1890 / 152 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 25 Jun 1890 18:00:01 GMT) scan diff

Abend im Rathhaus abgehaltenen Kommissiongsitzung für die Spalierbildung am Festzugtage angemeldet. Das Spalier wird eingliedrig gebildet und soll vom Brandenburger Thor möglichst bis zum Festplatz binausgehen, wozu allerdings noch weitere Meldungen erforderlich sind, die im Centralbureau, Burgstraße 22, entgegen genommen werden.

Gestern wurde an dem neuen PolizeizPräsidialgebäude am Alexanderplatz mit dem Aufsetzen der vier Herrscher⸗Statuen begonnen. Der Anfang wurde mit der Statue des Großen Kur fürsten, von Luerßen, gemacht. Die Arbeiten werden, wie die „Nat. Ztg.“ schreibt, mit Ende dieses Monats fertiggestellt sein.

Die Heilanstalt für Lungenkranke Reiboldsgrün i. S. hot soeben ein elegantes Kurhaus mit einer Fülle von Gesellschaftsz⸗ räumen, sowie eine neunte Villa zur Aufnahme von Kurgästen fertig gestellt. Es stehen derselben jetzt eiregn 150 Zimmer für Kranke zur Verfügung. Aus tleinsten Anfängen seit dem Jahre 1873 entstanden, steht die Anstalt jetzt keiner der größten Heilanstalten Deutschlands in Bezug auf Vorzüglichkeit der Einrlchtungen nach, übertrifft aber viele sowohl durch die Herrlichkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Lage, die Mäßigkeit ihrer Preise als insbesondere durch ihre glänzenden Kurresultate. Es lohnt sich die kleine Mühe, einen Prospekt von der Verwaltung zu verlangen.

Potsdam, 22. Juni. (N. A. Ztg.) Für die Mannschaften und den Verein ehemaliger Kameraden des Regiments Gardes du Corps fand heute Nachmittag in dem Restaurant „Auf der Mühlenbergegrotte' ein Fe st statt. Ein großer Theil des Mühlen⸗ bergs wurde, da das Lokal für die Tausende von Menschen keinen Platz bot, mit hinzugenommen, und aus der fest— lichen Verfammlung der Mannschaften entwickelte sich ein frohes Volksfest. Auf dem Plateau des Berges war ein Tanzplatz hergestellt, in dessen Mitte der Pavillon für die Musik, welche die Ünteroffizierschule stellte, errichtet war. Rings herum in buntem Wechsel standen Wein und Bierzelte, Würfelbuden, Karussels 21. Das Lokal war mit Fahnen, Wappen und Guirlanden aufs Schönste geschmückt; in den unteren Räumen spielte die Kapelle des 1. Garde Regiments. Im Saale, auf dessen Bühne in einem Lorbeerhaine die Büsten Friedrich's des Großen und Kaiser Wilhelm's II. standen, wurde eifrig getanzt. Von 10 Uhr ab fand ein präch⸗ tiges Feuerwerk statt. Prinz Reuß, welcher währenddessen er schienen war, begrüßte die ehemaligen Kameraden und sprach denselben seinen Dank für ihr zahlreiches Erscheinen aus. Er schloß mit einem dreifachen Hoch auf Se. Majestät den Kaiser. Die Kapelle des 1L Garde ⸗Regiments z. F. blies die Kaiserfanfare und Heil Dir im Siegerkranz“, in welches Alle begeistert einstimmten. Nun folgte die große Schlachtmusik von Wieprecht ‚Deutschlands Erinnerungen an 1813, 14 und 15, wobei das gesammte Tambourcorps des Regiments mitwirkte. Viele, auch ehemalige Offiziere des Regiments, hatten sich ein gefunden, darunter General ⸗Lieutenant Graf Schlieffen, Kommandant von Berlin. Die Stadt Potsdam hat, wie die „Post“ meldet, dem Regiment der Gardes du Corps zu seiner Jubiläumsfeier eine Urkunde überreicht, worin sich die Stadt Potsdam ver— pflichtet, zwei Kinder von Unteroffizieren dieses Regi⸗ ments in der Unteroffizierschule auf ihre Kosten aus- bilden zu lassen. Der Ober⸗Bürgermeister Boie fuhr bei dem Regiments ⸗Commandeur in feierlicher Auffahrt vor, um dem Letzteren die Urkunde zu überreichen.

Swinemünde, 23. Juni. Ueber die bei der Schießübung verunglückten Landwehrleute bringt das ‚Amtl. Kr. Bl. F. d. Kr. Us. Woll.“ eingehende Mittheilungen, denen wir Folgendes ent⸗ nehmen: „Das Befinden der Kranken ist im Allgemeinen ein erfreuliches. Wundfieber ist bei keinem einzigen ein getreten, die beiden Leichtverwundeten haben das Bett ver— lassen. Bei dem Ober⸗Gefreiten Habermann, dem die linke Hand abgenommen wurde, ist das linke Auge gefährdet, bei dem am schwersten verletzten Unteroffizier Krohn wird möglicherweise auf operativem Wege ein Theil der rechten Hand abgenommen werden. Tie Frauen der Leidenden sind alle hiergewesen und haben ihren Männern Besuche im Krankenhause abgestattet.“

Wiesbaden, 2. Juni. Wie der Köln,. Ztg. geschrieben wird, ist die Genehmigung Sr. Majestät des Kaisers für den Neubau

unseres Theaters hinter der Neuen Kolonnade eingetroffen, wo⸗ durch die feit Jahren schwebende Platzfrage endgültig entschieden ist. Die Pläne für den Neubau werden voraussichtlich durch einen engeren Wettbewerb beschafft werden. Sodann hat der Gemeinderath be schloffen, für das durch Professor J. Schilling in Dresden zu er richtende Marmor Standbild des Kaisers Wilhelm J. vor dem Kurhause einen baaren Zuschuß von 15 000 ½ zu seisten. Hierdurch

ist die sofortige Inangriffnahme des Denkmals ermöglicht.

München, 24. Juni. (W. T. B.) Der 18. deut sche Aerzte tag nahm heute zunächst die Aniräge von BuschKrefeld zum Krankenkassengesetz Behufs Herstellung eines befriedigenden Ein verständnisses der Kassenvorstände und der Aerztevertretung mit der Disziplinargewalt der Aerztekammern an und eiklärte sich sodann einverstanden mit den von Grashey und Aub⸗München erstatteten Kommissionsberichten zum Entwurf eines bürgerlichen 6 buches fur das Reich in Bezug auf Geisteskranke,. Nach Wahl des neuen Geschäfts. Ausschusfes, in welchen zwei Mitglieder neu⸗ gewählt wurden, schloß Pr. Graf mit einem Rügblick auf ihre Thätigkeit die Versammlung.

Stuttgart, 24. Juni. Se. Majestät der König hat, wie der StA. f. W. mittheilt, genehmigt, daß aus den Erträgnissen der König Karl-Jubiläumsstiftung von 1889,90 folgende Beiträge zur Unterstützung bestehender oder Einführung neuer Hausindustriezweige in armen Gemeinden des Landes gewährt werden: 1) für die Einführung der Korbflechterei in Walden buch, Amts⸗-Oberamts Stuttgart, 1290 M, 2) zu den Kosten der Einführung und Erweiterung der Hausindustrie in Haberschlacht, Oberamts Brackenheim, 500 Æ, 3) für die Drahtbörsenindustrie in Döttingen, Oberamts Künzelsau, 60 6, 4) zu einem Betriebsfonds für die Spitzenklöppel⸗Industrie in Köngen, Oberamts Eßlingen, als unverzinsliches Anlehen auf 5 Jahre 500 S Ferner find Technikern, Kaufleuten z. Reisestipendien, und zwar 2 von je 750 ½ , 1 von h00 ƽ und 1 von 1000 4A bewilligt worden.

Sch wäbisch⸗Hall. Am 7. Juli soll das von dem Johanniter⸗ Orden hier erbaute neue Kinderkrankenhaus eingeweiht werden. Dasselbe verdankt seine Entstehung der Anregung der württembergi⸗ schen und badischen Genossenschaft des Ordens und ist Eigenthum der Balley Brandenburg. Das Haus in freier Lage, umgeben von schönen Gärten und mit prachtvoller Aussicht, ist mit allem Nöthigen aus⸗ gerüstet. Die Möglichkeit der Benutzung der kräftigen Haller Soole ist für skrophulöse, blutarme und überhaupt zarte Kinder von beson— derem Werth. Die ärztliche Leitung der Anstalt haben die Doktoren Dürr sen, und jun. übernommen. In dem mit dem Kinderkrankenhaus in engster Beziehung stehenden Diakonissenhaus können auch Er— wachsene, welche den kranken Kleinen nahe sein wollen, Unterkommen finden. Auskunft über das Krankenhaus ertheilt Pfarrer Faulhaber am Diakonissenhaus in Schwäbisch⸗Hall.

Darmstadt. Bei dem schon in Nr. 150 des R. u. St.⸗A.“ erwähnten Preisgusschreiben der Großherzoglich hessischen Centralstelle für die Gewerbe und den Landesgewerbe⸗ verein Behufs Gewinnung neuer Muster für Schnitzereien in Elfenbein und verwandten Materialien, sowie für Holzbild⸗ hauerei handelt es sich hauptsächlich um kleinere, häufig gebrauchte und somit als Massenartikel herzustellende Gegenstände, als: Schmucksachen, kleinere Gebrauchsgegenstände. für das Wohnhaus, Nippsachen, Stockknöpfe, verzierte Tabackpfeifen (enament - lich sog. Bruysre⸗Pfeifen), Cigarrenspitzen und dergl., hinsichtlich der Holzbildhauerei um die bei der Moͤbelfabrikation und der Aus- schmückung der Wohnräume häufig gebrauchten Sachen. Zur Aus⸗ wahl vorgeschlagen sind: Sopha⸗Spiegel (Rokoko); Buffetfüllung, etwa 28385 cm (Renaissance) und Lüsterweibchen oder Handtuch⸗ halter. Als Bewerber sollen die Verfertiger der Entwürfe und nicht etwa Auftraggeber auftreten. Die Entwürfe, welche Original⸗ entwürfe sein sollen, sind zunächst durch Zeichnungen darzustellen, und es sind diese Zeichnungen so vollständig auszustatten, daß nach ihnen ohne Weiteres gearbeitet werden kann. Zeichnungen, welche von Modellen oder fertigen Gegenständen be gleitet sind, werden bei der Preisvertheilung vorzugsweise berück⸗ sichtigt. Zu Preisen sind im Ganzen 500 M ausgesetzt, und zwar: a. zwei Preise von 150 bezw. 100 M für die besten bezw. zweitbesten Entwürfe von Schnitzereien in Elfenbein und verwandten Materialien, b. zwei Preise von 150 bezw. 100 S für die besten bezw. zweitbesten Entwürfe zu Holzbildhauerarbeiten. Sollten indessen Entwürfe der

einen oder der anderen Art nur in ge eingehen, so bleibt es dem Preisgericht vorbehalten, riger die Schnitzereien in Elfenbein drei, für die Holzbildhauerei einen Preis zu verwenden oder umgekehrt, sowie auch die zweiten Preise zu theilen. Der Gesammtbetrag der oben genannten Preise kommt unter allen Umständen zur Vertheilung. Zeichnungen und Modelle sind bis zum 1. November 1890 an die Großherzogliche Centralstelle für Gewerbe und den Landesgewerbverein frankirt einzusenden. Dieselben sind mit einem Motto zu bezeichnen, ein geschlossenes mit demselben Motto versebenes Coupert hat Namen und Wohnort des Verfertigers zu enthalten. Die prämiirten Modelle werden öffentlich ausgestellt werden.

Mainz, 24. Juni⸗- (W. T. B.) Das 450jährige Jubi läum der Erfindung der Buchdruückerkun st wurde heute hier durch eine Huldigungsfeier an dem xeich dekorirten und glänzend beleuchteten Gutenberg Monument unter Theilnahme sämmtlicher Be⸗ hörden festlich begangen. Nach Musikaufführungen durch die Militär- kapelle und Gesangsvorträgen hielt der Redacteur des Mainzer Tage- blatts! Jacoby eine Festrede, welche von den Anwefenden mit Be⸗ geisterung aufgenommen wurde.

Hamburg, 25. Juni. (W. T. B) Bei dem gestrigen Kon kurrenzschießen um den silbernen Ehrenbecher siegten die Hamburger , Die fünf amerikanischen Theil neh mer sowie die Präsidenten Weber und Diehl erhielten vom Vor⸗ stand der Hamburger Sr n , ellschaft eine Fu biläumsmedaille. Das Festmahl verlief in heiterster Stimmung. Die Amerikaner, hoch⸗ erfreut über die großartigen Veranstaltungen der Hamburger Schüßen⸗ brüder, erklärten einstimmig, was ihnen auch noch in Deutschland bevorstehe, der erste Eindruck des Empfangs in Hamburg werde Allen unvergeßlich bleiben. Um 1 Uhr Nachts erfolgte sodann die Rückfahrt vom Schießplatz nach Hamburg per Dampfer. Der größte Theil der Amerikaner wird morgen nach Berlin abreisen.

Wien, 22. Juni. Die Montagsrevuen schreibt: Der Zonen tarif hat heute feine erste Massenprobe bestanden aber nicht mit besonderem Glück. Es war, namentlich auf der Franz Foseph⸗ Bahn, nicht in der entsprechenden Weise für die nothwendigen Betriebsmittel vorgesorgt worden, und so waren alle Züge derart überfüllt, daß die Passagiere sich in den Coupes und auf den Plattformen der Waggons stehend drängen mußten. In einzelnen Stationen mußten Hunderte von Passagieren über eine Stunde lang auf Beförderung warten und zufehen, wie ihnen ein Zug nach dem anderen vor der Nase vorbeifuhr. Und dabei kommt noch in Betracht, daß der verregnete Nachmittag die Entfaltung eines großen Verkehrs beeinträchtigte. Jedenfalls werden in Zukunft ganz andere Vorkehrungen getroffen werden müssen, um den Verkehr bewältigen zu können.

Pest, 24. Juni. (W. T. B.) Die ungarischen Schützen beschlossen, sich den österreichischen anzuschließen, um den von dem Wiener Schützenverein am 4. Juli Abends arrangirten Sonderzug nach Berlin zu benutzen und den gemeinsamen Einzug der österreichisch⸗ ungarischen Schützen zu ermöglichen.

Serajewo, 23. Juni. Von der Station Domanovie in Bosnien wird gemeldet: Gestern um 10 Uhr 15 Min. Vormittags fand ein Erdbeben von Südwest gegen Nordost in zwei nacheinander folgenden Stößen statt. Die Dauer der Bewegung war

cirea drei Sekunden.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depesch en.

Kiel, 25. Juni. (W. T. B.) Nach der Rückkehr Sr. Majestät des Kaisers von der Besichtigung des Panzer⸗ fahrzeugs „Siegfried“ fand im Schlosse Familientafel statt. Um 116 Uhr fuhr Se. Majestät mit Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Heinrich und kleinem Gefolge auf einer Pinasse von der Barbarossabrücke nach der Holtenau zur Besichtigung der Arbeiten am Nordostsee⸗Kanal bis Achterwehr.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

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Wetterbericht vom 26. Juni, heiter;

nur im südlichen Deutschland

liegt die

Victoria - Theater. Donnerstag: Zum 310 M.:

Familien⸗Nachrichten.

Morgens 8 Uh

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Stationen.

Bar. auf 0 Gr u. d. Meeressp. red. in Millim

Wetter.

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762 754 757 762 759 759 , 758

wolkig wolkig 3 wolkig bedeckt wolkenlos halb bed. Regen wolkenlot

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I) Gestern Nachmittag Gewitter. ) Abends Regen.

Uebersicht der Witterung.

Ein barometrisches Maximum über 765 mm liegt über Frankreich und Westdeutschland, während ein tiefes Minimum bei den Schetlands erschienen ist. Bei schwacher nördlicher bis westlicher Luftströmun ist das Wetter in Central⸗Europa kühl und vielfa

Temperatur meist über der normalen. Neufahr⸗ wasser hatte Gewitter. Deutsche Seewarte.

Theater ⸗Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Donnerstag: Opern haus. 155. Vorstellung. Don Juan. Oper in 2 Akten mit Tanz von Mozart. Text von Daponte. Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhauß. 1609. Vorstellung. Wilhelm Tell. Schauspiel in 5 Aufzügen von Schiller. In Scene gesetzt vom Direktor Dr. Otto Devrient. Anfang 7 Uhr.

Freitag: Opernhaus. 156. Vorstellung. Lohen⸗

rin. Romantische Oper in 3 Akten von Richard Wagner. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 161. Vorstellung. Die Qnitzow' s. Vaterländisches Drama in 4 Aufzügen von Ernst von Wildenbruch. Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. I. Theil.

Freitag: Der Compagnon.

Sonnabend: Zum 50. Male: Faust's Tod.

Am Montag, den 30. Juni, findet die letzte Vor⸗ stellung vor den Ferien statt.

Donnerstag: Faun ft,

Berliner Theater. Donnerstag: Der Probe⸗

pfeil. (Friedr. Mitterwurzer. Ludw. Barnay.)

ö Freitag: 40. Abonnements⸗Vorstellung. Gräfin ea. Sonnabend: Die Räuber. (Friedr. Mitter⸗

wurzer.) Anfang 74 Uhr.

WMallner Theater. Donnerstag: 20. Gastspiel von

Therese Biedermann vom Theater an der Wien in Wien. Zum 20. Male: Mamsell Nitonche. Vaudeville in 3 Akten und 4 Bildern von H. Meilbae und A. Millaud. Musik von M. Hervs.

Vor der Vorstellung, bei günstiger Witterung: a,. Garten ⸗Foncert. Anfang des Concerts 63, der Vorstellung 74 Uhr.

Freitag u. folgende Tage: Gastspiel von Therese Biedermann. Mamsell Nitouche.

Stanley in Afrika. Zeitgemälde in 10 Bildern von Alex. Moszkowskt und Richard Nathanson. Musik von C. A. Raida. Ballet von G. Severini. Anfang 77 Ubr.

Freitag: Dieselbe Vorstellung.

Triedrich⸗Wilhelmstãdtisches Theater und Concert -Kark. Direktion: Julius Fritzsche.

Donnerstag: Zum 160. Male! Der arme Jonathan. Operette in 3 Akten von Hugo Wittmann und Julius Bauer. Mustk von Carl Millöcker. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Hr Kapellmeister Knoll. Anfang 7 Uhr.

Im prachtvollen Park um 6 Uhr: Großes Doppel⸗ Concert. Auftreten sämmtlicher Instrumental und Gesangs ⸗Künstler.

Freitag: Im Theater: Der arme Jonathan. Im Park: Großes Doppel⸗Concert.

Sonnabend: Kinder ⸗Parkfest. Gratisverloosung einer lebensgroßen Puppe.

RKroll's Theater. Donnerstag: Undine.

Freitag: Gastspiel von Fr. Angelina Luger. Die Favoritin.

Täglich: Bei der Vorstellung, leuchtung des Sommergartens: Anfang 54, der Vorstellung 7 Uhr.

Belle Alliance Theater. Donnerstag: Zum

117. Male: Der Nantilus.

Im prachtvollen glänzenden Sommergarten: Großes Militär Doppel Concert. Auftreten sammtlicher Spezialitäten. Brillante Illumination des ganzen Garten⸗Etablissements. Anfang des Concerts 6 Uhr, der Vorstellung 77 Uhr

Freitag: Großes Elite⸗ und Monstre⸗Concert.

ünstigem Wetter vor und nach bends bei brillanter elektr. Be⸗ Großes Concert.

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde.

Am Landes ⸗Ausstellungs⸗ Park (Lehrter Bahnhof) Geöffnet von 12 —11 Ühr. Täglich Vorstellung im , n . Theater. ine, die Anschlag⸗ zettel.

Verlobt: Frl. Marie Ernst mit Hrn. Eduard Krug (Wernigerode a. H. Magdeburg) Frl. Karoline Kölsch mit Hrn. Albin Schumann (Leipzig —-Kayna bei Zeitz. Frl. Anna Bürgers mit Hrn. Robert Schulz (Rheydt) Frl. Maria Stang mit Hrn. Heinrich de Hesselle (Stolberg, Rheinland Aachen). Frl. Margarethe Walther mit Hrn. Richard Fiedler (Berlin). Frl. Mar⸗ aarethe Michalski mit Hrn. Alexander Rosenau (Graudenz Berlin). Frl. Luise Griese mit Hrn. Schack Reimers (Lübeck Kiel).

Verehelicht: Hr. Dr. Wilhelm Langhans mit 96 Marie Eggert (Berlin). Hr. Rittmeister

anfred Frhr. von Richthofen mit Frl. Luise von Gerlach (Parsow). Hr. Amtsrichter Wil- helm mit Frl. Susanne Zeihe (Wormditt Char⸗ , Hr. Reinhold Schröer mit Frl. Maria Wirth (Leipzig). Hr. William Tye mit

rl. Tony Müller (Hamburg) Hr. Robert

chellenberg mit Frl. Wanda Thümmel (Breslau). Hr. Franz Rähmer mit Frl. Anna Jännert (Pfaffendorf, Anhalt).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Reg.⸗Baumeister Jansen (Königsberg i. Pr) Hrn. Grafen von der Groeben (Gr. Schwansfeld). Hrn. L. Huett (Hameln). Hrn. W. Audorf (Büstedt). Eine Tochter: Hrn. Architekten Franz Ernecke (Berlin). Hrn. Willy Reichel (Berlin). Hrn. Bürgermeister Schaumburg (Schönebeck). Hrn. Rudolf Hahn (Magdeburg).

Gestorben: Hr. Rittergutsbesitzer Arnold Guradze (auf Groß · Kottulin). Hr. Ferd. Wustow (Ber⸗ lin). Hr. Kaufmann Richard Grosse 2 Frau Amalie Heising, geb. Schilling (Berlin Hr. Joh. Aug. Lieding (Berlin)

Redacteur: Dr. H. Klee. Berlin:

Verlag der Expedition (J. V.: Heidrich). Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagẽ⸗ Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 332.

Fünf Beilagen leinschließlich Börsen Beilage).

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Köüniglich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M H52.

Parlamentarische Nachrichten.

Schlußbericht der gestrigen (25) Sitzung des Reichs— tages. Zweite Berathung des Gef . ö. treffend die Friedens⸗Präsenzstärkè des deutschen Heeres. Die betreffenden Anträge dazu haben wir gestern schon mitgetheilt. Nach dem Berichterstatter Grafen Udo Stolberg

. . .

g. Rickert: Auch ich bin der Meinung, daß die Rüstungen, welche das deutsche Volk und die Jr,. —ᷣᷓ. und die deutsche Volksvertretung beschließen, keinen andern Zweck haben, als zu erhalten, was wir haben. An Er— oberungen kann Deutschland seiner ganzen Ratur nach gar nicht denken, und ich behaupte, daß das „Expansionsbedürfniß⸗ der deutschen Nation sich nicht einmal auf Afrika in dem Maße richtet, wie es in den letzten Jahren den Anschein hatte, Als friedliche Nation wollen wir Raum und Zeit zu 6 Arbeit. Den gegenwärtigen Besitzstand zu erhalten, st allerdings der Wunsch aller Parteien, und wir gehen nur auseinander in der Beurtheilung des Maßes des Nothwendigen und der Schonung der wirthschaft⸗ lichen und finanziellen Kräfte des Volkes. Ich gebe zu daß die Ausführungen des Kriegs Ministers und des Reichs— kanzlers eine gewisse Unsicherheit in der Kommission hervor— gerufen haben. Viel mehr Unsicherheit haben aber die Erklä—⸗ rungen des Schatzsekretärs hervorgerufen. Eine offene und ehrliche Darlegung der Verhältnisse ist die Pflicht der Regie⸗ rungsvertreter, und wir sind auf alles Andere gefaßt gewesen, aber nicht auf eine Militärvorlage in diesem Umfange und in dieser Sommer⸗Session. Drei Nachtraas⸗Etats in dieser Session, während der frühere Reichskanzler die Einführung von zweijährigen Budgets für nothwendig hielt! Jeßtzt kommen wir nicht einmal mit der einjährigen Etateperiode durch. Es ist gesagt worden, die Kriegsverwaltung könne das nicht voraussehen. Ich muß offen gestehen, daß ich auch nach den Verhandlungen der Kommission einen Auf⸗— schluß darüber, weshalb gerade jetzt und nicht vor ein paar Monaten, nicht in Verbindung mit dem laufen—⸗ den Etat diese Vorlage gemacht wurde, nicht erhalten habe. Was in Rußland und Frankreich passirte, ist doch nicht in den letzten Wochen geschehen. Habe ich eine Aeußerung des Reichskanzlers richtig verstanden, so war der Fürst Bismarck bereits vollständig damit einverstanden, nicht

bloß daß diese Vorlage, sondern daß weitergehende Vorlagen

uns gemacht würden. Es hatte sogar damals in der frei⸗ konservativen „Post“ ein Landsmann von mir einen Hülferuf nach Friedrichsruh geschickt und die Zeit herbeigewünscht, der Reichskanzler möge zurückkehren; denn er würde der einzige Retter aus der finanziellen und militärischen Noth sein. Daß dem nicht so war, haben wir gewußt, und ich a. es ist ziemlich klar nach den Erklärungen des Herrn Reichskanzlers, daß die Forderungen, welche der Fürst Bismarck sofert nach den Wahlen gestellt hat ich bedauere, daß sie nicht schon vor den Wahlen gestellt waren noch höher waren. Wir haben gehört, daß die Bundesregierungen alle ihre Kräfte daran gesetzt haben, um die anfänglich auf— gestellten militärischen Forderungen auf das mög⸗ lichst geringe Maß herabzudrücken. Ich kann nur den konstitutionellen Wunsch aussprechen, daß künftighin

ragen von solcher finanziellen Tragweite mit dem laufenden

tat zusammengebracht werden, damit wir das militärische und finanzielle Bild nebeneinander haben. Wer die Finanzen des Landes vernachlässigt, fügt dem Vaterlande genau denselben Schaden zu, als wer die militärische Rüstung vernachlässigt. R habe kein Hehl daraus gemacht, daß ich mit dem lebhaften

unsche in die Berathung dieser Vorlage eingetreten bin, es möchte mir möglich werden, schließlich im Verein mit der Ma⸗ 6 für dieselbe einzutreten. Ich habe geglaubt, daß die

egierungen die Verpflichtung in sich fühlen würden, nachdem sie unter so abnormen Verhältnissen eine so abnorme und exorbitant hohe Forderung außerhalb des Etats eingebracht haben, nun dem Reichstage wenigstens auf irgend einem Ge⸗ biete entgegenzukommen. 3h habe für alle Militärvorlagen, seitdem ich in diesem Reichstage bin, gestimmt und mich lebhaft für deren Zustandekommen interessirt., Ich habe allerdings 1887 die formelle Frage nicht im Sinne der Majorität gelöst. Ich meine, wenn irgend etwas den Standpunkt der Opposition in glänzender Weise gerechtfertigt hat, so find es die letzten Monate und Wochen gewesen. Diese Formfragen in den Vordergrund zu schieben, war aller— dings nicht ein konstitutionelles Mittel, sondern geradezu ein Mittel, um die damals unbequeme Majorität niederzuwerfen. Ich bedauere, daß man dieses Mittel damals ergriffen hat; denn darauf können Sie sich verlassen, eine Unsumme von Glauben und Vertrauen in gewissen Dingen ist bei den da⸗ maligen Wahlen zu Grabe getragen worden. Die Frage war keine Frage der Existenz des Vaterlandes und der Armee, wie der Reichskanzler es so trefflich auseinandergesetzt hat, allerdings nicht in dem Sinne, wie ich es auf— fasse. Es ist eine allerdings traurige Genugthuung, daß die Regierung so kurze Zeit nachher die Hand hat anlegen müssen, um dieses Septennat, welches damals von dem Fürsten Bismarck gewissermaßen als Grundlage der Existenz unseres ganzen konstitutionellen Staatslebens . gestellt wurde, zu brechen. Es liegt jetzt vollständig zerfetzt vor Ihnen, und ich finde es ganz natürlich, daß Diejenigen, welche damals in den Ton einstimmten, daß Diejenigen Reichs⸗ feinde seien, welche nicht für das Septennat stimmten, nun nicht Septennätler sein wollen. Man . gesagt, das Sep⸗ tennat sei ein Kompromiß, eine ständige Einrichtung in unserer Nation geworden, und deshalb dürfe nicht daran gerüttelt

werden. Ein Septennat hat immer nur auf dem Papier 2

standen. Das erste Septennat dauerte ia, das zweite 6 Ja

und das jetzige ist schon nach 3! / Jahren zerstört worden. Der Kriegs⸗Minister von Kameke, der das erste Septennat einbrachte, hat hier im Reichstage ausdrücklich erklärt, daß er selbst in keiner Weise gedenke, dieses Kompromiß auch seinerseits für die Zukunft zu halten. Man hat mir vorgeworfen, daß ich gegen das Septennat wuüthe, der ich doch ein Freund desselben gewesen sei. Ich bin niemals ein Freund desselben gewesen. Im

Berlin, Mittwoch, den 25. Juni

Jahre 1874 wurde das Septennat angenommen gegen das Aeternat. Wir haben damals Hrn. von Kameke die Zusiche⸗ rung gegeben, daß wir nach Ablauf des Septennats für eine . von Jahren die Friedenspräsenzstärke feststellen würden. Diese Zusage habe ich erfüllt. Wäre die Friedenspräsenzstärke auf fünf Jahre herab esetzt worden, so hätte die Regierung sie acceptirt, wenn sich eine Majorität dafür gefunden hätte. Ich habe in meiner Rede von 1880 genau dieselben Gründe für die einjährige Bewilligung geltend gemacht, wie ich es heute thun will, mit dem Unterschiede, daß ich heute frei bin und damals gehunden durch die Zusage, die zu erfüllen ich für meine Pflicht hielt. Es ist eine eigenthümliche Er— scheinung unseres konstitutionellen Lebens, Und kein anderes Land hat etwas Aehnliches aufzuweisen, daß wir Par⸗ teien haben, welche in sich den Beruf fühlen, die Krone und die Regierung hier gewissermaßen gegen die unberech— tigten Machtbedürfnisse anderer Parteien zu schützen. In kon⸗ stitutionellen Staaten, die ein langes Verfassungsleben hinter ich haben, ist so etwas überhaupt unmöglich. Hat doch Fürst Bismarck sogar von einem Parlamentsheer gesprochen! Es hat mich frappirt, daß, als ich meinen Antrag auf Ein— führung der einjährigen Bewilligung in der Kommission ein— brachte, von der rechten Seite wieder von einer parlamen— tarischen Machtfrage geredet wurde. Unsere Konservativen sind überhaupt eine besondere Spezies, nach meiner Meinung eine unberechtigte preußische Eigenthümlichkeit. Auch der ver⸗ bündeten Regierungen scheint sich eine gewisse Beunruhigung bemächtigt zu haben, die an die preußische Konfliktsperiode erinnert. Es wird Niemand hestreiten können, daß ohne die Volksvertretung die absolute Monarchie nimmer⸗ mehr zu einer solchen Ausdehnung der Armee gekommen wäre. Sie wäre davor zurückgeschreckt, die Verantwortung für diese Steuerlast zu übernehmen. Nun sollte man aber das Parlament nicht bloß als Steuermaschine benutzen, sondern auch als berechtigten Faktor betrachten, der auch bei der Konstruirung der Einrichtungen mitzusprechen hat, für welche die Herren die Mittel des Landes verlangen. Man fürchtet, bei einer jährlichen Berathung des Militär⸗Etats Krisen. Es ist aber selbst auf der äußersten Rechten schon zugegeben worden, daß es für die Militärverwaltung das Beste wäre, wenn der Militär⸗Etat so behandelt würde, wie der Marine⸗ Etat. Das Septennat hat auch nicht vor Krisen geschützt, wie das Jahr 1887 zeigt. Bereits nach nicht langer Zeit würde das Militär nicht mehr etwas Besonderes sein; es würde so gehen wie in Frankreich, und auch um die militärischen Interessen würde es besser bestellt sein. Ich bedauere, daß die Militärverwaltung diese konstitutionelle Doctorfrage, wie sie der Reichskanzler“ ansieht, immer nur als eine solche betrachtet, die wir zur Er⸗ weiterung unserer Macht in den Vordergrund stellen sollen. Wir würden Krisen ebensowenig haben, wie wir sie bei der Marine⸗Verwaltung haben. Sollte eine Volksvertretung so pflichtvergessen sein, die Mittel zu versagen, welche zum Schutze des Landes nothwendig sind, so hat ja die Regierung die Mittel in der Hand, sofort an die Nation zu appelliren. So wie ich das deutsche Volk kenne, würde es einer Volks⸗ vertretung den Laufpaß geben, welche ihre parlamentarische Macht dazu benutzte, um das Vaterland in eine gefährliche Situation zu bringen. Auch der Abg. Miquel hat sich wieder⸗ holt für einjährige Bewilligung des Militär⸗Etats aus—⸗ , n. Das jzist das Traurige, daß man bei uns den eutschen , einen gutmüthigen Menschen und für einen guten Soldaten hält, aber für zu unmündig, um ihm das zu gewähren, was andere Staaten bereits haben. Dieses Armuthszeugniß verdient das deutsche Volk nicht. Ich betrachte meinen Antrag nicht als Kompensations— objekt; auch der Reichskanzler hat mich in dieser Beziehun mißverstanden; ich habe nichts weiter sagen wollen, als da wir diese Forderungen stellen im Interesse des Volkes und der Armee. ill die Regierung nicht darauf eingehen und die Mehrheit der Volksvertretung auch nicht, habeant sibi; sie werden die Folgen für dieses Verfahren zu tragen haben. Haben wir das einjahrige Militärbudget, dann können wir meiner Meinung nach nicht umhin, zu dem in Frankreich üblichen Verfahren bezüglich der Präsenzziffer zu greifen Bei uns ist die Präsenzzahl eine Maximalziffer in dem Sinne, daß an keinem Tage des Jahres mehr Mannschaften bei der Fahne präsent gehalten werden dürfen; sie ist andererseits die Normalziffer, welche unter Multiplikation mit 365 den Etats⸗ forderungen zu Grunde liegt. In Frankreich ist das anders; dort ist sie zum Vortheil der dortigen Armee die Durchschnittsziffer, welche der Militärverwaltung die Freiheit iebt, an einem Tage so und so viel Tausende von Mann⸗ fer en mehr unter der Fahne zu halten, während bei uns die Zahl, von außerordentlichen Verhältnissen abgesehen, niemals überschritten werden darf. Jene Einrichtung giebt der französischen Militärverwaltung eine größere Latitüde, die unter Umständen für uns sogar gefährlich werden kann. Wäre also eine solche Befugniß nicht unter Uniständen auch für uns werihvoll, ja sogar geradezu nothwendig, um diese Dinge ohne Aufsehen und geräuschlos zu machen? Ich weiß ja, daß gewisse Verfassungs⸗ und , dem Kaiser im Falle unmittelbarer Kriegsgefahr eine ähnliche Befugniß geben. Aber für die Annahme, daß ein Krieg nahe sei, fehlt e. dem öchsten KriegsZsherrn und der Militärverwaltung ein absolut icherer Anhalt. Schon im Jahre 1874 hat von konservativer Seite Graf Bethusy⸗Huc einen Antrag auf Festsetzung einer Durchschnittsziffer gebracht; leider wurde dieser damals auch von der Regierung zurückgewiesen. Graf Bethusy⸗Huc sagte aus= endls daß er, wenn auch die Militärverwaltung bezüglich des Etats eine unbequemere Stellung dem Reichstage gegenüber da⸗ durch erhalte, ungemeines Gewicht darauf lege, der Militär⸗ verwaltung diese Vollmacht zu geben. Ich gebe diesen Ge⸗ danken, den ich einer Resolution für gleichartig ansehe, dem Reichskanzler und der Militärverwaltung zur Erwägung. Manche Rede des Grafen Moltke, unseres berühmten Feld⸗ herrn, hat es freilich so 2 . lassen, als wenn in Preußen alles fest und eisern fortschreiten müßte; jeden Tag müßte für jeden Mann und jeden Gegenstand Alles bereit gestellt werden, daß man nur zupacken brauchte. Das geht doch aber

1890.

u weit. Eine gewisse Elastizität muß in den betreffenden estimmungen doch auch vorhanden sein. Ueber einen weiteren, sehr wichtigen Punkt geht der Bericht wunderbarer Weise ganz kurz hinweg, nämlich über die Frage von der Macht⸗ vollkommenheit des Kaisers aus Artikel 63 der Verfassung. Der Kommissionsbericht sagt nur, der erste Ver⸗ treter der Militärverwaltung habe das Septennat als ein Kompromiß bezeichnet, da nach Artikel 653 der Kaiser die Präsenzstärke zu bestimmen habe. Ich habe damals sofort dagegen protestirt es steht das wie vieles Andere nicht in dem Bericht, wir können das auch nicht verlangen daß der Kaiser nach Artikel 63 ein Recht habe, nach Ablauf des Septennats aus eigener Macht⸗ vollkommenheit die Präsenzstärke zu bestimmen. Ich bestreite das auf das Allerentschiedenste. Eine Anwendung dieser Aus⸗ legung würde eine ganz flagrante Verfassungsverletzung be⸗ deuten. Erwünscht wäre es, wenn der Kriegs-Minister dieser zu Mißverständnissen Anlaß gebenden Aeußerung eine Er⸗ läuterung geben wollte. Hat er gemeint, der Kaiser habe vor jener gesetzlichen Regelung dieses Recht gehabt, so wäre das zwar auch nicht richtig, aber eine jetzt irrelevante Frage der Vergangenheit. Im Alinea 4 des Artikels 63 ist gar nicht von der Präsenzstärke, sondern vom Präsenz⸗ stande die Rede, es handelt sich um die Vertheilung der Kontingente. Artikel 60 stellt die Nothwendigkeit einer r gen egelung bündig und klar hin, ebenso klar sind die Verfassungsbestimmungen über den Etat. Auch die Motive der Vorlage von 1874 führen aus, daß das Budgetrecht des Reichstages diese Kaiserliche Prärogative nur insoweit beein⸗ flusse, als Formationen in Frage kommen, welche den Etat berühren. Und in der damaligen Verhandlung hat General von Voigts⸗Rhetz Herrn von Mallinckrodt gegenüber aus⸗ geführt, daß nicht jeder Mann drei Jahre gedient habe und auch nicht so lange zu dienen brauche, weil Art. 63 Al. 4 dem Kaiser das Recht gebe, den Präsenzstand zu bestimmen; Herr von Mallinckrodt werde wohl wissen, daß bei der Be⸗ rathung der Verfassung vom Bundesrathstische ausdrücklich erklärt worden sei, daß der Kaiser Beurlaubungen bei der Armee eintreten lassen könne. Dieses Recht des Kaisers hat aber Niemand bestritten, deswegen also ist die fragliche Bestem⸗ mung aufgenommen. Ich nehme daher nicht an, daß Vie Militärverwaltung und der jetzige Reichskanzler die von seinem Vorgänger unter dem Widerspruch des Hauses ver⸗ tretene Interpretation sich zu eigen machen will. Der mate⸗ rielle Theil der Vorlage bezieht sich wesentlich auf die Ver⸗ mehrung der Präsenzziffer und die neuen Batterien. Für mich ist die letztere Frage ohne Weiteres diskutabel. Ich will sehr gern die Gründe der Militärverwaltung für diese Ver⸗ mehrung anerkennen, aber die militärtechnischen Rücksichten sind doch nicht allein ausschlaggebend. Auf die Verhältnisse der einzelnen Länder gehe ich nicht ein; ich halte das für eine sehr undankbare Aufgabe. In der Kommission haben wir über die Stärke Frankreichs, Rußlands, Deutschlandz, des Dreibundes u. s. w. lange Auseinandersetzungen gehört. Es ist hin und her erwogen worden, bald hier bald dort ein Plus von einigen Tausend Mann herausgerechnet worden. Aber was nützt es, wenn selbst der Nach⸗ weis geführt wird, daß Frankreich ein paar tausend Mann oder ein paar Batterien mehr hat? Den Wettlauf können wir doch nicht mitmachen, um so stark zu werden, wie Rußland und Frankreich zusammen. Wenn nun in Frankreich und Rußland weiter gerüstet wird, dann werden auch die Zu⸗ kunftspläne des Hrn. von Verdy nichts helfen; das durchzu⸗ führen sind wir nicht reich genug. Niemand im Hause ver⸗ langt, daß die Kriegsstärke irgendwie herabgesetzt werde; in diesem Punkte sind wir ebenso einig wie 1874. Es handelt sich um den Weg, diese Stärke zu erreichen. In dieser Be⸗ ziehung sind die Ausführungen des Kriegs-Ministers ganz überzeugend nicht gewesen. Wenn die Kriegsverwaltung nicht gelten lassen will, was früher der Reichskanzler selbst dargelegt hat, daß der Deutsche es an Quantität doch nicht den anderen Staaten gleichthun kann, sondern das Manko durch Qualität ersetzen muß und kann, dann sind wir ohnehin verloren. Warum müssen wir überhaupt wegen der paar Tausend Mann jetzt in der Sommer⸗-Session hier sitzen? Leider handelt es sich nicht bloß um die Batterien, sondern um das, was Sie außerdem daran gereiht haben. Nach ein paar Wochen schon wäre es möglich gewesen, diese Dinge im Verein mit der , Seite zu erledigen. Man weist uns mit der Aus⸗ ührung zurück: Ihr müßt der Militärverwaltung glauben! Aber es wäre überhaupt keine Volksvertretung nöthig, wenn immer Techniker zur Beurtheilung der Militärfragen ent— scheiden sollen. Wir haben das volle Zutrauen zu den Herren, daß sie die Sachen vortrefflich machen, und wir freuen uns, wenn sie mit dieser Lebhaftigkeit und Unerschütterlichkeit für ihre Forderungen eintreten, das ist ihre Pflicht. Ich freue mich dieses Ressortpatriotismus ganz besonders; aber ganz die⸗ selben Verpflichtungen haben auch wir bezüglich der finanziellen Seite der Sache. Damit können wir uns nicht ab⸗ speisen lassen; ihr seid keine Techniker, das versteht ihr nicht. Der Abg. Miquel, der für Sie vielleicht eine 8 Autorität ist, sagte im Jahre 1867: mit dieser Theorie tödtet man nicht nur das Bewilligungsrecht be⸗ züglich der Armee, sondern den Parlamentarismus überhaupt; die 3 ist auch vollkommen falsch, denn es ist nicht er⸗ forderlich, daß jedes Mitglied des Parlaments in alle tech⸗ nischen e,, . eindringe; dazu sind die Techniker da, und aus ihren Arbeiten ist zu entnehmen, was für die Entschei⸗ dung erforderlich; das Parlament muß mehr thun: es muß die verschiedenen Seiten, die in Betracht kommen, gegen ein⸗ ander abwägen. Wir haben einen langen Kampf in der Kom⸗ mission gehabt, zwischen den Anhängern und Gegnern der weijährigen Dienstzeit. Das deutsche Voll in einer Mehr⸗ * hat Über diese Frage ab ge fe; Fragen Sie doch, ob nicht die Bauern und die kleinen Leute ihre Sohne zurück⸗ haben wollen, und ob sie nicht aus ihren eigenen Erfahrungen wissen, daß das dritte 55 schadet als nutzt. Auch die Ausführungen des Reichskanzlers haben mich

23 überzeugt, daß es nothwendig ist zur Auf⸗ rechterhaltung der Disziplin. Die Herren werden