die Gefahr mit allem Fleiße anzuwenden. Diese Gefahr sei um so größer, als sie international sei, und die Deutschen seien wunderbarer Weise die internationalsten. Manches sei in den letzten Jahren besser geworden, aber viel sei doch noch zu thun, und fast Jeder könne sich an die Brust schlagen und eingestehen, daß er seine Pflicht nicht gethan habe. Auch die Kirche könne sich davon nicht freisprechen, denn ‚wir haben in der evangelischen Kirche auch zu viel gestritten und gezankt:. Noch wirke ein großer Bruchtheil der deutschen Presse verwüstend und vergiftend auf das
Gestern hat hier, der. Voss. Itg.' zufolge, in den Räumen des Anhalter Bahnhofs die Gedächtnißfeier der vor vierzig Jahren abgehaltenen ersten Eisenbahntechniker⸗Versamm lung statt⸗ gefunden. Die zablreich besuchte Versammlung wurde vom Staatz. Minister von Mah achbegrüßt, welcher in Begleitung des Chefs der tech⸗ nischen Angelegenheiten der Perwaltung der Staatzeisenbahnen Ober— Baudirektors Schneider erschien. Zum Praͤsidenten der gleichzeitig abge⸗· haltenen Technikerversammlung wurde der Präsident von Ludwigh der Königlich ungarischen Staatsbahnen gewäblt, welcher dem Minister für
vollendet und in dessen Atelier, Achenbachstraße 3, auf Anfrage zu besichtigen.
Wiesbaden. Man schreibt dem „Sprudel“: Kagiserin Eugenie hat bei einem der ersten Hanauer Goldschmiede ein Medaillon aus orydirtem Silber anfertigen lassen, welches das Wappen der Montijo führt; die vordere Seite das Wappen von Porto Carrero (des ersten Grafen von Montijo, der als außerordent⸗ licher Gesandter Syanien bei der Wahl Karls VII. 1741 in Frank-
furt vertrgt von Gold und Blau geschachtet; die Reversseite in
Erste Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
M 129. Berlin, Freitag, den 30. Mai 1890.
Volk, wie nirgend sonstwo in, der Welt. Redner begründete sodann eingehend seine umfangreichen Thesen, welche darlegen, wie durch den Zusammenschluß aller geistigen Kräfte der „Zeitgeist deutscher, evangelischer und monarchischer gestaltet werden kann, Die Kirche, so schloß Redner, müsse sich vor allen Dingen wieder auf ihren sozialen Beruf besinnen, auch aus dem Gesichtspunkte, daß sonst die kathoölische Kirche vom Volk als diejenige angefehen werden würde, welche allein sich ihrer Aufgabe bewußt sei. Kein Rückwärtsschauen, keine Klagen, sondern vereint vorwärts, nicht mit Resolutionen zu Reden, sondern mit resoluter That und Arbeit!
Zur Diskussion hatten sich zahlreiche Redner gemeldet. Nach Professor Gottschick und Pastor Zollmann nahm Professor Harnack das Wort: es sei ihm und seinen Gesinnungsgenossen schwer geworden, an dieser Versammlung Theil zu nehmen, denn sie hätten ein Opfer bringen müssen, weil dies eine Versammlung sei, deren große Majorität sans fagon ihm und seinen Freunden das Christenthum abzusprechen bemüht gewesen. Wenn Hofprediger Stöcker gesagt habe, daß hier ein weites und wichtiges Gebiet sei, wo man, vereint wirken könne, wenn auch sonst noch Platz genug übrig bleibe, um sich zu bekämpfen, so schlage er in die dargereichte Hand gern ein. Professor von Nathufius führte aus: der Evangelische Ober ⸗Kirchenrath verdiene lebhaften Dank dafür, daß er den Geistlichen nahe gelegt habe, ins Volk hineinzugehen und sich um soziale Dinge zu bekümmern, doch seien namentlich die jungen Theologen dringend aufzufordern, sich von allen politischen Agitationen, von dem Eintreten für eine bestimmte politische Partei fern zu halten und sich immer vor Augen zu halten, daß sie Seelsorger auch für Sozialdemokraten und „liberale Bourgeois? een. Superintendent Reydt bedauerte als liberaler Geistlicher, daß Hofprediger Stöcker sich nicht habe überwinden können, in seinen Volksverfammlungen An⸗ klagen gegen liberale Theologen zu erheben. und bat darum, dies in Zukunft zu vermeiden. Die Debatte drehte sich weiter um die von Hofprediger Stöcker angeregte Judenfrage. Auf Antrag des General⸗ Superintendenten D. Schultze wurde endlich beschlossen, die auf dem Kongreß gefaßten Resolutionen in einheitlicher und logischer Form aneinander zu reihen und ihnen folgende Einleitung voranzustellen;
„Der Evangelisch⸗soziale Kongreß, von der Ueberzeugung geleitet, daß die sozialdemokratische Bewegung in ihren letzten, die göttliche und menschliche Ordnung bedrohenden Zielen nur durch die Macht des Evangeliums siegreich überwunden werden kann, und daß daher zu ihrer Bekämpfung dem Wort und Werk der evangelischen Kirche eine verantwortungsvolle Mission gegeben ist, erklärt es als seine Aufgabe: 1) in allen evangelischen Kreisen, ohne Unterschied der Stände, die Erkenntniß zu wecken, daß die gegenwärtige soziale Krisis auf einer Gesammtschuld unseres Volks beruht, und daß diese Nationalschuld in dem materialistischen, von den ewigen Menschheits-⸗ zielen abgewendeten Zuge der Zeit gipfelt; 2) dahin zu wirken, daß auf dem Grunde einer neuen, aus dem Evangelium geborenen Ge⸗ sinnung die einzelnen Stände sich ihrer sozialen Verpflichtung gegen einander bewußt und denselben gerecht werden; daß insonderheit die Arbeitgeber den sittlich ebenbürtigen Werth der Arbeit anerkennen, die Arbeiter aber in derselben einen sittlichen Beruf erblicken lernen.“
Schließlich wurde beschlossen, ein Comité niederzusetzen, welches die Aufgabe haben soll, einen Centralausschuß zur Förderung der Sache zusammenzustellen. In diefes Comité wurden gewählt: Hof prediger Stöcker, Geheimer Regierungs⸗Rath Wagener, Br. Kropatschek, Vobbe, Dr. Delbrück, Prediger Burghardt, Metzenthin, Professor Kaftan und Pfarrer von Soden. Gegen 7 Uhr Abends wurde der Kongreß mit Gesang und Gebet und einem dreifachen Hoch auf Se. Majestät den Kaiser geschlossen.
sein Erscheinen und für dessen sehr warm gehaltene Ansprache dankte und aufgenommene 2 be Vaurath von Prenninger warf einen Rückblick auf die vierzig= jährige Thätigkeit der Eisenbahntechniker, begrüßte die anwesenden Mitglieder der ersten Technikerversammlung und gab dabei dem Wunsche Ausdruck, daß die heute bestehenden freundfchaftlichen Be— ziehungen, welche die beiden mächtigen Reiche Deutschland und Oester. teich⸗ Ungarn umschließen, auch in Zukunft die Techniker des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen verbinden mögen. Abends fand ein
hierauf eine beifällig
Festbankett statt.
Die Ura nia hat bekanntlich mit dem Pächter des Landed⸗ Ausstellungsparkes ein Uebereinkommen dahin getroffen, daß jedem Besucher der ersteren der Besuch der Concerte im letzteren ohne Das wird, man sich namentlich heute bei dem angekündigten Massen-Conzert im Ausstellungspark wieder zu Der Eintrittspreis zu diesem Concert beträgt be—
Nachzahlung gestattet ist.
Nutze machen.
kanntlich eine Mark, während
der Invalidenstraße gleichfalls nur eine Mark zu zahlen hat, um i Darbietungen
Anstalt und schließlich noch die imposante Wirkung des Massen⸗ concerts guf der großen Treppe zum Zeustempel zu,. genießen. keinem Standpunkte im ganzen Ausstellungspark ist übrigens der Eindruck dieser Musikschaar ein großartigerer, als von den beiden großen Plattformen der Sternwarte der Urania. — Es sei bei dieser Gelegenheit auch wiederholt darauf hingewiesen, daß die halbstündigen, mit vielen Lichtbildern illustrirten Vorträge zwischen 6 und 7 Uhr gleich⸗ falls für dasselbe Eintrittsgeld zugänglich sind. So trägt heute beispiels · weise Hr. Dr. Körber, einer der geschätztesten Redner der Urania, über Nur der große, mit vielen Dioramen aus— gestattete Vertrag über „Die Geschichte der Urwelt“, der, nun schon bald anderthalb hundertmal wiederholt, sehr bald einem anderen großen wissenschaftlichen Ausstattungsstücke weichen muß, ist in dem oben genannten Eintrittspreise zur Ürania nicht einbegriffen.
die vielen eigenartigen
das Blattgrün vor.
Um die Erinnerung an GE. T. A. Hoffmann und. Ludwig Devrient, die unvergessenen Stammgäste der alten Weinhandlung von Lutter u. Wegner, auch äußerlich wach zu erhalten, hatte der Verein für die Geschichte Berlins, wie s. 3. mitgetheilt, bei Gelegen⸗ heit seiner Jubelfeier im Januar d. J. beschlossen, denselben eine Erinnerungstafel zu widmen. t wie das „Dtsch. Tagebl.“ mittheilt, an dem Hause des Geschäfts Die aus Bronze gefertigte Tafel zeigt folgende Inschrift, die sich scharf von dem Untergrund abhebt: Zur Erinnerung an C. T. A. Hoffmann, “* 24. Januar 1776, 4 25. Juni 1822, und an Ludwig Devrient,“ 15. Dezember 1784. 4 30. Deʒzem ber 1832, welche in diesem Hause verkehrten, gestiftet zu der Jubelfeier des Ver⸗ ; eins für die Geschichte Berlins am 28. Januar 1890.“ die
angebracht worden.
Die Umwandlung des Alexanderplatzes in einen Schmuck— platz ist, der ‚Staafsb. Ztg.“ zufolge, bereits begonnen worden, und zwar au der südlichen Hälfte auf der dem neuen Polizei · Präsidium zunächst gelegenen Seite. Zunächst werden die Granitschwellen gelegt, welche die den Platz durchschneidenden Wege und Straßenzüge ein⸗ säumen; gleichzeitig wird der Straßenzug, welcher sich vor der nörd— lichen Front des Polizei⸗Präsidiums von der Alexanderstraße nach der städtischen Rathswaage hinzieht, mit neuem Pflaster belegt.
Das Modell für das Reiter-Standbild des Groß⸗ herzogs Friedrich Franz I.. von Mecklenburg-Schwerin ist, wie das „Dtsch. Tagebl.“ mittheilt, vom Bildhauer L. Brunow
Festrede hielt. Ober⸗
pfahlweise
blauem gehn, a roth und goldgeschachtete gebenkelte Kessel, gestellt, herauswinden. Das Medaillon, ein Meisterstück lünstlerischer Arbeit, wird eine Locke der Kaiserin bergen und ist zum Geschenk für die Kaiserin Friedrich bestimmt.
Zürich. (N. 3 Zig.) Ein trauriges Ende hat eine von mehreren jungen Leuten von Zuͤrich aus unternommene Pfingsttour auf den Gotthard genommen. Zwei derselben trennten sich am Abend des
aus deren jedem sich sechs grüne Schlangen
. ersten Feiertages von den Uebrigen, um den Spitzliberg zu besteigen.
man am Urania-Eingang an unverheirathet.
dieser volksbildnerischen
Von
des Flusses
; Lüttich, 25. Mai. — Klub Köln wurde beim großen internationalen Preis corso
in Lüttich mit dem ersten Preis ausgezeichnet.
New⸗ York, 28. Mai. heute neun Erdstöße verspürt es ist kein Lebensverlust entstanden.
Tanger Sefrou ist die gleichnamige Stadt in der Nach— barschaft von Fez üb erschwemmt. t liegt in Trümmern und viele Mauren, fowie 53 Juden find umgekommen. In Fez herrscht große Bestürzung. Der Sultan und die angesehensten Juden in Fez fandten den durch die Katastrophe in Nothstand versetzten Familien Geld und Kleidungẽstücke.
Der eine davon, Glasmaler Hlavaty aus Wien, wurde, als er sich nach seinem Reisekollegen umsah, vom Schwindel erfaßt und stürzte in die Tiefe. Nach stundenlangem Suchen wurde der Unglückliche endlich von herbeigeeilten Leuten gefunden und in das benachbarte Hospital gebracht, wo er tro den verschied. Der Verungluͤckte zählt erst 26 Jahre und war noch
allen Bemühungen nach zwei Stun—
(Köln. Ztg.) (Telegr) Der Bicyele⸗
(A. C.) In Indianopolis wurden Ein Gebäude wurde zerstört, aber
24. Mai. (R. B.) In Folge des Austritts Der größere Theil der Stadt
Köln, Diese ist gestern Nachmittag, stattfand, längere
Gesellschaft mitgetheilt,
bahn von worden war.
30. Mai. versammlung der Arbeitervereine hielt Rede durch das Christenthum. daß der 6. katholischen Schenkungen von Büchern für die Vereinsbibliotheken, durch Verbreitung von Familienbüchern, durch den Druck und durch Schenkung von Broschüren zur Massenverbreitung. Braunschweig, 30. Mai. (W. T. B.) Die 20. ordent—⸗ liche Session des Landtages ist heute durch Reskript Sr. Königlichen Hoheit des Regenten, Prinzen Albrecht von Preußen, Staatsvertrag mit Preußen, betreffend den Bau einer Eisen⸗
Nach Schluß der Redaktion eingegangene
Depeschen.
(W. T. B.) In der General⸗ Vorsteher der katholischen welche gestern hier Krementz eine Krankheit der Ferner wurde e Borromäus⸗Verein wolle durch
Deutschlands, Erzbischof BP. über die Heilung der
Arbeiter vereine unterstützen
geschlossen worden, nachdem noch der
Ilsenburg nach Harzburg, genehmigt
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Triedrich ⸗MWilhelmstãdtisches Theater und Urania, Invalidenstraße 57/62. Geöffnet von
Wetterbericht vom 30. Mai, Morgens 8 Uhr.
/ , n n nch.
2 2.
38234
383 Wetter. 386
8
Stationen. Wind.
in 0
O — O — O 50 C
u. d. Meeressp. red. in Millim
zeiten.
—
6 wolkig 5 halb bed. 2 hedeckt 2 Regen 4 bedeckt
Mullaghmore ö. N
Aberdeen NW Hertel.
Christiansund NDO Kopenhagen 752 WNW Stockholm. /c Hapgranda . 2 halb bed. St. Petersbrg. 755 l bedeckt Moskau... 755 2 Regen
Goct. Queens . Cherbourg. I.66 Helder. .. 3, 752 Hamburg.. 754 Swinemünde 755 Neufahrwasser 756 k
, J Münster. .. 756 Karlsruhe.. 764 Wiesbaden. 762 München.. 766 Chemnitz.. 760 . . 1 . Breslau.. 761 Ile d' Aix. . 7706 NW Nizza 765 4 heiter 12 744 still wolkenlos Uebersicht der Witterung. Ein barometrisches Minimum von etwa 745 mm liegt über Südskandinavien, stark auffrifchende füd— westliche Winde an deutfcher Küste verursachend, während der Luftdruck über Südwest-Guropa am höchsten ist. Bei frischen südwestlichen Winden ist das Wetter in Deutschland kühl, zrübe und in den nördlichen Gebietsgtheilen regnerisch. Kaffel und Triest hatten gestern Gewilter. In Nordwest— Europa haben ausgedehnte Regenfälle stattgefunden. Deutsche Seewarte.
re eee eee deer eee e ee e e eee deere. Theater ⸗Anzeigen.
Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern. haus. 159. Vorstellung. Ein Maskenball. Oper in 4 Aufzügen von Verdi. Deutscher Text von Grünbaum. Tanz von E. Graeb. In Scene . vom Ober- Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapehk— meister Kahl. Anfang 7 Ühr.
Urlaube.
—
Wally.
gleichen Anfang 7 Uhr.
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764 3 wolkig W. 4 bedeckt
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4 bedeckt
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(Victorine Blum Sonntag:
— — — — — — — — — — — . . ü . . . m , O do 1
X 8 —
Georg Cohnitz.
Garten ⸗ Concert.
Sonntag: vier Angen.
Musik von C. A Anfang 723 Ühr.
von E. Taubert und E. Graeb. Anfang 73 Uhr. Letztes Auftreten des Frl. dell' Era vor ihrem
Schauspielhaus. Schauspiel in 5 Aufzügen und einem Vor spiel „Die Klötze von Rofen ', nach ihrem Roman Namens von Wilhelmine von
Die Ehre. von Hermann Sudermann.
Mentag: Nora. H. Ibsen. — Anfang 75 Uhr.
Schauspiel haus. 135. Vorstellung. Die Quitzow's. Vater ländisches Drama in 4 Aufzügen von Grnst
Anfang 7 Uhr.
Sonntag: Opernhaus. 131. Vorstellung Coppelia. Phantastisches Ballet in 2 Aufzügen von Eh. Nuitter und A. Saint⸗Leon. die hiesige Königliche Bühne bearbeitet und in Scene gesetzt von Paul Taglioni. Tanz⸗Posm in 2 Akten und 4 Bildern
Musik von Leo Delibes. Für Hierauf: Die Jahres⸗ Musik von P.
1536. Vorstellung. Die Geier⸗
Hillern.
Deutsches Theater. Sonnabend: Faust's Tod.
Sonntag: Die Journalisten. Montag: König Richard der Dritte.
Berliner Theater. Sonnabend: Zum 1. Male:
Der Kriegsplan. (Friedrich Mitterwurzer.) Sonntag: Der Kriegsplan. Montag: Kean. — Anfang 73 Uhr.
Tessing - Theater. Sonnabend: Die Ehre. Schauspiel in 4 Alten von Hermann Sudermann.
a. G.) Schauspiel in 4 Akten
Schauspiel in 3 Akten von
Wallner - Theater. Sonnabend: Zum 4. Male: In falschem Verdacht. Schwank in 4 Akten von
Hierauf: Zum 4. Male: Unter
vier Augen. Lustspiel in I Akt von Ä. Dreyfuß. Felicie: Valentine Riedel, Königl. bayer. Hofschau⸗ spielerin, als Gast.) Vor der Vorstellung, Im schattigen prachtvollen Sommergarten:
bei günstiger Witterung: ĩ Großes Anfang des Goncerts 63 Uhr, ber
Vorstellung 77 Uhr. In falschem Verdacht. — Unter
Vickoria- Theater. Sonnabend: Zum 284 M.:
Stanley in Afrika. Jeitgemälbe in 10 Bildern von Alex. Moszkowski und
ö d. Richard Natbanson. Raida. Ballet von C. Seyerini.
Sonntag: Dieselbe Vorstellung.
Concert-Park. Direktion: Julius Fritzsche.
Sonnabend: Zum 134 Male: Der arme Jonathan. Dperette in 3 Akten von Hugo Wittmann und Julius Bauer. Mussk von Earl Millöcker. In Seene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Hr. Kapellmeister Knoll Anfang 7 Uhr.
Im prachwollen Park um 6 Uhr: Italienische Nacht verbunden mit einer großen Freilotterie. 3 Musik— Torps. Glänzende Illumination und engalische Be— leuchtung des ganzen Gartens. Auftreten erfter Gesangs⸗ und Instrumental⸗Künstler.
Sonntag: Großes Doppel. Concert. Auftreten von Gesangs⸗ u. Instrumental⸗Künstlern J. Ranges.
Nestdenz - Theater. Direltion: Sigmund Lauten; burg. Letzte Woche. Sonnabend: Zum 111. Male: Marquise. Lustspiel in 3 Akten von Victorien fahr. Deutsch von Robert Buchholz.
r.
Sonntag: Marquise. Letzte Vorstellung. Schluß
der Saison.
Anfang
ARroll's Theater. Sonnabend: Gastspiel von
Tr. Marcella Sembrich und des Hrn. Anton Erl. er Barbier von Sevilla. (Rosine: Fr. Sem⸗ brich. Almaviva: Hr. Erl.)
Täglich: Bei günstigem Wetter vor und nach der Vorstellung, Abends bei brillanter elektr. Be⸗ leuchtung des Sommergartens: Großes Concert.
Sonntag: Auf allgemeines Verlangen: Noch einmaliges Gastspiel des Hrn. Emil Götze. Lucia von Lammermoor.
Dienstag: Auftreten des Hrn. Der Vampyr.
Eugen Gura.
Belle Alliance Theater. Sonnabend: Zum 2l. Male: Der Nautilus. Großes Ausstattungs⸗ stück mit Gesang und Tanz in 4 Akten und 13 Bildern nach Jules Verne von Carl Pander. Musik von G. Christiani und A. Wicher.
Im prachtvollen, glänzenden Sommergarten: Großes Militär Elite ⸗Toncert. Auftreten sämmt. licher Spezialitäten. Brillante Illumination deg ganzen Garten⸗-Etablissements. Anfang des Concerts 6 Uhr, der Vorstellung 75 Ubr.
Sonntag u folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.
Adolph Ernst-⸗Theater. Dresdenerstraße 72. Sonnabend: Vorletzte Aufführung. 3 111. M.: Der Goldfuchs. Gesangspoffe in 4 Akten von Ed. Jacobfon und Leopold Ely. Gouplets theilweise von Guftav Görß. Mustk von Franz Roth. Anfang 73 Uhr Jeder Besucher der heutigen Vorstellung erhält ein Souvenir Exemplar gratis.
Sonntag: Letzte Vorstellung.
Der Sommergarten ist geöffnet.
12 — 105 Uhr. Sonnabend, um 8 Uhr: Die Ge⸗ schichte der Urwelt.
Verlobt: Frl. Klara Kliesch mit Hrn. Kauf— mann Rudolf Conrad (Berlin). — Frl. Helene Dorno mit Hrn. Richard Paul (Belzig Berlin). — Frl. Minng Lemcke mik Hrn. Gymmnasiallehrer cand. theol. Richard Abels (Rechlin — Parchim). — Frl., Ding Hülsmeyer mit Hrn. Hubert Sunder (Erxleben — Schöningen). — Frl. Mar⸗ garethe Weide mit Hrn. Paul Kastner (Breslau). — Frl. Meta Pfeiffer mit Hrn. Kaufmann Paul Eisenack (Danzig). — Frl. Martha Wiedstruck mit Hrn, Hotelbesitzer Johannes Steusloff (Wulfers⸗ dorff = Wittstock⸗ — Frl. Ottilie Sberempt mit Hrn. Richard Scholz (Barmen — Elberfeld). — Frl. Bessie Bartlett mit Hrn. Julius Bertram (Dorchester, England Barmen). — Frl. Anna Hegewald mit Hrn. Julius Oelmann Rostock = Wittenberge).
Verehelichf: Hr. Lieutenant Marcard mit Frl. Anna Brackmann (Stade). — Hr. Pr. Einil Wende mit Frl. Lucia Hausdorf (Breslau). — Hr. Fritz Schulte im Hofe mit Frl Emilie Wein garten, (Ueckendorf Lübbecke i. W.). — Ir. Amtsrichter Paul Fritzsche mit Frl. Mathilde Brodtmann (Rassel). — Hr. Hauptmann Theodor Oeser mit Frl. Margarethe Wasmus (Dregden). — Hr Karl Scholz mit Frl. Elisabeth Borg⸗ feldt (Oranienburg). — . Hr. Ernst Radicke mit Frl. Alexandra v. Michalowska (Berlin).
Geboren; Ein Sohn: Hrn. Paul“ Eccardt Berlin). — Hrn. Prem. Lient. Ernst Frhrn. von Gregory (Lüben). — Hrn. Amtsrichter Guschall (Kosel). — Hrn. Stadtrath Dahrenstaedt (Brom ⸗ berg) — Eine Tochter: Hrn. Apotheker E. Meyer (Samotschin)
Gestorben: Hr. Prem. Lieut. 9. D. von Wegnern (Königsberg). — Hr. Gutsbesitzer Johann Porr⸗ mann (Abbau Radrangen). — Hr. Kaufmann Franz Wodars (Breslauj. — Sr Kaufmann Franz Hein (KI. Schöndu). — Frau Marie Zirwer, geb. Nohse (Berlin). — Hr. Rentier Wilhelm Schröter (Berlinj. — Frau Minna Wagner, geb. Mittler (Berlin). — Frau Karo—⸗ line Soltwedel, geb Gartz (Goldberg mi. M).
Redacteur: Dr. H. Klee.
Verlag der Expedition (Scholy.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagtz⸗ Anstalt, Berlin 8wW., Wilhelmstraße Nr. 33.
Vier Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).
Berlin:
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Der „Rh Weslf. Ztg. wird aus Saarbrücken unter dem 28. d. M. geschrieben: Die Vorstände des wirthschaftlichen Vereins und die hiesige Gruppe des Vereins deutscher Eisen⸗ und Stahl -⸗Industrieller sind von verschiedenen Seiten auf · gefordert worden, allgemeinen Arbeitgeber ⸗ Vereinigungen bei—⸗ zutreten, welche den Zweck haben, dem Vertragsbruch und der zunehmenden Unbotmäßigkeit mancher Arbeiterkreise durch gemeinschaftliche Maßnahmen, insbesondere durch Mittheilung von Listen über strikende Arbeiter, entgegenzutreten. Die gestern hier ver⸗ sammelten Vorstände gaben die Erklärung ab, sie seien nicht der Ansicht, daß ein Vorgehen von Arbeitgebern gegen Arbeiter in dieser Allgemein⸗ heit das richtige Mittel sei, um den Frieden zu erhalten, bezw. wieder herzustellen. Das im Interesse der Arbeiter, wie der Arbeitgeber allein richtige Mittel Fierzu erblicken die Vorstaͤnde in dem Fest⸗ halten an dem persönlichen Verhältniß zwischen Arbeiter und Arbeit— geber desselben Unternehmens; sie lehnen des halb die Aufforde⸗ rung zum Anschluß an die vorstehend bezeichnete all gemeine Arbeitgeber⸗ Vereinigung ab, erwarten aber um so bestimmter von den Mitgliedern beider Vereine, daß sie keine Arbeiter beschästigen, welche Fachvereinen, Gewer vereinen, Rechteschutz vereinen oder anderen Vereinen angehören, die einseitig gegen die Arbeitgeber gerichtet sind. Den Mitgliedern wird empfohlen, diese Maßnahme ihren Arbeitern durch Anschlag, wo eine Veranlassung dazu vorliegt, bekannt zu geben.
Der 7. Deutsche Maurerkongreß in Erfurt setzte vor⸗ gestern seine Verhandlungen fort. Ueber den Erfolg der Ägitation im verflossenen Jahre entnehmen wir einem“ Bericht der Madb. Ztg.“ folgende Angaben: In Folge der Thätigkeit von 16 Agitatoren, welche in 156 Orten zusammen 1000 Tage thätig waren, wurden circa 100 neue Gewerkschaften gegründet. Strikeg wurden im abgelaufenen Jahre 52 organisirt: hiervon endeten 16 siegreich, 14 mit mehr oder weniger Erfolg und 9 ergebnißlos, während 13 noch dauern. Die Agitatoren, erhalten, wie der Kassirer mittheilt, für den Tag 8 M Diäten, außerdem den ortsüblichen Tagelohn und obendrein noch freie Fahrt.
In Stettin fand, wie die ‚Ostsee Ztg.“ berichtet, gestern eine außerordentliche Generalversammlung dez Arbeit geberbundes der Maurer und Zimmergewerke für Stektin und Kreis Randow statt, in welcher der Vorfitzende mittheilte, daß die strikenden Maurer versucht 6. durch einen Abgeordneten beim Vorstand Unter handlungen Behufs Wiederaufnahme der Arbeit anzuknüpfen, und zwar haben die Gesellen sich erboten, bei einem Lohnsatz von 50 3 pro Stunde die Arbeit wieder aufzunehmen. Die gestrige Versammlung beschloß, bei dem früher gefaßten Beschluß zu beharren und nur zu dem vont Arbeitgeberbund festgesetzten Lohnsatz von 40 8 pro Stunde die Arbeit wieder aufzunehmen.
Einer Meldung der „Ger. Ztg.“ aus Greiz zufolge hat die Fürstliche Regierung die Sammlungen der Ausständigen verboten. Trotz gegentheiligen Beschlusses hat Blättermel dungen zufolge ein Theil derselben in verschiedenen Fabriken die Arbeit
wieder aufgenommen. J
Aus Kiel berichtet die Kieler Ztg.! über eine öffentliche Malerversammlung, welche, vom Innungsvorstand berufen, von Meistern sowohl als von Gehülfen zahlreich besucht war. Während der Innungsvorstand und mehrere Meister für Aufrechthaltung des Innuugsbeschlusses (40 Stundenlohn und zehnstündige Arbeitszeit) eintraten, wurde von den Gehülfen für ihren bezüglichen Beschluß (465 3 Stundenlohn und 9gisstündige Arbeitszeit) gesprochen. Da von keiner Seite Anerbietungen irgend einer Art gemacht wurden, so mußte auch diese Versammlung ohne Refultat geschlofsen werden. Die Innung wird aber auf einer Innungsversammlung einen Ausschuß wählen, der sich mit dem Gehülfenausschuß zur Erreichung einer Einigung in Verbindung setzen wird. Die geheime Abstimmung der Gehülfen ergab, daß zwei gegen 809 für Durchsetzung ihrer Forderungen waren.
Hier in Berkin ist dem Vertreter der Interessen der strikenden Brauergesellen Seitens des Vereins der Bayrisch Bier⸗ Brauereien Berlins und Umgegend, wie wir der Voss. Ztg.“ entnehmen, eine Erklärung zugestellt worden, daß der Verein der Brauereien Berlins und der Umgegend den Braumeistern im In⸗ teresse des Friedens empfohlen hat, die ausständigen Gesellen, mit Ausnahme derjenigen, welche sich in gröblicher Weise gegen ihre Vor gesetzten vergangen haben, sofern sie um Arbeit nachsuchen, je nach Bedarf wieder einzustellen.
Die Ergebnisse der Krankenversicherung in Berlin im Jahre 1889. II.)
Die 89 Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen, welche am Schlusse des Jahres 1889 in Berlin bestanden, sowie die Gemeinde⸗ Krankenversicherung vereinnahmten in dem genannten Kalenderjahre zusammen 5689 215 „, darunter 95,8 ½ oder durchschnittlich pro Kopf jährlich 19,09 „M an Beiträgen und Eintrittsgeldern. Dagegen beliefen sich die gesammten Ausgaben auf 5 160133 „pt, sodaß eine Mehreinnahme von 589 082 6 zu verzeichnen war. Einschließlich der letzteren betrug am 31. Dezember 1889 das Gesammtvermögen 3 610747 „6, davon entfielen auf den Reservefonds 3 401 243 t, d. h. gerade zwei Drittel der letzten Jahresausgabe. Von der
letzteren kamen ; Proz. der auf den Kopf
Gesammt⸗ durchschnitt⸗; ausgabe lich jährlich
2419369 47,4 8, 47 Ml 244 796 4,8 0, 8t- , 342 619 67 1,20 S0 8 434 15,9 2, 83
Krankenhauspflegen. So? 920 158 2.83
Verwaltungskosten... . 424120 8,3 .
Eine Orts und eine Betriebskrankenkasse (letztere besteht aller · dings erst seit dem 5. November 1889) hatten keinen Reservefonds aufzuweisen, ebenso wenig nach der Vorschrift des Gesetzes die
Gemeinde ⸗Krankenversicherung. Bei 17 Orts„, 3 Betriebs. und
1 Innungekasse waren Mehrausgaben zu verzeichnen, desgl. — wieder
gemäß den Vorschriften des Gesetzes — bei der Gemeinde⸗Kranken—
versicherung; dieselben erreichten zusammen einge Höhe von 19 344 .
Die wöchentlichen Beiträge der männlichen Mitglieder schwanken zwischen 24 und 75, die der weiblichen zwischen 14 und 54 Y; bei
der Gemeinde⸗Krankenversicherung betragen dieselben 21 und 16 8.
Das Krankengeld pro Tag für männliche Personen ist am geringsten
mit 1 M6 209 4, am höchsten mit 3 M; für weibliche Arbeiter stellen
sich die betreffenden Beträge auf 75 3 bezw. 2 . Verschiedene
Betriebskassen gewähren ihren Mitgliedern männlichen und weib—
lichen Geschlechts die Hälfte bis drei Viertel des wirklichen Arbeits
verdienstes bis zur Höhe von 4 Ebenso verschieden wie das
Krankengeld ist die Maximaldauer der Unterstützungszeit. Während
sich die Gemeinde⸗Krankenversicherung, 6 Orts-, J Betriebs. und
1. Innungskasse an die Minimalvorschrift des Gefetzes halten
(13 Wochen), gewähren 30 Orts-, 3 Betriebs. und 1 Innungs kasse
die Krankenunterstützung ein ganzes Jahr hindurch. Das Sterbegeld
) Vergl. Nr. 126 d. „Reichs und Staats ⸗Anz.“ vom 27. Mai.
überhaupt auf 6. Krankengeld einschl. Wöchne⸗ rinnenunterstützung. Sterbegeld. Aerztliche Behandlung. Arznei und Heilmittel
wächst verschiedentlich mit der Länge der Mitgliedschaft; es ist am
niedrigsten mit 48 M für männliche und 30 *, für weibliche Per⸗
sonen, am höchsten mit 180 bezw. 60 S Die Gemeinde ⸗Kranken⸗
i n ist gesetzlich zur Zahlung eines Sterbegeldes nicht ver—⸗ ichtet.
Zur wirthschaftlichen Lage.
Die gewerblichen Verhältnisse im Regierungsbezirk Münster, welche in den letzten Jahren einen erfreulichen Aufschwung hatten er⸗ kennen lassen, find nach wie vor als günstige u bezeichnen. Die Baumwoll“, Leinen‘ und Halbleinen⸗Indu strie, Tie Spinnereien und mechanischen Webereien waren im letzten Quartal in regem Betriebe. Vielfach sind in Folge flotten Absatzes der Fabrikate und erhöhter Nachfrage Erweiterungsbauten nothwendig geworden. Eine Reihe neuer gewerblicher Anlagen wurde voll⸗ endet bezw. in Angriff genommen. Im Landkreise Münster wurde eine Weberei neuertichtet, in der Stadt Bocholt eine Bauma oll spinnerei mit vorläufig 3000 Spindeln und 896 Arbeitern in Betrieb gesetzt. Eine gleiche Anlage, in welcher 45 O00 Spindeln betrieben werden können, entstand in Burgsteinfurt. In Gronau wurde der Betrieb einer neuen Spinnerei zum Theil eröffnet. Mit dem Bau einer mechanischen Leinweberei in Rheine und einer Baum- wollspinnerei in Ochtrup ist begonnen. Die Plüschwelarei in Höt⸗ mar und Freckenhorst (Kreis Warendorf) ist im Zunehmen begriffen. Die Steinkohlenzechen des Bezirks arbeiten flott und zu hohen Preisen Die Arbeitslöhne find im Verhältniß zu den Preisen gestiegen.
Auch im Regierungsbezirk Trier hat der schon seit längerer Zeit festgestellte Aufschwung in Handel und Industrie während des ver— flossenen Vierteljahres angedauert. Namentlich haben bie gewerhlichen Anlagen, in Folge zahlreicher Bestellungen in sehr lebhaftem, auch durch die Anfangs des Jahres sich zum Theil empfindlich fühlbar machende Kohlennoth nicht unterbrochenem Betriebe gestanden. Auf den fiskalischen Steinkohlengruben, den Hüttenwerken an der Saar, den Mosaik⸗, Fayence, Steingut Fabriken zu Mettlach und Merzig, der Thonwaagrenfabrik zu Ehrang und mehreren kleineren Eteblifsements war des halb eine Vermehrung des Arbeiterpersonals erforderlich. Der Handel stand im Allgemeinen im entsprechenden Verhältnisse zu der gestelgerten Thätigkeit der Industrie und hatte guten Verdienst. Namentlich war der Kohlenhandel ein sehr reger. Im Publikum wurde jedoch lebhaft Klage geführt, daß die Kohlennoth in ungehöriger Weise von dem Zwischenhandel ausgenutzt werde. Für die Landwirthschaft er⸗ wächst aus dem erhöhten Erwerb der gewerblichen Arbeiter insofern ein nicht zu unterschätzender Mißstand, als sich immer mehr Personen von der landwirthschaftlichen Thätigkeit ab., und der Industrie zu⸗ wenden. Um den hierdurch entstehenden Mangel an Arbeitskräften zu decken hat in letzter Zeit an manchen Orten“ die Heranziehung bon Knechten aus den öftlichen Provinzen stattgefunden. Die Löhne der industriellen Arbeiter haben sich auf ihrer bisherigen Höhe gehalten und sind zum Theil erhöht worden. Ein Theil' der Arbeiter' macht von diesen günstigen Verhältnissen einen guten Gebrauch, wie aus dem Umstande hervorgeht, daß in den industriellen Gegenden des Bezirks bei manchen Sparkassen die Einlagen merklich ge— stiegen sind. Indessen sind auch Beschwerden von Geschäftsleuten über schlechten Eingang ihrer Ausstände, sowie Klagen darüber nicht selten, daß die Lohnerhöhungen die Genußfucht unter der Arbeiterbepölkerung gesteigert haben und daß sich namentlich die jugend⸗ lichen Bergarbeiter durch vermehrten Wirthshausbesuch und Ver— schleuderung ihres Verdienstes unvortheilhaft auszeichnen.
Zum Sparkassenwesen.
Der Stand des Sparkassenwesens im Regierungsbezirk Aachen läßt eine erfreuliche Zunahme der Spareinlagen erkennen. Speziell bei den Prämienkassen, welche ohne Ausnahme nur für die hand— arbeitende Volksklasse (Dienstboten, Fabrik« und Bergarbeiter, Tage⸗ löhner und kleine Handwerker) bestimmt und zugänglich sind und den Sparern besondere Vortheile durch höhere Verzinfung der Einlagen und durch Bewilligung von Prämien gewähren, hat sich der Bestand der Spareinlagen vom 31. Dezember 1871 bis dahin 1889 von 12263 672 66 auf 28711 688 S½ erhöht. Im Jahre 1885 betrug er 26 208 856 6; im folgenden Jahre betrug die Steigerung 614 774, im Jahre 1887: 265 222 6½, im Jahre 1858: 545 5653 und im Jahre 1889 gegen das Vorjahr sogar 1142 183 0 Speziell in der Stadt Aachen erhöhte sich der Bestand von 799 899 „M' im Jahre 1883 auf 10 240972 „ im Jahre 1855 (4 441 03 ). Bei den sämmtlichen Spar- und Prämienkassen des Regierungẽ⸗ bezirks hat sich der Bestand von 73 105 777 „ im Jahre 1888 auf I 067 984 „ im Jahre 1339 ( 11962207 4) erhöhbt. Dagegen war im Jahre 1887 ein Rückgang (um 1621773 4) eingetreten, weil viele wegen der Herabsetzung der Zinsvergütung ihre Einlagen zurückzogen; erst als man sich überzeugte, daß man mit einem all— gemeinen Rückgang des Zinsfußes zu rechnen habe, trat wieder eine stetige Zunahme der Einlagen ein. Das läßt auf einen günstigen Stand der materiellen Lage der unteren Klassen schließen. Der Arbeiterausstand auf den Kohlenbergwerken im Frühjahr 1889 hat sich in Bezug auf die Ziffer der Spareinlagen insofern bemerkbar gemacht, als hei der Sparkasse zu Herzogenrath im Landkreise Aachen, welche im Mittelpunkt der von den Bergarbeitern bewohnten Srt— schaften liegt, keine Zunahme, sondern eine kleine Abnahme der Fin— lagen zu verzeichnen ist. 3,
Die erste bayerische Arbeiter ⸗Kolonie Simonshof hat am 1. Mai ihr zweites Aufnahmsjahr vollendet. Seit ihrer Eröffnung hat die Kolonie, der M. „Allg. Ztg. zufolge, 734 arbeite lose Wanderer aufgenommen, an 51 155 Tagen verpflegt, an 36 724 Tagen beschäftigt und ihnen an 144304 Tagen, als an Sonn und Feiertagen, Krankheits⸗ und Regentagen, Zu⸗ und Abgangstagen die Ver= pflegung ohne Arbeitsleistung und Entgelt gewährt. 4416 Kolonisten waren Angehörige des Königreichs Bayern und 288 Angehörige anderer deutschen Staaten, Oesterreichs, der Niederlande und Rußlands. Ein Bestand von 59 Mann ging mit in den Monat Mai und das dritte Aufnahms⸗ jahr über; darunter 22 Nichtbayern und 37 Bayern. Die bayerischen Kolonisten vertheilen sich auf die sämmtlichen 8 Regierungsbezirke des Königreichs; auf sie allein treffen 26 005 Verpflegungstage. 284 ge— hörten der katholischen, 160 der evangelischen Konfession an, 2 waren Israeliten, 417 waren ledig, 15 verheirathet, 11 verwittwet und 5 geschieden. 1 wurden von der Kolonie in Stellung gebracht. Auf die unmittelbaren Städte des Königreichs treffen 117, und auf die ein⸗ zelnen Amtsbezirke 329 Kolonisten. Auf Oberbayern treffen 39 Kolo⸗ nisten mit 1837) Verpflegungstagen. Davon treffen 26 auf die unmittelbaren Städte auf München 16) und auf die Amtsbezirke 15. 8 Kolonisten waren katholischer und 1 evangelischer Konfesston, 38 waren ledig und 1 verheirathet, 5 kamen von der Kolonie gus wieder in Stellung und 4 befanden sich am 1. Mai noch auf Simons hof. In dem bezüglichen Bericht heißt es ferner: „Die Ansicht, daß die Arbeiter-⸗Kolonie für unseren Kreis zu entlegen sei, ist durch Thatsachen als unzutreffend widerlegt. Nicht nur hat sie Angehörigen unseres Kreises bereits nützlich gedient, fondern auch Wanderer gus koch entfernteren Gegenden, aus allen Theilen des Deutschen Reichs und aus Oesterreich, selbst aus den Niederlanden und Rußland haben den Weg nach dem Simonshof gefunden. Man wird daher gut thun, sich mehr und mehr daran zu gewöhnen, arbeitskräftige Bettler, welche vorschützen, keine Arbeit zu finden, auch aus entfern⸗
teren Gegenden nach der Arbeiter - Kolonie zu verweisen, denn es ist besser, ihnen eine 8. bis 10tägige Wanderung nach festem Arbeitsziel zuzumuthen, als ihnen zu ermöglichen, ohne Ziel und Plan wochen— und monatelang das Land bettelnd und fechtend zu durchziehen.“
Die Einfuhr italienischer Weine
nach Deutschland hat sich außerordentlich gehoben. Sie betrug, nach den Mittheilungen des Königlich italienischen Ackerbau⸗Ministeriums, im Jahre 1887: 49 583, 1888: 71 3397 und 18895: 120 5664 pi oder ca. 16 Millionen Flaschen, ungefähr den vierten Theil der gesammten Einfuhr ausländischer Weine; dabei ist die Einfuhr in den Hafen von Hamburg au ßer Acht gelaffen. Ez ist wohl kaum ein besserer Beweis als ziese Zahlen zu erbringen, daß die stalienischen Weine dem deutschen Geschmack zufagen und in Folge dessen die Zahl der Liebhaber ganz bedeutend im Zunehmen ist. Den Anstrengungen verschiedener Firmen und ganz besonders den Bemühungen der deutsch⸗italienischen Wein⸗ Import⸗-Gesellschaft ist es zu danken. daß das deutsche Pubfttum immer mehr auf die Güte und die großen Vorzüge italienischer Weine aufmerksam gemacht und so diefe ganz enorme Steigerung des Kon— sums herbeigeführt wurde.
Literatur.
Ein Vorbild hehrer Frauentugend und christlicher Barmherzigkeit auf dem Throne Der deutschen Jugend gewidmet von C. Ommerborn in Charlottenburg. Düsseldorf, Druck und Verlag von Schramm. — Verehrung gegen die heimgegangene Hochselige Kgiserlkn sowie die Mahnung Kaiser Wilhelm's if in dem Antwortschreiben vom 15. Januar 1850 auf die Beileidsadresse des Magistrats und der Stadtverordneten Berlins: „Möge das hehre Vorbild Viele zur Nacheiferung anspornen', haben dem Verfasser dieser mit einem schönen Titelbilde der erhabenen Frau geschmückten Schrift die Feder in die Hand gedrückt. Sind auch die zehn Lebens—⸗ bilder, welche das wohlausgestattete Büchlein, unter den Usber— schriften: Heimath und Familie — Jugend- und Lernzeit — Augusta als Braut, Gattin und Mutter — Augusta wird Königin — Augusta als Kaiserin — Augusta's letzte Lebenstage und Tod — der letzte Gang der Kaiserin Augusta — Augustaiz Grab — letzte Liebes⸗ zeichen — des Volkes Trauer“ bietet, nur wenige Blaͤtter und Blüthen aus dem reichen Lebenskranze der Hohen Verblichenen, so genügen sie doch, um den Blick des Lesers zum Thron zu lenken, damit er nicht nur das Lebensbild diefer Fürstin, die zu allen Zeiten eine der ersten Stellen in der Geschichte edelmüthiger deutscher Frauen behaupten wird, in sich aufnehme, fondern auch an dem Beispiel von oben lerne, was eine liebende Landesmutter für ihre nothleidenden Unterthanen zu thun vermag. Die Anlage des Buchs zielt darauf ab, der Belebung des Geschichtsunterrichts für Mädchen zu dienen. In zweiter Linie soll der gleich bedeutungsvolle Zweck desselben nicht minder auch darin bestehen, eine passende Jugend⸗ lektüre über die Kaiserin Augusta zu schaffen, deren Leben nur im Licht der neuesten deutschen Geschichte voll und ganz verstanden werden kann. Zu diesem Zweck hat der Verfasser einesthells pon ihm über das Leben Augusta's gesammelte Daten sowie mündlich eingezogene Er⸗ kundigungen, anderntheils aber auch Aufzeichnungen der Königlichen Bibliothek zu Berlin auf das Beste verwerthet.
— (R) Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahr— hundert, von Heinrich von Treitfchke. Vierter Theil. Bis zum Jahre 1849. Leipzig, Verlag von S. Hirzel, 1889. Gr. 80. Seiten VIII und 753. — Der berühmte Verfafser dieser Deutschen Geschichte im neunzehnten Jahrhundert faßt den gesammten Inhalt bes IV. Bandes in dem Schlagwort zusammen: „Das Eindringen des französischen Liberalismus von 1850 —– 40.; die Einzelheiten behandelt er in zehn Abschnitten: 1) Die Juli⸗Revolution und der Weltfriede; 2) die konstitutionelle Bewegung in Norddeutschland; 3) Preußens Mittelstellung; 4) Landtage und Feste in Ober⸗Deutschland; 8) Wiederbefestigung der alten Gewalten; 6) der deutsche Zoll⸗ verein; T das Junge Deutschland; 8) Stille Jahre; 9) der welfische Staatsstreich; 19) der Kölnische Bischofsstreit. In dem Vorwort betont der Verfasser die Schwierigkeit, das historische Leben auch in den verworrenen Parteikämpfen diefes Jahrzehnts zu erkennen und getreu zu schildern. Außer den früher benutzten Archiven hat ihm diesmal auch das Staats Archiv in Hannover mannigfache Beleb— rung geboten. Durch das ganze Werk bekunden“ fich gründ⸗ liches Studium und die Herrschaft über ein umfangreiches Quellenmaterial; manche, wenig bekannte, vertraulich zugãng⸗ lich gewordene Einzelheiten sind geschickt verwerthet worden. Das bei ausländischen Kritikern erregte Befremden Über den Ton seines Buches hat der Verfasser nicht anders erwartet, denn er schreibt für „Deutschẽ; es mag wohl noch viel Wasser unferen Rhein hinabfließen, bis die Fremden uns erlauben, von unferem Vaterlande mit demselben Stolz zu reden, der die nationalen Geschichtswerke der Engländer und Franzosen von jeher ausgezeichnet hat. Cinmal doch wird man sich im Auslande an die Gesinnungen des neuen Deutsch⸗ lands gewöhnen müssen.. Das bereits berühmt gewordene Werk wird auch in der vorliegenden ö sicherlich auf die Anerken⸗ nung der Zeitgenossen rechnen dürfen, welche voraussichtlich dem stärker als seither gegebenen Urtheile über die Gesinnungen des „Neuen“ Deutschlands ihre Anerkennung nicht verfagen werden. Namentlich wird immer der Scharfsinn bewundert werden, mit dem Treitschke die Gegensätze zwischen französischem und deutschem Geiste, die Merkmale der beiden durch die Revolution geschiedenen Epochen herauszufinden gewußt hat. Unnachsichtlich brandmarkt er die Schattenseiten moderner Bildung. In dem ersten Kapitel wird in rascher Uebersicht durch die Juli⸗Revolution ein Bild der veränderten Weltlage gegeben. Der welfische Staatsstreich des Jahres 1837 ist nicht nur mit an? erkennenswerther Offenherzigkeit nach, damaliger Bedeutung und deren nachtheiligen Folgen gewürdigt, sondern auch Gelegenheit ge—⸗ nommen, die Professorenpolitik auf das ihr gebührende Maß zurück= zuführen. Der vorliegende Band bon Treitschke's Deutscher Geschichte ist nicht nur ein Werk von hoher wissenschaftlicher Bedeutung, sondern vorzugsweise eine politische That, welche hoffentlich mit dazu beitragen ö mit Blut und Eisen erkämpfte deutsche Einheit ungeschwächt zu erhalten.
— Geschichte des deutschen Volkes und seiner Kultur“ zur Zeit der karolingischen und säͤchsischen Könige. Von Heinrich Gerdes. In drei Bänden. Erster Band. Erfke Lieferung. Leipzig, Verlag von Dunker u. Humblot. 1890. — In dem großen Plan des Gesammtwerks, 1) die politische Geschichte des deutschen Volkes von 843 bis 1024, 2) die Geschichte der Kultur Deutsch⸗ lands von 843 bis 1024, a. Land und Leute, b. den Staat, e. die Kirche, d. das geistige Leben und die Wissenschaft im Mlttelalter vor— zuführen, fällt der vorliegenden ersten, 64 Seiten (gr. Söj siarken Lieferung die Aufgabe zu, den Zustand des Reichs beim ÄÜntritt und, Ausgang der Karolinger zu schildern. Es wird in lichtvoller Weise dargelegt, welche Schwierigkeiten das deutsche Volk von Anfang zu überwinden, welche Umwege es zu machen hatte, um ein feiner Volksart entsprechendes einheitliches Staatswesen zu bilden, ja wie zuerst die alten Ueberlieferungen zerstört und dann mit dem Aufbau des Neuen begonnen wurde. .
— - Dante's Beatrice im Leben und in der Dichtung.“ Von Oskar Bulle, Dr. phil. Berlin, Verlag von Paul Hüttig. 1890. — Dies Werk geht mit Scharfsinn der Frage nach, ob das
Kaiserin Augusta“.