1890 / 218 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 10 Sep 1890 18:00:01 GMT) scan diff

nach dem Düppel⸗-Denkmal gefahren, um von hier aus das interessante militärische Schauspiel zu beobachten. Abends 8 Uhr fand auf dem Schlosse in Gravenstein kleines Diner bei Ihren Majestäten statt.

h Weiter wird uns über das Manöver vom Dienstag be— richtet:

Es war eine recht kühle Biwaksnacht, welche die Truppen der 18. Division (Ost⸗Partei) bei Nübel und jene der 17. Division (West-Partei) bei Fischbeck von Montag auf Dienstag zuzu⸗ bringen hatten. Dichter Nebel lagerte sich auf den Feldern, sodaß die naßkalte Witterung sich in empfindlicher Weise be⸗ merkbar machte. ;

Die Ost⸗Partei hatte am Montag nach Verfolgung des Gegners ihre Vorposten in der Linie Lunds gaard⸗Nübelmühle⸗ Nübel ausgestellt und trug sich mit der Absicht, am Dienstag die Offensive auf Flensburg fortzusetzen. Der Panzerflotte war es gelungen, die feindliche Torpedoboots⸗Flottille am Montag bis Ekensund zurückzudrängen, und noch am Abend war dem Divisions-Commandeur in Stenderup der Auftrag seines Armee -Ober⸗Küommandos zugegangen, bald— möglichst von Flensburg Besitz zu ergreifen. Zu diesem Zwecke brach die Division Dienstag Morgen um 8 Uhr in drei Kolonnen aus der Linie des Vorposten-Gros auf. Die erste Kolonne sollte über Lundsgaard⸗-Auenbüllgaard— Auenbüll gegen Beuschau (Nord-) und Skoggaard, die zweite Kolonne über Begegaard-Nübelmühle-Laikier auf Kobber— hoern, und die dritte Kolonne längs der Chaussee auf Atzbüll vorgehen, wobei zu bemerken, daß von der zweiten Kolonne ein stärkeres Seitendetachement nördlich um den Laikierwald auf Skoogaard⸗Beuschau (Süd⸗) zur etwaigen Umfassung der feindlichen linken Flanke zu entsenden war. Zur Erreichung der Linie Atzbüll-Fischbeck (Fischbeckholz) hatten sich die beiden Infanterie-Brigaden durch entsprechende Flankirung des Gegners zu unterstützen und die genannte Linie in konzentrischer Richtung zu überschreiten.

Von der West-Partei hatte die 17. Division, welche westlich von Fischbeck Biwak bezogen hatte, Vorposten in der Linie Atzbüll-⸗Auenbüll aufgestellt und die Torpedo Flottille ankerte in Nübel-Noer und bei Ekensund. Auf Befehl des Armee⸗Ober⸗Kommandos stand um 9 Uhr Vormittags in Kieding die 3. (markirxte) Brigade zur Verfügung des Divisions⸗ Commandeurs bereit. Die Truppen beider Divisionen waren dieselben wie am Montag; zur West-⸗Partei traten nur noch von i Uhr ab die 3. (markirte) Brigade und 2 (mar— kirte) Batterien.

Die Kavallerie der West⸗Partei, und zwar die 17. Kavallerie⸗ Brigade, ging von ihren Biwaksplätzen um 8 Uhr Vormittags über Ulderup zur Aufklärung gegen die rechte Flanke des Feindes vor, während das Husaren-Regiment Nr 15 (ohne ö; Escadrons) um 8 Uhr früh über den Ekensund, von Petzer— hof aus, übersetzte und dann gegen die Linie Wielhoi-Nuͤbel vorging. Das Uebersetzen der Husaren über den Eken— sund war eins der interessantesten militärischen Schauspjele. er. bestiegen je 5 —5 Husaren mit dem Sattelzeug ihrer

ferde die bereit liegenden Boote und zogen dann ihre nur mit einer Trense versehenen Pferde, welche den Ekensund zu durchschwimmen hatten, nach sich. Ein Theil des Regiments setzte auf der Ekensunder Fähre über.

Als die Ost-Division gegen 8 Uhr Morgens sich an— schickte, die Offensive fortzusetzen, trat der Commandeur der West-Division dem Vordringen des Feindes entgegen und zwar geschah dies zunächst in der Linie Nübel-Noer Fisch— beck Beuschau. Von der in Nübel-⸗Noer ankernden Torpedo⸗ boots-Flottille unterstützten einige Boote die West⸗-Division, in—⸗ dem sie in der Richtung nach Atzbüll dampften. Schon um 8Uhr drang Kanonendonner von dort herüber, sodaß man an— nehmen mußte, die Torpedoboote seien bereits am Kampf betheiligt. Erst als die 3. (markirte) Brigade bei Kieding eingetroffen war, ging die West-Division, welche bis dahin dem vor— rückenden Feinde Stand gehalten hatte, selbst zum Angriff über. Es mochte kurz vor 10 Uhr sein, als dieser Angriff auf der ganzen Linie sich wahrnehmbar machte. Die Torpedo⸗ boots-Flottille schien um diese Zeit nicht mehr am Kampfe aktiv betheiligt zu sein, da die betreffenden Boote, wie wir vermuthen müssen, durch das Geschwader der Ost— Division in Schach gehalten wurden, weshalb auch wohl ein Theil derselben auf der Föhrde bis Sandacker zurückgegangen war. Als das Gefecht gegen 10 Uhr allgemein wurde, entspann sich ein Hauptkampf bei Atzbüll, der sehr hartnäckig war und bis 11 Uhr Vormittags dauerte. Er endete zu Ungunsten der 18. Division („st-Partei), weil die 17. Division rechtzeitig ihre Verstärkungen ins Feuer führen und, dadurch den rechten Flügel der 18. Division zum Weichen bringen konnte. Um 111 Uhr trat eine Gefechtspause ein. Um 12 Uhr Mittags begann der Kampf abermals und endete um L/ Uhr. Da die 18. Division aus ihrer Stellung in Nübel und Umgegend verdrängt worden ist und die 17. Division ihr morgen mit weiteren Verstärkungen zu Leibe gehen wird, so steht es wohl außer allem Zweifel, daß die 18. Division auf den Düppeler Höhen einen konzentrirten Angriff ihres Gegners zu erwarten hat.

Nach der Spezialidee jür das heutige Manöver steht das Ost-Corps bei Düppel, das West-Corps dicht davor, letzteres durch das Schleswig-Holsteinsche Füsilier-Regiment Königin Nr. S6 verstärkt. Das West-Corps wird einen An— griff von Norden aus auf die Stellung bei Düppel machen und hierbei von der Torpedo⸗Flottille unterstützt werden. Die Panzerflotte des Ost-Corps ankert bei Wenningbund.

Um 4 Uhr Morgens begann der Angriff des West⸗-Corpz von Norden her auf die Stellung bei Duͤppel. Die Verthei— diger beleuchteten von der Schanze 10 aus das Vorterrain mit elektrischem Licht. Das Feuergefecht war außerordentlich r. Der Angriff gelang, und nach und nach wurden ämmtliche Schanzen erstürmt.

Se. Majestät der Kaiser hielt, nachdem um 6 Uhr das Signal „das Ganze Halt“ geblasen wurde, bei Düppel⸗Mühle in Gegenwart Ihrer Königlichen Hoheiten der Prinzen Heinrich und Albrecht die Kritik ab. Se. Majestät reichte dem komman⸗ direnden General des IX. Armee⸗Corps, General der Infanterie von Leszezynski die Hand und hatte eine längere Unterredung mit dem Chef des Kreuzer-Geschwaders, Contre⸗Admiral Deinhard. Sodann rückten die Truppen in ihre Garnisonen ab. In Sonderburg traf Se. Majestät, wie W. T. B.“ meldet, unter dem stürmischen Jubel der Bevölkerung um 73 Uyr ein und begab Sich auf einer Dampfpinasse an Bord der „Hohenzollern“ Um 1 Uhr . an Bord des Artillerie⸗Schulschiffes Mars“ ein Ab— chiedsdiner für die Kaiserlichen Gäste statt.

Der Erste Sekretär bei der Kaiserlichen Botschaft in Paris, Legations-Rath von Schoen ist vom Urlaub zurück⸗ gekehrt und hat bis zum Wiedereintreffen des Botschafters Grafen zu Münster in Paris die interimistische Führung der botschaftlichen Geschäfte übernommen.

Der Kaiserliche Gesandte am Königlich schwedisch⸗ norwegischen Hofe, Wirkliche Geheime Legations-Rath Busch bat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Ahwesenheit von Stockholm fungirt der Legations-Sekretär Freiherr von Wangenheim als Ge—⸗ schäftsträger.

Der Königliche Gesandte in Darmstadt, Freiherr von Plessen, hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub an— getreten.

Nach der im Reichs-Eisenbahnamt aufgestellten, in der Zweiten Beilage veröffentlichten Nachweisung über die im Monat Juli 1890 auf deutschen Bahnen (ausschließlich der bayerischen) bei den Zügen mit Personenbeförderung vorgekommenen Verspätungen haben auf 36 größeren Bahnen bezw. Bahnnetzen mit einer Gesammtbetriebslänge von 35 682,95 kin von den fahrplanmäßigen Zügen überhaupt sich verspätet: 1240 Schnellzüge, 1646 Personenzüge und 152 zur Personen⸗ sowie zur Güterbeförderung gleichzeitig dienende Züge, zusammen 3038. Von den fahrplanmäßigen Zügen mit Personenbeförderung wurden geleistet: 14 318 414 Zugkilometer, 33 879 385 Achskilometer. Von den Verspätungen wurden 1046 durch das Abwarten verspäteter Anschlußzüge veranlaßt, sodaß den aufgeführten Bahnen nur 1992 Verspätungen zur Last fallen. Davon kommen auf 1000 000 Zugkilometer 139,12 Verspätungen, auf 1000 000 Achskilometer 58,80 Verspätungen. In Folge der Verspätungen wurden 1497 ÄAn⸗ schlüsse versäumt (gegen 1471 in demselben Monat des Vorjahres und 1016 im Vormonat). Bei 10 Bahnen sind Zugverspätungen und bei 11 Bahnen Anschlußversäumnisse nicht vorgekommen. In der Nachweisung sind diejenigen , , auf welchen Zugverspätungen vorkamen, nach der Verhältnißzahl (geometrisches Mittel) zwischen der Anzahl der von den fahrplanmäßigen, der Personenheförderung dienenden Zügen auf 166000 000 Zug— bezw. 1 000 000 Achskilometer entfallenden eigenen Ver— spätungen geordnet. Danach nehmen die Mecklenburgische Friedrich Franz Eisenbahn, die Neustrelitz Warnemünder Eifen— bahn und die Hessische Ludwigsbahn die ungünstigsten Stellen ein. Wird die Reihenfolge der Bahnen statt nach der Anzahl der Verspätungen nach der Anzahl der Anschlußversäumnisse be⸗ stimmt, so treten die Lübeck-Büchener Eisenbahn, die Bahnen im Bezirk der Königlichen Eisenbahn-Direktion zu Frankfurt a. M. und die Neustrelitz Warnemünder Eisenbahn an die ungünstigsten Stellen.

In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des

„R- u. St. Anz.“ wird eine Uebersicht der in den deutschen Münzstätten bis Ende August 1890 stattgehabten Aus—⸗ prägungen von Reichsmünzen veröffentlicht.

Potsdam, 9. September. Ihre Königlichen Hoheiten der Herzog und die Herzogin von Connaught sind, wie W. T. B.“ meldet, mit ihren drei Kindern heute Nachmittag 5 Uhr 17 Minuten hierselbst eingetroffen und nach dem Schlosse Glienicke gefahren.

Kiel, 9. September. Ihre Königliche Hoheit die Prin— zessin Heinrich ist, nach einer Meldung des ‚W. T. B.“, um 31“ Uhr von Glücksburg . eingetroffen.

Das österreichische Geschwader wird morgen Abend oder Donnerstag früh im hiesigen Hafen erwartet.

Baden.

Karlsruhe, 9. September. Se. Königliche Hoheit der Großherzog traf, wie die „Karlsr. Ztg.“ mittheilt, in der Nacht vom Sonnabend wieder in Mainau ein. Gestern Mittag kamen Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Gu stav und Wilhelm von Schweden aus Schloß Heiligenberg mit Höchstihrem Erzieher nach Mainau, wo auch Se. Königliche

Hoheit der Kronprinz von Schweden und Norwegen

Abends eintraf.

Der heutige Geburtstag des Großherzogs, dessen Feier Kanonensalut und Choralmusik einleiteten, wurde, dem „W. T. B.“ zufolge, . am Vormittag mit einem Fest⸗ gottesdienst begangen. Am Nachmittag fand ein Festmahl im Museum statt, bei welchem der Staats-Minister Turban den Trinkspruch auf den Großherzog ausbrachte. Im Stadtgarten war ein Gartenfest veranstaltet; Abends fand eine Festvor— stellung im Theater statt.

Mecklenburg⸗Schwerin.

Schwerin, 10. September. Se. Königliche Hoheit der Großherzog und Ihre Kaiserliche Hoheit die Groß⸗ herzogin sind, nach einer Meldung des, W. T. B.“, gestern ö. 2 der Yacht „Conqueror“ von Gibraltar nach Cannes abgereist.

Sachsen⸗Altenburg.

Altenburg, 9. September. Se. Hoheit der Herzog ist, dem „Chemn. Tgbl.“ zufolge, aus Tirol wieder in Hummel s⸗ hain eingetroffen.

Reußz ä. L.

C). Greiz, 9. September. Seit gestern Nachmittag befindet sich das Fürst liche Hoflager in dem eine Stunde von hier entfernten Jagdschloß Ida-Waldhaus.

Samburg.

Hamburg, 9. September. Die bereits gestern erwähnte Rede des Majors von Wissmann bei dem ihm zu Ehren veranstalteten Festmahl, in welcher er für die Beschaffung eines Dampfers auf dem Victoria⸗Nyanza eintrat, lautete nach dem „Hamb. Corr.“ etwa wie folgt:

Von vielen Seiten habe ich gute Rathschläge und Winke be— kommen über die Taktik, die ich am Besten befolgen würde, ich glaube aber, die Herzen sind im Verlauf des Abends so erweitert und das Gemüth ist so mittheilsam geworden, daß ich es wohl wagen darf, ohne. Winkelzüge Ihnen mitzutheilen, was mein Herz bewegt. Wir stehen vor einer Schwierigkeit, die wir nur mit Ihrer Hülfe lösen zu können glauben, und ich habe das feste Vertrauen, daß Sie uns dazu helfen werden. Sse haben schon gehört, daß es sich darum handelt, für den Vietoria— Nyanza ein Dampfboot zu schaffen. Die Engländer, deren Inter⸗ essenspbäre diesen See im Norden umfaßt, baben nun schon eine Samm⸗ lung für einen Dampfer veranstaltek. Die erste Flagge, die auf

jenem Gewässer weht, wird aber dort unbedingt für lange Zeit den Vorrang haben; es kommt also darauf an, womöglich den Eng⸗ ländern zuvorzukommen. Leicht wird das nicht sein, ich hoffe aber doch, daß es mir gelingen wird, wenn ich hier keinen Lufthieb thue. Meine Mittel als Reichs Kommissar langen für einen solchen Dampfer nicht. Sie haben wohl schon gehört, wie ich gestöhnt habe, daß ich mit so wenig Geld schon so viel erreichen soll. Durch Ihre heutigen Reden und die lebhafte Zustimmung füble ich mich nun ganz besonders er⸗ muthigt. Ich bitte Sie also, Ihr Glas zu ergreifen und mit mir anzustoßen auf die Förderung der deutschen Interessen in Afrika aus den eigenen Taschen.

Wie die „Hamburgische Börsenhalle« meldet, wurden sofort bei dem Festmahl und an der heutigen Börse für die Erbauung eines Dampfers auf dem Victoria⸗Nyanza 70 9000 S6 ge⸗ zeichnet. Da auch im übrigen Deutschland Beiträge für den⸗ selben Zweck gezeichnet werden würden, gelte der Bau des Dampfers, dessen Kosten, den Transport inbegriffen, auf 150 000 υ veranschlagt werden, für gesichert.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Wien, 19. September. Se. Majestät der Kaiser und König hat, wie die „Presse“ mittheilt, durch den Statthalter in Ober-Oesterreich sämmtlichen im Manöverterrain gelegenen Gemeinden für die von ihnen bewiesene Bereit⸗ willigkeit und den Truppen entgegengebrachte freundliche und opferwillige Gesinnung seinen wärmsten Dank aussprechen lassen. Desgleichen ließ Allerhöchstderselbe durch den Landes-Präsidenten im Herzogthum Ober- und Niederschlesien der Gemeindevertretung und der Bevölkerung von Teschen seinen Dank für den ihm anläßlich seiner Anwesenheit bereiteten festlichen Empfang und für die bei dieser Gelegenheit dar— gebrachten Kundgebungen der Treue und Ergebenheit sowie seine Anerkennung für die vorzügliche Unterbrin⸗ gung der zu den Manövern konzentrirten Truppen aussprechen. Gestern Abend ist Se. Majestät nach Großwardein ab— gereist, wo unter Oberleitung des Feldmarschalls Erzherzogs Albrecht zwischen dem VI. und VII. Armee⸗Corps die großen Herbstübungen an den Tagen vom 13. bis 16. September in dem nordöstlich von Großwardein be— legenen Gelände stattfinden. Die eingeladenen fremden Militär—⸗ Bevollmächtigten und Militär⸗A1Attachés begeben sich heute eben⸗ falls dorthin. Von Ungarn aus begiebt sich der Kaiser und König am 16. d., der Einladung Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm folgend, zu den Manövern nach Preußisch⸗Schlesien. In der Suite Sr. Majestät werden sich befinden; die General-Adjutanten FMC. Graf Paar und GM. von Bolfras, die Flügel-Adjutanten Major Freiherr von Saar, Major Poten, Major ef e fz fer ferner der Chef des Generalstabes I3M. Freiherr von Beck, Kabinets-Direktor Staatsrath Baron Braun, Generalstabs-Hauptmann Baron Weber, Haupt⸗ 6 ö. Eberhardt, Hofrath Ritter von Klaudy und Leibarzt

r. Kerzl.

Frankreich.

Paris, 10. September. Die Einnahmen an in— direkten Steuern und Monopolen ergaben im Monat August 780 000 Fr. weniger als veranschlagt, jedoch 5 600 009 Fr. mehr als im August vorigen Jahres. Die Ein⸗ nahmen der ersten acht Monate dieses Jahres über— steigen den Voranschlag um 39 Millionen und die gleiche Periode des Vorjahres um 43 Millionen Francs. Die Ein— nahmen aus den indirekten Steuern allein haben im Monat August die Voranschläge um 3 500 000 Fres. über—⸗ schritten, dagegen ergaben Zölle um 200066, Zucker um 1 500 000, Monopole um 1 600000 Fres. weniger als veranschlagt war.

Rußland und Polen.

St. Peters burg, 10. September. Der Kaiser und die gesammte Kaiserliche Familie trafen, dem, W. T. B.“ zufolge, am Montag Abend in Rowno ein und 'stiegen im Gebäude der Realschule ab. Der Bahnhof sowie die Stadt waren festlich geschmückt. Das Publikum empfing das Herrscherpagr mit jubelnden Zurufen. Abends fand bei dem— selben ein Diner zu 40 Gedecken statt. Gestern früh begaben sich die Allerhöchsten Herrschaften nach Dub no, wo sie von den Vertretern der Stadt und Bauerndeputationen mit Salz und Brod empfangen wurden. Die Fahrt von dort nach dem Manöverterrain fand unter fortwährenden Ovationen der Bevölkerung statt. Nach der Rückkehr besuchten der Kaiser und die Kaiserin die Kathedrale in Dubno und begaben sich dann wieder nach Rowno.

Italien.

Rom, 10. September. Der Kommandant des Marine⸗ Departements Vize⸗Admiral Racchia gab, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Abend in La Spezia zu Ehren des Admirals Hoskins und, der Kommandanten des daselbst einge— troffenen, britischen Geschwaders ein Diner, bei welchem Racchia auf die Königin Victoria, das englische Königshaus und die britische Flotte toastete. Admiral Hoskins dankte mit einem Toast auf den König Humbert, die italienifche Königsfamilie und die italienische Flotte sowie auf die zwischen beiden Ländern bestehende Freund⸗ schaft. Gleichzeitig gaben auch die ita lienischen Marine— Offiziere ihren britischen Kameraden ein Diner, wobei dem Gefühle aufrichtiger Kameradschaft zwischen den Offizieren beider Flotten , Toaste Ausdruck gegeben wurde.

Die Oberst-Lieutenants des Generalstabes Ven ini und Cherubini sind. mit 3 Hauptleuten und den besten Zöglingen der Kriegsschule von Turin abgereist, um mit Genehmigung der betreffenden Regierungen die Schlacht⸗ felder in Gesterreich, Deutschland und Belgien zu besichtigen.

Belgien.

Lüttich, 10. September. Ueber die gestern bereits er⸗ wähnte allgemeine Versammlung des katholischen Sozial⸗ kong resses am Montag erhält die, Neue Preuß. Zig.“ einen aus⸗ führlicheren Bericht, dem wir Folgendes entnehmen: Der Kardinal⸗ Erzbischof von Mecheln hielt einen Vortrag, in dem er sich über die Nothwendigkeit erging, daß alle Christen durch Thaten die Kraft des Christenthums erweisen und gegenüber dem Atheismus der gegenwärtigen Gesellschaft in allen Hand— lungen des Lebens feierlich ihren Glauben offenbaren. Weihbischof Fischer von Köln stellte den Stand der sozialen Frage in Deutschland dar. Der

Bischof zählte die , ,,, g. sozialen Gesetze auf und äußerte u. a.: „Die Sozialdemokraten haben in einer ge⸗ waltigen Persönlichkeit einen furchtbaren Gegner gefunden. Man kennt die Thaten dieser Persönlichkeit und braucht dar⸗ über nicht eingehender zu sprechen. Nur soviel sage ich, mögen die Sozialdemokraten mit der sozialen Gesetzgebung zufrieden sein oder nicht, jedenfalls hat der Deutsche Kaiser ein christlich Werk gethan, als er sagte: Ob ich Erfolg oder Mißerfolg haben werde, steht dahin. Ich thue, was die Pflicht mir gebietet. Die Sozialdemokratie ist zwar vorwiegend in den protestantischen Gegenden mächtig, dennoch aber haben die letzten Wahlen gezeigt, daß sie auch in katholischen Gegenden, wie in Köln und München, an Boden gewinnt. Weil dem so ist, haben wir Katholiken die Aufgabe, mit verdoppelten Kräften durch den Kampf für den Glauben uns zu rüsten zum Kampf gegen die Sozialdemokratie. Glücklicherweise hegt die katholische Bevölkerung Deutschlands eine trefflich; Gesinnung, und dieser Umstand erleichtert vielleicht die Aufgabe der Kirche bei uns mehr wie anderswo.“ Der Redner kündete weiter die Gründung von katholischen Arbeitervereinigungen in Deutschland an, im Anschluß an die Gesellenverine, Kongregationen zur heiligen Jungfrau u. s. w. Abg. Winterer konstatirte mit Genugthuung, daß auf dem Kongreß die soziale Gefahr weniger bezweifelt werde, als im Jahre 1886, wo er schon diese Gefahr betont habe. Der Redner skizzirte die Fortschritte der sozialdemokratischen Bewegung, beginnend mit dem Pariser Marxistenkongreß von 1889, auf welchem zwanzig Nationen und zwölf Sprachen vertreten waren, und wo von allen Seiten die schweren sozialen Mißstände laut verkündet wurden. Der Kongreß bedeutete eine Organisation der Gewalt und der internationalen Revolution. Ein zweiter Markstein der Bewegung sei der letzte Wahlerfolg der deutschen Sozial— demokratie, ein dritter die Kundgebung vom 1. Mai zu Gunsten des Achtstundentags. „Ueberall“, sagte Redner, „verlief diese Kundgebung mustergültig“. Die Sozialdemokraten der alten und der neuen Welt sind auf einen Wink des Pariser Kon— gresses aufmarschirt. Der Sozialismus läugnet das Dasein Gottes, läugnet die Familie, indem er ihr das religiöse Band raubt, läugnet das individuelle Eigenthum, das er den Händen des Staats überantworten will. Doch weiß er nicht zu sagen, wie man zu diesem Staat gelangen soll. Da die Hölle des Sozialismus nur eine zerstörende Kraft darstellt, so ist es der von ihr ausströmende Klassenhaß, der ihr überall Anhänger wirbt. Die Bewegung hat sogar die Ackerbau treibende Bevölkerung ergriffen. Zum Glück vermag die Hand des Menschen nicht, die von Gott auf— gerichtete soziale Ordnung zu zerstören: den Glauben, die Familie, die Nothwendigkeit des Eigenthums. Das Christen⸗ thum hat die Barbaren des Alterthums besiegt, es wird auch die modernen Barbaren überwinden. Man darf aber fernerhin nicht zulassen, daß der Arbeiter als Maschine betrachtet werde, die Herrschaft des Geldes muß eingeschränkt werden. Jeder, der einen Einfluß irgend welcher Art ausübt, ja jeder Mensch, soll bei der Vertheidigung der Gesellschaft mitarbeiten; vor allem jedoch der Priester, der den Armen der nächste ist und den Reichen nicht fern steht, vermag viel zur sozialen Ver—⸗ söhnung beizutragen. Der Sozialistenkongreß in Paris hat den Ruf ausgehen lassen: „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“ Der Lütticher Kongreß möge darauf antworten: „Christen der ganzen Erde, einigt euch!“

In der heutigen Sitzung des Kongresses wurde, wie „W. T. B.“ berichtet, auf Antrag des Bischofs Korum— Trier die Verhandlung über Festsetzung eines Mindest— lohnes für Arbeiter von der Tagesordnung abgesetzt.

Dänemark.

Kopenhagen, 9. September. Der diesseitige Gesandte in Rom von Hegermann-Lindencrone ist, wie 3, T. B.“ meldet, zum Gesandten in Stockholm ernannt worden.

Bei den Wahlmännerwahlen zum Landsthing siegte in Kopenhagen in fünf Kreisen die Rechte, in vier Kreisen die Opposition. Hiernach wird Kopen⸗ hagen im Landsthing voraussichtlich durch vier von der Rechten, zwei Sozialisten und einen von der Linken vertreten sein, gegen sieben von der Rechten im bisherigen Landsthing. In den übrigen Städten hat, soweit bisher bekannt, die Rechte gesiegt.

Amerika.

Canada. Ottawa, 8. September. Eine Abordnung des Gewerkvereins-Kongresses machte, wie das „MReuter'sche Bureaun meldet, dem Premier Sir John Macdonald seine Aufwartung, um der Regierung die Noth⸗ wendigkeit der Einbringung einer Vorlage im Parlament, welche die Einwanderung von Chinesen in Canada verbietet, ans Herz zu legen. Der Pre mi er erwiderte, daß dies nicht thunlich sei, da die Reichsregierung natürlicherweise gegen eine solche Maßregel Einwand erheben würde. Ueberdies würde dies im Widerspruche mit der Politik Canadas, freund⸗ schaftliche Beziehungen mit China zu pflegen, stehen.

Vereinigte Staaten. Washington, 10. September. Der Senat nahm bei der dritten Lesung der Tarifbill, dem „W. T. B.“ zufolge, ein Amendement an, welches den Präsidenten der Vereinigten Staaten ermächtigt, das Gesetz, betreffend die freie Einfuhr von Zucker, Melasse, Thee und Häuten, außer Kraft zu setzen, wofern solche Artikel nicht aus Ländern stammen, welche den Ver— einigten Staaten entsprechende Begünstigungen gewähren. Der Senat beschloß ferner, die Artikel der Bill in Betreff der Zuckerprämien am 1. März 1891 in Wirksamkeit zu setzen und unverzollten Zucker bis zum 1. Februar 1891 ohne Zollzahlung zur Raffinirung zuzulassen.

Nach in New⸗Hork eingegangenen Berichten aus Maine hat die republikanische Partei bei den dortigen Staats—⸗ wahlen den Sieg davon getragen; der Sprecher des Repräsentantenhauses zu Washington Reed ist mit einer im

Der gleich zur vorigen Wahl vermehrten Majorität gewählt en.

Statiftik und Volkswirthschaft.

Die Selbstmorde von Schülern in Preußen 1883— 88.

Bei der Ermittelung der Selbstmorde in der Bevölkerung DYreußens, welche seit 1869 alljährlich erfolgt, gelangt gleichzeitig auch die Zahl dersenigen Schüler zur Kenntniß der Behörden, weiche ihrem Leben freiwillig ein Ende machen. Auf Anregung des Minifters für die geistlichen, Unterrichts. und Mediziral-Angelegenhesten hat nun

das Königliche statistische Bureau dem letzteren Zweige der Moral⸗ statistik neuerdings eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet und namentlich die Erforschung der Gründe der Selbsttödtungen der Schüler sich angelegen sein lassen. Die Ergebnisse dieser Unter⸗ suchungen mögen in kurzen Zügen hier nach der Statist. Corr.“ mit⸗ getheilt werden. . ̃ In Preußen haben während des sechsjährigen Zeitraums 1883— 1888 im Ganzen 289 Schüler selbst Hand an sich gelegt; die einzel⸗ nen Jahre bezw. die höheren und niederen Lehranstalten betheiligten sich hieran folgendermaßen: Lehranstalten: 1883 1884 1885 1886 1887 1888 k 14 10 8 17 12 d 36 33 44. Im Jahre 1838 ist also die Höchstzabl der Schülerselbstmorde von 1883 fast wieder erreicht, nachdem sie in den Zwischenjahren stets niedriger gewesen war. Was die Betheiligung der beiden Geschlechter anlangt, so stellte sich die Zahl der Selbstmorde von Schülern 1883 1884 1885 1886 1887 1888 männlichen Geschlechts auf 50 33 33 ö 45 weiblichen Geschlechts auf . 8 8 K 8 4 Treten schon der Forschung nach den Beweggründen der Selbst⸗ tödtungen erwachsener Personen bedeutende Schwierigkeiten entgegen, so ist dies in noch weit höherem Maße bei den Schülerselbstmorden der Fall, da über die seelischen und körperlichen Eigenschaften der jugendlichen Selbstmörder sowie über deren Vorleben meist noch seltener als bei jenen ausreichende Beobachtungen vorliegen, um als Anhalt für die hier nöthigen Ermittelungen zu dienen; gleichzeitig werden auch jugendliche Personen durch verhältnißmäßig unbedeutende Vorkommnisse erheblich leichter als ältere zum Selbst⸗ morde verleitet. Hierauf beruht es, daß von den in den sechs Jahren 1883 88 vorgekommenen 289 Selbstmorden von Schülern in Preußen allein bei 86 oder 29,8 (/ die Ursache unbekannt blieb. Wie sich im Uebrigen diese Verhältnisse gestalteten, mag man der nachstehenden Uebersicht entnehmen. Es legten Hand an sich: Schl Schüler

höherer niederer Lehranstalten männl. weibl. männl. weibl. aus Furcht vor dem Examen, wegen nicht bestandenen Examens und nicht er⸗ J aus sonstigen mit dem Schulbesuch zu⸗ sammenhängenden Gründen.... wegen Zerwürfnisses mit Eltern bezw. R wegen gekränkten Ehrgeizes .. aus Furcht vor Strafen. . wegen harter bezw. unwürdiger Be⸗ handlung Seitens der Eltern bezw. I aus Aerger, Zorn, Mißmuth, Trotz. wegen Geisteskrankheit, Schwermuth. körperlicher Leiden . retligiöser Schwärmerei. unglücklicher Liebe.. sittlicher Verwahrlosung Lebens überdrusses . ; aus Spielerei . wegen sonstiger Gründe.... 3 aus unbekannter Veranlassung. ... 15 zusammen 77 165 456. Der Umstand, daß unter den Gründen des Selbstmordes bei den Schülern böherer Lehranstalten diejenigen, welche auf nicht er— folgte Versetzung und nicht bestandenes Examen zurückzuführen sind, am häufigsten vertreten sind, ist zwar bemerkenswerth, hat aber in Anbetracht der großen Zahl von Schülern, welche alljährlich eine Prüfung zu bestehen haben, keineswegs etwas Auffallendes. Mehr lebrreich ist es, daß bei den Schülern niederer Lehranstalten die Zahl derjenigen Selbstmorde, welche aus Furcht vor Strafe be⸗ gangen wurden, die übrigen bei Weitem Überragt; haben doch von den jungen Selbstmörderinnen niederer Schulen nicht weniger als 50 0½ο0 aus dieser Ursache ihrem Leben ein Ende gemacht. Daß im Uebrigen bei den Schülern beider Arten von Lehranstalten Geistes—⸗ krankheit und damit verwandte Gebrechen hervorragende Gründe der Selbsttödtung bilden, kann nicht überraschen; wird doch von Psychia— tern vielfach heute noch der Selbstmord überhaupt als eine besondere Wahnsinnsform angesehen.

aus folgenden Beweggründen:

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Die Krankenkassen im Herzogthum Sachsen-Meiningen.

Nach dem amtlichen Ausweis über das Kranken kassenwesen im Jahre 1889 bestanden, wie der Weim. Ztg. mitgetheilt wird, im Herzogthum bei Beginn des Berichtsjahres 84 Krankenkassen, deren Mitgliederzahl sich im Laufe des Jahres um 2330 erhöhte, so daß am Jahresschluß 20 380 männliche und 5900 weibliche Mitglieder vorhanden waren. Bei den männlichen Mitgliedern kamen 6333 Krankheitsfälle mit 97 645 Krankheitstagen, bei den weiblichen deren 113 mit 16944 Tagen vor. Die Jahreseinnahme erreichte 334 234 S (17184 M mehr als im Vorjahre). Die gesammte Jahresausgabe stellte sich auf 306 056 M gegen 291 435 im Vorjahre, also 14 620 4 höher. Von den Ausgaben entfielen auf ärztliche Behandlung 64 368, Arznei und andere Heilmittel 46 833, Krankengeld an Mitglieder 97 158, an Wäöchnerinnen 3374, Sterbegelder 5981, Kur und Verpflegungèskosten 13 494, Verwaltungs⸗ aufwand 8173 6; dazu tamen noch 60 149 M als neue Kapital⸗ anlage.

Kunft und Wissenschaft.

Die Restaurationsbauten am Hochschloß der Marien⸗ burg nehmen, wie wir der ‚Danz. Allg. Ztg. entnehmen, ihren ungestörten und guten Fortgang. Zur Zeit werden neben den Arbeiten im Innern des Schlosses solche Behufs Vollendung des Kreuz— ganges im Schloßhofe, der bekanntlich schon früher am Nord⸗ flügel wieder hergestellt wurde, auch an den drei übrigen Flügeln zugleich ausgeführt. Bereits sind die auf Granit pfeilern ruhenden Wölbungen des Erdgeschosses fertig gestellt und wird der weitere Aufbau in Angriff genommen. Von den sonstigen Arbeiten ist erwähnenswerth die Herstellung der doppelten Wehr⸗ mauer, welche in östlicher Richtung außerhalb des Hochschlosses auf den vorhandenen Resten der alten Mauer aufgeführt wird. Diese Arbeit ist in diesem Sommer von der südlichen Spitze bis zur Marienkirche vorgeschritten.

Bom September 1889 bis dahin 1890 sind 3345 Disser⸗ tationen, P:nrogrammab handlungen, Habilitations- und Gelegenheitsschriften erschienen und im Bibliographischen Monatsbericht über neu erscheinende Schul. und Universitätsschriften zur Aufnahme gelangt. Die Mehrzahl dieser Schriften ist nicht in den Buchhandel gekommen. Auf die ein zelnen Wissenschaften vertheilen sich diese 3345 Schriften wie folgt: L). Klassische Philologie und Alterthumswissenschaften: 416, 2) Neuere Philologie: 364, 3) Orientalia: 47. 4) Geschichte mit ihren Hülfs⸗ wissenschaften; 189, 5) Geographie: 18, 6) Theologie: 39, 7) Philo⸗ sophie; 86, 8) Pädagogik: sS1, 9) Beschreibende Naturwissenschaften: 147, 10) Exakte Wissenschaflen; 238, 11) Rechts. und Staatgwissen⸗ schaften: 212, 12) Medizin: 1200, 13) Chemie: 332, 14) Bildende Künste: 12, 1655 Musik: 3, 16) Landwirthschaft: 13, 17) Ver⸗ schiedenes: 18.

Sandel und Gewerbe.

Leipzig, 9. September. (W. T. B. Kammjug⸗Termin⸗— handel. La Plata. Grundmuster B. pr. September 4,77 4,

pr. Oktober 4.80 M, pr. November 4, 30 M, pr. Dezember 4.377 „S,

pr. Januar 4725 4A, pr. Februar 455 AÆ, vr. März 4,60 A,

e en 46 M, pr. Mai 60 A. Umsctz 10 506 zg! uhig.

9. September. (W, T. B) Die Seifenfabrikanten Mittel ⸗Deutschlands beschlossen in einer hier abgehaltenen Ver⸗ sammlung eine weitere Preiserhöhung ihrer Fabrikate Um 4 bis 6 4A pro 100 kg.

Theater und Mufik.

Berliner Theater.

Die Tendenz des Berliner Theaters als eines Kunstinstituts, das die dramatische Literatur den hreiteren Schichten der gebildeten Be völkerung zugänglich machen will, hat allmählich ein Unternehmen zur Reife gebracht, defsen Ausführung unmittelbar bevorsteht. Das Repertoire des Berliner Theaters hat in zweijähriger sorgsamer Arbeit feste Gestalt gewonnen. Um den Kern des klassischen Dramas hat sich eine hinlängliche Vertretung der modernen Bühnendichtung gruppirt. Aus der Erkenntniß dieser Thatsache ist der Entschluß bervorgegangen, immer weitere Kreise zu ziehen und auch den weniger Bemittelten den Theatetbesuch zu ermöglichen. Da der stark belastete Etat eine weitere Einschränkung der Abend⸗ einnahmen nicht gestattet, hat Hr. Direktor Barnay beschlossen, an Sonntagen Nachmittagsvorstellungen zu bedeutend ermäßigten Preisen zu veranstalten und so eine Auswahl des Repertoires in gleich org fältiger Vorbereitung und unveränderter Besetzung einem größeren Publikum rorzuführen. Nach dem bisher festgestellten Plan würden die Vorstellungen um 3 Uhr Nachmittags beginnen, während sich der Anfang der Abendvorstellung an Sonntagen auf 76 Uhr ver— schieben würde. Als Maßstab für die erhebliche Herabsetzung der Preise mag gelten, daß beispielsweise der Parquetsitz 2 M kosten und jede Vorkaufgebühr fortfallen würde. Da alle Vorbereitungen ge⸗ troffen sind, würde die erste dieser volksthümlichen Vorstellungen bereits am Sonntag. 21. d. M, Nachmittags 3 Uhr, stattfinden.

In der am Sonnabend stattfindenden Vorstellung der Räuber“ spielt Rudolph Fuchs vom Münchener Hoftheater den Karl Moor,

Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater.

Offenbach's „Schwätzerin von Saragossa“, das für nächsten Sonnabend im Friedrich ⸗Wilhelmstädtischen Theater angesetzte Operetten Vorspiel zur -Puppenfee n, weicht bei der jetzigen Neu⸗ einstudirung nur in der Rolle des Alkalden Torribio von der früheren Besetzung ab. Hr. Eduard Steinberger spielt dieselbe. In der Titelrolle und in der Partie des Studenten Roland begegnet man wie früher den Damen Jenny Stubel und Sophie Offeney. Das humorsprudelnde und musikalisch so reizvolle Werk wird seine glänzende Wirkung auch diesmal nicht verfehlen.

Mannigfaltiges.

Das Königliche Eisenbahn⸗Betriebsamt Berlin (Direktionsbezirk Erfurt) Anhalter Bahnhof theilt uns heute Nachstehendes mit:

Der gestern Abend, am 9. d. M., auf dem Anhalter Bahnhof um 1 Uhr 16 Minuten eingetroffene DresLdener Schnellzug überfuhr den das Geleise abschließenden Prellbock, sodaß die Lokomotive auf den Bahnsteig binauffuhr und die Thür in der Vorhalle zertrümmerte. Die zwei hinter der Lokomotive befindlichen Gepäckwagen wurden gleichfalls zertrümmert. Verletzungen oder Tödtungen des Personals und der Pasagiere sind aber nicht vorgekommen. Nur hat der Heizer, welcher, die Gefahr bemerkend, von der Lokomotive ca. 100 m vor dem Prellbock herabsprang, eine leichte Verletzung am Kopf sich zugezogen. Der die Schlußbremse bedienende Karpenterbremswaäͤrter, welcher gleich falls herabgesprungen ist, hat sich eine Verletzung nicht zugezogen. Der Schaden an Material ist kein erheblicher und sind Betriebsstörungen nicht vorgekommen.

Ob die Ursache des Unfalls darin zu finden ist, daß der Lokomotivführer die Karpenterbremse zu spät in Thätigkeit fetzte, oder ein Defekt in der Leitung selbst entstanden ist, fodaß die Bremsen nicht wirkten, konnte noch nicht aufgeklärt werden und muß der ge— richtlichen Untersuchung vorbehalten bleiben.

Die Jubiläums-⸗Ausstellung des Charlottenburger Gartenbau-Vereins, welche morgen in der Flora eröffnet wird, giebt ein schönes Bild von der Entwicklung des märkischen Gartenbaues, jener Entwicklung, an der auch der nunmehr 25 Jahre bestehende Charlottenburger Verein so erfolgreich mitgewirkt. Die durch prächtiges Arrangement sich auszeichnende Schau ist insgesammt von 93 Ausstellern beschickt. Sie umfaßt den n Saal mit seinen Nebenräumen, die Vorhalle und den Skatingrink.

Die Leichen der, wie in Nr. ß des „R. u. St.“ A. mit⸗ getheilt ist, am Sonntag Nachmittag bei einer Vergnügungsfahrt im Wannsee ertrunkenen Bildhauer Jofef Kaffsack und Maler Paul Weimar sind, wie man der ‚N. A. Ztg.‘ mittheilt, bisher noch nicht aufgefunden worden. Auf Anordnung der Potsdamer Polizei⸗Direktion ist durch mehrere Potsdamer Fischer Montags und Dienstag Vormittags fortgesetzt nach den Leichen der Ertrunkenen gesucht worden. An der Absuchung, die mit zwei großen Rettungs⸗ haken vorgenommen wurde, betheiligte sich eine große Anzahl von Anwohnern des Wannsees und Berliner Freunde der Ertrunkenen.

Um Jedermann Gelegenheit zu geben, sich über das Wesen der Stenographie unentgeltlich zu unterrichten, wird Herr L. Loepert am Freitag, Abends 85 Uhr, im Hörsaal der Königlichen Akademie der Künste am Schinkelplatz 61. einen öffentlichen Vortrag über dieses Thema halten. An den Vortrag soll sich ein theoretischer Unter richts kursus für Damen und Herren in der vereinfachten Stolze' schen Stenographie anschließen. Näheres über den Kursus theilt Herr T. Loepert, Zossenerstraße 4, auf Anfrage mit.

Ueberschwem mungen.

Aus Magdeburg, 9. September, schreibt die Magd. Ztg.“: Das Wasser steigt heute Morgen hier ziemlich rasch; Morgens 9 Uhr zeigte der Pegel 4,20 m oder 13 Fuß 6 Zoll. Gestern Abend 8 Ühr ist mit der Oeffnung des Pretziener Wehrs be⸗ gonnen worden. Das Wasser strömt durch den Umfluthkanal und hat den Biederitzer Busch heute Morgen schon theilweise unter Wasser gesetzt. Die Stromstrecke von oberhalb Schönebeck bis unterhalb Magdeburg wird hierdurch bedeutend entlastet, da das Wasser des Umfluthkanals erst bei Lostau wieder in die Elbe zurück tritt. Die Erträgnisse der im Umfluthkanal liegenden Aecker und Wiesen sind zum größten Theile geborgen worden, da die Besitzer derselben durch die Behörden und. durch die Veröffent lichungen in unserer Zeitung rechtzeitig gewarnt waren. Man hätte alles bergen können, wenn die Arbeitskräfte noch reichlicher zu haben gewesen wären. Die Grummeternte ist auch noch ziemlich in Sicherheit gebracht; Sonntag früh konnte man Hunderte von Arbeitern und Arbeiterinnen auf den Wiesen in Thätigkeit sehen, welche das frisch gemähte Gras in Sicherheit brachten. Der Elb⸗ strom führt eine große Menge Holz mit sich. Die Schiffahrt von hier nach oberhalb ist des hohen Wasserstandes wegen eingestellt, da die Dampfer die Brücken nicht mehr passiren können. Dagegen wird von unterhalb nach hier und von hier nach unterhalb der Betrieb noch so lange fortgesetzt, als der Wasserstand das Passiren der Eisenbahn⸗ brücke am Herrenkrug, die höher als unsere anderen Brücken liegt, zuläßt. Die „Kette“ wird morgen, Mittwoch, die Personenfahrten nach dem Herrenkrug ausfallen lassen, da die Aussteigestelle am Herrenkrug vom Wasser überfluthet ist. Das Wasser ist hier, trotz der Oeffnung des Pretziener Wehrs, noch im Steigen. Heute Nach⸗ mittag zeigte der Pegel eine Höhe von 467 m. Das Wasser hat die Rothehornwiesen und den Anger überfluthet; in der Werftstraße