1890 / 210 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 01 Sep 1890 18:00:01 GMT) scan diff

hatte, auf das Wohl Sr. Majestät bes Kaise rs und Königs Franz Joseph und des gesammten Kaiserlichen Hauses. Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Erzherzog Karl Stephan antwortete mit einem Toast auf Se. Majestät den Kaiser Wilhelm und die Mitglieder des preußischen Königs hauses.

Abends fand eine gesellige Zusammenkunft im Marine⸗ Offizier Casino statt. In Sahlmanns Tivoli gaben die Unter⸗ offiziere der deutschen Marine ihren Kameraden vom österreichischen Geschwader ein Fest, an dem sich ein Ball anschloß.

Lauterberg a. Harz, 31. August. Der Neis kommissar Major von Wissmann begiebt sich, dem „W. T. B. zufolge, heute nach Brüssel und Ostende, um daselbst dem König der Belgier einen Besuch abzustatten.

Baden.

Karlsruhe, 31. August. Gestern Mittag hat Se. Majestät der König von Rumänien Schloß Mainau wieder verlassen. Se. Königliche Hoheit der Groß⸗ herzog geleitete, nach der „Karlsr. Ztg.“, den König bis Konstanz, von wo Höchstderselbe über Basel nach Umkirch zu seiner Mutter, Ihrer Königlichen Hoheit der Fürstin Josephine von Hohenzollern, reiste. Der König bleibt einige Tage in Umkirch und hegiebt sich dann mit Höchstseiner Mutter sowie den Fürstlich Hohen⸗ zollern'schen Herrschaften nach Schloß Weinburg bei Ror— schach, wo auch andere Familienglieder sich für einige Zeit ver⸗ einigen werden. Ihre Königliche Hoheit die Groß⸗— herzogin hat sich gestern Mittag nach Schloß Heiligenberg zum Besuch Ihrer Königlichen Hoheit der Kronprinzessin Victoria und der Fürstlich Fürstenbergischen Herrschaften be— geben. Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog be⸗ gleitete Höchsidieselbe dahin und Ihre Königlichen Hoheiten kehrten Abends nach Salem beziehungsweise Mainau zurück.

Sachsen⸗Meiningen.

Meiningen, 30. August. Der Staats-Minister . D., Wirkliche Geheime Rath Freiherr von Gisecke ist am 24. d. M. nach längerem Leiden in Jena gestorben.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.

Coburg, 30. August. Se. Königliche Hoheit der Herzog von Edinburg ist, wie die „Tob. Ztg.“ meldet, nach beendeter Kur in Kissingen gestern hier wieder eingetroffen.

Schwarzburg⸗Sondershausen.

Gehren, 31. August. Ihre Hoheit die Herzogin von Sachsen-Altenburg ist am 28. d. M. wieder von hier abgereist. Se. Durchlaucht der Fürst hat sich, dem „Reg. Und Nachr.-Bl.“ zufolge, heute nach Sondershausen begeben.

Lippe.

Detmold, 30. August. Dem auf den 2. Oltober ein⸗ berufenen Landtag soll, wie der „Wes. Ztg.“ geschrieben wird, ein Gesetzentwurf, betreffend die Ernennung eines Regenten für den Prinzen Alexander, vorgelegt werden. Artikel 3 des Gesetzentwurfs sagt, der Fürst sei befugt, im Voraus einen Regenten aus der Zahl der successionsberechtigten voll⸗ jührigen Agnaten des Fürstlichen Hauses für den Fall zu ernennen, daß der Thronerbe, Prinz Alexander zur Lippe,

zur Zeit des Antritts der Regierung an deren eigener Ueber⸗ nahme durch körperliche oder geistige Schwäche verhindert sein sollie.

Oesterreich⸗Ungarn.

Wien, 1. September. Se. Maiestät der Kaiser und König wohnte vorgestern, wie der, Wien. Ztg. aus Vöckla—⸗ brück gemeldet wird, den Manövern bei. Abends fand im Schlosse Wagonin Hoftafel statt. Gestern machte Se. Majestät eine Rundfahrt durch die Stadt und begab sich sodann nach dem dem Grafen St. Julien gehörigen Schlosse Wartenburg.

Wie der „P. C.“ aus Paxis gemeldet wird, ist Ihre Majestät die Kaiserin und Königin am 29. v. M. im strengsten Incognito, von blos zwei Personen begleitet, in Arcachon eingetroffen. Es heißt, Ihre Majestät gedenke in Arcachon einige Tage zu verbleiben. .

Se. Königliche Hoheit der Kronprinz von Däne— mark, welcher mehrere Tage im strengsten Incognito hier weilte, ist vorgestern nach Skalitz in Böhmen abgereist.

Der Minister des Kaiserlichen Hauses und des Aus— wärtigen Graf Kälnokhy hat sich auf seine Besitzung Lettowitz in Mähren begeben.

Bei den am 30. v. M. abgehaltenen Landtagswahlen des Kärntener Großgrundbesitzes wurden nur Mit— glieder der deutsch-liberalen Partei gewählt.

Frankreich. Paris, 1. September. Bei der gestrigen Deputirten— wahl in St. Flour erhielt, wie „W. T. B.“ meldet, Mary Raynaudlklerikal) 3719 Stimmen, Chan son (Republikaner) 2768 Stimmen und der frühere Polizeipräfekt Andrieux (Revisionist) 217? Stimmen; es ist daher Stichwahl erforderlich. . Das pro 1891 für Tonkin bestimmte Kontingent wird aus 600 Offizieren und 24000 Mann bestehen. Zwischen Frankreich und den Vereinigten Staaten sollen, wie der „Köln. Ztg.“ berichtet wird, gegenwärtig Ver— handlungen schweben, um dem Zollkrieg ein Ziel zu setzen. Frankreich ist dem Vernehmen nach gewillt, in Bezug auf die Einfuhr amerikanischen Schweinefleisches Zugeständnisse zu machen. Italien.

Rom, 1. September. Die im Lager von Montichiari vor dem König, der Königin und dem Kronprinzen stattgehabte Revue der beiden an den Manövern theilnehmen⸗ den Armee⸗Corps verlief, wie W. T. B.“ meldet, unter großem Andrang des Publikums und unter enthusiastischen Kund— gebungen für den König und die Königin auf das Glänzendste.

Der Höchstkommandirende in Afrika, General Baldissera und der Major Pedrozzoli begeben sich zu den großen Manövern nach Schlesien.

In der von dem italienischen Botschafter Grafen Menabrea der französischen Regierung überreichten Denkschrift über die Errichtung internationaler

Mandeb (siehe Nr. A0 des „R. u. St.⸗A.“ vom 20. August) macht die italienische Regierung, wie der „Hamb. Korresp.“ mittheilt, folgende Vorschläge:

Die Einrichtung von zwei getrennten internationalen Bureaus, das eine zur Regelung und Ueberwachung der Kontrolvorschriften, die als nothwendig erachtet würden, um die Verbreitung von epidemischen Krankheiten von den Orientländern aus auf den Seewegen zu ver hindern, das andere mit derselben Bestimmung für die Kommunika⸗

tion über Land. Die Kontrole zu Lande würde hauptsächlich Sache der Lokal

behörden sein; es würde genügen, wenn die europäischen Mächte einen besonderen Vertreter im Schooße der obersten Gesundheits behörden zu Konstantinopel und Alexandrien hätten und wenn sie die Organi—⸗ sation einer oberen Sanitätebebörde in Persien durchsetzen könnten, um auch an dieser Stelle die Herbeiführung von Sicerheitsan⸗ ordnungen bei dem Ausbruch von ansteckenden Krankheiten zu er—⸗ möglichen.

Was die Ueberwachungfmaßregeln zur See angeht, so würde es nach Ansicht Italiens sich darum handeln, eine gemeinsame Aktion Seitens aller an der Abwehr von pestartigen, aus dem Orient kom menden Uebel interessirten Staaten in das Leben zu rufen, wenn man den sanitären Schutzvorkehrungen eine wirklich zweckmäßige Organisa tion geben will. Zu diesem Zweck wird vorgeschlagen:

ID Die Einsetzung einer permanenten und autonomen Kom- mission. von welcher die Leitung des internationaleu Sanitätsdienstes

ausgeht. . . 2) Die Errichtung von zwei internationalen Sanitätsbureaus,

die mit der ärztlichen Ueberwachung der aus dem Indischen Ozean in das Rothe Meer kommenden und der von dort nach dem Mittelmeer gehenden Schiffe betraut sind. Das eine dieser Bureaus müßte in Bab-el⸗Mandeb, das andere in der Nachbarschaft von Suez

funktioniren. . . 3) Die Begründung einer internationalen Sanitätestation bei

iedem dieser beiden Bureaus, in welcher die Schiffe den vorgeschriebenen Quarantäne ⸗Anordnungen in angemessener Weise Folge leisten und einem Desinfektions verfahren unterzogen werden könnten.

Die internationale Sanitätskommission müßte aus Vertretern der interessirten Mächte, die technische Sachverständige sind, bestehen. Von ihr würden die Grundsätze und Regeln für die verschiedenen Zweige des internationalen Gesundheitsdienstes aufzustellen sein, auch dürfte es als eine unabweisbare Nothwendigkeit anzusehen sein, daß die technischen Sachverständigen der Kommission aus Medizinern be— . gründliche bakteriologische und epidemiologische Kennt⸗ nisse besäßen.

Für die internationalen Sanitätsstationen müßten isolirte Plätze gewählt werden, die mit dem erforderlichen Apparat auszurüsten

wären. Ganz unumgänglich erforderlich wäre ferner die Ausarbeitung

eines internationalen Reglements, das eine Gleichmäßigkeit des sanitären Dienstbetriebes an Bord der aus den Orientländern kom⸗ menden Schiffe einführt. Ein wichtiger Theil solchen Reglements würde der sein, welcher sich auf gewisse Sicherhbeitsmaßregeln in Bezug auf die Zulassung von Personen und Waaren an Bord in den Ausschiff angshäfen bezöge.

Vor Allem würde diese Kommission die Vorsichtsmaßregeln fest— zustellen haben, welche auf diejenigen Schiffe anzuwenden wären, die im Kanal von Sue; der Quarantäne unterworfen würden, da die jetzt in Kraft befindlichen Reglements ganz unzulänglich und hinder

lich seien. Um so schnell als möglich zu einem gemeinsamen Einverständniß

über die zu treffenden Anordnungen zu gelangen, würde es sich, wie die Denkschrift ausführt, empfeblen, die aus den technischen Sach— verständigen der betheiligten Staaten gebildete Kommission so schnell als möglich zusammentreten zu lassen, um die Grundlage für die zu erlassende Instruktion zu beratben und deren praktische Ausführung vorzubereiten.

Spanien.

Bilbao, 31. August. Die König in-Regentin traf, von dem Minister⸗Präͤsidenten Canvas de Castillo be— gleitet, gestern Nachmittag von San Sebastian hierselbst ein und wurde von der zahlreich zusammengeströmten Menschenmenge mit begeisterten Zurufen begrüßt. Von hier fuhr, wie „W. T. B.“ berichtet, die Königin⸗Regentin weiter nach dem englisch⸗spanischen Schiffsbauhof in Portugalete, woselbst dieselbe dem Stapellaufe des neuen Kreuzers „In fanta Maria Teresa“ beiwohnte. Abends erfolgte die Rück—

kehr nach San Sebastian.

Portugal.

Lissabon, 30. August. Der König, welcher sich auf

der Jagd einen Fieheranfall zugezogen hatte, befindet sich, dem „W. T. B.“ zufolge, jetzt besser.

Belgien.

Brüssel, 30. August. Nach dem „W. T. B.“ be⸗ stätigt sich die gestrige Nachricht aus Lissabon, wonach Portugal mit dem Congostaate über die Gebiete Lunda oder Mugta Jamvo Unterhandlungen ein⸗ geleitet hat. Die Regierung des Congostaates bereitet, wie es heißt, eine Note an die portugiesische Regierung vor, welche dazu angethan sein soll, eine schleunige Lösung des Streit punktes herbeizuführen.

Bulgarien.

Sofia, 1. September. Der Minister Stamb ulow, ein Beamter des Ministeriums des Aeußern und die hiesigen Konsuln machten heute anläßlich des Jahrestages der Thron—⸗ besteigung des Sultans dem ottomanischen Kommis⸗ sariats⸗SekretärReschid Bey Besuche. Aus demselben Anlaß brachte, wie, W. T. B. berichtet, die Zeitung, La Bulgarie“ einen längeren Artikel, in welchem der weisen, vo rausblicken den Politik des Sultans, welche neue Bande der Dankbar⸗ keit der Bulgaren für ihren Souzerän geschaffen habe, wärmste Anerkennung gezollt wird.

Die „Agence Balcanique“ sagt bezüglich einer Nachricht französischer Blätter, wonach die Prinzessin Clementine der Mutter des Majors Panitza eine Pension angeboten habe, daß in hiesigen unterrichteten Kreisen davon durchaus Nichts bekannt sei.

Amerika.

Vereinigte Staaten. New⸗Yor k, 30. August. Der Staatssekretär Blaine erklärte, wie wir der „A. C.“ ent⸗ nehmen, in einer in Waterville, Maine, gehaltenen Rede, die Vereinigten Staaten seien nicht bestrebt, ihr Gebiet zu erweitern, und wünschten nicht, Länder zu annek— tiren, es sei denn, daß deren Bevölkerung um die Wohlthat nachsuche, unter das Sternenbanner gestellt zu werden. Blaine hob auch hervor, daß das Gegenseitigkeits⸗ prinzip dem Schutzzoll keinen Eintrag thue, sondern ihn er⸗ gänze. Die Handelsbilanz der südamerikanischen Länder mit den Vereinigten Staaten stelle sich sehr zu Gunsten der ersteren. Die Tendenz der Zeit, meinte Blaine, gehe dahin, den Wirkungskreis der Freiliste zu vergrößern.

Die Feier des Sedantages. Ueber eine Vorfeier des Sedantages in ,

berichtet, W. T. B.“: An der auf dem Heidelberger Schlo am Sonntag als Vorfeier des Sedantages von der national⸗ ö Partei veranstalteten Festlichkeit Landtags ⸗Abgeordnete und die von ein Crtrazug sehr viele Theilnehmer aus Speier und Mann⸗ heim hierhergeführt. ; gabes sich die Festtheilnehmer in einem großen Zuge vom Bahn⸗ hof purch die festlich geschmückte Stadt auf das Schloß. Daselbst hielsl Hofrath Meyer von hier eine Ansprachs, welche mit 24 ; jubelnd aufgenommenen Hoch auf Se. Majestät den a ser brachte ein Hoch auf die Bundessürsten aus, Dr. Bürklin von Karlsruhe mahnte in warmer Rede zu politischer Ver⸗ trägsichkeit und brüderlicher Liebe; deutschen Vaterlande. Ferner wurden mit großer Begeisterung Hochs ausgebracht auf den Fürsten Bismarck von Osann

nahmen circa darunter mehrere badische Reichstags ⸗Abgeordneten Insbesondere hatte

Personen Theil,

Dechelhäuser und Osann.

Unter Vorantritt von drei Musikeorps be⸗

schloß. Ritzhaupt aus Heidelberg

Fabrikant

sein Hoch galt dem

Auch in Berlin feierten schon gestern die 18Jugendabthei⸗

lungen der Berliner Turnerschaft das Gedächtniß des

Tages von Sedan durch ein großes Schauturnen auf dem Turnhlatz in der Hasenhaide.

Kunft und Wissenschaft.

X Die Velasquez des Mu seums.

Die Bildersammlung des alten Museums mag hinsichtlich der Anzahl der Gemälde wie ihrer Qualität, im Ganzen ge— nommen, gegen München, Wien, Paris und London zurück⸗ stehen; sein relativer Reichthum an unzweifelhaft echten Por⸗ träts von Velasquez' Meisterhand ist jedoch unbestritten. In unserer Zeit des Realismus dürfte sich kaum ein geeigneteres Vorbild für den Künstler finden, als Velasquez, der sein bestes Können allein dem selbständigen Naturstudium dankte. Seine Lehrer, der Falschmünzer Herrera und der nur als Zeichner nennenswerthe Pachecco, trieben diese durchaus edeldenkende und hochherzige Künstlerseele aus dem Atelier an den Busen der ewig-jungen Lehrerin, der Natur. Die Bekanntschaft mit dem Günstling Philipp's IV., OlivarezR, Herzog von S. Luca, schrieb ihm später den Weg vor, der für ihn seinen Endpunkt als Hofmaler, Hausmarschall und Kammerherrn fand. Eigentlich hätte Velasquez, den Namen des Vaters führend, de Silva heißen sollen, doch läßt die spanische Sitte den Vater oft den Mutternamen hier Velasquez hinzufügen und letzteren auf den Sohn über⸗ gehen. Wenngleich Velasquez nachweislich in Verkehr mit Rubens, auch mit den Italienern Rosa und Bernini gestanden hat, so ist doch ein Einfluß derselben auf seine Kunstausübung nicht nachweisbar. Es ist viel eher anzunehmen, daß sich Velasquez durch die Meisterwerke Italiens, die er gelegentlich einer Reise im Interesse der spanischen Akademie kennen lernte, ab⸗ schrecken ließ, sernerhin als Komponist zu arbeiten; denn seit jener Reise widmete er sich nur noch ausschließlich dem Por⸗ trätfach, in welchem er noch heute unübertroffen dasteht. Sein niederländischer Konkurrent van Dyk hatte das gleiche Geburts⸗ jahr, 1399. Die nennenswerthesten Zeitgenossen auf dem Ge⸗ biete der Malerei waren in Frankreich Poussin und Claude— Lorrain, in Deutschland Elzheimer, in den Niederlanden außer den Genannten Franz Hals und Rembrandt, in Italien L. Carracci und Guido Reni.

Es ist eigenthümlich, daß sich ein Künstler in allem, was er schafft, stets in gewissem Maße selbst spiegelt. Wenn man mit diesem Gedanken unsere herrlichen Porträts im Museum betrachtet, wird man inne, welch schönes Gemüthsleben dem Künstler eigen gewesen sein muß. Nur eine geliebte Frau konnte mit so viel Seele dargestellt werden, wie ihm dies bei der seinen gelang. Fern von jeder künstlerischen Koketterie in Farbe und Technik, weiß er uns auf geradem Wege und mit den denkbar einfachsten Mitteln die überzeugend⸗lebendige Erscheinung zu geben. Die Dargestellte kann gar keine Prinzessin sein, es ist eine einfache Frau, aber sie ist von dem Maler, ihrem Gatten, geliebt. Vergleicht man dies Bild mit dem nahe befindlichen der Prinzeß von Asturien, so findet man hier in der Arbeit selbst einen Unterschied. Der durchsichtige Teint der Letzteren ist mit Sorgfalt, beinahe Aengstlichkeit behandelt, die zarten Hände, der Arbeit ungewohnt, sind wie hingehaucht. Mit allen Mitteln, die ihm zu Gebote stehen, strebt der Künstler, „die über der Masse Stehende“ zu schildern. „Die äußeren Flitter zu betonen“, Gold, Schmuck und Stoffe, dazu erniedrigt sich ein Velasquez als Künstler nicht; er weiß vielmehr alle psychologischen Mittel so anzuziehen, daß er uns dennoch eine „Prinzessin“ zu geben versteht. Ton einigen anderen Porträts, welche früher zeitenweis seinen, dann wieder andere Namen trugen, will ich nicht reden. Doch sein „Zwerg mit Hund“ muß beachtet werden. Wie unglaublich frei, bis an die Rohheit streifend, ist hier seine skizzenhafte Technik. Velasquez ver⸗ achtet den Zwerg, dessen Gesicht uns niedrige Gesinnung ver⸗ räth, und er giebt ihm als Begleiter, vielleicht als Attribut, einen Hund, mit dem er ihn fast in gleiche Höhe stellt. G. W. O.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Prei sausschreibungen.

Das Direktorium der Deutschen Landwirthschafts.Gesellschaft kat beschloffen, im Jahre 1891 eine Prüfung von Mähmaschinen mit Selbstbindern mit und ohne Garbenträger zu veranstal ten und Preise hierfür auszusetzen; ebenso hat das Direktorium beschlossen, ein Preis⸗ ausschreiben auf Erfindung eines guten Tynamometers für die Zug⸗ prüfungen der Gesellschaft zu erlassen. Ferner ist das Preisaus- schreiben für die nächstjährige Bremer landwirthschaftliche Ausstellung,

permanenter Sanitätskommissionen an der Grenze von Persien und Tunis, sowie in Suez und Bab—l—

ö . J

betreffend Dauerwaaren für Ausfuhr und Schiffe versorgung, erschienen.

Theater ud Mufit.

Königliches Opernhaus.

Die Spielleit des Königlicken Opernhauses hat am Sonntag mit der Aufführung von Wagner's Lohengrin“ wieder oe, Nach der jweimonatlichen Pause, in welcher die Kunstftätte ge⸗ schlossen, war es eine Freude, dieses Meisterwerk mit all den reichen Mitteln, über welche die Königliche Bühne in ge⸗ sanglicher wie in orchestraler Beziehung gebietet, muster⸗ baft ausgeführt zu sehen. Das Haus? war bis auf den letzten Platz besetzt und gab dem boben Genuß. der ibm bereitet wurde, durch lebhaften Beifall, der nicht sowohl den einzelnen Ge⸗ sangsleistungen, als auch der Gesammaufführung wie dem Orchester galt, Ausdruck. Als die hervorragendste Leistung des Abends in Spiel und Gesang möchten wir die Ortrud der Frau Staudig 1 und den Telramund des Hrn. Betz bezeichnen. Erstere zeigte sich in der charakteristischen Wiedergabe des ränkehollen Weibes ganz auf der Höhe der Kunst. Die Behandlung! des Tones und des Worts jeugte von einer außergrdentlichen künstlerischen Fertigkeit wie von einem tiefen Perständniß und einem sorgfältigen gewissenhaften Studium dieser Partie, welche nur den bedeutendsten Altistinnen ganz zu ge⸗ lingen pflegt. Hrn. Betz. Telramund ist eine so oft gehörte Partie, daß hierüber zu sagen nichts mehr übrig bleibt: der Kün stler ver fügte gestern über dieselbe frische, fonore und edle Stimme wie vor jwanzig und mehr Jahren. Bei Hrn. Roth mühl, der den Lohengrin sang, muß man stetẽ den Fleiß und die Gewissenhaftigkeit be wundern, mit welcher dieser Künstler die größten und schwierigsten Aufgaben zu lösen versteht. Frau Pierson (Elsch schien, Dank der Erholung, welche sie ihrer Stimme gegönnt hat, gestern etwas weniger unter dem Tremolo zu leiden, als sonst. Hr. Oberhauser der Heerrufer) erfreute abermals durch die Frische seiner Stimme, doch würden wir dem Heerrufer bei feinen Vortrãgen etwas weniger dramatische Lebendigkeit in den Hand bewegungen wünschen. Hr. Piödlinger sang den König Heinrich als neu engagirtes Mitglied. Dem Baß fehlt es etwas an Uevppigkeit V ö J ö rein . . nicht durch Detoni ren, was

ervorgehoben zu werden verdient, da die Bassisten an diesem Uebelstand leiden. J

. Deutsches Theater.

Der Eröffnungstag der neuen Spielzeit brachte die Er stauffüh— zung von Shakefpegre's Wintermärchen“ auf diefer Bühne. Seitdem Berlin drei Kunststaͤtten besitzt, auf welken das klassische Drama eifrig gepflegt wird, ist ein Weiteifer entstanden, jede nn solchen Dichterwerk immer wieder eine neue, die Zuschauer anregende Seite abzugewinnen. Da die Dichtung selbst unantastbar ift. fucht man durch äußere Mittel diese aufreizende Neubeit dem Dichterwerk aufzupfrepfen. So ist die Gewohnheit entstand en, durch kostbare seenische Einrichtungen, durch Einfügung von ftummen Scenen, in denen der Troß der Nebenpersonen sich geschäftig bin und her bewegt, dem Publikum auch im alten klassischen Drama etwas roch nicht Gesehenes darzubieten. Besonders Sbakespeare hat sich diese übermäßig prachtvolle Cinkleidung gefallen laffen müssen, da in seine Dramen stets große Volke oder Dienermengen hineinspielen, welche Gelegenheit zu bewegten großen Scenen geben. Die fes Be⸗ streben, in den Aeußerlichkeiten ein möglichst treues Abbild des wirk- lichen Lebens zu geben, verleitet leicht zu Uebertreibungen, welche an sogenannte Ausstattungsstücke erinnern und das Inkercsse Aan der Dandlung jzerstreuen, anstatt es zu fördern; denn diese will⸗ kärlichen Ausschmückungen bleiben wirkungslos für Harz und Smith; die Zuschauer sollen nicht ein photographifches Bild der Vorgänge des menschlichen Lebens, sondern ein Kunstwerk, Tosgelöst on überflüssigem Beiwerk, in edler Harmonie erstehen fehen. Shakespegre s Trauerspiele, besonders aber. weil das Eingreifen der äußeren Mittel hierngch am meisen erlaubt erscheint, seine Pbantasie · viele sind in letzter Zeit solchen scenischen Bestrebungen zu Grunde ,

Unter, diesem Zeichen stand auch die gestrige Aufführung des Winter mãrcheng· im Deutschen Theater, welches bis dahin, wenn auch auf eine reiche, doch auch auf eine die Äbfichten des Dichters nicht zurückrdrängende Ausstattung gesehen hatte. Das Gehen . Kommen der Höflinge und Diener beim Aufgehen es Vorhanges gestattete zwar, die Aufmerksamkeit un⸗ etheilt auf die bunt prangende Palasthalle des Königs Teontes, auf die farbigen Sammet. und. Seidentostüme der Hof⸗ schranzen zu richten, aber es erweckte auch Ungeduld nach den Worten des Dichters, welcher erst nach einiger Zeit, als Camillo und Archi damus sich langsam in die Menge mischen, zu den Zuschauern spricht. Am meisten hatte der vierte Akt sein Aussehen verändert. Vor dem Erscheinen und nach dem Verschwinden der Zett“ Verden lange Wandeldekorationen vorgeführt. mit phanta stfschen bunten Bildern, bewegten Schiffen und dergleichen mehr, obne daß man darin einen Zusammenhang mit der Handlung zu entdecken vermag. Sobald sich Polyrenes' Palast in Böhmen entrolllt hat, bleibt die Deloration stehen, um sich nach einiger Zeit wieder in Bewegung zu setzen, damit die Blicke nach des alten Schäfers Hütte wandern können; weniger! wäre hier entschieden mehr gewesen. Die Bemühungen der Direktion, welche in diefem mübfellgen und köst— spieligen scenischen Arparat zum Ausdruck gelangen, verdienen sicherlich . Anerkennung, wenn man ihnen auch nicht Beifall ; Für die Darstellung waren die besten Kräfte des Theaters auf— geboten. Ir. Geßner gab die Hermione in den meisten Scenen mit königlicher und leidenschaftlicher Empfindung; beim ersten Auf⸗ treten mit ihrem Gastfreund Polyxenes hätte etwas mehr frauen hafte Zurückhaltung vornehmer und harmonischer gewirkt; dagegen entfaltete sie in dem heiteren Spiel mit ihtem Sohne, in der Vertheidigungs— 3 vor dem öffentlichen Gericht den vollen Jauber edler Weiblichkeit. Sehr glücklich war die letzte Scene entworfen und durchgeführt, in welcher die Statue Leben gewinnt; gerade die Einfachheit der Halle mit dem glatten rothen Hintergrunde, von welcher sich Hermione's weiße Gestalt wirk⸗ lich wle eine Bildsaule abkob und dann langsam Leben gewann, wirkte sympathisch. Als Perdita bewegte sich Fi. Sorma anmuthig und schüchtern, doch kam die keusche Naivetaͤt der jungen Schäferin nicht genügend zur Geltung. Eine treffliche Leistung bot FrlFrauen⸗ dorfer als Paulina; sie greift energisch zu und charakterisirt in scharfen Zügen; ihr erster Schritt auf dem Gebiet des klassischen Dramas war von glücklichem Erfolg begleitet. Die schwierige Rolle des Leontes war Hrn. Somm erst o rff ugefallen. Die noch halb unterdrückte rasende Eifersucht des Königs trat in Miene und Geberden bedeutsam hervor, ebenso vermochte der Darsteller die schmerzliche Verzweiflung beim Anblidl der geliebten Königin und den sinnlosen Rachedurst in schnellem Wechsel über engend wiederzugeben; die Zerschmetterung seiner rasenden Leidenschaft versuchte er jedoch, mehr als nothwendig war, durch äußere Merkmale hervortreten zu lassen; das Niederkauern auf die Erde, als ihn die Nachrichten vom Tode des Kindes und der Gattin, wie Keulenschläge des Schicksals treffen, der angsterfüllte Blick und das ganze Wesen erschtenen bier etwas zu drastisch und wild. Im letzten Aufjug trat dann der König, trotz seines fast puritanischen Aeußeren, sowohl in feiner ũberquell enden Trauer wie in seinem freudigen Entzücken, edel und vornehm wieder in seine Rechte. Alle anderen Rollen batten eine erfreuliche Besetzung, sodaß ein gutes Zusammenspiel zu Stande kam. Her vor⸗ zubeben ist nur noch Hr. Engels als der Spitzbube Autol ycus; die Wirkung, die er erzielte, gab sich in der heiteren Stimmung der Zuschauer kund; am besten gelang ihm die mit vielem Humor durch⸗ bg Grandezza des Hosmannez den beiden Schäfern gegenüber. Ftl, Len au gab eine Föstlich dumme Mopsa, doch wäre ihr

6 ohne das angenommene Lispeln hinreichend eindruckss voll Das Publikum nahm die Vorstellung sehr freundlich auf und gab dieser Stimmung durch kräftigen Beifall Ausdruck. . ; Berliner Theater. R Die gestrige erste Aufführung nach den Ferien brachte die äuber' in zumeist neuer Besetzung. Da die Regie und seenische

ändert geblieben und, wie erfahrungsgemäß bei allen and . rn 865 . 2 pill lich fser Sorgfalt der rn eschm zeugen, liegt es uns nu ini ü

6. . ö ö lieg r ob, einige Worte über

Die en Hauptrollen, Karl und Franz von Moor, la i den tüchtigen Händen der Hrrn. Klein vom Herzoglich n, Hof · Theater und W. Arendt vom Hofburg-Tbeater in Wien. Or. Klein ist ein temperamentvoller Schauspieler, welcher jeder Scene zu ihrem Recht verhalf, ohne ihr aber ein eigenartiges bedeutendes Gepräge verleiben zu können. In dieser Beziehung endigt feine Wirkungskraft mit den nicht weiten Grenzen scined Srgang. Hr. Klein charakterisirt sehr interessant im Kleinen, aber es gelingt ihm nur in einzelnen Momenten, den bohen Schwung und überlegenen Beist voll zur Geltung zu bringen, der den Karl nicht nur zum Derrn seiner ande macht, sondern der es unternimmt. Schickfal spielen oder besser daz Schicksal meistern zu wollen. Nichtz desto— weniger kann die Leistung als einheitlich künstlerische bezeichnet werden; in dem Rahmen des Zusammenspiels trat Karl zwar als bedeutendste Person der Handlung, aber nie⸗ mals aufdringlich hervor Hr. Arendt gab den Franz mit weiser Mäßigung; er ließ fast mehr den auf Abwege geratbenen Grübler, als den Bösewicht in Wesen und Maske pervor—⸗ treten; dabei feblte es ihm nicht an ergreifenden Hiomenten und seine kraftigere Stimme gab ihm in Rücksicht auf die Wirkang des ganzen Stückes fast ein nicht wünschenswerthes Uebergewicht über die Gestalt Karl's. Die Amalia spielte Frl. Baumgart zugleich krastroll und, vornehm, mit innigem Gefühlston und Lebens? wahrheit. Die Hrrn. Krausneck, Nollet, Eckert, Bafil gaben jeder an seinem Platz ihr Bestes; Kofinsky wurde von Hrn. Ulrich recht erfreulich dargestellt, wenn auch sein erstes Auftreten und die Erzählung seines Schickfals etwas zu theatralisch erschien und der Darsteller noch etwas mit der Sprache zu kämpfen schien. Das reich besetzte Haus folgte der Aufführung mit regster Theil⸗ nahme und gab seinem Beifall in zahlreichen Hervorrufen Ausdruck.

. Lessing⸗Theater.

m Sonnabend gelangte Adolf Wilbrandt's Schaus— iel Neue Zeiten“, welches sich die Aufgabe stellt, die n ö. Zeit bewegenden sozialen Probleme in einem Bilde aus dem Leben in dramatischer Ferm vor uns zu entwickeln, zur ersten Aufführung. Wenn ein den Zeitgenossen als echter Dichter gleich vornehm von Geist wie von Gemüth bekannter Schriftstelle' mit einer neuen Arbeit an die Oeffentlichkeit tritt, so sind die Erwartungen des Publi⸗ kums begreiflicherweise außergewöhnlich boch gespannt. Der vorgestrige Abend erfüllte aber nur in seinem ersten Theile alle auf ihn gesetzten Hoffnungen. Die Exposition dez neuen Stückes ist eine technisch meisterhafte; die Handlung fetzt voller Leben Uns Frische ein, ein geistvoller Dialog und die edle, warmberzige Lebensanschauung, auf welche der Dichter es erkennbar abzielt, gewinnen schnell die leb— hafteste Theilnahme, handelt es sich doch um Fragen, an deren Lösung die Edelsten unserer Zeitgenossen mitzuarbeften nicht für zu gering achten. Leider halten die folgenden Akte fast nichts von dem, was man im ersten vermuthen darf; die aufgeworfenen wirthschaft. lichen und gesellschaftlichen Fragen bleiben ungelöst, ja, sie werden nicht einmal der Lösung nahe gebracht, sondern der von großen Gesichtspunkten ausgehende und getragene erste Abschnitt der Handlung scheint gleich⸗ sam geistig underwandt mit seiner Fortsetzung, die sich in eine harm— losz, wenn auch in dem gegebenen Zusammenhange nicht uninteressante Liebesgeschichte auflöst. Schon in dem durch lange Reden über— mnäßig ausgedehnten zweiten Aufzuge erlahmte das Jateresse der Zuschauer, denn der im Anlauf des Gedankenganges so trefflich an⸗ gedeutete Weg, wie auf sozialem Gebiet ein Ausgleich der großen Unterschiede erreicht werden könne, wird nicht um einen Schritt fort- gesetzt, und nach dem dritten Akte war der Beifall, der dem Stück zu Theil wurde, kein einheitlicher, vielmehr ward lebhafter Wider⸗

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spruch hörbar. Adolf Wilbrandt hat sich dem Einfluß der jüngsten Strömung in der Entwicklung der dramatischen Kunst, der sogenannten naturalistischen Schule, nicht gan; entzogen; aber er hat es weis lich vermieden, das abschreckend Häßliche auf die Bühne zu bringen. Der Dichter zeigt, was die Wohl habenden und Gebildeten thun sollen, um den sozialen Ausgleich der verschiedenen Volksklaffen herbeizuführen; aber man vermißt den Nachweis, welche Erfolge denn nun erzielt worden sind oder wenigstens in sicherer Aussicht stehen. Zum Verkünder seiner Ansichten, seiner Gedanken und feiner Menschen⸗ liebe wählt der Dichter die Figur des Ulrich Eckard, einen menschenfreundlichen, aber bis zur Grobbeit aufrichtigen Fabrikberrn: ibm legt er die bedeutenden und berzbeweglichen Reden in den Mund, welche die Verkündigung zum Zweck haben, daß es erstens, nach des neuerlich berühmt gewordenen Amerikaners Bellamy Grundsatz, keine Nichtsthuer mehr geben soll; zweitens verlangt er großherzige Frei⸗ gebigkeit von den Reichen, welche dadurch das Gefühl der Bruder. liebe praktisch bethätigen sollen, ohne daß jedoch ibre persönliche Freiheit beeintrãchtigt werde; er fordert ferner, daß jeder Arbeit shr Lohn werde, jeder Krankheit ihre Pflegestätte, dem Alter eine Rube—⸗ stätie bereitet sei; er will das Leben des Arbeiters mit Schönheit umgeben, ihm freundliche Stätten bauen zur Erholung für Geist und ö t

Von diesen bumanitären Ideen Eckard's wird eine nicht mehr ganz junge Wittwe, Frau Paula Dolberg, zu edler Thatkraft 33 Mitarbeit begeistert. Wie diese beiden bis dahin voll ständig gegen sãtz lichen Seelen sich lieben lernen, bildet den hauptsächliben Inhalt der zweiten Hälfte und zugleich den weniger gelungenen Theil des Schauspiels. Das Stück ist angelegt auf ein großes Zeitgemälde, zerfließt und zerstäubt aber vollständig in der überschwanglichen Empfindsamkeit eines verliebten Paares. Was zuerst im Vordergrund stand, die große weltbewegende Idee, muß zum Schluß rein ver- sönlichen Empfindungen weichen. Dabei sind die Episoden, welche die Vereinigung der Liebenden herbeiführen, nicht einmal glücklich ge— zeichnet; Wilbrandt, sonst ein Meister in der pychologischen Ent wickelung der Charaktere, greift hier zuletzt zu allerhand Unwahr⸗ scheinlichkeiten und Seltsamkeiten, um den Abschluß der Handlung herbeizuführen; wiederbolt wundert man sich über unbegründete unk unverständliches Lommen und Gehen fast aller handelnd auftretenden Personen in dem Familienzimmer des alten Junggesellen Ulrich Eckard; besonders wirkt das Einschlafen der Fr. Dolberg in diesem Simmer geradezu befremdlich und an ernster Stelle komisch. Ein in Bezug auf ihren innigen Verkehr mit Ulrich Eckard verleumderischer Brief, welchen man der Wittwe geschickt, veranlaßt diefe, Rath und Tröõstung bei dem Freunde zu suchen; da sie ihn nicht dabeim findet, schreibt sie ihm in der Erregusg schnell einige Zeilen und schläft ein. Im letzten Akt dreht sich fast Alles nur noch um die Liebenden. Die großen Thaten, welche den neuen Zeiten ent- springen und schöneren Tagen entgegen bluͤhen sollen, sind fast vergessen; nur einem Arbeiter gegenüber, der für empfangene Wohl⸗ thaten Dank zu sagen kommt, haͤlt Ulrich Eckard noch einmal eine Rede, in welcher er auf die Theilnahme hinweist, die die Ärbeiter in allen Klassen der Gesellschaft gefunden haben, und die auch in allen künstlerischen Bestrebungen, in der Malerei, in der Dichtkunst zu Tage tritt. Um die beiden Hauptpersonen gruppirt sich eine große Amahl von Nebenvpersonen, jede fein und sorgfältig gezeichnet, welche aber oft genug mehr störend als fördernd in den Gang der Handlung ein⸗ greifen. Als Trägerin des Humors erfreute sich besonders die Bestalt der Allerweltgtante Molly der warmen Sympathien des Publikums, um somehr, als diese Tante von Fr. Wil brandt⸗Baudius mit herzlicher Wärme im Ton, mit liebenswürdiger Beweglichkeit in den Gefsten gespielt wurde; sie trug beinahe den größten Theil zum Erfolge, soweit ein solcher erzielt wurde, bei, und je mehr ihre an heimelnde Persönlichkeit im Schauspiel und auf der Bübne zurück. trat, um so mehr schwächte sich auch die Theilnabme der Zuschauer ab, trotzdem die Allerweltstante in den eigentlichen Gang der Haupt- bandlung wenig eingreist. Außer der Tante Molly hat noch ein junger, ewig Anleihen machender Nichtsthuer, Dekar Eckard, der Reffe

Gestaltung früheren Aufführungen gegenüber im Wesentlichen un ver⸗

Ulrich's, für die Heiterkeit des Publikums zu forgen; Hr. Schönfeld

. Die empfindungs⸗ ö . . . abe einer etwas burschikos Fr. v. Pöllnitz rief lebhaften . in Die männliche Hauptrolle, die des ĩ 2 mn . und ein so treff⸗

er elebun ieses umanen groben Menschenfreundes nur dienlich n. . fühlte 35 das warme edle Herz hinter der rauhen Außenseite schlagen. Auch die kleineren Partien fanden tüchtige Vertreter, sodaß von einer glücklichen Gesammtleistung gesprochen werden kann. Der Beifalf, welcher nach dem ersten Atte seinen Höhepunkt erreicht batte, galt . n. ö 2 36 besonders den Darstellern. Der

zter erschien nach dem ersten Aufzuge mehrmals, un ĩ nach dem letzten auf der Bühne. 6 . J

Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater.

Der Zudrang am Sonntag war ein ganz außerordentlicher, und wenn auch für Diejenigen, welche fich an diesem Abend glücklich ein Billet gesichert hatten, die Puppenfeen den Hauptmagneten bil dete, so gelangte doch auch die neu einstudirte Leichte Kavallerie“ voll“ stãndig zu der von ihr erwarteten Wirkung. Der Erfolg dieser zwei⸗ aktigen, musikalisch reizvollen und in der Handlung durch Humor und Gemüth fesselnden Operette des Meisters Supps war ein zurchschlagender, im Einzelnen sowohl wie im Ganzen. Reichsten Beifall erzielten die flotten, schmucken Husarenchöre, und die choreographische Einlage des von der Balletmeisterin Frl. Lilẽ arrangirten großen, vom Corps de Ballet ausgeführten Czardas, mit echtem ungarischen Feuer getanzt, erwies sich als eine sehr glückliche Bereicherung. Die Hauptdarfteller, namentlich Sophie Offeney als Vilma, der neue Tenor ⸗Debutant Hr. Spielmann aus Graz als Hermann, Binder Janos und die juffigen florakischen Spieß bürger mit ihrem Bürgermeister Bums. Hrn. Eduard Steinberger und, dem radikalen Oppositions mann Imber, Hrn. Fanno an' der Sitze, wurden vielfach ausgezeichnet. Besonderen Dank verdiente Frl. Wagner, die muthig an Stelle des erkrankten Frl. Angel v die Rolle des Stephan schnell übernommen hatte und sehr wirksam

durchführte. Residenz Theater.

Obwohl die Direktion die Wintersasson am vergangenen Sonnabend nicht mit einer Novität einleitete, war das Haus doch bis auf den letzten Platz gefüllt. Es scheint, daß die. Mar quise“, die mit. der 1135. Aufführung dieses Sittengemäldes dis vorige Saifon abschlossen hatte, an Zugkraft noch nichts eingebüßt hat. Uebe? das Sardou sche Werk, dessen frivoler Charakter zur Genüge bekannt ist; irgend ein kritisches Urtheil zu fällen, verlohnt ich nicht; daß es nach dem Geschmack vieler Zuschauer ist, bewies das beifãllige Lachen, welches die lascioen Späße begleitete. Die Vor⸗ stell ang war insofern von Interesse, als sie in einigen R'llen eine Neubesetz ung aufwies. Frl. Irma Selken, die Nachfolgerin von Rosa Bertens in er Darstellung der Marquise, ist sicherlich eine sehr gewandte Schauspielerin, welche in derartigen Rollen ganz am Platze erscheint; sie wird am Residenz⸗Theater noch genug Gelegen⸗ beit haben, in ähnlichen Partien weitere Proben ihres Talents abzu- legen. Ausgezeichnet war Hr. Direktor Lautenburg als Marquis; das blasirte Wesen des zerrütteten Lebemannes brate er trefflick zur Geltung; da er sich vonUebertreibung fern hielt, so war seinedeistung in jeder Hinsicht eine künstlerisch fein durchgeführte. Ungenügend ist Hr. Egel als Liebhaber; sein Organ ist viel zu schwach und beeinträchtigt sein sonst gewandtes Spiel. Auch andere kleinere Rollen waren neu be— setzt; sie bieten aber ihren Darstellern so wenig Raum zur Be⸗ thätigung, daß ein Urtheil über die betreffenden Leistungen aus—⸗ geschlossen ist. Trefflich war wieder Hr. Pan fa als Maire. Die übrigen altbewährten Kräfte des Residenz Theaters waren gleich dem JJ . 2 zurückgekehrt und hatten be⸗ rechtigten Antheil an dem Beifall, welcher der Darstellung in rei Maße gespendet wurde. ö ö

ö Kroll' s Theater.

Luigi Ravelli's zweite Gasspartie ist am Mittwoch der Manrico im „Troubadour?. Es dürfte noch in lebhafter Erinnerung sein, daß der glan vollen gesanglichen Leistung des berühmten Tenoriften in dieser Partie ein fein - dramatisches ausdrucksvolles Spiel zur Seite ging, welches der Darstellung Ravelli's einen sehr ociginalen Reiz verlieb. 6. Das zu morgen angekündigte große Vokal Concert des Er k'schen Männergesangbereins wird bei eventuell ungüůnstiger Witterung in den Saal verlegt und bildet alsdann nach dem Nacht⸗ lager in Granada“ den Abschluß des Fest-Abends.

2 Belle All iance-· Theater.

Die Direktion läßt es bis zum Schluß Ler Sommersaison an Anstrengungen nicht feblen, dem Publikum immer Neues und Gutes zu bieten. So hat sie obwobl die Sommerbüͤhne bekanntlich bereits über eine ganze Anzahl hervorragender Spezialitäten berfügt die berübmte. Rumänifche? Nationaf ? Fapeslle Negrescu zu einem fünftäzigen Gastspiel gewonnen, und diese Kapelle wird morgen Abend anläßlich des zur Feier des Sedantages ver⸗ anstalteten Großen Extra- Concerts sich dem Publikum in ihrer malerischen Nationgltracht vorftellen und ibre Nationalmusik Gesänge und Tänze zum Besten geben. ;

Die Abonnenten der großen Philharmonischen Concerte unter Dr Hans von Bülow's Leitung dürfte es interessiren, zu er⸗ fahren, daß die Erneuerung bisheriger Abonnements bis zum 12. Sep⸗ tember (incl.) bei der Concert. Direktien von H. Wolff, am Carls⸗ bad 19, erfolgen muß Die Vorausgabe der Karten. welche bis spã⸗ testens . Oktober abgeholt werden müssen, beginnt für die Abonnenten am 17. September bei Bote u. Bock, Leipzigerstr. If, woselbst auch wie in der genannten Concert Direktion des Hrn. Wolff, Anmel! dungen neuer Abonnements entgegengenommen werden.

Mannigfaltiges.

Ueber die Fahct Sr. Majestät des Kaisers und Königs auf der.. Hohenzollern! von Kronstadt nach Memel wird der Po“ geschrieben: Die Mannschaften der Königlichen Vacht Hobenzollern wissen gar nicht genug zu erzählen von der stürmischen Fahrt, welche das Schiff auf der Ruͤckkebr aus Rußland zu bestehen hatte. Erst fast ein Zusammenstoß mit einem Feuerschiff, dann ein solcher Wmd. daß das Haus auf Deck wie ein Kartenhaus hinweg gehoben und zwischen Maschine und Radkasten eingeklemmt wurde. Ciner von den wachthabenden Offizieren wurde wohl die Hälfte des Schiffes ent- lang geschleudert, die Matrosen wurden aus ihren Hängematten weit weg geschüttelt. Eine Weile erwies sich sogar die Arbeit der Maschine als ohnmächtig. Der Kaiser kam aus seinem Schlafzimmer, nur den Mantel schnell übergeworfen, auf Deck, um in dem entsetzlichen Unwetter und in der nicht unbedenklichen Situation seine Befehle zu ertheilen; trop der Ermabnungen seiner Umgebung und trotz der k . 2 1 war Se. Majestät nicht zu bewegen, sich eher in seine Gemächer zu begeben, als bis d Schiff seinen Cours wieder einhalten konnte. ; 3.

Die Königliche Porzellan⸗Manufaktur wird beute i re neuen Geschäftsrãume, Leipzigerstraße 2, beziehen, über 166 wir 8 N. A. 3. Folgendes entnehmen: Künstler und Handwerker haben sich vereint, um die neuen Ausstellungs⸗ und Verkaufsräume in wür diger Weise auszustatten. Ganz ung b bangig von der Leitung des äußeren Baues haben hier Architett Sputh, Lehrer an der Königlichen Kunstschule, von welchem die Entwürfe herrühren, in Ver⸗ bindung mit den. Direktoren der Manufaitür, Maler Jipẽ und Dr. Heinecke, gewaltet. Sie Architektur der Räume ist im Barockstrl durchgeführt. Ser PVlafond des Ein⸗

trittraumes, der von dem Modell meister der Manufaktur, Bildhauer