gehältern der Beamten in Berlin und in' der Provinz tritt nirgends stärker hervor, als bei der Schutzmannschaft. Läßt sich das sachlich begründen? Es ist einmal das größere Maß von Diskretion hervorgehoben worden, welches bei den Berliner Schutzleuten erforderlich sein soll. Im Kommissionsbericht wird einfach gesagt, daß der Unterschied in der Besoldung von altersher bestehe. Das ist doch kein Grund, die Ungerechtigkeit bestehen zu lassen. Es ist jedenfalls zu wünschen, daß diese Ungleichheit beseitigt wird. Das läßt sich mit Hülfe der Stellenzulagen erreichen.
Unter⸗Staatssekretär Meinecke: Die Stellenzulagen können zu dem von dem Vorredner erwähnten Zweck nicht verwendet werden. Die höheren Besoldungen der Ber⸗ liner Schutzleute haben zunächst ihren Grund in dem thatsächlich theureren Leben in Berlin, als an anderen Orten. Es, kommt aber hinzu, daß die Aufgaben der Schutzleute in Berlin doch andere sind, als anderswo. Ich erinnere nur daran, daß hier die Residenz ist. Das Berliner Publikum muß auch mit besonderer Rücksicht und Energie be⸗ handelt werden. Die bestehenden Ungleichheiten sollten dadurch vermindert werden, daß den Schutzleuten in der Provinz 170 b, denen in Berlin nur 100 S6 Zulage gewährt werden soll.
Abg. von Tiedemann (Bomsty; Die Herren würden, wenn sie den Berathungen der Kommission beigewohnt hätten, gehört haben, daß alle ihre Einwendungen bereits dort wider“ legt, sind. Wenn der Abg. Dr. Sattler auf einem, die Regierung nach ihrer Erklärung sachlich in Verlegenheit fetzen⸗ den Antrage beharrt, so ist das ein Verfahren, welches man sonst nur auf deutschfreisinniger Seite befolgt.
lbg. von Hergenhähn: Ich stimme den Aus⸗ führungen des Abg. Bachem bei. Ich finde die Unterscheidung zwischen den Polizeimannschaften in Berlin und in der Pro⸗ vinz nicht gerechtfertigt. Die Obliegenheiten der Schutzleute in der Provinz sind genau so groß, wie in Berlin. Ja, die Anstrengungen der ersteren sind vielfach größer, als der hiesigen. Die Schutzmannschaften in der Prbvinz können nach meiner Ueberzeugung überall der Berliner würdig an die Seite gestellt werden. Ich bitte die Regierung, eine Gleich—⸗ stellung dieser Beamten in Aussicht zu nehmen. Es würde dazu nur eine Summe von 80 060 M. nöthig sein.
„Abg. Dr. Sattler: Ich habe ähnliche Änträge schon bei früheren Gelegenheiten gestellt; es ist meine Pflicht, als Volksvertreter nach bester Ueberzeugung hier bei der Be— rathung mitzuwirken, auch wenn es 'der Regierung un⸗
angenehm ist. Abg. Bachem: Das Publikum in Berlin ist nicht schwieriger zu behandeln; es liegt sogar eine gewisse mili— tärische Disziplin hier in den Leuten. Fein und rücksichtsvoll wünschen wir in der Provinz auch behandelt zu sein. Die Gründe, die der Regierungsvertreter für die bessere Stellung der Berliner Schutzleute vorgebracht hat, sind nicht stichhaltig. Abg. Broemel hat gegen das Prinzip des Antrags Bachem nichts einzuwenden, ist aber bezüglich der Berliner Schutz leute speziell der Meinung, daß sie in dem gegenwärtigen Etat kärglich fortgekommen seien. Die jetzigen Gehälter der Schutz⸗ leute in Berlin seien absolut nothwendig, wenn die Ver— waltung auf die Dauer geeignetes Material solle erhalten können; sie habe dabei die Konkurrenz der Stadtverwaltung und großer Privatunternehmer zu bestehen.
enthaltenen Ungleichheiten halte ich beweist, daß man nicht
Die Klasse JL wird hierauf bewilligt.
Klasse Il, die Gehälter von 1505 —= 1800 . umfassend, wird ohne Debatte angenommen. Klasse III umfaßt die Ge— hälter von 1200 – 1800 46 .
Abg. Simon (Waldenburg): Dadurch, daß wir bisher die Gehälter nicht im Allgemeinen regulirt haben, sondern jedesmal dem dringenden Bedürfniß gefolgt sind, sind Ungleich⸗ heiten entstanden, welche jetzt durch diese Vorlage beseitigt werden sollen. Ich hege die Befürchtung, daß diefer Grund⸗ satz nicht volle Würdigung gefunden hat, daß es noch viele Schwierigkeiten haben wird, den Beamten klar zu machen, daß genau nach d'esem Grundsatze verfahren ist. Ich könnte eine Anzahl von Beamtenklassen nennen, wo die Ungleichheiten nicht beseitigt sind. Ich finde es z. B. nicht richtig, daß man bei der Vorlage den Unterschied zwischen Kassen⸗ und Bureaudienern hat fallen lassen, da an die ersteren größere Ansprüche gestellt werden. Ebenso halte ich es nicht für richtig, daß man die Botenmeister mit den Kanzlei⸗ und Bureaudienern in eine Gehaltsklasse gestellt hat. Ich glaube, es ist nicht im Interesse der Disziplin, wenn Vor— gesetzte und Untergebene in eine Klasse gestellt werden. Ich bin der Meinung, daß die Stellenzulagen dazu nicht ver— wendet werden sollten. Ferner halte ich es nicht für richtig, daß das Maximalgehalt der niedrigeren Stufe höher ist, als das Minimalgehalt der höheren Stufe. Wer in eine höhere Stufe aufrückt, müßte auch höheres Gehalt bekommen.
Abg. Bachem: Ich möchte fragen, warum die „Dünen—
planteure“ nicht deutsch „Dünenpflanzer“ genannt werden.
Abg. Broemel: Ich möchte auf die liefe Kluft auf— merksam machen, welche zwischen der dritten und vierten Stufe dadurch geschaffen ist, daß das Anfangsgehalt in dieser Stufe unverändert geblieben ist.
Klasse 1 wird bewilligt, Klasse IV umfaßt die Gehälter
von 1200 — 1600
Abg. von Hergenhahn wünscht die Schutzmanns⸗ Wachtmeister in der Provinz in die zweite Gehaltsstufe, in welcher sich die Wachtmeister Berlins befinden, versetzt zu sehen.
Klasse J7 wird bewilligt, Klasse Y umfaßt die Gehälter von 1100 — 1500
Abg. von Risselmann spricht seine besondere Freude über die Aufbesserung der Forstbeamten aus, die niemals mit Petitionen an das Haus gekommen seien.
Klasse V wird bewilligt, ebenso Klasse VI. Klasse VII umfaßt die Gehälter von 950 — 1500 M
Abg. Dr. Mithoff bedauert die schlechte Besoldung der Beamten an den technischen Hochschulen.
Klasse VII wird bewilligt, ebenso die Klassen VIII X.
Damit sind die Gehaltsaufbesserungen der unteren Be— amten erledigt.
Bei Berathung der Gehaltsverbesserung für andere etats— mäßige Beamte bringt der Abg. Fuchs' die ungünstigen Ascensionsverhältnisse der Eisenbahn⸗Betriebssekretäre zur Sprache; eine Vermehrung der etats mäßigen Stellen sei noth— wendig; nach fünf Jahren müßte ein Anwärter in eine solche Stelle einrücken.
Der Berichterstatter Abg. Francke bittet, über diese Frage jetzt nicht zu diskutiren. Der. Budgetkommission lägen eine große Anzahl von bezüglichen Petitionen vor, welche einer nochmaligen Prüfung unterzogen würden und über die demnächst dem Hause Bericht erstattet werde.
Abg. Schmelzer: Ich möchte darauf hinweisen, daß es Lokomotivführer giebt, welche in ihren Kilometergeldern monatlich bis auf 100 6 kommen, während andere, welche nur kurze Strecken durchfahren, es nur auf 2536 bringen, obgleich sie dieselbe Arbeitszeit haben. Der Wunsch dieser Beamten geht nun dahin, daß diese Gelder nicht mehr nach der Zahl, der zurückgelegten Kilometer, sondern nach der Zeit der Arbeit berechnet werden mögen. Diesen Wunsch möchte ich der Regierung zur Erwägung empfehlen. = .
Abg. Simon (Waldenburg) befürwortet die Gleichstellung der Telegraphen-Aufseher mit den Bahnmeistern. Diese Gleichstellung sei bereits bei der letzten Gehaltsaufbesserung erfolgt, während jetzt die Bahnmeister wieder günstiger ge— stellt würden. .
Abg. Dr. Sattler bedauert die Schlechterstellung der Kanzlisten der Eisenbahnverwaltung gegenüber denjenigen der Postverwaltung, da beide Kategorien die gleiche Vorbildung haben müßten. . J
Abg. Berger (Witten) will mit Wünschen heute zurück⸗ halten; damit werde im Hause doch nichts ausgerichtet, so wenig wie das in der Budgetkommission möglich gewesen sei; er nehme deshalb, was er bekomme, und behalte sich seine Restforderung, wie bei jedem schlechten Schuldner vor.
Die Position wird bewilligt.
Bei dem Titel „Kultus⸗Ministerium“ tritt der Abg. hr. Sattler für eine Gehaltserhöhung der Vorsteher von Präparandenanstalten ein. R ;
Abg. Dr. Lotichius wünscht eine Erhöhung der staat⸗ lichen Zuschüsse an die städtischen höheren Schulen, damit auch dort die Lehrergehälter erhöht werden können. .
Abg. Schmelzer; Ich möchte den Minister bitten, Auskunft zu geben, ob denn die Lehrer der höheren Lehr— anstalten Aussicht haben, bei der nächsten Gehaltserhöhung endlich berücksichtigt zu werden.
Minister der geistlichen 2c. Goßler:
Ich habe mich bereits im Herrenhause über die Frage einer Gehaltsaufbesserung der Lehrer der höheren Lehranstalten ausgesprochen. Die dort gegebene Antwort kann ich ja in Kürze hier noch einmal ertheilen. Es standen für die Beamtenbesoldungs Verbesse⸗ rungen gegenwärtig nur 18 Millionen Mark zur Verfügung. In vollem Einvernehmen mit den Grundsätzen, die im Hause schon ihren Ausdruck gefunden hatten, hat die Re⸗ gierung von unten nach oben die Aufbesserung in Vorschlag gebracht. Bei Einhaltung dieses Weges war es nicht möglich, unter den mittleren Beamten die Gymnasiallehrer zu berücksichtigen. Es handelt sich bei den Herren um mehr als 2000 Beamte. Ich bitte einen ganz beliebigen Multiplikator zu nehmen und dann die Rechnung aufzustellen — der Herr Vorredner wird ihn jedenfalls ziemlich hoch eifen, — unter allen Umständen kommt eine beträchtliche Summe heraus. Selbst wenn man die Bauinspektoren und Oberförster von der Besoldungsverbesserung ausgejchlossen hätte, würde die hierdurch verfügbare Summe doch nicht gereicht haben, um den Gymnasiallehrern eine Verbesserung zu Theil werden zu lassen, die ihren Wünschen annähernd entsprochen hätte. Der Herr Finaa⸗ Minister ist aber mit mir durchaus darin einig, daß es dringend wünschenswerth ist, auf dem weiteren Wege der Besyldungaufbesserung in Ansehung der mittleren Beamten auch die Gymnafiallehrer in ihren Bezügen zu erhöhen.
Eine andere Erklärung kann ich zu meinem Bedauern augen blicklich nicht abgeben; wenn die Herren die nothwendigen Millionen
ohne Debatte
Angelegenheiten Dr. von
beschaffen wollen, die Verwendung wollen wir mit Vergnügen besorgen.
Abg. Dr. Windthorst schließt sich dem Wunsche auf Besserstellung der Gymnasiallehrer an. Die mittleren Beamten, welche jetzt unberücksichtigt geblieben seien, müßten später be⸗ rücksichtigt werden.
Abg. Graf zu Limburg-Stirum: Wir haben es auch bedauert, daß nicht mehr Geld zur Verfügung stand, sonst wären wir auch gern bereit gewesen, die Gymnasiallehrer zu berücksichtigen. Die Herren, die immer bereit sind, mehr zu bewilligen, müßten auch mehr Steuern bewilligen.
Abg. Dr. Arendt: Ich hoffe, daß nach den Erklärungen des Ministers das Bedürfniß, welches hier thatsächlich vorliegt, demnächst Befriedigung finden wird und daß die Lehrer die Ueberzeugung gewinnen werden, daß es an der Bereitwilligkeit, für sie zu sorgen, nicht fehlt.
Die Position wird bewilligt und damit die gesammten Gehaltsverbesserungen für etatsmäßige Beamte.
(Schluß 41/0 Uhr.)
Der dem Reichstage zugegangene Gesetzent wurf, betreffend die Abänderung von Bestimmun gen des Strafgesetz buchs, lautet:
Artikel J.
Der §. 26 des Strafgesetzbuchs erhält folgenden zweiten Absatz: Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher wissentlich schon einmal ver⸗ wendete Post oder Telegraphenwerthzeichen nach gänzlicher oder theil⸗ weiser Entfernung des Entwerthungezeichens zur Frankirung benutzt. Veben dieser Strafe ist die etwa wegen Entziehung der Post- oder Telegraphengebühren begründete Strafe verwirkt.
Artikel II.
Die 8§8§. 317 und 318 des Strafgesetzbuchs werden durch nach— siehende, den bisherigen Zifferzahlen entfprächende Bestimmungen ersetzt.
§. 317 Wer vorsätzlich eine zu öffenilichen Zwecken dienende Telegraphenanlage oder Theile derfelben dergestalt beschädigt, oder daran solche Veränderungen vornimmt, daß dadurch der Betrieb ver hindert oder gefährdet wird, wird mit Gefängniß von Einem Monat bis zu drei Jahren bestraft.
§. 318. Wer fahrlässigerweise durch eine der vorbezeichneten Handlungen den Betrieb einer zu öffentlichen Zwecken dienenden Telegraphengnlage verhindert oder gefährdet, wird wit Gefängniß bis zu Einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu neunhundert' Mark bestraft. Gleiche Strafe trifft die zur Beaufsichtigung und Bedienung der Telegraphengnlagen und ihrer Zubehörungen angestellten Personen, wenn sie durch Vernachlässigung der ihnen obliegenden Pflichten den Betrieb verhindern oder gefährden.
Artikel III.
Hinter §. 318 des Strafgesetzbuchs wird folgender 8. 318 a eingeschaltet:
8. 3184. Die Vorschristen in den 5§. 317 und 318 finden gleichmäßig Anwendung auf die Verhinderung oder Gefährdung des Betriebes der zu öffentlichen Zwecken dienenden Rohrpostanlagen.
Artikel IV.
Die Nr. 4 des F. 360 des Strafgesetzbuchs erhält folgende ver— änderte Fassung: 4) wer ohne schriftlichen Auftrag einer Behörde Stempel, Siegel, Stiche, Platten oder andere Formen, welche zur Anfertigung von Metall- oder Papiergelde, oder von solchen Papieren, welche nach 5 149 dem Papiergeld gleichgeachtet werden, oder von Stempelpapler, Stempel marken, Stempelblanketten, Stempelabdrücken, Post, oder Telegraphenwerthzeichen, öffentlichen Bescheinigungen oder Beglaubigungen dienen können, anfertigt oder an einen Anderen als die Behörde verabfolgt.
Artikel V.
Der 5. 364 des Strafgesetzbuchs enthält folgenden zweiten Absatz: Gleiche Strafe trifft Denjenigen, welcher wissentlich schon einmal ver— wendete Post., oder Telegraphenwerthzeichen nach gänzlicher oder theil ⸗ weiser Entfernung des Entwerthungszeichens veräußert oder feilhält.
Artikel VI.
Hinter §. 367 Nr. 5 des Strafges tzbuchs wird folgende Nr. 5a eingeschaltet: 5) a. wer bei Versendung oder Beförderung von leicht entzündlichen oder ätzenden Gegenständen durch die Post die deshalb ergangenen Verordnungen nicht befolgt.
— Die Abgg. Dr. von Bar, Büsing, Dr. Pachnicke und Dr. Witte haben im Reichstage folgenden Antrag eingebracht:
Der Reichstag wolle beschließen:
dem nachstehenden Gesetzentwurf, betreffend die V olks ver⸗ tretung in den Bundesstaaten, die verfassunge mäßige Zustim— mung zu ertheilen:
Einziger Artikel: :
Hinter Artikel 3 der Verfassung wird folgender Zufatz auf⸗ genommen: In jedem Bundesstaat muß eine aus Wahlen der Be— völkerung hervorgegangene Vertretung bestehen, deren Zustimmung zu jedem Landesgesetz und zur Feststellung des Staatshaushalts erforder— lich ist.
— Von den Abgg. Goldschmidt uns Gen. ist der nachstehende Antrag im Reichstage eingebracht worden:
Der Reichstag wolle beschließen: .
Beim, nachstehenden Gesetzentwurf. betreffend die Abänderung des Allgemeinen Deutschen Handel gesetzbuches, die ver— fassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen:
Einziger Artikel.
Der Artikel 61 des Allgemeinen Deutschen Handels gesetzbuches (Bundes ⸗Gesetzbl. 18669 S. 464) wird in nachstehender Weise ab geändert: ⸗
Das Dienstverhältniß zwischen dem Prinzipal und dem Handlungs⸗ gehülfen kann von jedem Theile mit Ablauf. eines jeden Kalender vierteljahres nach vorgängiger sechswöchentlicher Kündigung auf⸗ gehoben werden. Ist durch Vertrag eine kürzere oder längere Zeitdauer oder eine kürzere oder längere Kündigungsfrist be . dungen, so hat es hierbei sein Bewenden. Beim Abgange können die Handlungsgehülfen ein Zeugniß über die Art und Dauer ihrer Beschäftigung fordern. Dieses Zeugniß ist auf Ver— langen der Handsungsgehülfen auch auf ihre Führung, und ihre Leistungen auszudehnen. In Betreff der Handlungslehrlinge ist die Dauer der Lehrzeit nach dem Lehrvertrage und in Ermangelung ver— tragsmäßiger Bestimmungen nach den örtlichen Verordnungen oder dem Ortsgebrauche zu beurtheilen.
— Die VII. Kommission des Reichstages zur Vor— berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres, hat zum Vorsitzenden den Abg. von Kardorff, zu dessen Stellvertreter den Abg. Dr. Orterer und zu Schriftführern die Abgg. Freiherrn von Buol-Berenberg, Payer und Schippel gewählt.
— Dem Hause der Abgeordneten ist der nachstehende Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Feststel lung eines Nachtrages zum Staatshaushalts-Etat für das Jahr vom 1. April 1890,91, zugegangen:
§. 1. Der diesem Gesetze als Anlage beigefügte Nachtrag zum Staatshaushalts-Etat für das Jahr vom 1. April 1890/91 wird in Einnahme auf J 1253681 m n , , (dauern) uuf festgestellt und tritt dem Staatshaushalts Etat für das Jahr voin 1. April 1890/91 hinzu.
§. 2. Die Staatsregierung ist ermächtigt, die Verwaltung der
Wernshausen⸗Schmalkaldener Eisenbahn und der Schleswig ⸗Hol⸗
steinischen Marschbahn im 4. Quartal des Etat jahres 1890/91 nach Maßgabe der aufgestellten Betriebs Etats der betreffenden Bahnen für das Jahr 1890 zu führen. ;
Diese Betriebs-Etats und die Betriebs-⸗Etats der Unterelbeschen und der Westholsteinisaen Eisenbahn für 1. April 1890/91 dienen auch der Ober -⸗Rechnungskammer als Grundlage für die Prüfung der Rechnungen für das Jahr vom 1. April 1890/91 und fuͤr die Auf—
stellung der an den Landtag u erstattenden Bemerkungen. 3. Der Finanz⸗Minister ist mit der Ausführung dieses Gesetzes beauftragt.
Die württembergischen höheren Lehraustalten 1864 und 1887. esuniversi tät
Die Land Tübingen hatte, nach den Württembergischen Jahrbüchern für Statistik und Landeskunde, Jahrgang 1888, im Studienjahre 1864/65 eine Lehrerzahl von im Ganzen 41 ordentlichen Prosefforen, 8 außer grzentlichen Professoren, 3 Hülfslehrern und 17 Privatdozenten, welche sich auf die einzelnen Fakultäten wie folgt vertheilten. Auf die evan⸗ gelisch⸗theologische Fakultät kamen 5 ordentliche Professoren, auf die katholisch⸗theologische 6 ordentliche Professoren und 1 Hülfslehrer, auf die juristische 5H ordentliche und 2 außerordentliche Professoren sowie ein Privatdozent, auf die medizinische, 6 ordentliche Profefforen, Uaußerordentlicher Professor und 6 Privatdozenten, auf die philo— sophische 8 ordentliche und 2 außerordentliche Professoren, ferner 1 Hülfelehrer und ? Privatdozenten, auf die staatswissenschaftliche 4 ordentliche Professoren 1 außeroꝛrdentlicher Professor, le und 1 Privatdozent, auf die naturwissenschaftliche 7 außerordentliche Professoren und ein Privatdozent. Di 3a Studirenden, einschließlich der Hospitanten belief sich in
nannten Studienjahre im Wintersemester auf 817, im
semester auf 839, unter denen sich bez. 564 und 552 Württem⸗ berger und 263 bez. 287 Angehörige anderer Staaten befanden. Am stärksten vertreten unter ihnen waren die Theologen, ü denen 260 bez. 251 der evangelisch - theologischen 179 bez. 171 der katholisch theologischen Fakultät angebörten; Ausländer befanden sich darunter im Wintersemnester 108 und 5i, im Sommer semester 105 und 54. Medizin studirten bez. 144 und 165, darunter 50 und 66 Ausländer, der juristischen Fakultät gehörten 83 bez. 9] an, davon 20 und 31 Ausländer, der philosophischen bez. 7 und 36, davon 7 bez. 13 Ausländer, der staatswissenschaftlichen 75 bez. 73, darunter 2 Ausländer, und der naturwissenschaftlichen 51 bez. 56 Studirende, darunter 14 und 15 Ausländer. Seit 18654
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3 im Sommersemester stieg. Seitdem hat sich die Zunahme in beschränkterem Verhältniß gezeigt und betrug im Studienjahr 1886/87 die Gesammtzahl der Studfkrenden im Winter—⸗ semester 1247, im Sommersemester 1462, unter denen sich bez. 316 und “68 Nichtwürttemberger befanden. Am zablreichsten waren auch in diesem Jahre die Stadirenden der beiden theologischen Fakultäten, von denen z44 bez 465, davon 81 und 198 Ausländer, der evangelischen und 160 bez 157, davon 6 und 4 Ausländer, der katholischen Fakultät angehörten Jura studirten bez. 141 und 197, darunter 54 bez. 169 Nichtwürttemberger, Medizin 255 bez. 272, davon 103 bez. 140 Aus⸗ länder, Philosophie 90 bez. 108, davon 30 bez. 62 Ausländer, Staatswissenschaften 207 bez. 186, davon 14 bez. 19 Ausländer, Naturwissenschaften endlich 60 bez, 67, darunter 238 bez. 36 Nicht⸗ württemberger. Charakteristisch ist die größere Frequenz in den Sommersemestern, wie auf den süddeutschen Uni⸗ versitäten, im Gegensatze zu den norddeutschen, überhaupt der Fall ist. Entsprechend der Zahl der Studirenden hat auch eine Vermehrung des Lehrkörpers stattgefunden, welche von 69 in 1864,65 auf 105 in 1886,37 gestiegen waren. Darunter befanden sich 5 ordentliche Professoren und 10 Privatdozenten der evangelisch⸗ theologischen, 6 ordentliche Professoren und 7 Privatdozenten der katholisch'theologischen, 7 ordentliche Profesforen, 1 Hülfslehrer und
dies
1 Privatdozent der juristischen, 8 ordentliche Professoren, J außer— ordentlicher Professor, 1 Hülfslehrer und 15 Pribatdozenten der medi— zinischen 11 ordentliche Professoren, 4 außerordentliche Profefforen und 2 Privatdozenten der philosophischen, ? ordentliche Professoren und 2 Hülfslehrer der staatswissenschaftlichen und 8 ordenkliche Pro⸗ fessren, 2 außerordentliche Professoren, 3 Hülfslehrer und 4 Privat⸗ dozenten der naturwissenschaftlichen Fakultät.
Entgegengesetzt wie in Tübingen haben sich die Verhältnisse auf der Landwirthschaftlichen Akademie in Hohenheim ge—⸗ staltet, wobei indessen in Betracht zu ziehen ist, daß diese, auf welcher früher auch Forstwirthschaft gelehrt wurde, feit dem Sommer 188 nur noch landwirthschaftliche Akademie ist. Die Zahl der daselbst Studirenden ist feit 1864/65, wo sie im Wintérfemester 129, im Sommersemester 1095 betrug, fortwährend gesunken und belief fich im Wintersemester 1886/8; nur noch auf 88, einschließlich zweier Hospi— tanten, im Sommersemester 1887 auf 80. Richtwürttemberger be— suchten im Studienjahre 1864/65 75 bez. 65, im Jahre 1886/87 49 bez. 51 die Akademie. Die Zahl der etatsmäßigen Lehrstellen hat sich in der vorbezeichneten Periode wenig verändert. Während im Jahre 1854/65 10 ordentliche Professoren, 6 Hülfslehrer. 2 Repetenten und 2Assistenten beschäftigt waren, ftellte sich deren Zahl 1886.87 auf 10 ordentliche Professoren, 9 Hülfslehrer und 2 Assistenten.
Die Thierarzneischule in Stuttgart, an welcher 1864,65 1 Hauptlehrer, 1 Hülfslehrer und 1 Afssistent, 1886/67 dagegen 6 Haupt- lehrer, 5 Hülfslehrer, 2 thierärztliche Assistenten und ] Assistent für Chemie u. s. w. thätig waren, hat sich, nachdem die Zahl der Stu— direnden von 64 im Jahre 1864,65 auf 26 im Jahre TF4 /75 herab- gegangen war, wieder gehoben und zählte im Wintersemester 1886/67 I6, im Sommersemester 18387 87 Studirende. Bemerkenswerth ist, daß die Zahl der Württemberger, welche sich 18646 auf 46 belief, stark gesunken ist. 18745175 studirten an der Thierarzneischule nur noch h, im Wintersemester 1886/87, ungeachtet der eingetretenen Zunahme, 23, im Sommersemester 1887 nur 19 Inländer, während die Zahl der Ausländer in stetem Steigen begräffen war, und von 18 in 1864, 695 auf 53 im Wintersemester 1886/87 und 68 im Sommersemester 1887 angewachsen war.
Bei dem Polytechnikum in Stuttgart begegnen wir der nämlichen Erscheinung, wie bei den übrigen deutschen technischen Hoch—⸗ schulen. Die Zahl der Studirenden, welche 18654565 302, darunter 8 Nichtwürtteinberger, betrug, stien in der ersten Hälfte der siebziger Jahre, als das wirthschaftliche Leben in Deutschland plötzlich einen ungeahnten Aufschwung nahm, schnell auf 458, darunter 713 Nicht⸗ württemberger, um dann erst langsam, später aber schneller zu sinken, sodaß sie 1886, 87 weit hinter 1864/65 zurückblieb, und sich nur noch guf 291, darunter 1063 Nichtwürttemberger, belief. Die Zahl der Lehrer hat sich von 17 Hauptlehrern, 3 Fachlehrern, g Pülfslehrern, 3. Repetenten, 6 Assistenten und 5 Privatdozenten in 1364 55 auf 26 Hauptlehrer, 18 Fach⸗ und Hülfslehrer, 4 Repetenten, 3 Assistenten und 8 Privatdozenten gesteigert.
Statiftik und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Das Gros der fiskalischen Arbeiter des Saargebiets wird sich auf dem von sozialdemokratischer Seite für die Pfingst · Feiertage nach Mag deburg einberufenen Kongreß der preußi; schen Staatsarbeiter, der Saar⸗ u. Blies. Ztg.“ zufolge, nicht vertreten lassen. Ein etwaiger Delegirter aus dem Saargebiet würde
lediglich der Vertreter einer verschwindend kleinen Zahl von Ar— beitern sein.