1890 / 139 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 11 Jun 1890 18:00:01 GMT) scan diff

Theater und Mufik.

Berliner Theater. In der Hamlet Aufführung am Sonnabend in welcher Friedrich Mitt? rwurzer die Titelrolle darstellt, wird Christine Hebbel vom Statt Theater in Riga als Ophelia debutiren.

Kroll's Tbeater.

Fr. Ernestine Heink, welche von vorigem Sommer ber als bedeutende Altistin bei allen Besuchern des Krell schen Theaters in gutem Andenken stebt, trat gestern zum] ersten Male als Orpheus n Sir d's gleicknamiger Dyer auf. Die Künstlerin zeigte sich in gesangllcher und schauspielerischer Beziehung allen Anforterungen der Rolle gewachsen. Die breite mächtige, besonders in der tiefen Lage ausgiebige Stimme gab den Empfindungen des Schmerzes, der Sehn⸗ fucht und der Liebe, welche die Seele des Orpheus durchziehen, willig Ausdruck; der Vortrag war an allen Stellen und bei allen Worten fein durck dacht und wirkungsvoll; ergreifend war die Arie im jweiten Alt, mit welcher Drpheus die Furien und Larven (hier hãtte aber Larwen“ gesungen werden müssen) zu rühren weiß, und zu voll⸗ rndeter künftlerischer Höbe erbob sich Fr. Heint im dritten Akt mit der Arie Ach, ich habe sie verloren?. welche auf die Hörer einen tiefen Eindruck ausübte. Leider macht sich in der mittleren Lage, wo die Stimme etwas von ihrer sonstigen Kraft vermissen läßt, zuweilen ein störendes Tremolo geltend. Die Eurwike fang Fr. Ha dinger. Hat ihre Stimme ach in der mittleren Lage eine gewisse, nicht wohlthuende Schärfe, so weiß sie Fe. Hadinger doch mit außerordentlichem Geschick zu bebandeln; das offenbarte sich befsnders in dem Zwiegefang mit Orpheus in dem dritten Akt, wo sie durch ihren känstlerisch abgerundeten Vor trag sich als völlig eben⸗ bürtig mit ihrer Partnerin erwies. Nam entlich ist ibre deutliche Ausfrrache zu rühmen. Weniger in den Rah men der Glud ichen Sper paßte Frl. Karlona als Erog, deren Stimme noch zu wenig Festigkeit und Sicherheit verrãth, um sich in den Stil der getragenen Musik einfũügen zu können. Die Chöre thaten ihre Schuldigkeit, die Ausstattung und das ganze Arrangement waren in Anbetracht der Beschrãnkungen, welche sich eine Sommirbühne aufzuerlegen hat, durchaus an gemessen. Die Dunkelkei in der Unterwest zu Beginn des zweiten Akts war. es sst dies allerdings Mode geworden etwas zu groß; der Zuschauer erbält für die Borgänge dicser Hauptscene ein viel größeres Ver⸗ stärdniß und wird ungleich mehr gefeffelt, wenn die Unterwelt weniger durch undurchdringliche Dunkelheit, als vielmehr durch feuerrothe Farbe gekennzeichnet wird, wie dies auf italienischen Bühnen mit sroßer Wirkung eingeführt ist.

Die EConstanze der Fr. Marcella Sembrich in Mozart' d Enffihrung aus dem Serail? ist wieder eine derjenigen Partien der gefeierten Sängerin, welche dem Berliner Publikum bisher unbekannt geblieben sind; am Sonnabend tritt nunmehr Fr. Sembrich darin auf. Das so überaus erfolgreiche Gastspiel der Künstlerin hat diesmal den besonderen Reiz, außer den frũheren Glanzleistungen der Fr. Sembrich auch neue Rollen derselben vor⸗ zufübren. Ernestine Heink singt morgen die Madame Bertram in „Maurer und Schlosfer-', eine heitere Partie in dem Revertoire Fieser vielfeitigen Känstlerin. Die als vorzüglich anerkannte Auf⸗ fübrung Kreutzer's Racktlager in Granada“ wird am Freitag wiederholt.

Mannigfaltiges.

Mit Allerhöchster Genehmigung Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin sind aus den stiftungsmäßig in diesem Jahre zur Vertheilung gelangenden Zinsen der Stiftung „Frauentrost“ nachstehende Beihülfen gewährt worden:

1) dem Bayerischen Frauen⸗Verein zu München für das zu erbauende Krankenhaus 250 66,

) dem Sachsen⸗Weimarischen Frauen⸗Verein zu Stadtremda für die Kleinkinder⸗Schule 200 46, ; *.

3) den Zweigvereinen des Preußischen Vater ländischen Frauen⸗Vereins: zu Schleswig zur Beschaffung des Materials für Frauen⸗Handarbeit 300 6, Meseritz für das Siechenhaus 6 , Seelow für das Krankenhaus 150 , Wehlau für die Kleinkinderbewahransta lt 150 M66, Reppen für das Siechen⸗ haus in Sandow 150 , Spremberg zur Unterhaltung der Gemeinde Diakonie 100 S6, Krossen für die Kleinkinder⸗Schule

1

100 und Rheinsberg zur Förderung der Hausindustrie

100 4 zusammen „1500 46.

Auf Grund des 8 7 der Urkunde über die Stiftung „Frauentrost“ wird dies hiermit veröffentlicht. Dresden, den 11. Juni 1890. Der Vorsitzende des Ausschusses für die Verwaltung der Stiftung „Frauentrost“. Dr. Hassel, Geheimer Regierungs⸗Rath.

Wilhelm-Stiftung Beamtendank.

Aus Anlaß des Ehejubiläums Ihrer Hochseligen Majestãten des Kaisers Wilhelm und der Kaiserin Augusta war im Jahre 1879 unter dem Namen „Wilhelm Stiftung Beamten⸗ dank“ mit einem Kapital von 25 000 4 in Berlin eine kleine Stiftung begründet worden Behufs Gewährung von Beihülfen an beutsche Beamte. Das Statut wurde unterm 28. Januar 1882 landesherrlich genehmigt. Das eingesetzte Kuratorium hat jährlich am 11. Juni öffentlichen Bericht zu erstatten. Es entledigt sich dieser Pflicht hiermit für das Jahr 1889 90. Der Bestand der Stiftung betrug am 11. Juni 1889 37 976 6 59 J. Zinsbar angelegt waren davon in einer Hypothek 30 000 MS, in pupillaris sicheren Werthpapieren 360 44 Im Laufe des Jahres sind neu angelegt 600 M6. Nach dem Statut durfen nur zwei Drittel der aufkommenden inen zu Stiftungszwecken verwendet werden, bis das apital die Höhe von 200 009 6 erreicht. Die Bei⸗ hülfen können danach nur sehr beschränkt sein. Im letzten Jahre sind an 41 Hinterbliebene bedürftiger Beamten und an einen in Noth befindlichen pensionirten Beamten zusammen 1005 ½ gewährt, an Porto und Verwaltungskosten ꝛc. 42 MM. 90 3 verausgabt worden. An Zinsen sind eingegangen 1575 ½ 490 , wovon 575 MS 13 3 dem Kapitalkonto zu⸗ geschrieben würden. Ein Geschenk von 30 M verdankten wir dem mildthätigen Sinn einer inzwischen bereits heimgegangenen Frau. Möchte sie viele Nachfolger erwecken! Es sind jetzt 515 S zur Vertheilung bereit. Der Bestand der Stiftung besteht zur Zeit in der schon erwähnten Hypothek von 30 05h M, in Papieren im Nennwerthe von 7900 und in baar 628 M 25 3, zusammen 38 528 S 25 3. Berlin, den 11. Juni 1890, Das Kuratorium der Wilhelm-⸗Stiftung Beamtendank. von Sy dow.

Dem Museum für deutsche Volkstrachten, Klosterstr. 36, bat, wie die N. A. Ztg. berichtet, Ober ⸗Stabsarzt Dr. Vater aus Potsdam ein ein Fuß bobes Modell einer Thüringer Bäuerin aus der Gegend von Salzungen in Sachsen⸗Meiningen geschenkt. Vesonders charakteristisch für diese im Verschwinden begriffene Tracht ist die bohe spitze Haube von schwarzer Seide. Die Verwaltung des Museums ist leider durch Platzmangel verhindert, größere Modelle aufzustellen, es muß daher die Vorführung der zahlreich vor⸗ handenen Kostüme, welche ja jetzt schon, theilweise wenigstens, sich dem Beschauer auf lebensgroßen Wachsfiguren darstellen, einer späteren Zeit vorbehalten bleiben Von demselben Gönner wurde duch ein Marisnbild mit vier Religaien gus der Rhein, provinz geschenkt, während Dr. Weinitz aug Berlin eine schöne Rollektion' von Frauen und Mädchenhauben aus der Hildes heimer Gegend spendete. Die Hauben bestehen theils aus Goldbrokat, theils sind sie in rother und grüner Seide überaus reich gestickt und mit Perlen rerziert. Bemerkenswerth ist, daß auch diese Hauben enganliegend sind, wie dies überbaupt im Norden Deutschlands üblich ist, während im Süden die Hauben eine voluminösere Gestalt annehmen.

Die Brauerei ⸗Ausstellung wird, der Nat. Ztg. zufolge, im Landes ⸗Ausstellungspark am nächsten Sonnabend ersffnet. Von besonderem Interesse dürfte es sein, daß unter den Ausstellern der mannigfachen Trinkgefäße auch die Königliche Porzellan · Manufaktur fizurirt. Die eig narrige Schau in der Ausstellungskalle wird dem

Publikum von Sonntag Nachmittag ab zugänglich sein und wird von

za ab das Eintrittsgeld zum Ausstellungs park einschließlich der Bra uerel Ausstellung 50 betragen; Saisonkarten sind gültig.

Die Kaufmännische Fortbildungsschule im Friedrichs Wer derschen Symngsium wurde gestern von der Kaiserlich japa⸗ nifchen Kom misffion, bestebend aus dem Direktor im japanischen Unterrichts ⸗Ministerium Kuhota Yndrura, dem Gymnasial · Professor und Hülfsarbeiter im Ministerium Terada Ynkichi und dem Hülfs⸗ arbeiler im felben Mirssterium K. Kimura, welche von der Regierun ju Tokio Bebufs Studiums der deutschen Schuleinrichtungen na 2 entsandt worden ist, besucht und einer eingehenden Inspizitung unterworfen.

Morgen findet in der Urania bei heiterem Himmel wieder einer jener sogenannten Astronomischen Abende am großen Refraktor? statt, welche betreffende Veranstaltung von den be- treffenden engeren Kreisen astronomischer Laien immer besonders dankbar entgegengenommen wird. In dem Halbdunkel der großen Kuypel⸗ wölbung, welche mit dem großen bydraulischen Aufzuge, der mechanischen Kuppeldrebung, dem elektrijchen Uhrwerk, wodurch das Instrument dem Laufe der Sterne nachgeführt, wird und endlich dem impojanten Sehwerk⸗ zeuge selbst, eines der interessanteften Ensembles mechanischer Meifter⸗ werke aufweist, vereinigen sich an diesen Donnerstag⸗ Abenden nur hböchstens 20 Personen, um an der sicheren Hand und im vertraulich unterbaltenden Gespräch mit den Astronomen der Anstalt durch die gewaltige Wunderwelt des Himmels geführt zu werden. Namentlich erregt der Planet Saturn mit seinem Ringfpstem immer noch die lebbafteste Verwunderung der Befucher. Die Ringe find bekanntlich nur noch sehr kurze Zeit zu sehen, da Saturn sich bereits wieder der Sonne nähert, um bald in deren Strahlen zu verschwinden. Im nächsten Jahre aber sehen wir den Ring bereits faft gan; don seiner schmalen Seite, also sehr verjüngt, und es werden dann 4-5 Jahre vergehen, ehe er wieder in eine für die Beobacktung. günstige Lage ge. langt. An diesem Donnerstage findet auch insofern eine besondere Veronslaltung in der Urania statt. als sich Hr. Dr. M. W. Mever, der Direktor der Anstast, entfchlossen hat, seinen nunmehr mit dieser Woche nach nahezu 156 maliger Wiederbolung vom Repertoire ver- schwindenden Vortrag „Die Geschichte der Urwelt“ einmal selbst zu kalten. Von nächster Woche ab soll dann, rielfach geãußerten Wänschen entspreckend, „Die Reise bis zum Mende in wesentlicher ö und Reuinscenirung noch einige Zeit lang wiederholt werden.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene De peschen.

Pest, 11. Juni. (B. T. B.) Die heutige Berathung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten der ungarischen Delegation wurde von dem Delegirten Falk mit der Erklärung eingeleitet, daß die un rige Delegation freudigst der huldigenden und⸗ gebung des Ministers des Auswärtigen, Grafen Kälnoky, für die erhabene Persönlichkeit Sr. Majestät des Deutschen Kaisers zu stimme. Falk gedachte darauf mit warmen Worten der Stellung Italiens im Dreibunde und fragte an: ob nicht das Verhältniß Englands zur Tripelalllanz ein anderes sei als das der übrigen Mächte, ferner, ob Graf Kalnoky Schritte gethan habe oder thun werde Behufs Anerkennung des Prinzen 6 als Fürsten von Bulgarien und schloß mit dem usdruck des Vertrauens zu der Politik des Grafen Kälnokny. Der Minister des Auswärtigen Graf Kälnoky erklärte:; sein Exposs könne nur das gleiche sein wie in dem österreichischen Ausschuß. Der veröffentlichte Tert über das Letztere sei authentisch. Auf einzelne Fragen sich zu äußern, werde er Gelegenheit nehmen. Bern, 11. Juni. (W. T. B.) Der Bundesrath hat die Einfuhr von Kleinvieh aus Italien nach der Schweiz wegen der in Ober Italien herrschenden Maul⸗ und Klauenseuche verboten.

(Fortsetzung des Richtamtlichen in der Ersten Beilage.)

und E. Graeb. und Bertrand.

Mullagbmore Aberdeen. Ghristian und Kopenhagen. Stockholm. Haparanda. St. Petersbrg. Moskau Gortł. Queens - K Gberbourg elder vlt amburg. winemün Neufahrwass tr 7]!* Memel 755 60 ünster. .. 756 Karlsruhe. 760 Wiesbaden J758 München.. 161 Chemnitz.. J]758 Berlin. 755 Wien... 758 Breslau... 758 Ile d Arx... 164 1 6g 2 wolki 1 G 160 still halb bed.

Uebersicht der Witterung.

Ein baremetrisches Minimum unter 745 mm liegt westlich von Irland, einen Ausläufer ostwärts nach dem nordwestlichen Deutschland entsendend;

4 wolkia 4 bedeckt 3 wolkenlos 1 bedeckt 6 Regen

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und Eurydike. Text nach dem von Emil Grae

56g ggg 89

58 89

4 wostig 7 Uhr. 4 Regen 3 halb bed. 4 wolkig 2 wolkig 2 Regen 3 wolkig 2 bedeckt

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4 halb bed. 4 bedeckt ͤ 4 halb bed. 3 halb bed.

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Leopold. Freitag: Kirchfeld.

2 wolkenlos 2 bededt

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Mitterwurzer.) Sonnabend:

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Freitag:

in Maximum ist ü 8 ö: cke in 5 Akten von ein 1 ist über Nord⸗Europa in Entwick Sen I d: er genere. e ispisl in ginn,

von Oscar Blumenthal. Sonntag: detzte Vorstellung in dieser Saison. weise über der normalen. In Süd-⸗Frankreich fanden Die Ehre. Schauspiel in 4 Akten von Hermann

lung begriffen. Bei schwacher Luftbewegung ist das Wetter in Central Eurora wärmer und vorwiegend trübe. In Deutschland liegt die Temperatur stellen

Gewitter statt. Sudermann.

Deutsche Seewarte.

Theater⸗Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Donnerstag: Drern—⸗ baus. 142. Vorstellung. Die Jahreszeiten. Tanz Pesm in 2 Akten und 4 Bildern von E Taubert Musik von

2 Abtheilungen von Hoguet. Dirigent; Musikdirektor Hertel. Schauspielhaus. ö Schauspiel in 4 Aufzügen von Jwan Turgenjew. Nach dem Russischen für die deutsche Bühne bearbeitet von Eugen Zabel. In Scene gesetzt vom Direktor Dr. Otto Devrient. f Freitag: Oxernbaus. 143. Vorstellung. Orpheus

ranzösischen des Molins. vom Hoftheater in Dessau, als Gast.) Schauspielbaus 148 Vorstellung. Die Guitzow' s

Vater lãndisches Drama in Aufzügen von Ernst von Wildenbruch.

Zeutsches Theater. Zum 50. Male: Sonnabend: Der Sohn der Wildniß.

Berliner Theater. Doanerstag: Kean. Freitag: 38. Abonnements . Vorstellung. (Friedrich

Samlet. Anfang 74 Uhr.

Tessing - Theater. Donnerstag: Die Ehre. Schau friel in 4 Akten von Hermann Sudermann. Der Fall Clemencean. Schauspiel

Wallner ⸗Theater. Donnerstag: Gaftspiel von

Therese Biedermann vom Theater an der Wien in Wien. Zum 6.

und A. Millaud.

der Vorstellung 76 Uhr..

P. Hertel. Robert Pantomimisch komisches Ballet in Musik von Schmidt. Anfang 73 Uhr. 147. Vorstellung. Natalie.

Biedermann.

von Alex. Mozjkewski nad Mustk In C. A. Raida Anfang 75 Ubr.

Aafang 7 Uhr. Freitag: Dieselbe Vorstellung. Dper in 3 Akten von Gluck. Ballet Frl. Louise Geller, Anfang

(Orxheus: Concert - Park.

Donnerstag:

Direktion:

und Julius Bauer. Anfang 7 Uhr. Concert.

mental · Künstler. Treitag: Dieselbe Vorstellung.

Donnerstag: Mein Der Pfarrer von mit großer Freilotterie. Kapelle. Beleuchtung des ganzen Parkes.

Schlosser. (Friedrich Mitterwurzer.) . Täglich: Bei der Vorstellung, leuchtung des Sommergarten: Anfang 54, der Vorstellung 7 Uhr.

A. Dumas und . d'Artois.

103. Male: Der Nantilus.

Militãr · Doppel · Concert. Speʒialitãten.

der Vorstellung 71 Uhr. Freitag: sämmtlicher Spezialitäten.

Male: Mamsell Nitonche.

Vaudeville in 3 Akten und 4 Bildern von H. Meilhac Musik von M. Herrs.

Vor der Vorstellung, bei günstiger Witterung: Großes Garten⸗Concert. Anfang des Geæncerts 6,

Freitag und folgende Tage: Gasispiel von Therese Mamsell Nitouche.

Victoria (Theater. Donnerstag: Zum 296. M.: Stanley in Afrika. Jeitgemälde in 19 Bildern Richard Nathanson. Ballet von G. Seyerini.

Friedrich ⸗Wilhelmstãdtisches Theater und Julius Zum 146 Male: Jonathan. Dperente in 3 Akten von Hugo Wittmann ; Musik ron Carl Nillöcker. In Scene zesetzt von Inlius Fritz ssche. Hr Kapellmeister Knoll. Anfang 7 Ubr.

Im prachtvollen Park um 6 Ubr: Großes Doppel Auftreten erster Gesangs⸗ und Instru⸗

Sonnabend: Drientalisches Laternenfest verbunden 3 Mufik ˖ Corps. Militãr ; Glänzende Illumination und bengalische

Rroll's Theater. Donnerstag: Maurer und

(Mad. Bertram: Fr. Ernestine Heink.) Das Nachtlager in Granada.

Gastspiel von Fr. Marcella Sem ˖ brich. Die Entführung aus dem Serail.

ünstigem Wetter vor und nach bends bei brillanter elektr. Be⸗ Großes Concert.

Zelle · Alliance · Theater. Donnerstag: Zum

Im prachtvollen glänzenden Sommergarten: Großes Auftreten

Brillante Illumination Garten⸗Etablissements. Anfang des Concerts 6 Uhr,

lite und Monstre ⸗Concert. Der Nautilus.

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KHrania, Anfstalt für volksthämliche Naturkunde.

Am Landes ⸗Ausstellungs⸗ Park (Lehrter Bahnhof. Geöffnet vor 12411 Uhr. Täglich Vorstellung im , Theater. Näheres die Anschlag⸗ zettel.

ö // // // 2

Familien⸗Nachrichten.

Ter lobt: Frl. Johanna Wirtensohn mit Hrn. Buchdruckereibesitzer Paul Gergonne (Berlin) Frl. Helene Vogler mit Hrn. Ernst v. Hartwig Berlin). = Irl. Wilbelmine Fölsche mit Hrn. Landwirth Wilbelm Schmidt ( ltenweddingen = Gslöthe). Frl. Anna Saffrann mit Hrn. Gats⸗ besitzer Hermann Knobbe (Henriettenhof Schau⸗ len). S Frl. Helene Zieting mit Hrn Kaufmann Felix Olbrich Altonaj. Frl. Helene Fehmer mit Hrn. Kaufmann Hermann Arnoldi (Berlin Hüttensteinach). Fx. Luise Stetter mn (in. Fritz Pelkmann (Karlsruhe Hildes heim).

Verehelicht; Or Kgl. Forstassessor Ernst Hart mann mit Frl. Hildegard Spaeth (Berlin). Hr. Assessor Dr Paul Lafrenz mit Frl. Else Erd⸗ mann (Barmbeck . Hr. Pastor Johanne? Neelsen mit Frl. Karoline Sieveking Niendorf a. d. Stecknitzy Hr. Otto Kluge mit Frl. Ida Rammoser (Pillkallen). Hr. Rich Lehmann mit Frl. Henriette Stoldt (Hamburg).

GSeboren: Ein Sobn: Hrn. Richard Henning (Berlin). Hrn. Ingenieur O. Greiner (Belgern a. d. GClbe). Orn. Max Heegewaldt Stettin). 8 J. Spender (Eilbeck . Eine Tochter:

rn. Rechts anwalt Mentzendorff (Bitterfeld). Hrn. Dr. C. Stöter (Berlin). Hrn. Ferdinand Reumann (Berlin) Hrn. Richard Rönnebeck (Berlin). Hra. Berthold Zippert (Berlin). Hrn. Emil Mittag (Bisdorf). Hrn. Professor Dr Howard A. Kellv (Baltimore). Hrn. Paul Christoph (Berlin).

Gestorben: Hr. Gand. phil. Paul Linke (Hirsch⸗ bern). Frau Friederike Lüdecke, geb. Marschner (Berlin). Frau Wittwe Joh. Mich. Gilles, geb. Hermanns (Eupen). Frau Karoline Holtz, geb. Harder (Loitz).

Redacteur: Dr. H. Klee.

Verlag der Expedition (Scholy.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagt Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sechs Beilagen leinschließ lich Börsen · Beilage.

Fritz sche. Der arme

Dirigent:

sammtlicher Berlin:

des ganzen

Auftreten

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Slaats⸗Anzeiger.

M 139.

Per sonalver änder un gen.

Königlich Ereußische Armee.

Grnennungen, Beförderungen und Versegungen. Im aktiven Heere. Pasewalt, 5 Juni. Frhrm r. Secken⸗ dorff, Haurxtm. vom Großen Generalstabe, zur Vertretung des beurlaubten Militär- Attack 6s zur Boischaft in Wien kommandirt Engelbrecht, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr 137 und kommandirt zur Dienft leistung bei dem Festungsgefängniß in Köln, zu diesem Festungẽ gefärgniß versetzt Schwartz, Sec. Lt. von dems. Regt. zum Pr. St. befördert. Bernbard, Pr. Et vom Inf. Regt Nr. 136, zur Vienstleistung bei dem Festungsgefängniß in Wesel, v. Wind beim, Pr. Lt vom Inf. Regt. Nr. 137, zur Dienstleistung bei dem Festungsgefängniß in Neisse, kommandirt.

Neues Palais, 7. Juni. von Sperling, Major vom Generalstabe des T. Armer Corps, zum Großen Generalstabe ver · setzt und vom 1. Juli d. J ab zur Dienstleistung bei dem Kriegs Ministerium kommandirt. v. Hoerfner, Mejor vom Generalstabe der 8. Dir., zum Generalstabe des I. Armee Corps, von Wallen⸗ berg, Haurtmann vom Generalstabe des IIl. Armee ⸗Corps, zum Generalstabe der 8 Div, von Pannewitz IL, Hauptm,. vom 3 Gencralstabe, zum Seneralftabe des III. Armee- Corps, Freiherr von Rösfing, Sec. Lt. vom Infanterie Regiment von Manstein (Schleswig Rr. S4, in das 5. Westfälische Inf. Regt. Nr. 53, xversetzt. T. Gostkowski, Sec. Lt. von der Ref. des 1. Hanseat. Inf. Regts. Nr. 75 und kommandirt zur Dienst⸗ leiflung bei diesem Regt. früher im 4. Bad. Inf. Rest, Prinz Wil belm Rr. 112, im aktiven Heere, und zwar als Sec. Lt. mit einem Patent vom 12. Februar 1884 Mäaml bei dem 1. Hanseat. Inf. Regt. r. 75, wiederangestellt.

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Pase⸗ walk, 5. Juni. Schwarz, Sec. Lt. vom Hess. Train · Bat. Nr. l, mit Pension der Abschied bewilligt.

Reues Palais, 7. Jun! v. Dreskry, Oberst von der Armee, mit Pension und der Uniform des Inf. Regts. Herzog Ferdinand von Braunschweig (8. Weftfäl.) Nr. 57, der Abschied bewilligt.

Königlich Bayerische Armee. Abschiedsbewilligungen. Im aktizen Heere. 2. Juni. Leitner, Hauptm. und Comp. Chef im 7. Inf. Regt. Prinz Leo⸗ pold, unter Verleibung des Charakters als Major, mit Pension und mit der Erlaubniß zum Tragen der Uniform der Abschied bewilligt. Im Sanitätscorps. 6. Juni. Dr. Hartenfeld, Assist. Arzt 72. Kl. der Landw. 1. Aufgebots (Ansbach), zur Res. versetzt.

Parlamentarische Nachrichten.

Schluß des Berichts über die gestrige (13) Sitzung des Reichs tages. Berathung der Interpellation des Abg. Richter, welche lautet:

Den Herra Reichskanzler erlaube ich mir zu fragen; Wie dert der Herr Reichskanzler über die e,, der in den letzten Jahren für Elsaß Lothringen erlassenen besonderen Bestimmungen in Betreff der Paßpflicht und der Aufenthalts beschränkungen?

Abg. Rich ter: Der neue Herr Reichskanzler erklärte im Abgeordnetenhause seine Bereit willigkeit, bisher zurückgehalten Wunsche und Gedanken von Neuem zu prüfen, und diese Aeußerung wurde allseitig mit Beifall aufgenommen. Es wäre falsch, alle schwebenden Fragen noch in dieser Sommer⸗ Session zu erörtern, aber es schien meinen Freunden angezeigt, gewiffe Fragen, die aus den letzten Regierungsjahren des Fürsten Bismarck herrühren und in weiteren Kreisen, in der öffentlichen Meinung wenis gerechtfertigt erschienen sind, erneut zur parlamentarischen Erörterung zu stellen. Des halb stellten wir die Interpellation über den schweizerischen Nieder⸗ lassungsvertrag und freuen uns, daß diese Interpellation, bevor? fie zur Verhandlung gekommen ist, durch die Vorlage eines neuen Vertrages erledigt ist, der von dem Streitfall, der zur Kündigung Veranlassung gab, absieht. Eine Zeit lang schien es, als ob auch die vorliegende Inter⸗ pellation vor ihrer Verhandlung erledigt werden würde durch bie Aufhebung der Paßpflicht und der Aufenthalte⸗ beschränkungen, die für das Elsaß 1885 eingeführt sind. Des⸗ halb und weil verlautete, daß im Schooße der Regierung Erörterungen darüber schweben, hielten wir die Inter⸗ pellation längere Zeit zurück Es heißt ja, daß in Bezug auf die praktische Handhabung der Paßpflicht wesentliche Erleichterungen eingetreten seien. Dies ist wohl für den Einzelnen eine Milderung, hebt aber nich: die allgemeinen Rachtheile der Paßpflicht und der Aufenthaltabeschräntungen auf. Im elsässischen Landesausschuß ist vor wenigen Wochen der Untrag auf Aufhebung der Paßpflicht nach sehr kurzer . einstimmig angenommen worden, auch von den Mitgliedern, die notorisch deutschfreundlicher Gesinnung sind. Die Regierung äußerte sich im elsässischen Landes⸗ ausschuß nicht, und das erklärte man naturgemäß daraus, daß Erbrterungen innerhalb der Regierung in dieser Richtung schweben. Wir haben in der Fassung der Interpellation ver⸗ mieden, irgend eine Schärfe in die Angelegenheit hineinzutragen und die Interpellation in der denkbar einfachsten Form gefaßt. Als der Abg. Petri für Straßburg in der vorigen Session klar und erschöpfend die Sache besprach, erhielt er die sormal ab⸗ lehnendẽ Antwort von der Regierung, daß die Angelegenheit vor den elsässischen Landes auẽschuß gehöre. Ich hoffe nicht, daß eine solche formale Einrede diesmal wieder gemacht wird, weil, wenn notorisch der frühere Reichskanzler zu diesen Maßregeln angerathen Hatt und wenn auch die elsãssische Regierung zunaͤchst die erantwortung dafür trägt, sie doch einen integkirenden Theil der Reichspolitik darstellt, Materiell wird nicht bloß das Elsaß betroffen, sondern auch das deutsche Reichsgebiet und besonders das Finanzinteresse der Reichs⸗ eifenbahnen, welche jetzt mit einem Drittel der planmäßigen igt den zusammengeschrumpften Fremdenverkehr zwischen

tschland und Frankreich bewältigen können. Jetzt, wo alle Staaten Verkehrserleichterungen einführen, wirken . Erschwerungen des Verkehrs, die Nothwendigkeit der Veschaffung eines Visums auf, den Paß, der damit ver⸗ bunden Aufenthalt, alle diese Weit aufigkeiten und Verdrieß⸗ lichkeiten überaus nachtheilig auf die betroffenen Routen. 31 den Kurorten der deutschen Vogesen herrscht eine , .

re. Besonders wirken die Beschränkungen auf, den un; mittelbaren Nachbarverkehr zwischen Elsaß und Frankreich, auf

Berlin, Mittwoch, den 11. Juni

die verwandtschaftlichen, freundschaftlichen, persönlichen und geschäftlichen Beziehungen aller Art. Ueber die Entstehungs⸗ gründe dieser Maßnahme ist außerordentlich wenig bekannt. Die offizissen Blätter berichteten damals darüber, daß ein Deutscher, der in Reims seine Schwester besuchen wollte, vom Präfekten in Nanch die Erlaubniß dazu nicht erlangen konnte Und an der Grenze abgewiesen wurde. Die Nord deutsche“ beklagte sich in Folge dessen über die französische Behörde, welche antwortete, der Deutsche sei zurückgewiesen, weil er fich als Gewerbetreibender niederlasen., wollte und die gesetzlich verlangte gewerbesteuerliche Legitimation nicht vorzeigen konnte. Nach der „Kölnischen Zeitung“ wurde die Maßnahme auf die französische Agitation gegen die deutschen Intereffen im Elsaß zurückgeführt. Im Elsaß selbst erachten aber alle Politiker, auch die größten Freunde des Deutschen Reichs, die Maßnahmen nicht für nothwendig zur Bekämpfung einer solchen Agitation. Wenn dadurch wirklich die Agitation ferngehalten wird, so wird das durch die Beschwerung des ganzen Verkehrs erkauft. Gerade solche Elemente, die man am wenigsten diesseits der Grenze wünschen kann, werden am wenigsten durch solche Beschränkungen ferngehalten; denn sie wifsen sich am leichtesten mit den besten Legiti⸗ mationspapieren zu versehen und sich mit den polizei⸗ lichen Beschraänkungen um so leichter abzufinden, je länger dieselben bestehen. Zudem ist ja für die nebenliegende schweizerische und belgische Grenze eine solche Beschrankung nicht vorhanden. Es wäre besser im Wege der Repression vorzugehen an Stelle einer Prävention, die doch nichts nützt und nur mit unbeabsichtigten Nachtheilen durchgeführt werden kann. Der Regierung stehen Maßnahmen genug zur Ver⸗ fügung, um durch Repression alles Lästige zu unterdrücken. Nach dem Eindruck der Verhandlungen des elsassischen Landes⸗ ausschusses wirkt das Fortbestehen dieser Maßnahmen mehr agitatorisch ungünstig für Deutschland als die Agitatoren per= foͤnlich wirken könnten, insofern es Verstimmung gegen die deutschen Behörden erweckt. Nach elsassischen Blättern sollen es die Behörden als ein besonderes Aergerniß empfinden, daß junge Leute, die durch Option oder Auswanderung sich dem Militärdienst entzogen haben, frank und frei nach dem Elsaß zurückkommen und gegenüber ihren Altersgenossen paradiren, die der Militärpflicht unterworfen sind. Ich habe für ein solches Aergerniß volles Verständniß, aber wenn sich dieses Bedenken uf eine so beschränkte Zahl von Personen bezieht, kann man doch geeignete Maßnahmen ohne allgemeine Beschränkungen treffen. Ich hoffe, daß der Reich kanzler dieser Frage sein Studium zuwenden wird und daß es ihm gefallen möge, die Aufhebung der Paßpflicht und der Aufenthaltsbeschränkungen noch weiter in Erwägung zu ziehen. Ich habe diese Inter⸗ pellation nicht gestellt aus irgend einer Freundlichkeit gegen Frankreich etwa, sondern in deutsch⸗ nationalem Interesse, weil wir Alles entfernen müssen, was der Erreichung des Ziels entgegensteht, daß wir jene altdeutschen Lande, die uns Jahr⸗ hunderte lang entfremdet waren, nicht nur äußerlich, sondern

auch innerlich immer enger wieder mit Deutschland verbinden.

Reichskanzler von Caprivi:

Was den Wunsch des Hrn. Abg. Richter angebt, ich möchte mich mit der Frage eingehend beschättigen, so bin ich demselben zuvor gekommen. Seit meinem Eintritt ins Amt bat diese Frage mich beschäftigt. Ich sehe davon ab, die formale Vorfrage bier zu stellen, ob der Gegenstand ierber oder nach Straßburg i. Els. gebört. Ich kann es um so leichter, als ich mich in Bezug auf die Behandlung der Frage in vollkommener Uekereinstimmung mit dem Herrn Statt⸗ halter von Elsaß⸗Lothringen befinde, ; ü

Nachdem in den Joer und im Anfang der 80er Jahre eine Reihe von Hochverratbeprozessen gegen Spione bei deutschen Gerichten ge— führt worden war, hat es sich zur Evidenz heraus gestellt, daß die Reichslande von einem Netz von Spionen umgeben waren, das trotz einiger glücklicher Griffe und einiger erfolgreich geführter Prozesse iu vernichten nicht gelang. Die Zabl der Franzosen, die sich in Elsaß—⸗ Lotbringen aufßielten, wuFs fortwährend. Von etwa 18 Tausend im Jahre 1884 wuchs sie auf 19 Tausend im Jahre 1888, und darunter Tar eine überraschend starke Zabl von folchen Personen, die, sei es als beurlaubt, noch aktiv der französischen Armee angehörten oder der Territorial- Armee oder sonst in einem Verbande zur franzõsijchen Armee gestanden hatten. Reben dieser militärischen Ueberwachung der Reichslande durch Personen, die dem Staat unseres westlichen Nachbarn angehörten, ging eine andere Agitation, die ja in Ibrer Aller Gedächtniß noch lebbaft genug vorhanden sein wird. Ich darf nur an die Patriotenliga erinnern. Gestützt auf Diese Tbatjachen, über die 'eingebendes Material, vorliest, wurde dig, Reichs regierung vor die Frage gestellt: Kann das im militãrischen Interesst so weiter gehen oder leidet die Sicherheit der Reichslande unter diesem Zustande? Die Fragz wurde von den komvetentesten militärischen Stellen bejaht: das Reichelans litt unter diesem Zustande, es mußten Manßnabmen da · gegen ergriffen werden. Der Reichskanzler trat in Verbind ng mit der nächstbetheiligten Regierung, mit der Regierung in Elsaß · Lothringen. Man verbandeltè kin und her, und keineswegs leicht sinnig ist der Ent⸗ schluß gefaßt worden, die Paßpflicht in Elsaßz · Lothringen einzuführen. All Tie Bedenken, die mit der Zeit erhoben morden sind, sind schon damals zur Sprache gekommen. Trotzdem aber faßte man den Eantschluß, den Paßzwang einzuführen. Es waren nicht diese Motive allein, die dahin fübrten, sondern es lag noch ein anzeres vor ein Motir, von dem es mir auffällt, daß der Hr. Abg. Richter es nicht genannt bat. Ich würde ielleicht mit Rücksicht uf meine Stellung es nicht ganz so scharf formulirt haben, wie sein Parteigenosse Hr. von Stauffenberg es in einer Sitzung im Jahre 1889 aus ge sprochen hat: Die Paßverodnung hat den Zweck gehabt. en wir Alle mit einander billigen, und zwar im böchsten Grade, die Bande mit Frank⸗ reich soweit wie möglich aufzuheben und die Germanisirung von Elsaß Lothringen zu beschleunigen· Es war eine That acht. daß, zbwobi wir? 17 Jabre die Freute batten, die Reichslande wieder deutsche nennen zu e. ö 26. r, . e n. einen rit vorwärts jzu gehen schien. Man tand dor * 6 Was kann geschehen, um den Reichs landen das Deutsch⸗ werden zu erleichtern? Ich glaube, in der Beziehung können die verbündeten Regierungen und speniell die Regierung von Glsaß - Lothringen ein gutes Gewissen baben; an mildem und woblwollendem Intgegenkommen bat es nicht gefeblt. Das Mittel hatte nicht ge⸗ srucktet; man mußte sich nach anderen umseben, und es blieb nur übrig, den Grenzgraben, der Elsaß-Lothringen ron Frankgeich trennt, zu vertiefen, wenn man den Elsaß · Lothringern das Bewußtsein geben

wollte, daß diese Grenze eine definitive sei.

Jus diefen Umftänden ist die Paßverordnung entstanden. Sie wurdẽ am 2. Mal 1885 erlassen. Am Tage daranf erging ein

Verordnung über die Aafentbaltserlaubniß in Elsaß Lothringen von

1890.

derselben Stelle vom Stattbalter aus. Was die letters Verorknung angebt, so ist sie nur etwa 11 Monate in Kiaft gewesen und dann aufgehoben worden. Man batte die Frage aufgeworfen: Sind diele eiden Verordnungen, die über den Paßzwang und die über den Auf. entbalt, mit dem Frankfurter Frieden vereinbar oder wird eine Ver⸗ pflichtung, die wir in diesem Frieden gegen Frankreich eingegangen find, durch eins der beiden Vererdnungen verletz⸗ Mein Herr Amts vorgänger forderte das Reichs ⸗Justizamt zu einem Gutachten auf, und das Gutachten siel dabin aus, daß durch die Verordnung über die Paßpflicht eine Verlcßung des Artikels 11 des Rrankfurter Ver— trages nicht stattfinde. Der Artikel 11 sichert der franzssischen Nation dem Deutschen Reich gegenüber die Rechte der Meistbegünstigten zu. Anders fiel das Guta ten des Reichs ⸗Justizamts in Bezug auf die zweite Verordnung aus. Es wurde darin ungefähr ausgefübrt, man könne ja bebaapten, daß die ganze Klausel von den Meistbegũnstigten in diefen, wie in fräkeren Friedens verträgen sich auf Handel und Wandel bezogen bätte, richt aber auf solche Atte des bürgerlichen Tebens, die Polizeivorfchriften unterftellt sind, die der Gejetzgebung des anderen Staats unterliegen. Indessen, um unter allen Umständen nicht den Schein auf die deutsche Regierurg zu laden, als sei sie

geneigt, illoval gegen Frankreich * bandeln. Turde die Aufhebung der

zweiten Verordnung, also der über den Aufenthalt, beschlossen.

Wenn auch jeßt noch in Bezug auf den Aufenthalt, abgesehen von der Verordnung über den Paßzwang, bier und da polizeilich ein⸗ geschritten wird, so geschiebt das in dem Rahmen desjenigen guten Rechts, das jeder Staat für sich in Anspruch nebmen muß, wenn die öffentliche Ruhe und Ordnung durch das Zuzieben Fremder g⸗fãbrdet zu werden scheint. Es wird der Franzose nicht anders behandelt als jeder andere Fremde; nur tritt ersterer massenbafter ein und giebt bier und da der Polizei eben mehr Anlaß zu Bedenken, er kõnnte schãd⸗ licke Dinge treiben, als das von anderen Natignen geschieht.

Benn ich biermit glaube, die Frage des Hrn Abg. Richter über die Wufenthaltsverorse nung erledigt zu haben, jo bleibt mir noch übrig, auf die Paßverordnung näber einzugehen. Es war nun, was diese Verordnung angebt, zothwendig, eine Reihe von polizeilichen Aus übrungsbestimmungen ju geben. Diele Ausfübrungs destimmungen sind lokal verschieden erlassen worden. Ich kenne sie gar nicht alle; es mag sein, daß bier und da auch einmal eine zu barte, eine zu weitgehende getroffen worden m Ganzen glaube ich annehmen zu dürfen, daß die Polizei⸗ bebörken korrekt in Ausfübrung des Pakgesetzes gebandelt haken. Nun sind die Klagen, die. der S, Abg. Richter zur Sprache bringt, ja in ungleich schärferer Weise schon anderwärts und in der Presse zu Tage gekommen. Also es lag nabe, als ich in das Amt trat, die Frage aufzuwerfen: kann die Paß⸗ verordnung auigeboben werden, oder nickt? und was mich angeht, so ist mein Ralb dabin gegangen, sie nicht aufzuheben. Eine völlige Aufhebung dieser Verordnung halte ich zur Zeit für unmöglich. Der Hr. Abg. Richter sagt: Man braucht nicht präventiv einzu⸗ schreiten, man kann abwarten und dann einschreiten. Wir würden arer da genau die alten Zustände wiederbekommen, die wir gebabt baben; wir kommen faftisch weiter und das bat der Erfolg bewieken dur das jetzige Verfabren, indem wir den Eintritt in Has Reiche gebiet denjenigen Leuten, von denen wir Gefahr besorgen, von Haus aus abschneiden. Der Herr Abgeordnete bat selbst den Punkt berührt, der nach meiner Anschauung der wesentlichste ist und fer uns noch auf lange an der vollständigen Aufbeburg der Paß⸗ perordnung kindern wird, das ist der Aufenthalt aller derjenigen Personen in Elsaß Lothringen, die mit der französischen Armee in (iner oder der anderen Verbindung stehen. Es liegt ia doch zan auf der Hand, daß das Deutsche Reich nicht franzssische Offiziere in foschen Jagdgruͤnden ihrer Passion nachgehen laffen kann, von denen wir in Ftwaigen künftigen Kriegen die Möglichkeit nickt ausgeschlossen seben, daß sie zum Schlachtfeld werden können; wir können doch nicht zulden, daß Mitglieder der französischen Armee sich in großer Zabl da einmiei ben, wo sie etwa Beobacktungen machen können, die dem Deutschen Reich schädlich sein können, wir würden das ebensowenig Tie ron den Franzofen ron irgend einem Mitglied irgend einer Nation dulden, und die Franzesen handeln ganz genau ebenso gegen uns, sie können auch gar nicht anders; das ift eine Pflicht der Selbsterbhaltung, die jeder Staat sich schuldig ist. Wir baben uns nicht einmal gewundert; es ist, soviel ich weiß, nicht ein einziger Scritt gescheben gegen das französische Sxienagegeletz, das gegen fiele Dentfche viel schärfer eingeschritten ist, als wir gegen die Fran⸗ ofen. Nun kommt dazu die ganze Klasse der DOptanten und Der⸗ jenigen, die ibre deutsche Staats angehörigkeit aufgegeben baben, obne eine andere zu erwerben. Sagen Sie sich doch einmal selbst, was treten in einem kleinen Dorfe far Verhaältnisse ein, wenn der Eine ausgehoben wird und die Anderen daneben steben und ibn auslachen: Warum bast Da nicht optirt? Wir leben so gut bier wie Du, wir baben rieselben Voriheile, das Deutsche Reich schützt uns, seine Gefetze kommen uns zu Gute, wir leisten aber gar nichts. Ich balte es jür absolut unmöglich, von Maßregeln abzusteben, die diefe Zustände kindern. Nun ist das Paßgeses einmal da: kasseibe wirtt gut in dieser Beriebung, es kann aber seine Wirkung überkaupt erst' gan; äußern, wenn es längere Zeit in Uebung ge— blieben ist. Denn wenn ich beziehe mich auf die Worte des Hrn. Abg. von Stauffenberg das Gesetz den Zweck bat, die Elsaß⸗ Lotringer mehr zu Deutschen zu machen, also sie an andere Ver hältnifss zu gewöhnen, sie innerlich uns näber zu bringen durch die Gewohnheit, so kann ich nichts erreichen, wenn ich in kurzer Zeit das Gesctz aufbebe. Denn das wird mir der Herr Abgeordnete zugeben, wer Menschen durch Gewohnheit zu etwas bringen will, ich möchte da auf die zwei- und dreijäbrige Dienftzeit exemplifiziren der kann das nur durch eine längere Gewohnheit, nicht durch eine kurze. Sind wir also nicht in der Lage, die Verordnung aufjubeben, so ist es uns doch nicht entgangen, daß sie eine Menge von Schroffbeiten zur Folge gehabt hat und noch haben kann, die unnütz waren. Es ist also von Seiten der ausũbenden Behörden mit einer milderen Praxis verfabren worden und wird weiter mit einer milderen Praxis verfabren werden. Wie weit diese Milde geben kann, das wird wesentlich davon abbängen, wie sich die Meistbethei⸗ ligten, nämlich die Elsaß Lothringer, dieser Milde gegenüber stellen. Werden die Verbältniffe in Elsaß-Lotbringen so, daß wir nachlassen önnen, fo werden wir in demselben Maße nachlassen. Wir werden aber die Verordnung nicht aufbeben.

Ücbrigens erscheint es mir doch fraglich, ob durch diese Inter⸗ vellation und durch solche Erörterungen dieser Verbältnisse denjenigen Leuten, deren Interesse Sie im Auge haben, genützt wird, ob nicht geradezu das Gegentheil davon bervorgerufen wird. Denn wenn der Elfaß Lothringer immer denkt:; Vielleicht bringt Hr. Richter doch einmal wieder eine Interpellation ein, vielleicht kommt er einmal durch, dann gewöhnt er sich eben schwer ein, dann bebält er den Glauben, daf sein Heil oder wenigften? das letzte Ziel des selben jenseits der Hrn zu fuchen sei und nicht bier bei uns., .

Ich möchte mir noch eine Bemerkung auch mit Rücksicht auf die Zukunft gestatten. . ;

Diese Interyellation bat Saiten jenseits der Grenje Deutsch land berührt. Ich babe mich bemübt, vorsichtig ju sein, weil ich das Beftreben babe, nichts ju sagen, was den Staat jenseits unserer Grenze irgend unangenebm berübren könnte, Wir baben in der letzten Jeit manches erfreuliche Zeichen von einer Besserung der , Bejiehungen wahrgenommen, und es sollte mir unendlich leid thun,