1890 / 181 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 29 Jul 1890 18:00:01 GMT) scan diff

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Für England selbst ist der Besitz von Helgoland niemals werthvoll gewesen, und es war eine völlige Verkennung der thatsächlichen Verhältnisse, wenn früher hier und da der Besitz von Helgoland dem von Gibraltar gleichgeachtet worden ist. In deutschen Händen dagegen wird . . die Vertheidigung unserer Nordseeküsten wie unseres deutschen Meeres erleichtern, eine feindliche Blockade aber mindestens sehr erschweren. Die Insel liegt eben anders zu Deutschland wie zu England und hat für beide Staaten einen sehr ver⸗

iedenen Werth. . 9 Auch 3 der zur Zeit im Bau begriffene Nord⸗Qstsee⸗ Kanal erst durch ein deutsches Helgoland seinen vollen erth für den Kriegsfall. Entzieht sich die nähere Darlegung solcher militärischer Motive naturgemäß der öffentlichen Besprechung, ö kann hier doch bemerkt werden, daß, schon als Ende 1883

ie Wiederaufnahme der den Rlord· sisee· Kanal betreffenden Vorarbeiten begann, Seitens der Kaiserlichen Admiralität betont wurde, wie wünschenswerth der Besitz von Helgo⸗

land für die kriegerische Ausnutzung dieses Kanals sei. Es

6 nher daß die Ueberführung unserer Flotte von

Kiel nach Wilhelmshaven oder umgekehrt angesichts eines bei

Helgoland liegenden 4 nicht ohne ein voraussichtlich

unter taktisch ungünstigen Verhältnissen durchzumachendes

Gefecht möglich, und daß sie damit in Frage gestellt sein

würde, ein Einwand, der nicht enteräftet werden konnte und

dem gegenüber, da die Erwerbung Helgolands damals ausge schlossen schien, von anderer Seite die Idee, den Kanal von der Elbemündung nach Westen bis in den Jadebusen fortzuführen, in Anregung gebracht wurde, eine Xe. deren , ,. e,. überhaupt möglich, enorme Kosten ver⸗ t haben würde.

, man endlich vielleicht einwenden, wollte, daß elgsland uns trotz seiner natürlichen Stärke im Lauf eines rieges doch auch einmal genommen werden könnte, und daß

es dann besser gewesen wäre, es hätte uns nie gehört, sondern

wäre neutral geblieben, so könnte man mit ähnlichem Grunde

8 * 4 . *⸗— l4——

etwa befürworten, Diedenhofen an das neutrale Luxemburg utreten. ; ö Auch für den Einwand, daß die Insel in absehbarer Zeit in sich selbst zerfallen werde, fe die thatsächliche Unterlage. Nach geologischen Forschungen hat sich die Insel in den letzten 20 Jahren kaum merklich verkleinert. Ist die künftige Regierung von Helgoland geneigt und im Stande, den wien e, afen zu einem Zufluchtsort für , , ,. und Fischerflottillen auszubauen, wozu einiger pekuniärer Aufwand die Voraussetzung sein würde, so wird die Insel nicht nur als Badeort ihre friedliche Bedeutun behalten, sondern für Schiffahrt und Fischerei erhöhten W erlangen. Wir werden im Frieden wie im Kriege Anla

haben, uns dieses wiedererworbenen Besitzes zu freuen. Daß onung ö

t J angenden

das deutsch⸗englische Abkommen auf die S . der Len n mn jede mögliche heuhf̃ war vom Standpunkt der abtretenden, wie der emp Macht gleich natürlich.

3weite Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-⸗Ruzeiger.

M ISI.

Das 100jährige Jubiläum der Königlichen Thierärztlichen Hochschule zu Berlin.

Am 30. und 31. Juli wird das 100jährige Jubiläum der Königlichen Thierärztlichen Hochschule gefeiert. Hierzu ist von dem derzeitigen Rektor Professor Dr. Schütz eine Festschrift unter dem Titel „Die T ierärztliche Hochschule zu Berlin 1790 bis 1890“ Berlin, Aug. Hirschwald) heraus⸗ gegeben worden, welche die Geschichte der Hochschule sowie eine Schilderung der zur Anstalt gehörigen Institute und Kliniken enthält. Die „Neue Preuß. Zig.“ giebt daraus fol⸗ genden Auszug:

Die Errichtung der Berliner Königlichen Thierarznei— schule' erfolgte auf Grund einer im Jahre 1786 an den Ober⸗ Stall meister des Königs Friedrich Wihelm JJ. Grafen von Lindenau, den bewährten Erneuerer des Trakehner Hauptgestüts, auf dessen Vor⸗ stellungen erlassene Kabinets⸗Ordre über die zu vollziehende Einrichtung einer „Ecole vétérinaire“ mit der Begründung, daß der Schaden, der aus dem Mangel an tüchtigen Roß. und Viehärzten entstanden, von den allerempfindlichsten Folgen für das Land und die Kavallerie sei' Zunächst galt es die Beschaffung von Lehrkräften. Um diese zu er⸗ langen, entsandte Graf von Lindenau im Jahre 1788 den Kandidaten der Chirurgie G. F. Sick mit einem Beschlagsschmied nach Wien, den Kandidaten der Medizin J. G. Naumann, auch mit einem Beschlags schmied, nach Alfort, und den Apotheker Ratzeburg nach Leipzig, erstere zum Studium der Thierheilkunde, letztgenannten zur westeren Aus˖ bildung in, der Arznei- Fhemie und Botanik. Ferner wurde das im XW.“ gelegene Gräflich Reuß'sche Gartengelände angekauft, und dort errichtete der Geheime Kriegs- und Baurath Langhans die Ge— bäude für die Thierarzneischule: ein dreigeschossiges Lehr⸗ und Wohn⸗ haus mit Hörsaal, Apotheke und Laboratortum, sowie Wohnungen für das Lehr⸗ und Beamtenpersonal und für fünfzig Militar Eleven; außerdem zwei Ställe für vierzig Pferde, eine Beschlagschmiede, eine Reitbahn und das Macerationshaus. Die Vorbereitungen dauerten gut zwei Fahre und 1780 wurde die Königliche Thierarzneischule er. öff net. Sie zählte sieben Lehrer: die inzwischen zu Profesforen er- nannten Sick und Naumann, ferner die Professoren Krumm und Reck— leben, den Vorsteher der Apotheke und des Laboratoriums Ratzeburg und die beiden vorerwähnten Beschlagschmiede. Die Schülerzahl betrug 146: 6 Königliche Scholare', 38 Fahnenschmiede und 1 Freischäler Die „Scholaren“ erhielten freie Wohnung und 200 Thaler Gehalt; sie wurden zu Beamten und Roßärzten für die Königlichen Gestüte ausgebildet. Zur Ausbildung der Fahnenschmiede ward befohlen, daß jedes Regiment von fünf Schwadronen einen, jedes von zehn Schwa⸗

dronen zwei als Eleven auf die Schule senden mußten. Der Studien.

kursus war fast ausschließlich praktischer Natur und auf drei Jahre festgesetzt Der Platz vor der Thierarzeneischule, bisher nach einer dort, gelegenen Färberei. Schönfärber⸗Platz' genannt, erhielt seinen heutigen Namen Thierarzneischul⸗-Platz. Von den ersten Gebäuden ist unter anderen das anatemische noch vorhanden.

Das Jahr 1806 blieb mit seinen schlimmen Folgen auch auf die Anstalt nicht ohne schädigenden Einfluß, und bald machte sich das Bedürfniß nach erneuter Belebung des Instituts bei den obersten Staatsbehörden füblbar. Der damalige Chef des öffentlichen Unter— richts, W. von Humboldt, arbeitete 1810 eine Denkschrijt aus, in der die Nothwendigkeit dargelegt wurde, die wissenschaftliche Sette des Unterrichts mehr in den Vordergrund zu stellen und die Thierarznei⸗ scule mit der in jenem Jahre errichteten Friedrich -Wilhelmz— Universität in Verbindung zu bringen. Die Thierarzneischule unterstand damals dem Ober ⸗Marstallamt, dessen Chef feit 1898 als Nachfolger des Grafen von Lindenau der Ober— Stall meister von Jaggw war. Dieser zigte sich dem Abänderungs. plane nicht geneigt. Als er dann im Jahre 1817 aus seinem Amt schied, bestimmte eine Kabinets⸗Ordre vom 17. Juni desselben Jahres, daß die Thierarmeischule hinfort dem Ministerium des Innern und dem Kriegs⸗Ministerium zu deren gemeinschaftlicher Verwaltung unter⸗ stellt sein solle. Und von diesem Zeitpunkt datiren die Bestrebungen, die Anstalt zu einer thierärztlichen wochschule zu erweitern und aus— zugestalten. Die ersten Reorganisationspläne wurden vom Staatsrath Langermann und Professor Rudolphi ausgearbeitet; allmählich schritt die Entwickelung der Anstalt fort. Im Jahre 18365 nahm die Um gestaltung einen erneuten beschleunigten Anlauf, als die Verwaltung der Thierarzneischule an das Kuratorium der Kranlenhaus— Angelegenheiten überging und zwar mit der Bestimmung, daß die An⸗ stalt als wissenschaftliches Institut Thierärzte und tbierärztliche Beamte aller Klaffen theoretisch und prattisch zu bilden und dee Thierheilkunde im Staat überhaupt, sowohl in den rein wissenschaft— lichen, als in allen praktischen Beziehungen zu fördern habe. Elf Jahre darauf (1847) wurde nach Auflöfung jenes Kuratoriums = die Thierarzneischule einer besonderen, dem Ministerlum der Medizinal⸗ angelegenheiten unmittelbar unterstellten Direktion zur Verwaltung überwiesen. Im Jahre 1872 wurde das gesammte Veterinärwesen nebst der Veterinärpolizei dem Ministerium für Landwirthschaft, Do⸗= maͤnen und Forsten unterstellt und seitdem gehört auch die Anstalt in das Bereich dieses Ministeriums. z . .

Die Erhebung der Thierarzneischule zu einer Thie rärzt— lichen Hochschule, erfolgte durch Kabinets⸗Ordte! weiland Sr, Majestät des Kaisers und Königs Wilhelm J. vom 26. Jani 1887, die am 29. Juni im „Deutschen Reichs. und Königlich Preußischen Staats Anzeiger veröffentlicht, und an eben dem Tage vom Minister für Landwirthschaft Dr. Freiherrn Lucius von Ball- hausen dem Lehr- und Beamtenpersonal perfönlich zur Kenntniß ge⸗ bracht wurde. Gleichzeitig wurde Professor Muller zum ler sten) Rektor ernannt; dieser theilte am 30. Junt den Schülern und nun⸗ mehrigen Hochschülern die erfolgte Umwandlung mit. Den Statuten Entwurf für die Hochschule hatte das Lehrer⸗Kollegium vorgearbeitet; er wurde demnächst in der technischen Deputation für das Veterinärwesen berathen, endgültig festgesetzt und hierauf vom Minister genehmigt. Am 13. Juli 1889 erfolgte durch den Reichskanzler das in feinen An= forderungen gesteigerte neue Regulativ üher die Prüfung der Thier— ärzte. Die Hochschule umfaßt gegenwärtig das 1539/40 erbaute, alfo auf ein fünfzigjähriges Bestehen zurückblickende Hauptgebäude mit zwei KVörsälen, der Aula, der Bibliothek, dem Konferenzzimmer, dem Direktionsbureau und den Dienstwohnungen. Ferner (in beson. deren Gebäuden) das anatomische Institut eiter: Profeffor Müller)), das erst 13883 vollendete pathologische Institut ( Professor Dr. Schütz), das physiologische Institut (Pꝛofessor Munck), das histologische Institut (Drofeßsor Dr. Schmaltz), die Klinik für innere Krankheiten und Gewãährmangel bei großen Haus tbieren (Prof. Dieckerhoff) die Klink für kleinere Hausthiere (Prof. Dr. Fröhner), das pharmakologische Institut (derselbe), die ambulato⸗ rische Klinik (Prof. Eggeling) und das chemische Inflitut (Prof. Dr. Pinner). An der Friedrichstraße (außerhalb des Parks) liegt das gebäude für die Königliche Militär ⸗Roharitschule, welche dem Militär Veterinärwesen unterstellt ist und dem Bereiche des Kriegs · Ministeriums zugehört. Außer den genannten Leitern der Institute find an der n, , als Lehrkräfte noch 54 Professor Dr. Wittmack,

potheker Dietz, Rupprecht, Willach, Lothes, Knudsen und Arndt. Der Besuch der Anstalt war seit dem Jahre 1877 ein stetig sich stei⸗ gernder, während bis dahin die Besuchsziffer stark geschwankt hatte: 1880 betrug dieselbe 660 Civil ⸗Studirende, 100 Militär⸗Koßarzt⸗ Eleven und 16 Hospitanten, 1882: 69, 110 und 8, 18584: 112, 109

Berlin, Dienstag, den 29. Juli

und 13; 1886: 188, 121 und 17; 1888. 264, 118 und 2s, und das dier jãbrige Son mer · Semester zãbit 289 Civil - Studirende. II2 Militãr⸗ Roßarzt Eleven und 30 Vospitanten, ins gesammt 431 Hörer. = Als Beweis für die ausgedehnte Wirksamkeit der Hochschule fei mitgetheilt, daß in der Poliklinik in den letzten Jahren durchschnittlich jahrlich etwa 7800 große, 7000 kleine Thiere, im Spital etwa 3050 große und gegen 4500 kleine Thiere behandelt worden sind.

Die Direktoren der Anstalt waren Gebeimer Medizinal⸗Rath Profefsor Albers 847 = 1849), dann Geheimer. Med irinal. Rat? Professor Gurlt nebst Regierungs- Rath Effe (bis 1870, ersterer als technischer, letzterer als administratiber Leiter), hierauf Geheimer Medizinal · Rath Gerlach (bis 1877); dann Gebämer Medizinal⸗ Rath Roloff (bis 1885) und bis 1887 als kommissarischer Leiter Professor Müller, der erste Leiter der Anstalt, der bei ibrer Um gestaltung zur Hochschule der erste Rektor war; ihm folgte seit dem 2. Januar 1889 (auf drei Jahre) Professor Schütz als zweiter Rektor. Letzterer begann seine Thätigkeit an der Ttierarzneischule als Repetitor am 1. Oktober 1867: am 1. April 1870 wurde er zum Lehrer be— rufen; am 7. Mai 1873 erfolgte seine Ernennung zum FKonfulenten bei der Inspektion des Militär-Veterinärwefens und am!s. Juli 1375 die zum Mitgliede der technifchen Deputation. Am 24. Oktéber 1856 wurde er zum Professor ernannt, am 30. April 1873 erhielt er die Bestallung als Veterinär⸗Asseffor bei dem Medizinalkollegium der Proyinz Brandenburg. Seit dem 2. April 1853 verwaltet Professor Schütz auch noch das Ehrenamt eines außerordentlichen Mitgliedes des Kaiserlichen Reichs ⸗GSefundheitsamts.

Der Haupt, Jabelfeier am 31. Juli geht am Tage vorher (wie schon kurz gemeldet) die Enthüllung des Gerlach⸗Denkm als in Vorgarten des Hauptgebäudes (Luifenstraße 565) vorauf. Dieses Denkmal soll ein dauerndes Dankeszeichen der gesammten deutschen Thierärzte sein für den Mann, dem die Entwicklung des thierärztlichen Unterrichtswesens vor Anderen zuzuschreiben ist.

Statiftik und Volkswirthschaft.

nebersicht über die Steinkohlen⸗ und Braunkohlen⸗Förderung Preußens im J. Halbjahr 1890, verglichen gegen das J. Halbjahr 1889. (Nach vorläufigen Ermittelungen.)

; 1890. Ober⸗ Viertel ⸗· =* Förde Arbei.

Bergamtsbezirke. jahr. zun terzahl.

A. Steinkohlen. 1 renn, I. 5 286 533 64 943 4778 639 II 4654 364 64 546 4 035 453

Summe. J 930 397 dT TJ TS -

. . 5727 134 5559 II. 4639 128 5488

Summe. 103665 151 11447

3) Klausthal ... 1. 155 306 3357 715 7s II. 151 287 34251 132958

Summe. 304 787 3389 213657

4) Dortmund ... J. 9 0327 158 124 4465 8 5s T7335 ITI II. S 526 636 127 049 6 762 068 111987 Summe. 17 558 791 15 7iJsüiö ße Ts TT böR 5) Bonn J. 2 O54 5s i 3s TDS TV Js] II. 1961068 36133 1766650 Summe. 46015 635 75 775? Der ganze Staat. J. 16 9032 777 7738 555 7? II. 15 297 994 231 28111270. Gesammt . Summe. Bl 830 473 229 19 2s 459 530 207869 B. Braun⸗ kohlen. ; 1) Breslin 1. 135 305 ; 132 416 1342 II. 115610 215 109373 1190 Summe. 250 915 2 241789 1265 J. 3 434277 22 988 35651 160 21118 II. 3154 072 96 2765026 20 602 Summe. 5 588 349 25 826 185 20 8690 3) Klausthal ... ; 88 443 17810 747 57 255 39 260 630 125 698 87 040 689 G J. 151 295 82 147 351 1763 II. 141293 35 144 4065 1548 Summe. 302 499 8 291786 1528 JI. 3799251 26 781 7385 797 24715 II. 3 468 230 23 3 058 004 23970 Gesammt · Summe. 7 267 4616: A 6 446 801 24343

Der ganze Staat.

Zur Arbeiterbewegung.

In Neunkirchen fand, wie der „Frkf. Ztg. aus Saar— brücken vom Sonntag telegraphirt wird, eine Arbeiter versamm⸗ lung statt, welche im Laufe der Verhandlungen der polizeilichen Auf⸗ lösung verfiel.

In Frankfurt a. M. verhandelten, wie wir demselben Blatt entnehmen, die Buchdruckergehülfen in einer öffentlichen Ver— sammlung, die am Sonnabend stattfand, über die Sonntagzarbeit in den Zeitungsdruckereien. Nach längerer Debatte wurde fol⸗ gende Resolution gefaßt: Die Buchdruckerversammlung ersucht den Vauptvorstand, des Unterstützungsvereins deutfcher Buchdrucker, eine Petition an den Reichstag zu richten Zwecks Abschaffung der regelmäßigen Sonntagsarbeit im Buchdruckergewerbe, insbesondere auch in den Zeitungsdruckereien. Diese Petition soll in allen Gauen in Umlauf gesetzt und mit möglichst vielen Unterschriften versehen werden. .

Eine Behufs Besprechung der von der Kreis-Innung Dresden der Konditoren aufgestellten, mit dem 1. Juli in Kraft, getretenen neuen Werkstatts- Ordnung vom Drts verein der deutschen Konditoren in Magdeburg ein— berufene allgemeine Konditorenversammlung nahm am Sonntag folgende von der Madb. Ztg.“ mitgetheilte Resolution an: Die Versammlung erklärt die vom Innungs⸗Kreisperein Dresden eingeführte neue Werkstatt⸗ Ordnung für eine den gesammten Konditorenstand herabwürdigende und erniedrigende, bedauert, daß der Innungs ⸗Kreisverein Dresden so wenig Achtung dem Gehülfenstand gegenüber bezeugt, und spricht die zuversichtliche Erwartung aus, daß

1890.

sich kein weiterer Prinzipal finden wird, der sich mit dem Vorgehen der Dresdener Innung einverstanden erklärt. Jägleich richtet die Ver ammlung au die Dresdener Gebülfen de Aufforderung, mit allen Mitteln dahin zu wirken, daß diese Werkstatts⸗Srdnung wieder rück, gängig gemacht wird, und verspricht, den Bressner Kollegen in jeder Weise zur Erreichung dieses Zieles Unterstützung gewähren zu wollen. Eine öffentliche Buchbinder versammlung in Magdeburg entschied sich am Sonnabend in Beiug Kauf die Lohnbewegung dahin, daß im Herbste d. J. eine Lohnbewegung anzufangen sei, und wählte eine aus fünf Mitgliedern bestebende Kommission, welche mit den Meistern in Unterbandlung treten und ihnen die aufgestellten . unterbreiten soll. Es soll die Ein— führung einer zehnstündigen Arbeitszeit angestrebt und eine Entschä⸗ digung für die Ueberstunden an den Wochentagen von 25 ½ und an den Sonntagen von 30 C gezablt werden. Außerdem soll eine Ent schädigung für die in die Woche fallenden Feiertage geleistet werden. Ferner soll dahin gestrebt werden, daß ein Mindestlobn von 15 06 für die Woche gezahlt und die Akkordarbeit abgeschafft werde.

Der Deutsche Hafenarbeiter Kongreß, welcher vom . bis 3. August in Hamburg stattfinden sollte, aber von der dortigen

Polizei verboten worden ist. soll nunmehr, wie die DOstsee · Ztg. be⸗

richtet, am 8. 9. und 19. August in Kiel abgehalten werden Wie der „Frankf. Itg. aus Sach sen gefchrieben wird, beab— sichtigen die saäͤchsischen Schmiede, einen Landesverband zu begründen um der Vereinigung der Fabrikanten ein Gegengewicht zu bieten. Zu diesem Behufe foll ein Kongreß der sächsischen Schmiede stattfinden.

In Leipzig baben, der ‚Lpz. Ztg.“ zufolge, nun auch die Schuhmachergehülfen und die Korbmachergehüklfen je . für die Gewertschafts · Fartellkommiffion gewählt.

Aus London meldet W. T. B.“ daß eine Anzahl der Ar—⸗ beiter der Tilbury⸗Docks gestern die Arbeit eingestellt haben, weil sie die Bedingungen der Kontraktarbeit als fernerhin unannehmbar betrachten. Eine Ausdehnung des Strikes wird befürchtet.

IV. Internationaler Binnenschiffabrts-Kongreß.

In Manchester ist am Montag der vierte internationale Binnenschiffabrts Kongreß unter Betheiligung von Delegicten Deutsch— lands, Oesterreich⸗ Ungarns, Rußlands, Frankreichs, Italiens, der Niederlande und Belgiens ersffnet worden. Fer Prinz von Wales als Protektor des Kongresses hatte ein Glückwunsch Telegramm gesandt. Der Präsident des Kongresses, Handels⸗Minister Hicks⸗ Beach, hieß in einer Ansprache die Vertreter des Auslandes herzlich willkommen.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Stand der Reben in der Pfalz.

Wie der K. Z. aus Nierstein gemeldet wird, hat die ein— getretene gute Witterung einen sehr günstigen Einfluß auf den Wein— stock ausgeübt. Der Stand der Reben läßt in der dortigen Ge— markung nichts zu wünschen übrig. In einzelnen Gärten sind bereits seit einigen Tagen völlig reife weiße Trauben vorhanden. Der Heu— wurm hat wenig Schaden angerichtet, wenn auch einzelne Lagen davon gelitten haben. Wenn keine elementaren Ereignisse mehr eintreten, kann man einem guten Herbst entgegenfehen.

Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quarantänewesen.

Der Gesundheitsstand in Berlin blieb auch in der Woche vom 13. bis 19. Juli er. ein der Vorwoche ähnlicher, günstiger, und auch die Sterblichkeit hat nur mäßig zugenommen, von je 1000 Ein⸗ wohnern starben, aufs Jahr berechnet, 23.7. Unter den Todes ursachen kamen in Folge der hohen Temperatur der Luft, die in der ersten Wochenhälfte herrschte (das Thermometer zeigte wiederholt in diesen Tagen 30 8 C. und darüber) akute Darmkrankheiten in fehr großer Zahl zum Vorschein und führten auch in 160 Fällen (gegen 128 der Vorwoche) zum Tode; in der entsprechenden Woche des Vor⸗ jahres erlagen diesen Krankheitsformen 257 Personen. Der Antheil des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war in Folge dessen ein gesteigerter; von je 10 006 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 118 Säuglinge. Akute Entzündungen der Athmungs—⸗ organe kamen selten zum Vorschein, doch war die Zahl der diesen Krankheitsformen erlegenen Personen eine größere als in der Vor—⸗ woche. Ven den Infektions krankheiten wurden Erkrankungen an Masern und Diphtherle weniger gemeldet als in der Vorwoche. Erstere zeigten sich auf dem Wedding, in Moabit und in der Sra— nienburger Vorstadt in größerer Zahl, wahrend sie in den messten anderen Stadttheilen abnehmen. Erkrankungen an Diphtherie kamen aus keinem Stadttheile in besonders großer Zabl zur Anzeige. Er⸗ krankungen an Scharlach und an typhoͤsen Fiebern blieben beschränkt, auch an Kindbettfieber wurden nur 2 Erkrankungen gemeldet. Da— gegen waren Erkrankungen an Keuchhusten nicht selten, die jedoch meist einen milden Verlauf nahmen. Rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut blieben selten, rheumatische Beschwerden aller Art zeigten keine wesentliche Veraͤnderung in ibrem Vorkommen.

Malta.

Durch Verfügung der Lolalregierung vom 9. Juli 1890 ist die Verordnung vom 17. Juni 1890 (.Re-A=- Nr. I60 vom 4. Juli d. J.) dahin abgeãndert worden, daß Schiffe, welche innerhalb der letzten 30 Tage Spanien oder die Balearischen Inseln verlaffen haben, in den Hafen von Malta nicht eingelassen werden.

Sandel und Gewerbe.

Berlin, 26. Juli. (Wochenbericht für Stärke, Stär ke⸗ fabrikate und Hälsenfrüchte von Max Sabers ty.) Ia. Far- toffelmehl 164 173 16, La. Kartoffel stätke 163 17 gc, Ia. Kar toffelmehl und -Stärke 134 153 S, feuchte Kartoffelstãrke gelber Syruy 1814 —19 4, Cavillair- Export 297 - 216 4, Caxillair Svruy 19H - 204 M, Kartoffel zucker Capillair 201 - 20 A, do. gelber 19—19 Æ, Rum ⸗Couleur 34 35 ν½ , Bier-⸗GCouleur 34— 35 4, Dextrin, gelb und weiß, la. 2658 265 , do., sekunda 223 235 , Weizen stärke (kleinst) 36 37 46, Weizenstärke (großst. 403— 113 A, Dallesche und Schlesische 403 - 42 60, Schabe⸗Staͤrke 31 32 A, Mais⸗ Stärke 30-51 , Reisstãrke (Strahlen) 454 47 M, do. (Stücken) 43— 44 6, Victoria ⸗Erbsen 17—21 , Kocherbsen 171 21 4, Futtererbsen 154 —17 M, grüne Erbsen 17 —20 Sp, Leinsaat 2H 245 M, Linsen, große —, do. mittel —, do. kleine —, gelber Senf 13— 26 *, Kümmel 38— 42, Buchweizen 16— 20 A. Mais loco 12 —13 M, Pferdebohnen 15—17 4, inländische weiße Bohnen 16— 20 4, breite Flachbohnen 20 - 22 , ungarische Bohnen 17 18 *, galizische und ruffische Bohnen 15 —17 16, Wicken 16-17 , Hanfkörner 17-20 M, Leinkuchen 135 1454, Weizenschale 19 - 103 4, Roggentleie l= 106 *, Rapskuchen 174-135 , Mohn, weißer obo == 0 M, do; blauer 433 45 M, Hirse, weiße 20-23 A Alles per 100 kg ab Bahn bei Partien von mindestens 10 000 kg.