Der seit etwa Jabresfrist währende Umbau des Univer- sitätsgebäudes ist nun seweit gedieben, daß mit Beginn des Winter · Semesters der östliche Flügel des Gebãudes der Benutzung ũdergeben werden kann. In die Parterre raäume dieses Flügels sind alle. Seschäftsräume und Verwaltungsbureaus der Universität, der Quãäffur, Registratur, Kasse, die Vñersamml ungsräume der Universriãtslehrer, Sprechiimmer des Rektors und der Dekane ꝛc. verlegt, während in der ersten und zweiten Etage, in denen früher wisfenschaftliche Sammlungen untergebracht waren, neue Hörsäle geschaffen sind. Die Ausstattung der letzteren wird, der Nat - Itg. zufolge, geradeju eine komfortable; ins besondere sind an Stelle der bisher üblich gewesenen engen Bänke neu konstruirte Sub⸗ scllien mit Klappfitzn und kleinen Schreictisch ben getreten, welcke nach und nach auch in den anderen Auritorien eingeführt werden sollen. Die im Mitteltrakte des Gebäudes liegende Säulen. alle, welche zum Aufenthalt der Studi renden, in den Paufen dient, sich aber längst als zu klein erwiesen hat, ist durch Be⸗ seitigung zweier Audttorien' um mehr als das Depvelte, vergrößert worken und bildel nun von der Linden ront bis zum Kastanienwäldchen einen einzigen gewaltigen Raum. An Stelle des niedergelegten kleinen Seitengebéudes an der Univerfitätstrase wird ein Maschinenbauns zur Aufnahme der maschinellen Sinrichtungen für die Centralbeizung erbaut. Der Umbau des westlichen Flügels der Unirersität wird im Winter in Angriff genommen werden. Die Dauer des ganzen Umbaues sollte noch das Jahr 1891 in Anspruch nehmen, nach dem gegenwärtigen Stande der Arbeiten hofft man jedoch schon bis Mai 1891 fertig zu werden. Alsdann foll die ganze Faffade des stattlichen Gebäudes renovirt werden, so daß das ebemalige Prin; Heinrich Palais, das nach den Angaben Friedrich des Großen durch den Holländer Johann Beumann und fräter durch den Baumeister Hildebrandt in den Jahren 1754 bis 1764 erbaut wurde, sich in einem völlig neuen Gewande
präsentiren wird.
Im Monat Ju li sind in Berlin 343 Proben von Na hrungs⸗ und Genuß mitteln jur Untersuchung gelangt, die in 52 Fällen zu Beanftandungen geführt hat. Diese betrafen Olivensl, Pfeffer, Macisblüthe, Ingwer, Cassia. Gries, Chekolade, Effig, Himbeerliqueur, Selterwasser, Rum, grüne Pfeffer ⸗ gurken, amerikanische Scheibenäpfel und Wein. Besondere Erwähnung verdient im Vergleich zu dem vormonatlichen Befund, das unter den 50 zur Untersuchung gelangten Butterproben nicht eine einzige sich als verfälscht oder der Verfälschung verdächtig erw iesen hat. Auch die Schmalsproben waren rein. Die Milchproben ent sfprachen sämmtlich den Forderungen der Polizei Verordnung. Sehr reichlich sind die Griesproben als unrein und mehr oder weniger stark verdorben befunden worden. Sie enthielten zum T heil sebr erheblich Milbenkoth und es wimmelten einige der Proben von Mehlmilben.
Ein prachtvolles Panoramabild prangt seit einigen Tagen an den Anschlaesäulen und erregt die Aufmerksamkeit der Passanten in außergewöhnlicher Weise. Dasselbe stellt zwei hervor⸗ ragend merkwürdige Gruppen aus dem Kolosal⸗Rundgemälde des National⸗Panoramas in der Herwarthstraße 4 aus dem Siegeseinzuge des römischen Imperators Constantin dar und jwar einerseits den ruhmgekrönten, mit dem Lorbeer geschmückten Cä—⸗ saren in der mit vier herrlichen Schimmelhengsten bespannten gol⸗ denen Quadriga, und zweitens eine Gruppe gebarnischter, helm⸗ geschmückter römischer Tuba⸗ und Posaunenbläser — richtiger gesagt Militärmusiker — welche von einer Mauerzinne herab dem in das ewige Rom einziehenden siegreichen Feldherrn und Kaiser Triumpbfanfaren entgegenschmettern. Interessant ist bei diesen Bläsern, deren Armatut der Maler mit historischer Treue wiedergegeben, daß die Roßhaar⸗ büsche auf ihren Helmen die rothe Farbe zeigen, wie es noch keut zu Tage in der preußischen Armee der Brauch ist. Sr. Majestät dem Kaiser fiel diese Analogie zwischen den römischen Kriegern aus dem vierten Jahrhundert und den modernen vreußischen Truppen gleich beim ersten Besuche des Panoramas in die Augen.
Theodor Fontane, der treffliche Sänger und Pfadfinder der märkischen Heimath, ist jetzt in einer Straße in nächster Näbe von Berlin verewigt worden. Die neue Straße in Steglitz, die mit der Eisenbahn parallel in der Richtung nach Zeblendorf fuͤbrt, hat, wie die Nat. ⸗Jtg. mittheilt, den Namen Fontanestraße erhalten.
3
Einer kürzlich veröffentlichten Statiũliẽ entnimmt die. Vofs. Itg. ‘, daß Berlin im Jahre 1889 2 692471 HI Bier getrunken bat. Die Einwohnerzabl Berlins beträgt rund 1 550 000 Köpfe, sodaß mitbin auf jeden Kopf fürs Jahr 14 hl Bier tommt, oder 1859 1, was etwa „ao ] Bier für den Tag betragen würde. In München kommen auf jeden Einwobner täglich etwa 24 1.
Ueberschwemmungen. =
Dem „Dr. Journ. wird unterm 14 September aus Böhm en geschrieben: Schrecklich verwüstet sind die Uferfelder und Wiesen an der Elbe. Moldau, und stellenweis auch an der Eger. Der Druck des Waffers bat in den Obftvlantagen, deren Blüäthenpracht in iedem Frübsabr das Auge des Reisenden erfreut, arg gehaust. Viele Bäume sind entwurzelt, viele andere sind von berangetriebenen Höljern und Fahrzeugen jchwer befchãdigt und angesplittet. Die Kartoffel · und Rüben; felder find zerriffen, verscklammt, und wie niedergetreten seben auch die Heu. und Gemüfegärten der kleineren Leute aus. Oft kann man nickt erkennen, was auf dem versandeten und durch das Wasser ein⸗ geebneten Boden überhaupt gestanden bat. Das Flachland am Fuß des böhmischen Mittelgebirges gleicht heute noch einer Reibe großer Seen, fo langsam verläuft sich das Wasfer und noch ist der Verkehr zwischen einzelnen Nachbardörfern auf weite Umwege gewiesen. Die Mauern der inundirt gewesenen Gebäude triefen noch vor Feuchtigkeit, ein großer Theil der Wohnräume ist natürlich durchaus unbewohnbar und wochenlanger trockener und warmer Witterung wird es berürfen, ebe dieselben obne Gefahr für die Gesendheit bewohnt werden können. Die Verluste an Kleinvieh und Wild sind sehr bedeutend; das Wasser ist so plößlich gekommen, daß häufig an ein Retten gar nicht zu derken war und die Menschen froh sein mußten, wenn sie sich selbst noch in Sicherheit bringen konnten So war keispielsweise eine in der Nahe der Landwehrkaserne bei Leitmeritz übende Abtheilung von Landwehrleuten derart vom Hochwasser überrascht worden, daß sie hatte schleunigst und auf großen Umwegen das Feld räumen müssen.
Aus Pest, 16. September, schreibt die Wien. Aby‘: Der Wafferstand vermindert sich fortwährend. Seit gestern beträgt die Abnabme 6 em. .
W. T B. meldet aus Sofia, 17. September: Der Ba hn⸗ verkehr mit Konstantinopel ist seit gestern Abend in Folge der durch fänftägige Regengüsse hervorgerufenen Ueberschwem⸗ mungen zwischen Hermanli und Adrianovel unterbrochen. Der zwiscken Sofia und Konstantinopel laufende Postzug mußte gestern nach Tirnowa zurückkehren.
Saarbrücken, 16. September. U ber das in Nr. 223 d. Bl. gemeldete Grubenunglück auf Zeche Maybach schreibt man der „Germania-: Das Unglück geschah auf der sogenannten Wetter fohle. wo dieser Tage nur 26 Leute arbeiteten. Die übrigen, noch ca. 5760 Leute, welche sich ebenfalls in der Grube befanden, konnten gereltet werden. Wie in ähnlichen Fällen, so zeigte sich auch hier der Muth und die Unerschrockenheit der Bergleute zur Rettung ihrer
ameraden im glänzendsten Lichte; auch das Beamtenpersonal war zahlreich vertreten und theilte in der aufopferndsten Weise die Ge⸗ fahren und Mühen der Rettungsmannschaften; Aerzte waren sowohl von Friedrichstbal als Sulzbach berbeigeeilt. Natürlich umringte und füllte den Platz auch eine zahlreich berbeigeströmte Menschenmenge, werunter befonders das Weinen und Schluchzen Derjenigen ergreifend war, die einen Angehörigen in der Arbeit wußten oder bereits von einer Trauerbotschaft ereilt wurden. Alle 19 — 15 Minuten sahen wir Reitungs mannschaften den Schacht binabsteigen, die dann nach kurzer Arbeit von den giftigen Schwaden überrascht, wie todt ans Tageslickt gefördert wurden, um durch kalte Douche, Bäder und andere ärztliche Orerationen zu Athmung und Bewußtsein gebracht zu werden. Wie wir von einem Augenzeugen erfahren, lag auch Direktor Stapenhorst bewußtlos in der Strecke und wurde durch Hrn. Bergrath Kreuser zu Tage gebracht, wo er sich bald wieder erbolte und seine weiteren Anordnungen traf. Auch Hr. Bergrath Kreufer ist bei seinen Rettungsarbeiten von mebrmaliger Ohnmacht beimgesucht worden. Die Arbeiten dauerten die ganze Nacht hindurch; fämmtliche Todte sind in einem nahe gelegenen Schuppen niedergelegt. Auch die katholische Geistlichkkeit der umliegenden Pfarreien war zur Stelle, um nöthigenfalls einem Sterbenden die Sterbhe⸗ faktamente spenden zu können. So bot die traurige Katastrophe andererseilfs das erhebende Bild der allgemeinen Theilnahme und auf⸗
het. Unter den Verunglückten befinden sich zwei Bruder Klein
von Altenwald ferner zwei Brüder Bauer aus Holz. die Matter er n ist Witiwe und verlor schon früher durch ein Grubenunglück
ren Mann. nur mehr Skeletten. Die Gerichtẽpersonen begaben sich heute früh an die Unglũckestãtte.
Sämmtliche Todte waren total verbrannt und glichen
Die Saarbr. Ztg. schreibt: Ueber die Ursache der Schlag
wetterentzündung laufen die verschiedentlichften Gerüchte um; aller Wahrscheinlichkeit nach ist dieselbe dadurch hervorgerufen worden, daß durch einen Sprengschuß eine mit Schwefelwasserstoff gas geschwängerte Kluft aufgeschossen und entzündet wurde, wobei, wie allgemein ange nommen wird, die Wirkung durch Entzündung von Kohlenstaub noch betrãchtlich vermehrt wurde.“
Hadersleben, 5. September. Bei der in Nr. 224 des
R- u. St. A. gemeldeten Enthüllung des Denkmals für Kaiser Wilhelm 1 warde von den versammelten Festtheil nehmern aus Stadt . ö Se. Majestät den Kaiser abgesandt.
mittags traf, der f ort Telegramm ein: Breslau, den 13. September 1830. Se. Majestät
der Kaiser und König lassen der gestern zur Enthüllung eines Denk- mals für Se. Majestät den hochseligen Kaiser Wilhelm J, versammelt gewesenen Frstversammlung für das telegraphischke Gelübde unver- brüchlicher Treue und Anhänglichkeit herrlich danken und beauftragen Sie, dieses den Festtheilnebmern bekannt zu machen. höchsten Auftrag der Geheime Kabineis⸗Rath von Lucanus.“
ein Ergebenheits Telegramm an Schon am 13. Nach- olgendes Antwort⸗
und Land
Kiel. Ztg. zufolge,
Im Aller
opferungsvollster Hülfeleistung. Die meisten der Verunglückten sind
Tanz von Paul Taglioni
Nach Schluß der Kedaktion eingegangene De pesch en.
Kiel, 18. September. (W. T. B.) An dem öster⸗ reichischen Panzerschiff „Kronprinz Erzherzog Rudolph“ ist die Reparatur beendet; es hat heute seine erste Probefahrt gemacht.
stünchen, 18. September. (W. T. B.) Das Ge⸗ meindekollegium beschloß heute einstimmig, nochmals die Aufhebung der Viehsperre zu fordern und gegen jene landwirthschaftlichen Vereine Stellung zu nehmen, welche die Sperre vertheidigen.
Mannheim, 18. September. (W. T. B) In der heutigen Sitzung des Gustav⸗Adolph⸗Vereins wurde nach dem Bericht des D. Hagemann (Halle) über die drei für die große Liebesgabe von rund 18 000 6 vorgeschlagenen Gemeinden Forchheim in Bayern, Ranischau in Galizien und Sierakowitz in Westpreußen in namentlicher Abstimmung der Betrag für Forchheim bestimmt.
Dublin, 18. September. (BW. T B.) Die Depu⸗ tirten William OBrien und Dillon sind heute Morgen verhaftet und unter starker militärischer Eecorte nach Tipperary abgeführt worden. Verhafts befehle sind gleichzeitig gegen die Deputirlen Patrick O Brien, Sheehy, Cond on und den Priester Homphrens erlassen. Die Ursache dieser unerwarteten Maßnahmen ist bis jetzt unbekannt; man vermuthet, daß sie mit dem Versuch, den irischen Feldzugsplan in Tipperary aufrechtzuerhalten, in Verbindung stehen. . k
Bern, 18. September. (W. T. B.) Der eidgenössische Kommissar im Kanton Tessin hat das an ihn gestellte Begehren Respini's und der anderen Staats räthe auf Uebernahme der Regierung abgewiesen, bis der Bundesrath Entscheidung getroffen habe. Die Abge⸗ wiesenen sind mit der Abfassung einer Deklaration beschäftigt.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
zlrania, Anstalt für vollsthümliche Naturkunde.
Wetterbericht vom 18. September. Morgeas 8 Uhr.
Temperarur 8
in 8
elsius
8
88 . 33 — 2 S6 * 23 3 83
Stationen. Wetter.
56 C. — 40M.
2 8 3 8
3 82
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4 Regen
3 bedeckt
2 Nebel
2 wolkenlos
2 Nebel still Nebel
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Uebersicht der Witterung.
Ein barometrisches Maximum über 775 mm liegt über dem Finnischen Busen, ein Minimum unter 754 mm westlich von Schottland. Das ruhige, trockene, vorwiegend beitere, ziemlich kühle Wetter dauert in Central⸗ Europa fort. Die Temperatur sank in der Nacht in Kaiserslautern und München auf 4 5 Grad. Herrmannstandt meldet 3 Grad.
Deutsche Seewarte.
MinmDsOuZmmCPͤmscmꝑpyt̃wwm,ahrmmm 14 9
Theater⸗Anzeigen. Königliche Schauspiele. Freitag: Opern ⸗
haus. 178. Vorstellung. Carmen. DOper in
des Prosper Mẽrimse. ) Dirigent: Kapellmeister Kahl. Anfang T Uhr. ; Schaufvielhaus. 183. Vorstellung. Die Braut von Messina, oder: Die feindlichen Brüder. Trauerspiel in 4 Aufzügen von Schiller. Die zur Handlung gehörige Musik von B. A. Weber. nfang ? Uhr.
Sonnabend: Opernhaus. 179. Vorstellung. Tann hänser und der Sängerkrieg auf der Wart burg. Große romantische Over in 3 Akten von Richard Wagner. (Elisabeth: Frl. Malten, K. n Kammersängerin, als Gast.) Anfang
r
Scauspielhaus. 183. Vorstellung. Die Jour- nalisten. Lustspiel in 4 Aufzügen von Gustav Freytag. Anfang 7 Uhr.
Deutsches Theater. Freitag: Das Winter ˖ märchen.
Sonnabend: Zum ersten Male: Die Hauben⸗ lerche. Schauspiel in 4 Aufjügen von Ernst von Wildenbruch.
Sonntag: Die Sanbenlerche.
Berliner Theater. Freitag: 3. Abonnem. Voꝛst.
Eva. Sonnabend: Kean. Sonntag: Nachmittags 3 Uhr: Die Ränber. Abends 77 Uhr: Eva.
Tessing - Theater. Freitag: Das zweite Gesicht. Lustspiel in 4 Akten von Oskar Blumen⸗ thal Anfang 7 Ubr.
Sonnabend: Das zweite Gesicht.
Wallner · Theater. Freitag: Vorletzte Woche der Aufführungen von Mamsell Nitouche. Vaude⸗ ville in 3 Akten und 4 Bildern von OH. Meilbac und A. Millaud. Musik von M. Herve. Anfang der Vorftellung 76 Urlr.
Sonnabend und die folgenden Tage: Mamsell Nitouche.
Victoria Thenter. Freitag: Zum 25. Male: Die Million. Moderneg Ausstattungsstück in 12 Bildern von Alex. Mosikowsti und Rich. Nathanson. Musik von C. A. Raida. Ballet von Gredelue. Anfang 74 Uhr.
Sonnabend: Dieselbe Vorstel ung.
Friedrich Wilhelmstãdtisches Theater. Direktion: Julius Fritzsche. Freitag: Zum 28. Male mit durchaus neuer Ausstattung: Die Puy penfee. PDantomimisches Divertissement von Haßreiter und Gaul. Mustk von Jos. Beyer. Ärrangirt von J. Haßreiter, K. K. Hofballetmeister aus Wien. Sirigent: Hr. Kayelimeister Knoll. Vorher: Neu in Scene gesetzt: Die Schwätzerin von Saragofsa. Komische Operette in 2 Atten nach dem Französischen von Carl Treumann. Musik von Offenbach. In Scene gesetzt vom Regiss eur Hrn. Binder. Dirigent: Hr. Kapellmeister Feder ⸗ mann. Anfang 7 Uhr. ;
Sonnabend: Die Puppenfee. Vorher: Die Schwãtze rin von Saragossa.
Nestdenz Theater. Direktion: Sigmund Lauten · burg. Freitag: Zum 7. Male: Ferr sol. Pariser Sittenbild in 4 Aufzügen von Victorien Sardou. In Scene gesetzt von Sigmund Lauten burg. Anfang 75 Uhr.
Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.
Belle Alliance Theater. Direktion: W. Hasemann. Freitag: Ensemble⸗Gastspiel der Mit⸗ glieder des Wallner · Theaters; Madame Bonivard. Schwank in 3 Akten von Alex. Bisson und Antonie Mars. Deutsch von Emil Neumann. Hierauf: Guten Morgen, Herr Fischer! Vauderille⸗ Burleske in 1 Akt nach Lockroy von W. Friedrich. Musik von Ed. Stiegmann. Preise der Plätze wie gewöhnlich. Anfang 74 Uhr. ö
Sonnabend und folgende Tage: Madame Boni⸗ vard. Guten Morgen, Herr Fischer!
Adolph Ernst⸗ Theater. Freitag: Zum 14. Male: Unsere Don Inans. Gesangeposse in 4 Akten von Leon Treptow. Couplets von Gustav Görß. Musik 2. Franz Roth und Adolph
Ferron. Anfang? r. Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.
Thomas - Theater. Alte Jalobstraße 30. Freitag: Zum 14. Male; Der Alpenkönig und der Menschenfeind. Romantisches Volksmärchen in 3 Akten von . Raimund. Musik von Wenzel Müller. Anfang 76 Uhr.
Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.
Am Landes ⸗Ausstellungs⸗ Park (zchrter Bahnboh. Gesffnet von 12 — 1 Ubr. . Vorftellung im 12 Theater. Näberes die Anschlag⸗ jette
— 4242 — — — . — Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Margarethe Knüppel mit Hrn. Königl. Reg⸗Baumeister A. Reiß. (Magdeburg). — Frl. Adele Harff mit Hen. Charles Weerts (M. Gladbach Tilburg). — Frl. Matbilde Lors bach mit Hrn. Ger-Assessor Hans Blome (Eeipp- stadt - Verden) — Frl. Hedwig Dammann mit Hrn. Gymnasiallebrer Richard Zehender (Halle a SC Hagen, Westpr.). — Frl. Agnes Bernick mit Hrn. Franz Gugrlin (Berlin).
Verehelicht: Hr. Stadtrath August Kaltow mit Frl. Emma Hupe (Magdeburg). — Hr. Heinrich Schwarz mit Frl Tonl Rabn (Königsberg) — Hr. Ober⸗Stabsarzt Dr. Schultze mit Frl. Eli- sabeth Keil (Saargemünd, Lothr. — Königshütte
DOS..
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Paul Noack
(Berlin). — Hrn. D. Dräger (Nienburg a. D. Weser). — Hrn. W. Ruser (Kiel — Hrn. C. Drescher (Bteelau). — Eine Tochter: Hrn. Prem Lieut. Jobn Frevend (Goldap). — 2 Amtsrichter Br. Jonientz (Nicolai). — Prem ⸗Lieut. Som mer (Gnesen). — Hrn. Dr. med , n rh — Hrn. Rechtsanwalt
dralek (Kupp).
Gestorben: Hr. Königl. Kanzlei ⸗Ratb a. D. Rudolph Lingner (Schweidnitz⸗. — Hr. Oekar Brandt (Singapore). — Hr. Königl Amtsgerichts Rath a. D. Dermann Wahle (3obten a. B) — Hr. Dr. Octavio Schröder Tochter Emmy (Ham burg — Hr. Oekonomie Rath Karl Anton Lebste (Weitmershagen). — Hr. Amtshauptmann Wil- belm von Sprewitz (Neustadt) — Hr. Königl. Rechnungs · Rath a. D. Wilbelm Bonneß (Berlin) — Frau verw. Dr. Gertrud Brehmer, geb. Misch
¶ Görbers dorf).
Redacteur: Dr. H. Klee.
Berlin: Verlag der Expedition (Scholy. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags Anstalt, Berlin 8SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Vier Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage), und die Winter⸗Fahryläne für die Bezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direktionen zu
4 Akten von Georges Bizet. Text von Henry Meilhac und Ludovic Halery, nach einer Novelle
Elberfeld und Frankfurt a. M.
Erste Beilage
zum Dentschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
M 22Z5.
Berlin, Donnerstag, den 18. September
Umschan über die Ergebnisse der Naturforschung.
Auf der Versammlung der Gesellschaft deutscher Natur⸗ . und Aerzte in Bremen hielt der Geheime Regierungs⸗ ath Professor A. W. von Hofmann, wie bereits in Nr. 223 d. Bl. kurz erwähnt, am Montag, 15. September, einen Vortrag über Einige ä f. der Natur⸗ forschung seit Begründun der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte“, den wir hier — nach der „Weser⸗Zeitung“ in seinen Haupttheilen folgen lassen. Der Redner begann mit einem Rückblick auf die Astro nomie und führte in dieser Beziehung aus:
An die wunderbare Vervollkommnung der Telestope und die mit ihrer Hülfe gelungene Bestimmung der Entfernung der Fixsterne durch Bessel und Struve, an die zahlreichen Expeditionen zur Beobachtung der Venusdurchgänge in den Jahren 1874 und 1882 Behufs genauerer Bestimmung der Sonnenentfernung will ich nur flüchtig erinnern. Bei einem Ergebniß der astronomischen Forschung, welches man fast ein Erxeigniß nennen könnte, muß ich aber einen Augenblick verweilen. Diejenigen meiner Zubörer, welche das mittlere Alter überschritten haben, erinnern sich ohne Zweifel der lebhaften Theilnabhme, mit welcher der Planet Neptun. bei seiner Entdeckung begrüßt worden ist. In Folge von Unregelmäßigkeiten, welche man in den Bewegungen des Uranus beobachtet hatte, waren Leverrier in Paris und Adams in Cambridge fast gleichzeitig veranlaßt worden, Babn und Masse eines noch unbekannten Planeten zu be⸗ rechnen, dem man die Störungen in der Bewegung des Uranus zuschreiben konnte. Am 23. September 1846 erhielt Galle, Obser⸗ vator der Berliner Sternwarte, einen Brief Leverrier's, in welchem ihm der französische Astronom das Ergebniß seiner Rechnungen mit ⸗ theilte, und schon in der darauf folgenden Nacht entdeckte Galle den allerdings schon von Manchem geahnten, aber erst von Leverrier mit Bestimmtheit angekündigten, die Sonne in weitester Entfernung um⸗ kreisenden Planeten an der von seinem Errechner bezeichneten Stelle. Mit der Entdeckung des Neytuns hatte die Wissenschaft einen Triumpb gefeiert, wie er ihr seit langer Zeit nicht beschieden gewesen war. Mit der Auffindung des Nevtuns begann die überraschende Vervoll⸗ ständigung unserer Kenntniß derjenigen Gruppe von Planeten, von welcher hier in Bremen Olbers durch die Entdeckung der Pallas und der Vesta zwei nicht unwichtige Glieder kennen gelehrt batte. Wenn die Entdeckung des Neptuns stets als eine der glänzendsten Errungenschaften des Zeitraumes, auf den wir bier zurüdblicken, gelten wird, so muß daran erinnert werden, daß die Astronomie des Unsichtbaren doch auch be⸗ reits vor dieser Entdeckung , ,. Erfolge zu verzeichnen gehabt hat. Wir denken hier an die unsichtbaren Begleiter des Sirius und des Procyon, deren Kenntniß wir den letzten Arbeiten Bessel's ver⸗ danken. Ausgiebigste Verwerthung hundertjähriger Orts bestimmungen für die sichtbaren Sterne hat es möglich gemacht, die Bahnen auch ihrer unsichtbaren Begleiter mit großer Annäherung zu berechnen, und einer dieser Begleiter, der des Sirius, ist denn auch mit dem ersten der neuen amerikanischen Riesenteleskope thatsächlich aufgefunden worden. Zu den größten Erfolgen, welche die moderne Wissenschaft zu verzeichnen hat, gebört — Niemand wird es bezweiseln — die Spektral⸗Analyse. Zunächst nur für die Erforschung der physikalischen Beschaffenbeit der Himmelskörper verwandt, hat sie sich in letzter Zeit mit der Pbotographie verbündet, um den Astronomen die Messung auch der Bewegung der Fixsterne zu gestatten.
Weiter führte der Redner aus:
Aber kehren wir aus den Regionen der Gestirne zu dem Planeten zurück, auf dem wir wohnen. Von besonderer Wichtigkeit für die Entwickelung der Geologie ist die Einführung der Mikroskopie in das Studium der Gefteine gewesen. Der Geologe ist nicht mehr ausschließlich auf die Ergebnisse der chemischen Analyse beschränkt, wenn er sich Aufschlüßse über die in die Zusammensetzung der Erd⸗ kruste eintretenden Mineralien verschaffen will. Indem es gelang, aus diesen Körpern Platten n schleifen, binreichend dünn, um sie im durchfallenden Lichte beobachten zu können, war ju den bisherigen Beobachtungsmethoden eine neue hinzugetreten, welche sich bald zu einer besonderen Disziplin, der Mikroskopie in ihrer An— wendung auf Petrograpbie, ausbilden sollte. Als ein weiterer erheblicher Fortschrit muß die genauere Unter- suchung der geschichteten, versteinerungsführenden Gebirgsarten und ibres organischen Inhaltes bezeichnet werden. Lücken im paläon tologischen System füllten sich mehr und mehr aus, theils durch die Entdeckung ganzer fossiler Faunen und Floren, theils durch die Auf⸗ findung wunderbarer Formen (wie die des Archaeopteryx J. B. welche manche scheinbar weil auseinanderliegende Klassen und Ordnungen von Thieren und somit auch die Erdschichten, in denen sie auftreten, in näberen Zusammenhang bringen. Unsere Kenntniß verschollener Thierformen bat bereits einen solchen Umfang und eine solche Sicher beit gewonnen, daß die Geologen schon jetzt durch das Studium einer kleinen Anzahl fossiler Thiere, die ibnen von irgend einem Theile der Erde zugehen, in der Regel im Stande sind, das relative Alter dieser Thiere und damit die Formation, der sie angehören, genau zu be stimmen, ein Triumph, deffen sich die geologische Forschung mit vollem Rechte rühmen darf. ; ;
Mit der Geologie in nächster Verbindung stebt die Miner a— logie. Die Mineralogie ist im Wesentlichen Physik und Chemie in ibrer Anwendung auf Erkenntniß der Mineralien. Um das Bild eines Minerals zu gewinnen, studiren wir seine n, ,. Eigen ⸗ schaften. Aggregatzustand, Krystallform, optisches Verhalten, Kohäsion, . untersuchen wir seine chemische Natur, d. b. wir bestimmen eine qualitative und quantitative Zusammensetzung. Jeder Fort schritt auf mwineralogischem Gebiet ift daher nur auf physikalischem oder chemi schem Wege denkbar, ganz einerlei, ob er in einer schärferen Erkenntniß alter Mineralien oder in der Auffindung neuer besteht. Wenn wir heute die Krystallformen, die optischen Eigen- schaften einer großen Anzahl derselben weit besser kennen, als es gegen die Mitte des Jahrhunderts hin der Fall war, so verdanken wir dies einerfeits den außerordentlich verbesserten Meßapparaten, andererseits den neuen Beobachtung smethoden, welche die Physiker ersonnen haben: wenn heute die Zusammensetzung einer ganzen Reihe von Mineralien mit größerer Sicherheit ermittelt ist, so sind es wieder die uns seaßn wärtig zur Verfügung stehenden vollkommeneren Hülfsmittel der chemischen Analyfe gewesen, deren Anwendung die Vertiefung und Grweiterung unferer Kenninisse ermöglicht hat. Welchen Ansehens
gerade die Bundesgenossenschaft der chemischen Forschung in den
ugen der Minerclogen erfreut, wird unzweideutig durch die That sache bekundet, daß ihren modernen Klassifikationsbestrebungen fast ausnahmslos die chemische Zusammensetzung ju Grunde liegt. Auch ienste wohlbewußt, welche die chemische
haben sich der Chemie Grade insofern sie eine Reihe neuer deren Studium vielleicht
auf chemischem als auf mineralogischem Gebiete gegenüberftehen. Ganz dieselbe Frage aber Trängt sich auch einer anderen Errungen= e. gegenüber auf. Der Analyse der Mineralien ist in der grosen
ehrzahl der Fälle die Synthese derselben auf dem Fuße gefolgt. Unmittelbar nach Gründung der Gesellschaft gelang es Mitscherlich, den Augit und den Olixvin künftlich zu erzeugen. Seitdem sind faft sämmtliche in der Kruste unseres Planeten von den Mineralogen aufgefundenen ¶ Verbindungen auch aus dem Schmelztiegl des Chemikers hervorgegangen. Diese künstliche Bildung von Mineralien batte bisher ausschließlich ein wissenschaftliches Interesfe beansprucht; neuerdings aber fangen diese synthetischen Grgebnisse an, auch eine praktische Bedeutung zu gewinnen. Allbekannt ist der prachtvolle Schmuckstein, welchen die Juweliere mit dem Namen Rubin bezeichnen. Die Zusammensetzung des Rubins war von den Chemikern seit langer Zeit festgestelll. Seit Jahresfrist aber läßt sich dieser Edelstein durch einen chemischen Prozeß in Krystallen er balten, welche von den in der Natur vorkommenden nicht zu unter- heiden sind. In den Werkstätten der Juweliere ist der künstliche
ubin mit dem natürlichen allerdings noch nicht in Wettbewerb ge— treten; allein meine verehrten Zuhörerinnen wird es interessiren, zu erfahren, daß Hr. Fremp, dem wir diese Errungenschaft danken, seiner Gattin aus künstlichen Rubinen einen Schmuck hat anfertigen lassen, dessen Schönheit nichts zu wünschen übrig läßt.
Die Botanik und Zoologie sind durch die Ausbildung der Mikroskopie in überraschende Bahnen gedrängt und von Erfolg zu Erfolg gekommen. Die Zellenlehre, so führt der Redner aus, ist ganz eigentlich der deutschen Wissenschaft entsprossen. Sie wurde in dem zweiten Jabrzehnt des Bestehens unserer Gesellschaft für die Pflanze von Schleiden, für das Thier von Schwann entwickelt. Auf erstgenanntem Gebiet ist sie später von Pringsbeim in seinem Werke: Grundlinien einer Theorie der Pflanzenzelle! mit größtem Erfolge weiter ausgebaut worden. Nun sind allerdings anafomische und histologische Untersuchungen der Gewächse auch schon vor Aufstellung der Zellenlebre, ja selbst schon vor Einführung achromatischer Objektive in die mikroskopische Beobachtung ausgeführt worden; allein ein befriedigender Einblick in den Bau und die histologische Gliederung der Pflanzen war doch nicht denkbar, so lange man das Elementarorgan nicht kannte, welches in diesem Organismen eine so wichtige Rolle spielt, und so lange die mikroskopische Technik nicht, — wie dies beute der Fall zu sein scheint, — die äußerste Grenze der optischen Wahrnehmung erreicht hatte., Erst mit der Zelltheorie als Wegweiserin, erst durch die Wunderleistungen der modernen Optik geschärft, vermochte das Auge des anatomischen Forschers bis in die verborgendsten Vorgänge des Pflanzenwachsthums einzudringen und die verschiedenen Entwicke⸗ lungsstufen desselben klarzulegen. Die so gewonnene Erkenntniß ist aber auch eine nahezu erschöpfende gewesen. Wir wissen beute, wie das Baumaterial des Pflanzenorganismus — die Zelle — gebildet wird, wie sie wächst und sich vermehrt. Wir kennen die Prozesse, in denen nach bestimmten Theilungsregeln Gewebe entstehen, wie diese Urgewebe durch Wachsthum, Struktur- und Formveräͤnderung in Gewebe böherer Ordnung übergeben, bis nach und nach die Gestalt des Pflanzenkérpers in die Erscheinung tritt. An der Hand des anatomischen Forschers sind wir, Schritt für Schritt, in den Bau dieses Pflanzenkörpers eingetreten, seine Architektur ist freigelegt, wir finden uns in demselben zurecht wie im eigenen Hause, dessen An— ordnung wir kennen, das wir vor unseren Augen Stein um Stein sich haben erheben sehen. Aber schon begnügt sich die , e, r, , ,. mehr mit der Lösung der rein morphologischen lufgabe, die sie sich ursprünglich gestellt hatte; sie will sich heute zu einer Physiologie der Gewebe gestalten. Im Anlauf auf ein solchts Ziel werden Pbysik und Chemie mit ihren reichen Hülfsmitteln als Bundesgenossen angerufen. Bereits sind auch in dieser neuen Richtung, welche die Forschung eingeschlagen hat, nicht unerhebliche Ergebnisse ju verzeichnen, insofern man aus Inbalt, Struktur und Anordnung Andeutungen über die eigenthümlichen physiologischen Funktionen der verschiedenen Gewebesysteme gewonnen hat. So ist denn das Gebäude der Pflanzenanatomie weit über die Dimensionen binausgewachsen, die ihm zunächst bestimmt schienen, und in dem Umfang desselben, in dem Reichthum seines Inhalts und der Vollendung seiner Theile würde sich die erste Anlage aus dem 17. Ighrhundert, aus den Zeiten von Malpighi und Grew, den Begründern der Pflan⸗ ramie, kaum mebr erkennen lassen. .
Ein Ergebniß von allgemeinster Bedeutung, welches die Biologie der Entwickelung der Zellenlebre verdankt, ist endlich der Nachweis der Gleichwerthigkeit des Protoplasmas in den vegetabilischen Zellen mit der sogenannten kontraktilen Substanz, welche in den Infusorien auftritt. Da diese beiden Materien die Träger der Lebensfunktionen, die eine in der Pflanze, die andere in dem niederen Thier, darstellen, so erblickt man in der Uebereinstimmung der ana⸗ tomischen Substrate der physiologischen Thätigkeiten, wie dies schon oben angedeutet worden ist, Anhaltspunkte für die Annahme eines der Pflanze und dem Thiere gemeinsamen Stammbaues. Auf das Licht, welches die mikroskopische Forschung über das Gebiet der Kryvtogamenkunde ausgegossen hat, ist ebenfalls bereits hingewiesen worden, aber die der Loösung des kryptogamischen Räthsels gewidmeten Bestrebungen, welche während des in den Rabmen unserer Betrachtung fallenden Zeitraums mehr als ein Menschenalter lang in dem Mittelpunkt der wissenschaftlichen Bewegung in der Botanik gestanden haben, sind so erfolgreich gewesen und haben zumal auch auf den Entwickelungsgang der Anatomie und Morphologie der Pflanzen einen so tiefgreifenden Einfluß geübt, daß wir noch einen Augenblick bei ibnen verweilen müssen.
Bei unserem Eintritt in den Neubau der Krypt amenkunde, auf dessen Schwelle Pringsheim's Versuche über Algenbefruchtung und Algenkeimung die Blicke fesseln, erkennen wir sofort, daß hier nicht eine Erweiterung, sondern eine völlige Umgestaltung des Vorhandenen stattgefunden hat. Mit der Entdedung der Sexualität der Krypto gamen war die Kluft zwischen geschlechtlichen und vermeintlich un— eschlechtlichen Wesen überbrückt; was in der Wissenschaft ange als Dogma gegolten batte, war ein überwundener Standpunkt geworden. Dem heutigen Forscher ist Sexualität Grund ⸗ bedingung des organischen Lebens. Das Mikrostop hat sie bis in die untersten organischen Kreise verfolgt und gezeigt, daß selbst die histologischen Geschlechtselemente, welche kei dem Thiere beobachtet werden, in der Pflanze wiederkebren. Wir wissen heute, daß der penn germ gang in der ganzen organichen Natur ein e n. artig verlaufender ift, daß sich die beiden charakteristischen Geschlechts elemente, Samenkörper und Ei, bei den höchsten thierischen Wesen und bei den niedrigften pflanzlichen Organismen in gleicher Weise wiederfinden. So hat denn auch die Forschung auf kryptogamischem Gebiet durch Feststellung der sexuellen Uebereinstimmung im ganzen Bereich der organischen Schöpfung nicht wenig dazu beigetragen, der Auffassung eines , r,. Ursprungs der animalischen und vegeta⸗ bilischen Natur Vorschub zu leisten. ; ⸗
Zu derselben Erkenntniß führen aber auch die Untersuchungen in anderen Zweigen der Kryptogamenkunde. Die glänzende Entdeckung des Generationswechsels der Moose und Farne durch Hofmeister, die sich daran anschließenden umfassenden Beobachtungen im Bereich der Embryogenie der Gymnospermen, die Auffindung der Symbiose bei den Flechten durch de Bary und Schwendener, die lückenlose Dar legung endlich einer vollständigen Reihe von Entwickelungsstufen, — von Zelle zu Zelle, vom Ei bis wieder zum Gi — welche dem aus⸗ dauernden Studium des Lebensprozesses der Algen und Pilze gelungen
1890.
ist, alle diese Untersuchungen haben den Entwickelungsplan im Bau und in der Organisation der Pflanzen in den verschiedensten Abthei⸗ lungen des Gewächsreichs klargelegt und die verwandtschaftlichen Be⸗ ziehungen zu dem Entwickelungsplan der Thiere aufgebellt.
Daß im Verfolg der Morphologie und Biologie der Name Charles Darwin's glänzend hervortritt, bedarf kaum einer Erwähnung. Zur Phrysiologie übergebend, führt der Redner aus: Im Jahre 1835 tbeilte Schwann der Versammlung unserer Ggesellschaft, welche damals in Jena tagte, einen hochinteressanten Versuch mit. Er hatte gefunden, daß Fleisch, welches in einem ge wöhnlichen Luftstrom schon nach kurzer Zeit in Fäulniß übergeht, sich wochenlang unverändert erhält, wenn der Luftstrom, ebe er mit dem
leisch in Berührung kommt, durch ein glübendes Rohr gestrichen ist. fast gleichzeitig zeigte Franz Schulze, daß man zu äbnlichen Ergeb- nifsen gelangt, wenn män die Luft, statt, durch ein gläbendes Rohr, durch konzentrirte Schwefelsaure leitet. Die Schlußfolgerung, zu welcher diese Versuche führten, war eine sehr einfache. Das Fleisch gebt nicht von selbst in Fäulniß über. Die Fäulniß wird durch die Keime von Organismen bedingt, welche aus der Luft hinzutreten und durch Glüh— kitze oder Schwefelsäure vernichtet werden können. Was aber für die 16 galt, das mußte sich für zahlreiche ähnliche Prezesse bewabr⸗ eiten. Die Weingäbrung insbesondere wurde von Schwann und Cagniard ⸗Latour als die Wirkung einer Alge, des heute so gründlich erforschten Hefepiljes, erkannt. Die Verfuche von Schwann und Schulze, welche ursprünglich nur den Zweck hatten, die Unhaltbarkeit der Annahme einer Urzeugung darzuthun, sollten schon bald den Anstoß zu einer Reihe höchst wichtiger Forfchungen auf medizinischem Gebiet geben. Schon wenige Jahre sräter (1840) sprach Henle mit erneuter Zuversicht die Ansicht aus, daß bei der Entstehung und Uebertragung von Infektion krankheiten die Keime ähnlicher, in Luft und Wasser verbreiteter Mikroorganismen eine Rolle spielen. Das Contagium animatum der alten Aerzte war vlötzlich wieder zu Ehren gekommen. ;
. Es kann meine Aufgabe nicht sein, Schritt für Schritt den vielverschlungenen Forschungen zu folgen, welche der Anfangs un—⸗ beachtet gebliebenen, später mit Hartnäckigkeit bekämpften Ansicht von Henle schließlich einen sicheren Boden gewonnen haben. Mächtigen Vorschub haben derselben zumal die wichtigen Untersuchungen Pasteur's geleistet, welche die den verschiedenen Gährungs⸗ prozessen zu Grunde liegenden Mikroorganismen zu unter—⸗ scheiden gelehrt haben. Die der jüngsten Vergangenheit an⸗ gehörigen epochemachenden Arbeiten von Robert Koch sind noch frisch in Aller Erinnerung. Es sind zumal die Untersuchungen Koch's und seiner Mitarbeiter, welcke nicht nur den unwiderleglichen Beweis geführt haben, daß Infektionskrankbeiten durch Mikro— organismen wirklich übertragen werden können, sondern auch im Stande gewesen sind, die einzelnen in diesen Krankheiten auftretenden Bakterien in bestimmter Weise zu charakterisiren. Nach einander erscheinen der Bacillus von Milzbrand, Febris recurrens, Tuberkulose, Rotz, Typbus und Diphtherie auf der Bildfläche, bis wir endlich dem böchsten Triumph der bakteriologischen Forschung, dem Komma bacillus der Cholera, gegenüberstehen.
Die Bakteriologie hat, wie jede neue Wissenschaft, eine Reihe von Entwickelungsphasen durchlaufen. Die lange Zeit streitige Frage, ob unter verschiedenen Bedingungen auftretende Bakterien, wie die höheren pflanzlichen Organismen, bestimmte, unveränderliche Arten darstellen, ist jetzt Dank der Vervollkommnung der optischen Hülfsmittel, der Verbesserung des Verfahrens der Reinzüchtung, der Einführung der Bakterienfärbung — die Anilinfarben haben dabei eine nicht unwichtige Rolle gespielt — in der Affirmative entschieden. Ebenso zweifelt heute Niemand mehr daran, daß wir in den Bak terien nicht etwa — wie man früher geglaubt bat — einfach die Begleiter, sondern die wirklichen Erreger von Krankheiten vor uns haben. Ja selbst die lange völlig erfolglos gebliebenen Bestrebungen, durch Vernichtung der Bakterien im Organismus den Krankheiten die Spitze abm⸗ brechen, dürften heute nach Mittheilungen, welche der jüngste internationale Kongreß erbracht hat, nicht mehr so ganz anssichtslos wie ehedem erscheinen. Aber wenn sich diese Hoffnungen auch nicht so bald ver= wirklichen sollten, in einer Versammlung, in welcher das ärztliche Element so stark vertreten ist, brauche ich auf den Ge winn, welcher der Medizin und Gesundheitspflege aus dem Studium der Bakterien bereits erwachsen ist, kaum binzuweisen. Die antiseptische Behand⸗ lung der Krankheiten ist eine Frucht dieser Studien. Seit Ein— fübrung der Schutznockenimpfung durch Jenner ist der Mensch— beit keine größere Wohlthat zu Theil geworden, als diejenige, welche sie aus Lister's Händen empfangen hat. Der Lister sche Verband in seinen verschiedenen Abstufungen, vom Karbolsäuresprühregen bis zur Beschränkung auf peinlichste Reinlichkeit, hat ungezählten Tausenden von Verwundeten das Leben erhalten, ganze Krank⸗ heitskategorien sind — man könnte sagen — heute nahezu ausgestor⸗ ben. Aber auch ganz abgesehen von diesen großartigen Erfolgen, welche zu den schönsten Errungenschaften der modernen Forschung zählen, hat die bakteriologische Wissenschaft bereits zahlreiche Dienste geleistet. Niemand wird leugnen wollen, daß die Gegenwart über umfassende Hülfsmittel der Diagnose von Infektionskrankbeiten ge bietet, von denen eine nicht weit zurückliegende Vergangenbeit keine Ahnung hatte, und daß wir heute, wenn Epidemien drohen, in der Lage sind, weit sicherer als ehedem die Nothwendigkeit prophylaktischer Maßnahmen zu erkennen und ibre Gestaltung zu bestimmen. Und die epochemachenden Ergebnisse der Pasteur'schen Versuche über die Hundswuth, welche einen neuen Gedanken in die Medizin hinein geworfen haben, gehören doch schließlich gleichfalls in den Kreis der hier betrachteten Erscheinungen. ;
Allein auch die Bolkswirthschaft hat aus der bakteriologischen Forschung bereits recht erhebliche Bortheile gejogen. Mit den erweiterten und vertieften Einblicken in das Wesen der Desinfektion. welche sie vermittelt hat, stehen wir den ver⸗ heerenden Seuchen, welche nur zu oft den Viehbestand unserer Landwirthe gefährden, weit besser gerüstet gegenüber. Ganze Heerden werden nicht mehr rücksichtslos geopfert, wenn wir die Ausbreitung der Krankheit auf dem Wege der Desinfektion verhindern können. Wir verschwenden nicht mehr endlose Summen fur Desinfektions mittel, nachdem wir gelernt haben, mit wie geringem Aufwand häufig der beabsichtigte Zweck bereits erreicht wird. Auch die Konservirung der Nahrungsmittel ist in eine neue Pbase eingetreten. Das Appert'sche Ver⸗ fahren, seit mehr als einem halben Jahrhundert mit Erfolg geübt, aber ganz falsch gedeutet, ist plötzlich verständlich geworden. Die ent⸗ wickelunghemmende, beziebungsweise keimtödtende Wirkung der Kälte, der Hiße, der chemischen Agentien ist klargelegt, und wir be— dienen uns der einen oder der anderen Methode se nach den obwal⸗ tenden Umständen, je nach den erstrebten Zielen. Auch bier sind volkswirthschaftliche Erfolge von nicht zu unterschätzender Bedeutung zu verzeichnen. Dank der verbesserten Methode der Konservirung steht beute der Fleischreichthum einer anderen Hemisphäre der fleisch⸗ bedürftigen Bevölkerung Europas zur Verfügung. Aber die batte riologische Forschung , sich schon nicht mehr, nur den Auf⸗ gaben der Ernährung zu Hülfe zu kommen; schon beginnt sie bei der Herstellung auch unserer Genußmittel eine Rolle zu spielen. Es ist bekannt, welche Dienste sie der Reinzucht der Bierhefe geleistet hat.
der Physik hat die Spektralanalyse zu ebenso be—= deutungs vollen Ergebnissen geführt, wie in der Astronomie, und 8 in Hand mit der wachsenden Experimentickunst gehen die pekulativen Forschungen, welche vor Allem die Namen Robert