1890 / 123 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 22 May 1890 18:00:01 GMT) scan diff

tinental⸗Gas-⸗-Association in Lon don soeben bei den west⸗ fälischen Gas kohlen Zechen der Auftrag aus ea. 240 O00 t Prima Gaslohlen bis in den Oktober 1890 hinein zu liefern, eingetroffen. Der Preis für die in Deutschland liegenden Anstalten der Gas · esellschaft beträgt etwas über 150 M vro Doppelwaggon, für die kel ef en und, belzischen Anstalten stellt er sich etwas geringer. Die haupt betheiligten Zechen sind ‚Rheinelber, „Consolidation“, Hibernia und ‚Königsgrube My. .

Leipzig, 21. Mal. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ kandel. La Plata. Grundnmmuster B. pr. Mai 4,655 n, pr. Juni 4,55 M, pr. Juli 4,524 M, pr. August 4524 S6, pr. Sep⸗= tember 4,50 46, pr. Okteber 4,50 , pr. November 4,50 , pr. Deremher 4.50 A, pr. Januar 456 MS, pr. Februar 4,50 S Um- satz 155 000 kg. Schwach. ; London, 21. Mai. (W. T. B) An der Küste 1 Weizen Ladung angeboten. ;

Madrid, 21. Mai. (W. T. B.) Die heutige General versamm⸗ lung der spanisch ⸗deutschen Bank beschloß die Vertheilung einer Dividende von 5 osg pro rata temporis des ersten Geschäͤftsjahres nach der statutarischen Dotirung der Reserve und Verwendung von 52 5657 Pesetas zur Amortisirung der ersten Einrichtungskosten. Der Bericht des Verwaltungsrathes konstatirt befriedigende Entwickelung der Bank.

Submissionen im Auslande.

Spanien. 6. Juni, 2 Uhr. Valencia. Stadtverwaltung. Lieferung von 5500 m eisernen Pferdebahnschlenen. Voranschlag 441090 Pesetas für den Kilometer. Kaution 13177 Pes. 59 Cent. Näheres in spanischer Sprache zur Einsicht beim Reichs · Anzeiger“.

Verkehrs ⸗Anstalten.

Im Inseratentheil der heutigen Nummer des „Reichs u. Staats⸗ Anz.‘ befindet sich eine Bekanntmachung der Königlichen Eisenbahn— Direktion (rechtsrheinischen) zu Köln über die Verlängerung des Aus nahmetarifs vom 1. Januar 1888 für die Beförderung von Sisenerz aus dem Lahn, Bill- und Sieggebiet, sowie von Ruhr kokeg nach den Hochofenstationen jener Gebiete.

London, 21. Mai. (W. T. B.) Der Union Dampfer Mexican“ ist heute auf der Ausreise von Madeira abgegangen.

Theater und Mufik.

ö Deutsches Theater. Für die Pfingstfeiertage find folgende Vorstellungen angesetzt: Sonntag, 25.: Der Sohn der Wildniß'. Montag, 26.: Ber Widerspänstigen Zähmung“ und Dienstag, 37. „Der Pfarrer von

Kirchfeld ‘. : Kroll's Theater.

Mit Hrn. Emil Götze, der am Sonnabend als Edgardo in der Lucia‘ seine vorletzte Gastrolle giebt, wirken in der genannten Dper außer Frl, Johanna Richter als Lucia, der Kollegin' des ge⸗ feierten Tenoristen aus Köln, die Hrrn. Geisler als Asthon, Lunde als Arthur und Marx als Raimondo mit. Der vierte Gastabend von. Marcella Sembrich ist auf Dienstag angesetzt und bringt, da in diesem Sinne außerordentlich zahlreiche Wünsche ein⸗ gelaufen sind, eine Wiederholung der Re gimentstochter'. Morgen geht die Weiße Damen in Scene. Das Werk erscheint zum ersten Male in dieser Saison und zwar in folgender Besetzung: Frl. Schüttky (Anna), Frl. Schacko (Jenny), Frl. Kamingky (Margarethe), Hr. ö (Gaveston), Hr. Heuckeshoven (Georg Brown), Hr. Rüdiger

cson).

Mannig faltiges.

Das Palais weiland des Kaisers Wilhelm und der Kaiserin Au gusta, Unter den Linden, welches seit dem Ableben der Kaiserin Augusta geschlossen war, ist von nun ab wieder, wie die Staatsb. Ztg. meldet, dem Publikum zur Besichti gung der inneren Räumlichkeiten von Vormittags 9 Uhr bis Rach mittags ? Uhr ge⸗ öffnet. In dieser Zeit werden die Billete zur Besichtigung des

Wetterbericht vom 22. Mai, Morgens 8 Uhr.

X 1.

468

Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp. red in Millim.

Stationen. Sonnabend:

Befehl.

in oO Celsius

Temperafur 56 C.

Wind. Wetter.

Mullaghmore SO 5 bedeckt Seeräuber. Aberdeen. .] SSW 2 bedeckt Kopenhagen. NNW 2 wolkenlos Stockholm. N 2 wolkenlos hapgranda. N 4 heiter

t. Petersbrg. NNW 3 wolkenlos

W 2 wolkenlos serve· Sa

Moskanu . e.

bedeckt

2606 8

wolkenlos wolkenlos heiter I)

Anfang 7 Uhr. Hamburg .. Swinemünde Neufahrwaffer

Her wolkenl.?)

Berlichingen.

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wolkig bedeckt wolkig bedeck d) wolkig) heiters) wolkenlos heiter

Karlsruhe.. Wiesbaden. München .. Chemnitz .. Berlin... Wien... Breslau...

Ile d' Arx. . . T . bedeckt

) Thau. 3) Thau. 3) Nachts Regen 9) Gestern Nachmittags und. Abends Cäarister' ch I Thau. . Nachts Hern tte *bilter, Riegen, Hagel. Nebersicht der Witterung.

D rde de

Sonnabend:

* S

Sonntag:

über dem südlichen NVordseegebiete, seinen Wirkungt⸗ kreis über ganz Westeuropa ausbreiten? Bei

schwacher vorwi gend nördlicher Luftströmung ist das Säuschen.

zwischen Stettin, Bamberg und Breslau fanden Ge— in 1 witter statt. Cbemnitz meldet 23, Magdeburg 453 mm Regen und Hagel.

Deutsche See warte,

kt nach 2

an, Härten⸗Concert.

Theater Anzeigen. Königliche Schauspiele. Freitag: Opern—

zaus, 1274. Vorstellung. Neun einstudirt: Maskenball. Oper ö. 141 nstudir Ein

Deutscher Text von Grünbaum. Tanz von C. Graeb.

In Scene gesetzt vom Ober- Regisseur Tetzlaff. Mustk von C. A. Raida.

Dirigent: Kapellmeister Kahl.

Schauspielhaus, 125. Vorstellung. Die Räuber.

Trauerspiel in 5 Aufzügen von Schiller. In Scene

i vom Direktor Pr. Otto Devrient. .

—⸗ Opernhaus. i . ,, . und . Arten der permanent reservirten Plätze, Der Jonathalt. Oder n= in 3 Akten von Hugs Wittmann Großes Ballet in 3 Abtheilungen, Rad Julius Bauer. Mustk ren ö MNlllöcker. In Seene gesetzt bon Juliug Fritz sche. edermann. Anfang 7 Ubr.

r: Großes Doppel⸗ Auftreten erster Gesangs und Instru⸗

nach dem Gedicht des Lord Byron: „The Corsar“ von Paul Taglloni. lagen von P. Hertel. Anfang 73 Uhr.

Ueber den größten Theil der Billets ist Allerhöchst Concert.

verfügt. Die Blllets tragen die Bejeichnung Re⸗ mental-⸗Künstler. Beginn des Concerts 6 Uhr, der

. 3 Musik Corps. J. und 2. ng. 36 Früh · Concert. Anfang tl.

Eee sielzaus, Wally. Schauspiel in 5 Aufzügen und einem Vor— heiter spiel: „Die Klötze von Rofen“, nach ihrem Roman 6 Uhr. Entre ]

gleichen Namens von Wilhelmine von Hillern.

helter ? Deutsches Theater.

W = heiter Sonnabend: König Richard der Dritte. leiter Sonntag: Der Sohn der Wildniß. Montag: Der Widerspänstigen Zähmung.

Derliner Theater. Freitag: 35. Abonnements Vorstellung. Keau.

um 1. Male: (Fr. r ge s

Sonntag: Die Räuber. Anfang 75 Uhr.

heiter Tessing - Theater. . Lustspiel in 4 Akten von Oscar Blumen⸗

Sonnabend: Der Fall Clsmencean. Schauspiel in 5 Akten von

Die Ehre. Ein barometrisches Maximum von 775 im liegt von Hermann Sudermann.

3 Orb. tig nnn, r zer Vorstellung, bei günstiger Witterung: ganzen Sarten⸗ Ctablissementz. Im schattigen prachtvollen , , . gear ne

Anfang des Cencerts 64 Uhr, der : ĩ Voranzeige.

Vorstellung 77 Uh Sonnabend u. folg. Tage: Dieselbe Vorstellung. 2. Pfingstfeiertage:

4 Victoria -Theater. Freitag: Zum At. M.: uftügen von Verdi, ͤ Stauley in Afrika. JZeitgemälde in 160 Bildern von Alex. Mostzkowski und Richard Nathanson.

Kaiserlichen Palais täglich am Eingange des Palais Unter den Lin— den beim Kastellan ausgegeben werden.

Die Lehrmittel ⸗‚Ausstellung, welche aus Anlaß des 8. deutschen Lebrertages in der Philharmonie stattfinden wird, soll, dem „Ytsch. Tagebl!“ zufolge, an zwei Tagen auch Denjenigen zu= gänglich gemacht werden, die an dem Lehrertage nicht theilnehmen. Die Ausftellung wird für das große Publikum Montag, den 26 Mai, von 124343 Uhr, sowie den darauf folgenden Donnerstag von 2 6 Uhr zugãnalich sein.

Der Turn und Spielplatz für Jung und Alt, welcher bei Wilmersdorf, Berlinerftra fe, Ecke Kaiser⸗Allee, Haltestelle der Bampf⸗ straßen und Pferdebahn, neu hergerichtet ist, wird mit allen bekannten besseren deutschen und englischen Spielen, wie Croquet, Lawn Tennis, Fußball 2c. Scheibenständen für Bogenfchie ßen, Speerwerfen, Fecht⸗ zeug für Hieb⸗ und Stoßwaffen, fowie Turngeräthen, als Reck, Barren. Schwungringen, Schaukeln, Wippen u. f. , ausgestattet sein. In den Nachmittagsstunden von 3— 8 Uhr werden, wie das »Dtsch, Tagebl. mittheilt, unter fachkundiger Leitung auf. Wunsch gemeinschaftliche Spiele veranstaltet. Die Benutzung des Spielplatzes wird namentlich den höheren Lehranstalten und Pensionaten fowie den Turn-, Fecht und Radfahrer ⸗Klubs empfohlen. Der Befuch des Spielplatzeß sowie die Benutzung der Geräthe ist gegen geringen Entgelt gestattet.

Spandau,. 21. Mai (N. A. 3). Die Arbeiter der König lichen Artillerie ˖ Werkstatt bereiteten gestern Abend ihrem nach Berlin übersiedelnden bisherigen Direktor, dem Königlichen Obersten Wil le, eine Opation. Dberst Wille war um das Wohl der ihm untergebenen zahlreichen Arbeiterschaft von jeher besorgt gewesen, wie er auch an der Autgestaltung der sozialpolitischen Ein—⸗ richtungen der Spandauer Militär⸗Werkstätten. befonders der Arbeiter WWohnverhältnisse, hervorragenden Antheil hat. Sb—˖ gleich nun viele der Werkstattarbeiter auswärts wohnen, nahmen gn dem imposanten Fackelzuge doch weit über taufend Arbeiter Theil. Während ein Arbeiter⸗Sängerchor und die Musik dem Ge⸗ feierten eine Serenade brachte, begab sich eine Arbeiterdeputation in das Direktionsgebäude. Ihr Sprecher, ein schlichter Arbeiter, dankte in einfachen, herzlichen Worten dem Obersten Wille für das Wohlwollen, das er den Arbeitern jederzeit bewiesen, schilderte bꝛredt das Vertrauen, das er der Arbeiterfchaft eingeflößt, und meinte, diese werde den Herrn Obersten niemals vergessen. In das Hoch, das er auf den Gefeierten ausbrachte, stimmte die Kopf an Kopf den weiten Platz füllende Arbeiterschaar begeistert ein. Oberst Wille hielt sodann vom Fenster aus eine kernige Ansprache an seine Arbeiter. Er konnte aussprechen, daß die Kundgebung, wie sie von Herzen gekommen, so auch zu Herzen gegangen fei. Bann leitete er über auf unsern jungen, thatkräfligen Monarchen, der ein Freund der Arbeiter, der Schützer der Armen und Bedrängten sei. Ihm gelte sein Hoch. Brausend fiel die Menge ein, die Mufsik intonirte das Heil Dir im Siegerkranz! und die umliegenden Gebäude und Anlagen erglänzten in bengalischem Licht. Darnach erschienen auch sämmtliche Meister der Artillerie Werkstatt, um sich in herzlicher un deßwungener Weise von ihrem bisherigen hochverdienten Birektor zu verabschieden.

Vom Harz, 18. Mai. (Köln. Ztg) Am 15. Mai wurde die vor etwa zwei Jahren entdeckte Her mannshöhle zu Rübeland dem Besuch freigegeben. Der Eingang ist durch einen in den Fels getriebenen Stollen sehr bequem gemacht. Bei Anlage der Wege, Brücken und Treppen wurden die Tropfsteingebilde, die im reinsten Weiß erglänzen, möglichst geschont. Die größte und höchste Höhlung hat eine Höhe von 11 m mit einem a gestumpften großen Kegel, dessen vollendete Form von Menschenhänden geschaffen scheint. Die n n ü Beleuchtung läßt alle Schönheiten zur vollen Geltung ommen.

Kassel, 19. Mai. (Hann. Cour) Der Niederhessische Touristenperein hat mit großen Opfern, thatkräftigst von anderen biesigen Vereinen und Freunden der Sache unterstützt, einen Ausf ich tz⸗

Anfang 7 Uhr. Anfang 74 Uhr.

Anfang

Auf Allerhöchsten Concert-Park. Direktion:

Freitag:

Musik von Gäaͤhrich, mit Ein⸗ Hr. Kapellmeister Im prachtvollen Park um 6 Uhr:

Vorstellung 7 Uhr.

125. Vyrstellung. Die Geier Sonnabend: Großes Parkfest.

Freitag: Götz von Lustfpiel in z

Sonnabend: Marquife.

RKroll's Theater. Dame. Täglich: Bei . ö der Vorstellung, Die Räuber. leuchtung des Sommergartens: Anfang 54, der Vorstellung 7 Ühr.

Lammermbor.

Freitag: Die große

sängerin Fr. Lammermoor. Sonntag und Monta

A. Dumas und A. d Artois. Gr Früh ˖ Concert.

Schauspiel in 4 Akten

85. Male: Der Nautilus. Schwank

Vaudeville ⸗Burleske licher Spezialitäten. Uhr, der Vorstellung 75 Übr.

und Früh⸗Vorstellung.

Vorletzte Woche.

Residenz · Theater. Direltion: Sigmund dauten burg. Freitag; Zum 103. Male:

kten von Vietorien Sardon. Deutsch von Robert Buchbolj. Anfang 7 n

Freitag:

ünstigem Wetter vor und nach Frl. Julie Schanzleh (Koln). Hr. Karl Kühler dends bei brillanter elektr. Be, mit Frl. Ling Beckerhoff (Wesel). Hr. Eduard Großes Concert. Döhner mit Frl. Luise Seemann (Iserlohn—

Sonnabend: Vorletztes Gastfpiel des Kal. preuß. Kammersängers Hrn. Emil Götze.

Dienstag: Auftreten der Königl. preuß. Kammer⸗ Marcella Sembrich. Lucia von

. u. II. Pfingstfeiertag): Anfang 5. Uhr. ;

Belle Alliance · Theater. Freitag: Zum 67 ,,, Suhle (Berlin. Großes Ausstattungs · 66

e nn. Freitag: Zum 13. Male: ö . und Tanz . 4 9g

Wetter in Deutschland durchschnittlich etwas kühler, Lon A. Hennequin und . fenen green, en wi earl Pander.

; e, w n. ler, =. quin und G. de Najac. Hierauf: Gut Musik von C. Chrsstiani und J. Wicher.

im Westen trübe, im Osten heiter, auf dem Gebiet? i, Herr Fischer. w re , , Im prachtvollen glänzend renortrsen m m em ockroy von W. Friedrich. Mufik Großes Militär. lite Concert. Auftreten saͤmmt ·

Brillante Illumination det

Anfang des Concerts

Sonnabend: Dieselbe Vorstellung. Sonntgg und Montag, am 1. und Berlin: Großes Militär⸗Früh⸗Concert ;

Adolph Ernst-⸗Theater. Dresdenerstraße 72.

Freitag: Zum 1063. M.: Der Goldfuchs. Gesangopoffe n a Akten von Ev. Jacobson

thurm auf dem Hohen Gras‘, dem böchsten Punkte des Habichtewaldes, errichtet. Dieser Berggipfel, welcher die prachtvollste Rundsicht nach allen Richtungen der Windrose bietet, war ein von Kaiser Wilhelm II. gern aufgefuchter Aussichtspunkt, als er mit seinem Bruder, dem Prinzen Heinrich, das hiesige Symnasium als junger Prinz besuchte. Er hat hier, als großer Freund der Natur und des Bergsteigens, häufig und gern geweilt und die malerische Fernsicht von allen Punkten des Lr es genossen. Man kann hier nämlich bis in die waldeckischen Berge, das Sauerland, den Teutoburger Wald, Harz, die thüringischen Berge, die Rhön ꝛc. sehen, jedoch mußte man verschiedene Punkte des Berges aufsuchen, was jetzt durch den ca. 100 Fuß hohen Thurm, ein monumentaletz Gebäude, unnöthig gemacht wird, denn hier vereinigen sich alle Aus⸗ sichteen. Der Kaiser hat denn auch zu den großen Kofsten des Baues ((die sich auf einige 30 000 M, belaufen, von denen noch 19 009 ½υς ungedeckt sind) ein namhaftes Gefchenk be⸗ willigt, ebenso Prinz Heinrich von Preußen. Das „Hohe Gras“ ist 600 m hoch und, als höchster Punkt in ganz Riederhessen (außer dem Meißner), noch 200 Fuß und mehr höher als ber weltbekannte Herkules auf Wilhelmshöhe. Nachdem am V. Mat 1888 der Grundstein . konnte nach zweijähriger Bauzeit gestern der fertiggestellte Thurm feierlichst eingeweiht werden. Das gestrige Volksfest zur Feier der Thurmeinweihung war Übrigens fo großartig. wie Kassel noch keins; gesehen hat. 20 050 Menschen hatten sich auf dem „Hohen Gras“ eingefunden.

St; Ggllen, 19. Mai. (Magd. Ztg) Der Katastrophe von Tiefenkastel ist noch eine zweite gefolgt, von der gestern dag blühende, etwa 1700 Einwohner zählende Dorf Balgach im Unterrheinthat betroffen wurde. Bei starkem Föhn brach Abends 47 Uhr ein Brand aus, der sich mit rasender Schnelligkeit verbreitete und innerhalb zwei bis drei Stunden 40 Häufer und 38 Ställe in Asche legte. Zweihundert Perfonen sind obdachlos geworden. Es heißt, spielende Kinder hätten den Brand veranlaßt.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Braunschweig, 22. Mai. (W. T. B.) Der Land tag genehmigte heute das Gesetz, betreffend die Einführun g der obligatorischen Krankenversicherung für alle in der Land- und Foörstwirthschaft beschäftigten Personen.

Paris, 22. Mai. (W. T. B.) In dem heutigen Minist er rath erstattet; der Minister des Auswärtigen Ribot Bericht über die Maßregeln, welche bie egyptische Regierung in Betreff der egyptischen Schuld ' zu treffen beabsichtige und die mit den Änsichten der französischen Regie⸗ rung völlig übereinstimmten.

Monts limar, 22. Mai. (W. T. B.) Der Präsi⸗ dent Carnot ist heute Morgen 8 Uhr hier ein⸗

etroffen und auf dem Bahnhofe von einer zahlreichen

enschenmenge herzlichst empfangen worden. Der Bürger⸗ meister, Senator Loubet, begrüßte den Präsidenten mit einer Ansprache, in welcher er die Anhänglichkeit der Bevölkerung an die bestehende Regierungsform bestätigte. In seiner Ant⸗ wort erklärte der Präsident, es sei seine Mission, eine starke, ehrliche und tolerante Republik, wie sie das Volk wünsche, zu vertheidigen.

Sofia, 22. Mai. (W. T. B.) Nachdem im Panitza⸗ Prozeß bis gestern Nacht eine Reihe von Zeugen vernommen worden war, wurde die weitere erhandlung des Himmel⸗ fahrtsfestes (10/22. Mai) wegen bis Sonnabend früh vertagt, an welchem Tage sodann das Zeugenverhör fortgesetzt werden wird und die Plaidoyers beginnen sollen.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

——

Ballet von C. Seyverini. Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.

Triedrich⸗Wilhelmstãdtischts Theater und

Julius Fritzsche. Zum 126. Male:

und Leopold Gly. GCouplets theilweise von Gustav Görß. Mustk don Franz Roth. Anfang 7 Uhr. Sonnabend: Dieselbe Vorstellung. Der Sommergarten ist geöffnet.

Urania, Invalidenstraße 67 / 2. Geöffnet von

124103 Uhr. Freitag, um 8 Uhr: Die Ge⸗ Der arme schichte ver Urwelt.

Dirigent: Familien⸗Nachrichten. Verlobt: Frl. Johanna Prignitz mit Hrn. Karl Papenhagen (Schwerin). Frl. Else Flecke mit Yrn. Rechttzanwalt Edmund Schmidt (Hannover Celle). Frl. Marie Randhahn mit Hrn. Kauf⸗ mann Hermann Badzong (Gsnesen— Stettin). Margarethe Randhahn mit Hrn. Kreis⸗ hierarjt Max Kettritz (Gnesen— Mogilno). —2 Frl. Else Ramelow mit Hrn. Pastor Paul Dür—- len (Berlin). Frl. Marie Prager mit Hrn. Max Meister (Leipzig Zwickau). Frl. Esifa⸗ beth Reih mit Hrn. Kaufmann Karl Riewerth (Magdeburg).

Margnise.

hr. Verehelicht: Hr. Apotheker J. Sümmermann

mit Frl. Marie Husemann (Stolzenau). Hr. Otto Tietze mit Frl. Helene König (Stettin). Hr. Julius Francks mit Frl. Emmy Carflens (Hannover = Preetz. Hr. Gustab Mueller mit

Die weiße

Hannover) Hr. Assessor Pr. Ludwig Wagler

mit Frl. Hedwig Brade (Dewitz. Hr. Be⸗

triebs · Ingenieur Otto Schleicher mit Frl. Toni

Hesse (Magdeburg) Hr Konsul Br. Fohannes

e mit Frl. Adelheid Hoffmann (Buenoß⸗ yres).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Otto Sãuberlich (Leipzig. Eine Tochter: Hrn. Pr. recht Neu Staßfurt.) . Pastor Langelotz (Ben⸗ nigsen) Hrn. Gustar Veichmann (Goöttingem).

Lucia von

ntrée 30 8.

e Oberförster a. D. August Franke (Bückeburg) Hr. Kaufmann F. C. Lübcke (Hannover. Hr. Rentier Friedr. Weißenfels (WMagbeburg). Hr. Fabrikant Karl Ernst Riedel (Meerane). Hr. Kaufmann Richard Wiese . Or. Rentier Wilhelm Roemer win. . ten n,, 3.

enzmann (Zehdenick). Fr. e Schulze, geb. Schröder (Berlin). ö

Redacteur: Dr. H. Klee.

Verlag der Expedition (Scholy. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagt⸗· Anstalt, Berlin SW. , Wilhelmstraße Nr. 32.

Sieben Beilagen leinschliehlich Börsen · Beilage).

Akten und

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M 123.

Berlin, Dönnerstag, den 22. Mai

k

Barlamentarische Nachrichten.

Schlußbericht der gestrigen (11 Sitzung des Reichstages. Interpellation des Abg. Bamberger, ob und wann der Ent- wurf eines Gesetzes, betreffend den Vollzug der Freiheits⸗ strafen, dem Reichstage vorgelegt werden' wird. Abg. Dr. Bamberger (fortfahrend): Es ist durch die Massenhaftigkeit und das systematische Verfolgen jeder kleinen verletzenden Rede oder Schrift eine üble Praxis in Deutschland eingerissen. Ich habe einige Hoffnung, daß mit manchem Anderen auch das jetzt vorüber ist. Ich hoffe, daß es keine Rubrik der Caprivi⸗Beleidigungen mehr geben wird, und daß die be⸗ treffenden gedruckten Formulare auch aus den Akten der Ge⸗ richte verschwinden werden. Das wird im Großen und Ganzen ein ermunterndes Beispiel sein, daß nicht jede kleine Behörde, wenn an ihr etwas kritisirt wird, gleich den Staatsanwalt anruft. Dann wird ein Theil dessen, was ich hier beantrage, von selbst überflüssig werden. Wenn wir ein Strafpvollzugsgesetz er⸗ halten, so könnte darin auch die Frage geregelt werden, welche in der letzten Zeit hier wieder als Kontroverse aufgeworfen ist, daß nämlich ein wegen nicht ehrenrühriger Vergehen be— straftes Mitglied dieses Hauses, welches seine Strafe bereits angetreten hat, von Amtswegen während der Sitzung entlassen werden kann. Gelegentlich des Falles Harmening ist die Frage wieder in den Vordergrund getreten. Uebrigens möchte ich hier der Meinung entgegentreten, als ob die Heiterkeit des Reichstages ich habe nicht gelacht bei der Mittheilung des Präsidenten, daß der Abg. Harmening wegen Festungshaft nicht an den Sitzungen des Reichstages theilnehmen könne, auf Frivolität beruht habe. Diese Heiterkeit entsprang viel⸗ mehr dem Kontrast, daß ein harmloses Urlaubsgesuch in' einer solchen Weise motivirt wurde. Es war eine Komik des Moments. Der Herr Staatssekretär würde sich ein Verdienst erwerben, wenn er uns eine Verständigung der verbündeten Regierungen in dem Sinne zusagen könnte, daß dergleichen Mißbräuche nicht mehr vorkommen sollen. Man hat in der letzten Zeit, namentlich bei Ost Afrika so ost von christlicher Gesittung und Menschenliebe gesprochen. Hier handelt es sich um unsere eigenen Mitbürger, um schweres Herzeleid, das wir manchmal ungerecht bereitet sehen. Die hohe Rechts⸗ und sittliche Bildung des Volks erkennt in dieser Abhülfe einen Akt der Humanität und Gerechtigkeit, der sich mit jedem anderen messen kann.

Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts von Oehlschläger:

Meme Herren! Ich bin in der Lage, die Interpellation des Herrn Abgeordneten wie folgt zu beantworten: Die gesetzliche Regelung des Strafvollzugs wird auch Seitens der verbündeten Regierungen als ein im Interesse der vollen Einheitlichkeit der Straf⸗ rechtspflege zu erstrebendes Ziel ins Auge gefaßt. Ueber den Zeitpunkt aber, in welchem dem Reichstage die entsprechende Vorlage gemacht werden wird, kann eine bestimmte Zusicherung heute noch nicht ertheilt werden. Meine Herren, schon bei der Vorbereitung des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund hat man, wie auch bereit der Herr Inter— pellant eiwähnte, darüber keinen Zweifel gehabt, daß zur einheitlichen Strafrechtspflege nicht nur ein einheitliches materielles Strafrecht gehört, sondern auch ein einheitlicher Prozeß und ein einheitlicher Strafvollzug. Die Motive zum Strafgesetzbuch geben diesem Ge— danken in folgenden Worten Ausdruck: .

Es darf als ein von allen Staaten im Bundesgebiet gleich mäßig zu erstrebendes Ziel voraus gesetzt werden, daß die Straf . anstal ten allmählich überall nach möglichst gleichen und einheitlichen Grundsätzen eingerichtet und verwaltet werden, weil nur erst dann, wenn die nach einem und demselben Strafgesetze erkannte Strafe überall im Bundesgebiet unter densel ben Bedingungen und Formen zur Bollstreckung gelangt, die durch das Strafgesetzbuch gegebene Rechts⸗ einheit auch in der Strafvollstreckungsinstanz zu ihrer thatsächlichen Folge gelangt. 966

Es ist damals bei Berathung des Strafgesetzbuchs davon ab— gesehen worden, den Strafvollzug in dem Strafgesetzbuch zu erledigen, weil man die Besorgniß hegte, daß entweder die Berathung des Strafgesetzbuchs weit in die Länge gezogen würde, oder daß bezüglich des Strafvollzugs Diffexenzen zwischen den einzelnen Bundesstgaten sich ergeben könnten, die J. Zustandekommen des Strafgesetzbuchs

elbst gefährdet haben würden. . tg. zweite Gelegenheit zur Berührung der Frage des Straf— volliugs war gegeben durch die Emanation der einheitlichen deutschen Strasprozeßordnung; denn auch diese mußte einzelne Bestimmungen treffen, welche in dieses Gebiet einschlagen. Es ist dort geregelt der Beginn der Strafvollstreckung, die Berechnung der Strafdauer; es ist auch geregelt der Beschwerdeweg welchen die Strafgefangenen ein zuschlagen haben in Fragen der Strafvollstreckun g. Aber auch damals konnte man sich nicht darauf einlassen, die Mnterie vollständig zu ordnen wegen der damit verbundenen Schwierigkeiten. In Folge der com Herrn Interpellanten erwähnten Reichstagsresolutionen er— hiest das Reichs -Justizamt den Auftrag, den Entwurf eines Straf— vollzugsgesetzes auszuarbeiten. Dieser Entwurf ist aufgestellt in einer Kommifsion von Sachverständigen, hauptsächlich Strafanstalts. Direktoren, berathen und, nachdem er in dieler Weise fertig gestellt war, dem Bundesrath Üüberwiesen worten. Der Bundesrath ist auch in die Berathung dieses Entwurfs eingetreten. r .

Vabei stellten sich aber differirende Meinungen bei den einzelnen Bundesregierungen herautz. Der Entwurf. hatte sich auf den Standpunkt gestellt, daß alle geringen Gefängnißstrafen bis zu einer gewissen Dauer in Einzelhaft verbracht werden sollten, und daß jede Gefängnißstrafe, auch von längerer Dauer, und jede Zuchthausstrafe in Einzelhaft wenigstens begonnen werden sollte. Gegen diesen Grundsatz, der eine Kardinalfrage des ganzen Strafvollzugsgesetzes bildete, erhoben sich mannigfache Bedenken, wesentlich aus finanziellen Gründen, und es konnten sich die Bundes regierungen nicht dazu entschließen, dem Gesetzentwurf weitere Folge zu geben, ohne vorher in eine Enguste darüber einzutreten, wie sich in jedem einzelnen Staat die Kostenfrage stelle. Dabei kam es zu ganz über⸗ raschenden Resultaten. Für Preußen gestaltete sich die Kostenfrage so, daß eine einmalige Erstausgabe von 1195 Millionen erforderlich war und eine jährliche Budgetausgabe von 6 Millionen, Für Bayern berechnete, sich die einmalige Ausgab⸗ auf 47 Millionen neben ciner entsprechenden jährlichen Budget⸗ belastung, für Sachsen auf 13 Millionen und ebenfalls eine entsprechende jährliche Belastung. Angesichts dieser finanziellen . sequenzen war für jenen Grundzug des Strafvollzugsgesetzes nich 31 Zustimmung sämmtlicher Bundesstaaten zu erlangen, es wurde . mehr von verschiedenen Seiten der Ausweg vorgeschlagen man . den bezüglich der Einzelhaft obligatorisch hingestellten Satz dadurch abschwächen, daß man ihn nur als eine Regel empfehle, die nach Möglichkeit zu befolgen sei. Dadurch würde aber so erwiderte man von anderer Seile gerade in einer Kardinalfrage ein einheit⸗ liches Verfahren nicht erzielt worden sein. Man glaubte deshalb, 9 einen solchen Vorschlag nicht eingehen, sondern in anderem Wege Ab

hülse fuchen zu sollen. In diesem Sinne haben seitdem die einzelnen Regierungen sich bemüht, ihre Gefängnißneubauten so einzurichten, daß diese später dem Grundgedanken jenes Strafvollzugs entwurfs gerecht werden könnten.

Ein zweites Hemmniß bot sich in dem Angriffe dar, welcher in neuerer Zeit gegen unser Strafensystem, und insbefondere gegen das System unserer Freiheitsstrafen, erhoben worden ist. Ich will, meine Herren, nicht die einzelnen Richtungen dieser Angriffe hier näher erörtern, ich beschränke mich darauf, zu erwähnen, daß es den Bundesregierungen nothwendig erschienen ist, auch da, wo sie selbst nicht glauben, daß die Reformvorschläge irgend eine besondere Berücksichtigung später finden werden, dennoch ihrerseits dieselben einer Prüfung zu unterziehen, und daß sie es nicht für angezeigt halten konnten, in einem Zeitpunkte, wo die Reform. gedanken noch in vollem Kampfe stehen, mit einem Vollzugs gesetz vorzugehen, welches immerhin erbaut werden muß und nur erbaut werden kann auf der Basis des augenblicklich zu Recht bestehenden Strafensystems. Es würde wenig Vorsicht bekunden, woslsten wir durch ein auf dieser Basis errichtetes Strafvollzugsgesetz den Staaten große Ausgaben verursachen, um demnächst vielleicht auf ein anderes Strafensystem überzugehen, welches wiederum andere Ein richtungen und damit neue Kosten hervorrufen könnte. Das also war das zweite Hemmniß, welches die Sache zum Stillstand brachte. Uebrigens aber glauhe ich annehmen zu dürfen, daß, wie heutzutage schnell sich gegensätzliche Auffassungen bilden, auch ebenfo fchnest die gegensätzlichen Auffassungen sich ausgleichen, und daß deshalb in nicht gar zu ferner Zeit die verbündeten Regierungen sich zur Vorlage eines Strafvollzugsgesetzes entschließen dürften.

llein, meine Herren, ein Theil der Erwartungen, welche Seitens des Herrn Interpellanten an das Strafvollzugs⸗ gesetz geknüpft werden, dürfte sich kaum erfüllen, wenn nicht etwa mit dem Strafvollzugsgesetze gleichzeitig eine Revision des Strafgesetzbuchs in Angriff genommen werden sollte. Denn, meine Herten, daran muß festgehalten werden, daß das Strafvollzugsgesetz sich nur aufbauen kann auf dem Strafensystem des geltenden Rechts, und so lange das System des gegenwärtigen Strafgefetzhuchs besteht, wird es unjulässig sein, in einem Vollzugsgesetze Bestimmungen zu treffen, welche die Gefängnißstrafe für eine Kategorie von Vergehen anders gestalten wollten, als die Gefängnißstrafe für andere Kate— gorien. Das würde nicht statthaft sein, wegen des Wider⸗ sprucheg mit den Bestimmungen des Strafgesetzbuches. Denn, meine Herren, das Strafgesetzbuch unterscheidet nicht zwischen Ge fängnißstrafen, die verhängt werden gegen Diebe oder gegen Leute, die unterschlagen haben, oder gegen Leute, die verleumdet haben, oder gegen sonstige Delinguenten, sondern es statuirt den Begriff der Gefängnißstrafe gleichmäßig für alle Kategorien der Vergehen. Nur in einer einzigen Richtung hat es eine Verschiedenheit zugegeben, nämlich in der Richtung der Gefangenenbeschäftigung: durch die Vorschrift des §. 16 Abf. 2, wonach die Beschäftigung nach den Verhältnissen des Einzelnen verschieden geregelt werden darf Nach dieser Richtung hin würde ein Strafvollzugsgesetz vollständig in der Lage sein, einzelne Kategorien herauszuheben, und für diese die Beschäftigungen anders zu ordnen als für andere Kategorien; in den übrigen Richtungen, vamentlich in der Richtung der Beköstigung nicht; daz würde gegen das Strafgesetzbuch verstoßen. Es mußte, um in dieser Richtung eine Aenderung treffen zu können, das materielle Recht mit verändert, also eine Abänderung des Strafgesetzbuchs im Wege einer Novelle ins Auge gefaßt werden. Eine solche Revision des Strafgesetzbuchs ist nun freilich nicht aus— geschlossen. Ich glaube vielmehr, daß, auch abgesehen von den Seitens des Hrn. Abg. Bamberger aufgeworfenen Fragen, die Regierungen sich entschließen könnten, mit einem Straf- vollzugsgesetze einzelne materielle Veränderungen des Strafgesetzbuchs zu verbinden. Freilich nehme ich meinerseits an, daß man in eine Unterscheidung der Art, wie sie der Hr. Abg. Bamberger aufstellt, schon wegen der redaktionellen Schwierigkeit der Begriff sbestimmung nicht wird eintreten können. Der Begriff des politischen Vergehens und Verbrechens läßt sich nicht derart fixiren, daß der Richter für die Subsumirung des Einzelfalles einen festen Anhalt ge⸗ winnen könnte. Indessen, das ist eine cura posterior, die wir heute nicht weiter in Erwägung zu ziehen haben. Ich möchte nur in Bezug auf die Preßvergehungen noch das Eine hervorheben, daß, um die Intention des Hin. Abg. Bamherger ju verwirklichen, auch eine Veränderung des Preßgesetzes nothwendig sein würde. Denn dieses weist ausdrücklich darauf hin, daß alle straf⸗ baren Handlungen, die durch die Presse begangen werden, genau so behandelt werden sollen, wie die übrigen strafbaren Handlungen, nämlich mit den Strafen, die das allgemeine Strafgesetzbuch vor—⸗ schreibt. Also auch diese Bestimmung würde dem Bestreben ent · gegenstehen, in einem Strafvolzugsgesetze etwa speziell für die Preßvergehen eine andere Kategorisirung der Strafen zu gewinnen.

Ich komme nun noch auf die Bemerkung des Hrn. Abg. Bam berger zurück, daß auf dem Wege des Regulativs oder bloßer Ver⸗ ordnung Seitens der Reichsregierung es möglich sein dürfte, auf die einzelnen Bundesstaaten korrigirend da einzuwirken, wo man der An— sicht sei, daß die über die Strafvollstreckung erlassenen Reglements mit dem Geiste des Strafgesetzbuchs nicht im Einklang stehen. In dieser Beziehung bin ich anderer Meinung als der Herr Abgerrdnete, So lange der Strafvolljug der landes rechtlichen Regelung überlasen bleibt, hat die Neichs regierung keine Kompetenz, darauf einzuwirken. Nur soweit würde eine Ueberwachung von Reichtwegen zulässig sein, als die die Vollstreckung regelnden landesrechtlichen Vorschriften gegen ausdrückliche Normatip⸗· bestimmungen des Strafgesetzhuchs verstoßen. Wenn beispielsweise landesrechtliche Vorschriften in Beziehung auf die Frage, wie eine Festungshaft zu vollstrecken sei, gegen die Normativbestlinmung des F§. 17 desz Strafgesetzbuchs, oder wie eine Haft zu vollstrecken sei gegen die Normaltobestimmung des 5§. 18, verstießen, so würde aller⸗ dings die Reichsregierung in der Lage lein, sich an die betreffende Landesregierung zu wenden und. Abhülfe nachzusuchen So lange aber die landesrechtlichen Vorschriften über den Strafvollzug mit den Normativbestimmungen des Strafgesetzbuchs nicht im Widerspruch stehen, wird die Reichsregierung sich jeder Einmischung zu enthalten haben. Selbst ein wohlmeinendes Anheimgeben an die einzelne Bundesregierung, mehr Milde walten zu lassen oder sich nach anderen Bundesstaaten mit weniger strengen Regulativen zu richten, würde meines Erachtens außerhalb der Kompetenz der Reichsregierung liegen. Es können deshalb auch Fälle, die zu Beschwerden Anlaß geben, hier im Reichstage nicht zur Kritik ge⸗ zogen werden. Solche Beschwerden gehören vielmehr vor die einzelnen Landtage. Thatsaͤchlich werden sie ja auch dort zur Sprache ge · bracht, und wenn ich recht unterrichtet bin, sind auch die heute hier angeregten Fälle vor den zuständigen Landtagen zum größten Theil besprochen und verhandelt, worden. Jedenfalls glaube ich eine Aeußerung über dieselben mir hier versagen zu müssen.

Auf Antrag des Abg. Rickert tritt das Haus in eine Besprechung der Interpellation ein.

Abg. Klemm: Diese Frage ist keine Parteifrage, sondern ihre Lösung liegt lediglich im Interesse der Wahrung der Gerechtigkeit. Die Strafvollstreckung ist ein e n , Supplement der Strafzuerkennung. Ein Strafvollzugsge 3 könnte sich nur in allgemeinen Normen bewegen, au

1890.

Einzelheiten kann man von Reichswegen nicht eingehen. Die Nothwendigkeit der Individualisirung erkenne ich an; denn eine, und dieselbe Strafe kann, auf zwei ver⸗ schiedene Individuen ganz verschieden wirken. Es ist daher falsch, die Behandlung der Gefangenen über einen Leisten zu schlagen. Andererseits muß man sich aber auch bei der Individualisirung davor hüten, ungerecht zu ver— fahren. Sehr wesentlich werden eine vorsichtige Auswahl der Gefängnißbeamten, nicht nur der hohen, sondern auch der niederen, und zahlreiche unvorhergesehene Revisionen sein. Gewisse Normen über die Beköstigung und Beschäftigung der Gefangenen u. s. w. lassen sich allgemein herstellen, aber die Details der Ausführung der Strafvollstreckung müssen den Einzelregierungen überlassen bleiben. Vor Allem müssen wir eine humane Strafvallstreckung haben. Sollte ein Gesetz über den Strafvollzug vorgelegt werden, so werden wir alle Kraft einsetzen, um etwas zu Stande zu bringen, was den humanen Zwecken entspricht.

Abg. Dr. von Bar: Es ist wünschenswerth, daß durch die Interpellation vor der Welt konstatirt wird, daß der Deutsche Reichstag ein lebhaftes Interesse an der Verbesserung unserer Strafrechtepflege hat. Man sagt, ohne Veränderung des Strafgesetzbuches sei eine gründliche Regelung des Straf⸗ vollzugs nicht möglich. Der größte Theil der Strafrechts⸗ wissenschaft hat den Wunsch, es möge das Strafgesetzbuch in Ansehung der Freiheitsstrafen revidirt werden, Auch unsere Gefängnißbeamten wünschen dasselbe, die durch die mangelnde Klarheit im Strafgesetzbuch den allergrößten Schwierigkeiten ausgesetzt sind. Viesem Umstande sind Ungerechtigkeiten in der Praxis häufig zuzuschreihen. Deshalb dürfen wir uns nicht scheuen, an eine Revision des Strafgesetzbuches selbst zu denken. Schwierigkeiten liegen ja allerdings vor, einmal in dem Streite der. Theorieen und dann in den komplizirten Verhältnissen eines Bundesstaats; aher diese Schwierigkeiten können überwunden werden. Die Freiheits⸗ strafen sind im Deutschen Reich nicht überall dieselben, ja können soggr innerhalb eines Staates verschieden sein, z B. in Ostpreußen andere als in Westfalen oder in der Rhein⸗ provinz. Der Richter weiß gar nicht, was die Gefängnißstrafe im Einzelnen bedeutet. Dieselbe wird zum Theil auch in den Räumen eines Zuchthauses vollzogen, und da kann die Strafe sehr leicht einen anderen Charakter annehmen, und es ist nicht zu verwundern, wenn zu Gefängniß Verurtheilte wie Zucht⸗ haussträflinge behandelt werden ohne jeden bösen Willen. Die wesentliche Grundlage der Strafvollstreckung ist die Hausordnung der Gefängnisse, der sich auch der gebildete Mann unterwerfen muß. Das steht mit dem Geiste des Gesetzes in Widerspruch, und es wird so bald als möglich das Freiheitsstrafensystem vereinigt werden müssen zu einer Strafe mit Zwangsarbeit und einer solchen ohne Zwangsarbeit. Ver⸗ schiedene Staaten stehen bereits auf diesem Standpunkt. Das Strafvollzugsgesetz wird sich nicht in einem allgemeinen Rahmen zu bewegen haben, sondern sehr bestimmte Vorschriften treffen müssen. Es könnte vielleicht auch zu erwägen sein, ob nicht dem Verurtheilten, wenn ein Streit entsteht, ob eine bestimmte Art und Weise der Strafvollziehung dem Gesetz entspricht, der Schutz einer Berufung an eine richterliche Behörde zu gewähren ist. Gerade in unserem Strafvollzug finden sich sehr erhebliche Uebelstände, wenn auch die Verwaltung schon Vieles gebessert hat. Z. B. müssen die kurzzeitigen Freiheits⸗ strafen möglichst beschränkt werden, damit nicht die Moralität der nur kurze Zeit im Gefängniß Befindlichen erschüttert wird. Wir werden der Regierung helfen, alle Schwierigkeiten zu überwinden. .

Abg. Geyer: Wir sind über die Interpellation außer⸗ ordentlich erfreut. Die freisinnige Partei hat sonst ja immer wohlwollend auf unsere Seite geblickt, wenn wir verschiedene Beschwerden über unsere Behandlung durch die Behörden vorbrachten. Aber jetzt, nachdem einmal einer der Ihrigen höchst unwürdiger Weise behandelt ist, nahmen Sie sich selbst der Sache an. Wir haben immer auf dem Standpunlt ge⸗ standen, daß humane Grundsätze in der Strafvollstreckung Platz greifen müssen. Die Ausführungen des letzten Redners waren von größerer Humanität getragen, als die des Abg. Klemm, dessen juristische Ausführungen wir schon im sächsischen Landtage zu bewundern Gelegenheit gehabt haben. Nach meinen persönlichen Erfahrungen der schlimmsten Art im Ge⸗ fängniß muß ich, erklären, daß ein Vollzugsgesetz für die Freiheitsstrafen nicht nur für politische Vergehen nothwendig ist, sondern daß überhaupt die Behandlung der Gefangenen besser wird. Die Beköstigung der Gefangenen ist gänzlich un— zureichend, und wir haben Niemanden, dem wir solche Ueber⸗ griffe aufhalsen können. Für die Gefängnißordnungen sind die Gefängniß-Direktoren verantwortlich. Beklagt man sich aber über einen solchen, so geschieht Alles, um diese Klagen zu Boden zu schlagen. So ist es mir im sächsischen Landtage

egangen, und die Ausflüchte der Regierungsvertreter waren o unglaubliche, daß beinahe selbst den Herren auf der Rechten die Haare zu Berge gestanden haben. Aber ich habe doch die Genugthuung gehabt, daß in Folge meiner Darstellung der frühere Direktor der Gefängnißanstalt in Zwickau außer Dienst gestellt wurde. Auch die wegen gemeiner Vergehen Bestraften müssen eine bessere Behandlung erfahren, denn eine brutale Behandlung wird immer Arbeitsunlust erregen. Das Gefängniß soll bessern, aber bei so unwürdiger Behand⸗ lung, wie ich sie in Zwickau gefunden habe, müͤssen die Ge⸗ fangenen verdorbener herausgehen. Unser Kollege. Bruhns wurde mit kreuzweise gefesselten Händen nach einer Ver⸗ nehmung ngch der Strafanstalt zurückgeführt. (Rufe links: Wo?) In Bremen. Auf seine Beschwerde bedauerte man ein solches Verfahren, antwortete aber, es liege keine Veran⸗ lassung vor, gegen den Beamten mit Strafe vorzugehen, denn den Transporteuren sei es überlassen, einen Gefangenen zu fesseln. In Baden wurde eine bis dahin hochangesehene, wegen Geheimbündelei verurtheilte Dame in der Weiberanstalt in Bruchsal als Zuchthäuslerin behandelt, erhielt keine eigene Wäsche und Betten und wurde von, den anderen Ge⸗ fangenen geduzt. Einen wegen Majestätsbeleidigung verurtheilten Journalisten fuhr der Gefangenenaufseher in Heilbronn mit