und Rußland zu Gute kommen. Der Abg. Windthorst hat vergeblich von dem Reichskanzler eine bestimmt ablehnende Antwort hinsichtlich weiterer Pläne der Regierung begehrt. Die Regierung denkt nicht daran, von diesen Plänen abzu⸗ gehen. Der Plan, daß jeder waffenfähige Mann auch aus⸗ gebildet werde, ist uns durchaus nicht unsympathisch; diesen Standpunkt haben wir stets vertreten. Aber gegen die Aus—⸗ führung des Planes haben wir so erhebliche Bedenken, daß wir uns auch gegen diesen selbst erklären müssen. Auf dem Boden der thatsächlich bestehenden Militärorganisation und namentlich der Militärpflicht von 3 Jahren, den Plan zu verwirklichen, ist eine Utopie. Die Verwirklichung ist selbst bei zweijähriger Dienstzeit nicht möglich. Die Söhne unserer besitzenden Klassen absolviren ihre militärische Bildung in einem Jahre. Dieses Privilegium der Gebildeten ist nach unseren heutigen wirthschaftlichen Verhältnissen ein Privilegium des Besitzes. Wenn nun unseren besitzenden Klassen, die durch ihre Vertretung die Gesetzgebung in der Hand haben, nicht dieses Privilegium eingeraͤumt wäre, nie und nimmer würde von ihnen die Zustimmung zu der dreijährigen Dienstzeit erlangt worden sein. Nun sagt man im Volke mit Recht: wenn es möglich ist, die Söhne der besitzenden Klassen, die im Durchschnitt nicht mehr Intelligenz besitzen., in einem Jahre so weit, auszubilden, daß sie nicht bloß den Gemeinen absolviren, sondern auch Unteroffiziere, Feldwebel und sogar Offiziere abgeben, so kann doch kein . bestehen, daß ein Jahr auch für die Ausbildung der
öhne der übrigen Bürger ausreicht. Die ganze Art unserer heutigen militärischen Ausbildung entspricht dem eigentlichen Zwecke der Ausbildung für den Kriegsfall nicht. Der Ver⸗ sfasser der Broschüre „Videant consules“ übt daran eine solche Kritik, daß ich mich nur wundere, daß sie unverfolgt bleibt. Würde etwas Aehnliches aus unseren Reihen ge— schehen, so würde sicher eine Verfolgung wegen Beleidigung der Armee eintreten. Jährlich findet hier im Mai eine große Parade statt; nicht bloß wochen sondern monate⸗ lang müssen die Mannschaften von früh Morgens bis Abends spät auf dem Exerzierplatz sich für die Parade vorbereiten, um ror den Augen des höchsten Kriegsherrn bestehen zu können. Wenn mit solchen Einxichtungen endlich einmal gebrochen würde, wenn die wahre Aufgabe der militärischen Verwaltung verwirklicht würde, die Mannschaften einzig und allein für den Krieg auszubilden, dann würde ein Jahr reich— lich genügen, um Das, was wir für die Vertheidigung brauchen, zu erreichen. Wenn, wie es in der Regel geschieht, im Früh— jahr ein Krieg ausbricht, so hat ein Drittel der Mannschaften nur 6 Monate, ein anderes Drittel nur 18 Monate, und nur der Rest 2—35 Jahre gedient. Die ersten beiden Drittel thun aber nicht weniger ihre Schuldigkeit, als die Dreijährigen. Die Sachsen hatten 1866 nur ein Dienst— jahr, und doch wird Jedermann der sächsischen Armee das Zeugniß ausstellen, daß sie sich an der Seite der Oesterreicher mit großer Bravour und Tüchtigkeit geschlagen. In den amerikanischen Kämpfen waren die hervorragendsten Helden Leute, die vorher niemals einen militärischen Griff gethan. Die geschulte Armee Napoleon's III. war 1870 in sechs Wochen niedergeschmettert, während der zusammen⸗
gelaufene Haufe der Republik uns sechs Monate zu schaffen
machte. Der Abg. von Manteuffel selbst hat zugegeben, daß die Infanterie der Loirearmee, die eben erst zusammen— getrommelt war, ihre. Widerstandsfähigkeit bewiesen habe, nur die Artillerie habe nichts getaugt,. Das wird Jeder zugeben daß die Artillerie einer längeren Vorbildung bedarf. Der Krieg vom September 1870 bis zur Uebergabe von Paris wurde von zwei Männern ins Leben gerufen und geführt, die keinen Tag vorher Soldat gewesen waren, von dem Advokaten Gambetta und dem Ingenieur Freycinet. Man sollte hier in Deutschland einmal die Zu— muthung stellen, daß an Stelle eines altgedienten Soldaten ein Civilist Kriegs-Minister würde, das würde ein schönes Geschrei geben. Wenn wir jeden waffenfähigen Mann militärisch ausbilden, müssen wir auch insbesondere da— für sorgen, daß jeder einzelne freudig dem Rufe folgt. Das können wir leider heute nicht sagen trotz der wunderbaren Erklärung des Generals Vogel von Falcken— stein, wonach die Kaserne ein Ort ist, wo die Soldaten sich an Kommißbrot satt essen können und Fleisch nach Belieben be⸗ kommen. Man begreift darnach gar nicht, warum alljährlich so zahlreiche Personen vor Gericht gezogen werden, weil sie sich ihrer Militärpflicht entzogen, und warum Alles aufgeboten wird, um nur vom Militärdienst frei zu bleiben, woher die große Zahl der Selbstmorde in der Armee kommt. In der Armee ist der Prozentsatz der Selbstmorde erheblich höher als in der Civilbevölkerung. Zwischen 12 und 20 Proz. sämmt—⸗ licher Gestorbener in der Armee fällt auf die Selbstmorde. Wenn Aehnliches in der Civilbevölkerung vorkäme! Wenn Se. Majestät in einem Erlaß jüngst aufforderte, den Truppen eine anständige Behandlung zu Theil werden zu lassen, und wenn andererseits in den Blättern Fälle haarsträubender Be⸗ handlung zu lesen sind, so können 6 sich leicht die Gründe zusammenstellen, woher die Selbstmorde kommen. Im 3. Garde— Grenadier-Regiment Königin Elisabeth bekam vor Kurzem ein Soldat beim Exerzieren eine geschwollene Hand. Es wurden Bäder verordnet, der Zustand ward nicht besser. Darauf ließ der Unteroffizier im Zimmer einen Kessel aufstellen, und zwang den Soldaten, die Hand in das beständig im Kochen erhaltene Wasser zu stecken, so daß am Ende der Prozedur das Fleisch in Fetzen von den Fingern fiel. Der Unteroffizier drohte, mit dem Knüppel zuzuschlagen, wenn der Soldat die Hand aus dem Wasser zöge. Die Sache kam vor's Militärgericht; der Soldat wurde mit einer Pension von 9 M monatlich als Invalide entlassen, und der Unteroffizier mit 3 Monaten Festung bestraft. Der Soldat würde mindestens mit 3 Jahren bestraft worden sein, wenn er sich etwa zur Nothwehr gesetzt hätte. Der Soldat wird eben nicht als Mensch behandelt, und das ist der Grund, daß die Freudigkeit beim Militärdienst in den Massen immer mehr 'schwindet. Die Wehr tragen zu dürfen, war im Mittelalter das Vorrecht eines freien Mannes, heute sucht man sich vom Militärdienst nach Möglichkeit zu drücken, weil von Freiheit nirgends mehr die Spur zu finden ist. Auch hier muß endlich Wandel geschaffen werden. Bezüglich der ,, Be⸗ lastung weise ich darauf hin, daß in Bezug auf die Uniformirung ein Luxus getrieben wird, der alljährlich große Summen verschlingt, während hier sehr bedeutende Ersparnisse gemacht werden könnten. Die weittragenden Feuerwaffen und das rauchlose Pulver werden es nothwendi machen, daß die helle Farbe an der Uniform im Kriegsfa so schnell als möglich beseitigt wird. Deshalb sollte man auf
eine Anleihe zu bewilligen, wäre ich gern bereit, weil es in Wahrheit eine produktive Anlage im eminentesten Sinne des Wortes wäre. Der Schatzsekretär hat die für das nächste Jahr nothwendigen Mehrausgaben auf 60 Millionen berechnet; nach meiner, Rechnung werden sie erheblich größer sein, obgleich die Kommission die Gehaltsaufbesserungen von 20 auf 12 Millionen ermäßigt hat. Der Schatzsekretär hat die bedeutenden , , r. für die Pensionen und den Zinsansatz für die neuen Anleihen nicht genügend berücksichtigt; außerdem werden alle in den letzten Jahren geschaffenen Institutionen der Vermehrung und Ergänzung bedürfen. Dem gegenüber betont auch heute der Schatzsekretär, daß die Dinge nicht 6 efährlich seien, weil der abgeschlossene Etat einen Ueberschuß von 73. Millionen über die Voranschläge ergebe. Das mag zunächst einmal ausreichen, um die Mehrausgaben zu decken. Der Ertrag aus den Zöllen wird aber doch nicht fortwährend der ge. sein. Eine einzige gute Ernte in Deutschland würde mit othwendig⸗ keit ein ganz bedeutendes Loch in diese Einnahmequelle machen. Bei Einführung der Zölle wurde nicht bloß von Seiten von Bennigsen's, sondern auch von der rechten Seite der Getreidezoll als Schutzzoll und nicht als Finanzzoll be⸗ zeichnet, der im Falle einer ungünstigen Ernte und bedeutenden Vertheuerung des Getreides nicht aufrecht zu erhalten wäre. Heute aber erklärt Herr von Maltzahn, daß die Getreidezölle als eiserner Einnahmeposten im Kriegsbudget zu figuriren hätten. Noch mehr! Als im vorigen Herbst unser Antrag auf Abschaffung der Getreidezölle diskutirt wurde, war es Herr von Bennigsen, der sich deswegen dagegen erklärte, weil Angesichts der Kündigung der Handelsverträge im Jahre 1892 es nothwendig sei, daß man Kompensationen in der Hand habe, und daß die Getreidezölle als solche Kompensation in Betracht käme. Herr von Bennigsen kann sich nunmehr nach einem neuen Kompensationsobjekte umsehen, Mag das Getreide noch so theuer sein, die Zölle müssen bleiben, damit wir die nöthigen Einnahmequellen für das Militär hahen. Das wird im Volke einen bittern Eindruck machen. Die besitzenden Klassen haben das Einjährigfreiwilligen⸗Institut, und wenn neue Offtzierstellen geschaffen werden, so sind es die Söhne der Grundbesitzer und Bourgeoisie, die in dieselben einrücken. Das Volk aber muß die Blutsteuer weiter auf— bringen. Daß ein solcher Zustand mit Nothwendigkeit die größte Erbitterung und Unzufriedenheit in den Massen erwecken muß, versteht sich von selbst. Man müßte sonst an dem Maß von Bildung und Gefühl zweifeln, das in unserem Volk doch vor⸗ handen ist. Daß wir nach den Ausführungen, die ich gemacht habe, nicht dazu kommen können, für die vollständig nichts— sagenden Resolutionen Dr. Windthorst's zu stimmen, ist einfach selbstverständlich. Die Resolutionen verpflichten die Re⸗ gierungen in keiner Weise; es bleibt ihnen vollständig frei, zu thun, was ihnen gut dünkt. Andererseits sollen sie ein Mäntelchen abgeben, um dahinter den Rückzug zu decken, den Dr. Windthorst dieser Vorlage gegenüber angetreten hat. Dazu Handlangerdienste zu leisten, gewissermaßen Koulissen⸗ schieber abzugeben, fällt uns absolut nicht ein. Für die Resolution, die sich auf die Zukunftspläne bezieht, können wir schon deswegen nicht stimmen, weil wir den Plan im Prinzip durchaus billigen, nur nicht die Art der Ausführung. Was die Resolution über die einjährige Bewilligung der Heeresstärke betrifft, so kann ja Dr. Windthorst eigentlich nichts Besseres thun, wenn es ihm damit ernst ist, als für den Antrag Bamberger stimmen. Der Abg. Dr. Windthorst hat auf den Konflikt hingewiesen, wenn aber eine Volks— vertretung sich vor einem Konflikt scheut, dann wird sie nie zu ihrem Rechte kommen. Daß die Militärverwaltung, wenn fe auf die einjährige Bewilligung als Kompensationsobjekt ein⸗ geht, sogar noch ein gutes Geschäft macht, ist meine volle Ueberzeugung; denn gegen eine solche Konzession würden viele Mit⸗ glieder des Hauses ihrerseits mit größeren Konzessionen der Regie⸗ rung entgegenkommen. In Frankreich, England, Italien und an— deren größeren Staaten findet die jährliche Bewilligung statt, ohne daß die Regierung mit der Majorität des Parlaments jemals in Konflikt gekommen ist. Daß in diesem Reichstage leider keine Majorität zu finden sein wird, die ernsthaft den fort— gesetzten militärischen Forderungen entgegentritt, ist meine Ueberzeugung. Daß auch die Resolution 1II unsere Zustim⸗ mung nicht finden kann, versteht sich von selbst, denn es steht ja ganz im Belieben der Militärverwaltung, wie sie diese Resolution handhabt. Die 6000 Dispositionsurlauber sind kein genügendes Aequivalent. Was dieselben bedeuten, hat der Abg. Richter gestern trotz des Majors Gaede richtig aus— geführt. Wenn man im Interesse des Volks von der Nothwendigkeit einer Veränderung überzeugt ist, wie es die Abgg. Dr. Windthorst und seine Freunde sagen, dann muß man selbstverständlich auch die Form wählen, welche am Schnellsten zum Ziele führt, also nicht eine Resolution, sondern einen bestimmten Antrag. Wenn nach der Resolution IV die Regierung ersucht werden soll, die Einführung der zweijährigen Diensizeit „in ernste Erwägung“ zu nehmen, so hat das nach den Erklärungen vom Bundesrathstisch über diese Frage ganz und gar keine Bedeutung mehr. Dagegen ist nur ein festes, entschiedenes Nein des Reichstages die richtige Antwort. Des⸗ halb sind wir gegen die Vorlage!
Staats⸗-Minister von Verdy:
Meine Herren, ich muß n h an einige Worte des Herrn Voerredners anknüpfen, die ich doch vorweg nehmen will. Was er in Bezug auf die Armee gesagt hat, gipfelte wohl schließlich in dem Aus—⸗ spruch, daß der Soldat nicht als Mensch betrachtet wird. Meine Herren, es wirft ein eigenthümliches Licht, daß ein derartiger Aus— spruch hier im Deutschen Reichstage über unsere Armee überhaupt gemacht werden kann.
Für mich ist es ein Beleg, daß der Herr Vertreter der sozial⸗ demokratischen Partei, dieser Partei, die in breiten Schichten des Volks ihre Fühlung sucht, daß derselbe in der Armee eben keine richtige hat. Die Fühlung, die er dort besitzt, ist aus Elementen, die in einer Masse von im e einer halben Million immer vor— kommen; die Elemente, die unzufrieden, nichtsnutzig, die auch Un— gerechtigkeiten erfahren haben, die finden bei Ihnen den Sammelpunkt. Das, was im Laufe der Dinge natürlich ist, daß in einer so großen Zahl auch Manches vorkommen Gerechtigkeit, nach Sitte und dergl. ist, das ist Ihre Domäne.
Nun, meine Herren, wer die Armee kennt, der weiß, daß der Offizier wahrhaftig ein Herz hat für seine Soldaten, der weiß auch, daß der Soldat sehr wohl anerkennt, wie er im Offizier seinen Berather hat, der ihn nicht bloß militärisch erziebt, fondern auch für ihn sorgt.
Sie sagen, die Zahl der Selbstmorde hat sich in so bedenklicher Weise gesteigert und wäre ein Beleg dafür, wie es in der Armee zuginge. Ich bitte, bei solchen schwerwiegenden Sachen doch mit richtigen Zahlen zu rechnen. Nach der mir vorliegenden Liste haben im Jahre 18351 die Selbstmorde 0,77, im Jahre 1889 5, 66 pro Mille betragen. Nun haben Sie gesagt: Ja, im Vergleich
kann, was nicht nach Recht und,
lichen Liste nachweisen, wie gerade in der deutschen Armee die aug⸗ gezeichnete Umsicht unserer Militärärzte, unsere Einrichtungen und nicht zum wenigsten die Fürsorge unserer Offiziere es dahin gebracht hat, daß wir immer welter und weiter mit den Todegfällen ber ⸗ untergegangen sind und die erste Stelle unter allen Armeen ein nehmen. Natürlicherweise kommen dann die Vergleichszahlen ganz anders heraus. . den Fall im Regiment Elisabeth anbetrifft, so kenne ich seine Einzelheiten nicht. Wie sie auch gestaltet sein mögen, jedenfall sehen Sie das ein, daß das Gesetz da ist und eingreift, in welcher Weise, darüber können wir uns in diesem Augenblick nicht zum Richter aufwerfen auf irgend eine Behauptung hin,. denn dazu müßten wir die Akten der Untersuchung bier zur Stelle haben.
Nun, meine Herren, von den anderen Erörterungen des Herrn Vorredners will ich wenigstens Einiges berühren. Es betrifft das die Rückgabe von Elsaß Lothringen, die uns die Rüstungen ersparen sollte. Elsaß Lothringen ist dat Augfallsthor für Frankreich nach Deutschland seit ein paar hundert Jahren gewesen und würde es auch wohl in Zukunft sein; und das praktische Resultat dieser Wiedergabe würde sein, daß die dortigen Bewohner ihr Kontingent zur französischen Armee stellten, die französische Armee vermehrten unsere verringerten, was uns erst recht zwingen würde, die Last einer größere Armeen durch unser Volk tragen zu lassen.
Bann, meine Herren, ist die Idee der Milizarmee als Ideal
wieder aufgetaucht. Ich glaube nicht, daß das Beispiel dazu glücklich gewählt war. Sie führen an, die aktive französische Armee sst binnen kurzer Zeit vernichtet worden. Ja, diese französischen Armeen sind von uns bekämpft worden — das wollen wir gerade heutigen Tages nicht aus den Augen lassen — mit einer großen Ueberlegenheit. Umgekehrt war, wie nachher diese Volkslerse entstand, die Ueberlegenheit bei diesen Massen, die gegen uns kämpften, während unsere Hauptkräfte vor Paris gefesselt waren. Was ist die Folge davon gewesen? Gerade eben dich Massen haben uns nicht bewältigen können, sie sind von unseren kleinen Truppenabtheilungen geworfen worden. Sie haben auf den amerikanischen Krieg exemplifizirt. Ich bin der Meinung, daß, wenn einer der Staaten statt der kolossalen Menge von Kämpfern, die sie heranführten, nur den fünften oder sechsten Theil derselben in einer geschulten Armee gehabt hätte, daß die Sache für den anderen Staat sehr schnell beendet gewesen sein würde, beendet ohne die großartigen Opfer an Geld und an Menschenleben, welche auf diese Weise zu Grunde gegangen sind. Das ist eben der Vortheil der stehenden Armee. 4 ö.
Wenn bei den Ersparnissen, die sich auf die Finanzpolitik beziehen, der Uniformirung gedacht worden ist, so können Sie annehmen, daß das ein Gebiet ist, mit dem man sich bei uns recht ernsthaft beschäftigt. Ob das Resultat der Uniformirung, die dann herauskommen könnte, die ganze Sache billiger machen würde, ist doch fraglich. .
Da ich nun einmal das Wort ergriffen habe, so möchte ich auch das, was ich weiter auf dem Herzen habe, vorbringen. Zunächst haben die Herren wesentlich alles schon Denjenigen gegenüber vor⸗ getragen, welche gegen die Vorlage zu stimmen beabsichtigen. Ich will aber auch von meinem Standpunkt aus noch, einen Versuch machen, dies Ihnen nahe zu legen, wenn auch vielleicht mit wenig Aussicht auf Erfolg. Alle Ihre Argumente stützen sich darauf, daß eine Nothwendigkeit für die gestellte Forderung nicht vorhanden sei. Ja, das ist ein Satz; aber die Begründung hierfür sind Sie uns schuldig geblieben. orin liegt die Begründung? Ich werde sie mir aussuchen für Sie. Begründet ist, daß die Ziffer, die wir Ihnen angegeben haben, um welche heutigen Tages die fran zoösische Armee überlegen, von Ihnen beanstandet wird. Die zweite Ziffer wie diese Ueberlegenbeit heranwächst, wenn wir die Hände ruhig in den Schoß halten, wie sie sich weiter entwickelt bei den Franzosen, — das ist eine Ziffer, mit der man vollständig rechnen kann, und ich glaube, diese Ziffer ist auch schließlich in der Kommission nicht bestritten worden. Es handelt sich um die erste, die wesentlich für unsere Vorlage ist, um die heutige Ueberlegenbheit um 3 bis 400 000 Mann, die wir Ihnen angegeben haben. Ja, meine Herren, gewiß fällt für uns noch manches Andere ins Gewicht und können wir sogar hinter solchen Ziffern etwas zurückbleiben. Aber es giebt doch eine Grenze! Und es handelt sich nicht nur um „ein paar Tausend Mann“ mehr, wie gesagt worden ist, sondern um 3— 400 000 Mann mehr, die die große und schwere Aufgabe denen, die sie dereinst durchfechten sollen, doch in einer ganz gewich—⸗ tigen Weise erschweren. Sonnen wir uns nicht in den ruhmvollen Thaten eines vergangenen Feldzugs, vergessen wir nicht, daß wir in jenen Feldzug mit bedeutender Ueberlegenheit hineingegangen sind und außerdem noch manche Vorzüge gehabt hatten, die heutigen Tages sich wesentlich in ihrer Differenz zu unseren Mitteln verringert haben. Jetzt stehen wir jenen gegenüber, wenn heute der Kampf an uns herantritt, mit einer an Zahl untergeordneten Streitkraft.
Die Sache ist ernst, unendlich ernst, und wenn wir da etwas fordern, was uns eine geringe Verstärkung zubringt, was Sie doch im Verhältniß zu dieser großen Differenz nur als eine minimale Ziffer ansehen können, dann, glaube ich, daß man wohl die Be⸗ rechtigung zu solchen Forderungen hat.
Ich wollte noch ausführen, daß gegen diese Differenz von 3— 400 000 Mann — ich glaube, von dem Hrn. Abg. Richter — schließlich gesagt worden ist: ja, es fehlen mir die Belege, — es war ähnlich so, jedenfalls wurden sie nicht als feste Ziffern angesehen. Wie sollen wir sie bestimmter geben? Wir können bei uns die Leute genau kontroliren, so lange sie überhaupt in Kontrole sind, und wissen, was wir an Reserven und Landwehren haben. Wir wissen, was zum Landsturm übertritt, wir haben unsere erfahrungs— mäßigen Prozentsätze zum Abrechnen, und auf Grund dieser Listen und Erfahrungen wissen wir fast auf den Mann genau, worauf wir an ausgebildeten Mannschaften im Kriege zu zählen haben.
Bei den Franzosen natürlich haben wir die Einsichten in die Listen nicht, wobl aber sind diese Heben für eine lange Reihe von Jahren offiziell in Frankreich gegeben worden. Es sind für uns bloß die Perioden, die vor dem Jahre 1870 sich befinden, wie die der Jahre 1870171 nicht mit derselben Sicherheit zu geben, wie die anderen. Bekanntlich ist die Erhebung en masse im Jahre 1870 nachher durch Gesetz in die Kategorie der wehrpflichtigen Leute eingereiht worden. Immerhin giebt der Vergleich mit der Entwickelung unserer Ver— hältnisse einen Anhalt, um diese auch dort zu berechnen. Es giebt ferner einen Anhalt, daß, wenn wir dieselben Prozentsätze berechnen wie bei uns, wir Zahlen bekommen, die annähernd richtig sein müssen, und diese belaufen sich auf 409 000 Mann. Rechenfehler können trotzdem dabei sein und dafür haben wir überall in der Kommission nur mit dem gerechnet, was zu unseren Ungunsten spricht, so lassen wir selbst eine Differenz von 109 000 Mann zu und rechnen nur mit 300 000 Mann. 3060 000 Mann! das will sagen 8 oder 9 Armee⸗Corps mehr, die damit aufzustellen sind!
Also, es handelt sich nicht um ein paar Tausend Mann“, und ich weiß nicht, wie man uns diesen Ziffern gegenüber die Mittel ver⸗— sagen kann, um unsere Armee so auszurüsten, daß sie wenigstens numerisch, wenn auch nicht gleich stark, so doch annähernd gleich stark wird, und daß wir nachher Das, was uns sonst noch
zum Vortheil in anderen Beziehungen zufällt, als ein Plus betrachten, um die Differenz auszugleichen.
Nun, meine Herren, komme ich auf einen anderen Punkt. Wir waren genöthigt, Ihnen hier die Ziffern zu geben mit all den Details, — und in Folge dessen Forderungen aufzustellen. Gewiß, meine Herren, hat diese Auseinandersetzung zunäͤchst erschreckt; — denn Sie lebten in der Ueberzeugung, wir wären fertig mit unserer Organisation. Ja, als wir übersahen, was das französische Wehrgesetz mit seiner rückwirkenden Kraft auf einmal für einen Machtüberschuß gab, waren wir auch nicht wenig befremdet darüber. Es ist Ihnen bereits mitgetheilt worden, daß der Herr Reichskanzler und ich von vornherein einig gewesen sind daruber, Ihnen offen die Lage zu schildern. Wenn wir das thun, so müssen wir Ihnen auch die Beruhigung geben, daß, wenn die Macht⸗ verhältnisse sich noch weiter verschieben, wir alsdann auch Mittel und
diesem Gebiet schon jetzt reformatorisch vorgehen. Hierzu
zu den Sterbefällen in der Armee. Ich könnte Ihnen in einer ähn⸗
Wege besitzen, um da herauszukommen.
So, meine Herren, ist es entstanden, daß ich Ihnen Andeutungen gegeben habe, in welchen wenigen großen geh gh wir uns weiter entwickeln können, und habe ich diefe Grundzüge auf die Scharn— horst schen Ideen oder die weitere Durchführung dieser Ideen, die all gemeine Wehrpflicht zurückgeführt.
Meine Herren, ich muß Sie daran erinnern, daß inmitten dieser Diskussion 14 Ferientage gefallen sind, in denen eine Agitation sich herausgestellt hat, die bereits Ihr Herr Referent beim Eingange dieser Debatte hinreichend gekennzeichnet hat. Ez war unz nicht möglich, hierauf in gleicher Weise durch die Presse zu antworten; in der Pole—⸗ mtl über diese Sache wären wir an Punkte gekommen, wo wit schließ. lich mit einem Material hätten hervortreten müssen, daß wir nicht geben durften; wir mußten abwarten, bis die Kommission wieder zusammentrat. Ebenso wie ich es erklärlich sinde, daß Sie über rascht und bestürzt gewesen find, daß Überhaupt neue Forderungen an Sie herantreten, ebenso erklärlich finde ich eg, daß uͤnter diefen Umständen sich eine allgemeine Bewegung gellend gemacht hat.
Heute aber, meine Herren, liegt die Sache doch etwas anders, und ich glaube ein Recht darauf zu haben, daß in den Ideen, die ich Ihnen damals vorführte, nun auch Alles' nach' außen bin zur Sprache kommt, was sich weiterhin thatfaͤchlich abgewickelt hat; da muß ich darauf zurückgreifen, daß ich gleich am ersten Tage nach dem Wieder- zusammentritt der Kommiffion mich veranlaßt gesehen' babe, Ihnen mitzutheilen, daß man die Konfequenzen autz dem Scharnhorsf'schen Gedanken der allgemeinen Wehrpflicht nur so west ziehen wolle, als die Macht verhältnisse der Rationen fich derschoben hätten; an die ungeheuere Präsenß, von der man jetzt spreche, sei auf ein Menschenalter hinaus nicht zu denken; daß vollends alle Ersatzreservisten voll ausgebildet würden, beabsichlige Niemand. Zwei Tage später sind diese Aussprüche durch die Autorität des Herrn Reichkanzlers ebenfalls dargelegt worden.
Also, meine Herren, heutigen Tages liegt die Sache doch wohl etwas anders, als in dem Moment, wo die Wogen höher gingen; heutigen Tages übersehen Sie mehr von dem, was ich zuerst an— deutete, und ich glaube, Sie werden sagen müffen, daß das doch ein ganz anderes Bild ist. Hinzufügen kann ich nur, daß das nicht etwa Ideen sind, die nach dem Sturm bei uns herborgetreten sind, — wir sind ja da konsolidarisch — sondern, daß das Ideen sind, die vorher bestanden haben.
Im Uebrigen, meine Herren, will ich nur nebenbei bemerken, daß diese Grundlage ziemlich genau dieselbe des franzöfischen Wehrgesetzes ist, des selben Gesetzes, welches in der französischen Deputirtenkammer mit iner Mehrheit von über 200 Stimmen angenommen worden ist. Nur einige Aenderungen sind drin; z. B. das französische Wehr⸗ gef enthält eine Portion von Leuten, die nicht ausgebildet werden, die für den sogenannten Hülfedienst bestimmt sind. Bei uns dagegen,
meine Herren, haben Sie die bestimmte Erklärung, daß der Plan, daß al Le Ersatzreservisten vol l ausgebildet werden sollten, nie in unserer Absicht lag; man hat eben mit Faktoren gerechnet, die man nicht kannte. ;
Weiter, meine Herren, ist in dieser Beziehung doch noch zu er— wähnen, daß das französische Gesetz in rigorosester Weise alles Das, was es ausbilden will, heranzieht, während unfere Wehrgesetze auf einer ganz anderen, humanen Basis stehen.
Also, ich bitte, daß Sie auch Ihrerseits dazu beitragen, dic Wogen zu beruhigen, die dadurch entstanden sind, daß ich gesagt habe, man wolle mit Rücksicht darauf, daß die Machtverhältniffe ich weiter verschieben, diesen Weg auch schrittweise weiter verfolgen, wobei Sie bei jedem einzelnen Schritte mit Ihrer Entscheidung mitwirken würden.
Selbstverständlich hat diese gegenwärtige Vorlage absolut nichts — in keiner ihrer Forderungen —, was Sie bindet, etwa spaͤteren Forderungen, wenn solche noch kommen sollten, unabweislich Folge zu geben. Jede in sich ist so, daß auf dieses A absolut kein B zu folgen braucht, weder nach der einen, noch nach der anderen Richtung hin.
Was nun weiter vorgebracht worden ist, gipfelt in dem Gebiet
der Kompensationen, es ist hier schon mehrfach darüber hin- und her— debattirt worden; ich kann die vielen Einzelheiten, mit denen wir uns in der Kommission befaßt haben, hier nicht wieder vorbringen und Sie damit belästigen. Jedenfalls ist bei den 6000 Mann, die wir jetzt mehr entlassen wollen — bei jedem Einzelnen, glaube ich, das Gefühl einer sehr angenehmen Erleichterung vorhanden. In Bezug auf die zweijährige Dienstzeit will ich nur die Haupt— sachen zusammenfassen. Sie werfen in die Waagschale den allgemeinen Wunsch der Bevölkerung; Sie werfen hinein die Sicherheit, die der Einzelne hat, daß er nun weiß, er braucht bei der Fahne blos zwei Jahre zu bleiben; Sie werfen hinein die Erleichterung, die Der- jenige hat, der sonst noch im dritten Jahre dient, auch die Erleichte— rung der Eltern, die ihm Unterstuͤtzung geben. Dem gegenüber wersen wir in die andere Waagschale einmal den Satz, daß von unserem Standpunkt aus unabweislich die Präsenzziffer zu er— halten ist: daß, wenn wir die etwa 50 900 Mann, die noch entlassen werden könnten heutigen Tages, entließen, wir ebenso viel wieder einschieben müssen, das heißt, auf zwei Jahre vertheilt, dem aber, was Arbeits und Produktionskraft betrifft, die Ausgleichung der 50 000 gegenübersteht, und schließlich 20 000 Mann, die sonst überhaupt nicht gedient hätten, nun dienen müßten. Wir werfen ferner in die Waagschale ein das, was Ihnen auseinandergesetzt ist über die Kosten, wo ich von vornherein zugebe, daß man über die einzelnen Positionen streiten und einige Millionen heruntersetzen kann. Aber erfahrungsmäßig ist, daß, wenn man nach solchen allgemeinen Ueberschlägen an die Detailarbeit geht und sie ins Leben einführt, sich immer noch ein Bedürfniß nach dem anderen ergiebt, und schließlich eine Million nach der anderen noch von selbst zu der Summe kommt, die Sie herausfinden. Immerhin bleibt es eine Belastung und eine recht ansebnliche Belastung. Wir werfen schließlich hinein Alles, was wir persönlich an Studium der Geschichte und theoretischer Betrachtung der heutigen Verhältnisse und an eigener Erfahrung besitzen. So sind wir zu dem Resultat gekommen, daß wir in dieser Beziehung, wie augenblicklich die Verhältnisse liegen, nichts bieten können.
Man könnte sagen: warum den alten Traditionen sich an— schließen? Es braucht die Ansicht der Militärverwaltung deshalb noch nicht die richtige zu sein. Wir sind darin gewissenhaft und stets mit dem Gedanken beschäftigt, wie eine Entlastung stattfinden könnte, haben auch ein Material, was uns belehrt, wie andere Leute, die urtheilsfähig sind, darüber denken. Eist vor vier Jahren ist Seitens des Kriegs ⸗Ministeriums vertraulich die Anfrage ergangen an sämmtliche Corps und Divisions⸗Commandeure, an sämmt⸗ liche Commandeure der Infanterie⸗Brigaden und Regimenter. Da liegen über 240 Berichte von diesen Offizieren vor. Ein Regiments⸗Commandeur spricht sich für die Möglichkeit aus; alle übrigen, über 240, sind auf dem Standpunkt, den wir auch heute ein⸗ nehmen. Ich bitte Sie, meine Herren, das Urtheil dieser Männer doch nicht zu unterschätzen. Das sind die Männer, die 30, 40, 50 Jahre lang und darüber die Ausbildung der Armee geleitet haben, die ihre Truppen auf den siegreichen Schlachtfeldern geführt und auf den Schlachifeldern selbst gelernt haben, was man von der Aus— bildung einer Compagnie, überhaupt einer Truppe verlangen muß. Wenn wir dies zusammenfassen, so seien Sie überzeugt, daß wir die Ansicht festhalten müssen, daß auf unserer Seite die Wangschale die schwerere ist. Nun zu Dem, was über die französische Artillerie gesagt ist! Es wird dies immer hervorgehoben. Natürlicher Weise! Dies ist der größte zusammenbängende Theil der Forde— rungen; er springt am meisten ins Auge. Aber meine Herren, ich bitte die Artillerie nicht einseitig zu behandeln. Der Schwerpunkt liegt darin, daß wir überhaupt mehr Mannschaften ausbilden müssen, als wir es bisher gethan, was zu dieser Forderung von 18006 Mann geführt hat.
Nun ist gesagt: Mit der Artillerie hat man früher bereits abgeschlossen. Es wäre von meinem Herrn Amtsvorgänger bemerkt worden, man wäre nun fertig. Ich habe mir erlaubt, Ihnen jene Aeußerung meines Amtsvorgängers bereits in der Kommission vorzulesen. Die Begründung lautet bereits ganz anders:
„In einer den militärischen Interessen völlig genügenden Weise
f en geschehen. Unter Berücksichtigung aller in Betracht ommenden Verbältnisse, insbesondere auch des Koftenpunttes, wird es indessen noch für angängig erachtet, dem Bedũrfniß zunächst — unter Festhaltung der gesetzlichen Friedens⸗ präsenzstärke und der e bestimm ten Zahl der Formationen — durch eine Etatsvermehrung bezw. ** g innerhalb des Rahmens der jetzt bestehenden Verbände zu ent-
rechen.
Dazu tritt eine schriftliche Erklärung, die mein Herr Amts vorgänger gegeben hat und die ich mir erlaubt habe, in der Kom— mission vorzulesen. Es heißt ungefähr da: Für jetzt sei es nicht die Absicht, die Vermehrung außerhalb des Rahmens des Septennats eintreten zu lassen; dies schlösse aber absolut nicht aue, daß hier andere Verhältnisse es als dringend nothwendig herautzstellen könnten Diese anderen Verbältnisse sind eingetreten, es find eben die, daß wir uns überhaupt verstärken müssen.
In dem Moment, wo wir dies thun, wo wir bei der Sep⸗ tennatsziffer von Ihnen eine Aenderung fordern, geben wir diese Ver⸗ stãrkung an alle die Formationen, bei denen sie uns am noth— wendigsten ist. Darunter gehört die Feld. Artillerie. Nicht die Anzahl der neuen französischen Batterien, die immer genannt wird, ist es, welche die bedeutende Verstärkung nöthig gemacht hat; nein, man wollte die Friedens präsenzniffer unter allen Umständen festhalten, und so nahm man die Leute, die man zur Bildung der Artillerie gebrauchte, aus anderen Cadres. Das ist aber auf die Dauer nicht durchzuführen. Wir stehen heutzutage in Verhältnissen, daß die teutscke Feld-Artillerie 45 451 Mann und 25 ö Pferde hat, waͤhrend die französische Artillerie 560 614 Mann Feld-⸗Artilleristen und 34 688 Pferde zählt. Den Bespannungen auf deutscher Seite von 2381 stehen auf französischer 3123 gegenüber. Es ist gesagt, die Bespannung hätten die Franzosen nöthig, weil sie mit Pferden nicht so reich verseben sind. Aus welchem Grunde dies kommt, das ist gleichgültig, die Thatsache bleibt, daß sie die Bespannung haben und uns darin überlegen sind.
Meine Herren, ich will mich hierauf beschränken. Die Noth— wendigkeit, daß eine solche Vermehrung eintreten müsse, leuchtet Denen nicht ein, die gegen die Vorlage stimmen. Ich weiß nicht, wie wir es ihnen einleuchtender machen sollen. Es kommt schließlich immer darauf hinaus, daß, wie von einer Seite in der Kommission ausgesprgchen ist, man diese Gelegenheit benutzen will, wo es fich um die Zukunft, des Deutschen Reiches handelt, wo wir mit ernsten Bedenken derselben entgegensehen, eine Kraftprobe zu machen. Nein, meine Herren, lassen Sie das! — (Es ist in' der Kommission deutlich
irren worden, warum jetzt nicht der Moment gekommen fein e).
Größere Zwecke steben auf dem Spiel. Ueberlegen und erwägen Sie nochmals, ob die Nothwendigkeit da ist! Bei dieser Gelegenheit Wün che vorzuhringen, Ansichten auszusprechen, die im Munde der Bevölkerung sich befinden, das ist gewiß völlig angebracht und wird stets die vollste Würdigung finden. Aber benutzen Sie nicht den Moment, uns etwas abzuringen, wofür wir seit langer Zeit, wie . einstehen, — um daraus jetzt einen Handelsarftkel zu
Abg. Freiherr von Manteuffel: Der Abg. Bebel hat aus— geführt, daß im französischen Kriege 1870/71 eine ganz junge Infanterie gegen uns Tapferkeit bewiesen hätte. Tapferkeit kann auch ein Soldat beweifen, der heute eingestellt wird und morgen in die Schlacht geht. Ich habe schon früher einmal ausgeführt, daß es uns hauptsächlsch durch die Ueberlegenheit unserer Artillerie 1870/71 möglich gewesen ist, die französischen Truppen zu schlagen. Besonders hervorheben will ich, daß die Franzosen nicht so kolossale Verluste gehabt hätten, wenn sie besser geschult gewesen wären. Der Abg. Bebel meinte, wir müßten ja mit einer Menge von Truppen ins Feld rücken, die nur 1 Jahr gedient hätten. Wenn wir nur mit so jungen Truppen ausrückten, wäre die Schlagfertigkeit viel geringer, aber die jungen Truppen gehen boch mit einer großen Zahl älterer zusammen, und es wird auch die große Menge der Reservisten herangezogen, und die älteren Mann⸗ schaften geben erst den jungen Leuten die nöthige Kraft. Damit ist die Milizidee des Abg. Bebel abgethan. Darin hat der Abg. Bebel vollständig Recht, daß an Abrüstung jetzt nicht zu denken ist! Wenn er aber meint, daß die Rede des Abg. von Huene eine solche gegen die Vorlage gewesen sei, so kann man mit viel größerem Recht sagen, die Rede des Abg. Bebel war eine warme Vertheidigung der Vorlage. Seine Aus⸗ führungen über unsere Gegner gipfeln darin: Frankreich ist gar nicht unser Gegner, sondern Rußland, uns darum müssen wir die, Vorlage ablehnen. Daß dies logisch ist, kann ich nicht einsehen. Der Krieg von 1879 soll erst die Zustände herbeigeführt haben, die der Abg. Bebel jetzt beklagt. Der Kriegs⸗-Minister hat mit Recht ausgeführt, daß, wenn wir Elsaß⸗ Lothringen seinem alten Mutterlande nicht einverleibt hätten — und das müssen wir doch festhalten, daß es Teutsches Land ist — dann hätten wir den Krieg schon längst. Bei den Franzosen spielt auch das Nationalgefühl, die gioire, die Hauptrolle. Auch wenn wir Elsaß⸗Lothringen nicht genommen hätten, hätten die Franzosen doch immer, da sie einmal geschlagen waren, die Schlappe wieder gut machen wollen, und die That⸗ sache, daß wir sie geschlagen haben, wird der Abg. Bebel doch nicht hestreiten. Die Vorlage ist in der Kommission auf das Gewissenhafteste geprüft worden, die Regierung hat mit solcher Genauigkeit und Unermüdlichkeit alle Fragen beantwortet und ung das ganze Material zur Verfügung gestellt, daß ihr das höchste Lob gespendet werden muß. Wir sind in der That überzeugt, daß diese Vorlage nothwendig ist, um unsere Wehrhaftigkeik auf dem Standpunkt zu erhalten, den wir brauchen. Der Abg. Rickert sagte gestern: „Die Konservativen sind überhaupt eine be— sondere Spezies, nach meiner Meinung eine unberechtigte preußische Eigenthümlichkeit! Glücklicherweise setzte er hinzu nach meiner Meinung“. Das reduzirt allerdings den Wert dieser Aeußerung einigermaßen. Es ist interessant, daß zu dieser unberechtigten preußischen Eigenthümlichkeit auch der ,, Graf Moltke gehört, und man muß ich doch wundern, daß zu dieser Spezies auch Badenser, ein Bayer und neuerdings ein. Elfaß= Lothringer gehören. Es ist doch wunderbar, daß diese sich an der unberechtigten preußischen Eigenthümlichkeit nicht stoßen. Wenn die Herren in Süddeutschland ihre Agitation gegen die Kornzölle so fortsetzen wie bisher, wird der ortschrittspartei dort mehr und mehr der Boden unter den Füßen entzogen, denn gerade Bayern leidet mit seinem mittleren und kleineren , der Noth der Zeit. Die Getreidezölle sind für uns nicht Finanzzölle, sondern sie sind als Schutzzölle nöthig, um den weiteren Rückgang der Landwirthschaft zu vermeiden. Be⸗ merkenswerth ist, daß der Antrag auf Aufhebung der Korn— en. der schon auf der Tagesordnung gestanden hat, von den Intragstellern zurückgezogen ist. Wenn Sie die i, , . der . chädigen Sie das ganze, Land und auch die Wehrkraft. Ihnen ist ja das preußische . im Großen und Ganzen ein Greuel; ich muß aber au doch eingehen. Im Segen n. ist bei den Rentengütern ausgeführt worden, daß der Prozentsatz der Untauglichen bei den Aushebungen 11 — 17 den
Proz. bei ver⸗
könnte dies nur unter entsprechender Vermehrung der Zahl der
Scherflein ebenfalls beitragen. schlichten Erklärungen auf in der Zuversicht — auch von Seiten der verbündeten Regierungen — zu der loyalen Haltung unserer polnischen Bevölkerung. geirrt haben, so trifft nicht uns Polen die Schuld, daß wir den schwierigen Aufgaben nicht gerecht werden wollten und daß ein Einverständniß zwischen Regierung und polnischer Bevölkerung nicht zu erzielen gewesen ist.
schaft noch mehr n n lassen, so Kriegs⸗
verlangt habe. Armee 2c. habe er aus Zeitungen und offiziellen Quellen dessen Verhandlungen e f. Wenn der Kriegs-Minister gesagt habe, er, Redner,
Brandenburg aber 27 Proz. Da die Provinz Brandenburg kräftige Leute hat, kommt diese Steigerung des Prozent- satzes also lediglich auf Berlin, und da beträgt der Prozentsatz thatsächlich 37 Proz. Je mehr Sie also die Landwirthschaft schädigen und die Leute in die Fabriken, in die Städte treiben, desto mehr beeinträchtigen Sie die Wehrkraft. Die Reichs Einkommensteuer des Abg. Rickert würde den Ausfall an Zöllen nicht decken. Vielleicht könnte man auch eine Er— höhung der Börsensteuer vorschlagen. Dem Abg. von Wedell⸗ Malchow gebührt das Verdienst, daß uns die Intraden aus der Börsensteuer überhaupt zufließen. Der Abg. Rickert at die Schutzzölle auf. den einzelnen Kopf der enölkerung herechnet und geschoben! Mit demselben Recht kann ich behaupten, daß die Schutzzölle ledig⸗ lich vom Auslande getragen werden. Hätte er stakt England Frankreich zum Vergleich herangezogen, so würde die Sache für uns viel günstiger ausgefallen fein. Wir haben Jahre lang weniger Steuern getragen als Frankreich, und noch heute steht unser Militärbudget unter dem franzöfischen. Von den erforderlichen ,. entfällt auf die Nilitärvorlage kaum die Hälfte, und die findet vollkommene Deckung in den bisherigen Ueberschüssen. Der Abg. Rickert bewegt sich in einem eirenkus vitiosus. Früher sagte er: wir können die Steuern nur bewilligen, wenn wir wiffen, wofür sie ausgegeben werden sollen; jetzt sagt er: wir können die Vor— lage nur bewilligen, wenn wir wissen, woher die Deckungsmittel kommen. Er machte seine Zustimmung abhängig von der An— nahme des Antrags Bamberger. Die Einführung der zwei⸗ jährigen Dienstzeit würde aher entschieden mehr kosten. Auch das ist ein Widerspruch. Die Verlängerung der Rekruten vakanz würde allerdings erhebliche Ersparnisse herbeiführen, fie wurde aber die Ausbildung der Rekruten erschweren und für den einzelnen Soldaten von geringem Vortheil sein, da die Aushebung dann in einem Zeitpunkt erfolgen würde bis zu welchem der Betreffende ein neues Dienstverhältniß nicht mehr eingehen kann. Auf die Dispositionsbeurlaubun legen auch wir großen Werth. Umsomehr bedauern wir, da das Centrum in seiner Resolution die Dispositionsurlauber zusammen mit den Rekrutenvakanzen behandelt hat. Es würde uns leichter werden, für die Resolution zu stimmen, wenn das nicht der Fall wäre. Der Abg. Rickert hat sich für die Dispositionsbeurlaubungen erklärt, während der Abg. Richter nachher dagegen sprach und meinte, wir wären die dreijährige Dienstzeit längst los, wenn wir diefe Dispositions⸗ urlauber nicht hätten. Diesen Gegensatz zwischen den beiden freifinnigen Rednern möchte ich hiermit konstatiren. Die einjährige Bewilligung des Militärbudgets, welche die frei⸗ sinnige Partei verlangt, würde eine Erweiterung der parla— mentarischen Machtbefugnisse bedeuten. Zu einer solchen parlamentarischen Machterweiterung liegt keine Veranlassung vor. Das Septennat von 1374 war that— sächlich schon eine Konzession, ein Kompromiß zwischen Re— gierung und Reichstag; seitdem haben sich die Verhält⸗ nisse nicht so geändert, daß neue Konzessionen von der Re— gierung gemacht werden müßten. Regierung und Reichstag stehen sich heute nicht wesentlich feindlicher gegenüber als früher. Außerdem kann sich die Regierung darauf berufen, daß das Septennat durch Gesetz gewährleistet ist, und daß die Verfassung die dreijährige Dienstzeit festsetzt. Anders läge die, Sache, wenn diese Vorlage nicht thatsächlich nothwendig wäre. Der Abg. Rickert hat nicht gesagt, in welchem Punkte er etwas auszusetzen habe, sondern nur, daß er sich nicht vollkommen von der Nothwendigkeit dieser Forderung überzeugt hätte. Wir meinen, die Regierung würde ihre Pflicht vergessen haben, wenn sie noch länger mit der Jorderung gewartet hätte. Wir können verlangen, daß die Wehrhaftigkeit des Deutschen Reichs auf dem Standpunkte sich erhalte, der nothwendig ist, wenn wir ebenbürtige und i e nn, n . . en und starke und zuver⸗ ässige Wächter des Friedens sein wollen. Deshalb bitte i Sie, bewilligen Sie die . h . Abg. von Komierowski: Im Namen meiner Fraktion habe ich Folgendes zu erklären. Die Wichtigkeit dieser Vor— age ist von der Presse und von höchster autoritativer Stelle, sowohl von dem Reichskanzler als von dem Kriegs⸗Minister so eingehend beleuchtet worden, daß an uns um so mehr die Aufgabe herantrat, mit voller Gewissenhaftigkeit . zu prüfen und dazu Stellung zu nehmen. Diese Aufgabe war für uns eine recht schwierige. Unsere östlichen Heimaths⸗ provinzen sind finanziell und volkswirthschaftlich kaum im Stande, neue Steuern mit Leichtigkeit zu tragen. An— dererseits sind unsere Landsleute in ihren vitalsten Rechten in Religion, Schule und Sprache bis aufs Aeußerste gekränkt worden. Ein Theil unserer Presse hat in Folge dessen direkte Stellung gegen die Vorlage genommen. Wenn wir trotzdem für die Militärvorlage stimmen werden, so thun wir das wegen berechtigter Interessen des Reichs. Die gegentheiligen Ansichten über uns, namentlich der offiziösen Presse, entbehren jeder thatsächlichen Unterlage. Ebenso wie wir für die sozial—⸗ politische Gesetzgebung mit vollem Herzen eingetreten sind, so folgen wir auch der Militärvorlage, weil die Thronrede mit bestimmtem Nachdruck sich an das ganze Reich wandte, und in dem Bestreben, wie gestern der Reichskanzler sagte, womöglich die Militärvorlage eikstimmig durchzubringen. Unsere geschichtliche Entwickelung zeigt, wie oft wir eingetreten sind für Thron und Altar. Wir thun das in der' festen Zuversicht, daß der Kaiser seine schirmende Hand erheben wird zum Schutze und zur Linderung der Noth der polni⸗ schen Bevölkerung. Für die Resolutionen Windthorst werden wir gern stimmen. Wir Polen haben, so oft der Gang der Weltgeschichte es erforderte, den Kriegsschauplatz nicht gescheut, aber wir stellen die Segnungen des Friedens höher. Wir wollen unser bescheidenes, aber doch volles Und nun nehmen Sie diese
Sollten wir uns
i,, bestreitet in persönlicher Bemerkung dem inister, daß er die Abtretung von Elsaß⸗-Lothringen Seine Angaben über die Selbstmorde in der
abe in dieser Beziehung Verbindung mit nichtsnutzigen und
unzufriedenen Elementen gehabt, so fehle ihm, um diese Beschuldigung zurückzuweisen, der parlamentarische Ausdruck.
schiedenen Armee ⸗ Corps beträgt, in der Provinz
Um 4 / Uhr wird die weitere Berathung vertagt.