1890 / 232 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 26 Sep 1890 18:00:01 GMT) scan diff

ihre Umbewaffnung so gut wie schon durchgeführt haben“, als ein gutes Friedens symptom betrachtet.

Wie die „Nowoje Wremja“ erfährt, wird demnächst im Ministerium des Innern eine Spezial— konferenz zur Lösung der Judenfrage zu— sammentreten. Dieselbe soll sich aus Vertretern der höhe⸗ ren Verwaltungsbehörden zusammensetzen; auch sollen die Gouverneure der Provinzen, in welchen die Juden Heimathsrecht besitzen, zu der Konferenz hinzugezogen werden. Letztere hat das von der früheren Kommission zur Lösung der 2 unter Vorsitz des Grafen Pahlen aus⸗ gearbeitete Projekt zu prüfen und wird von demselben einzelne Theile übernehmen, andere dagegen ausscheiden. Endlich wird die Konferenz über den Spiritushandel Beschluß fassen, soweit derselbe von Juden unter angenommenen Firmen ⸗Namen in den südwestlichen Provinzen ausgeübt wird.

Schweiz.

Bern, 25. September. Der Gesetzentwurf, hetreffend die arbeitsunfähig gewordenen eidgenössischen Beamten und Angestellten, ist vom Nationalrath in folgender, von der ständeräthlichen Vorlage theilweise abweichender Fassung einstimmig (mit 85 Stimmen) gut— geheißen worden:

Art. 1. Der Bundesrath wird ermächtigt, solchen Beamten und Angestellten des Bundes, welche wegen Altersschwäcke oder während des Dienstes entstandener Gebrecken ihrer Berufsaufgabe nicht mehr zu genügen im Stande sind und wenigstens fünfzehn Jahre in der eidgenöffifchen Verwaltung mit treuer Pflichterfüllung gedient haben, bei ihrer Entlaffung oder Nichtwiederwahl eine Entschädigung zu entrichten. Art. 2. Diese Entschädigung besteht je nach dem Dienstalter und den persönlichen, sowie ökonomischen Ver⸗ hältnissen des Betreffenden in einem Rüctrittsgebalt von 25 bis 50 υίι des Diensteinkommens nach dem letzten dreijährigen Durchschnitt und in nicht höherem Betrage als 2000 Fr., in Aus— nahmefällen und bei mehr als dreißig Dienstjahren bis auf 75 0 des Diensteirkommens, jedoch im Maximum nicht über 3000 Fr. per Jahr, oder in einer einmaligen Abfindungssumme im Betrage von böchstens dem doppelten Diensteinkommen, wobei Besoldungen über 6000 Fr. nur bis zu dieser Grenze in Betracht kommen. Vor behalten bleiben die Bundesvorschriften, welche für einzelne Klassen von Beamten und Angestellten eine andere Abfindung vorsehen. Art. 3. Wenn ein mit Räöckrittsgehalt entlassener Beamter oder Angestellter zu irgend welcher amtlichen Thätigkeit gegen Besoldung von neuem verwendet wird oder in einer andern Stellung ein entprechendes Einkommen findet, so soll der Rücktrittsgebalt in entsprechendem Betrage eingeschränkt, respektive aufgehoben werden. Art. 4. Die Leistungen, welche dem Bunde nach diesem Gesetze auffallen, werden durch den jährlichen Voranschlag bestimmt. Art. 5. Referendumsvorbehalt.

Aus Bellinzona vom 24. September wird dem „Bund“ gemeldet: Ueberall herrscht Ruhe. Doch entfalten die Partei— somités bereits eine rege Thätigkeit. Beide sind in Permanenz. Hr. Kommissar Künzli seinerseits thut schon jetzt sein Möglichstes, um die zahlreichen Unregelmäßigkeiten, die hier bei den Abstimmungen stets vorkommen, zu verhindern. Er hat zu diesem Zweck ein Dekret erlassen, in welchem auf Grund, der einschlägigen Gesetze bestimmte Vorschriften aufgestellt werden über die Beschaffenheit der Stimmzettel, über den Abschluß der Stimm⸗ kataloge, über das Vorgehen, betreffend die Rekursentscheide u. s. w. Bei allseitiger Befolgung dieser Vorschriften wird (bei der am 5. Oktober bevorstehenden Abstimmung über die Verfassungs⸗-Revision) eine in allen Theilen unparteiische Ab⸗ stimmung möglich sein.

Asien. apan. Yokohama, 25. September. Der Vor⸗ a des Coͤmitsés der auswärtigen Kols nie erhielt, wie dem W. T. B.“ gemeldet wird, vier Briefe, in welchen ihm mit Ermordung gedroht wird.

Nr. 38 der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundbeitsamts vom 23. September hat folgenden Inhalt: Gesund . heitsstand. Volkskrankbeiten in der Berichtswoche.— Cholera nachrichten. Sterbefälle in deutschen Städten mit 40000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten Des Auslandes. Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. Desgl. in deutschen Stadt und Landbezirken. Sanitätsbericht für Mahren 18538. Witterung. Zeitweilige Maßregeln gegen Volkskrankheiten, Thierseuchen in Dänemark, 2. Vierteljahr. Veterinärpolizeiliche Maßregeln. Medizinal⸗Gesetzgebung u. J. w. (Preußen. Reg. Bez. Merfeburg.) Zulassung von Apothekerlehrlingen. - (Schwarzburg⸗ Rudolstadt.) Influenza unter den Pferden. (Eübed) Anyreisen von Heilmitteln. (Oesterreich.) Einfuhr von Oleum Baunzcheidti. ( Besgl. Böhmen.) Normalstatut für die Krankenhäuser. (Schluß) Rechtfprechung Errichtung einer Heilanstalt durch einen Nichtarzt. Vermifchtes. Tuberkulose bei Schlachtthieren. Internationale Ausstellung von in Köln. (Italien.) Internatio⸗ naler Sanitãtsdienst. :

Nr. 17 des Archivs für Post und Telegraphie, Beiheft zum Amtsblatt des Reichs ⸗Postamts“, herausgegeben im Aaftrage des Reichs. Postamts hat folgenden Inhalt: J. Aktenstücke und. Auf⸗ fe; Forschungen zur deutschen Landes und Volkskunde. Die Er⸗ gebnisse der Pariser Internationalen Telegraphenkonferenz. Post⸗ und Telegrapbie in Spanien. II. Kleine Mittheilungen: Auf⸗ hebung der Selbständigkeit der finnländischen Postverwaltung. Pr. Nanfen's Rordpolexpedition. III. Literatur des Verkehrs- wesens: Auteurs frangais. Sammlung der besten Werke der fran— zösischen Unterhaltungsliteratur mit deutschen Anmerkungen. Heraus⸗ gegeben von Dr. Rickard Mollweide, Oberlehrer am Lyceum zu Straßburg i E. Straßburg i. E. Straßburger Druckerei und Verlagsanstalt, vormals R. Schultz und Co. 1890.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Gin Rechtsanwalt, welcher die Liguidatien einer Handelsgesellschaft übernommen bat, muß in Preußen in Er mangelung der Verabredung eines bestimmten Honorars für seine Geschäftsführung, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, J. Civil⸗ senats, vom 9. Juli 1890, zugleich oder vor der Einforderung seiner Gebühren und Auslagen eine Berechnung derselben unter Bezeich- nung der zur Anwendung kommenden gesetzlichen Bestimmungen, analog der Einforderung von Gebübren in Streitsachen (8. 86 der Rechtsanwalts Geb. Ordn.), bei seinem Auftraggeber einreichen.

Der Strafschutz des 8 193 des Strafgesetzbuchs für herab würdigende Aeußerungen zur Wahrnehmung berech— tigter Interessen fällt, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Strafsenats, vom 13. Juni 1890, jedenfalls fort, wenn die ge⸗ wählten Ausdrücke Schimpfworte sind; sind verletzende Aus⸗ drücke gewählt, welche der Aeußernde ohne eine Beeinträchtigung seiner berechtigten Interessen leicht hätte vermeiden können, so fällt ebenfalls der Strafschutz des §. 193 Str.“ G. -B. fort.

Der Redacteur einer Zeitung, welcher die Geschäfte des verantwortlichen Redacteurs thatsächlich ausübt, ist, nach einem Utheil des Reichsgerichts, IV. Strafsenats, vom 24. Juni 1890, im Sinne des Reichs -⸗Preßgesetzes als verantwortlicher Redacteur zu erachten, auch wenn er als solcher auf der von ihm redigirten Zeitungsnummer nicht genannt ist. Insbesondere macht er sich aus F. 18 Nr. 3 des Reichs⸗Preßgesetzes strasbar, wenn er eine verlangte Berichtigung nicht in der in §. 11 des Preßgesetzes vorgeschriebenen Weise aufgenommen hat.

Cin Handlungsgebülfe, welcher im Waarenlager seineg Prinzipals mit dem Verkauf der Waaren beschäftigt und demnach zur Entnahme der Waaren aus den Vorräthen zum Verkauf sür Rech⸗ nung des Prinzipals befugt ist, ist, nach einem Urtheil des Reichs gerichts, T7. Strafsenatg, vom 20. Juni 1890, wegen Die bstahls zu bestrafen, wenn er Waaren aus dem Lager entnimmt, um sich die selben, wie die Folge ergiebt, rechtswidrig zuzueignen.

Ein Schadenersatz · Anspruch aus rechtswidrigen Handlungen der Vorsteber einer Korporation kann, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, J. Givilsenatz, vom 25. Juni / v. Juli 1890, wenn diese Handlungen innerbalb des jatzungs mäßigen Bethaͤ⸗

tigungsgebietg der Korporation liegen, nicht nur gegen die Kor⸗

poration, sondern auch gegen die rechtswidrig handelnden Vorftandt⸗ mitglieder pe rsönlich geltend gemacht werden.

Beim Werkverdingungsvertrage berechtigt im Geltungs⸗ bereich des gemeinen Rechts der Annahmeverzug des Benellers, nach einem Urtheil des Reichsgerichts. III. Civilfenats, vom 1. Juli 1890, nicht den Uebernehmer des Werkes zum Rücktritt vom Ver⸗ trage, vielmehr hat er auf die nachträgliche Aufforderung des Be⸗ stellers das Werk zu liefern.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene De pesch en.

Kiel, 26. September. (W. T. B.) Die Manöver— flotte ist heute aufgelöst worden. Die Marine⸗Reserven kommen morgen zur Entlassung. .

Frankfurt a. M., 26. September. (W. T. B.) Die sehr zahlreich besuchte Generalversammlung des Vereins für Sozialpolitik ist heute von Professor Schmoller (Berlin) eröffnet worden. Freiherr von Roggenb ach widmete dem verstorbenen Vorsitzenden Professor nf einen warmen Nachruf. Die Versammlung verhandelte alsdann über die Reform der Landgemeinde⸗Ordnung, worüber Abg. Som bart vom geschichtlichen, Ober⸗Präsident a. D. von Ernsthausen vom gesetzgeberischen Standpunkt aus Vorträge hielten.

Wien, 26. September. (W. T. B.) Der König und der Prinz Ferdinand von Rumänien sind heute nach Bukarest abgereist.

Bern, 26. September. (W. T. B.) Der Stände⸗ rath hat heute einstimmig den Bundesrath aufgefordert, über eine Verstaatlichung der Bahnen zu berichten und dazu einen Antrag zu stellen. Hierauf wurde in die Berathung des Auslieferungsgesetzes eingetreten.

Konstantinopel, 26. September. (W. T. B.) Zu Ehren des Herzogs von Leuchtenberg hat gestern im NYildiz⸗Kiosk ein Diner e nn, an welchem der russische und der montenegrinische Geschäftsträger, die anderen Mitglieder der russischen Botschaft und die Minister theilnahmen. Der Sultan empfing vor und nach dem Diner den Herzog von Leuchtenberg in kurzer Privataudienz. Der „Agence de Constantinople“ zufolge wird in diplomatischen Kreisen dem Besuche des Herzogs von Leuchtenberg, der nicht auf die Initiative des Sultans zurückzuführen sei, keinerlei politische Bedeutung heigemessen. Der Für st von Montenegro habe dem türkischen Gesandten mitgetheilt, daß sein Schwiegersohn Konstantinopel zu besuchen wünsche Hierauf sei von dem Sultan die Einladung an den Herzog von Leuchtenberg mit dem Wunsche ergangen, derselbe möge vor dem Großfürsten⸗Thronfolger in Konstantinopel eintreffen.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Wetterbericht vom 25. September, Morgens S Uhr.

Stationen.

Bar. auf 0 Gr d. Meeressp red. in Millim

Wind. Wetter.

in O Celsius

(C. 40R.

Temperafur

l5

Mullaghmore Aberdeen .. Christiansund Kopenhagen. Stockbolm. Haparanda. Moskau ...

5 Regen 3 halb bed.

K O OD O— MO M —σν,.

bedeckt

*

Cork,. Queens town ... Cherbourg Helder... ö Hamburg .. Swinemünde Neufahrwasser Memel

,

ünster Karlsruhe .. Wiesbaden. München .. Chemnitz .. Berlin ... Wien .... Breslau ...

heiter bedeckt wolkig bedeckt bedeckt bedeckt wolkig halb bed.

wolkenlcs6

Ile d' Aix .. ,, ö

I) Abends Gewitter.

Uebersicht der Witterung.

Während das barometrische Maximum im Süd⸗ westen sich ost⸗ und nordwärts ausgebreitet hat, ist über dem norwegischen Meere eine Depression er⸗

schienen, welche an stürmische südwestliche

der südnorwegischen Küste Winde hervorruft. Eine

in der Entwickelung begriffen und veranlaßt in

Theildepression ist über dem südlichen Nordseegebiete Nordwest. Deutschland trübes, regnerisches ö

etter,

welches sich mit der Theildepression ostwärts über Norddeutschland ausbreiten dürfte. In Deutschland

ist das Wetter ruhig, überall kälter.

vorwiegend trübe und fast

Dentsche! Seewarte.

Theater⸗Anzeigen.

Tönigliche Schauspiele. Sonnabend: Opern- baus. 186. Vorftellung. Zum ersten Male: Der Vampyr. Romantische Oper in 3 Aufzügen von Heinrich Marschner. Text von Wohlbruͤck. In Scene gesetzt vom Ober ⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Kahl. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 191. Vorftellung. Wilhelm Tell. Schauspiel in 5 Aufzügen von Schiller. In Seene gesetzt vom Direktor Dr. Otto Devrient. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Opernhaus. 187. Vorstellung. Don Juan. Qper in 2 Akten mit Tanz von Mozart. Tert von Daponte. Anfang 7 Uhr. ;

Schauspielhaus. 192. Vorstellung. Ein Schritt vom Wege. Lrstspiel in 4 Aufzügen von Ernst Wichert. Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. Sonnabend: Die Hauben ·

lerche. Sonntag: Die Hanbenlerche. Montag: Das Wintermärchen.

Berliner Theater. Sonnabend: Maria Stnart. Sonntag: Nachmittags 3 Uhr: Der Veilchen⸗ fresser. Abends 75 Uhr: Kean. Montag: Maria Stnart.

Tessing · Theater. Sonnabend: Das zweite Gesicht. Lustspiel in 4 Akten von Oskar Blumen⸗ thal. Anfang 7 Uhr.

Sonntag und Montag: Das zweite Gesicht.

Wallner · Theater. Sonnabend: Zum 112 Male:

Mamsell Nitouche. Vaudeville in 3 Akten und 4 Bildern von H. Meilhae und A. Millaud. f, von M. Hervè. Anfang der Vorftellung t. mn: Mamsell Nitouche (zum vorletzten

ale).

Dienfstag: Erstes Gastspiel Felix Schweiahofer's.

um ersten Male: Aus der Coulissenwelt.

baraktergemälde aus Ferdinand Raimund's Theater⸗ leben in 4 Akten von Heinrich Jantsch und Alexander Calliano. Musik von Ohnesorg.

Victoria Theater. Sonnabend: Zum 33. Male:

Die Million. Moderneg Ausstattungtstück in 12 Bildern von Alex. Mosikowskti und Rich. Nathanson. Musik von C. A. Raida. Ballet von Gredelue. Anfang 74 Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Friedrich ⸗Wilhelmslãdtisches Theater. Direktion! Julius Fritzsche. Sonnabend: Zum 36. Male mit durchaus neuer Ausstattung: Die Puppen fee. Pantomimisches Divertissement von ß und Gaul. Musik von Jos. Beyer. rrangirt von J. Haßreiter, K. K. Hofballetmeister aus Wien. Dirigent: Hr. Kapellmeister Knoll. Vorher: Neu in Scene gesetzt: Die Schwätzerin von Saragofsa. Komische Operette in 2 Aktten nach dem Französischen von Carl Treumann. Musik von Offenbach. In Scene gesetzt vom Regisseur Orn. Binder. Dirigent: Hr. Kapellmeister Feder⸗ mann. Anfang 7 Uhr. Sonntag; Die Puppenfee. Vorher: Die Schwätzerin von Saragofsa.

Nesidenz - Theater. Direltion: Sigmund Lauter ·

burg. Sonnabend: Zum 15. Male: FZerrsol. n. Sittenbild in 4 Aufzügen von Victorien ardou. In Seene gesetzt von Sigmund Lauten⸗ burg. Anfang 75 Uhr. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Belle Alliance · Theater. Hasemann. Sonnabend: Gastspiel von Mitgliedern des Wallner - Theaters: Letzte Woche der Auf . fübrung von Madame Bonivard. Schwank in 3 Akten von Alex. Bisson und Antonie Mars. Deutsch von Emil Neumann. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Madame Bonivard. (Zum vor- letzten Male.)

Mittwoch: Zum 1. Male; Mein junger Mann. Posse mit Gesang in 4 Akten von Leon Treptow und L. Herrmann.

Adolph Ernst⸗ Theater. Sonnabend: Zum

22. Male: Unsere Don Juans. Gesangtposse in 4 Akten von Leon Treptow. Couplets von Gustav Görß. Musik von Franz Roth und Adolph Ferron. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Thomas- Theater. Alte Jakobstraße 30.

Direttion: Emil Thomas. Sonnabend: Zum dritten Male: Der Raub der Sabinerinnen. Schwank in 4 Akten von Franz und Paul von Schönthan. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur August Kurz. Anfang 736 Ubr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Concert⸗Anzeigen.

Concert Jaus. Sonnabend: Karl Meyder⸗

Concert. Ouv. Semiramide“, Rossini. . Nebucad⸗ nezat', Verdi. Ungarischer Tanz Nr. 1 v. Keler⸗

Direktion: W.

Bela. Polonaise“ v. Laub, vorgetr. v Hrn Concert- meister Kramer. Walzer“ Wiener Mad'l v. Ziehrer. Potpourri Mikado“ v. Sullivan. „Liebestraum“ f. Cornet à Piston v. Hoch, vorgetr. v. Hrn Richter.

Urania, Anstalt für vollsthümliche Naturkunde. Am Landes⸗Ausstellungs⸗ Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12 1 Ühr. 6 Vorstellung im Theater. Näberes die Anschlag⸗ zettel.

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt; Frl. Dora Kovpelgaard mit Hrn. Wil helm Hint (Kappeln = Arnis) Frl, Hedwig Websky mit Hrn. Prof. Dr. M. Dennstedt (Tannhausen i. Schl. Vschecheln, Nieder ·˖ Lausitz). Frl. Elisabeth Kroll mit Hrn. Kgl. Gymna⸗ sigl⸗Lehrer Paul Kokott (Breslau). Frl. Kina Mansholt mit Hrn. Landwirth Hermann Agena ea, , i. S). Frl. Auguste Einfeld mit Hrn. Richard Kaufmann (Kiel).

Verehelicht: Hr. Königl. ber / Amtmann Oskar Hertwig mit Frl. Else Bake (Pretzsch a. Elbe = Thallwitz). Hr. Sec ⸗Lieut. Franz von Gordon mit Frl. Magdalene von Hassel Ilsenburg a. OH). Hr. Karl Bastelberger mit Fil. Maria von Eichstedt (Köln). Hr. Lothar de Ball mit Frl. Amalie Brinck (M. Gladbach). Hr. Wilh. Hübner mit Frl. Emma Müller (Königsmark bei Osterburg— Wernigerode).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Leutenant Otto Toepffer (Berlin).! Hrn. Otto Berg (Königs berg i. Pr. Eine Tochter: Hrn. Amte⸗ richter Dr. Neumann (Wüstegiers dorf). Hin.

auptmann Kurt Eichert (Berlin) Hrn. H. chünemann (Eisenhütte b. Dassel).

Gestorben: Hr. Fabrikbesitzer Heinrich Eickboff (Heinrichsthal). Hr. Hauptmann a. D. Fridolin Lohmann (Lippstadt). Hr. Senator Wilhelm . (Lüneburg). Frau Jessie v. Lübbe, geb.

eckentbal (St. Louis, Mo., U. S. A). Hr. Rentier August Wagener Nieder ⸗Schönhausen b Berlin). Hr. K K. Hofrath a D. Alexius Wolf (Berlin). Frau Ida Havemann, geb. Wiencke (Schwerin). Frau Wittwe Therese Schüller, geb. Schmidt (Berlin).

Redacteur: Dr. H. Klee.

Verlag der Expedition (Scholy.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlage Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sechs Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

Berlin:

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

W 222.

Berlin, Freitag, den 26. September

1890.

Nichtamtliches.

Frankreich.

Paris, 26. September. Der Ministerrath wird, wie der „Temps“ vernimmt, in Angelegenheit eines neuen Zoll⸗ tarifes demnächst darüber Beschluß fassen, ob ein Minimal⸗ Tarif festzusetzen sei, der gegenüber jenen Staaten erhöht werden würde, welche Frankreich ökonomische Begünstigungen verweigern, oder ob ein Maximal⸗Zolltarif vorgeschlagen werden solle, welcher gegenüber jenen Staaten zu ermäßigen wäre, die wirthschaftliche Vortheile gewähren.

Nach Meldungen der Blätter aus Bordeaux hat der Minister des Aeußern Ribot in der Beantwortung einer Anfrage der dortigen Handelskammer Betreffs der Mac Kinley Bill hervorgehoben, die Regierung wolle einen Tarif kampf vermeiden. Es sei Sache des Parlaments, sich über etwaige dieser Bill gegenüber zu ergreifende Maß— nahmen auszusprechen. Er hege die Hoffnung, daß eine ge⸗— rechte Regelung der schwebenden Schwierigkeiten möglich sein werde.

Der Kriegs-Minister hat, dem „Echo de Paris“ zu⸗ folge, die technischen Kommissionen mit Prüfung der Vorschläge beauftragt, welche eine Bronzirung der Dragonerhelme und der Säbelscheiden bei Offizieren und Mannschasten vorschlagen, um bei Verwendung rauchfreien Pulvers eine allzu deutliche Sichtbarkeit zu vermeiden. Die Herbstmanöver hätten die Befürchtung, daß bei rauchfreiem Pulver die rothen Uniformstücke zu sehr sichtbar wären, nicht bestätigt.

Portugal. .

Lissabon, 25. September. Der Civil-Gouverneur von Lissabon Vicomte Pacoarcos ist, dem „W. T. B.“ zufolge, zum portugiesischen Gesandten in Rio de Janeiro er— nannt worden. ;

Wie hier verlautet, hätten gestern in Coimbra Konflikte zwischen der Polizei und Studenten statt— gefunden, bei welchen mehrere Personen getödtet und verwundet sein sollen.

Rumänien.

Bukarest, 24. September. Der König und der Thronfelger werden nach einem Telegramm der „Wiener Ztg.“ am Sonnabend Morgen in Sinaia eintreffen; die Minister werden ihnen bis an die Grenze entgegenfahren.

Serbien.

Belgrad, 24 September. Die „Agence de Belgrade“ versichert, daß in Orso va zwischen den ungarischen und serbi⸗ schen Ministern in Betreff der Beseitigung der der serbi— fchen Schweine⸗-Einfuhr entgegenstehenden Hindernisse eine prinzipielle Einigung auf folgender Grundlage erzielt wurde: Serbien bietet verstärkte veterinäre Garantien durch acht— tägige Contumaz der auszuführenden Schweine im Pro⸗ venienzort und führt strenge veterinäre Kontrolmaßregeln gegen die Einfuhr rumänischer Schweine ein. Um eine Ueber— lastung des Marktes zu verhüten, werden sich beide Regie— rungen für die erste Zeit über die Zahl der zu exportirenden Schweine verständigen. Hierüber sind die Verhandlungen noch offen.

Schweden und Norwegen.

(E) Stockholm, 23. September. Der hisherige König⸗ lich dänische Gesandte am hiesigen Königlichen Hofe über—⸗ reichte gestein dem König auf Schloß Drottningholm sein Rückberufungsschreiben.

Dänemark.

(E) Kopenhagen, 24. September. Der neuernannte Gesandte der Vereinigten Staaten von Nordamerika Mr. Clark E. Carr überreichte am Montag dem König sein Er⸗ nennungsschreiben.

Amerika.

Vereinigte Staaten. Washington, 25. September. Der Senat nahm eine Resolution an, welche das Schatzamt sowie das Kriegs- und Marine-Departement anweist, Vorlagen für die Ausführung der Vorschläge der jüngst ab— gehaltenen internationalen Seeuferstaaten⸗Konferenz auszuarbeiten. Das Repräsentantenhaus entschied, daß nicht der Demokrat Elliot, sondern der farbige Republikaner Miller in Süd-Carolina gewählt worden sei. . .

Das Weltausstellungs⸗Comits in Chicago weist in seinen Beschlüssen die gegen Chicago als Ort, der Aus⸗ stellung geltend gemachten Einwände zurück. Die Stadt habe alle durch die Ausstellung übernommenen Verpflichtungen er⸗ füllt. Die Ausführungen des Ausschusses sollen in allen großen europäischen Zeitungen abgedruckt werden.

Der Präfsident der Mormonen⸗Sekie veröffentlicht, dem „W. T. B.“ zufolge, eine Masnifest, welches die Be⸗ schuldigung, daß die Mormonen-Gemeinde fortfahre, die Poly⸗

gamie vorzuschreiben, entschieden in Abrede stellt und gleich-;

zeitig die Ab sicht der Mormonen⸗Gemeinde ausspricht, sich dem Gesetz der Vereinigten Staaten, welches die Polygamie verbietet, zu unterwerfen.

Tas Mittelwasser der Ostsee bei Swinemünde.

Im Verlage von P. Stankiewicz in Berlin ist soeben eine zweite Veröffentlichung des Königlich preußischen geo dätisch en Fnstituts über das Mittelwasser der Ostsee bei Swinemünde erschienen. Es erfährt dadurch die im Jahre 1881 erschienene erste Mittheilung, in welcher eine sich über die Jabre 1826 bis 1879 erstreckende Beobachtungsreihe zur Bearbeitung gelangt war, eine wefentliche Erweiterung, da jetzt die Wasserstandebeobachtungen aut den Jahren 1811 bis 1820 und 1880 bis 1888 mit herangezogen worden find, sodaß ein 738 Jahre umfassendes Materigl benutzt werden konnte. Neben den Bestimmungen des Mittelwassers bilden die Nachweise über die Höhenlage der Küste gegen die Ostsee sowie die Wahrnehmung eigenthämlicher Erscheinungen im mittleren Wasser⸗ ftande für die in Betracht gezogene Beobachtungsperiode die Haupt⸗

ergebnisse der angestellten Untersuchungen. Da nach diesen eine der Zeit entspreckende Veränderung der relativen Höhenlage gegen die Küste der Ostsee nicht stattgefunden hat und durch Betrachtung der mehrjährigen Mittelwasser erkannt worden ist, daß in den Jahres. mitteln periodische Veränderungen in nennenswerthem Betrage nicht bestehen, so ist die Unveränderlickkeit der relativen Höhenlage der Küste gegen die Ostsee für die Beobachtungsperiode von 1811 bis 1888 als nachgewiesen zu erachten und werden durch dieses Er— gebniß die in der Mittheilung von 1851 enthaltenen Darlegungen voll und ganz bestätigt. Im Verlauf der Untersuchungen hat sich ferner herausgestellt, daß in den auf einander folgenden Jahren sowohl, wie in den auf einander folgenden Monaten des Jahres eine durch die Wasserstände zu Swinemünde und Travemünde gelegte Linie in Be— zug auf das als Horizontale aufgetragene Mittelwasser beider Stationen fortwährend in einem Auf und Niederschwanken begriffen ist, so daß das in einem Jahre oder Monat zwischen Swinemünde und Travemünde stattfindende scheinbare Gefälle des Wasser— spiegels im Laufe der folgenden Jahre oder Monate in ein Ansteigen desselben übergeht. Dabei hat die bereits früher gemachte Beobachtung ihre Bestätigung gefunden, daß die Kurve des mittleren Wasserstandes für Travemünde mit einer gewissen Regelmäßigkeit innerhalb derjenigen für Swinemünde ver— bleibt. Zumeist ist bei höherem Wasserstande derjenige für Travemünde hinter demjenigen für Swinemünde zurück— geblieben, während in der Regel das Umgekehrte bei niedrigem Wasserstande der Fall war. In den auf ein ander folgenden Monaten vollzieht sich also bkinsichtlich der relativen Ueberhöhung der beiderseitigen mittleren Wasserstande eine systematische Veränderung, welche auf einen periodischen zwischen den beiden in Rede stehenden Stationen im Laufe des Jahres statt— findenden Wechsel im Gejälle der Ostsee hinweist. Es ist nicht gut denkbar, daß der Wind als Kraftquelle für diese auffallende Erscheinung anzusehen ist, auch hat die Annahme nicht viel mehr für sich, daß letztere durch die Aenderungen in der Zuflußmenge der in die Ostsee mündenden Flüsse bedingt wird, wenn man erwägt, daß die Gesammtbreite der Verbindungsstraßen zwischen der Ost« und Nordsee an den engsten Stellen immer noch mehrere Meilen beträgt und der gestörte Gleichgewichtszustand der Ostseewassermenge stets in kürzester Frist durch Ausgleichung der Druckdifferenzen wiederhergestellt werden kann Die Frage nach der wahrscheinlich in ganz anderen Kraftquellen liegenden Ursache der Schwankangen im mittleren Wasserstande der auf einander folgenden Monate sowie der- jenigen im mittleren Wasserstande der auf einander folgenden Jahre ist daher noch als eine offene zu betrachten.

Statiftik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Das Sekretariat des in Hamburg zur Zeit der dortigen großen Ausstände ins Leben gerufenen Arbeitgeberverbandes hat, wie man der „Köln. Ztg.“ schreibt, an verschiedene Staatsbehörden, Körperschaften und an die Inhaber größerer Kauf⸗ und Fabrik— etablissements eine Eingabe gerichtet, in welcher zur Errichtung eines Central ⸗Arbeitsnachweisungsbureaus für die bei dem Speicher und Stadenbetriebe betheiligten Arbeitgeber aufgefordert wird. Es wird angenommen, daß mit einer solchen Centrale die Entstehung der Arbeiterausstände in den betreffenden Arbeits—⸗ zweigen schon im Keim zu ersticken sei. ;

Aus Thüringen berichtet mag der Köln. Ztg.“, daß unter den Textilarbeitern in Greiz große Noth herrsche, da mehrere Firmen wegen des matten Geschaftsganges die Arbeitslöhne herab— setzen mußten; hierzu kommen noch die Folgen des Ausstandes und dis Theuerung. Große Unzufriedenheit habe die Verwaltung der während des Ausstandes eingelaufenen Unterstützungsge!lder ver⸗ ursacht; man mache dem Ausstandsausschusse den Vorwurf, daß er zuerst für sich und dann erst für die Ausständischen gesorgt babe. Ueberhaupt mache sich in sozialdemokratischen Kreisen ein lebhaftes Mißvergnügen über die Art und Weise geltend, mit der die zu Agitations« und anderen Zwecken gesammelten Gelder verwaltet werden.

Aus Zwickau wird dem „Chemn. Tabl.“ geschrieben, der deutsche Bergarbeitertag in Halle mache fortgesetzt von sich reden, namentlich wegen der maßlosen Forderungen, welche dort auf gestellt wurden. Man dürfe wohl behaupten, daß der Kongreß den Willen der großen Menge der Arbeiterschaft nicht zum Ausdruck gebracht habe. Die Delegirten des Zwickauer Reviers seien Männer, welche bei dem vorjährigen Bergarbeiterausstand an der Spitze der Bewegung standen, seitdem die Bergarbeit theils freiwillig, theils gezwungen aufgegeben und sich nun ganz der Agitation gewidmet haben, im Uebrigen aber in der sozialdemokratischen Partei nicht den letzten Platz einnehmen. Gegenwärtig besitzen dieselben jo auskömmliche Stellungen, daß ihnen eine Rückkehr zur Bergarbeit kaum wünschenswerth erscheinen dürfte. Die Delegirten haben hier, wie wahrscheinlich auch anderwärts, bezw. wie dies in der Regel bei Arbeiterkongressen der Fall ist, ihr Mandat nur von einem Tbeil der Belegschaften erhalten. Trotzdem bezeichnen sich die Delegirten als die Vertreter der nach Tausenden zahlenden Arbeiterschaften ihrer Reviere, und die Kongreßberichte führen hoch tönende Zahlen der vertretenen Arbeiter auf, welche zweifellos nicht den Thatfachen entsprechen. Die Mehrheit der Arbeiter stehe der Bewegung auch in Zwickau noch fern und überlasse sie denen, welchen sie Beruf geworden sei. . ;

Eine öffentliche Versammlung der Zimmerleute Berlins beschäftigte sich am Mittwoch mit der gegenwärtig im Baugewerbe vorherrschenden Arbeitélosigkeit und der in Folge derselben eingetre⸗ tenen Lohnabzüge. Zu der Frage: ‚Wie ist den ungerechtfertigten Lohnabzügen am besten entgegen zu treten?! bemerkte der Referent, daß der Stundenlchn von 60 vielfach nicht mehr gezahlt werde und daß ein Meister seinen Leuten sogar nur 40 3 geboten habe. Es sei bei der schweren Arbeit und den hohen Preisen für alle Lebensbedürfnisse nicht möglich, mit geringeren Löhnen aus— zukommen. Man werde sich aufraffen und wenigstens gegen die Meister vorgehen müssen, welche die geringften Löhne zahlen. In der folgenden Diskussion wurde geltend gemacht, daß zur Zeit wenig Aussicht auf Erfolg für ein Vorgehen vorhanden sei, besser werde es fein, bis nach Weihnachten zu warten. Das Ergebniß der Verhandlungen war der Beschluß, den bestehenden Gesellenausschuß aufzulösen und dem Vorstand detz deutschen Zimmererberbandes die Lohnbewegung zu übertragen. Um die Weihnachtszeit sollen zur weiteren Beschlußfassung öffentliche Versammlungen stattfinden.

In der Berliner Stadtverordneten Versammlung wurde gestern ein Äntrag der freien Vereinigung der Maurer Berlins verhandelt, welcher die Ausführung städtischer Bauten mit Umgehung der Unter⸗ nehmer und ohne Submission den Arbeitern direkt übertragen wissen will. Sozialdemokratischerseits wurde der Antrag lebhaft nn, die Versammlung ging in deß dem Antrage ihres Petitionsausschusses entsprechend über ihn zur Tagesordnung über. .

Eine Mittheilung der . Schles. Zig. aus Mährisch-Ostrau giebt als Ursache der neuerdings in dem dortigen Koßhlenrevier aus gebrochenen Strikes den Umstand an, daß die Gewerkschaft einer kleineren Grube in Folge Jahrzehnte langer Einbuße nicht in der Lage war, die Forderungen ihrer Arbeiter in demselben Maße zu be-

friedigen, wie es die größeren Gewerkschaften nach dem großen Ar— beiterausstande dieses Jahres gelhan haben. Von dieser Grube aus sind dann zunächst die Grubenarbeiter von Orlau angesteckt worden, und von dort aus hat sich der Strike noch weiter verbreitet.

Wie ein „Wolff'sches Telegramm“ ars London herichtet, hielt der Abgeordnete für Chatham und politische Sekretär der „India Office! Sir John Gorst gestern vor seinen Wählern eine An— sprache, in welcher er die Bildung wohblorganisirter Gewerk vereine befürwortete, da die Arbeiter allein sich eine billige Be— handlung nicht zu sichern vermöchten. Die beste Methode, Aus— stände zu verhindern, sei ine auf Vereinbarung der Arbeiter und Arbeitgeber begründete Organisation.

Aus Brüssel wird der Wes -Ztg.“ geschrieben, die Brüsseler Staatsanwaltschaft wolle gegen den' Generalrath der belgischen Arbeiterparsei gerichtlich vorgehen. Die Mitglieder des Generalraths haben den ihnen auf dem Brüsseler Arbeiterkongresse ertheilten Auftrag, den allgemeinen Ausstand im Lande einzu⸗ leiten, angenommen und sofort mit der Propaganda dafür den Anfang gemacht; daraufhin soll die Verfolgung begründet werden.

Ueber die Arbeiterbewegung in Äustralien liegen folgende Nachrichten vor: Aus Sydney theilt die Londoner Allg. Corr.“ unter dem 24. d. M. mit, daß der Arbeiter kongreß, der daselbst am 11. d. M zusammentrat, nach An⸗— nahme einer Resolution, die Arbeitgeber nochmals dringend zu ersucken, eine Konferenz mit den Führern der Arbeiterver—⸗ bände abzubalten endlich geschloffsen worden ist. Der Kongreß be— stätigte auch aufs Neue seinen früheren Entschluß, die Woll scheerer und alle in den Schafs stationen beschäftigten Arbeiter aufzufordern, einen allgemeinen Ausstand zu beginnen. Man zweifelte daran, ob die Wollscheerer dieser Aufforderung Folge leisten würden. Wie aber ein Telegramm des W. T B. vom gestrigen Tage aus Melbourne meldet, haben die Schaf⸗ scheerer von Neu- Süd⸗ Wales und Queensland auf Veranlassung der Führer der Gewerkvereine den Strike be— gonnen. Victoria ist davon bisher unberührt geblieben. Die Direktoren der Bergwerke von Brokenhill haben mit ihren Angestellten ein Abkommen getroffen, von welchem jedoch die Be⸗ stimmungen über die Verschiffung von Silberbarren ausgeschlossen sind. Das Gewerbe ⸗Streit⸗ Verfahren in Breslau während

der Etatsjahre 1886 87 1888/89.

Die Zahl der in den drei Etatsjahren 1886/89 vor dem gewerb— lichen Schiedsgerichte in Breslau verhandelten Streitverfahren ein- schließlich der infolge Einspruchs gegen Versäumnißurtheile wieder aufgenommenen betrug nach dem Verwaltungsbericht des Magistrats der Königlichen Haupt- und Residenzstadt Breslau für die drei Etatsjahre vom 1. April 1886 bis 31. März 1889 3643, von welchen 1382 auf 1886/87, 1182 auf 1857,88 und 1679 auf 1888/89 entfielen, während sich die Gesammt⸗ zahl der in den Etatsjahren 1883/86 anhängig gewesenen gewerblichen Streitsachen auf 3781 bezifferte Hieraus ergiebt sich, daß in den letzten drei Jahren eine Rerminderung der Streitfälle um 138 einge treten ist. Vieses Ergebniß dürfte nicht allein auf den Umstand zurück zuführen sein, daß sich im Laufe der letzten drei Jahre Schiedsgerichte zur Entscheidung zwischen Innungsmeistern und deren Gesellen bei drei Breslauer Innungen (bei der Böttcherinnung, bei der Neuen Schneiderinnung und bei der Innung für Juweliere, Gold. und Silberarbeiter) gebildet haben, da bei diesen verhsltnißmäßig nur wenige Streitfälle zur Erörterung gelangt sind, sondern vorwiegend seinen Grund darin finden, das seit dem Jahre 1887 Klageansprüche aus Anlaß vorgekommener Entlassungen der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältniß ohne vorangegangene Aufkündigung des letztern auf Weiterbeschäftigung für die Dauer der Kündigungsftist nur selten geltend gemacht wurden, in dieser Be⸗ ziehung vielmehr auf Lohnentschädigung geklagt worden ist und dies⸗ fällige Klageansprüche demnächst häufig fallen gelassen worden sind, wenn die gedachten Arbeitnehmer alsbald nach der Entlassung wieder anderweit Arbeit gefunden hatten.

Im großen Ganzen hat sich nach dem obigen Ergebniß im Durchschnitt die Anzahl der vorhanden gewesenen Streitigkeiten auf derselben Höhe befunden, wie innerhalb der drei Vorjahre.

Die württembergischen Eisenbahnen im Jahre 1888 / 89.

Die württembergischen Staatsbahnen hatten, den auf amtlichen Veröffentlichungen des württembergischen Ministeriums beruhenden Mittheilungen des „Archivs für Eisenbahnwesen“' zufolge am 31. März 1889 (einschließlich 3,5 km gepachteter fremder und abzüglich 11,23 km verpachteter eigener Strecken) eine Gesammtlänge von 1560,93 km, wovon 298 km zweigeleisig waren. Die Bahnen untergeordneter Bedeutung umfaßten wie im Vorjahre insgesammt 12692 km.

Sowohl der Personen- wie der Güterverkehr ergaben gegen das Vorjahr eine wesentliche Steigerung. Es wurden befördert 13 984 255 Personen (gegen 13 416936 im Jahre 1887/88) und zwar in J. Klasse O. 61 0/ο, in II. 10,50 άη,, in III. 87,70 oo, Militär 1,20 9,ο90o. Jede Person durchfuhr durchschnittlich 21,97 km (1887 / S'ᷣ 22, 10 km).

Auf Rückfahrkarten wurden befördert 50 9οC der Fahrgäste, auf Rundreisekarten 1,35 , auf Zeitkarten 3,71 0½, auf Arbeiter⸗Wochen⸗ karten 13,26 ο , auf Badekarten O72 5, auf einfache Fahrkarten 30, 9g 0seo.

Bezüglich der durchschnittlichen Besetzung der Plätze ergaben sich folgende Prozentsätze: in J. Klasse 10 566 Co, 1J. Klasse 17,23 0s, 6. Klasse 28,75 oo, im Ganzen 25,58 0so (gegen 24,83 C ο im Vor⸗ jahre).

Die Gesammt-Einnahme aus dem Personenverkehr bezifferte sich auf 10 318 454 0 (gegen 9 855 273 im Jahre 1887/88), und zwar kamen davon auf: die J. Klasse 3,84 9ͤ, die II. 23,15 G, die III. 71,29 0½, das Militär 1,ů72 Co.

Der Güter Verkehr umfaßte im Ganzen 4 584 094 t (gegen 4291 523 t im Vorjahre), und zwar Eil⸗ und Expreßgut O, 69 oso, Frachtgut 83,52 ,, Militärgut 6, 24 C, Vieh 3,39 Co, Dienstgut 2, 05 Gl. Jede Tonne durchfuhr durchschnittlich 81,83 km (1887/88 76, Sęꝰ km).

Die Gesammt⸗ Einnahme aus dem Güterverkehr betrug 19610 898 ½ gegen 18636 4651 S im Vorjahre oder 4,28 M pro Tonne (gegen 4,34 ).

Speziell an Steinkohlen und Kokes wurden in Württemberg im Jahre 1838/89 eingeführt: mit der Bahn 736 907 t (89,4 06), zu Wasser 87 694 t (10,6z oo), zusammen S824 901 t Davon entfallen auf Saar und Ruhrkohlen 810 520 t (98,3 6), auf bayerische, böhmische, sächsische Kohle 13481 t (1,70 ;). .

Der Bauaufwand für die von Württemberg gebauten Betriebs⸗ strecken (mit Ausschluß der aus Betriebseinnahmen bestrittenen Summe von 7741 957 M und der 2 9656 288 M betragenden Kosten für Vorarbeiten und im Bau begriffene Strecken) bezifferte sich am 31. März 13839 bei 1568,41 km Bahnlänge auf 467 643 991 , mithin durchschnittlich für 1 km auf 298 164 M Das zur Verzinsung in Betracht kommende Anlagekapital berechnet sich auf 461 518 993

Die finanziellen Ergebnisse des Betriebsjahres 1888839 waren: Gesammteinnahme 33 223 928 4, Gesammtausgabe 16 950 812 , Ueberschuß 16 2733 116 S6 (gegen 15 398 318 4 im Jahre 188788). An Einnahmen aus dem Transport kamen auf 1 km Betriebslänge

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