1890 / 154 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 27 Jun 1890 18:00:01 GMT) scan diff

feld. Cöthen Aken 1257 m, Buffleben Großbehringen 17.33 km (Königliche Eisenbahn⸗-Direktion zu Erfurt) und Salzmünde —-Saalhafen O96 km (Königliche Eisenbahn⸗Direk= tion zu Frankfurt a. M), am 15. Mai Putbus —auterbach 228 km (Königliche Eise bahn⸗Direktion zu Berlin), am 20. Mai Leopoldshöhe = Stetten 4,82 km, Schopfheim Säckingen 19,67 km, Weizen Hintschingen 41,32 km (Groß— herzoglich badische Staatseisenbahnen) und Ludwiagslust— Malliß 20,866 km (Großherzoglich mecklenburgische Friedrich Franz Eisenbahn), am 25. Mai Germsmühlen Hossteinische Schweiz 400 km (Königliche Eisenbahn⸗-Direktion zu Altona).

Der Minister⸗Resident der Republik Uruguay Dr. Fede⸗ rico Susviela Guarch hat sich nach Brünn begeben. Während seiner Abwesenheit von Berlin fungirt der Legations— Sekretär Dr. Rodolfo Fonseca als Geschäftsträger.

Der Gouverneur der Festung Ulm, General-Lieutenant Graf von Alten, General à la suite Sr. Majestät des Kaisers und Königs, hat fich nach Ulm zurückbegeben.

Der Inspecteur der Feld-Artillerie, General-Lieutenant Jacobi ist von Dienstreisen hierher zurückgekehrt.

Der Regierungs-Rath Graf zu Dohna-Lauck in Breslau ist an die Königliche Regierung zu Wiesbaden versetzt worden.

Frankfurt a. M., 26. Juni. In der heutigen Sitzung der Stadtverordneten verabschiedete sich der zum Finanz- Minister ernannte bisherige Ober⸗Bürgermeister Hr. Miquel von den städtischen Vertretern. Der Minister hob dabei, wie „W. T. B.“ meldet, hervor, daß er sich von dem ihm an— vertrauten Gemeinwesen mit schwerem Herzen trenne, er glaube aber dem Ruf des Kaisers und des Vaterlandes folgen zu müssen. Der Minister bezeichnete es als seine Aufgabe, eine gerechtere, den heutigen Verhältnissen und den ver— schiedenen sozialen Zuständen entsprechende JTertheilung der Staatslasten durchzuführen und das preußische Finanzwesen auf dieser Basis in Einklang mit den heutigen Verhältnissen zu bringen. Er wisse nicht, ob ihm dies gelingen werde, er habe aber den redlichsten Willen. Einem Telegramm der „Nat.⸗ Ztg.“ zufolge legte der Minister im weiteren Verlauf seine Rede dem Magistrat und den Stadtverordneten für die Zukunft die Erhaltung des bisherigen einträchtigen Zusammenwirkens, Maßhalten bei der Verwendung der Erträgnisse und ganz besonders die Fürsorge für die Hebung der sozialen Nothlage der ärmeren Klassen ans Herz. Warm dankte er für die viele Freundschaft, die er hier gefunden und versprach, dauernd sympathische Gesinnung für Frankfurt zu bewahren. Stadt— verordnetenvorsteher Humser brachte den Schmerz unserer Be⸗ völkerung und die Dankbarkeit für das scheidende Oberhaupt zu warmem Ausdruck. Der Minister selbst war tief er— griffen.

Sigmaringen, 27. Juni. (W. T. B.) Der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. von Goßler hat sich heute zum Besuch des württembergischen Staats-Minister? Freiherrn von Mittnacht nach Friedrichshafen begeben.

Baden.

Karlsruhe, 26. Juni. Ueber den Gesundheitszustand der Kronprinzessin von Schweden und Norwegen, Tochter Ihrer Königlichen Hoheiten des Großherzogs und der Großherzogin, bringt die „Karlsruher Ztg.“ (in Ergänzung des Wolff'schen Telegramms in Nr. 153) folgenden ausführ— lichen Bericht:

„Ihre Königliche Hoheit die Kronprinzessin von Schweden und Norwegen hat Sich nach Höchstihrer Rückkehr aus dem Süden einer besonderen ärztlichen Behandlung unter— zogen, um die Folgen verschiedener Erkältungen, welche Höchstdieselbe Sich während Ihres Winteraufenthaltes in Meran, Nervi, Nizza und Mailand zugezogen hatte, zu beseitigen. Diese Behandlung, wesentlich in einem sehr geregelten kurmäßigen Leben, großer Ruhe und reich⸗ lichem Aufenthalt in freier Luft bestehend, hatte sehr glückliche Erfolge. Insbesondere seit dem Aufenthalt auf Schloß Baden hat sich das Befinden der Kronprinzessin von Woche zu Woche wesentlich gebessert und gekräftigt. Die Absicht, Anfangs Juli nach Schweden zurückzukehren und dort bis Ende August zu bleiben, wurde nun zu dem Zwecke aufgegeben, damit die bisher so günstig fortschreitende Genesung nicht unterbrochen werde. So schwer auch dieser Entschluß der Kronprinzessin fallen mußte, hat Höchstdieselbe Sich doch dem Wunsche Sr. Königlichen Hoheit des Kronprinzen sowie Ihrer Majestäten des Königs und der Königin von Schweden und Norwegen in der Zuversicht gefügt, daß dadurch eine sichere Herstellung Höchstihrer Gesundheit erlangt werde. Der schwedische Leibarzt, Dr. Werner, welchen der Kronprinz nach Baden sandte, verständigte sich über diese von ihm besonders empfohlene Auffassung mit den Herren Geheim-Rath Dr. Kußmaul, Leibarzt Geheim⸗Rath Dr. Tenner und Hofrath Dr. Heiligenthal. So wird denn Ihre Königliche Hoheit die Kronprinzessin den Sommer in Ihrer alten Heimath zubringen. Der jüngste Sohn der Kronprinzessin wird in wenigen Tagen in Baden-Baden eintreffen und bis zum Spät—⸗ jahr bei Ihrer Königlichen Hoheit verweilen. Se. Königliche Hoheit der Kronprinz wird voraussichtlich 14 Tage im August

um Besuch Höchstseiner Gemahlin kommen und dann im aufe des September diese Besuch wiederholen.“

Sessen.

„Darmstadt, 26. Juni. Die Zweite Kammer be— willigte gestern, wie die „Köln. Itg.“ meldet, 762 00 (t Staatszuschuß zu den von der Stadt Mainz ausgeführten Ufer⸗ und Stromkorrektionsbauten, und erklärte in ihrer heutigen Sitzung den Antrag Osann auf Verstaatlichung der Ludwigsbahn mit Rücksicht auf die von der Regierung grundsätzlich ertheilte Zustimmung zur Verstaatlichung vorerst für erledigt.

Mecklenburg⸗Schwerin.

Schwerin, 26. Juni,. Se. Königliche Hoheit der Großherzog und Ihre Kaiserliche Ho . 9 Groß⸗ ,, werden sich, den „Meckl. . zufolge, am . D. .

von Sandown zum Aufenthalt nach Bembridge

auf der Insel Wight begeben. ch . Schaumburg⸗Lippe.

Bückeburg,. 26. Juni. Ihre Majestät die Kaiserin

und Königin Friedrich traf, wie „W. T. B.“ meldet,

mit Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzessinnen Victoria und Margarethe, über Hannover kommend,

von wo aus Se. Durchlaucht der Prinz Adolf zu Schaum⸗ burg⸗Lippe die Herrschaften auf der Weiterfahrt begleitete, um 5 Uhr hier ein, wurde von Ihren Durchlauchten dem Fürsten, der Fürstin, dem Prinzen und den Prinzessinnen des Fürstlichen Hauses sowie den Spitzen der Behörden am Bahnhof empfangen und durch die reichgeschmückten Straßen, wo die Bürgerschaft Spalier bildete, nach dem Fürstlichen Schlosse ge⸗ leitet. Bei der später stattgehabten Tafel brachte der Fürst einen Toast auf das Wohl Ihrer Majestät aus. Am Abend brachte die Bürgerschaft der Kaiserin Friedrich einen Fackelzug dar; später wurde ein großes Feuerwerk auf dem Schloßwall abgebrannt. Prinz Adolf zu Schaumburg-Lippe wird Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich und die Prinzessinnen-Töchter auf ihrer Reise nach England begleiten.

Oefterreich⸗Ungarn.

Wien, 27. Juni. (W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser und Konig hat sich gestern Nachmittag zur Inspizirung des Militärlagers nach Bruck begeben und wird heute Nachmittag von dort nach Budapest zurückkehren.

Der Bürgermeister Prix und die beiden Bürgermeister— Stellvertreter überreichten heute dem Erzherzog Franz Sal⸗ vator und der Erzherzogin Maria Valerre das Hochzeits⸗ geschenk der Stadt 3 Dasselbe besteht aus einer Prunkkassette mit 16 von Wiener Meistern ausgeführten Aquarellen. Bei der Ueberreichung sprach der Bürgermeister dem Brautpaare Namens der Stadt Wien die innigsten Glückwünsche aus. Der Erzherzog und die Erzherzogin dankten mit herzlichen Worten Und beehrten die einzelnen Mitglieder der Deputation mit Ansprachen. 6

Wie aus Pest gemeldet wird, wurde gestern in der Plenar⸗ sitzung der ungarischen Delegation das Ordinarium sowie das Extraordinarium des Heeresbudgets an— genommen, nachdem der Vertreter des Krxiegs— Ministers den Ausführungen der Opposition gegenüber er⸗ klärt hatte, daß die Erhöhung der Präsenzstärke des Heeres den Gegenstand von Erwägungen bilde, und daß deren Feststellung unter Berücksichtigung der finanziellen Ver— hältnisse des Reichs und unter Mitwirkung der dazu be⸗ rufenen Faktoren erfolgen werde. Die Frage bezüglich des rauchlosen Pulvers sei so reif, da man mit der Einführung desselben nicht zögern dürfe. Was die Festungen in Galizien betreffe, so seien diese allerdings schon jetzt in sehr hohem Grade vertheidigungsfähig, trotzdem könne eine fortschreitende Entwicklung derselben nicht ausgeschlossen werden.

Heute nahm die Delegation die Uebereinstimmung

der Beschlüsse der beiderseitigen Delegationen zur

Kenntniß. Morgen findet die Schlußsitzung statt.

Der vom bbhmischen Landtage angenommene Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Schulaufsicht, ist durch Kaiserliche Entschließung vom 24. d. M. sanktionirt worden.

Bei den gestern in den Landgemeinden stattgehabten 31 mährischen Landtagswahlen behaupteten die Deutschen die von ihnen innegehabten 8 Sitze, die Alt⸗ czechen haben von ihren bisher innegehabten 23 Sitzen fünf an die Jungezechen-Bauernpartei abgegeben. wroßbritannien und Irland.

26. Juni. Die Admiralität informirte die Marinebehörden in Sheerneß, daß Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich nächsten Sonnabend Morgen von Vlissingen auf der Königlichen Jacht „Victoria and Albert“ in Sheerneß eintreffen werde. Es werden Vortehrungen für den Empfang der Kaiserin getroffen, welche in Port Victoria landen und ohne Verzug nach Windsor weiterreisen wird.

Im Unterhause erklärte heute, dem „W. T

London,

T. B.“ zu⸗ folge, der Unter-Staatssekretär Fergusson auf eine bezüg— liche Anfrage: Die Besitzungen des Sultans von San—⸗ sibar seien mit Ausnahme des Küstenstreifens, der der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft verpachtet sei, in das eng⸗ lische Protektorat einbegriffen. Jene Küste liege südlich des Punktes, wo die englische und die deutsche Interessensphäre zusammenträfen, und sei nicht in das englische Protektorat eingeschlossen. Die Insel Mafia, die in der Nähe dieser Küste liege, werde wahrscheinlich nicht in das englische Pro⸗ tektorat eingeschlossen werden, wenn Deutschland mit dem Sultan von Sansibar die Einschließung derselben in das an Deutschland abzutretende Gebiet vereinbare. Der erste Lord des Schatzes Smith erklärte: die Abmachung über die Abtretung von Helgoland an den Deutschen Kaiser könne nicht von einer Volksabstimmung abhängig ge— macht werden. Der Besitz der Insel sei von England ohne Zustimmung der Bevölkerung erworben, und die englische Regierung habe der Bevölkerung von Helgoland gegenüber ihre Pflicht gethan, indem sie allen jetzt lebenden Bewohnern der Insel besondere Privilegien gesichert habe. Die Regierung habe auch Grund zu glauben, daß die Interessen der Be— wohner von Helgoland durch die eintretende Veränderung in keiner Weise Schaden leiden werden. In Bezug auf die Befestigung der Insel könnten keine Bedingungen gestellt werden, da England offenbar Deutschland jedwede Be— schlüsse über die Vertheidigung seiner Küste über— lassen müsse. Ueber Maßregeln zum Schutze der Inter⸗ essen der englischen Fischerei werde mit Deutschland ver— handelt. Der Unter⸗Staatssekretär Fergus son erwiderte ferner auf an ihn gerichtete Anfragen: Der englische Konsul in Salonichi habe berichtet, daß aus Kossowa eingetroffene Eisen⸗ bahnbeamte von der angeblichen Niedermachung von Christen durch Arnauten, welche jüngst statigehabt haben soll, nichts gehört hätten. Der englische Gesandte in Belgrad habe von Bedrückungen Mittheilung gemacht, welche die Christen Seitens der Albanesen in der Nachbarschaft der serbischen Grenze zu erleiden hätten, von Gerüchten über Gewaltthaten und Mordthaten aber nichts erwähnt. Der englische Konsul in Canea (Kreta) habe eine ihm von Christen übersandte Denkschrift zurückgeschickt, weil dieselbe von den Bittstellern bereits auch dem Vali überreicht gewesen sei. Der Konsul habe es für ungehörig gehalten, sich darnach auch noch in die Angelegenheit einzumischen, auch sei kein Grund zu der An⸗ nahme vorhanden, daß der Vali die Vorstellungen der Bitt⸗ steller nicht berücksichtigen werde.

Im Oberhause wurde auf Anfrage von dem Vertreter der Regierung die Erklärung abgegeben, daß den aus spanischen Häfen kommenden Schiffen gegenüber eine Quarantäne nicht beabsichtigt sei. Wohl aber seien die Zollbeamten angewiesen, in ähnlicher Weise wie im Jahre L885 zu verfahren, fich bei der Annäherung von Schiffen

dauer 6 Stunden nicht überschreiten darf.

über den Gesundheitszustand an deren Bord zu unter⸗ richten und, wenn nöthig, Vorsichtsmaßregeln zu treffen.

gestrigen Kabinetsrath wurde, wie die „Morning⸗ Post“ erfährt, beschlossen, die Artikel der Lokalsteuer⸗ vorlage, betreffend Behandlung der Schankwirthschaften, fallen zu lassen. Ueber die anderweitige Verwendung der 440 000 Pfd. Sterl,, welche für den Ankauf und die Schließung von Wirthschaften ausgeworfen sind, ist noch kein endgültiger Beschluß gefaßt worden.

Der parlamentarische Sonderausschuß, welcher die Thunlichkeit einer Erweiterung der Geschäfts⸗ ordnung, wonach Vorlagen in nächstfolgender Session an dem Punkte wieder aufgenommen werden können, wo sie in der laufenden Session abgebrochen wurden, erwägen soll, ist aus den Ministern Goschen und Balfour, dem Marquis von Hartington, Chamberlain, Gladstone, Sir W. Harcourt, John Morley und 14 anderen Mitgliedern des Unterhauses aller Parteien zusammengesetzt. Labouchère vertritt die vorgeschrittenen Radikalen und Dillon die Parnelliten.

Frankreich.

Paris, 26. Juni. (W. T. B.) Der Präsident Carnot unterzeichnete heute einen Gesetzentwurf, betreffend die Auf⸗ nahme eines Kredits von 100000 Fr. zur Errichtung von

Sanitãätsstationen zur Abwehr der Cholera.

In der heutigen Sitzung der Deputirten kammer be— antragte der Boulangist Boudeau, daß die Gerichts⸗ behörden für den bei dem Prozeß Borras vorgekommenen Irrthum verantwortlich gemacht würden. (Borras war seiner Zeit unschuldig wegen Mordes und Diebstahls verurtheilt und sein Gnadengesuch verworfen worden.) Der Justiz-Minister Fallieres setzte den thatsächlichen Hergang in dem gegen Borras geführten Prozeß auseinander und erklärte, er werde sich darum bemühen, daß eine Revision des Prozesses stattfinde. Man dürfe aber keine Anklagen gegen die Gerichtsbehörden erheben, die nur ihre Schuldigkeit gethan hätten. Die Jury sei es gewesen, die die Verurtheilung von Borras ausgesprochen habe. Die Kammer beschloß den Ueber— gang zur einfachen Tagesordnung.

Die Budgetkommission beschloß nach Berathung mit dem Finanz-Minister Rouvier mit 12 gegen 7 Stimmen, auf den Beschluß wegen Ermäßigung des Zinsfußes der Sparkasse zurückzukommen.

Die internationale Telegraphen-Konferenz hat, nach dem „Figaro“, beschlossen, die Worttaxe für Depeschen zwischen Frankreich und Deutschland von 20 auf 15 Cts. zu ermäßigen, zwischen Frankreich und Rußland wurde diese Taxe von 50 auf 490 Cts. ermäßigt, zwischen Frankreich und Belgien von 15 auf 12½ Cts. Um eine Kompensation für die durch diese Ermäßigung herbeigeführte Verringerung der Einnahmen zu schaffen, soll eine Minimalgebühr von einem Franc für jedes Telegramm eingeführt werden. Der von Deutschland ausgehende Vorschlag, fur benachbarte Länder eine einheitliche Tax zu bestimmen, wurde der nächsten inter⸗ nationalen Telegraphen⸗Konferenz überwiesen, die in Pest abgehalten werden soll. Von weiteren Reformen, die mit dem 1. Juli 1891 in Kraft treten sollen, theilt der „Figaro“ mit, daß zusammengesetzte Wörter, falls sie als eines geschrieben worden, auch nur als ein Wort gelten sollen. Für die europäischen Länder dürfen die Wörter, um als eines gezählt zu werden, fünfzehn Buchstaben enthalten, für die übrigen Länder zehn Buchstaben. Die telegraphischen Gesell⸗ schaften für den überseeischen Verkebe nach dem Osten, die auf dem internationalen Kongreß in Paris nur eine berathende Stimme hatten, faßten ihrerseits den Beschluß, die telegra⸗ phischen Gebühren nach Australien um 50 Proz. zu ermäßigen.

Das Fremdendekret vom 2. Oktober 1888, welches allen in Frankreich ansässigen Ausländern die Verpflichtung auferlegt, sich in Paris auf der Polizei⸗Präfektur und in der Provinz auf den Mairien mit genauer Bezeichnung ihres Nationale anzumelden, ist, der „Fr. C.“ zufolge, nun auch auf Algerien anwendbar. Ausnahmen werden gemacht zu Gunsten der Wintergäste, der Muselmänner, die auf dem Landwege mit Erlaubnißscheinen in die Kolonie kommen, und der Ausländer, welche dieselbe seit mindestens drei Jahren bewohnen.

In Paris hat sich unter der Leitung des Divisions⸗ Generals Rolland, der Admirale Le Timbre und Fleuriot de Langle, des Generals Chory, des Marquis de Saint-Yves, des Barons Cambourg, des Dr. Labonne u. A. m. ein Verein gebildet, der den Titel „Société des amis de la Russie“ führt. Das Programm, welches von dem GSründungscomits ausgearbeiset wurde, enthält folgende Hauptstelle:

„Das französische Volk bewabrt im Herzen tief die Erinnerung an die von Rußland geleiteten Dienste und versäumt keine Gelegen heit, freiwillig seine Gefäble der Dankbarkeit zu bekunden. Ander⸗ seits ist eine sehr große Zahl russischer Patrioten davon überieugt, daß die Rube Europas wie Alexander J. lich auf dem Wiener Kongresse ausdrückte ein großes und starke-s Frankreich erheischt. Die Mitglieder des Comitss haben die Ehre, an alle Franzosen, ohne Unterschied der Parteien, welche in einem herzlichen Einverneh⸗ men mit Rußland eine Bürgsckaft für die Unabhängigkeit und In regrität des Vaterlandes erblicken zu appelliren.“

Jtußland und Polen.

St. Petersburg, 21. Juni. Das Gesetz, welches die Frauen- und Kinderarbeit regelt, ist nunmehr ver⸗ öffentlicht. Die „Köln. Ztg.“ bringt darüber folgende Mittheilungen: Kinder von 12—16 Jahren dürfen täglich bis zu 6 Stunden hintereinander in Fabriken beschäftigt werden mit der Bedingung, daß die gesammte tägliche Arbeits⸗ In Glasfabriken können Minderjährige 6 Stunden Nachtarbeit thun, müssen aber alsdann 12 Stunden Ruhe haben. Die Zulassung zur Arbeit an solchen Feiertagen, an welchen Erwachsene beschäf⸗ tigt werden dürfen, ist dem General⸗Fabrikinspekter anheim⸗ gestellt. Frauen sind zwischen 9 Uhr Abends und 5 Uhr Morgens von den Betrieben fernzuhalten. In besonders nothwendigen Fällen können die Fabrikinspektoren Frauen und Minderjährige in Spinnereien oder Webereien zur Nachtarbeit zulassen; unerläßliche Bedingung ist eine darauf folgende Ruhe bis zum Mittag nächsten Tages. Zuwiderhandlungen werden an den Fabrikdirektoren mit Geldstrafen (100 Rubel) oder einem Monat Arrest bestraft.

27. Juni. (W. T. B.) Dem „Grashdanin“ zufolge sind die neuen Tarife für den Transport auslän⸗ discher Waaren auf russischen Eisenbahnen ge— nehmigt worden. Für die meisten Einfuhrartikel haben die bisherigen Tarifsätze Erhöhungen erfahren; außerdem werden die Bestimmungen, welche den Transport auslän⸗

discher Waaren von gewissen Eisenbahnlinien ausschließen, aufgehoben. Die neuen Tarife treten mit dem 1. Januar 1891 in Kraft.

Ein heute zur Veröffentlichung gelangtes Gesetz bestimmt die Vereinigung der Warschau-Bromberger mit der Warschau-Wiener Eisenbahn und die Betheili— gung der Regierung an dem Reingewinn der letzteren.

Italien.

Rom, 26. Juni. Die Deputirtenkammer beendete heute Abend die Berathung des Gesetzentwurfs über die Gründung eines Grundkredit-Instituts. Der Gesetz— entwurf wurde bei der Aestimmung mittels Stehens und Sitzenbleibens genehmigt, die geheime Abstimmung erfolgt morgen.

Der „Osservatore Romano“ dementirt auf das Ent— schiedenste die Nachricht, daß vom Vatikan eine in heftigen Ausdrücken abgefaßte und gegen Italien gerichtete Note an die Nuatiaturen erlassen sei.

Die Direktion des dem Ministerium des Innern unter— stehenden Gesundheitsamts bezeichnet die auswärts ver— breiteten Gerüchte von verdächtigen Krankheitsfällen, die in Neapel, Messina und Venedig vorgekommen sein sollen, als vollständig unbegründet mit dem Hinzufügen, daß die Gesundheitsverhältnisse in den obgedachten Städten und in ganz Italien durchaus befriedigende seien.

Ueber die Finanzlage der Stadt Rom schreibt man dem „Frankf. Journal“: Die Unordnung, die in der Finanz— lage der Stadt Rom täglich weiter um sich greift, Und der endlich ein Ziel durch das, wie bereits in den Nrn. 150 und 151 des R. u. St. A.“ erwähnt, am 21. Juni in der Kammer Seitens der Regierung eingebrachte Gesetz gesteckt werden soll, dürfte ihren Ursprung in der unnatürlichen Lage haben, in welcher sich die Stadtgemeinde, seit Rom die Hauptstadt des geeinigten Italtens geworden, befindet. Namentlich im letzten Dezennium machte sich auf dem Campidoglio das Bedürfniß geltend, die Umgestaltung der Stadt aus den beengten und veralteten Zuständen in eine den An— forderungen der neuen Zeit entsprechende vorzunehmen, und die Regierung unterstützte diefes Bestreben nach Kräften. Die Gemeinde nahm zunächst 30 Millionen Lire zur Ausführung von Regierungsbauten auf sich, dafür ver⸗ pflichtete sich der Staat zu einem Zuschuß von A Millionen Lire auf 20 Jahre und garantirte eine 150 Millionen-Anleihe zur Durchführung des Stadtregulirungs-Planes. Der Gemeinderath beanspruchte hierzu 15 Jahre Zeit, die Regierung drängte jedoch auf 10 Jahre. Von den beregten 150 Millionen sind nun aber schon nach 7 Jahren 127 Millionen absorbirt, während von den projektirten Arbeiten noch der allergrößte Theil seiner Ausführung harrt. Schuld an diesen Vorgangen trägt lediglich die Verwaltung, die unvernünftig hohe Preis für die nöͤthigen Enteignungen zahlte und in allen Zweigen aus dem Vollen wirthschaftete. Heute stellt sich der Fehl betrag im Stadthaushalt auf 8 Millionen und außerdem fehlen weitere 30 Millionen, um nur die nothwendigsten Bauarbeiten zu er⸗ ledigen. Die Regierung schlägt nun in dem neuen Gesetzentwurf vor, den ursprünglich auf 20 Jahre bewilligten jährlichen Zu— schuß von 2“ Millionen Lire his zur vollständigen Tilgung der Anleihe zu zahlen und die Gemeinde von der Verpflichtung, an den Tiber-⸗Regulirungsarbeiten sich zu betheiligen, zu befreien. Dagegen übernimmt erstere die Verwaltung der städtischen Verzehrungssteuer, aus welcher sie der Gemeinde jährlich 4 Millionen vergütet, während die alsdann noch zu deckenden 2 Millionen durch neue Steuern aufgebracht werden sollen. Da der Stadtrath aber vor letzterer Maßregel zurückschreckt, so wird er wahrscheinlich seine Zustimmung zu diesen Vorschlägen verweigern, was seine sofortige Auflösung und Einsetzung eines Königlichen Kommissars zur Folge haben dürfte, eine Maßregel, die im allgemeinen Interesse nur wünschenswerth erscheint, damit auf dem Campidoglio ein straffes Regiment, das schon längst von Nöthen, Platz greift und der Mißwirth— schaft des Stadtraths ein Ende bereitet wird.

Wie der „Nat.-Itg.“ gemeldet wird, fand im Gemeinde⸗ rath am 25. wegen dieses Gesetzentwurfs eine stürmische Sitzung statt. Das Mitglied des Gemeinderaths Menotti Garibaldi, einer der Söhne des Freibeitshelden, wurde ausge— pfiffen, als er verlangte, man jolle im Amte bleiben. Hierauf entwickelte sich ein Streit zwischen einem Berichterstatter des Capitan Fracassa“ und dem Chefredacteur des „Don Chisciotte“, wobei dieser Redacteur durch den Wurf eines Tintenfasses am Halse „verwundet“ wurde. In dem unbeschreiblichen Tumulte, der sich entwickelte, wiederholte Menotti Garibaldi, seine Verachtung für die Menge bekundend: „Ich lege das Amt nicht nieder, wenn ich auch ganz allein bliebe“ Schließlich stimmten 63 Mitglieder des Gemeinderaths für die Niederlegung des Amtes, um auf diese Weise gegen den Gesetzentwurf zu protestiren.

Spanien.

Madrid, 27. Juni. Der Ministerrath hat, wie „W. T. B.“ meldet, dem Antrage auf Einziehung der fpanischen Gesandtschaft in der Schweiz zugestimmt.

Die gestern hier eingetroffenen telegraphischen Nachrichten aus Valencia lauten befriedigend. Weder in Puebla de Rugat noch in Montichelvo haben gestern Erkran— kungen stattgefunden. In Genoves kam eine Erkrankung, in Gandia kamen zwei Erkrankungen mit zwei Todes— fällen vor.

Schweiz.

Bern, 27. Juni. Der Bundesrath hat das Land— wirthschafts⸗Departement bevollmächtigt und beauftragt, gegen die Vieheinfuhr aus Italien nöthigenfalls diejenigen Maßregeln anzuordnen und durchzuführen, welche geeignet erscheinen, den schweizerischen Viehstand vor Seuchengefahr zu schützen und die ungehinderte Ausfuhr Schweizer Zucht- und Nutzviehs zu sichern. .

Zufolge einer . Vormittag eingegangenen Mittheilung der schweizerischen Gesandtschaft in Rom hat, dem „W. T. B. zufolge, die ikalienische Regierung von heute an die Einfuhr von Vieh aus der Schweiz verboten.

Türkei.

Konstantinopel, 27. Juni. (W. T. B.) Die von der „Agence de Constantinople“ über Veränderung in der türkischen Schuldenverwaltung gebrachten, gestern an dieser Stelle erwähnten Mittheilungen werden sowohl von den fremdländischen Delegirten wie von

der türkischen Finanzverwaltung als völlig unbe—⸗ gründet bezeichnet, und es wird hervorgehoben, daß die Angaben der Agence de Constantinople“ nur Zwecken dienen können, die denen der türkischen Finanzverwaltung wider— streiten. Es ist von keinerlei Aenderung in der Ver— waltung der türkischen Staatsschulden und in der Einrichtung der Dette Publique die Rede gewesen. Schweden und Norwegen.

Christiania, 27. Juni. (W. T. B.) Der König, die Königin und Prinz Eugen sind Vormittags hier ein⸗ getroffen und am Bahnhofe von den Spitzen der Civil⸗ und Militärbehörden, der Geistlichkeit, dem deutschen Gesandten Dr. Busch und dem deutschen General-Konsul Frhrn. von Dertzen empfangen worden. Bei der Fahrt nach dem Schlosse, in dessen Hofe eine Ehrenwache aufgestellt war, wurde das König— liche Paar von der Bevölkerung lebhaft begrüßt. Die Stast ist festlich beflaggt.

Dänemark.

(E) Kopenhagen, 24. Juni. Die Einnahmen aus den Zöllen, der Branntweinsteuer und den Schiffs— abgaben sowie der Zuschlagssteuer (Kriegssteuer) haben in den ersten beiden Monaten des laufenden Finanzjahres 6 7109773 Kronen gegen 6933 553 Kronen in der gleichen Zeit des vorigen Finanzjahres ergeben. Während im April Mehreinnahmen von 297 868 Kronen erzielt wurden, ergab der Monat Mai Mindereinnahmen von 521 628 Kronen.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (28.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär Dr. von Boetticher, sowie andere Bevoll— mächtigte zum Bundesrath beiwohnten, theilte der Präsident den Eingang eines Antrags, betreffend die Vertagung des Reichstages, eines Nachtrags-Etats und eines An⸗ leihegesetzes mit.

Darauf wurde in die dritte Berathung des Gesetz— entwurfs, betreffend die Gewerbegerichte, eingetreten.

Abg. Auer erklärte, daß die sozialdemokratische Partei gegen das Gesetz, wie es sich in der zweiten Lesung gestaltet, stimmen müßte; nur wenn die zur dritten Lesung wiederholt eingebrachten sozialdemokratischen Anträge Annahme fänden, sei den Sozialdemokraten die Zustimmung möglich. Die An— nahme Seitens des Reichstages sei möglich, denn in den bis— herigen Gewerbegerichten, die sich wohl bewährt hätten, seien die betreffenden Bestimmungen in Geltung.

Damit schloß die Generaldiskussion.

S. 1 lautet:

Für die Entscheidung von gewerblichen Streitigkeiten zwischen Arbeitern einerseits und ihren Arkeitgebern andererseits, sowie zwischen Arbeitern desselben Arbeitgebers können Gewerbegerichte errichtet werden.

Die Errichtung erfolgt für den Bezirk einer Gemeinde durch Ortsstatut nach Maßgabe des §. 142 der Gewerbeordnung. Die Genehmigung des Ortsstatuts darf nur versagt werden, wenn dessen Bestimmungen mit den Gesetzen in Widerspruch stehen. Die Ent— scheidung der höheren Verwaltungsbehörde über die Genehmigung des Statuts ist binnen sechs Monaten zu ertheilen.

Mehrere Gemeinden können sich durch übereinstimmende Orts— statuten zur Errichtung eines gemeinsamen Gewerbegerichts für ihre Bezirke vereinigen.

Imgleichen kann ein Gewerbegericht für den Bezirk eines weiteren Kommunalrerbandes errichtet werden. Die Errichtung er⸗ folgt in diesem Falle nach Maßgabe der Vorschriften, nach welchen Angelegenheiten des Verbandes statutarisch geregelt werden. Die Zuständigkeit eines solchen Gerichts ist ausgeschlossen, soweit die Zuständigkeit eines für eine oder mehrere Gemeinden des Bezirks bestehenden oder später errichteten Gewerbegerichts begründet ist.

Die Errichtung kann auf Antrag betheiligter Arbeitgeber oder Arbeiter durch Anordnung der Landes⸗Centralbehörde erfolgen, wenn ungeachtet einer von ihr an die betheiligten Gemeinden oder den weiteren Kommunalverband ergangenen Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist die Errichtung auf dem in Absatz 2 bis 4 vor gesehenen Wege nicht erfolgt ist. Alle Bestimmungen. welche dieses Gesetz dem Statut vorbehält, erfolgen in diesem Fall durch die Anordnung der Landes ⸗Centralbehörde.

Vor der Errichtung sind sowohl Arbeitgeber als Arbeiter der hauptsächlichen Gewerbezweige und Fabrikbetriebe in entsprechender Anzahl zu hören.

Abg. Ackermann beantragte:

im § 1 Absatz 2 die Worte: „Die Genehmigung des Orts—⸗ statuts darf nur versagt werden, wenn dessen Bestimmungen mit den Gesetzen in Widerspruch steben“, zu streichen.

Der Abg. Ackermann begründete seinen Antrag.

Abg. Dr. Porsch beantragte, daß wenn mehrere Ge— meinden sich zur Errichtung eines gemeinsamen Gewerbe— gerichts vereinigen, diejenige Verwaltungsbehörde das Be— stätigungsrecht für das Statut haben soll, in deren Bezirk das Gewerbegericht seinen Sitz hat.

Abg. Eberty hielt den Antrag Ackermann für eingegeben vom Mißtrauen gegen die Gemeinden. Die Differenzen, die in Berlin bezüglich der Gewerbegerichte hervorgetreten seien zwischen der Stadtvertretung und der Verwaltungsbehörde, zeigten, daß nicht bloß Rücksichten der Zweckmäßigkeit bei der Versagung eines Ortsstatuts bestimmend seien.

Der Staatssekretär Dr. von Boetticher führte aus, daß kein Mißtrauen gegen die Gemeinden obwalte. Die Fassung des 5. 1 in der zweiten Lesung entziehe der Ver⸗ waltungsbehörde aber die Möglichkeit, aus Zweckmäßig⸗ keitsrücksichten die Genehmigung des Statuts zu versagen. Darauf könne die Regierung nicht verzichten. Es empfehle sich die Annahme des Antrags Ackermann.

Abg. Hahn trat ebenfalls für den Antrag Ackermann ein und beantragte, daß im Falle der Annahme desselben eine Bestimmung in den 5. 1 aufgenommen werde, wonach die Versagung der Genehmigung eines Ortsstatuts mit Gründen versehen sein müsse.

Abg. Rintelen empfahl den Antrag Ackermann mit dem Zusatzantrage Hahn. ;

achdem noch der Abg. Harmening sich für die Beibehal⸗

tung der Beschlüsse zweiter Lesung ausgesprochen, wurde §. 1 in der durch die Annahme der Anträge Ackermann und Hahn veränderten Fassung angenommen. Die §5§. 2, 3, 3a wurden ohne Debatte angenommen, die Berathung des 5. 3b mit dem dazu gestellten Antrage Eberty zunächst ausgesetzt; die 8§. 4, 5, 6 und 7 gelangten ohne Debatte zur Annahme.

§. 8 lautet:

Zum Mitgliede eines Gewerbegerichts soll nur berufen werden, wer das dreißigste Lebensjahr vollendet, in dem der Wahl vor angegangenen Jahre für sich oder seine Familie Armenunterstützung aus öffentlichen Mitteln nicht empfangen oder die empfangene

Armenunterstützung erstattet hat und in dem Bezirke des Gerichts seit mindestens zwei Jabren wohnt oder beschäftigt ist.

. Personen, welche zum Amt eines Schöffen unfähig sind (Ge⸗ richts verfassungsgesetz 55 31, 327). können nicht berufen werden.

Abg. Auer beantragte in Abs. 1 Zeile 2 statt 'dreißigste“ zu setzen „fünfundzwanzigste“ und in Zeile 7 statt zwei zu setzen einem“.

Die Abgg. Dr. Hirsch und Singer machten für den Antrag Auer geltend, daß er verhindern wolle, daß eine große Anzahl von Arbeitern, die von ihren Berufsgenossen für würdig des Amts erachtet werden, von demselben ausge— schlossen sein würden.

Abg. Dr. Porsch bemerkte hiergegen, daß die Vorschrift des Gesetzes ebenso die Arbeitgeber treffe. Die Gewerbe⸗ gerichte hatten an Stelle der ordentlichen Gerichte im Namen des Königs Recht zu sprechen und müßten deshalb mit den größten Garantien für eine orbentliche Rechtspflege ausgestattet werden.

„S wurde unverändert angenommen.

Die §5§. 19 und 11 gelangten ohne Debatte zur Annahme.

Der 3. Absatz des §. 12 wurde zunächst ausgesetzt.

§. 12 lautet: ö

Zur Theilnahme an Len Wahlen (8. II) ist nur berechtigt. wer das fünfundzwanzigste Lebersjahr vollendet und seit mindestens einem Jahre in dem Bezirk des Gewerbegerichts Wohnung oder Beschäftigung hat. Die im §. 8 Absatz 2 bezeichneten Personen sind nicht wahlberechtigt. ;

Ist die Zuständigkeit des Gewerbegerichts auf bestimmte Arten ron Gewerbe⸗ oder Fabrikbetrieben beschränkt (5. 4 Absatz I), so sind nur die Arbeitgeber und Arbeiter dieser Betriebe wählbar und wablberechtiat.

Mit lieder einer Innung, für welche ein Schiedsgericht in Gemäßheit der §§. 97a, 1004 der Gewerbeordnung errichtet ist, sowie deren Arbeiter sind weder wählbar noch wahlberechtigt.

Die näberen Bestimmungen über die Wahl und das Verfahren bei derselben werden durch das Statut getroffen. Es kann ins— besondere festgesetzt werden, daß bestimmte gewerbliche Gruppen je einen oder mehrere Beisitzer zu wählen haben.

Dazu beantragte Abg. Auer:

In 5§. 12 Absatz L Zeile 2 statt: „fünfundzwanzigste“ zu setzen: einundzwanzigste',

sowie dem Absatz 1 des § 12 folgenden Satz hinzuzufügen:

„Das Geschlecht macht hinsichtlich des Rechts der Theil nahme an den Wahlen der Beisitzer (5. 11) keinen Unterschied.“

und Absatz 3 des §. 12 zu streichen.

Abg. Auer wies darauf hin, daß bei den meisten der bestehenden Gewerbegerichte das Wahlrecht an die Volljährig— keit geknüpft sei, ebenso wie dies in der Unfallgesetzgebung geschehen sei; überall hätten die Beisitzer ihre Pflicht voll er⸗ füllt. Das Wahlrecht der weiblichen Arbeiter rechtfertige sich daraus, daß sie ebenfalls gezwungen sind, sich den sozialen und Arbeitsbedingungen unterzuordnen.

Abg. Bachem erklärte sich bereit, dem sozialdemokratischen Wunsche entgegenzukommen und für das 21. Lebensjahr zu stimmen.

Abg. Eberty war der Meinung, daß die Volljährigkeit des Arbeiters genüge, um für die Schlichtung seiner Streitig— keiten einen Vertrauensmann zu wählen. Die Zulassung der Frauen zum aktiven Wahlrecht sei eine Forderung der Gerechtigkeit, sei erforderlich für die Wahrnehmung der wirth— schaftlichen Interessen der Frauen und schädige kein staatliches Interesse.

Abg. von Cuny sprach sich gegen, Abg. Dr. Hirsch für den Antrag Auer aus.

Der Staatssekretär Dr. von Boetticher machte darauf aufmerksam, daß die bestehenden Gewerbegerichte durch Orts⸗ statut eingeführt und keine gesetzgeberischen Vorbilder seien; jetzt, wo der Gesetzgeber die Sache in Angriff nehme, müsse man überlegen, was vernünftig und zweckmäßig sei, und da müsse man an dem 25. Lebensjahr festhalten. Die Theil⸗ nahme an der Bildung des Schiedsgerichts sei ein politisches Recht, und für die Abgrenzung der Theilnahme an poli— tischen Rechten sei die Verfassung vorbildlich. Zu dem Aus— schluß der weiblichen Arbeiter von dem Wahlrecht seien bereits aus den Kreisen der Arbeiterinnen zahlreiche Zustimmungen eingegangen.

12 wurde unverändert angenommen, ebenso ohne Debatte die 85. 13, 14, 14a, 146 und 15. (Schluß des Blattes.)

(Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichs— tages befindet sich in der Zweiten Beilage.)

Kunsft und Wissenschaft.

X Ein bedeutsames Werk auf der beyvorstehenden 62. Ausstellung der Königlichen Akademie der Künste, wird ein Reiterporträt Sr. Masestät des Kaisers und Königs Wilhelm II. von Professor Werner Schuch sein. Der Kaiser ist dargestellt, wie er, in der Uniform der Garde ⸗Husaren, auf einem Fuchs reitend, Parade abnimmt über das Leib⸗Garde-Husaren⸗-Regiment. In Seinem Gefolge befinden sich die General-Adjutanten General⸗Lieutenant von Wittich, General⸗-Lieutenant von Hahnke und General der Kavallerie Graf von Waldersee und der

lügel⸗Adjutant Oberst Lieutenant Freiherr von Bissing, die, ämmtlich gleichfalls in vorzüglichen Porträts, im Mittelgrunde erscheinen. Se. Majestät hat dem Künstler noch vor Kurzem eine Sitzung zur Vollendung des Bildes gewährt.

X Mit Bezug auf den Neubau der Königlichen Hochschule für die bildenden Künste, welcher be— kanntlich auf dem fiskalischen Grundstück zwischen der Technischen Hochschule und der Stadtbahn geplant ist, erfahren wir, daß der Senat der Akademie kürzlich dem Terrain unmittelbar längs der Stadtbahn und zwischen dieser und der Ingenieurschule den Vorzug vor dem anderen gegeben hat, welches innerhalb der Thiergarten-Baumschuls (ebenfalls längs der Hardenbergstraße) für den Zweck in Aussicht ge⸗ nommen war.

X Die Frage der inneren Ausschmückung der wieder⸗ hergestellten 5 im Schlosse Marienburg beschäftigt gegenwärtig lebhaft die betheiligten Kommissionen und nament⸗ lich den Verein, welcher sich der Restaurirung des Schlosses ge— widmet hat. Um eine Grundlage für die Art der Dekoration zu gewinnen, ist zunächst Professor Schaper in Hannover mit einem Entwurf für den jetzt vollendeten Kapitelsaal be— schäftigt.

Berichtigung. Bezüglich unserer gestrigen Notiz über den großen akademischen Staatspreis für Geschichts—⸗ maler bemerken wir, daß es darin heißen muß „Senatoren der