1890 / 147 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 19 Jun 1890 18:00:01 GMT) scan diff

12 Millionen Mark. Denn die Zahl der Subalternbeamten in Preußen ist viel größer als im Reich. In Preußen ist das ganze Heer der Sekretäre und der Sekretariats-Assistenten nicht bloß bei den Centralverwaltungen, sondern auch bei dan Provinzial⸗ und Lotalverwaltungen gän (lich unberücksichtigt ge⸗ blieben. Unbeschadet dessen, was ich in der Zukunft für wün— schenswerth halte, glauße ich, daß es unmöglich ist, Lie ganze Tarifklasse V in den Gehaltsverbesserungsplan aufzunehmen, weil das finanzielle Konsequenzen für die einzelnen Staaten haben würde, die wir nicht erfüllen können. Wir können von den subalternen Beamten der Central⸗ und Provinzial⸗ verwaltung um so leichter absehen, weil diese Beamten besser gestellt sind, wie diejenigen bei den Lokalbehörden. Die Grenze innerhalb der Klasse V muß gezogen werden bis zu den Lokalbeamten. Eine bessere Dotirung der unteren Beamten haben wir selbst gewünscht. Ich hätte es nur gerne geschen, daß das System der sesten Alterszulagen, welches sich in der Eisenbahnverwaltung mehr und mehr Ein⸗ gang verschafft hat, endlich auch bei der Post- und Telegraphen— verwaltung Eingang gefunden hätte, und daß man, wenn man einmal das System der Durchschnittsgehälter beibehält, nicht die Maximalgehälter, sondern die Minimalgehälter erhöht hätte; denn die Beamten, welche sich erst eine Familie gründen, verdienen viel mehr Berücksichtiaung, als diejenigen, welche bereits vor der Pension stehen. Ferner bedauere ich, daß die Diätarien so verhältnißmäßig schlecht fortkommen. Den Stellenzulagefonds, der nicht einmal näher spezialisirt ist, sollte man ganz aus der Vorlage herausnehmen. Mit diesen Be— schränkungen werden wir für die Vorlage stimmen, darüber binauszugehen würden wir für unverantwortlich halten, ein Engagement einzugehen zur Bewilligung neuer Steue n ver— bietet das Interesse der Steuerzahler.

Abg. Hahn: Meine Partei wird den Nachtrags-Etat in der Budgetkommission wohlwollend prüfen und nur das be— willigen, was unbedingt nothwendig ist. Allerdings hat der Reichstag fich auf die Aufbesserung der Gehälter der unteren und mittleren Beamten beschränkt. Es wird das preußische Vorgehen als Muster genommen werden können, aber man darf diesem Muster nicht sklavisch folgen; die Beamten der Tarifklasse V werden im Reich berücksichtigt werden müssen, denn aus ihnen kommen sehr viel Schmerzensschreie, und zwar vollständig berechtigte Schmerzensschreie, z. B. aus den Kreisen der mittleren Posibeamten und der Beamten des Statistischen Amts, und die Beamten werden sich nicht dadurch abfertigen lassen, daß man in Preußen nur die Beamten der Tarifklasse VI berücksichtigt hat. Wenn nur so viel bewilligt werden soll, als gedeckt ist durch Mehreinnahmen, dann kann Alles, was die Regierung fordert, bewilligt werden; denn der Schatzsekretär hat nach— gewiesen, daß die Einzelstaaten mehr überwiesen erhalten, als die Forderung ausmacht. Wenn man dies nicht für zutreffend hält, dann ist auch für die anderen Einkommensverbesserungen keine Deckung vorhanden. Bezüglich der Offiziere können wir nicht anerkennen, daß im Großen und Ganzen besondere Gründe vorliegen, die Gehaltsverhältnisse der Offiziere anders zu behandeln, als die der ähnlich gestellten Beamten. Wir würden sie von der Verbesserung nur ausschließen können, wenn ganz besonders zwingende Gründe vorliegen, sonst würden wir kein Bedenken tragen, die Premier Lieutenants und Haupt— leute zweiter Klasse in die Vorlage einzuschließen. Es ist aller— dings richtig, daß die Offiziere schon in früherem Lebensalter Gehalt beziehen, aber dieses Gehalt ist ziemlich niedrig, und man darf nicht vergessen, daß die Offiziere ziemlich früh pensionirt werden, wie Hr. Richter anführte, bald nach dem 49. Jahre. Die Pension, welche die Offiziere dann erhalten, also meistens als Majors, bettägt etwa 9g090 Thaler, und damit soll nun ein Mann, der meist 25 Jahre und mehr für das Reich seine Haut zu Markt getragen hat, sich der Muße hingeben können! Die meisten Offiziere sind auf ihre Pension angewiesen. Allerdings haben sie keine Studienzeit hinter sich wie die höheren Beamten, sie haben aber von dem Moment ab, wo sie ein etatsmäßiges Gehalt beziehen, doch auch dem Reich mit voller Hingabe von Körper und Geist Dienste geleistet. Die Second-Lieutenants wollen auch wir ausschließen. Die Premier-Lieutenants und Haupt— leute zweiter Klasse verdienen aber umsomehr Berück— sichtigung, als an ihre Lebenshaltung ungemein hohe Anforderungen gestellt werden. Der Ausschluß der höheren Stabsoffiziere rechtfertigt sich aus dem Ausschluß der Eivil⸗ beamten der dritten Tarifklasse. Die Gewährung der Stellen— zulagen halten wir für berechtigt, auch sind wir im Prinzip für Alterszulagen nach Analogie der Eisenbahnverwaltung. Möge die Kommission die Vorlage wohlwollend prüfen, nicht bloß im Interesse der Beamten, sondern auch des Reichs, denn das Wohl des Staates und des Reichs beruht mit auf einem zufriedenen Beamtenstand.

Staats sekretär Dr. von Boetticher:

Meine Herren! Es werden nur wenige Worte sein, mit denen ich

Ihre weitere Berathung aufhalte. Ich wurde mir die Worte ersparen kö5yönen, wenn der Abg. Richter nicht einen gewissen Widerspru zwischen dem jetzigen Vorgeben der verbündeten Regierungen und wischen den Erklärungen konstruirt hätte, welche ich im Januar dieses Jahres in diesem Hause abgegeben habe. Der Hr. Abg. Richter hat meine damaligen Erklärungen ganz richtig dahin eitirt, dab ich es als die Ueberzcugung der verbündeten Regierungen hingestellt habe, daß dasjenige Maß von Gehalts. erhöhung, welches in Preußen vom den gesetzgebenden Faktoren be⸗ schlossen werden wird, auch im Reich den entsprechenden Kategorien zu Theil werden muß. Ich bin auch beute noch der Meinung, daß in der That das Reich nicht hinter Preußen zurückbleiben kann; ich glaube, es ist auch Niemand in diesem Hause, der das, was den preufischen Beamten zu Theil geworden ist, den Reichsbeamten vorenthalten sehen möchte. Ich habe damals auch weiter erklärt, daß man sich bei jeder Untersnchung über das Maß der Gehalten höhunngen, die einzutreten haben werden, darüber klar werden müsfe, woher* die Deckungemittel kemmen, und diese Klarbeit hat man sich auf Seitn der verbündeten Regierungen bei der Beraothung dieser gegenwärtig uns beschkästigenden Vorlage zu beschaffen gesucht.

Meine Herren, es ist ja klar, daß man im Reich nicht in dem Sinne wie in einem Eenzeistaat rechnen kann, daß man sich bei Be—⸗ schlußfassung über Ausgaben lediglich an diejenigen Mittel hal welche man als die eiger en Einnahmen des Reicks bezeichnen lann' Denn das Reich ist von Anfang an auf die Beihülfe der Einzel- staaten zur Bestreitung seiner Ausgaben verwiesen worden. Die le Beihülfe wird überall da in Anspruch genommen werden müssen, wo nun eben die eigenen Einnahmen dez Reichs nicht ausreichen, um für nothwendig erkannte Bedürfnisse zu decken. Dieser Modus der Deckung der Reichsausgaben ist um so möhr geboten, seit wir die Franckenstein'sche Klausel haben, welche über einen großen Theil der Reichteinnahmen zu Gunsten der Einzelstaaten verfügt.

Es wud also gar nicht die Frage die sein könnin: ist das Reich gegenwärtig in einer Defizitwirthschaft begriffen, welche es abralten muß, de beabsichtigten Gehaltserböhungen vorzunehmen? sondern es wird nur die Frage die sein können: sind die Reichsfinanzen in

Verbindung mit den Finanzen der Ginzelstaaten ausreichend, um diests itzt u unserer Berathung rorliegende Bedüriniß zu befriedigen? Ja dieser Beziebung kann ich versichern, daß die Finanz ⸗Minister der Einzelstaaten kein Bedenken getragen haben, sich dafür zu erklären, daß man in der Vorlage so weit geht, wie sie eben nun gestaltet worden st

Also ich glaube nicht, daß man einen Widerspruch mit meinen damaligen Erklärungen konstruiren kann. Ich glaube das um so weniger als meine damaligen Erklärungen ja gar nicht die Bedeu⸗ tung gebabt kaben können, daß man nun auf Heller und Pfennig Pari passu mit Preußen geben müsse, sondern sie haben nur den Sinn haben können. daß das, wes den preußischen Funktionären zu Tbeil wird, den Reichsfurktionären nicht versagt werden darf. Die Frege, ob im Rech weiter zu gehen ist, ob im Reich noch weitere Nategorien zu erfassen sind, unterliegt meines Erachtens einer voll ständig selbständigen Prüfung durch die Reicktorgane. Wir sind in dieser Beziehung durch das Vorgeben auf irgend einem einzelnen staatlichen Gebiet durchaus richt behiadert, zu beschließen, was wir für nützlich halten. .

Es ist sehr leicht, das des Näheren nachzuweisen. Wenn sich in dieser Vorlage beispielsweise Vorschläge für die Besoldungsverbesserung der Offiziere finden, so ift ja klar, daß für diese Vorschläge irgend welches Vorgehen in Preußen nicht twpisch sein kann. Wir häben zwar eine Königlich preußische Armee, aber diese Könislich preußische Armee wird aus dem Reichssäckel bezablt, und die preußische Regierung so wenig wie der preußische Landtag haben sich mit der Frage zu beschäftigen, wie die Offiziers— gebälter bemessen werden. Wenn also irgend eine Verbesserurg in Bezug auf die Armee vorgenommen werden muß oder soll, so ijt die Prüfung darüber ausschließlich hier vorzunehmen. Das ist weiter klar, daß wenn, wie es hier geschehen ist, Vorschläge für gewisse Kategorien von Offizieren nach der Richtung einer Erhöhung ihrer Befoldung gemacht werden, dann die korrespondirenden Kategorien der Reichs -Civilverwaltung nicht unberücksichtigt verbleiben können, denn das, meine Herren, wollen die verbündeten Regierungen ebenso wenig wie Sie es wollen, daß gleichgeartete Funktionäre verschieden⸗ artig bezahlt werden.

Es ist acer weiter und da komme ich auf die weiteren Be⸗ denken des Hen. Abg. Richter gar kein Zweifel darüber, daß jeder Vorgang, der nach dieser Richtung hin im Reich beliebt wird, auch in Preußen ganz ohne Weiteres seine Nachahmung finden wird. Es ist unmöglich bei den Beziehungen der preußischen Verwaltung und der Reichsverwaltung, daß, wenn wir beispielsweise die Regierungs— Räthe im Reich mit einer Gehaltezulage versehen werden, die preußiscken Regierungs Rätbe auf die Dauer dahinter zurück— bleiben könner. Im Gegentbeil, ich halte es für geboten, daß, wenn heute dieser Etat angenommen wird im Reich, im nächsten preußischen Etat die Nachfolge für die korrespondirenden vreußischen Beamten gegeben werden muß. Also, meine Herren, auch in dieser Beziehung, glaube ich, brauchen Sie nicht allzu besorgt zu sein. Die Frage für sich ist meines Erachtens die: liegt ein Bedärfniß vor, die Kategorien, die von dieser Vorlage erfaßt werden, in ihrer Besoldung aufzubessern, und kann das Reich diese Besoldungsausbesserung mit gutem Gewissen übernehmen? Indem ich mich hier dem an— schließe, was der Hr Abg. Hahn über die so viel bestrittene Frage der Aufbesserung der Offiziersgehälter gesagt hat, und indem ich meinem Herrn Kollegen von der Kriegsverwaltung noch die näheren Ausführungen darüber vorbehalte, möchte ich Sie denn doch bloß daran erinnern: sind denn die Kategorien von Offizieren, die bier getroffen werden, solche, daß man sagen kann, daß es eine Über flüssige Gehaltsaufbesserung ist, die man ihnen zuwenden will? Im Gegentheil, der Hr. Abg Hahn hat ganz richtig darauf hingewiesen, daß die in dierser Vorlage bezeichneten Kategorien gerade diejenigen sind die unzulänglich und ihrer Stellung und ihren Lebensbedürfniffen nicht entsprechend besoldet sind. Das ist eine Frage, die einer näheren Prüfung bedarf, und deren Prüfung Sie ja in der Kommission vor— zunehmen haben.

Ich komme nun noch mit einigen Worten auf eine Bemerkung des Hrn. Abg. Singer zurück. Derselbe hat an die Verhältnisse der Hülfsarbeiter dis Statistischen Amts erinnert und zu meinem Be— dauern den Artikel erwähnt, der neulich in der Berliner ‚Volks-Zei⸗ tung“ erschienen ist und der die Verhältnisse dieser Funktionäre Beamte sind es nicht, wie ich Ihnen darlegen werde als besonders beklagenswerth hinstellt. Ich habe schon bei einer früheren Gelegenheit Veranlassung genommen, mich darüber auszulassen, daß im Allgemeinen die Thätigkeit dieser Personen, welche als Hülfsarbeiter gegen einen Tagesdiätensatz im Statistischen Amt beschästigt werden, eine mehr mechanische, untergeordnete ist, und daß diese Thätigkeit sich je nach dem Berarf an ordentlich verschiedenartig gestaltet. Diese Hülfsarbeiter, welche, wie der Hr. Abg. Singer ganz richtig angeführt hat, einen Tagesdiäten atz von 4 46 beziehen, sind aus Angehörigen aller möglichen Gesellschafts. schichten zusammengesetzt, in der Hauptsache aus solchen Personen, die einen Erwerb suchen, den sie anderweitig nicht finden können, und die die erfor⸗ derliche Qalifikation haben, um diese Arbeiten erledigen zu tönnen. Die Arbeiten dieser Leute sind sehr verschiedenartige und wechselnde und gehen zum Theil auf rein mechanische Leistungen herunter, wie Zer— schneiden von ö . Sortiren von Zetteln, Uebertragungen von Zahlen aus Listen und Zetteln und dergleichen. Ich habe schon früher gesagt, daß ich es gern sehen würde, wenn der Etat des Statistischen Amts dahin gestaltet und die Zahl der Bureaubeamten so erhöht werden könnte, daß man die Zahl dieser Hülfsarbeiter ein;u— schränken in der Lage ist. Allein das hat doch seine Grenie. Wie ich schon vorhin sagte, der Bedarf an diesen Hülfekräften ist ein außerordentlich unregelmäßiger. Haben wir größere Enqueten vorgenommen und ist das Debouillement dieser Enqueten zu erledigen, dann brauchen wir eine größere Anzahl von Hülfsarbeitern; zu anderen Zeiten kann die Zahl eine geringere sein. Und daher kommt es auch, daß wir nicht ausschließlich, wie angenommen zu werden scheint, solche Hülfsarbeiter haben, die wir täglich zu entlassen in der Lage sind, sondern wir haben verschiedene Kategorien von Hülfsarbeitern, die auf dreimonatlicher, einmonatlicher und täglicher Kündigung stehen.

Ich glaube kaum, daß man in der Art und Weise der Be— schäftigung dieser Leute wesentlich etwas wird ändern können und auch rücksichtlich ihrer Stellung eine durchgreifende Aenderung wird vornehmen können. Beamte sind sie, wie gesagt, nicht; dies ist auch schon entschieden worden durch verwaltungégerichtliche Erkenntnisse, welche autsprechen, daß sie nicht Anspruch auf das den Beamten zu⸗ stehende Kommunalsteuerprivilegium haben. Sie sind reine Hülfs— kräfte, die, ohne daß ihnen die Beamtenqualifikation beigelegt wird, zu vorübergehender Beschäftigung angenommen werden.

Nun, meine Herren, hat die Sache noch eine andere Seite und an die hat der Hr Abg. Singer auch erinnert, das ist die, wenn der erwähnte Zeitungsartikel die Wahrheit wiedergiebt, allerdings ganz unwürdige Behandlung, die einzelne von diesen Leuten angeblich erfahren haben sollen. Meine Herren, ich bedauere auf das Lebhafteste, daß Niemand von den Personen, die hier in der Zeitung ihre Klagen vorgebracht haben, sich an mich gewendet hat; hätten sie das gethan, so würden sie zweifellos eine sehr gründliche Abhülfe hrer Beschwerden, sofern sie berechtigt sind, erfahren haben. Nie st eine Klage über schlechte Behandlung von Seiten der Vorgesetzten im Statistischen Amt an mich berangetreten Ich habe deshalb auch niemals Veranlassung nehmen können, eine Unterfuchung darüber anzustellen, ob diese Behandlung eine richtige ist. Jetzt aller dings habe ich Veranlassung genommen, mich darnach zu erkundigen, und liegen begründete Beschwerden vor, wird Abhülfe geschaffen werden, liegen aber solche Beschwerden nicht vor, so muß ich die e Denunziation als eine ganz unwürdige bezeichnen.

Staats-Minister von Verdy:

Meine Herren! Ich kann aus der Diekussion von vornherein einige Punkte autschließen, die hier berührt worden sind, indem sie doch nur in weiterem Zusammenhange mit der vorliegenden Frage stehen. Ich meine damit die Bemerkung bezüglich der geringeren Zahl von Offisieren, die wir in den

Hülfskräften außer

Etat einsetzen. und dafür AUnteroffiiiere in Offizierstellen

bringen sollten, ebenso wie andererseits die Frage der Verabschiedung

ö hee , . welche noch in ihrer innehabenden Stellung verbleiben nuten.

Die prinzipielle Stellung der verbündeten Regierungen hierzu ist besannt, und ich glaube nicht, das je zt gerade der Moment gekommen ist, bierauf weiter einzugeben.

Die Vorlage, joveit sie sich mit der Verbesserung der DOffiziersgebälter beschäftigt, ist eine Frage, die nicht bei Lieser Gelegenheit zuerst zur Sprache gekommen ist. Sie ist eine Frage, die von der Militärverwaltung seit einigen Jahren auf das Eifrigste verfolgt wird und fär die mein Herr Amts vorgänger bereits das Semige gethan hat, um sie zur Geltung zu bringen. Sie ist entstanden, weil die Notbwendigkeit einer Verbesserung der Offiziersgebälter uns durch und durch erfüllt, wir sind roa ibr durchdrungen; und wir betrachten es bereits als einen Fortschrit! unserer Bemühungen auf diesem Gebiet, daß wir eadlich in der Lage sind. auch vor Ihnen diese Nothwendigkein darzuthun. Anerdings ist sie eine solche bei welcher die Schwierigkeiten, wie schon angedeutne worden ist, zu groß sind, um den Vergleich mit der Stellung der Civilbeamten nach allen Richtungen hin durchzuführen. Ich muß mir das Betreffende für die Kommissienssitzung vorbehalten. Ich will von den gemachten Bemerkangen nur Linige anführen, die darauf Bezug haben, so der Vortheil für die Offiziere, das sie ihre Söhne im Kadettencorps unterbringen können. Ich muß deirauf hinweisen, daß dies nur ein gerechter Ausgleich ist gegenüber den Civilbeamten; während der Civilbeamte nur in seltenen Fällen eine Versetzung er⸗ fährt, ist dies beim Offizier meist sehr oft der Fall; er ist durch Ver- setzungen genöthigt, mit seinen Kindern 5 bis 6 Mal die Schule zu wöchseln, und welchen Einfluß das auf die Ausbildung hat, können Sie sich denken. Nach dieser Richtung ist das Kadertencorpz eben ein Ausgleich. .

In Bezug auf die sofort zu erdienende Pension bemerke ich, daß die Second ⸗Lientenants meist noch keine Pension bekommen, sondern daß die erst nach 10 Dienstjabren eintritt.

In Bezug auf die weiteren Verhältnisse, wie der Offizier lebt, der pensionirt ist, jo ist hier bereits schon Mehreres darüber gesagt worden. Ich muß noch darauf hinweisen, daß die Offiziere gerade durch die eigenthümlichen Verbältnisse unseres Standes viel 3fter in die Lage kommen, pensionirt zu werden und zwar in früberen Jahren, als die Civilbeamten, die bis an die Altersgrenze dienen können. Dann kommt hinzu, daß unsere Offiniere, wenn sie pensionirt sind, weder im Reichs,, Staats- noch im Kommunaldienst irgendwie ihre Lage verbessern können, da ihre Einnahmen alsdann nur bis auf die Höhe ihres früheren pensionsfähigen Diensteinkommens steigen können, eine Ungerechtigkeit, von der ich allerdings hoffe, daß sie auch endlich einmal ihre Abstellung finden wird.

Nun im Einzelnen: die Second⸗Lieutenants sind bei der Ver— besserung ausgelassen in Rücksicht auf die Verhältnisse der ent- sprechenden Kategorien der Civilbeamten; über diese habe ich daher augenblicklich nicht zu sprechen; was die Premier . Lieutenants be— trifft, bemerke ich Folgendes: wo nehmen wir unseren Offiziersersatz am meisten her? Sie werden es uns nicht verdenken, daß wir ihn am liebsten den alten Offizierssamilien entnehmen, die Generationen hin— durch sich dem Waffendienst gewidmet haben. Sehen Sie sich es nun einmal an, wie stebt es mit diesen Familien? Im Offiziersstande erwirbt man kein Vermögen. Wie sollen diese Familien ihre Söhne in der Armee unterbringen? Wir verlieren diesen ausgezeichneten Ersatz in großer Zahl, ka ihm, um in die Armee zu treten, die Mittel fehlen. Uns kommen täglich Anträge um ander weitige Hülfe zu, wir wissen es, in welcher Lage sie sind In der Zeit, daß die Söhne Second Lieutenants sind, müssen schon Zuschüsse gewährt werden. Ist der Offizier Premier Lieutenant geworden, so will er in der Mitte der dreißiger Jahre doch endlich einmal von seiner Familie loskommen, er will selbständig in der Welt dastehen und seiner Familie nicht weiter zur Last fallen, namentlich, wenn jüngere Geschwister heranwachsen. Das kann er aber mit seinem Gehalt nicht.

Der Hauptmann zweiter Klasse, Sie wissen, meine Herren, da Sie Alle Beziehungen zur Armee haben, was der und der Rittmeister für einen Dienst hat, und daß es der ganzen Kraft bedarf, um diesen Dienst heutigen Tages durchzuführen. Nach dem Satz, der rorhin hier ausgesprochen ist, von der gleichen Be— rechligung in Bezug auf die Besoldung bei gleichen Pflichten, ist der Hauptmann zweiter Klasse und der Hauptmann erster Klasse wohl auch zu behandeln, und was dem Einen recht ist, ist in dieser Beziehung auch dem Anderen billig. Wie endlich sollen die Hauptleute erster Klasse sich eine Familie gründen, Offiziere, die um die Mitte der vierziger Jahte stehen? Von ihrem Gehalt können sie es doch wahrlich nicht!

Kurz und gut, meine Herren, wir haben es hier mit einer dringenden Nothwendigkeit für die Verbesserung der Lage unserer Offiziere, nicht mit irgend einem Benefisium zu thun, mit einer Angelegenheit, welche den Bestand unserer ganzen Armee berührt Wir treten an diese Sache beran in

dem Moment, wo sich die Möglichkeit bietet, wo auch die Verbesse—⸗

rung von Beamten der III. Tarifklasse vorgeschlagen wird. Wie sollen die Premier -⸗Lieutenants überhaupt zu einer Verbesserung ge— langen? Sollen sie erst warten, bis Diejenigen, die besser befoldet sind, aufgebessert werden? denn bekanntlich existirt eine entsprechende Tarifklasse für Beamte in Preußen nicht; die Klasse der Premier Lieutenants steht in der Luft, wo wollen Sie ihn hinweisen? Wollen Sie warten, bis andere, die besser daran sind, wie er, eine höhere Besoldung bekommen?

Meine Herren, einen Satz, der wohl oft ausgesprochen ist: daß Derjenige, der sein ganzes Leben der Bertheidigung des Vaterlandes widmet, der hierin seinen Beruf sieht, auch ausreichend besoldet werden sollte, den will ich beute nicht betonen. Denn unser Dienst ist und bleibt ein Ehrendienst. Aber das werden Sie doch unseren Offizieren geben müssen, daß sie innerhalb dieses Dienstes vor Ent— bebrungen geschützt werden und ihnen das Nothwendige gegeben wird, was die heutigen Zritperhältnisse bedingen.

Deswegen, meine Herren, muß ich trotz der ablehnenden Haltung, die von vielen Seiten angenommen ist, dringend bitten, zu erwägen, ob das Reich nicht in der Lage ist, die Forderung auch für die Offiziere zu gewähren. Es ist eine Frage der Nothwendigkeit und des Geldpunktes. Die Nothwendigkeit wollen wir Ihnen in der Kommission nachweisen, den Geldpunkt zu beurtheilen ist Ihre Sache.

Abg. Dr. Windthorst: Ich schließe mich dem Antrage auf Kommissionsberathung an und bitte die Kommission, ihren Bericht möglichst zu beschleunigen, denn es wäre sehr übel, wenn wir auseinandergehen müßten, ohne die Sache er⸗ ledigt zu haben. In Preußen hat man sich auf den Rahmen der Gehaltserhöhungen beschränkt, den wir in der vorigen Session hier in der Resolution vorgeschlagen hatten, und es wäre besser gewesen, wenn die Vorlage dieselben Kategorien von Beamten festgehalten hätte. Ich würde gern Alles be— willigen, was hier gefordert wird, sowohl für Civil wie Militär, wenn die dazu nothwendigen Mittel vorhanden wären. Wenn ich gegen die Erhöhung der Offiziersgehälter stimme, so will ich damit nicht sagen, daß nicht ein Bedürfniß dazu vorliegt, das ist sogar noch für höhere Beamtenklassen vorhanden, aber man muß sich nach der Decke strecken, und unsere Decke reicht nicht soweit, wie hier gefordert wird. Deshalb können wir über den Rahmen unserer Resolution nicht hinausgehen, denn die Anforderungen übersteigen die Steuerkraft. Die Steuer— zahler haben schon jetzt Ursache, bitter zu klagen. Es wird überhaupt viel zu wenig an die Steuerzahler gedacht. Die Regierung sagt einfach: „Das ist nothwendig, nun bezahlt.“ Dieser Standpunkt ist unhaltbar. Ist es möglich, noch weiter

diese Kosten zu tragen, ohne daß eine Verarmung des Volkes

intritt? Wir prüfen jetzt die ganz außerordentliche und un⸗ . gekommene Forderung für das Militär auf ihre Nothwendigkeit und die Möglichkeit, die Deckungsmittel zu finden, hin, und ich bin entschlossen, Alles zu bewilligen, was ich als nothwendig für die Vertheidigung des Vaterlandes er⸗ kenne, dafür muß ich aber auf allen anderen Gebieten his an die außerste Grenze der Sparsamkeit gehen. Ich hoffe, daß bald statt der Kriegsrüstungen friedlicher Verhaͤltnisse angebahnt werden, denn unter den jetzigen Juständen gehen alle Staaten mit der Jeit zu Grunde. Man bekampft sich ja jetzt nicht nur mit den nf sondern auch mit den Finanzen. Deshalb müssen wir uns nach jeder Richtung einschränken, wozu uns ja Se. Majestät der Kaiser in seinem Erlaß über die Sparsam⸗ keil im Offiziercorps einen Fingerzeig gegeben hat. Bedürf⸗ nisse find ja da, aber man kann im Leben nicht alle Be⸗ dürfnisse befriedigen. Gewiß ist allen Beamten eine bessere Lage zu wünschen, aber ich kann sie nicht geben, weil ich das Geld nicht habe. Die Offiziere haben allerdings Grund zu dem Wunsche, ihre Besoldung erhöht zu sehen, aber sie müssen vor⸗ läufig ihre Befriedigung in den besseren Ayancementsverhaltnissen in Folge der Vermehrung der Armee finden. Die Aufregung im Lande über die neue Militärforderung ist ungeheuer. Ich bin wegen meiner Stellung dazu in der Presse viel angegriffen worden, aber ich werde bei der zweiten Lesung vor aller Welt nachweisen, daß alle diese Ausführungen gegen nig unbegründet find, die Klasse der pensionirten Civil un Militärpersonen befindet sich auch in geradezu erbarmungs⸗ würdigem Zustande; das thut mir ungeheuer leid, aber die sittel' fehlen mir, um ihnen zu helfen. Die Vorlage in diesem Umfange kann nicht gebilligt werden, wir müssen uns auf das zurückziehen, was in unserer Resolution stand. Die Resolutionen des Abgeordnelenhauses über die Alterszulagen und die diätarisch beschäftigten Beamten müssen auch hier wiederholt werden. Die Frage der Stellenzulagen bedarf einer recht ernsten Erwägung. Es müssen die Grundsätze auf— gestellt werden, nach welchen sie zu vertheilen sind, damit sie nicht als Belohnung zweifelhafter Natur verwendet werden. Im preußischen Abgeordnetenhause ist darüber keine Bestim— mung getroffen worden. Ich denke, daß die Kommission auch diefe Frage gründlich prüfen wird, aber Sparen ist ihre Hauptaufgabe. ae, , .

Abg. Rickert: Wie kommt es, daß wir jetzt im Sommer gezwungen werden, eine vorbereitende Session für fünf Dutzend Millionen neuer Steuern zu halten? Man legt uns eine Nachtragsforderung von 20 Millionen vor, während wir noch nicht an die Hälfte gedacht haben; namentlich die Forde— rung fur die Offiziere mußte sehr überraschen. Hr. von Maltzahn hat uns aus einer Rede des Ministers von Scholz aus dem Jahre 1856 einen darauf bezüglichen Passus verlesen; er hat aber nicht hinzugefügt, Laß wir bereits damals gegen eine solche Ausgabe für bie Offiziere protestirt haben. Es liegt auch nicht im Interesse der Regiernng, daß sie mit Vor⸗ lagen kommt, von denen Niemand eine Ahnung hat, sie setzt sich damit nur Niederlagen aus, wie sie sie jetzt erlebt, daß ihre Vorlage mit einer 55 Mehrheit abgelehnt wird. Wenn man den Kriegs-Minister hört, so muß man denken, daß die Existenz der Armee von der Bewilligung der Erhöhung der Sffiziersgehälter abhängt. Ich achte und . diesen Militärpatriotismus, aber wir stehen beim Geldsäckel. Wenn Sie in Ihrem Interesse schneidig sind, dann freuen Sie sich doch, einem Parlamente gegenüberzustehen, das seinerseits mit der gleichen Entschiedenheit die finanziellen Kräfte des Landes zu schonen Willens ist. Mir hat es immer imponirt, wenn die Herren mit dieser Ueberzeugungstreue auftreten und sagen, das ist im Interesse des Vaterlandes und der Armee. Wenn man aber das öfter gehört hat, so wird man dem dann nicht mehr ohne Weiteres folgen. Der Kriegs-Minister hat uns auch den Beweis nicht geliefert, daß hier eine dringende Nothwendigkeit für die Armee vorliegt. Unsere Offiziere haben auch früher Tüchtiges geleistet, wo der preußische Staat früher lange nicht so im Stande war, ihren Bedürf⸗ 3. gerecht zu werden. Ich denke viel zu hoch von unseren Offizieren, als daß es auf ihre moralische Tüchtigkeit irgendwie einwirken könnte, ob sie diese Erhöhung erhalten oder nicht. Der Abg. Hahn hat übrigens einen Theil der Forderungen für Offiziere für nicht berechtigt anerkannt. Die Stellenzulagen, wie sie in Preußen bewilligt find, halte ich für einen konstitutionellen Fehler ersten Ranges. Es wird damit der Regierung eine Vollmacht gegeben, ohne daß die Grundsãätze für ihre Anwendung festgestellt sind. Stellen⸗ zulagen, die doch den Charakter einer Gehaltszulage haben, können nicht nur für ein Jahr gegeben werden. Muß nicht jeder Beamte darauf rechnen, daß sie ihm wieder entzogen wird? Wenn Sie einem Beamten eine solche Zulage geben, so können Sie so viel Motive anführen, wie Sie wollen, er glaubt nicht daran, daß Sie sie ihm entziehen können. In ein paar Monaten sind wir ja wieder hier, und dann könnten ja die Herren mit den Grundsätzen fertig sein, und wir könnten uns darüber beim Etat verständigen. . Sie für gut, den Beamten dann etwas nachzuzahlen, so können wir uns auch darüber einigen. Wir geben mit diesem Pausch— Juantum Hrn. von Stephan denn darauf kommt es in der Hauptsache hinaus eine Summe zur freien Verfügung für Postbeamte; einem Mann, der ohnehin schon große Dis— positions fonds zur Verfügung hat, noch einen zu geben, das können wir nicht verantworten. Wenn ' die einzelnen Verwal⸗ tungen im Stande wären, in der Kommission bei den be treffenden Positionen zu sagen, diese und diese Beamten sollen Stellenzulagen erhalten, dann gewönne die Sache ein anderes Ansehen. Heute aber kann ich Sie nur dringend bitten dies Pauschquantum der Regierung nicht zu bewilligen Es werden hier verschiedene Ausgaben verlangt, zusammen So- Millionen, und es wird gesagt, auf die Vaue! geht es nicht ohne neue Steuern. Darüber hat der Schatz sekretär seine Gedanken, er spricht sie aber nicht aus. Das ist ein kleiner Hieb gegen den Reichskanzler und den Kriegs⸗Minister die ihre Gedanken offen ausgesprochen haben, Die National! liberalen dachten, mit der Branntweinsteuer die Ausgaben be— willigt zu haben nicht bloß für die Invalidenversicherung sondern auch für eine ganze Reihe anderer Zwecke. Durch die Bewilligung von Ausgaben wird der Reichstag engagirt für neue Steuern, die wir gar nicht kennen. Sovlel wissen wir daß die Getreidezölle nicht ermäßigt werden sollen, daß ein? Reichs- Einkommensteuer und damit eine Heranziehung der Ver⸗ mögenden nicht eingeführt werden soll, deshalb können wir jetzt nur das Nothwendigste bewilligen, was wir seibst ver— langt haben, alles Andere muß zurückgestellt werden bis zur nächsten Session. Die Ueberweisung der Branntweinsteuer an die Einzelstaaten war ein Fehler; denn die Einzelstaaten wurden in den Traum gewiegt, daß das ihr Geld sei, was

ihnen überwiesen wurde; das Reich hat das Geld sich zurück— eholt und ist jetzt soweit, daß es neue Steuern einführen muß. nd wie steht es nun um die Steuerkraft des Landes? Die Landwirthschaft soll fich in großer Nothlage befinden, ja bei⸗ nahe am Vorabend des Unterganges stehen. Dann ist es aber Pflichtvergessenheit, wenn wir nicht jeden Heller dreimal um⸗ drehen. Sind denn die Landwirthe auch im Stande, die Steuern zu zahlen? Was soll für die Zeit der Noth werden, wenn wir den letzten Groschen schon jetzt herausholen? Eine tüchtige Finanzwirthschaft gehört ebenfalls zu der Wehr— haftigkeit des Reichs, und deshalb lehne ich es ab, Steuern zu bewilligen, die ich nicht kenne.

Staatssekretär Freiherr von Maltzahn: Ja, meine Herren! Gins von beiden? Entweder es ist der richtige Weg, daß man erst die Einnahmen beschafft und von Ihnen fordert. welche zur Deckung der neuen Ausgaben nothwendig sind diesen Weg haben die verbündeten Regierungen früher beschritten, sie haben ibn z. B. 1886 bei der von dem Herrn Vorredner be— zeichneten Gelegenheit beschritten; damals hat der Reichstag gesagt: nein, das thun wir nicht! oder, es ist richtig, man verständigt fich zuerst darüber, welche der Ausgaben, die den verbündeten Regierungen nothwendig erscheinen, auch vom Reichstage als nothwendig anerkannt werden, und wenn man sich darüber verständigt hat, so fucht man dafür die Deckung zu finden. Den letzteren Weg haben wir jetzt eingeschlagen auch dieser wird nicht acceptirt.

Ferner hat man im Winter Seitens des Reichstages gefordert, es solle noch jür das laufende Gtatsjahr eine Vorlage eingebracht werden wegen Verbesserung der Besoldung für einen Theil der Be⸗ amten; wir bringen diese Vorlage ein, wir haben uns überzeugt, daß wir den Rahmen bei dieser Gelegenheit weiter ziehen müssen, daß wir Ihnen gleich zu sagen und . ein möglichst deutliches Bild zu geben verpflichtet waren, was eine solche Verbefferung der Be⸗ soldung kostet, mag sie in diesem Jahre oder später kommen, jetzt, wo sie lommt, sagt der Hr. Abg. Rickert: wie ist es möglich, daß man uns im Sommer, im Juni, in der heißesten Zeit hierher setzt und verlangt, daß wir die Vorlage berathen, die wir selbst gefordert haben?! Er sagte sogar, „daß wir eine Vorbereitungs« sitzung, halten sollen für fünf Dutzend Millionen neuer Steuern, die wir im Herbst berathen sollen '; denn, sagt er, diese ganzen Verlagen haben weiter gar keinen Zweck, als darauf vorzubereiten, daß das Reich 5o, 9 Millionen neuer Steuern haben oll. Za, meine Herren, das Steuernfordern und Steuerneinziehen ist wahr⸗ baftig kein Vergnügen, und zu dem Zwecke wird der Reichstag wahr— baftig nicht berufen! Die verbündeten Regierungen haben diese Forderungen vorgelegt, deren Dringlichkeit und Unauffchiebbarkeit sie anerkannt haben; und Ihre verfassungsmäßige Pflicht ist, darüber zu beraten, auch wenn es mitten im Sommer geschieht, wo das Sitzen hier im Reichstage für die Vertreter der verbündeten Re— gierungen jedenfalls ebenso große Unannehmlichkeiten hat wie für Sie. Nun, meine Herren, so viel hierüber. Aber wie ist es nun mit diesen angeblichen 60 Millionen neuer Steuern; worauf beruht das? Ich habe in der Militärkommission und heute im Plenum, damit Sie mir nicht nachher den Vorwurf machen können, ich hätte Sie irgend über die finanziellen Folgen Ihrer bereits gefaßten und Ihrer eventuellen Beschlüsse im Dunkeln gelassen, Ihnen ein Rechen« exempel aufgemacht, was Jeder von Ihnen sich selbst aufmachen kann, aus dem sich ergiebt, daß im Laufe einiger Jahre, wenn diese Vorlagen angenommen werden, zugleich aber auf Grund bereits gefaßter Beschlüsse, die jährlichen Ausgaben des Reichs um 50 Millionen höher sein werden, als sie in dem Jahres⸗Etat von 1890/91 vor den Nachtrags-Etats angenommen wurden. Und ich hahe gesagt, es schiene mir wahrscheinlich, daß, um diese Summe dauernd zu decken, eine Vermehrung der Finnehmequellen erforderlich sein würde. Aber, meine Herren, doch nicht gleich um 60 Millionen und doch nicht mit Sicherheit um diesen Betrag. Wenn auch nur die 43 Millionen Mehreinnahme aus den Zöllen mit Ausschluß der Korn— zölle uns weiter zufließen, so werden aus den 60 Millionen schon 15 Millionen! Es wird gewünscht, das Exempel noch einmal zu machen. Ich habe gesagt: wir stehen vor der Wahrscheinlichkeit, daß in einigen Jahren unsere Jahresausgabe um 60 Millionen höher sein wird. Ich habe weiter gesagt: wenn die 43 bis 45 Millionen Mehreinnahme, welche verbleiben aus den Zöllen von 1889590, ohne die Mehreinnahme aus den Kornzöllen mitzurechnen, wenn diese uns dauernd zufließen sollten, dann würde das Mehrbedürfniß nicht 60 Millionen, sondern nur 15 Millionen sein. Ob das bestimmt der Fall sein wird, das kann ich heute unmöglich übersehen. Die höhere Veranschlagung der Zolleinnahmen im Etat für 1890,91 gegen das Vorjahr wird durch den künftigen Fortfall des Defizits mehr als aufgewogen ; ö

In verschiedenen Ausführungen der Herren Vorredner ist ferner die Sacke so dargestellt, als ob eigentlich die Forderung für die Offiziere der Hauptinhalt der Vorlage sei, über welche wir heute reden. Das ist doch nicht richtig. Wenn Sie die ganze Forderung für die Offizier? herausnehmen, so bleiben von den in der Vor— lage stehenden 20 Millionen immerhin noch 15 Millionen übrig, und wenn Sie sich beschränken ganz formell auf das, was die Reichs⸗ tagsresolution gefordert hat: „für die unteren und mittleren Beamten“, so ist die Summe, die Sie dann anwenden müssen, auch nicht viel geringer. Es scheiden dann nur die Beamten der Tarif⸗ klasse III aus; der finanzielle Effekt dieser Maßregel ist aber kein sehr großer. z

Nun aber, und das ist der Hauptgrund, weshalb ich das Wort noch einmal genommen habe, hat der Hr. Abg. Rickert Bedenken vorgetragen gegen die Maßregel der Stellenzulagen. Ich gebe dem Derrn Abgeordneten gern zu, daß man über die Zweckmäßigkeit dieser Einrichtung verschiedener Meinung sein kann. Ich möchte ihn aber doch ersuchen, in seiner Abneigung hiergegen nicht so weit zu gehen, diese Stellenzulage in der Vorlage hier einfach zu streichen; denn nachdem in Preußen die Stellenzulage in das Svystem der Be⸗ soldungserhöhungen hineingebracht war, so konnten wir hier im Reich, da wir uns in Bezug auf die in Preußen bedachten Kategorien an die dortigen Vorgänge anschließen wollten und nach der Meinung des Reichstages anschließen mußten, nicht anders die einzustellenden Gehaltssätze normiren, als unter der Voraussetzung, daß auch im Reich Stellenzulagen gewährt werden könnten, duich welche man die bei dieser Einreihung, der einzelnen Beamten in die Besoldungs— kategorien nach preußischem Vorgang entstehenden Unebenheiten und Benachtheiligungen einzelner Beamten wieder ausgleicht. Aus diesem Grunde würde ein Streichen der Stellenzulagen eine völlige Um arbeitung der Vorlage bedingen und ich glaube, daß die Verren in der Kommission sich davon überzeugen werden, daß so, wie die Dinge liegen, es richtig ist, die Stellenzulagen zu gewähren. .

Abg. Miquel: Wenn es wirklich richtig wäre, daß die sämmtlichen 60 Millionen durch Steuern gedeckt werden müßten, so würde noch keineswegs daraus folgen, daß dies durch eine Reichssteuer geschehen müßte. Ich würde z. B. bei der gegenwärtigen Art der Steuervertheilung im Reiche und in den Einzelstaaten nöthigenfalls die Mittel in den Einzel⸗ staaten aufbringen wollen. Wenn wir diese Ausgaben be⸗ willigen, engagiren wir uns nicht entfernt für die Deckung durch indirekte Steuern, sondern behalten uns vollständige Freiheit. Es ist doch nicht gleich, wie die Summen vertheilt werden. Der Reichstag scheint diesmal kaum weiter gehen zu wollen, als man in Preußen ie negn ist. Aber selbst die⸗ jenigen Redner, welche am schärfsten diesen Standpunkt ver⸗ treten haben, haben ein inneres Bedürfniß, weiter zu gehen, auch in etwas höhere Kategorien, selbst bei den Offizieren, kaum bestritten. Der Reichstag spricht mit seiner gegenwärtigen Ablehnung durchaus nicht aus, daß die Frage definitiv abgethan ist. Ich bin ein großer Freund der

Stellenzulagen.

Wer die außerordentliche Verschiedenheit der!

, der Beamten im Deutschen Reich in Bezug auf die Nothwendigleit der Ausgaben, die sie zu machen haben, und die Anforderungen, die man an sie stellt, kennt, wird aged en müssen, daß ein Verwaltungsfonds nothwendig ist er Ausgleichungen hier ermöglicht. Wir haben dies du den Wohnungsgeldzuschuß zu erreichen gesucht, nach meiner Meinung hat das aber nicht genügt. Ein Postbeamter in Frankfurt ist gegenüber einem solchen auf dem Lande eradezu zu bedauern. Wenn auch die Verkehrsmittel die ebensmittel in den großen Städten so billig wie auf dem Lande gemacht haben, so ist doch namentlich die außer⸗ ordentliche Belastung der unteren Beamten durch die Wohnungs⸗ miethen ganz enorm, und diese ist durch den Wohnungsgeld⸗ zuschuß nicht entfernt ausgeglichen. Allerdings ist nothwendig, daß die Staatsregierung nach bestimmten Grundsätzen bei der Gewährung der Stellenzulagen verfahre und dieselben mit dem Reichstage vereinbare. Nothwendig ist ferner, daß der Beamte nach seinem Dienstalter in seinem Einkommen ver⸗ bessert wird, daß er nicht danach streben muß, durch Ver⸗ setzung von einem Amt nach dem anderen sich eine Verbesserung zu verschaffen., In den Einzelstaaten sind die Gehaltsstufen zum Theil schon eingeführt, man müßte sie auch für das Reich ein⸗ führen, nicht bloß im Interesse der Beamten, sondern auch im Interesse des Dienstes selbst. Die Dienstgeschäfte, welche dauernd verrichtet werden müssen, müssen von fest angestellten Beamten versehen werden. Es müßte vermieden werden, daß die Beamten, welche gleiche Verrichtungen haben, theils ange⸗ stellt, theils nur Hülfsarbeiter find. Die Verbesserungen, welche hier nothwendig sind, müssen in irgend einer Weise, sei es aus der Reichskasse, sei es aus der Kasse der Einzelstaaten edeckt werden. Wenn Wohnungsmiethen und Preise für ebensbedürfnisse steigen, so trifft die Vertheuerung immer mehr die unteren Beamten als die höheren Beamten, welche noch etwas für Luxusausgaben übrig haben. Deshalb müssen die Unterbeamten nicht nur zuerst, sondern auch prozentual stärker bedacht werden. Ich hoffe, daß die Vorlage noch gegen— wärtig zum Abschluß gebracht wird; die Dringlichkeit ist um so größer, als man in Preußen vorangegangen ist. ö Abg. Rzepnikowski erklärt, daß feine Partei sich dieser Vorlage gegenüber nicht ablehnend verhalten werde unter der Voraussetzung, daß die erforderlichen neuen Steuern auch wirklich in der Form von Beamtengehaͤltern den Steuer— zahlern wieder zugeführt werden. Damit schließt die erste Berathung. Die Vorlage wird gemäß dem Antrag von Benda an die Budgetkommission verwiesen. Schluß gegen 4 Uhr.

Die erste Rede, welche der Staatssekretär des Reichs⸗ Schatzamts Freiherr von Maltzahn in der gestrigen (260.) Sitzung des Reichstages hielt, hatte folgenden Wortlaut:

Meine Herren Die Vorlage der verbündeten Regierungen schlägt Ihnen vor, noch für das laufende Etatsjahr eine Summe von 19924082 S zur Aufbesserung der Besoldung ron Beamten und Offizieren zu verwenden. Die Forderung einer so hohen Summe für einen solchen Zweck durch einen Nachtrags⸗Etat ist etwas Un gewöhnliches. Dieser Zeitpunkt, diese Form der Forderung finden aber ihre Rechtfertigung darin, daß der vorige Reichstag kurz vor den Neuwahlen fast einstimmig gefordert hat, daß gewisse Klassen von Beamten noch im laufenden Etatsjahre im Reiche in ihren Bezügen aufgebessert werden sollten. Die Vorlage, wie sie eingebracht ist, hat, wie sich aus den Erörterungen der Presse, wie sich aus den Verhandlungen der Kommissionen dieses Hauses ergiebt, durch ihre Höhe, durch ihre Ausdehnung überrascht.

Die Einbringung einer derartigen Vorlage an und für sich wurde erwartet und konnte nicht überraschen. Sie konnte um so weniger über- raschen, wenn man sich dessen erinnert, daß das Unterlassen einer gleichartigen Forderung in dem ordentlichen Jahres⸗Etat bei den Be⸗ rathungen über den Etat hier in diesem Hause den Anlaß zu schwer— wiegenden Angriffen auf die verbündeten Regierungen gegeben hat. Nun, meine Herren, das Erstaunen darüber, daß die Vorlage höhere Summen von Ihnen fordert, als der vorige Reichstag bei seinen Beschlüssen erwartet hatte, dieses Erstaunen, glaube ich, ist nicht berechtigt. Denn Seitens der verbündeten Regierungen ift darüber nie ein Zweifel gelassen worden, daß erstens eine ganze Reihe unserer Beamten zur Zeit eine Besoldung beziehen, deren Auf— besserung, sobald die finanzielle Lage es gestattet, dringend wünschenswerth ist; zweitens, daß eine solche Aufbesserung sehr erhebliche finanzielle Anforderungen an die Reichskasse stellen würde, und es ist wiederholt, unter anderen auch von mir selbst, am ersten Tage der ersten Berathung des Jahres⸗Etats für 189091 ausdrücklich hervorgehoben, daß nur dieser finanzielle Gesichtspunkt die verbündeten Regierungen bewogen hat, die Forde rung einer allgemeinen Erhöhung der Gehälter im Reich zurück zustellen, weil eine Reihe von anderen Forderungen gestellt werden mußten, deren Dringlichkeit und Unaufschieblichkeit von den verbündeten Regierungen als erwiesen angenommen wurde, deren Dringlichseit und. Unaufschieblichkeit durch die Beschlüsse des Reichstages als erwiesen, auch nach der Meinung der Vertretung des Volke an— erkannt worden ist.

Nun geht allerdings und dies hat das Erstaunen äußerlich ver— anlaßt die jetzige Vorlage über dasjenige hinaus, was die Reso— lution des vorigen Reichstages, als bereits für das laufende Jahr einzuführen, gefordert hat. Aber, meine r n. wenn die ver⸗ bündeten Regierungen an die Frgge der Erhöhung der Besoldungen herantraten, so konnte für das Maß, welches sie einhalten mußten, der zufällige Umstand meines Erachtens und ich glaube, Sie werden mir, darin Recht geben nicht entscheidend sein, wo der Reichstag diese Grenze in seiner Resolution gezogen hatte wo er dieselbe gezogen hatte auf Grund einer doch immerhin ungenügenden Kenntniß des Materials.

Meine Herren, die Ursachen, welche die Insufficienz der der zeitigen Bezüge unserer Beamten und einzelner Offiziersklassen herbeiführen, die erhöhten Kosten der Beschaffung der Lebens- bedürfnisse jeder Art, die Steigerung der berechtigten Ansprüche ans Leben, welche auf der gehobenen Lebenshaltung unseres gesammten Volkes beruben, wirken nicht allein auf den Kreis der unteren Beamten, der Subaltern! und mittleren Beamten, ihre Wirkung erstreckt sich auch höher hinauf. Und, meine Herren, wenn wir an⸗ erkennen mußten, daß diese Ursachen auch für andere Klassen als die—⸗ jenigen, an welche der Reichstag bei seinen Berathungen hier ge= dacht, eine Erhöhung der Besoldung an und für sich wünschenswerth machen, so würden unsere Beamten, ich glaube, mit Recht, ibren Vorgesetzten und den verbündeten Regierungen einen Vorwurf bahen machen können, wenn dieselben rein aus dem formellen Grunde ihre Besoldungserböhung nicht gefordert oder auf die Zukunft verschoben hätten, weil der Reichstag dieselben noch nicht für das laufende Jahr gefordert hat. J ;

Der zweite Grund, welcher das Erstaunen über die Höhe der Forderungen hat entstehen lassen, liegt darin, daß die Forderung der verbündeten Regierungen über dasjenige hinausgeht, was die Königlich preußische Regierung im Jabres⸗-Ctat für 18967951 für ihre Beamten hat geglaubt thun jzu können. Nun stebt allerdings das will ich völlig anerkennen die Regelung der Besgldungs verhältnisse im Reich und in Preußen in einem gewissen nothwendigen Zusammen— ange, aber bei der Prüfung dieser Frage in diesem Jahre liegen die Dinge wesentlich anders in Preußen, als sie im Reich liegen. In dem preußischen Jahres⸗Etat handelte es sich darum, eine . diesen