1890 / 156 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 30 Jun 1890 18:00:01 GMT) scan diff

Mannigfaltiges. Ueber den demnächst vollendeten Neubau der Moltkebrücke

Pest, 28. Juni. Die Ungarische Post⸗ dementirt die von Bularester Blätfern verbreitete Nachricht, daß auf u ng arischem Gebiet Cholerafälle vorgekommen seien Die irrige Nachricht sei in Folge eines am 15. 8 M. in Hajodu Dorogh vorgekommenen

gemacht. Ebenso hatte der. Marpessa. sofort seine Rettungs boote herab ˖ gelassen. Auf diese Weise konnten sämmtliche 983 Passagiere gerettet werden. Leider war die Mannschaft des „Prins Frederik“ nicht so glücklich Ein Marine Lieutenant und sechs Matrosen

meldet die Voss. Ztg.“: Gegenwärtig ist man beschäftigt, eine pro⸗ für das Geländer be⸗ in Lauchhammer Mit Rücksicht auf die bevorstehende Eröffnung vollsten Gange, auch sind den Vorpfeilern mit Adler und Eule (als dem Sinnbild der Wissenschaftz vom Bildhauer Böse vollendet Die Porträtköpfe in den Schlußsteinen hat man jum Theil

dieselben sitzen vortrefflich in den reich gestalteten zeigen oberhalb wie unterhalb in der Mitte den Kopf des Grafen Moltke (von Reinhold Begas), zu den Seiten aber dung Blücher und den alten Derfflinger, sowie zwei Feldherren des Alter— thums, ausgeführt von Professor Carl Begas. Die Architektur der in rothem Mainsandstein trefflich ausgefübrten Brücke rührt von dem bei der städtischen Verwaltung beschäftigten Regierungs-Bau⸗ meister Otto Stahn her, der soeben den zweiten Preis für das

visorische Gasbeleuchtung anzulegen, da die stimmten figurenreichen Bronzekandelaber noch gegossen werden s ift die Herstellung der Fahrbahn im die Trophäengrupven auf

worden. schon abgerüstet; Schilden und

Kyffbhänserdenkmal gewonnen hat.

Nach dem Bericht über das sechste Geschäftsjabr des Deutschen Offizier Vereins vom 1. April 1889 bis 31. März 1890 betrug die Zahl der stimm berechtigten Mitglieder: am 31. März 1890 31326, am 31. März 18389 27 555. Es traten also im Laufe des Jahres hinzu 3761. Außerdem wurden Jahreskarten an auße rordentliche Mitglieder ausgegeben 3017 gegen 2907 im Vorjahre. Der Umsatz an direkten Verkäufen an die Mitglieder betrug im sechsten Beschäftsjahre 4588799, 70 , gegen 5 506258. 60 S6 ; eigenen Werkstättenbetrieb 1710 629,35 4 Der Bruttogewinn beträgt nach bereits erfolgter Abschreibung auf Waaren 233 949 50 66, wovon für Reservestellun— gen u. s. w. oerwendet werden 36700 Es ergiebt sich demnach e in Reinerträgniß gemäß §. 28 des Statuts in Höhe von 197 249 36 ½ Dasselbe ist durch Comitebeschluß vom 10. Juni 1890 auf Grund

Von obiger Ziffer entfallen auf den

§. 28 des Statuts wie nachstehens vertheilt worden: 1) Verzinsung: 590i

12 343.90 , zusammen 108 843, 90 1

2) Zur Amortisation des Garantiefonds laut §. 28 des Statuts werden 42 000 S, nebst 5 o Agio 2100 Æ, zusammen 44 100 K

verwendet.

3) Dem Reservefonds ist der gleiche Betrag mit 44 100 zugewiesen worden, und der verbleibende Rest von 205,55 M wird auf das neue

Geschäftsjahr 1890,91 vorgetragen.

Ulm, 28. Juni. (W. T. B.) Die Vorf eier des Münster— fesstes begann heute Nachmittag 4 Uhr mit einem Umzuge der Schul“ Auf dem Muͤnsterplatze fand er Zapsenstreich aus geführt; um 8z Uhr sammele sich die Bürgerschast auf dein Platze vor dem Hauptportal des Mänsters, woselbft Musikaufführungen Die Bürgerschaft sang den Choral „Nun danket Alle

jugend durch die reickgeschmückte Stadt. Choralgesang statt. Um 8 Uhr wurde großer

stattfanden.

Gott“ und hierauf ‚Deutschland, Deutschland über Alles“.

sand bengalische Beleuchtung des Münsters statt.

Zur Theilnahme an der Münster⸗Feier sind hier eingetroffen: Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Leopold von Preußen, als

Vertreter Sr. Majestät des Kaisers, Prinz Wilhelm

berg, der Fürst von Hohenzollern, Prinz .. von Sachsen⸗ tmee,

Weimar und der Chef des Generalstabes der Kavallerie Graf von Waldersee. 289. Juni.

Württemberg, Prinz Arnulph von Bayern, Prinz Sachsen⸗Weimar,

Zahl der Gedecke betrug 82.

aus. Als Vertreter Sr. Majestät des Kaisers

Königliche Hoheit der Prinz

des Dber⸗Bürgermeisters, indem er versicherte:

der Kaiser nehme mit Seinem hoben Verbündeten, dem König dem herrlichen

von Württemberg, ein lebhaftes Interesse an

Münsterbau.

und das württembergische Land. Um 5. Ubr traf

von Württemberg hier ein, um der heute Abend im Münster statt⸗

findenden Aufführung des Oratoriums, Elias? von Mendelsohn bei

Die philosophische Fakultät der Universität Tübingen er—

Münsters Bever zum To

nn. Der für heute beabsichtigte historische gesttus ist wegen en

zuwohnen. 0 nannte den Baumeister des

egenwetters auf morgen Nachmittag verschoben wor

erbalten die bis 1. ausgegebenen 1 830 000 M AÄntheilscheine für di Zeit bis 31. März 18965 96 500 M6, 4 0ο Interimszinsen erhalten 1 006 000 4 Antheils. scheine II. Serie vom Tage der Einzahlung bis 31. März 1890

(W. T. B) An dem beute im Rathssaale statt⸗ gehabten Galadiner nahmen Theil: Se Königliche Hoheit der Prin; Friedrich Leopold von Pceußen, Prinz und Prinzessin Wilhelm von

der Fürst von Hohenzollern, der Präsident des württembergischen Staats ·Ministeriums Freiherr von Mittnacht, der preußische Staats-Minister Dr. von Goßler, die Generalität, die württembergischen Staats · Minister und andere distinguirte Personen. Die Der Ober ⸗Bürgermeister Heim brachte den ersten Toast auf Se. Majestät den Kaiser, den König und die Königin von Württemberg und den Prinz⸗Regenten von Bavern

Friedrich Leopold auf den

Se. Königliche Hoheit toastete auf di

standen. London, 26. Juni.

besitzt, eingeweiht. Das Boot

Paris, 25. Juni. Wirkungen der

jahre. in 1888/89.

184 Millionen im Vorjahre.

gesellschaft

46 417 000 Fahrgaäͤste April 1889 Deckwagen und Thätigkeit. Auf

Vorjahres.

Bahnbof Saint Lazare, welcher besitzt, die größte Zabl auf, Reisende. gewöhnlich, indem ihrer 1947, 64 Millionen, verjeichnet wurden. auch dazu beigetragen; sie mehrerer Theater, zu verzeichnen.

gestern Um 9 Uhr

bahn von Württem. Betriebe übergeben werden.

General der

des Kapitäns Bisman vom der folgenden Weise vor si Bernbard von Frederik‘, welcher der nach Java abgereist. „Prins Frederik! in den . stand eben im Begriff, bei ein von Southampton

erwiderte Se. Toast Se. Majestät Meere zulässig ist. nicht mehr zur rechten rederiks! hatte durch den lanke ein so

e Stadt Ulm die Königin

zu sinken begann.

Toktor der sofort ans Rettungswerk gehen.

Wetterbericht vom 30. Juni, Morgens

Wetter.

E tationen. Wind.

Bar. auf 0 Gr.

u. d. Meeres sy Temperatur in oO Celsiuß

5 heiter

4 bedeckt 3 bedeckt 3 wolkig 2 Regen 1 Regen L bedeckt

1 bedeckt

6 Regen

L wolkig

2 halb bed.

2 halb bed. i)

wolkig

NW 3 beiter

WSW 4 wolkig

SSW 2 Regen

SSO 4pwolkig?)

still wolkig

Lhalb bed. 3z wolkig 2 heiter

3 wolkig )

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Neufahrwasser Memel...

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still Regen

1) Gestern Vormittags und Nachmittags Gewitter und Regen. Y) Gestern Nachm Gewitter. ) Nachts Regen ) Gestern Vormittags Regen.

Uebersicht der Witterung.

Ein tiefes barometrisches Minimum unter 740 mm

äufer nach dem nordwestlichen Frankreich ent Isendend, wo starke südwestliche bis nordwestliche Winde aufgetreten sind; ein barometrisches Maximum über 760 mm liegt über Südwest⸗Europa. Bei schwacher südlicher bis westlicher Luftbewegung ist das Wetter in Deutschland kühl und vielfach heiter. In Nordwest⸗Deutschland fanden Gewitter statt.

München meldet 54 mm Regen. Deutsche Seewarte.

Theater Anzeigen.

Derliner Theater. Dienstag: Studenten ˖ Auf führung zum wohlthätigen Zweck. Brutus und Collatinus.

Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

Donnerstag: Der Veilchenfresser.

Anfang 77 Uhr.

Mallner -⸗Thenter. Dienstag: 25 Gastspiel von Therese Biedermann vom Theater an der Wien in Wien. Zum 25. Male: Mamsell Nitouche. Vaudeville in 3 Akten und 4 Bildern von H. Meil bac und . Millaud. Musik von M. Herrxs.

Vor der Vorstellung, bei günstiger Witterung: Großes Garten Concert. Anfang des Concerts 6, der Vorstellung 75 Uhr.

Mittwoch u. folg. Tage: Gastspiel von Therese Biedermann. Mam sell Nitouche.

Victoria -Theater. Dienstaz: Zum 315. M.: Stanley in Afrika. Jeitgemälde in 19 Bildern von Alex. Moßzkoweki und Richard Nathanson. Musik von C. A. Raida. Ballet von G. Seyerini. Anfang 76 Uhr

Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

Triedrich - Milhelmstãdtisches Theater und

und durch Magen bezw. Darmkatarrh eingeiretenen Todesfalls ent

(A. C) In Lowestoft wurde gestern

das größte Rettungsboot, welches der englische Rettungsdienst auch d ; ! Verlust ist sebr empfindlich, da sich auf dem untergegangenen Dampfer

außer einer großen Waarenfracht eine Gulden in Gold befand. Diese Sendung war Seitens der nieder ländischen Regierung an Ten General Gouverneur von Bataxia be⸗

Erehanges-, weil die Mitglieder der Londoner Aktienbörse die Baukosten bestritten baben. Auf dem Promenaden Pier in South Shields wurde gestern ein Denkmal enthüllt, welches die Erfin⸗ des Rettungsboots verewigt. x 1790 das erste Rettungsboot gebaut nach einem Modell des Anstreicher ˖ gesellen William Wouldhave, der als der Erfinder des Rettungsboots zu betrachten ist. Am 30. Juni 1790 wurde zum ersten Male eine schiffbrüchige Mannschaft miitels eines „life boat? gelandet. Das Denkmal bestebt aus einer Trinkfontaine wit entsprechender Inschrift. Wenige Tage vorher starb in seinem 77. Lebensjahre Admiral John Roß Ward, der seit länger als 30 Jahren Herz und Seele des nationalen Rettungsboot -⸗Instituts gewesen.

BVoss. Ztg.). stik der Stad Paris für 1889 ist erschienen und bringt neue Aufschlüsse über die Wel tausstellung

Jahre 4 703 000 hl Wein getrunken oder 400 000 mebr als im Vor Dazu 165 000 hl ülkobol und Branntwein, gegen 147 000. An Schlachtfleisch wurden 185 Millionen Kilogramm verzehrt, gegen Dadurch ergab die städtische Ver⸗ brauchssteuer ein Mebr von 10 Mllionen, also reichlich so viel als die Stadt Ausgaben für die Weltausstellung zu bestreiten batte. Die riesigsten Ziffern bietet der Perionenverkehr, beförderte 217 335 755 Fahrgäste, . 1 mehr als im Vorjahre; die beiden Pferdebabngesellschaften zählten die Dampfer Dabei waren im Laufe des Jabres gegen 10000 Droschken, Kremser, senstige Fuhrwerke den Bahn kböfen aus, während 48 388 540 abreisten, Wie immer, so bildeten auch diesmal die Reisenden der Pariser Umgebung die Mehrheit.

(Versailles, Saint ⸗Cloud, , Saint⸗Germain u. s. w.) nämlic Bie Zahl der Bankerotte war indessen nicht geringer als

Die Weltausstellung hat übrigens hatte viele Bankerotte, darunter die Aber die meisten der mehr als 400 Geschäftsleute, welche Berriebe in der Weltausstell ung eröffneten, baben gute, viele sogar fehr glänzende Ergebnisse erzielt.

Madrid. 30. Juni. (W. TB.) Aus Gan dia werden vor⸗ 3 Cholera -Erkrankungen und 3 Todesfälle, aus Montichelvo und aus Benicol je eine Erkrankung gemeldet. Bern, 30. Juni. (W. T. B) Morgen wird die Touristen⸗ Interlaken Lauterbrunnen Grindelwald dem

Brüssel, 28. Juni. Ueber das in Nr. 155 des R. u St. A.“ bereits gemeldete Schiffsunglück im Kanal La Manche bringt die Magd. Ztg.“ folgende nähere Mittheilung: :

rins Frederik“ ist die Katastrophe in gegangen: ; niederländischen Seedampfer⸗Gesellschaft Nederland“ gehört, war am Morgen des 25. Juni von Amsterdam Am Abend des Kanal La

auslaufender der Marpessar, welcher nach Biskaya fuhr, in heftiger Weise gegen die rechte Flanke des „Prins Frederik! anprallte. Nebelwetter herrschte, so läßt sich der Zusammenstoß nur dadurch erklären, daß der ‚Marpessa! den Hafen von Portsmouth mit einer Geschwindigkeit verließ, welche nach dem Sergesetz nur in offenem Der Maschinist des englischen Dampfers konnte Zeit Gegendampf geben. Der Zusammenstoß an furchtbares Leck ; eiadrang und der Dampfer unter dem Jammergeschrei der Passagiere Glücklicherweise hafte der „Marpessa“ tro der Wucht des Zusammenstoßes keinen Schaden gelitten und konnte daber Die Mannschaften beider Schiffe thaten bei den Rettungsarbeiten mehr als ihre Pflicht. „Prins Frederik‘ in kaum fünf Minuten versank, wurden doch alleRettungs⸗ boote desselben unter Leitung des kaltblütigen Kapitäns Visman flott

ö. Die Von der nicht das

erhielt den Namen „Stock

In South⸗Shields wurde stimmt und bei

gefunden,

Die Statistik der Stadt

Es wurden im genannten

4 Stockholm. daselbst am 21. Juni Nachmittags ein starkes Erdbeben statt⸗ das sich längs der ganzen Küste von Helsingland, von Hudikswall bis Liusne erstreckte klirrten die Fensterscheiben; den Scheeren wurde das Phänomen beobachtet. der Richtung von Norden rach Süden zu gehen schien, war an den Gebirgsabhängen am Heftigsten. donnerähnlichen Getöse begleitet.

fanden den Tod in den Wellen, da sie bei der Raschbeit, mit der der „Prins Frederik“ versank, nicht mehr gerettet werden konnten. geretteten Passagier⸗ reichen Schiffsladung des

nach Ports mouth gebracht Prins Fredertk! konnte werden Der materielle

wurden Geringste geretter

Summe von einer Million

einer Amsterdamer Versicherungsgesellschaft ver⸗

sichert. Gegen den Kapitän der Marpessa' ist bei der Seebehörde von Portsmouth bereits die Klage eingereicht worden.

Wie aus Söderhamn berichtet wird, bat

Ueberall erzitterten die Häuser und selbst auf den äußersten Inseln in Der Stoß, der in

Das Erdbeben war von einem

Die Omnibus⸗ fast 50 Millionen auf der Seine 32 885 000. meßr als im Vorjahre in stiegen 48 580 283 Personen d. h fast das Doppelte des Deshalb zählte auch der der, Stadt stets den meisten Nabverkehr

etwas über 15 Millionen

mit einer Schuldenlaft von

entgegen.

Nach dem Bericht ; gesetzt. Der Dampfer Prins Audienz.

25. Juni war der Manche gelangt und Falmouth vorbeizufahren, als englischer Dampfer

Da kein

Prins rechten

seiner zt. Wasser

erhalten, daß das fort.

zurück. Obwohl der

üblichen Ceremoniell dem neuernannten jews ki durch den Kaiser und König der Kardinalshut auf⸗ Nach der Ceremonie empfing der Kaiser den Kardinal Dunajewski und den päpstlichen Nobelgardisten Mattei in Am Abend findet zu Ehren des Kardinals im Marmorsaale Hoftafel statt.

Pest, 30. Juni. (W. T. B.) Der Handels⸗Minister hat eine siebentägige Observation für Schiffe, die aus Alicante, Taragona, allen dazwischen liegenden Häfen und von den Balearen ankommen, angeordnet.

Helsingör, 30. Juni. der Kaiser ist heute Vormittag 11½ Uhr in Begleitung Sr. Majestät des Königs von Dänemark, der Königlichen Prinzen sowie der Prinzessin Waldemar und der Erbprinzessin⸗ Wittwe Elisabeth von Anhalt hier angekommen. Nach herzlichem Abschied setzte Se. Majestät die Reise nach Christiania Der König, welcher die Uniform seines preußischen Ulanenregiments trug, kehrte in Begleitung der übrigen . Herrschaften nach der Abreise des Kaisers nach Kopen

Nach Schluß der Redaktion eingegangene

De peschen. (

Ulm, 30. Juni. (W. T. B.) Heute früh 8 Uhr fand im Münster Festgottesdienst statt, welchem die Königin mit den hier anwesenden Fürstlichkeiten, die evangelische und die katholische Geistlichkeit, die bürgerlichen Kollegien, die Deputationen der Städte mit dem von diesen gestifteten Altar— kelche, die Staatsbeamten und die Generalität beiwohnten. Um jo Uhr traf der König hier ein und wurde am Bahnhof von sämmtlichen Prinzen und Fürstlichkeiten und den Vertretern empfangen Volksmenge enthusiastisch begrüßt. persönlich dem Ober⸗Bürgermeister von Heim, ! meister des Münsters, Beyer, und dem Dekan Bilfinger die diesen verliehenen Orden. König und die Königin dem historischen Festspiel von Karl Oesterlen bei, in welchem die Grundsteinlegung zum Münster am 30. Juni 1377, Kaiser Karl V. und Herzog Christoph zu Wirtemberg in Ulm am 30. Juni 1552 und General Thuengen am 14. September 1704 zur Darstellung kamen. beabsichtigt der König den Festzug mit anzusehen. erfolgt die Abreise nach Friedrichshafen. findet ein Festbankett statt.

Wien, 30. und König beehrte gestern Nachmittag den Grafen Kälnoky abermals mit einem Besuch. König im Beisein des Kultus-Ministers Freiherrn von Gautsch den Eid des Wiener Fürst⸗Erzbischofs Dr. Gruscha In der Hofburg⸗Pfarrkirche wurde unter dem

und von der zahlreich anwesenden Se. Majestät überreichte dem Bau⸗

Um 11 Uhr wohnten der

Um 3 Uhr Um 4 Uhr Um 8 Uhr Abends

Juni. (W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser

Heute nahm der Kaiser und

Kardinal Duna⸗

(W. T. B.). Se. Majestät

agen

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten

Beilage.)

Jonathan. Operette in 3 Akten von Hugo Wittmann und Julius Bauer. Musik von Garl Millöcker. In Seene gesetzt von Julius Fritziche. Dirigent: Hr. Kapellmeister Knoll. Anfang ?? Ubr

Im prachtvollen Park um 6 Uhr: Großes Doppel⸗ Concert. Auftreten sämmtlicher Instrumental und Gesangs⸗Künstler.

Mittwoch: Im Theater: Der arme Jonathan. Im Park; Drientalisches Laternenfest. Lebende Bilder. 3 Musikcorps. Militär⸗Kapelle in Uniform

Rroll's Theater. Dienstag: Letztes Gastspiel

6. Angelina Luger. Der Prophet. (Fides: Fr. Luger.) . Mittwoch: Erstes Auftreten des Hrn. Heinrich Bötel. Der Troubadour.

Täglich: Bei günstigem Wetter vor und nach der Vorstellung, Abends bei brillanter elektr. Be—⸗ leuchtung des Som mergartens: Großes Concert. Anfang 53, der Vorstellung 7 Uhr.

Belle Alliance Theater. Dienstag: 122. Male: Der Nantilus.

Im prachtvollen glänzenden Sommergarten: Großes Militär Doppel Concert. Auftreten sämmtlicher Spezialitäten. Brillante Illumination des ganzen Garten ⸗Etablissements. Anfang des Concerts 6 Uhr, der Vorstellung 74 Ubr.

mw Großes Volksfest zu halben Kassen— preisen.

Zum

Hrania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde

Am Landes ⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet vor 12 —11 Übr. Täglich Vorstellung im , Theater. Näheres die Anschlag— zettel.

Familien⸗Nachrichten.

Concert-Park. Direktion: Julius Fritzsche.

ist westlich von Schottland erschienen, einen Aus—

Dienstag: Zum 165. Male: Der arme

Verlobt: Frl. Emma Lachmann mit Hrn. Bürger⸗ meister Otto Lachmann (Justroschin —-Zduny).

Frl. Evi Zacharias mit Hrn. Ricardi Rodrigue; (Hamburg - Cornna). Frl. Anna Engemann mit Hrn. Franz Lemke (Guhrau). Frl. Anna Münchmeyer mit Orn. Superintendenten Bunne⸗ mann (Göttingen —Neustadt a. R.). Frl. Elisabeth Henze mit Hrn. . Dr. Walter Gaß (Berlin —-Bruchsal). Frl. Hertha Lippert mit Hrn. Second ⸗Lieutenant Reinhard Bunsen (Ham burg Stettin) Frl. Anna Thieme mit rn. Otto Thiede (Leipzig).

Verehelicht: Hr. Premier ⸗Lieutenant Max Weiß mit Frl. Hermine Schmidt (Alfeld). Hr. Apotheker Franz Kaernbach mit Frl. Martha Eichborn (Friedland O.⸗S. Königswartha i. S.). Hr. Hermann Sagert mit Frl. Frida Haller (Rostoch.

Geboren: Ein Sobn: Hrn. Erbpächter P. Barten (Reddelich). Hrn. Prof. Schechter (London). Hrn. Oberlehrer Dr. Lenßen (Barmen). Hrn. Otto Krüger (Uchtenbagen i P.). Eine Tochter: Hrn. Dr. P. Römer (Elberfeld). Hrn. Karl Appel (Altona). Hrn. Alfred Winkhaus (Oeckinghausen b. Karthausen, Westf.). Hrn. Heinrich Bethke (Magdeburg). Hrn. Dr. Arthur Hartmann (Berlin).

Gestorben: Hr. Oberförster a. D. Heinr. Benno Unger (Obetwiesa)⸗ Hr. Dr. med. Dei nr. Hensel (Borna). Frl. Mathilde Buck (Bad Rehburg). Fr. Ottilie Devaranne, geb. Neumann (Breslau). Hr. Rentier Georg Wilhelm Morell (Berlin). Cr. Hugo Zacharias (Berlin).

Redacteur: Dr. H. Klee. Berlin:

Verlag der Expedition (J. V.: Heidrich).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagt⸗ Anstalt, Berlin 8w., Wilhelmstraßse Nr. 32.

Acht Beilagen leinschließlich Börsen Beilage)

M IH56.

Ersfste Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗-Anzeiger.

Berlin, Montag, den 30. Juni

tee

1890.

Parlamentarische Nachrichten.

Schlußbericht der vorgestrigen (29) Sitzung des Reichs— tages. Den Antrag auf Vertagung des Reichstages begründete der Staats-Minister Dr, von Boetticher durch folgende Rede:

Ich glavbe kaum, meine Herren, daß es noch vieler Worte be— dürfen wird, um den Antrag, den der Herr Reichskanzler mit Er— mächtigung Sr. Majestät des Kaisers an dieses hohe Haus gestelt hat. zu begründen. Es ist über jeden Zweifel erhaben, Faß eine der größten Vorlagen, welche dem Reichstage zugegangen sind, die Novelle zur Gewerbeordnung, keine Aussicht hat, jetzt in continenti erledigt zu werden, und es ist andererseits nur als erwünscht zu betrachten, daß die sehr eingehenden Vorarbeiten, die für die Berathung diefer Novelle Ihre Kommission unternommen hat, nicht dadurch verloren gehen, daß die Session des Reichstages geschlossen wird. Es hat deshalb der. Herr Reichskanzler Sr. Majestaͤt den Vorschlag gemacht, den Reichstag jetzt zu vertagen. Es ist als der Vertagungstermin der 8. Juli angenommen worden mit Rücksicht darauf, daß wir der Ueber—⸗ zeugung leben können, es werde bis dahin der Reichstag die Geschäfte, auf deren Erledigung die verbündeten Regierungen Werth legen, auch wirklich erledigt haben.

Was den Termin, bis zu welchem die Vertagung vorgeschlagen ist, anlangt, so ist dieser Termin so bemessen, daß die Ausficht besteht, daß die Vorlagen, welche für die dann fortzusetzende Session des Reiche tages von den verbündeten Regierungen in Aussicht genommen sind, bis dahin so weit fertig gestellt sein werden, daß der Reichstag in die Verhandlungen eintreten kann.

Wenn ich mich gleich mit einigen Worten über den Antrag des

rn. Grafen von Ballestrem äußern darf, so kann ich es nur als in

ohem Grade erwuͤnscht bezeichnen, daß die Kommission, welche Sie eingesetzt haben zur Vorberathung der Gewerbenovelle, schon früher ihre Berathungen aufnimmt, als das Plenum dieses Hauses wieder zusammentreten wird. Es ist großer Werth darauf zu legen, daß die Novelle zur Gewerbeordnung bis zum 1. Januar nächsten Jahres verabschiedet wird, weil anderenfalls die Termine, die für die Geltung des Gesetzes in Aussicht genommen worden sind, Kinausgeschoben werden müßten. Eine folcke Erledigung bis zum Januar des nãächsten Jahres wird aber nur dann erhofft werden können, wenn die Kommission schon vor Zusammentritt des Plenums ihre Berathungen fortsetzt und dadurch die Möglichkeit giebt, daß die Kommissions berathungen bis zum Zusammentritt des Plenums beendigt werden. Ich kegrüße es deshalb mit großer Freude, daß der Graf von Ballestrem diesen Antrag gestellt hat. Ich weiß sehr wohl, meine Herren, daß darüber bei einer früheren Gelegenheit Zweifel geäußert worden find, ob eine Kom mission tagen darf, ohne daß das Plenum tagt. Allein ich habe mich damals, es war im Jahre 1882, dahin ausgesprochen, daß meine Rechtsauffassung dahin gebtz, daß diesem Tagen einer Kommifston, sofern der Reichstag uberhaupt berufen und nicht etwa geschlossen ist, kein rechtliches Be? denken entgegensteht. Ich habe mich damals auch, wie ich mich aus dem von mir soeben eingesehenen stenographischen Bericht Überzeugt habe, der Zustimmung des Hrn. Abg. Pr. Windthorst zu erfreuen gehaht. Ich sehe deshalb kein Bedenken, daß die Kommission, wie der Hr. Abg. Graf von Ballestrem vorschlägt, bereits am 4. Nobember zusammentritt, und ich möchte Sie deshalb bitten, indem ich mich Über die Nr. 3 des Antrags, der ein Internum des Haufes betrifft, nicht weiter äußere, den Antrag des Hrn. Grafen von Ballestrem anzunehmen.

Als Erwiderung auf die Ausführungen des Abg. Richter äußerte der Staatssekretär Dr. von Boetticher:

Vom Standpunkt der verbündeten Regierungen aus würde ja gar nichts dagegen zu erinnern sein, daß die Vertagung mit dem 2. November bereits ihr Ende nimmt, aber wir sind durchaus nicht in der Lage, mit Sicherheit in Aussicht stellen zu können, daß am 4. November der Reichstag bereits eine solche Fülle von Vorlagen vorfindet, daß er ausreichend beschäftigt ist, und wenn er nicht aus- reichend beschäftigt ist, so wird die Beschlußfähigkeit wahrscheinlich sehr viel zu wünschen übrig lassen und ein solcher Zustand ist höchst unerbaulich.

Meine Herren, ich trete durchaus der Auffassung des Hrn. Abg. von Bennigsen bei. Es steht eine verfassungsmäßige Vorschrift nicht im Wege, daß die Kommission, die Vertrauensmänner des Reichstages, zu einer Zeit zusammentreten, in welcher das Plenum noch nicht be— rufen ist, und weil eine solche verfassungsrechtliche Vorschrift nicht entgegensteht, glaube ich, sollten alle Betheiligten die Leichtigkeit in der Förderung unserer gesetzgeberischen Arbeiten auf diesem Gebiete auch dadurch gewähren, daß sie der Kommission vorher die Gelegen heit geben, zusammenzutreten, damit der Reichstag auch dieses wich- tige Gesetz demnächst vorbereitet findet und ohne Verzug der Ver— abschiedung entgegenführen kann.

In der darauf folgenden dritten Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Frigdenspräfenzstärke des deutschen Heeres nahm der Staatssekretär Freiherr von Maltzahn das Wort zu folgender Ausführung:

Der Herr Vorredner hat mir vorgeworfen, daß ich einige Aeuße⸗ rungen von ihm neulich falsch citirt haͤtte. Wenn mir dies begegnet wäre, so wäre es wohl erklärlich dadurch, daß mir der stenographssche Bericht über seine Rede, als ich sprach, noch nicht vorlag, und daß ich dienstlich verhindert war, bei seinen ersten Ausführungen im Plenum des Hauses anwesend zu sein. Ich habe mich auch in einer Beziehung geirrt, das gebe ich dem Herrn Abgeordneten gern zu. Er hat bei dem Vergleich zwischen Deutschland und den Nachbarstaaten nicht von Frankreich gesprochen.

Der Herr Abgeordnete meinte aber, ich hätte ihm vorgeworfen, gesagt zu haben, in Deutschland zahle man mehr Steuern als in England. Dies habe ich nicht gesagt, sondern nach dem Stenogramm habe ich gesagt: Der Hr. Abg. Rickert hat ausgeführt, daß wir pro Kopf höher belastet wären, als Frankreich und England.“ Und die Aeußerung des Hrn. Abg. Rickert, auf welche sich dies bezog, steht auf Seite 539 des stenographifchen Berichts und lautet folgender maßen: „Ich glaube, ich kann getrost die Behauptung wagen und Niemand, auch ein solcher Rechenkünstler wie der Hr. Abg. von Kar⸗ dorff nicht, wird dem entgegentreten —,, daß die deutsche Nation in ihrer großen Masse mehr absolut belastet ist als die englische in Folge der Steuern und der staatlichen Gesetzgebung.“ Ich glaube, daß ich nicht unrichtig eitirt habe. .

Dann hat der Herr Abgeordnete, wie schon neulich, darauf auf⸗ merksam gemacht, daß ich angeblich in der Kommission gesagt hätte, es würden dem Reichstage in der- nächsten „Session? Steuervorlagen i. werden, während im Bericht steht, in den nächsten

essionen und er hat sich zum Beweise dafür, daß sein Ge— dächtniß richtig sei, auf das Protokoll der Kommission bezogen. Meine Herren, die Aufzeichnungen des Protokolls Ihrer Kommission kann ich für das, was ich gesagt habe, als bindend nicht anerkennen. Ein Stenograph ist in der Kommission nicht gegenwärtig, und eine Bestimmung, welche die Vertreter der verbündeten Regierungen zur Korrektur des nachgeschriebenen Protokolls verpflichtet, kenne ich nicht. Ich bekenne mich aber vollständig zu dem, was der gedruckte Bericht Ihrer Kommission über meine Ausführungen in der Kommission sagt. Denn Ihr Herr Referent hat sich an mich gewendet mit dem Er⸗ suchen, ich möchte ihm mittheilen, was ich in der Kommission gesagt

hätte, und ich habe es ihm mitgetheilt, sowie ich es aus dem Ge— dächtniß zwei Tage nach der Sitzung, die an einem Abend stattfand, niedergeschrieben hatte. In dieser Niederschrift findet sich an der betreffenden Stelle das Wort „Sessionen‘ statt Sefsion?. Aber, meine Herren, mag ich gesagt haben „Sessionꝰ oder „Sessionen“, das ist wirklich kein sehr großer Unterschiedb. Denn was habe ich ausgeführt? Ich habe ausgeführt, daß kein Bedürfniß vorliege, gleichzeitig mit dieser Vorlage eine Steuervorlage zu machen. Ich habe gesagt: Die etwa nothwendige Vorlage über eine Verbesserung unserer Einnahme in den Steuern wird später eingebracht werden, aber nicht jetzt, darauf kam es an. Und dessen wird der Hr. Abg. Rickert sich selbst entfinnen ich habe in unmittelbarem Anschluß hieran ausgeführt, für das Jahr 1896591 und 1891/92 seien zweifellos die Mittel La. Ich habe, auch im Plenum, weiter ausgeführt, daß für die Zukunft allerdings möglicher weise die Einnahmequellen nicht ausreichen werden, um die steigenden . namentlich aus der Alters⸗ und Invalidenversorgung, zu

Drittens hat der Herr Abgeordnete ein Exempel bemängelt, welches der frühere Königlich preußische Finanz⸗Minister Pr. v; Scholz im Abgeordnetenbause vor einigen Jahren aufgemacht hat, und auf welches ich mich neulich hezogen habe, und ich war sehr gespannt, zu erfahren, worin die Kritik des Herrn Abgeordneten gegen die Richtig keit dieser Berechnung liegen würde. Ich kann nicht leugnen, daß ich überrascht und erstaunt war, als er auf die Gebäudestener kam. Ja, meine Herren, die Erhöhung der Gebäudesteuer in Preußen ist doch nicht etwa ein Novum, welches in die preußische Gesetzgebung hinein⸗ gekommen ist in den letzten Jahren, sondern ste beruhte einfach darauf, daß bei der Einführung der Grund⸗ und Gebaäudesteuer im Jahre 1860 oder 1851 ich weiß nicht genau, wann es war bestimmt wurde; von fünfzehn zu fünfzehn Jahren wird die Gebäudesteuer regu— lirt, Und daß die Gebäudesteuer jetzt mehr einbringt wer sich darüber wundert, muß gegen das Wachsthum von Berlin beispiels— weise die Augen verschließen.

Nun, meine Herren, wenn das Alles war, was der Herr Ab— geordnete Rickert gegen meine finanziellen Aeußerungen neulich hat anführen können, so kann ich mich einfach darauf berufen, was ich neulich gesagt habe, und namentlich auf das Exempel, welches ich Ihnen zur Schilderung der Erfolge unferer Reichsfinanzpolitik 'in den letzten 19 Jahren vorführte: daß im Jahre 1878/79 die Einzelstaaten an das Reich herausbezablten netto 79 Millionen, und im Jahre 1389 / 90 nach Deckung des erheblich gestiegenen eigenen Bedarfs des Reichs im Ordinarium den Einzelstaaten nach Abzug der Matrikular— beiträge noch 138 Millionen überwiesen wurden.

Abg. von Friesen: Ich muß zugeben, daß auch in meinem engeren Vaterlande Sachsen in Folge dieser Militär— vorlage eine erhebliche Aufregung die Bevblkerung ergriffen hat. Diese Aufregung ist einestheils berechtigt und erklärlich. Man fragt sich, wenn neue Forderungen für die Heeres⸗ vermehrung gestellt werden, natürlich, ob unsere Zuͤstände unsicher geworden sind, ob wir vor neuen Verwickelungen, vor unmittelbarer Kriegsgefahr stehen. berechtigter Weise gesteigert worden, einmal durch unsere Ver— handlungen, die wahrlich nicht dazu beigetragen haben, die Gemüther zu beruhigen, und dann durch die gegnerische Presse, welche auch diese Gelegenheit wieder benutzt hat, um Miß— trauen gegen die Regierung, Argwohn gegen die, welche die neuen Forderungen beantragen, und gegen die, die sie bewilligen wollen, in der maßlosesten Weise zu predigen. Wenn uns täglich von der Regierung versichert wird: es ist Friede, und es besteht alle Hoffnung, ihn zu er— halten; wenn der Vertrag mit England abgeschlossen ist, der wiederum die Friedenshoffnungen erhöht, warum dann, so fragt man sich, die neue Erhöhung unserer Streitkräfte? Nun sind wir fest überzeugt, daß nicht bloß die deutschen Regie— rungen und die deutsche Nation in ihrer großen Mehrheit, sondern alle europäischen Regierungen und Nationen in ihrer großen Mehrheit den Frieden wollen. Trotzdem sind innerhalb der Nationen, worauf schon Graf Moltke hingewiesen hat, Parteien vorhanden, welche die Völker in fortwährender Aufregung zu er— halten wissen, welche Haß, Mißtrauen Unzufriedenheit mit allen Verhältnissen säen. Die letzte Konsequenz dieses Hasses, dieses Miß⸗ trauens, dieser Unzufriedenheit ist der Krieg. So lange diese Be— strebungen in allen europäischen Staaten vorhanden sind und gepflegt werden, stehen wir vor einer fortwährenden Kriegs— gefahr; daß diese Parteien, welche alle göttliche und mensch— liche Autorität zu untergraben suchen, Erfolg haben, ist 1859 und 1879 bemerkbar geworden. Neben diesen feindlichen Mächten kommen noch andere in Betracht, von denen ich nicht entscheiden kann, ob sie auch untereinander in Verbindung stehen; es sind diejenigen, welche auf die Börse Einfluß üben. 1840 wollte Louis Philipp den Krieg, sein Minister Thiers wollte ihn, aber er brach nicht aus, und zwar, wie unser Ge— sandter aus Paris berichtete, weil Herr von Roth— schild ihn nicht wollte, der mächtiger sei als der König und die Minister. In anderen Fällen hat die Börse anders gedacht; ich erwähne nur Tonkin. Nun haben die Herren von der jenseitigen Partei, die voriges Jahr in Paris waren und dort die Gräber der Mordbrenner aus der Kommune mit Lorbeeren bekränzt haben, sich in Friedensversicherungen ergangen, die sehr schön, aber nicht recht glaubwürdig sind. Der Abg. Reichensperger hat besonderen Werth auf die Abrüstung gelegt; mir scheinen die Zeit— umstände nicht danach angethan, daß es den Regierungen allein möglich sein würde, zu einem derartigen Abkommen zu gelangen. So lange die erwähnten Parteien noch Einfluß auf die öffentliche Meinung behalten, ist kein europäischer Friedenskongreß in der Lage, Abrüstungsvorschläge zu machen, so lange auch müssen wir nothgedrungen die Opfer bringen, die von uns verlangt werden. Die gegnerische Presse hat es so dargestellt, als ob es sich hier um ganz exorbitante Forderungen han— delte. Es handelt sich in der Hauptsache um eine Vermehrung der Artillerie. Diese Forderung ist gedeckt durch das Vorgehen der anderen Staaten, dem wir zu folgen ver— bunden sind, und durch die Fortschritte der Technik, die tag⸗ täglich auf jedem Gebiete gemacht werden. Ist eine Armee der anderen hinsichtlich der Artillerie nicht gewachsen, so ist sie gezwungen, den Mangel zu decken dadurch, daß sie In⸗ fanterie ins Gefecht führt. Ich will den Ausdruck nicht an⸗ wenden, den man dafür sonst im Munde führt. Die Ver⸗ mehrung der Artillerie ist deshalb gewissermaßen eine sehr bedeutsame Maßregel humanitärer Natur, geeignet, Tausende von Menschenleben zu schonen oder zu retten. Der Abg. Richter hat behauptet, im konstitutionellen Staate dürfe man nicht

Sie ist aber auch un⸗

Ausgaben früher bewilligen, als die Deckung da sei. Wir haben es stets als verfassungs mäßig betrachtet, erst die Aus— gaben und deren Nothwendigkeit festzustellen und dann, wenn sich der Bedarf überblicken läßt, an die Beschaffung der Ein— nahmen zu gehen. Wollen wir die Forderungen für die Armee, die in Frankreich so einhellig bewilligt werden, etwa weniger opferfreudig bewilligen? Was soll es heißen, wenn fortwährend bei solchen nothwendigen Forderungen in das Ausland hinausgerufen wird: Deutschland ist ein armes Land, Deutschland kann diese Lasten nicht aufbringen! Der neue Ver⸗ trag mit England ist bekannt gemacht worden. Vielen scheint es, daß wir hätten mehr von England erlangen können. Ich weiß das nicht, ich bin nicht Diplomat. Hat aber Deutsch— land nicht in diesem Vertrage erreicht, was Manche sich davon versprochen haben, so ist der Grund dafür darin zu suchen, daß der Regierung fortwährend eine prinzipielle Spposition gegenübergetreten ist. Ich bitte, die Vorlage möglichst ein— stimmig anzunehmen. Jede Stimme, die gegen die Vorlage abgegeben wird, ist, wenn auch absichtslos, eine Schwächung der Friedenspolitik der Regierung, eine Vermehrung der Kriegs— gefahr. Der volkswirthschaftliches Aufschwung der letzten Jahr— zehnte ist bei einigen Berufsklassen nicht genügend bemerkbar geworden, bei solchen, die ihre Einnahmen nicht aus eigener Machtvollkommenheit verbessern können, bei der Landwirth— schaft, bei den Beamten und bei den Handwerkern. Hier muß die Gesetzgebung auf Besserung besonders bedacht fein, dann wird auch die Volkskraft im Allgemeinen sich heben. Das System der indirekten Reichseinnahmen muß beibehalten und ausgebaut werden. Zum Schlusse seiner Ausführungen, die bei der steigenden Unruhe des Hauses im Zusammenhange nicht mehr verständlich werden, geht der Redner auf die als Kompensationen bezeichneten Forderungen der einjährigen Militärbudgetbewilligung und der zweijährigen Dienstzeit ein, wobei er den Charakter beider Forderungen als Kompen— sationen leugnet, während er die zweijährige Dienstzeit, eine Organisationsfrage, als diskutabel erklärt; eine Kompenfation wäre sie schon deshalb nicht, weil sie eine Vermehrung der Militärlast im Frieden bedeute. Die Nothwendigkeit der Vor— lage sei unbedingt nachgewiesen, nicht ein Mann, nicht ein Pfennig weniger dürfe bewilligt werden. Ein Schlußantrag wird abgelehnt.

Abg. Liebermann von Sonnenberg: Mit Rück— sicht auf die Liebenswürdigkeit des Hauses, mir endlich noch das Wort zu gestatten, werde ich nicht alle meine Wider— sprüche gegen das, was vorgebracht ist, begründen, sondern mich kurz fassen. Zu weiteren Auseinandersetzungen wird sich noch Gelegenheit finden. Alle Reden der vereinigten Linken machten den Eindruck chinesischer Schwarzmalerei ohne Perspektive oder mit zu kurzen oder zu langen Perspektiven; solche Bilder werden verzerrt und ungenau. Daß die sozialdemokratische Partei gegen jede Vermehrung des Heeres und gegen das Heer überhaupt ist, liegt auf der Hand; denn sie fürchtet von einer starken Kaiserlichen Armee eine Hinderung der Verwirklichung ihrer weltbeglückenden Pläne und ihrer Absicht, im Namen der Freiheit zu tyrannisiren. Wie weit Ihnen das glückt, hat der 1. Mai bewiesen. Die historische Schnellmalerei des Abg. Bebel sollte auch wohl weniger auf das Haus als in die Ferne wirken, damit seine Parteigenossen sagen: was ist das für ein großer Mann, der ist Bismarck und Moltke in einer Person! Solche Auffassungen stärken dann die Autorität. Wenn Sie auch sagen, in der sozial⸗ demokratischen Partei gebe es keine Autorität, so haben Sie doch das Bedürfniß danach, denn ohne Autorität keine Dis— ziplin und ohne Disziplin keine Partei. Die Volksaufgebote, die Milizen, für welche der Abg. Bebel schwärmt, können erst wirk— sam in Kraft treten, wenn der Feind im Lande ist, und dann drücken sie allerdings dem Kriege ein sehr grausames Gepräge auf. Wir müssen aber Vertheidigungskriege auch außerhalb unserer Grenzen führen, und dazu können wir keine Milizen gebrauchen, sondern nur ein disziplinirtes Heer. Alle Reden gegen die Vermehrung der Armee von der linken Seite stellen den Militarismus übrigens ein schlechtes Wort für die Ausgestaltung unseres Heerwesens als einen Moloch dar, der das Geld der Steuerzahler verschlingt und nicht wieder herausgiebt, nothwendiger Weise zur Ver⸗ armung des Volks und zum Staatsbankerott führt. Auch vom Bundesrathstische ist ein Beispiel angeführt, das zu dem Mißverständniß führen kann, als sei die Armee ein un— produktiver Faktor, ich meine das Beispiel von den Versiche⸗ rungsprämien. Ein großer Theil des deutschen Volks wird eine höhere Auffassung von der Armee haben. Tausende wer⸗ den mit mir darin übereinstimmen, daß unsere auf dem alt⸗ germanischen Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht beruhende Armee eine Erziehungsanstalt ersten Ranges ist. Die dafür ver⸗ wendeten Geldmittel sind kein unfruchtbar angelegtes Kapital, wenn nur die Bedürfnisse für das Heer aus dem eigenen Lande gedeckt werden und die Kosten nicht dem Auslande zu— fließ en. Der größte Theil des Geldes wird im Lande verwendet, der Bauer wird sein Brot- und Futtergetreide, sein Vieh, seine Wolle los. Und welchen Nutzen bringen nicht die Gar— nisonen! Die Sozialdemokraten, die dem Staat die Aufgabe auferlegen, möglichst viel Arbeit zu verschaffen, müßten ein⸗ sehen, daß der Staat durch die Armee Arbeit schafft. Was würde denn geschehen, wenn nach dem Wunsch der Sozial⸗ demokraten Tausende und Abertausende von Soldaten weniger bei den Fahnen ständen und sich damit der Lohnkampf wesent⸗

lich verschar en würde? Ein allgemeiner Lohndruck wäre die

Folge. Man kann das Wort des Abg. Richter: „Mehr Sol⸗

daten bedeuten weniger Arbeit für produktive Erwerbs—⸗

zwecke und mehr Geld auf Kosten der Steuerzahler“ ganz

logisch in die andere Form bringen: „Mehr Soldaten bedeuten

Verminderung der Konkurrenz unter den Arbeitern und damit

Lohnsteigerung, Vermehrung der Arbeitsgelegenheit, Erwei⸗

terung des Absatzes für die Landesprodukte, die für die Armee

gebraucht werden; also erhöhte Geldzirkulation, erhöhte Ein⸗

nahmen und damit erhöhte finanzielle Leistungsfahigkeit für

weite Kreise des Volks.“ Die Armee ist kein solcher Moloch;

aber es giebt einen solchen Moloch, auf den ich noch zurück⸗

kommen werde. Wir haben eine sehr große Geldyumpe, die

große Summen ausspeichert, die nicht wieder ins Volk zurück⸗