1890 / 207 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 28 Aug 1890 18:00:01 GMT) scan diff

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Alsdann ergriff Freiherr von Schorlemer-Alst das Wort, um unter wiederholtem lebhaften Beifall der Ver— sammlung auf die Pflichten der Katholiken hinzu⸗ weisen, welche ihnen die Kaiser lichen Erla sse auferlegen. Es sei sehr zu beklagen, daß die Arbeitgeber vielfach glaubten, nachdem die Ausstandsnoth und die Angst einigermaßen ge⸗ schwunden, die Hände in den Schooß legen zu können. Es gelte jetzt mehr denn je, die Kluft zwischen Arbeitgebern und Arbeitern zu überbrücken. Darum freue er sich der Manifestation der Versammlung an Se. Majestät; es sei sicher, daß sie Seinem Herzen wohlthun werde, und daß Diejenigen Unrecht welche * Intentionen Sr. Majestät auf diesem Gebiet noch widersprechen. ;

In der geschlossenen Versammlung des Katholiken⸗ tages am Dienstag wurde folgende Resolutton angenommen:

Mit Räcksicht arf das starke Wachsthum der Bevölkerung in Bersin, den immer fühlbarer werdenden Mangelan katholischen Kirchen und mehr noch an Geistlichen daselbst, auf das un— bestreitbare Unvermögen der Berliner Katholiken und der Diõese Breslau, aus eigenen Kräften genügend Abbülfe zu scbaffen: sordert die Generalrersammlung der Katholiken des Dentschen Reichs und nament- lich Preußens auf, dem außererdentlichen kircklichen Notbstand der zum großen Theil aus allen Gegenden Teutschlands zugezogenen Berliner tatho - liken nackbaltige Aufmerkfamkeit zuzuwenden, und ricktet ine besondere an die katholische Presse das Ersuchen, ibre Sammlungen im Inter- esse befserer Fürsorge für die Katholiken Berlins fortzusetzen bezw. solche Sammlungen zu eröffnen, emrfieblt aber gleichzeitig zur Er- leichterung eines planmäßigen Vorgehens, den Ertrag dem Bonifacius verein zur Verwendung für Berlin zugehen zu laffen.

Weiter kamen noch folgende Resolutionen zur An⸗ nahme: ö ö

1) Der unter dem Ehrenpräsidinm des bochwü:digsten Herrn Erz⸗ bischofs von Köln bestehende Afrikaverein deutfcher Katho⸗ liken fördert wesentlich die von Sr. Heiligkeit dem Papste ins Leben gerufenen und gegenwärtig über ganz Europa verbreiteten Be—⸗ strebungen zur Unterdrückung der Sklaverei und des Sklaven bandels in Afrika, insbesondere durch Uaterstützung der in jenem Erdtbeil tbätigen Missionsgesellschaften. Aus diesem Grunde und mit Rücksicht auf die namentlich in letzterer Zeit von den verschiedensten Mifsionsgenossenschaften an den Afrikaverein erhobenen bedeutenden Ansprüche wird der Beitritt zu demselben und dessen hatkräftige Unterstützung allen Katholiken Deutschlands angelegentlichst empfoblen.

2) Angesickts der hervorragenden Verdienste, welche sich unsere religißsen Orden und Kongregationen um die Verbreitung des Ebristenthums und die Begründung der wahren Kultur und CEivili⸗ sation selbst nach dem Urtheil bervorragender und kompetenter Männer andersgläubigen Bekenntnisses erworben haben und noch immer erwerben, die nachdrückliche Forderung zu wiederholen, daß end lich die kulturkämpferischen gesetzlichen Bestimmungen, welche eine Reibe dieser Ordensgenossenschaften, die sämmtlich in allen deutschen Schutzgebieten zur Missionsarbeit unbeschränkt zugelassen sind, von dem Boden des Deutschen Reichs ausschließen und diese Ordens gesellschaften hindern, hier Noviziat⸗, Missions und Studirhäuser zu errichten, in Wegfall konmen. .

In der dritten öf fentlichen Versammlung am Mittwoch sprach sich Dr. Porsch (Breslau) für die Rückberufung aller Orden, auch der Jesuiten, aus. Dr. Sieben sprach über Staatskirchenthum, besonders in Bayern, Kaufmann Racks (Mainz) über Kirche und Kultur und Dr. Freiherr von Hert— ling über Görres. Dr. Lieber (Camberg) erörterte die Lage des Papstes und verlangte die Wiederherstellung der terri⸗ torialen Souveränetät desselben.

Bayern.

München, 27. August. Das „Gesetz- und Verord⸗ nungsblatt für das Königreich Bayern“ veröffentlicht folgenden Erlaß Sr. Königlichen Hoheit des Prinz⸗Regenten:

Ber heutige Tag, welcher dem Gedächtnisse Meines un—⸗ vergeßlichen Herrn Vaters geweiht war, hat Mich tief ergriffen und freudigst bewegt. Die Huldigung, die den Manen des großen Königs dargebracht wurde, hat erneut und glänzend be⸗ kundet, daß aller Bavern Herien von der Liebe zum Herrscher bause und zum Vaterlande erfüllt sind. Wie in Mir der Ein—⸗ druck des Festes ein unauslöschlicher ist, so wird, dessen bin Ich gewiß, die Erinnerung an dasselbe in den Kreisen aller Beibeiligten fort- dauern. Des höchstseligen Königs Andenken, stets lebendig im Volke, wird immer von Neuem dean einigenden Gedanken gemeinsamer Pflege und Mehrung der ideellen Güter wach erhalten.

Ehe Ich aus Regensburg scheide, drängt es Mich, Meinem leb baftesten Dank Ausdruck zu geben. Dieser Dank gilt dem Landtage, welcher das nun in der Walhalla befindliche Standbild zu errichten beschloß; er gilt den Mitgliedern der beiden Kammern des Landtages, welche Mich bei der feierlichen Enthüllung des Standbildes so jäbl⸗ reich umgaben; er gilt den Künstlern, die hier mitwirkten; er gilt der Stadt Regensburg und der Oberpfali, wo Mir heute wieder so viele Beweife treuester Anhänglichkeit zu Theil wurden. Prachtvoöll war der Schmuck der Straßen und Häuser; ungezählt waren die Massen, die Mich begrüßt en; Vereinigungen aller Art balfen durch ibre Anwesenheit und Thätigkeit das Fest verherrlichen; mit patrio⸗ nischer Begeisterung hatte beute das ganze Land den Blick zur Wal⸗ halla gerichtet. Möge Gottes reichster Segen Bavern schuͤtzen und schirmen in alle Zeit!

Regensburg, 25. August 1890. Luitpold,

des Königreichs Bavern Verweser.“ Zu Ehren des hier anwesenden Vize⸗-Präsidenten des preußischen Staats⸗Ministeriums, Staatssekretärs des Innern von Boetticher und des gleichfalls hier anwesenden Königlich sächsischen Gesandten in Berlin und Bevollmächtigten zum Bundesrath Grafen von Hohenthal⸗ Bergen fand, der „Allg. Zig.“ zufolge, bei dem Minister— Präsidenten Freiherrn von Crailsheim ein Diner statt. Die von Pöcking über das Befinden des Hrn. Ministers a. D. Dr. Freiherrn von Lutz eingetroffenen Nach⸗ richten lauten fortwährend beunruhigend.

Sach sen.

Dresden, 28. August. Gestern sind dem „W. T. B.“ zufolge hier die Arbeiten zur Legung eines unterirdischen Kabels von Dresden über Hof nach München be— gonnen worden.

Baden.

Karlsruhe, 25. August. Die von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog nach dem Vorbeimarsch der Ver⸗ eine des Höhgauer Militärvereins⸗Verbandes in Stockach sfiehe Nr. 206 des „R- u. St⸗A.“) gehaltene Ansprache hatte nach der „Karlsr. Ztg.“ ungefähr folgenden Wortlaut:

Werthe Freunde! Es erübrigt mir, nachdem Ihr verehrter Gauvorftand Ihnen in so eingebender Weise geschildert bat, was Geschichte heißt, meinen Dank auszusprechen, daß Sie den durch den Gaurvorstand kundgegebenen Gesinnun gen so lebhaft zugestimmt haben. Ich habe die wertbe Pflicht, auch noch besonders dafür zu danken, daß Sie und die Vertretung der Stadt und des Festes, das Gott sei Dank doch noch mit Sonnenschein gesegnet worden ist, mich in Ihrer Mitte befizen wollten, Gerade der Umstand, daß Sie bei jo schlechtem Weiter den weiten Weg nicht gescheut haben, ist mir Beweis dafür, daß Sie festbalten wollen an der Gesinnung Ibrer Vereinigung. Ich empfehle Ihnen, an diesen Grundsätz en treu und fest zu halten und

ich spreche bauptsachlich zu den Aelteren von Ihnen = sie auf die nach⸗ kommende Generation zu übertragen. Ich richte mich an die Aelteren, welche den Ernst von 1870 kennen, wo die Landwehr mitgefochten bat und welche wiederum eintreten wird, wenn der Ruf an sie ergeh⸗n sollte. Ich wende mich an Sie mit der Bitte: Tragen Sie dazu bei, daß dieser Geist nicht verloren gebt, daß er neu geboren wird und daß das, was 1870 geschaffen, erhalten bleibt. Sprechen Sie bei jeder Gelegenheit mit der Jugend von der Vergangenheit, von der Erhal⸗ tung, Förderung und Stärkung des Reichs. Wie ich Sie vorhin vorbeimarschiren sah, nicht im gewöhnlichen Schritt, sondern im

arademarsch, kam mir lebbaft der Gedanke an die Wacht am

hein, worin es heißt: ‚Lieb' Vaterland, magst ruhig sein“. Ja, wenn das Vaterland solche Männer und Krieger besitzt, von solckem Geiste beseelt, wie er unter Ihnen sich kund aiebt, ja, dann kann es rubig sein. Und hierfür sage ich Ihnen meinen besonderen Dank. Ich nebme Abschied mit dem Wunsche, daß, wenn es mir nochmals vergönnt sein sollte, Ihnen ins

Auge zu schauen, wir dies mit Ehrea und Freuden thun können. Und

zur Bekräftigung, daß Sie das, was Ihnen zunächst am Herzen liegt, ich meine unser Land Baden, auch herzlich lieben, fordere ich Sie auf, mit mir in den Ruf einzustimmen und gedenken Sie auch dabei aller der Ihrigen unser Land Baden lebe hoch!“

Sach sen⸗Weimar⸗Eisenach.

Weimar, 27. August. Ihre Königlichen Hoheiten der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin haben, der „Th. C.“ zufolge, am Montag Aufenthalt in Neustadt a. O. ge— nommen. Hu Ehren des hohen Besuchs hatte die Stadt einen reichen Festschmuck angelegt.

Der Staats-Minister Frhr. von Groß ist vom Urlaub zurückgekehrt und hat die Geschäfte wieder übernommen.

Im Spätherbst wird die Landessynode des Groß— herzogthums sich zu einer längeren Tagung hier versammeln.

Oldenburg.

(L.) OlLdenburg, 27. August. Se. Königliche Hoheit der Großherzog hat gestern die Sommer⸗-Residenz Rastede verlassen und sich für kurze Zeit auf Reisen begeben. In der ersten Septemberwoche wird Höchstderselbe auf dem Jagdschloß Güldenstein eintreffen und demnächst in Eutin Aufenthalt nehmen.

Sachsen⸗Altenburg.

Altenburg, 25. August. Se. Hoheit der Herzog ist (wie schon kurz erwähnt) am 21. d. von dem Jagdschlosse in Hummelshain über Gmunden, wo Höchstderselbe einige Tage verweilen wird, in Begleitung des Hofmarschalls von der Schulenburg, des Hof-Stallmeisters von Ziegesar und des persönlichen Adjutanten von Sydow zur Abhaltung von Gemsjagden in das von Höchstdemselben erpachtete Jagdgebiet in Tirol abgereist und wird während der Jagden, die etwa bis zum 11. September ausgedehnt werden, Wohnung in dem Jagöhause Waidmannsheil bei Seefeld nehmen.

Schwarzburg⸗Rudolftadt.

Gera, 27. August. Die „Gesetz⸗ Sammlung für das Fürstenthum Reuß j. L.“ veröffentlicht eine Ministerial⸗ Bekanntmachung vom 21. August d. J, betreffend die mit dem Königreich Sachsen abgeschlossenen Staats⸗ verträge wegen des Baues einer Eisenbahn von Schön⸗ berg nach Hirschberg und wegen Abtretung des reußischen Theiles der Schönberg-Schleizer Eisen⸗ bahn an das Königreich Sachsen sowie wegen der Herstellung einer Verbindungsbahn zwischen den Bahnlinien Gößnitz Gera und Weischlitz —Wolfsgefährt.

Oefterreich⸗Ungarn.

Wien, 28. August. Für die bevorstehenden Manöver⸗ reisen Sr. Majestät des Kaisers und Königs sind, wie „W. T. B.“ nach authentischer Mittheilung meldet, die Dis⸗ positionen dahin getroffen, daß Allerhöchstderselbe am 3. Sep⸗ tember früh in Teschen eintreffen und von dort am 6. Sep⸗ tember hierher zurückkehren wird. Am Abend des 9. September begiebt sich Se. ri rh, nach Mähren, um den dort statt⸗ findenden Manövern beizuwohnen. Die Abreise nach Schlesien zu den dort stattfindenden preußischen Manövern ist auf den 17. September festgesetzt, von dort wird der Kaiser am 20. September früh wieder hier eintreffen.

Großbritannien und Irland.

London, 27. August. Die Königin hat, wie die „A. C.“ meldet, am 25. d. M. Osborne verlassen und sich in Begleitung des Prinzen und der Prinzessin Heinrich von Battenberg sowie des Herzogs und der Herzogin von Connaught nach Balmoral in den schottischen Hochlanden begeben, wo der Hof bis gegen Mitte November weilen wird.

Es lÜiegt jetzt der vom Auswärtigen Amt veröffentlichte volle Wortlaut des kolonialen Abkommens zwi— schen Großbritannien und Portugal vor, der die vor einigen Tagen publizirten Hauptumrisse der Konvention nicht wesentlich verändert, indeß in manchen Details er⸗ gänzt und einige dunkle und zweifelhafte Punkte auf⸗ klärt. So besitzt Portugal auf dem Zambesi von Zumbo nach den Katima-Stromschnellen nur Wegerechte, aber keine Territorialrechte, während England in jenem Theile des unteren Zambesi, über welche Por⸗ tugal Kontrole ausübt, ähnliche Wege- und Baurechte besitzt. Portugal ist verpflichtet, eine Eisenbahn zur Erleichterung der Verbindung zwischen britischem Gebiet und der Pun gwe⸗-Bai zu bauen sowie absolute Durch⸗ fahrtsfreiheit zu gewähren und die telegraphische Verbindung zwischen der Küste und dem Flusse Ruo aufrechtzuhalten. Portugal macht sich auch verbindlich, einer britischen Gesellschaft 10 Morgen Land für Transitverschiffungszwecke an der Mündung des Chin de, eines der Nebenflüsse des Zambefi, zu verpachten.

Ueber den Verbleib des Geschwaders welches bei den kürzlichen Flottenübungen die Rolle des Angreifers spielte oder vielmehr spielen sollte, wußte man bis gestern nicht das Geringste. Beunruhigung ruft dieser Umstand aber nicht . Man nimmt an, daß Admiral Seymour sich mit

einer Flotte nach den Azoren begeben hat und seine iffe

auf dem weiten Ocean einige taktische Uebungen machen läßt.

Frankreich. Paris, 28. August. Ihre Majestät die Kaiserin von Oesterreich, Königin von Ungarn, hat, dem, W. T. B.“ zufolge, heute früh Paris wieder verlassen und ist nach

Cherbourg gereist, um daselbst ihre Jacht zu besteigen. ö

Wie die Blätter melden, werden 2 Torpedoboote nach Toulon abgehen, um dort das englische Mittelmeer⸗ Geschwader zu begrüßen.

Die „Justice“ meldet, daß von 1900 Konskribirte S890 geinliche Lehramtskandidaten dispensird wurden. Da man weiß, daß die Kirche keine schwächlichen

Leute in die Orden aufnimmt, so wünscht das Blatt, daß

man Vergleiche darüber anstelle, ob bei anderen Civil Lehr⸗ anstalten ebenso viele dispensirt würden.

Rußland und Polen.

St. Petersburg, 28. August. Gestern fand, wie „W. T. B.“ meldet, in Zars koe⸗Selo die Beerdigung des früheren Finanz⸗Ministers von Reutern statt; der Groß⸗ fürst Wladimir, die Minister und zahlreiche andere distinguirte Persönlichkeiten, sowie Deputationen der Börsen⸗Comités und Banken wohnten der Trauerfeier bei.

Bulgarien.

Sofia, 25. August. Ein Theil der Re servisten der Jahrgänge 1882 und 1883 ist nach einer Meldung des. W. T. B.“ zu vierzehntägigen Uebungen mit dem Mannlicher⸗Gewehr einberufen worden.

Amerika.

Vereinigte Staaten. Washington, 27. August. Im Senat empfahl heute, wie „W. T. B.“ meldet, bei der Debatte über die Tarifvorlage der Senator Davis von Minnesota gegen Frankreich, England und Deutsch⸗ land wegen Nichtzulassung amerikanischen Fleisches Repressalien in Anwendung zu bringen.

Ne w⸗York, 27. August. Die Republikaner von Ohio ernannten neuerlich Mac Kinley zum republi⸗ kanischen Kandidaten für die Repräsentankenkammer. In seiner Kandidatenrede sprach Mac Kinley die Zuversicht aus, die nach ihm benannte Bill werde angenommen werden und. dem Lande eine in der Geschichte noch nicht dagewesene Prosperität bringen.

San Salvador. Heute in New⸗NYork eingetroffene Depeschen melden, General Ezeta habe nunmehr das Frie⸗ dens protokoll mit Guatemala unterzeichnet.

Argentinien. Buenos Aires, 28. August. Ein Telegramm des „Reuter'schen Bureaus“ meldet: Die „Union Civica“ wird demnächst eine Versammlung berufen, in welcher dem Verlangen Auedruck gegeben wird, daß die Minister Roca und Levalle ihre Portefeuilles niederlegen; k sieht in politischen Kreisen diesem Schritte mit Besorgniß entgegen.

Ein neuer Gesetzentwurf ist eingebracht worden, durch welchen die Pro vinzialkammern von La Plata zu einer neuen Emission von Cedulas Serie G bis zum Betrage von 10 Millionen Dollars ermächtigt werden.

Der Senat hat das allgemeine Amnestiegesetz angenommen.

Der Finanz⸗Minister erklärte einer bei ihm vorstellig gewordenen Deputation, er werde das Budget um 15 Millionen vermindern.

Mr. 34 der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundbeitsamts vom 26. August bat folgenden Inhalt; Gesund⸗ beitsstand: BVolkskrankbeiten in der Berichtswoche. Cholera in Spanien. Cholera in Klein ⸗Asien. Cholera in Mesopotamien Influenza in Japan. Sterbefälle in deutschen Städten mit 40000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrantungen in Berliner Krankenbäusern. Desgl,. in deutschen Stadt und Landbezirken. Witterung. Grundwasserstand und Bodenwärme in Berlin und München. Juli. Zeitweilige Maß⸗ regeln gegen Volkskrankheiten. Thierseuchen in der Schweij, 2. Vierteljahr. Veterinärpolizeiliche Maßregeln. Medizinal⸗ Gesetzgebung u. s. w. (Deutsches Reich.) Erlaß, betr. den Verkehr mit Schweinedãrmen. (Meclenburg Schwerin) Belehrung über Perlsucht. (Braunschweig) Nachprüfung der Hebammen. Wochen⸗ betifieber. (Lippe.) Feilbalten von Heilmitteln. Rechtsprechung.

Getreide, Mebl. Fongresse, Verhandlungen gesetzgebender Körper-

schaften, Vereine u. s. w. 16. Versammlung des Deutschen Vereins für öffentliche Gesundbeitzpflege. Internationaler land⸗ und forst⸗ wissenschaftlicher Kongreß in Wien.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Die Bestimmung einer vor dem Inkrafttreten der Deutschen Civilprozeßordnung abgeschlossenen und sodann von Jahr zu Jahr stillschweigend vrolongirten Bersicherungs police: „Die Ent⸗ scheidung von Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und dem Ver- sicherten soll durch zwei Schiedsrichter und event. einen Obmann erfolgen; gegen deren Ausspruch finden die gesetzlichen Rechtsmittel statt‘ ist, nach einem Urtbeil des Reichsgerichts, J. Civilsenats, vom 22. Februar 1890, auch gegenwärtig unter der Herrschaft der Civilprozeßordnung rechtswirksam; der Rechtsweg ist demnach für die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und dem Versicherten unzulässig.

Die vierjãbrige Verjãbrungsfrist der ver sönlich en For⸗ derung von Hypotbekzinsen⸗Rückständen (preuß. GeJ. vom 31. März 1838 5 2 3. 5) wird, nach einem Urtbeil des Reichsgerichts, V. Civil- senats, vem 235. April 1890, durch die Anstellung der hypotheta⸗ rischen Klage des persönlichen Gläubigers gegen den persönlichen Schuldner unterbrochen.

Aus lãnder, welche als Kläzer auftreten, haben nach § S5 des deutschen Gerichtstostengeseßes das Dreifache des nach 5. Sl, vom inländischen Antragsteller fuͤr jede Instanz zu zahlenden Gebühren vorschusses als Vorschuß zu jablen, und vor Zablung dieses Vor⸗ schusses ist regelmäßig die Vornahme jeder gerichtlichen Handlung abzulebnen. In Bezug auf diese Bestimmung bat das Reichegericht, J. Civilsenat, durch Urtheil vom 24. Mai 1890 auegesprochen, daß, wenn in der Berufungsinstanz der ausländische Berufungskläger die Einzablung des Vorschusses unter lassen hat, der Beklagte sich die Sistirung des Verfahrens bis auf Weiteres nicht gefallen ju laffen braucht, sondern beantragen kann, daß der Kläger mit seinem Rechtsmittel abzuweisen sei.

Etatifstik und Volkswirthschaft.

Ueber die Hauptergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember 18895 im Großberzogthum Hessen

bringt das foeben erschienene 2. Heft des 34. Bandes der Bei⸗ träge zur Statistik des Großberzogthums Hessen“ tabellarische Uebersichten. Nach denselben ergab die letzte Volks⸗ zäblung eine ortsanwesende Berölkerung von Hö6 611 Köpfen. Es wurden weiter 2027 997 Hausbaltungen und 136275 bewohnte Gebäude ermittelt.

Das Gebiet des Großherzogthums umfaßt nach dem Stand des Haupt ⸗Cenkralkatasters für das Jahr 1885/85 eine Fläche von ösi,83 qkm. Von der Gesammtfläche sind 49, 60 / o Ackerland und Grabgärten, 13,1 9/9 Wiesen, Grasgärten und Wicken, 1,4 Wein berge, 31,2 9 Wald, jusammen 95,3 F produktive Fläche.

Auf 1 akm berechnen sich im Durchschnitt 12435 Einwohner.

Seit dem Jahre 1886, in welchem sich die = des Großherzogthumg auf 936 340 Köpfe belief, also innerbalb 5 Jabre, bat fich eine Zunakme von 2.16 9 der Berölkerung von 1889 er⸗ geben. Es kommt das einer durchschnittlichen jäbrlichen Vermehrung von O. 43 o½½0 gleich, gegen 1,18 06 in der vorbergebenden Zäblungs⸗ periode 1875/80, 0, 82 in der Zäblunge periode 1871, 75 und 6. H3 o in der Periode 1867171. Die jüngste Periode mit einer durchschnittlich jährlichen Zunabme von nur O 43 9 zeigt hiernach seit 1867 die bei weitem kleinste Vermebrungeziffer. Hinsichtlich der Größe der durch⸗ schnittlicken jäbrlichen protentualen Bevölterungszunahme während der letzten Volkszählungs periode 1880865 nimmt das Großherzogthum Heffen unter den Staaten des Deutschen Reichs die sieb ebnte Stelle ein.

Die Bevölkerung setzte sich im Jahre 1885 aus 473 740 männ- lichen und 482 871 weiblichen Personen zusammen. Auf je 160 Ein⸗ wohner kommen daher 4952 männliche und 50, 48 weibliche, gegen 48.65 männlicke und 50 35 weibliche im Jabre 185309. Auf je 160 männliche Personen kamen im Jahre 1385 1019 weibliche, dagegen im Jahre 1880 1014, was im Deutschen Reich mit 1043 bejw. 1039 der Fall war.

Wie in anderen Staaten die weibliche Bevölkerung überwiegt, so tritt sie auch im Großherzogthum Hessen mit einem Uebergewicht bervor, von den Prorinzen jedoch nur in Starkenburg und Ober⸗ bessen, während sie in Rheinhessen in Folge des starken Garrison standes in Mainz und Kassel von der männlichen Berölkerung über= troffen wird. Gegen das Jahr 1880 hat sich der Ueberschuß der weiblicken Bevölkerung in der Proviag; Starkenburg und im Groß⸗ berjogthum etwas vermehrt, in der Provinz Oberhessen etwas ver⸗ mindert, während der Ueberschuß der männlichen Berölkerung in Rheinhessen etwas geringer geworden ist. Von den Kreisen weist allein Mainz (mit S063 aktiven Militärpersonen) einen Ueberschwß der männlichen Bevökerung auf. Daselbst kamen auf 1000 männliche nur 17 weibliche Personen.

Die ortsanwesende Bevölkerung des Großhberzogthums setzte sich nach den Erhebangen über die Staatsangebörigkeit in 1880 bezw. 1885 zusammen: aus 4,05 bezw. 92, 8.5 0 Angebörigen des Groß⸗ herzogtbums, aus 5,53 bejw. 6, 8 oο Angehärigen anderer deutscher Bundesstaaten, demnach aus g9, 58 bezw. 99,66 80 Reichsangehörigen und aus G42 bezw. O34 00 Reichsausländern. Es ergiebt sich aus der vorstehenden Zusammenstellung, daß die Angehörigen anderer deutscker Bundeestaaten im Jahre 1885 einen erheblich größeren Bestandtbeil der Gesammtbevölkerung des Großherzog⸗ thums Hessen bildeten als im Jabre 188090. Ihre Zahl ist um 25,9 Ho, diejenige der hessischen Staatsangebörigen nur um O, g oso gewachsen, während die Zabl der Reichsausländer um 18,9 0 ab⸗ genommen bat. Die im Großberzogthum anwesenden Angebörigen anderer deutscher Bundesstaaten sind nicht weiter unterschieden worden, dagegen die Reichsausländer. Unter diesen befanden sich 964 Oester⸗ reicher (dazu 76 Ungarn), 579 Schweizer, 450 Angebörige der Ver⸗ einigten Staaten von Amerika, 301 Briten. 180 Russen, 182 Nieder⸗ länder, 151 Italiener, 119 Franzosen; 254 Personen gehörten anderen außerdeutschen Ländern an.

Die Bevölkerung des Grorßherjogtbums setzte sich dem Familien⸗ stand nach am 1. Dezember 1885 jzusammen aus 573 994 Ledien, 319 340 Verbeiratbeten, 62 350 Verwittwiten und 227 Geschiedenen. Von je 1090 Personen waren bei den Ledigen 513 männlich und 487 weiblich, bei den Verheiratheten 498 männlich und 502 weiblich, bei den Verwittweten 316 männlich und 684 weiblich, bei den Geschiedenen 312 männlich und 688 weiblich. Aus dem Vorstebenden ergiebt sich, daß unter den Ledigen mehr märnliche Personen als weibliche vorkommen, daß dagegen die Zahl der weiblichen Verheiratheten, Verwittweten und Geschiedenen diejenige der männlichen übertrifft. Gleichwohl befinden sich unter dem männlichen Geschlecht verhältnißmäßig mehr Ehe—= männer als unter dem weiblichen Ehefrauen, weil das Uebergewicht des weiblicken Geschlechts in der Gefammtbevölkerung relatis stärker ist als in der Familienstandskategorie der Verheiratbeten. Die Zabl der Verwittweten und Geschiedenen ist bei dem weiblichen Geschlecht mehr als doppelt so groß als bei dem männlichen Gegenũber dem Stand vor fünf Jabren bat im Jahre 1885 die Zahl der Ledigen und der Ge— schiedenen beiderlei Geschlechts zugenommen. Dagegen ist die Zabl der Verheiratbeten relativ zurückgegangen. Relatid gleich geblieben ist die Zebl der Wittwer, während diejenige der Wittwen gestiegen ist. Auf dem Lande leben verbältnißmäßig weniger Ledige, aber mehr Verheirathete und Verwittwete als in den Städten, welche Verschiedenheiten in dem nicht unerheblichen Antheil, welchen die zu⸗ meist der Kategorie der Ledigen angebörigen Militärpersonen, Arbeiter, Dienstboten, Schüler ꝛc. an der städtischen Bevölkerung nehmen, be⸗ gründet erscheinen

Dem Religionsbekenntniß nach waren von der Gesammtbevölke⸗ rung am 1. Dezember 1885 57,31 / evangelisch. 29, 11 katbolisch, O. S3 o/ο sonst christlich, 2.73 9 jüdisch und O, 02 0e,½ obne oder mit unbestimmter Religionsangabe. Gegen den Stand von 1880 bat die evangelische Bevölkerung um 2,1 0 und die katbolische um 3, 4 /o zu- genommen, während die jüdische sich um 24 ο vermindert bat. Unter der männlichen Bevölkerung leben verhbältnißmäßig etwas mehr Evangelische und sonstige Christen, als unter der weiblichen, während unter letzterer etwas mehr Katholiken und Juden vorkemmen.

Die Anjabl der Mischeben betrug nach dem Stand vom 1. De⸗ zember 1835 auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung 14 750, nach dem Stand vom 5. Juni 1882 auf Grund der Ergebnisse der Berufszäblung 14101. Die Mischehen vermehrten sich also innerhalb etwa 33 Jahren um 642. In Prozenten der Gesammtzahl der Ehen beftanden im Jahre 1885 93 Mischehen, im Jabre 1882 8,7, im Jabre 1863 6.5, im Jahre 1861 6,4. Hiernach ist die Zabl der Mischehen im Zunehmen begriffen. Am zahlreichsten sind die Misch⸗ ehen in der Provinz Rheinhessen mit 16,7 0/0 der Eben im Ganzen; sodann in Starkenburg mit 8,6 o, während in Oberhessen nur 2,5 O vorkommen.

Die Zabl der Seburten vom 1. Dezember 1880 bis 30. No⸗ vember 1885 betrug 158 554, die der GSestorbenen in demselben Zeit⸗ raum 111 804, mithin Geburts⸗Ueberschuß 46 750. Da die letzte Volkszäblung eine Bevölkerungszunahme nur von 20 271 Käpjen ergab, so stellt sich ein Verlust von 26 479 Personen heraus, welcher von einem Mehrbetrag der Weggezegenen über die Zugezogenen ber⸗ rührt. In Prozenten der Bevölkerung beträgt dieser Verluft 2,83. Bei den Personen männlichen Geschlechts ist er viel beträchtlicher als bei denjenigen weiblichen Geschlechts; bei jenen berechnet er sich auf 3,33, bei diesen nur auf 2,33 0 0.

Das Volksschulwvesen im Herzogthum Sachsen⸗ Meiningen.

Eine am 26. 8. M. in Meiningen erschienene statistische Ver⸗ gleichung des Volke schulwesens im Herzogtbum von 1880 und 1890 bekundet eine stetig fortschreitende Entwickelung. In den 16 Schul aufsichts kreisen mit 310 Schulorten und 324 Schulen waren im Jahre 1880 insgesammt 493, im Jahre 1890 dagegen 590 Lehrer angestellt, also 97 mehr als vor 10 Jahren. In diesem Zeitraum bat sich die Zabl der Schulkinder von 34 390 auf I9 301, also um 4911 erboͤht. Auf je einen Lehrer kamen durch- schnittlich 1880 70, 1890 dagegen nur noch 66 Kinder. Dem Reli⸗ gionsbekenntniß nach sind 38 821 Kinder evangelisch, 226 katholisch, 30s israelitisch und 46 gebören zu keiner der drei Konfessionen. Es bestehen neben den öffentlichen Volksschulen noch 17 Privatschulen mit 27 Lehrern und 605 Schülern.

Kunst und Wissenschaft.

X In Bezug auf die Verwaltung und Aufstellung der Sammlungen der hiesigen Königlichen Museen während des Etaisjahres 1. April 1889 90 erscheinen folgende 28 von allgemeinem Interesse: .

der Gemälde⸗Galerie wurde eine Reinigung der Rafael 'schen Teppiche vorgenommen, durch welche die Wirkung dieser edlen Kunsterzeugnisse wesentlich gehoben wurde.

Während von der Publikation der Generalverwaltung über die Gemälde⸗Galerie die 4. Lieferung erschien, ist im verflossenen Etatsjahre auch mit der Herausgabe der von der Firma Hanfstängl in München nach den vorzüglichsten Bildern der Galerie angefertigten photographischen Auf⸗ nahmen der Anfang gemacht und dadurch, wie gehofft werden darf, ein nicht unwichtiger Schritt zu größerer Ver⸗ n . der Kenntniß von den Hauptwerken der Galerie geschehen.

Die Aufstellung der Sammlung der antiken Skulp⸗ turen, welche besonders unter dem allgemein fühlbaren Mangel an Raum zu leiden hat, erfuhr in dem an der West⸗ seite des Alten Museums gelegenen früher sogenannten Kaisersaal eine wesentliche Umgestaltung, welche hauptsächlich dazu bestimmt war, die in der Sammlung enthaltenen her⸗ vorragenden Werke der attischen Kunst aus der Fülle des übrigen Materials herauszuheben und zu einer ihrer Be⸗ deutung entsprechenden Wirkung zu bringen.

Da die Depoträume dieser Abtheilung bereits vollständig in Anspruch genommen sind, durch die erfolgte Umstellung aber eine weitere Magazinirung von Bildwerken unumgäng—⸗ lich nothwendig wurde, mußte das kleine griechische Kabinet als Depotraum benutzt und bis auf Weiteres für das Publikum geschlossen werden.

Die Sammlung der Bildwerke christlichen Zeit⸗ alters hat in dem sich räumlich an die Sammlung der antiken Bildwerke anschließenden Theile, welcher die italienischen Skulpturen umfaßt, der in jener stattgehabten Umstellung entsprechend, ebenfalls eine Aenderung der Auf— stellung in Verbindung mit einer anderweiten Anordnung der Scheerwände erfahren. ö

Dem Antiguarium mußte zu der im verflossenen Rechnung jahre bewirkten Aufstellung der cyprischen Alter— thümer der westliche Uebergang zum Kupferstich-Kabinet im Treppenhause des Neuen Museums überwiesen werden.

Der zu wechselnden Ausstellungen bestimmte Oberlicht— saal des Kupferstichkabinets ist zu Beginn des vorigen Etatsjahres fertiggestellt worden, sodaß die erste, die Entwicke— lung des Kupferstichs in Deutschland unter Ausschluß der Radir⸗ und Schabkunst ꝛc. zur Anschauung bringende Aus⸗ stellung am 14. Mai v. J. zur Eröffnung gelangen konnte.

Die egyptische Abtheilung eröffnete am 30. Juni v. J. die früher von der ethnologischen Abtheilung inne— gehabten, jetzt zur Aufstellung der vorderasiatischen Alter⸗ thümer benutzten Säle dem Publikum. Außer den zum alten Besitz gehörigen assyrischen und babylonischen Denkmälern enthalten dies Räume die Funde der babylonischen und der ersten nordsyrischen Expedition sowie andere zum Theil hervor— ragende neue Erwerbungen. ö

Ein Theil der Sammlung egyptischer Alterthümer mußte auch ferner dem Publikum verschlossen bleiben, da die Auf⸗ stellung und die damit Hand in Hand gehende Inventarisation und Katalogisirung wegen der außerordentlichen Fülle des Materials geraume Zeit in Anspruch nehmen. .

Im Museum für Völkerkunde fand im Laufe des Etats jahres 1890,91 die Eröffnung des 1. und 2. Saales der ostasiatischen und eines Theils der indonesischen Sammlung im 2. Stockwerk sowie des 5. Saales der prähistorischen Abtheilung statt. ; . .

Das Kunstgewerbe-Museum hat mit dem Beginn des vorigen Etatsjahres einen in gewisser Hinsicht bedeutungs⸗ vollen Abschnitt zu verzeichnen, da von jenem Zeitpunkt ab das bisher an 3 Wochentagen erhobene Eintrittsgeld in Weg— fall kam. Die Zahl der Besucher der Sammlung dieses Museums hat sich in Folge dessen wesentlich gehoben. Die Steigerung, von welcher ein Theil wohl auch den stattgehabten Sonder ⸗Ausstellungen zuzuschreiben ist, be— trug bei 105131 Besuchern gegen 74538 im Vorjahre 41 Proz. Bemerkenswerth ist, daß der gesammte Bestand der Stoffsammlungen des Museums in der Zeit vom November 1889 bis März 1899 in 8 verschiedenen Gruppen im Lichthof des KunstgewerbeMuseums zur Ausstellung gelangte und durch gleichzeitig im Museum gehaltene öffentliche Vorträge erläutert wurde.

Auch ist der Versuch gemacht worden, das Publikum sowie namentlich die näher betheiligten gewerblichen Kreise mit dem Inhalt der Bibliothek und der ODrnamentstich⸗ Sammlung des Kunstgewerbe⸗Museums durch Vorträge in dem Museum bekannt zu machen und zu fruchtbringender Benutzung dieser Abtheilung des Museums anzuregen.

Der Voss. Ztg.“ wird aus Jüterbog geschrieben; Ein Fund, der vielleicht einiges geschichtliche Jnteresse erregen dürfte, ist kier in einem Garten gemackt worden. Es ist eine 12 em hohe und 16 em breite Kupferplatte mit Silberüberzug, welche in künft⸗ lerischer Ausführung getriebene Arbeit enthält. Sie zeigt in Front⸗ stellung boch zu Roß (von links begonnen) den König Friedrich Wilhelm III., den Kaiser Nikolaus von Rußland und den Kaiser Ferdinand von Oesterreich mit Gefolge und im Hintergrunde Kavallerietruppen. Links unten sind Spuren eines Namens zu bemerken und die Buchstaben a. K. T. In der rechten Ecke ist zu lesen „Berlin 1836“.

Ein Porträt des jungen Goethe, 1776 von dem Maler Krauß für den Verleger Nicolai in Berlin gezeichnet, ist, wie die Th. C.“ berichtet, dem Goethe⸗Nationa!⸗Museum in Weimar durch testamentarische Verfügung des Frl. Jakoby, Schwester des Dr. Joh. Jakoby in Königsberg, zugegangen. Im Auftrag Nicolai's fertigte Chodowiecki nach dieser Zeichnung den Kupferstich an, welcher sich in dem 29. Barde von Nicolai's Allgem. deutschen Bibliothek aus dem Jahre 1776 befindet. Sräter besaß Zelter das Bild, dann Varnhagen, der es der Familie Jakoby schenkte.

In den unterirdischen Gewöl ben der St. Servatiuskirche in MRastricht, sind, nach der Wes. Ztg.“ die Sarkophage der Bischöfe Monulphus, gestorben in 589, und Gondulphus, Nachfolgers des Ersteren, gefunden worden. Für die Archäologie ist diese Entdeckung von großem Werth.

Land⸗ und Forftwirthschaft.

Zur Weinernte.

Aus Geisenheim wird der Elbf. Stg.“ unter dem 24 d. M. geschrieben: Der Stand unserer Weinberge befriedigt in jeder Be⸗ ziehung. Der Anhang ist ein außerordentlich reicher, sodaß wir in dieser Hinsicht einem vollen Herbste gem r e n. Da die Witterung recht gänftig ist, veredeln sich die Trauben zusebendé. In den Wein—⸗ bergen wird eben das Gipfeln“ vorgenommen. Hierbei werden die diesjährigen Triebe tbeilweise abgeschnitten; dadurch wird das Wachs thum des Stockes gestört, die Reife des Holzes aber gefördert. Die Gipfeln selbst werden getrocknet und dienen dann als Viehfutter.

Dagegen ist über den Stand der Weinberge Nierstein? wie der 35 Kur. vom 22. d. M. berichtete, nichts sehr Erfreu= siches zu melden. Die anhaltend nasse Witterung bat ein schlechtes und gelbes Ausseben des ganzen Nierfteiner Berges zur Folge gehabt. Die Weinstöcke hängen in den feineren Lagen ziemlich voll, doch sind die Taruben meist klein und nicht gedrungen. Man setzt im Allgemeinen

keine großen Hoffnungen auf den Herkst. Die Witterung muß sich noch bedeutend beffern, wenn man eine mittlere Güte ernten so

Aus Bingen schreibt man der Köln. Ztg. : Der gegenwärtige Stand der Weinberge ist bier und in den Nachbargemarkungen ein recht zufriedenftellender. Die Glutbhitze der erften Augufthälfte in Verbindung mit der reichlichen Erdfeuchtigkeit hat den Weinstock um Wochen vorwärts gebracht. Die Trauben sind der Reife zusebends näher gekommen; die weißen Trauben werden hell und durchsichtig, die dunkeln Arten nebmen ihre Farben an. Es gilt dies für Bingen sowobl wie für Rüdes beim, Tromers heim, Kempten u. s. w. Besonders bübsch stehen die Frübburgunder, welche in den genannten Gemar kungen, wie in Ingelbeim, Gau ⸗Algesheim, Frei⸗Weinheim u. . w, bereits zu reifen beginnen und auch cinen guten Ertrag versprechen. In Heidesheim z. B. werden die Frühburgunder. Weinberge schon morgen geschlossen. Für einen guten Herbst im Allgemeinen bedarf es allerdings noch auf sechs Wochen warmen Wetters.

An- und Verkauf von Futter stoffen.

Die Deutsche Landwirthschafts⸗Gesellschaft hat, nachdem die von ibr seit Jahren eingerichteten Vermittelungsstellen für Düngerankauf und Samenverkauf sich außerordentlich bewährt haben, jetzt auch die Vermittelung des An und Verkaufs von Futterstoffen in die Hand genommen. Es handelt sich dabei darum, den Ankarf preiswürdiger Handelsfuttermittel zu erleichtern, besonders auch Garantien über den Gehalt herbeizuführen und namentlich die Preislage dahin zu klären, daß der Landwirth die billigften Quellen zu erfahren in der Lage ist. Die Deutsche Landwirtbschafts Gesellschaft kommt damit den Anregungen nach, welche der Deutsche Larwirtbschaftsrath in feiner letzten Sitzung gegeben hat. Ferner soll diese sogenannte Futterstelle der Deutschen Landwirthschafts Gesell⸗ schaft den Verkauf ron Futtermitteln. welche die Land⸗ wirtbe vroduziren, in die Wege leiten. Bei dem beutigen vorge⸗ schrittenen Betriebe der Landwirtbschaft und der Möglichkeit eines reichen Etsatzes von Nährstoffen für Acker und Wiesen einerseits und bei der steten Steigerung der Pferdebaltung für stärtische und indu—⸗ strielle Verbältnisse in Deutschland ist der Verkauf von Heu und Stroh für alle diejenigen Landwirtbe eine gebotene Maßregel, deren Transportverbältnisfe einen solchen gestatten Die Deutsche Land- wirthschafts - Gesellschast will versuchen, dieses allerdings etwas schwierige Geschäft in bessere Bahnen zu leiten, sowie auch den Ver—⸗ kauf von Getreide zu organisiten. Diese Einrichtungen verdienen die Aufmeiksamkeit der deutschen Landwirthe und ist ju erwarten, daß die genannten Bestrebungen sich als nutzbar für die Landwirthschaft

erweisen mögen. J Internationaler land und forstwirthschaftlicher Kongreß.

Bei dem vom 2. bis 6. September d. J. zu Wien statt⸗ findenden internationalen land- und forstwirthschaftlichen Kongreß sind in der Subsektion Veterinärwesen der Sektion Landwirthschaft fol⸗ gende Berathungsgegenstände auf die Tagesordnung gesetzt:

1) .‚Lungenseuche. ibre Bedeutung für die Landwirihschaft, deren Verbreitung, sowie Maßregeln gegen dieselbe mit besonderer Berück⸗ sichtigung der Schutzimpfung.“

3) ‚Tuberkulose, deren Diagnostik, ibre wacksende Verbreitung und ibre Bedeutung für die Gesundbeit des Menschen.“

3) ‚Ueber Schutzimpfung gegen Rauschbrand.“

4) „Ueber Schutzimpfung gegen Milzbrand und Schweine⸗ rothlauf.

5) ‚Ursachen des seuchenartigen Verwerfens.“

Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Qunarantänewesen.

Madrid, 2. August. In der Provinz Toledo kamen, W. T. B“ zufolge, beute acht Cholerafälle vor, darunter vier mit tödtli chem Ausgange. Der Direktor der Militär ⸗Akademie in Toledo ist ebenfalls der Cholera erlegen. In den Provinzen Valencia und Alicante sind noch mebrere Cholera⸗-Erkran⸗ kungen aufgetreten.

Handel und Gewerbe.

Vom oberschlesischen Steinkoblenmarkt berichtet die Schles. Ztg.“: Die Lage des Steinkohlenmarktes ist unverändert geblieben. Bas Herannaben der Wintersaison mit den erhöhten Vreisen regt zu beschleunigter Deckung des Winterbedarfs an, so daß sämmtliche Gruben die Förderung wieder voll aufnehmen mußten und die geräumten Haldenbestãnde keine Erneuerung erfahren. Neben dem recht bedeutenden örtlichen Bedarf sind es vornehmlich die Zuckerfabriken, von denen zablreiche Aufträge eingeben, und obwohl auf den größeren Bahnftationen namhafte Kohlenbestände ju bemerken sind, werden doch urausgesetzt nach Maßgabe des Verbrauchs die Abgänge sofort ergänzt. Auch der Absatz nach Rußland ist, wenngleich noch schwach, wieder aufgenommen worden, Die Koksanstalten erbalten ibre Produktion auf der bisherigen Höhe, obwobl der Absatz der Produktion nicht ganz entspricht, zumal Koks in bedeutenden Mengen aus DOesterreich und Niederschlesien be⸗ zogen werden. Auf den Neuanlagen berrscht eine rege Bauthätigkeit, so daß sckon mit Beginn der Wintersaison einige derselben in Be⸗ trieb kommen dürften. Die Stimmung auf dem Markte ist eine zuversichtlich feste.

In der General versammlung der Aktionäre der Rathenower optischen Industrie ⸗Anstalt vormals Emil Busch vom 27. d. M. wurde der vom Vorstande vorgelegte Rechnungs ˖Abschluß für das am 31. März d. J. abgelaufene Geschäftsjahr sowie die in Vorschlag gebrachte Dividende von 699 gegen 59 im Vorjahre genehmigt und dem Gesellschaftsvorstande Entlastung ertheilt.

Ueber das neue italienische Bo denkreditinstitut wird aus Rom mitgetheilt: Von dem Aktienkapital übernahm die Banca Nazionale 15 Millionen Lire, welche sie in ersten, von ihr garantirten Hvrotheken einbringt; den Rest übernahmen, wie W. T. B.“ be⸗ richtet, die Immobilies ⸗Gesellschaft, das italienische und das deutsche Konsortium mit je 5 Millionen. Eine künftige gänzliche Verschmeljung der neuen Gesellschaft mit der Bodenkredit Abtheilung der National⸗ bank ist in Aussicht genommen.

Leipzig, 2. August. (W. T. B.) Kammjug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. vr. September 4775 , pr. Oktober 4.774 AÆ, pr. November 477 A, pr. Dejember 75. *, pr. Januar 467 *, vr. Februar 466 Æ, vr. Mär 4577 , . 4.575 AM, pr. Mai 4575 Æ. Umsatz 80 000 kg. Ruhig. ö

London, 27. August. (W. T. B.) An der Küste 4 Weizen⸗ ladung en angeboten. . ̃

Christiania, 27. August. (W. T. B.) In den Sitzungen der Delegirten verschiedener Handelsvereine Norwegens, welche hier vom 25. bis 27. d. M. unter dem Vorsitz des General⸗ Konsuls Cbr. Christophersen stattfanden, wurden verschiedene Resolu⸗ tionen angenommen, welche eine Revision der Konkurtsordnung, die Nothwendigkeit der Errichtung von See und Han dels gerichten im Lande, sreziell in Cbristiania, sowie die Errichtung eines Aus kunftsbureaus für den Export empfehlen.

Verkehrs⸗Anstalten.

London, 27. August. (W. T. 9 Der Castle · Dam yer „Roslin Castle- bat beuße auf der Heimreise Madeira passirt und der Castle⸗Dampfer Drummond Gastle“ ist beute auf der Ausreise von London abgegangen.

Theater und Mufsik.

. Deutsches Theater. In Sbakespeare's Wintermärchen, welches am Montag, 1. September, zur Auffübrung kommt, spielt Fr. Seßner 1 Fr. Sorma die Perdita, Frl. . die Paulina, Frl. Rboden die Zeit und Frl. Lenau die Mepsa. Die männlichen Dauptrollen