1890 / 231 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 25 Sep 1890 18:00:01 GMT) scan diff

Minute abgegeben werden. Bei dem Versuche wurden mit dem n . mut Nachrichten in I Minute 25 Sekunden 12 Schuß ab= gegeben. 5s) Schnellfeuer mit scharfen Wandgranaten aus einer 3 em- Schnell senerkanone . 25 in Boqkpivoi⸗Laffete mit kydraulisch gebrem⸗ ssem Rücklauf. Das Gewicht des Rohres betragt 345 kg, das der gußeifernen Wandgranate 8 Kg, das der Ladung rauchlosen Pulvers roh 4 mm Körnergröße o sid zg, das der Laffete 860 kg. Die Granate hat eine Anfangsgeschwindigkeit von 500. m in der Minute. Es können mt dicfem Gescküß 70 25 Schuß in der Minute ab- gegeben werden. Das Probeschießen gelang auch hier vollkommen; eg wurden mit Nachrichlen in einer Minute 12 Schuß abgegeben.

6) Erschießen eines Treffbildes mit Panzergranaten durch eine 82 em · Schnellfeuerkanone . 55 in Schiffssaffete. Die Scheibe stand in einer Entfernung von 2000 m. Das Rohr dieses Geschützes bat ein Gewicht von 665 kg, die Panzergranate ein solches von 7 kg, die Ladung raucklofen Pulvers von 5 mm Körnergröße ein solches von 1,2 kg, die Laffete mit Schild ein solches von 1663 kg. Die Anfangsgefchwindigkeit der Granate beträgt 660 m. Es wurden mit diefer Kanone 15 Schüsse abgegeben. Das erschossene Treff bild war ein gu es.

ah Erklärung und Vorexerciren einer versenkbaren Panzerlaffete für eine 5.7 em. Schnellfeuer Kanone L 25, Einzel- und Schnellfeuer mit scharfgeladenen Ringgranaten gegen eine stehende Schützenlinie. Die Erklarung dieser Gruson⸗Schumann'schen Panzerlaffete wurde von Hauptmann Dreger und Lieutenant Rubnke gegeben, Die Laffete machte eine Umdrehung in 20 Sekunden. Die Beweglichkeit dersel ben war ganz vorzüglich und wurde von zwei in derselben sitzenden Leuten ausgefübrt. Bas Ziel war auf 1b00 m Entfernung aufgestellt. Es wurden 5 Schuß im Schnellfeuer auf den linken Flügel der Schützenlinie, dann 5 Schuß auf den rechten Flügel abgegeben. Zum Schluß folgten noch zwei Mal 5 Schuß ebenfalls im Schnellfeuer. Je 5 Schuß wurden in 102 —– 11 Sekunden abgegeben. Die Anfangz⸗ geschwindigkeit der 272 kg wiegenden Granaten beträgt 480 min ber Sekunde. Das Gewicht der Laffete mit Vorpanzer ohne Rohr beträgt 14700 kg, das des Rohres 180 kg.

Wilhelmshaven, 22. September. Dem „Hann, Cour.“ wird Über den schon in Nr. 228 des „R. u. St.⸗A.“ gemel⸗ deten Versuch mit dem Fesselballon des Näheren geschrieben:

Nachdem am Freitag unter der Führung des Hauptmanns von Tschudi, à la suite der Luftschiffer-Abtyeilung, ein Detachement derselben, bestehend aus 1 Offizier, 3 Unter⸗ offizieren und 10 Mann, hier eingetroffen und an Bord des Artillerie⸗Schulschiffes „Mars“ eingeschifft worden war, be— gannen am Sonnabend die Vorbereitungen für die erste Üebung, die für heute Morgen 19 Uhr festgesetzt wurde. Bald nach 1090 Uhr bestieg Hauptmann von Tschudi die Gondel. Der Ballon, mit einem feinen Drahtseil an das Artillerie⸗Schulschiff gefesselt, stieg etwa 400 m hoch und bewegte sich langsam hin und her. Nach kurzer Zeit ließ er sich langsam wieder auf das Achterdeck des „Mars“, auf welchem auch Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich der Uebung zusah, herab. Dann begab sich ein Marine⸗Offizier in die Gondel und nahm kurze Zeit hindurch Beobachtungen vor. Nach ihm versuchten noch fünf Offiziere nur je einer nahm immer in der Gondel Platz den Aufstieg. Der etwa 30 Fuß im Durchmesser haltende kugelrunde Ballon war bereits gestern Abend mit dem nöthigen Gas gefüllt worden. . Nachmittag wurden bei schönstem Wetter die Uebungen fortgesetzt. Morgen früh verläßt der „Mars“ den Hafen, um nach der Jahdemündung zu gehen, wo ham der Fesselbalon von Neuem seine Reisen antreten wird.

Kiel, 25. September. Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich ist heute früh 1 Uhr von Bremen hier eingetroffen. Die Manöverflotte, welche gestern in der Eckernförder Bucht Landungsversuche machte, übte diese Nacht mit der Torpedoboots⸗Flottille in der hiesigen Bucht.

Bayern.

München, 24. September. Se, Königliche Hoheit der Prinz Ludwig ist mit seinem Sohne, dem Prinzen Rupprecht, Königliche Hoheit, gestern Abend aus Dresden hier angekommen und am Centralbahnhof von dem Hof⸗ marschall Grafen von Holnstein empfangen und in das Wittelsbacher Palais geleitet worden.

Württemberg.

Stuttgart, 25. September. Ihre Majestäten der König und die Königin haben, wie „W. T. B.“ meldet, der Generalversammlung des evangelischen Bundes auf die in Rr. 230 des „R. u. St.⸗A.“ mitgethetlte Begrüßungs⸗ Depesche folgendes Antwort⸗Telegramm zugehen lassen:

„Ihre Majestäten der König und die Königin lassen der in Höchstihrer Residenzstadt Stuttgart, tagenden General⸗ versammlung' des evangelischen Bundes für die telegraphische Huldigung und die dargebrachten guten und theilnehmen den Wünsche verbindlich danken und dieselbe, mit ihr von der Reberzeugung ausgebend. daß Ueberwindung, der sozialen Nothftände unserer Zeit und Förderung wahren Volkswohls nur auf kirchlichem Boden möglich ist, Höchstihres aufrichtigen Interesses für ihre Berathungen versichern. Kabinets⸗Chef Griesinger.“

Ihre Durchlauchten der Herzog Wilhelm und Für st Kar von Urach, Grafen von Württemberg, sind am 22. d. M. von Friedrichshafen wieder abgereist.

Der General⸗Adjutant Sr. Majestät, General⸗Lieutenant

reiherr von Molsberg hat sich, dem „StA. f. W.“ zu⸗ olge, nach Riedlingen begeben, um im Auftrage des Königs den Corps-Manövern beizuwohnen.

Gegen den Entwurf einer Verwaltungsreform hat der hiesige Volksverein entschiedene Stellung genommen. 9 Einzelnen verlangt die Volkspartei, wie man der

Allg. Ztg.“ schreibt, a e feng, der Lebenslänglich⸗ feit der Orlsvorsteher, Beschränkung des Rechts, die. Be⸗ stätigung einer Ortsvorsteherwahl zu verweigern, direkte Wahl ö Mitglieder der Amtsdersammlung durch die Gemeindebürger, Verwerfung des Vorrechts der Höchst⸗ besteuerten zum Sitz im Gemeinderath, unmittelbare Unter⸗ stellung der größeren Städte unter die Kreisregierung, Stuttgarts unter das Ministerium des Innern; ferner ver⸗ wahrt sie sich dagegen, daß durch Anstellung von besolzeten n, . privilegirte Elemente dem Rathhaus zugeführt werden.

Sach sen⸗Coburg⸗Gotha.

Coburg, 25. September. Se. Hoheit der Erbprinz und Ihre Königliche Hoheit, die Exrbyrinzessin von Sachsen-Meiningen, sowie , . die Herzogin von Edinburg sind, wie „W. T. B.“ meldet, von München hier eingetroffen.

Bremen.

42

richtet, aus . kommend, heute hier ein und wurde auf dem Bahnhofe von dem preußischen General⸗Konsul Delius empfangen. Höchstderselbe begab sich von dort nach der Nordwestdeutschen Gewerbe- und Industrie⸗Ausstellung im Bürgerpark. Der Prinz besichtigte die Ausstellung unter Führung des Vorstandes derselben Christoph. Papendieck und befuchte sodann das Panorama: „Einfahrt eines Lloyddampfers in New⸗Hork“. Später fand ein Diner in Hillmann's Hotel statt, zu welchem der Bürgermeister Buff, der Oberst vo0n Brodowski, das Vorstandsmitglied Papendieck, der Direktor des Norddeutschen Llond Lohmann, der Gencral⸗ Konsul Delius sowie die beiden Adjutanten Sr. Königlichen Hoheit geladen waren. Nach dem Diner setzte Prinz Heinrich die Weiterreise nach Kiel sort.

Oesterreich⸗Ungarn.

Wien, 265. Seplember. Die „Wiener Zeitung“ meldet, Se. Majestät der Kaiser und König bewilligte die vom FMS. von Blazekovic aus Gesundheitsrücksichten erbetene Enthebung von dem Amt des Statthalters von Dalmatien unter dem Ausdruck der vollen Anerkennung fuͤr die dem Staat in treuer Hingebung geleisteten ausgezeich⸗ neten Dienste. .

Se. Majestät der König von Rumänien und Se. Königliche Hoheit der Prinz Ferdinand von Rumänien find, wie ‚W. T. B.“ meldet, heute früh hier eingetroffen und gedenken ihre Reise niorgen Abend nach Rumänien fort⸗ usetzen.

uf e. gestern bereits erwähnte Aufruf des Bürger⸗ meisters Br. Prix an die Bewohner der Häuser jener Straßen, welche Sc. Majestät der Deutsche Kaiser bei seiner Fahrt passiren wird, lautet: Mitbürger! Am 1. Oklober d. J, früh 9 Uhr, wird Se. Majestät der Deutsche Kaiser und König von Preußen als Gast Sr Majestaͤt unseres Kaisers auf dem Nordbahnbofe in Wien ein treffen und sich durch die Praterstraße, über die Aspern⸗Brücke, Ring⸗ straße in die Kaiserliche und Königliche Hofburg und Mittags durch bie? Babenberger und Mariahilferstraße in das Kaiserliche und Königliche Lustschloß Schönbrunn. begeben. Mitbürger! Gebt der Freude über die Ankunft des erlauchten Fürsten Ausdruck, schmückt festlich die Häuser in den Straßen, durch welche die Fahrt der Majestäten erfolgt, und zeigt, welch kräftigen Widerhall das Freundschafts. und Friedens bündniß zwischen den Häusern Habsburg und Hohenzollern auch im Herzen des Volks gefunden hat. Wien, 23. September 1899. .

In dem Ehrenbeleidigungs⸗-⸗Prozeß des F3M. Freiherrn von Scudier gegen das „Vaterland“ wurde durch einstimmiges Verdikt der Geschworenen der Redacteur Koller zu achtmonatlicher Arreststrafe und der Redacteur Rath zu 50 Fl. Geldstrafe, event. zehntägigem Arrest verurtheilt.

Großbritannien und Irland.

London, 24. September. Die Königin von Ru⸗ mänten kehrie vorgestern von Irland nach Wales zurück, Zu den Verhandlungen, welche Sir Evelyn Barkng und General Gren fell als Bevollmächtigte Groß⸗ britanniens demnächst mit der it alienischen Regierun über die Grenze zwischen Sug kim und Massova pflegen werden, bemerkt die „Times“;

„Die italienische Regierung glaubt, daß es wünschenswerth sei, da Italien in Massovah, und Egvypten, d. h. England, in Suakim ist, einen mittleren Punkt zwischen diesen beiden Häfen auszufinden zur Abgrenzung der beiderseitigen Einflußsphären. Mag es noth⸗ wendig fein oder nicht, jedenfalls läßt sich gegen den Wunsch der Italiener wenig einwenden. Zwischen Suakim und Massovah sst keine kommerziell oder strategisch wichtige Stellung. Der Anspruch Italiens könnte sofott und ohne Murren gewährt werden, wenn nicht die kürzlich entwickelte Hinterlands⸗ lehre im Spiel wäre. Es kann natürlich nicht in Frage kommen, Italien ein Hinterland zu gewähren, welcheg sich nach Westen von der Küste des Rothen Meeres unterhalb der vorgeschlagenen Abgrenzungslinie hinzöge und es in den Stand setzen würde, feine Macht bis zum Atbara und Kassala und selbst bis zum blauen und weißen Nil nach Chartum auszudehnen. Ein Küsten⸗ streifen mit einer Grenze, die mitten zwischen der See und dem Atbara bestimmt wird, sollte alle legitimen Ansprüche Italiens in jenen Gegenden, abgesehen von Abessinien, befriedigen.

Wie der „Dublin Expreß“ mittheilt, hat die Midland Eisenbahn-Gesellschaft von Irland ein Abkommen mit dem britischen Schatzamt getroffen bezüglich des Baues der Galway und Clifton-Bahn, sodaß den armen Kreisen des westlichen Irland keine Ver⸗ pflichtung, weder gegenwärtig, noch in Zukunft, er⸗ wächst. Sollte im Winter Noth eintreten, so können die Arbeiten schon im nächsten Monat begonnen werden. Der Sber⸗Sekretär Bal four hat sich persönlich für das Zustande⸗ kommen des Vertrages lebhaft interessirt. Wahrscheinlich wird die Regierung auch eine Summe zur Perbesserung des Hafens von Elifd en aussetzen, was der Entwickelung der Fischerei zu Gute kommen würde.

Im Zusammenhang mit der gegen die Leiter des Feldzugsplans in Tipperaryn eingeleiteten Kriminal⸗ prozedur wurde vorgestern auch der Redacteur der Zeitung „New Tipperary! John Mahoney verhaftet, dann aber gegen Kautionsstellung auf freien Fuß gesetzt.

Aus Folkestone, von heute, meldet ein Wolff 'sches Telegramm: Der Graf von Paris hat an den Senator Bocher ein Schreiben gerichtet, in welchem er sagt, er wolle bei seiner Abreise von Europa nicht unter dem Druck von Irrthümern und Verleumdungen bleiben, welche durch die juͤngflke Zeitungsfehde erzeugt worden seien. Er glaube, die Interessen der monarchischen Sache in einem schwierigen Zeit⸗ punkte richtig verstanden zu haben. Von der Republik ver⸗ bannt, habe er die Waffen ergriffen, die sie ihm selbst ge⸗ liefert habe; er bedauere nicht, sich derselben bedient zu haben, um die n n,, Partei zu zersplittern. Als Vertreter der Monarchie dürfe er keine Gelegenheit vorübergehen lassen, ihren Triumph vorzubereiten. Nie habe er einen anderen Zweck verfolgt, nie etwas Anderes erstrebt, als was Frankreich selbst gewollt habe. Heute wünsche er nur, daß sich seine Freunde nicht durch gegenseitige Beschul⸗ digungen aufhalten lassen, daß sie laut ihren Glauben an das monarchische Prinzip bestätigen, daß sie sich vereinigen, um den Kampf fortzusetzen. Sie würden nur das Pertrauen Frankreichs verdienen, wenn sie Vertrauen in sich selbst, in ihre aute Sache und in Gott hätten. . . .

Ueber einen neuen Aufruhr in Indien berichtet ein Telegramm des „Bureau Reuter“ aus Kalkutta:

In Manipur brach in der Nacht vom 21. d. M. eine Re vo⸗

mächtigte. Der Maharadjah flüchtete in die Amtszwohnung de- britifchen Residenten, wo sich 2 Compagnien leichter In fan terie befinden, eine Truppenmacht, die hinreichend stark ist, um die Aufstaͤndischen zu bewältigen. (Manipur ist ein von der indischen Regierung abhängiges, ihr aber nicht . Land im äußersten Osten Indiens, zwischen Afsam, Kaschgar und Birma

gelegen.) Frankreich.

Paris, 25. September. Wie die gestrigen Abendblätter mittheilen, würde der Finanz⸗Minister Rouvier mit der Budg et Ko mmission sofort nach deren Zusammentritt am 14. Oktober über die Deckung des aus der Verminderung der Grundsteuer entstehenden Ausfalles von 13 Millionen Frances im Budget für 1891 berathen.

Ein Torpedoboot hat in Toulon bei der Uebung dadurch schwere Havarie erlitten, daß die Ladung des Torpedos rückwärts explodirte.

Rußland und Polen.

St. Petersburg, 23. September. Der Emir von Buchara hat, wie die „Now. Wr.“ erfährt, seinen ältesten Sohn, der hier im Pagen-Corps erzogen werden sollte, durch den Tod verloren. Die bucharische Gesandtschaf t, die zum Herbst hierher erwartet wurde, wird daher nicht abgeschickt werden. Dasselbe Blatt erfährt, daß der Emir in Mos kau ein Konsulat zu gründen wünscht und daß zwischen Persien und Rußland ein neuer Handelsvertrag abgeschlossen werden soll.

Die „Nowosti“ melden, daß in Folge des Beschlusses, in Ssewastopol einen Kriegshafen anzulegen, zwischen dem Ministerium des Auswärtigen und den betreffenden Regierungen Unterhandlungen wegen Ueberführung der dortigen Kon⸗ sulate in eine andere Stadt der Krim angeknüpft worden sind.

Der Staatssekretär von Giers ist aus Finland nach St. Petersburg zurückgekehrt. Die Reise des Finanz⸗ Ministers nach Mittel-Asien wird, der „Now. Wr.“ zu⸗ folge, auch für die Frage der Weiterführung der Transkaspi⸗Bahn in nördlicher Richtung sowie fur die Handelsinteressen der mittelasiatischen muselmanischen Terri⸗ torien von großer Bedeutung sein.

Der Stapellauf des Panzerschiffes „Hangönd“ soll in der Neuen Admiralität am 2. Oktober stattfinden.

Italien.

Rom, 24. September. Das Banket, welches zu Ehren des Minister-Präsidenten Crispi in Florenz stattfinden soll, ist, dem „W. T. B.“ zufolge, abermals und zwar auf den 8 Oktober verschoben worden. .

Die Mittheilung der „Gazzetta Uffiziale“, wonach der Finanz ⸗Minister Seis mit⸗Doda mittels niglich en Dekrets seines Amts enthoben wurde, (vgl. Nr. 230 d. „R. u. St. A.“, hat das größte Aufsehen erregt und das Inieresse an allen anderen politischen Fragen zurückgedrängt. Die „Pol. Corr.“ schreibt dazu: .

Diese bemerkenswerthe Wirkung der Veröffentlichung des Amts⸗ blatts dürfte sich wohl nicht auf Rom und Italien beschränken, ja, man kann wohl annehmen, daß die Entlassung Seismit Dodas im Autlande noch größeres Aufsehen erregen wird, da sie in erster Linie ein Ereigniß der internationalen Politik ist und die innere

olitik Italiens erst in zweiter Reihe berührt. Es steht außer Zweifel, daß Herr Crispi für die bedauerliche Erscheinung, daß ein Mitglied der italienischen Regierung bei einem Bankette in Üdine irredentistische Reden anhörte, dem befreundeten Oesterreich-= Ungarn eine volle Genugthuung bieten wollte, welche gleichzeitig ge⸗ eignet ist, die Unerschütterlichkeit des Dreibundes in das beste Licht zu stellen. Die Entschiedenheit, mit welcher Herr Crispi in dieser An⸗ gelegenheit vorging, wird nicht verfehlen, das Vertrauen, welches man in Wien und Berlin der Politik Crispis entgegenbringt, neuerdings zu festigen; in Italien aber ist der Fall des entlassenen renn, n ge, für alle staatlichen Organe eine strenge Warnung, sich jedes Thuns zu enthalten, welches auch nur den gerirgsten un gn an der Ehrlichkeit und Verläßlichkeit der italienischen Politik hervorzurufen im Stande wäre. Allerdings war Hr. Seismit ⸗Dodg kein Mitalied der Regierung, dessen Ausscheiden aus dem Kabinet allseitiges Bedauern hervorrufen könnte; dieser Umstand hätte jedoch kaum zu seiner plötzlichen Enthebung vom Amt geführt, wenn sich derselbe nicht in Widerspruch zu der auswärtigen Politik des Herrn Crispi und den Rücksichten, die sie bedingt, gesetzt hätte. Der Minister⸗ Präsident wurde vielmehr durch die Haltung Seismit⸗ Dodas's in die Nothwendigkeit versetzt, durch ein energisches Vor= gehen kundzuthun, daß jene Haltung in den leitenden Kreisen der ent⸗ schiedensten Mißbilligung begegne. Daß Herr Seismit⸗-Doda irreden- tistischen Grundsätzen huldigte und seiner Zeit auch ein thãtiges Mitglied der Irredenta war, bätte ihm als Privatmann nicht zum Vorwurf gemacht werden können; als einem Mitgliede des Kabinets Crispi lag ihm jedoch die Pflicht ob, seine Haltung in jeder Beziehung mit der Politik des Kabinets in Einklang zu bringen und jede Aktion zu vermeiden, welche den geringsten Zweifel an der Loya⸗ lität der Politik der Regierung hätte hervorrufen können. Indem Hr. Seismit⸗Doda schweigend und ohne Widerrede die irreden⸗ fsstischen Bankettreden in Udine anhörte, in welchen Oester⸗ reich- Ungarn und dessen Regierung in scharfer Weise anger griffen wurden, trug derselbe zu dem Glauben bei, daß er mit dem Inhalt dieser Reden vollständig, einverstanden sei und die Richtung dieser Ausführungen billige, seine Anschauung somit in einer der wichtigsten Fragen der auswärtigen Politik, in der Bündnißfrage, mit jener der Regierung sich nicht in Uebereinstimmung befinde. Eine solche zweideulige Haltung konnte Herr Crispi nicht dulden, und die Form, in welcher Herr Seismit-Doda seine Entlassung erhielt, beweist zur Genüge, wie sehr dem Minister Präsidenten daran gelegen war, durch einen bedeutsamen Akt der Möglichkeit vor- jubeugen, daß die Politik des Kabinets mit jener des Herrn Seismit ⸗Doda identifizirt werde. Herr Seis mit · Doda gehört nicht mehr dem Kabinet an und hat sein Portefeuille bereits seinem früheren Kollegen Minister Giolitti übergeben, welcher das Ressort bis zur endgültigen Besetzung der Stelle des Finanz= Minlsterg verwalten wird. Aber nicht zufrieden mit der Eatlassung des Hrn. Seismit⸗Doda, hat der Minister ⸗Präsident auch den Prä⸗ fekten von Udine seines Amts enthoben, weil derselbe nicht Mittel und Wege gefunden hatte, eine Oesterreich Ungarn feindliche Kund. gebung in Gegenwart eines Ministers zu verhindern. Er bätte damit einem Skandal vorgebeugt, welcher nur durch die Entlassung des , mne und die Enthebung des Präfekten gesühnt werden onnte.

Portugal.

Ueber die Wahlkrawalle in Goa wird der „Allg. Corr. aus Bomb an unterm 23. d. M. weiter gemeldet:

Hier eingegangene Vepeschen schildern die Lage in Goa als noch immer fehr ernft. Die Zeitung „India Portugueza“, das Organ des . der Volkspartei, Senhor Loyola, hat. auf Befehl der Be= örden ihr Erscheinen eingestellt und in der Altstadt von Goa, dem Schauplatz der Ruhestörungen am vorigen Sonntag, ist der Be⸗ Iagerungszustand proklamirt worden. Milttärpatrouillen ziehen durch die Straßen und viele Häuser sind von ihren Insassen geräumt worden. Verhaftungsbefchle gegen Senhor Loyola und andere Führer der Volkepartei sind erlassen worden und deren

Bremen, 24. September. Se. Königliche Rt der Prinz Heinrich von Preußen traf, wie „W. T. B.“ be⸗

lution aus. Es scheint, da der Bruder des Mahargdjah sich des Palastes, des Pulvermagazins und einer Anzahl Bergkanonen be⸗

Wohnungen sind von Soldaten umringt. Die ganze Provinz

Salsette ist unter Belagetnngszu stand gestellt worden. Das vortugiesische Regierungsorgan Ultramas“ stellt in Abrede, daß die Beamten in dem Krawall am Sonntag die Angreifer waren. 18 Per sonen wurden bei dem Aufruhr erschossen und 15 verwundet. Unter den Todten befindet sich ein Mitglied der portugiesischen Cortes.

Einer neueren Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ vom 24. d. aus Bombay zufolge, war im Distrikt Salsette in Folge des energischen Eingreifens der Regierung sowie der Lokal⸗ hehörden Alles wieder ruhig. Die Ruhestörer sind ent— flohen. Die Behörde betreibt eifrig die Untersuchung und die Wahlen nehmen ihren Fortgang.

Schweiz.

Bern, 24. September. Der Bundesrath hat auf den nächsten Sonnabend, Vormittags 10 Uhr, je 9 der hervorragendsten Parteiführer der kon ser⸗ vativen und der liberalen Partei im Kanton Tessin zu einer Konferenz einberufen, in welcher unter seiner Vermitte⸗ lung eine Verständigung zwischen beiden Parteien erzielt werden soll. Gleichzeitig theilte der Bundesrath dem Kommissar Kuenzli mit, daß er zur Zeit noch nicht in der Lage sei, über die Frage der iederaufnahme der Re⸗ gierungsgewalt durch den Staatgzrath zu entscheiden.

Der Nationalrath hat, dem „W. T. B.“ zufolge, mit 70 gegen 7 Stimmen einen Antrag auf Einführung des Banknotenmonopols zu Gunsten des Bundes und auf Errichtung einer Landesbank im Prinzip angenommen.

In der jetzt veröffentlichten bundesxräthlichen Bot— e mz er die Tessiner Angelegenheit, vom 22. d. M.,

eißt es:

Stolz und eifersüchtig auf seine Unabhängigkeit, innig verwachsen mit den demokratischen Institutionen, und der schweizerischen Eid⸗ genossenschaft unverbrüchl ich zugethan, leidet das tessinische Volk mit seinen großen Herzeng⸗ und Hreisteseigenschaften an einem schlimmen und tief eingewurzelten Uebel. Seitdem es Herr seiner Ge— schicke geworden ist, hat das Parteileben im Kanton eine über—⸗ mäßige Entwickelung genommen, welche in mehr als einer Be⸗ ziehung an die leidenschaftlichen Kämpfe der italienischen Republiken des Mittelalters und sogar einzelner unserer demokratischen Kantone in einer glücklicher Weise weit hinter uns zurückliegenden Epoche er⸗ innert. Die tessinischen Bürger scheiden sich in zwei feindliche Par⸗ teien von ungefähr gleicher Stärke, welche abwechselungsweise mit allen möglichen Mitteln sich der Gewalt zu bemächtigen streben, um sie dann gegen die besiegte Partei zu gebrauchen. Die beiderseitige Presse, stets auf dem Kriegsfuß stehend, führt die leidenschaftlichste Sprache. Jede Partei wendet sich an ihre politischen Gesinnungsgenossen dies seits der Alpen und bemüht sich, und zwar des Oeftern nicht ohne Erfolg, sie für ihre Sache zu begeistern. Und so steht das Schweizer⸗ volk, wenn man sich nicht vorsiebt, stets in Gefahr, sich selbst über der tessinischen Frage in zwei Lager zu spalten, was wiederum gewiß nicht zur Pazifikation des Tessin beiträgt, besonders wenn die schwei⸗ zerische Presse auch ihrerseits ihre Besprechungen nicht immer in den gehörigen Schranken zu halten vermag.

Ferner wird in der Botschaft ausgeführt:

. Die Bundesbehörden baben die Pflicht, das Beispiel der Kalt blütigkeit und Unyarteilichkeit in der Beurtheilung und Besprechung der Tessiner Angelegenheiten zu geben. Die Schwierigkeiten sind obne Zweifel, ernst, sehr ernst sogar, aber sie sind nicht unlösbar. Und wenn die Männer von gutem Willen aus allen Parteien, im Tessin wie. diesseits der Alpen, ihre Anstrengungen in patriotischem Sinne vereinigen wollen, so ist es sicherlich möglich, das Gute gerade aus dem Ueber maß des Schlimmen hervorgehen zu lassen.

Niemand wird bestreiten, daß eine der Hauptursachen der Krisen, welche , den Kanton Tessin beunruhigen, in den mangelhaften Wahl und Abstimmungseinrichtungen besteht. Die tessinischen Stimmrechtsvorschriften sind komplizirt und unklar und werden gerade in Folge dieser Komplizirtheit, welche die Parteimanöver begünstigt, auch nicht richtig angewandt. Beweis dafür die zahlreichen Rekurse und die ebenso zahlreichen Fälle von eidgenössischer Intervention, welche seit 1848 in Wahlangelegenheiten vorgekommen sind. Die Grund lagen der Volksvertretung im Großen Rath sind nicht billig; dies bezeugt der Umstand., daß bei den Gesammterneuerungswahlen vom

3. März 1889 von 25 O0 Wählern die eine Hälfte pös einige Hun⸗ dert Stimmen 75 Deputirte gewählt, die andere Hälfte weniger einige Hundert es nur auf 35 Abgeordnete gebracht hat.

Vor Allem müssen also die Anstrengungen dahin zielen, daß diese offenkundige Ungerechtigkeit verschwinde und ein zuverlaͤssigeres Wahl⸗ recht geschaffen werde.

Man wird uns einwenden, daß es auch in der übrigen Schweiz mangelhafte Wahl⸗ und Abstimmungseinrichtungen gebe. Wir geben dies zu, aber so viel ist sicher, daß im Tessin das Uebel am brennendsten ist; das dort angewendete Heilmittel mag dann auch auf andere Fälle Anwendung finden. Es ist Sache des Kantons selbst, dessen Anwendung zu versuchen: die Gelegenheit dazu ist geboten durch die Volksabstimmung vom 5. Oktober. Er⸗ weist sich aber der Tessin als ohnmächtig, diese Reform durchzuführen, dann werden wir zu untersuchen haben, ob nicht der Bund inter veniren solle, indem er von den verfassungsmäßigen Befugnissen Ge⸗ brauch macht, wie solche im Einzelnen in Art. 5 und 6 der Bundes verfassung begründet sind.

Eine zweite Hauptursache der beständigen Gährung im Kanton Tessin bestebt darin, daß derselbe beinahe niemals die Wohltbat einer gemäßigten Regierung kennen lernte, welche das Land im Interesse Aller und nicht im ausschließlichen Interesse einer Partei regiert hätte. Die Bestellung einer gemischten Regierung, in welcher die Mehrheits⸗ partei durch drei, die Minderheit durch zwei Mitalieder vertreten würde, wäre sicherlich eine große Garantie für eine unparteiische Beschäftsleitung und folglich auch für den öffentlichen Frieden. Gegenwäãrtig wären die Verhältnisse für eine solche Ver ständigung günstig. Gin Staatsrath ist leider während des Aufstandeß gefallen. Hr. Bonzanigo hat dem Hrn. Kommissar Künzli erklaͤrt und gegenüber von Mitgliedern des Bundes⸗ rathes wiederholt, daß er im Interesse der Herstellung des Friedens seine Demission anerbiete. Andere Kombinationen sind möglich und wahrscheinlich. Wir verzweifeln nicht daran, sie zu einem guten Re⸗ sultate führen zu sehen. Unterdesfen wird unser Kommissar, unter Zuziehung von Vertrauensmännern beider Pareien, den Kanton ver— walten, und dieses Regime ist das einzige, welches für den Augenblick die Parteileidenschaften von neuen Ausbrüchen zurückhalten kann.

Was im Tessin ebenfalls noch fehlt, das ist eine Zusammen · un der Gerichte, in welcher beide Parteien vertreten waͤren und ich gegenseitig überwachen könnten.

Sobald, aber die beiden ersten Desiderata, nämlich die Reform der Wahl⸗ und Abstimmungseinrichtungen und die Aufstellung einer gemischten w,, einmal erreicht werden könnten, so möchte es keinem Zweifel mehr unterliegen, daß derselbe Geist der Versöhnung auch auf das Gebiet der Justiz sich ausdehnen würde.

Die Abstimmung vom 5. Oktober wird uns 21 allen Gesichts · punkten über die Willensmeinung des tessinischen Volks aufklären. Welches aber auch deren Resultat sein möge, es wird uns nicht von

der Aufgabe entbinden, mit aller Kraft die Lösung der Schwierigkeiten zu verfolgen, welche wir hier dargelegt haben.

Der Kanton Tessin ist ohne Zweifel ein souveräner Kanton wie die andern. Aber er soll sich selbst zu regieren verstehen und hat keine Berechtigung, Kraft dieser seiner Souveränität fortwährender Anlaß der Beunruhigung und der Gefahr für die übrige Eid⸗ 6 en schaft zu sein. Jetzt ist die Gelegenheit geboten, diesem

anton eine bessere Zukunft zu sichern; es ware ein schwerer Fehler, sie unbenutzt zu lassen.

An der Erfüllung dieser Aufgabe wollen wir arbeiten. Und um sie mit allem wünschenswerthen Nachdruck erfüllen zu können, zählen wir auf die einhellige Unterstützung der Bundes versammlung, und dann

werden wir beiderseits sicher sein knnen, daß das Schweizervolk in seiner ungeheueren Mehrheit das in voller Uebereinstimmung unter- nommene Werk der Pazifikation des Tessin und der Herstellung einer gerechten, dauerbaften Ordnung in diesem schönen, durch innern Zwie⸗ spalt so unglücklich gewordenen Kanton billigen wird.“

Echweden und Norwegen.

Stockholm, 24. September. Der schwedisch⸗norwegische Gesandte in Konstantinopel von Reuterskiöld ist, . „W. T. B.“ zufolge, zum Gesandten in St. Peters—⸗ burg ernannt worden.

Amerika.

Pereinigte Staaten. Washington, 24. September. Präsident Harrison, welcher noch in Cresson weilt, hat, dem „R. B.“ zufolge, von dem Senator Aldrich und dem Abg. Me Kinley telegraphisch die Mittheilung erhalten, daß nach ihrer Meinung der Kongreß die Tarifbil!l noch im Laufe dieser Woche erledigen werde, worauf er sich bis zum 1. Oktober vertagen wird. Die Tarijkonferenz hat, wie „W. T. B.“ weiter meldet, den Champagner⸗ zoll auf. 8 Doll. per Dutzend Quarts und den Zoll auf Wein und Cognge auf 2 Doll. per Gallone festgesetzt; der Zoll auf Gemälde, Statuen und Kunst⸗ werke wurde auf 15 Proz. herabgesetzt. Die Frist für die Entnahme von den vor dem 1. August unter Zollverschluß ge⸗ legten Waaren wird auf den 1. Februar anberaumt. Das Inkrafttreten des Tarifgesetzes wird voraussichtlich bis zum 15. Oktober verschoben werden. Die gegen die Lotterien gerichtete Bill ist jetzt in Kraft getreten. Die Po st wird somit in Zukunft alle Zeitungen von der Beförderung ausschließen, welche Lotterie⸗Annoncen enthalten.

Die Panzerplatten-Versuche wurden am 21. d. in Annapolis in Gegenwart des Marine⸗Ministers und hervorragender Offiziere der Armee und Marine fortgesetzt. Ein 210pfündiges Geschoß wurde aus einer 8zölligen Kanone gegen jede der verschiedenen Platten abgefeuert. Die fran⸗ zösische Nickel stahlplatte widerstand, wie man der „Allg. Corr.“ meldet, dem Schuß am Besten.

Brasilien. Aus Rom wird dem „Daily News“ unterm 22. d, gemeldet:

Die Beziehungen zwischen der brasilignischen Regierung und dem katholischen Klerus in Brasilien nähern sich einer offenen Feindseligkeit, da alle Versuche, ein Uebereinkommen zu er⸗ zielen, gescheitert sind. Der brasilianische Episkopat hat einen energischen Protest gegen die von der gegenwärtigen Regierung und insbesondere vom Marschall Deoderd da Fonseeg ein- geführten religiösen Reformen veröffentlicht. Die Bischöͤfe geben darin ihrer Liebe für das Land Ausdruck, erklären aber, daß sie alle gegen, die Kirche eingeführten Maßregeln und namentlich diejenigen, betreffend die Gewissensfreiheit, die Civilebe, die Unterdrückung des Kreuzes im nationalen Banner, die absolute Abschaffung jeder Staatsreligion und die politische wie administrative Unwählbarkeit von Priestern, bekämpfen würden. Die Abberufung der brasilianischen Legation beim päpstlichen Stuhl wird eine unver⸗ , Folge der von dem katholischen Klerus eingeschlagenen Hal⸗

ng sein.

Afrika.

Zu der in der gestrigen Nummer d. Bl. mitgetheilten Ermordung des deutschen , Küntzel und sieben anderer Deutschen in Witu n ö. „N. AM. Z.“

„Hr. Andreas Küntzel stammte aus Eppenreuth im Fichtelgebirge. Nach Afrika ist er zuerst wohl als Soldat in der französischen , ,, . gekommen. Am 23. Juli d. J. hatte er mit mehreren Deutschen, unter welchen sich ein Ingenieur, ein Arzt, ein Tischler, ein Bäcker und ein Mechaniker befanden, auf dem Dampfer Reichstag‘ der deutschen Ost ⸗Afrika⸗Linie von Hamburg die Reise nach Sansibar angetreten, um in. Lamu im Witugebiet eine Dampfsägemühle anzulegen. Zu diesem Zwecke führte er Maschinen und sonstige Artikel, in 91 großen Klsten verladen, eine Loko—⸗ mobile, diverse Wagen, höljerne Häuser mit den dazu gehörigen Zink ⸗Wellblech⸗ Bedachungen u. s. w. mit sich. Am 27. August ist bekanntlich der Dampfer in Sansibar eingetroffen, in der Zeit bis Mitte September hat also Hr. Küntzel seine Uebersiedelung nach Witu ausgeführt. (Nach anderer Version war der Dampfer „Reichs⸗ tag“ diesmal ausnahmsweise auf der Fahrt nach Sansibar in Lamu etwa am 25. August, Hrn. Küntzel's wegen, gelandet, sodaß dieser schon am 25. sich und seine Sachen in Lamu ausschiffen konnte.) Ueber die Veranlassung des Streites zwischen ihm und den Be⸗ wohnern ven Witu, der so tragisch endete, enthält das Telegramm keine Andeutung. Die Vermuthung liegt nahe, daß ihm Schwierig keiten gemacht wurden, als er sich in den Besitz der Liegenschaften 6 wollte, die er als sein Eigenthum beanspruchte, und daß seine 6e 6 n durch diesen Widerstand in erhöhtem Grade erregt urde.

Ueber die Art, wie Hr. Küntzel seinen Besitz erworben, hat er der „N. A. 3.“ s. 3. Folgendes mitgetheilt:

Im Mai des Jahres 1835 bereits hatte ich als Mitglied der sogenannten Tana · Expedition Gelegenheit, einen Theil des Witulandes kennen zu lernen, und habe ich gefunden, daß die von unserer Expedition berührten Gebiete in Wirklichkeit für deutsche Kolonisation gut und brauchbar sind. Diese Auffassung wurde durch das Urtheil derjenigen Herren, welche der Expedition von der Kreuzer ⸗Fregatte , Gneisenau“ angehörten, vollauf bestätigt. Demgemäß entschloß ich mich, dem von den Gebrüdern Denhardt erworbenen Wituland fortan meine Kräfte zuzuwenden, und habe ich im Jahre 1887 den für Plantagenbau nöthigen Grund und Boden käuflich erworben und eine Station bei Tangave an der Mandabat errichtet. Nachdem ich weiterhin mir in Deutschland die zum Betriebe des Plantagenbaues nöthigen Kapitalien beschafft hatte, ging ich im Januar 18839 zum dritten Male nach dem Witulande in Ost⸗Afrika ab und errichtete die Plantagenbaustation Brackswald bei Witu; außerdem rüstete ich dem Sultan Fumo Bakari eine kleine Truppe ständiges Militär mit Hinter ladern aus, und exereirte dieselbe unseren Verhältnissen gemäß ein. Während des Ausrodens von Urwald für den Tabackbau fand ich, daß sehr werthvolle Nutzhölzer vorhanden sind, und daß eine Ver⸗ werthung derselben äußerst nutzbringend sein muß. In Folge dessen übergab ich die Leitung meiner Stationen dem ersten Beamten des Sultans Fumo Bakari, dem Bana Omari ben Hamadi, meinem besten Freunde, und reiste nach Deutschland zuruͤck, um mir ein Dampfschneidsägewerk zur Ausnutzung des Urwaldes zu bestellen.“

Egypten. Kairo, 23. September. Os man Digna steht, nach neueren Nachrichten der „Allg. Corr.“, mit Anhängern noch in Tokar, während Han dub von Osman Naib besetzt worden ist. Es werden Angriffe auf Suakim und die Nachbarschaft erwartet.

Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Qꝛnarantänewesen.

Wien, 25. September. Der Handels- Minister hat, dem, W. T. B. zufolge, in Folge Ausbruchs der Cholera in Aleppo eine siebentägige Beobachtung der aus dem Golfe von Alexan— drette (von Ras Chanjir bis Karatasch Burun) ankommenden

Schiffe verfügt.

Rom, 25. September. Dem Amtsblatt zufol d, wi W. T. B.“ meldet, nachdem in Aleppo die 3 . ea uk wurde, Vorsichtsmaßregeln gegen Provenienzen au

Alexandrette an der syrischen gu angeordnet worden.

Sandel und Gewerbe.

Die „Zeitschrift f. Spiritus. Ind. veröffentlicht folgenden Bericht über den Handel mit Stärke nach Hitthi . der Vertrauensmänner uͤber die Zeit vom 17. bis 23. September 1895. Im Laufe der Berichtswoche sind nachstehende Abschlüsse in Kartoffel⸗ sabrikaten bekannt gegeben. Es wurden verkauft an feuchter Stärke: 500 Sack zu 11 M frei Station an der Bahnstrecke Star⸗ gard = Kreuz; ferner eine Waggonladung zu 11,50 4K frei Station in Niederschlesien, Lieferung Anfang Oktober.

. Vem oberschlesischen Steinkohlenmarkt berichtet die Schles, Ztg.“: Der kurz vor dem September -Termin recht rege Verkehr in Steinkohlen hat eher an Regsamkeit zugenommen, sodaß die gesammte Förderung auf sämmtlichen Gruben theils per Bahn, theils im örtlichen Vertrieb prompt jur Verladung kommt. Vornehmlich bleibt der durch die kühle Witterung im ersten Monats— drittel hervorgerufene Begehr für Heiskohlen im Vordergrunde, und wird der Absatz von den gegenwärtig anhaltend heißen Tagen gar nicht beeinträchtigt. Der ausländische Absatz fängt mehr und mehr an, an Um⸗ fang zu gewinnen und sich regelmäßiger nach österreichischen und böh⸗ mischen Plätzen, sowie auch, namentlich in besseren Sortimenten, nach Rußland zu gestalten. Im Coks geschäft dagegen dokumentirt sich noch immer keine Rührigkelt. Die Produktion der Coksanstalten ist auf der bisherigen Höhe geblieben, aber auch die Bezüge an aus— ländischem Coks haben an Regelmäßigkeit nichts eingebüßt. Für Theerprodukte ist genügender Absatz vorhanden.

. In der heutigen Sitzung des Aufsichtsraths der QOber⸗ schlesischen Eisenindu strie ⸗Aktiengeseilschaft für Berg⸗ bau und Hüttenbetrieb zu Gleiwitz berichtete der Vorstand über den Abschluß des 2. Quartals J. J, welches nach Abzug aller Kosten einen Gewinn von 1263 231 6 gegen 823 593 M im 2. Quartal des Vorjahres ergiebt. Der Gewinn des 1. Semesters J. J. abzüglich aller Kosten beträgt 2588 627 Me gegen 1674 963 A im Semester des Vorjahres. Der Vorstand berichtet ferner über den Erwerb der im Kreise Rybnik O. / S. belegenen Römergruben. Diese Steinkohlengrube markscheidet mit der der Gesellschaft gebörigen Johann Jacob · Grube! und bildet im Zusammenhang mit der letzteren einen werthvollen Gruben besitz Des Weiteren erwarb die Gesellschaft die in Oesterreich⸗Schlesien gelegenen Magneteisensteingruben Karo⸗ linen und „Eduard“ gegen einen durch eine Reihe von 10 Jahren jährlich zu zahlenden, fest normirten Förderzins. Der aus den erwähnten Gruben geförderte Magneteisenstein ist in Folge seines hohen Eisen⸗ und Kalkgehalts ein sehr werthvolles Schmelzmaterial und gelangt in den eigenen Hochöfen der Gesellschaft zur Verhüttung. Das Vorkommen des Eisensteins ist ein reiches, und wird, genauen Untersuchungen zufolge, selbst nach Ablauf der mit Grundzins be⸗ lasteten zehn Jahre, noch in ausgiebiger Weise auszunützen sein. Ueberdies pachtete die Gesellschaft gegen einen Grundzins von 8 pro Centner die bei Schirokau O /S. belegenen Thon“ eisensteinfÿördern ngen des Fürsten Radolin. Durch diesen Ver⸗ trag ist die Gesellschaft berechtigt, auf einem cirea 13 90 Morgen großen Terrain Thoneisensteine, die daselbst in reichen Mengen und in einer für ben Hochofenberrieb wohl geeigneten Qualität vorkommen, durch eine Reihe von 10, oder nach der Wahl der Gesellschaft von 15 Jahren zu fördern. Den Geschäftsgang des 3. Quartals bezeichnet der Vorstand als befriedigend.

Die nächste Börsen⸗Versamm lung zu Essen findet am 29. Seytember 1890 im „Berliner Hof“ statt.

Leipjig, 24. September. (W. T. B. KammzMg⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. September 4,80 A, pr. Oktober 4777 4, or. November 4,77 S. pr. Dezember 41773 M, vr. Januar 4,70 6, pr. Februar 4,623 4A, vr. März 460 „, pr. April 4,0 M, pr. Mai 4 60 A*. Umsatz 105 000 Eg. Behauptet.

Len don, 24. September. W. T. B.) Wollauktion. Stei- gende Tendenz bei lebhafter Betheiligung.

An der Küste 7 Weizenladungen angeboten.

26. September. (W. T. B) Die Bank von England hat heute den Diskont von 4 auf 5 0so erhöht.

Verkehrs ⸗Anstalten.

Ham burg, 25. September. (W. T. B.) Der Postdampfer California der amburg⸗ Amerikanischen Packt⸗ sabrt-⸗Aktiengesellschaft ist, von Hamburg kommend, gestern Nachmittag in New⸗York und der Postdampfer Valefia“ derselben Gesellschaft gestern in St. Tho m as eingetroffen.

25. September. (W. T. B.) Der Schnelldampfer Augu ta Victoria! der Hamburg ⸗Ameritkanischen Packetfahrt⸗ Akt iengesellschaft hat, von New⸗ Jork kommend, heute Morgen . . . 6

ondon, Seytember. T. B.) Der Castle—⸗ Dampfer „Warwick Castle“ ist gestern auf der Heimreise in London angekommen und der Castle⸗Dampfer „Roslin⸗ Ca stle“ heute auf der Ausreise von hier abgegangen.

25. September, (B. T. BN). Der Union⸗-Dampfer Moor“ ist auf der Ausreise am Mittwoch von Lissabon ab⸗ gegangen.

Theater und Myusik.

Lessing⸗Theater.

Hugo Lubliner hat sein neues dreiaktiges Schauspiel, dessen Titel noch nicht endgültig feststebt, der Direktion zur Aufführung . Das Stück bietet für die Damen Lilli Petri, Jenny Groß und Sera— pbine Detschy sowie für die Orrn. Adolf Klein, Eugen Stägemann, Hugo Ranzenberg und Franz Schönfeld hervorragende schauspielerische

Aufgaben.

. Wallner - Theater. Bezüglich der vorbereiteten Novitäten hat Direktor Hasemann seine Disvosttionen dahin geändert, daß das erste Auftreten Felix Schweighofer's im Wallner-Theater nächsten Dienstag, den 30. September, stattfindet, während die Premisre der Treptow⸗ etmann schen Posse, welche endgültig den Titel Mein junger Mann“ führen wird, auf Mittwoch, den 1. Oktober, im Belle⸗ Alliance Theater festgesetzt ist.

Philharmonie.

Das Programm des ersten Concerts unter H. von Bülow's Leitung enthält Seb. Bach's Orchester Suite D-dur, das 4. Klavier= Concer von Saint Sasns, eine neue Rhapfodie von Svendsen und Beethoven's Cmoll- Symphonie. Fr. Teresa Carreno wird das Klavier ˖ Concert spielen.

Mannigfaltiges.

Ueber das Brandunglück in der Friedrichstraße am 19. September (vgl. Nr. 227 des R u. . vier Menschenleben zum Opfer fielen, war in der Presse eine lebhafte Er= örterung über die Schuldfrage entstanden und insbesondere der Feuer wehr der Vorwurf gemacht worden, daß sie die beiden Kinder des Hrn. Fuchs hätte retten können, wenn sle den Rathschlaͤgen der Be—⸗ wohner des Hauses und namentlich des Schauspielers Hrn. Kadelburg gefolgt wäre. Dieser Erörterung dürfte durch die nachstehende uns zur Veröffentlichung gesandte Bekanntmachung des Herrn Polizei- Präsidenten Freiherrn von Richthofen ein vorläufiges Ziel gesetzt worden fein:

„»Mit Rücksicht auf die Erzrterungen, welche das schwere Brand unglück auf dem Grundstück Friedrichstraße Nr. 134 in der Presse

herborgerufen hat, bringe ich von den bisherigen amtlichen Fest⸗ stellungen vorläufig Folgendes zur öffentlichen Kenntniß: Die Feuer

ungen