nfanterie von Pape, Ober⸗Befehlshabers in den Marken und Gouverneurs von Berlin, des Chefs des Generalstabes der Armee, der sämmtlichen kommanbinenden Generale, Des General⸗Inspecteurs des Militär-Erziehungs, und Bil⸗ dungswesens, des General⸗Inspecteurs der Fuß⸗ Artillerie, des Inspecteurs der Feld-⸗Artillerie, des Kriegs-Ministers und des mit Wahrnehmung der Geschäfte beauftragten General⸗ Inspecteurs des Inzenieur⸗ und Pignier Corps und, der Festungen — dem Beneral⸗Feldmarschall Grafen von Moltke anläßlich dessen 90. Geburistages Allerhöchstihre und der Armee ückwün asprechen. . findet um 115 Uhr Vor⸗
Die Versammlung hierzu mittags im ö Saale der Wohnung des General⸗-Feld⸗
marschalls Grafen von Moltke im Generalstabsgebäude statt. r e h . erwarten die 1. Compagnie des 2. Garde⸗ Regiments z. F. mit den sämmtlichen vorher aus dem König⸗ lichen Schloß abgeholten Fahnen, einschließlich derjenigen des Kolberg'schen Grenadier⸗Regiments Graf Gneisenau 68. Pom⸗ merschen) Nr. 9 und die 1. Escadron des Garde⸗Kürassier⸗ Regiments mit den Standarten, auf dem Platze am Sieges⸗ denkmal die Ankunft Sr. Majestät des Kaisers und Königs, Sogleich nach dem Eintreffen Sr. Majestät werden die Fahnen und Standarten nach dem Generalstabs gebäude gebracht. e. Majestät begeben Sich in den Versammlungs⸗ saal, um dort die kommandirenden Generale zu begrüßen. Nach Beendigung der Ansprache an die kommandirenden Generale treten Fahnen und Standarten in den Versamm⸗ lungssaal ein und nehmen dort den kommandirenden Generglen gegenüber Aufstellung. Sodann begeben sich die General⸗Ad⸗ jufanten, General der Kavallerie und Chef des Generalstabes der Armee Graf von Waldersee und General Lieutenant von Wittich, Kommandant des Allerhöchsten Hauptquartiers, nach den Gemächern des General-Feldmarschalls Grafen von Moltke, um denselben als Ehrendienst vor Se. Majestät zu geleiten. Allerhöchstdieselben wollen sodann dem Jubilar Ihre und der Armee Glückwünsche darbringen. Nach Be⸗ endigung der Feier verlassen Se. Majestät über die Haupt— treppe das Generalstabsge bäude. . . Unmittelbar nachdem Se. Majestät das Generalstabs— gebäude verlassen ha en, bringen die Prinzen des Königlichen Hauses sowie die im Garde-⸗Corps dienenden Prinzen aus souveränen Häusern ihre Glückwünsche dar. Nachmittags um 7 Uhr findet in den Räumen des Neuen Palais in Potsdam ein Diner statt, wozu besondere Einladungen durch das Ober⸗ Hofmarschallamt ergehen. Die Fahnen und Standarten verbleiben in der Wohnung des General⸗Feldmarschalls, werden von dort am 27. d. M. Mittags durch die 1. Compagnie 2 Garde-Regiments z. F. und die 1. Escadron Garde⸗Kürassier⸗Regiments wieder ab⸗ geholt und in das Königliche Schloß zurückgebracht.
Ueber die bevorstehende Begegnung des Reichs⸗ kanzlers von Caprivi mit dem Minister-Präsi— denten Crispi sagt die „Riforma“: Die Begegnung werde beweisen, daß die Beziehungen der beiden Länder und ihrer Minister noch ebenso herzlich seien wie zu der Zeit, als Fürst Bismarck deutscher Reichskanzler gewesen. Das intime Ver⸗ hältniß sei den Ereignissen entsprechend, welche zu der Einigung der beiden großen Völker geführt haben, und enthalte nichts, was Andere verletzen könne.
SHeute Mittag fand eine Sitzung des Bundesraths statt. Vorher waren der Ausschuß für Handel und Verkehr und die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justizwesen zu Sitzungen zusammengetreten.
Nach der im Kaiserlichen Gesundheitsamt bearbeiteten Statistik über die Verbreitung von Thierseuchen im Deutschen Reich während des 2. Vierteljahrs 1890 hat die Maul⸗ und Klauenseuche wieder an Ausbreitung gewonnen. Sie ist in der Berichtsperiode in allen Bundesstaaten, aus⸗ genommen beide Mecklenburg, Sachsen⸗Altenburg, beide Schwarzburg, Waldeck, Reuß ä. L., Schaumburg-⸗ Lippe, Lübeck und Hamburg, aufgetreten. Von Preußen blieben nur die Regierungsbezike Stralsund und Lüne⸗ burg, von Oldenburg das Fürstenthum Lübeck, von Sachsen⸗ Coburg und Gotha das Herzogthum Coburg verschont. Neue Ausbrüche wurden gemeldet aus 16 Staaten, 70 Regierungs⸗-2c. Bezirken, 395 Kieisen, 1446 Gemeinden 4, 3405 Gehöften. Die Zahl der betroffenen Staaten ist um 3, jene der Re— gierungs⸗ ꝛc. Bezirke um 1, der Kreise ꝛc. um 11 geringer, dagegen die der Gemeinden um 186 und jene der Gehöfte um 1225 größer als im Vorvierteljahr. Die Stückzahl der Thiere in den neu betroffenen Gehöften betrug nachweislich 61 J32 Stück Rindvieh, 28175 Schafe, 341 Ziegen, 36 578 Schweine, zusammen 126 827 Thiere gegen 128 822 im J. Vierteljahr 1890. Unter den 395 betroffenen Kreisen ꝛc. befinden sich 26 Stadtkreise, in welchen die Seuche zumeist in Schlachthäusern und auf Schlachtviehmärkten fest— gesetzt worden ist.
Die größte räumliche Verbreitung erlangte die Seuche in den Regierungsbezirken Breslau (251 Gemeinden und 444 Gehöfte), Posen (246 und 454), Liegnitz (173 und 272), Arnsberg (97 und 162), Schwarzwaldkreis (74 und 443). Verhältnißmäßig wenig heimgesucht wurden die nördlichen Länderstrecken, ferner Bayern, sowie die Harzgegend nebst den angrenzenden Gebietstheilen westlich der Weser.
Ende Juni herrschte die Seuche noch in 11 Staaten, 48 Regierungs⸗ꝛc. Bezirken, 143 Kreisen 2c, 371 Gemeinden ꝛc. und S5? Gehöften. Im Vergleich zum Beginn des Berichts⸗ viertel jahres waren am Schluß desselben mehr betroffen 153 Gehöfte, weniger 1 Staat, 6 Regierungs- 2c. Bezirke, I5 Kreise z., 68 Gemeinden und Gutshezirke. Frei waren Pommern, Schleswig Holstein, beide Mecklenburg, Oldenburg, Sachsen⸗Altenburg, Sachsen Coburg und Gotha, Anhalt, beide Schwarzburg, Waldick, beide Reuß, Schaumburg-⸗Lippe, Lübeck, Bremen und Hamburg.
Die preußische Staatseisenbahn⸗Verwaltung hat schon seit
ᷣ Jahren zu einer ihrer Hauptaufgaben die Entwickelung des regelmäßigen täglichen Verkehrs der Arbeiterbevö'ke⸗ rung zwischen ihren Wohnstätten und den großen Verkehrs⸗ centren gezählt.
Nachdem schon in den siebziger Jahren in einzelnen Be⸗ zirken, wie in Oberschlesien und in den Bezirken Wiesbaden und Kassel, besondere Erleichterungen für Arbeiter durch Einrichtung von Arbeiterzügen und Ausgabe er⸗ mäßigler Fahrkarten eingerichtet waren, wurde als⸗ bald nach den ersten größeren Erweiterungen des Staatseisenbahnnetzed im Anfang des zuletzt ab⸗— gelaufenen Jahrzehnts die Ausgabe ermäßigter Arbeiter— Wochen⸗ und Rückfahrkarten — zur täglichen Benutzung wäh—⸗ rend der Arbeitswoche oder zur Benutzung am Beginn und am Schluß der letzteren — zum Einheitssatz von 11 Pf. (später von 1 Pf) für ein Kilometer auf das gesammte Staatsbahnnetz ausgedehnt. Diese Karten berechtigen da, wo die vierte Wagenklasse nicht gefahren wird, auch zur Benutzung der dritten Klasse der zur Arbeiterbeför⸗ rung bestimmten Züge. In umfassendster Weise wurde bei der Eröffnung der Berliner Stadtbahn nach Be⸗ nehmen mit den zuständigen Organen der Gewerbepolizei auf die Entwickelung dieses Verkehrs besonders Bedacht ge— nommen. Die für den Stadt. und Vorort⸗Verkehr aus— gegebenen Arbeiter⸗Tages⸗ und Wochenkarten gehen hier in einzelnen Entfernungen weit unter den Einheitspreis von 1 8 für die Person und das Kilometer, ja bis auf /“ für die Person und das Kilometer herunter. In den folgenden Jahren wurden die Königlichen Direktionen durch ver⸗ schiedene Erlasse zu weiteren Erleichterungen, insbesondere auch zur Verbesserung der Fahrgelegenheiten durch E'nrichtung und Vermehrung zweckmäßiger Arbeiterzüge veranlaßt. Ins⸗ besondere durch einen Erlaß vom 23. Juni 1887 wurden die Direktionen allgemein ermächtigt: „in denjenigen Fällen, in welchen nach den örtlichen Verhältnissen ein wirkliches und erhebliches Bedürfniß zur Ermägigung hervortritt, den Einheitspreis bis auf 1 8 für das Kilometer zu ermäßigen“, und im Oktsber 1888 zu einer wieder— holten Prüfung aufgefordert, ob die für die Beförderung der Arbeiter zwischen der Arbeitsstelle und ihren benachbarten Wohnsitzen bestehenden Einrichtungen überall dem Bedürfniß entsprechen oder der Verbesserung und Autdehnung fähig seien. „Die Herstellung billiger und bequemer Besörderungs⸗ gelegenheiten für die Arbeiterbevölkerung sei, wie es dort heißt, von solcher Wichtigkeit, daß die Eisenbahnverwaltung sich nicht darauf beschränken dürfe, Anträge aus Interessenten⸗ kreisen abzuwarten, es sei vielmehr auch ohne solche Anregung im Interesse der Wohlfahrt und Gesundheit der Arbeiter, wie im eigenen Interesse der Eisenbahnverwaltung eingehend zu prüfen, ob und wie in dieser Beziehung von der Eisenbahnverwaltung fördernd eingewirkt werden könne. Es sei zu untersuchen, in wieweit dies durch Einrichtung neuer Züge zu den passenden Tageszeiten oder durch Aenderung der vorhandenen Züge möglich, wobei selbstverständlich nicht außer Acht gelassen werden dürfe, ob auch die vorhandenen Be⸗ triebseinrichtungen und die Zahl der Betriebsmittel ausreichend seien, um die durch solche Maßnahmen zu erwartende Berkehrs⸗ vermehrung ordnungsmäßig bewältigen zu können. In einem neuerlichen Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten wird wiederholt hervorgehoben, daß „die Möglichkeit für den Arbeiter⸗ stand, sich gesunde und wohlfeile Wohnstätten außerhalb der großen Städte zu verschaffen, von so hervorragender Bedeutung sei, daß die Königlichen Eisenbahn-Direktionen dieser wichtigen Aufgabe auch in Zukunft die volle Aufmerksamkeit zuzuwenden und namentlich für zweckentsprechende Zugverbindungen Sorge zu tragen haben.“ Gleichzeitig ist dann die allgemeine Ein— sührung des Satzes von 1 3 für die Person und das Kilometer für Arbeiter⸗Wochenkarten, da, wo bisher noch höhere Sätze galten, angeordnet worden.
Ueber die Entwickelung, welche der Verkehr auf Arbeiter⸗ Tages⸗, Wochen- und Rückfahrkarien im Jahre 1889 in Folge dieser Erleichterungen genommen, liegen lehrreiche Zusammen⸗ stellungen vor. Für alle größeren Städte, für welche ein Bedürfniß zu Tage getreten, ist ein derartiger Arbeiter⸗ verkehr eingerichtet, so, um nur einige zu erwähnen, für Berlin, Breslau, Frankfurt a. M, Hannover, Bremen, Hamburg, Barmen, Elberseld, Köln⸗Deutz, Düsseldorf, Krefeld, Danzig, Stettin, Kiel, Halle, Leipzig, die größeren industriellen Platze des rheinisch⸗westfälischen und des Saarbrücker, sowie des oberschlesischen und des Waldenbur «n Kohlenreviers. Im Jahre 1889 sind auf Arbeiterkarten f ast 12 Millionen Fahrkarten — etwa 6i⸗ Proz. aller auf den Staatsbahnen überhaupt zurückgelegten Fahrten — aus— geführt, von welchen auf Berlin allein i Millionen ent⸗ fallen. Für fast 10 Millionen dieser Fahrten (9229 337) wurde ein Einheitsfahrpreis von 1 Pfennig für das Kilometer und weniger erhoben, im Berliner Vorortverkehr, in welchem zum Theil erheblichere Entfernungen in Betracht kommen, wie bemerkt, bis herunter auf / Pfennig.
Die preußische Staatsbahnverwaltung wird sonach auch auf diesem Gebiete den Vergleich mit anderen Ländern wohl nicht zu scheuen haben.
Nach Ziffer 7 des Bundesrathabeschlusses vom 21. Juni 1888 — 8 312 der Protokolle — kann es Händlern allgemein gestattet werden, den bezüglichen, früher gültigen Vorschriften gemäß Branntwein mit 5 Proz. Holzgeist zum Verkaufe an Gewerbtreibende denaturiren zu lassen, während in Abweichung von den früheren Bestimmungen der Befugniß zum Verkauf von methylirtem Branntwein an Kleinhä ndler nicht mehr Erwähnung geschieht,
Hiernach ist einerseits die Abgabe von methylirtem Branntwein an andere Händler nicht mehr als zulässig zu erachten, andererseits erscheint es, mit Rücksicht darauf, daß die Unterscheidung zwischen Händlern und Kleinhändlern überhaupt beseitigt worden ist, sämmtlichen Händlern nunmehr gestattet, gemäß 5. 17, Absatz 2 des Regulagitivs, betreffend die Steuerfreiheit des Branntweins zu gewerblichen Zwecken, vgm Jahre 1879, methylirten Branntwein in Mengen bis zu 2 hinab an bezugsberechligte Gewerbtreibende abzugeben.
Der Kaiserliche Botschafter in St. Petersburg von Schweinitz ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen.
Der Königlich bayerische Bevollmächtigte zum Bundesrath, Ministerial⸗Rath Heller ist hier angekommen.
Der Königlich sächsische Gesandte am hiesigen Allerhöchsten Hofe Graf von Hohenthal und Bergen ist vom Urlaub
nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandt⸗ schaft wieder übernommen.
Der mexikanische Gesandte am 66 Allerhöchsten Hofe Don Romero Vargas ist nach Berlin zurückgekehrt und
hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
Der General⸗-Inspecteur des Militär⸗-Erziehunge⸗ und Bildungswesens, General der Infanterie von Keßler ist von Dienstreisen hierher zurückgekehrt.
S. M. Kanonenboot Iltis“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän Ascher, ist am 22. Oktober d. J. in Nagasaki ein⸗ getroffen und beabsichtigt, am 28. dess. M. nach Shanghai in See zu gehen.
Breslau, 22. Oktober. Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Sachsen traf, der „Schles. Ztg.“ zufolge, gestern Mittag von Heinrichau kommend hier ein und begab sich direkt nach Kleinburg, um bei dem Offizier Corps des Leib⸗Kürassier⸗-Regiments, bei welchem er in den vierziger Jahren eingetreten war und dem er längere Zeit an⸗ gehörte, zu speisen. Das gesammte Offizier⸗Corps em⸗ pfing den hohen Gast, dessen Besuch die Erfüllung eines von ihm selbst lange gehegten Wunsches war, im Saale des Kasinos. Se. Königliche Hoheit ließ sich die einzelnen Herren vorstellen und sprach mit jedem derselben längere Zeit. Bei Tische nahm er zwischen dem Commandeur, Oberst⸗Lieutenant von Frankenberg und Proschlitz und dem Rittmeister Grafen zu Dohna Platz; gegenüber saß der Nittmeister der Reserve Graf Tschirschky⸗ Renard. Nachdem der Commandeurauf das Wohl des erlauchten Gastes das Glas geleert, antwortete der Großherzog etwa mit folgenden Worten: Es sei ihm ein besonderes Ver⸗ gnügen, in dem Offizier⸗Corps zu weilen, in dem er seiner Zeit eine so besonders gute Kameradschaft gefunden habe, und es sei ihm eine Freude, dieselbe auch jetzt noch zu finden; er trinke auf das Wohl des ihm so lieben Leib-Kürassier⸗Regiments. Nachhem die Tafel aufgehoben war, weilte Se. Königliche Hoheit noch längere Zeit inmitten des Kameradenkreises und unterhielt sich in leutseligster, herzlichster Weise mit den Offisieren. Mit dem um 55½½ Uhr hier abgehenden Zuge kehrte der Großherzog wieder nach Schloß Heinrichau zurück.
Kamenz, 22. Oktober. Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Albrecht ist, nach der „Schles. Itg.“, aus Hannover heute hierher zurückgekehrt.
Merseburg, 21. Oktober. Die Provinzialsynode hat folgenden Antrag angenommen: „Hochwürdige Synode wolle 1) der nächst zusammentretenden Generalsynode den An⸗ trag vorlegen a. vor den Gliedern der preußischen Landes⸗ kirche öffentlich und eindringlich Zeugniß abzulegen, daß die unsere soziale Arbeiterfrage beherrschende Sozial demokratie eine antichristliche, den gewaltsamen Umsturz gött⸗ licher und menschlicher Ordnungen verfolgende Rich⸗ tung ist und die Verbindung mit ihr Verrath und Preisgebung der heiligsten Interessen der christlichen Kirche in sich schließt; b. den verfassungsmäßigen Organen der kirchlichen Einzelgemeinden ihres Bereichs ein gleiches Zeugniß in Wort und Schrift vor der Gemeinde zur dringen⸗ den Aufgabe zu machen; 2) inzwischen die gleichen Aufgaben zu a und h in ihrem Bereiche erfüllen.“
Sigmaringen, 23. Oktober. Se. Majestät der Kaiser ließ durch den Regierungs⸗Präsidenten Freiherrn von Fürstenwerth einen prachtvollen Kranz am Denkmal des Fürsten Karl Anton niederlegen. Dem Prinzen Karl von Hohenzollern verlieh Se. Majestät den Rothen Adler⸗Orden erster Klasse.
Ihre Majestät die Königin von Sachsen hat, nach einer Meldung des „W. T. B.“, heute die Rückreise nach Dresden angetreten.
Bayern.
München, 23 Oktober. Die Königin von Ru— mänien ist, dem „W. T. B.“ zufolge, heute früh hier ein⸗ getroffen und sogleich zum Besuche des Herzogs von Nasfau nach Schloß Hohenberg bei Tölz weitergereist. Am Sonnabend wird sie voraussichtlich nach Bukarest zurück⸗ kehren. Die Frage der Rückberufung der Redemptoristen beschäftigt, der „Allg. Ztg.“ zufolge, gegenwärtig die bayerische Staatsregierung; diese ist im Sinne ihrer vor eiwa. Jahresfrist im Landtage abgegebenen Er⸗ klärung bereit, diese Rückberufung bei, dem Bundes⸗ rath zur Sprache zu bringen. Daß der in nächster Zeit schon im Reichstage von ultramontaner Seite zu erwartende An⸗ trag auf Aufhebung des Jesuitengesetzes im Falle seiner Ab⸗ lehnung auch die Frage der Rückberufung der Redemptoristen in gleicher Weise beeinflussen werde, ist nach dem ge⸗ nannten Blatte nicht richtig. Die Frage der Rück— berufung der Redemptoristen nach Bayern sei eine Angelegenheit, die lediglich den Bundes rath angehe und ihre Erledigung Seitens desselben sei einzig und allein abhängig von der Erbringung des Beweises der Nicht⸗ verwandtschaft des Redemptoristenordens mit dem der Jesuiten.
Gestern Mittag fand in der Kapelle der Nuntiatur die feierliche Eidesleistung des neuernannten Erzbischofs van Bamberg Dr. Schork in Gegenwart des Nuntius Msg. Pr. Agliardi und des Uditore Dr. F. Ritter von Starowiejski⸗ Biberstein statt.
Sach sen.
Dresden, 23. Oktober. Ihre Majestät die Königin wird, dem „W. T. B.“ zufolge, am Freitag von Sigmaringen hier wieder eintreffen. In der nächsten Woche werden sich Beide Majestäten für längere Zeit nach Sibyllenort begeben.
Württemberg.
Stuttgart, 22. Oktober. Ihre Kaiserlichen Hoheiten der Großfürst und die Großfürstin. Wladimir Alexandrowitsch von Rußland und Ihre Kaiserliche Hoheit die Herzogin von Edinburg sind, wie der St. A. f. W.“ meldet, gestern zum Besuch der Königlichen Familie hier eingetroffen und haben im Königlichen Residenzschlosse Wohnung genommen. ; ;
Bei der gestern in Tuttlingen stattgehabten Stich⸗ wahl zum Landtage wurde der Drechsler Storz (Demokrat) mit 2386 Stimmen gemählt. Dessen Bruder, Stadtschultheiß Storz (natl), erhielt 1343 Stimmen.
M )
Baden.
Karlsruhe. Der in Nr. 252 des „R. u. St.⸗A.“ bereits erwähnte Antrag der badischen Regierung bei dem Bundesrath, betreffend die Abänderung der sz. 1, 41 und 42 des Branntweinsteuergesetzes vom 24. Juni 1ös7, ist, wie die „Voss. Ztg.“ mittheilt, in Form eines Gesetzentwurfs gehalten, welcher vier Paragraphen umfaßt. Ueber den Inhalt des Entwurfs und die Begründung macht das genannte Blatt folgende Mittheilungen:
§ 1 des Gesetzes, welcher von den Steuerbefreiungen handelt, soll solgenden Zusatz erhalten: 3) Branntwein in einer Jabresmenge von nicht mehr als 101 reinen Alkohols, welcher als Haustrunk aus selbstgewonnenen Wein und Obstrückständen in einfachen Brennvorrich⸗ tungen mit unmittelbarer Feuerung hergestellt wird. Ein jedes Ab lassen des Haustrunks an nicht zum Haushalte des Brenners gehörige Personen gegen Entgelt ist untersagt.“
Nach §. 2 erhält der 5 41 desselben Gesetzes unter Nr. III. folgende Fassung: „An Branntweinmaterialsteuer ist zu entrichten: a, vom Hektoliter Treber von Kernobst O, 25 S, b. vom Hektoliter Kernobst und eingestampfte Weintreber O35 S, C. vom Hektoliter Beerenfrüchte aller Art 0,45 M, d. vom Hektoliter Brauereiabfälle, Hefenbrühe, gevreßte Weinhefe und Wurzeln aller Art 9, 0 . e. vom Hektoliter Trauben oder Obstwein, flüfsige Weinhefe und Steinobst O, S5 A6“ . .
§. 3 ordnet an, dem § 42 desselben Gesetzes unter Nr J am Schlusse hinzuzufügen: ‚In Brennereien, welche auf Antrag von der Branntweinmaterialsteuer freizulassen sind und nicht mehr als 1 hl reinen Alkohols in einem Jahre erzeugen, wird nur ein Zuschlag von O, 16 Me für das Liter reinen Alkohols erhoben.“
Fs 4 läßt den Termin für das Inkrafttreten des Gesetzes offen.
In der Begründung wird ausgeführt, daß das Branntwein steuergesetz bei den badischen Kleinbrennern eine tiefgehende Miß stimmung hervorgerufen babe, welche durch inzwischen gewährte Betriebserleichterungen nicht beseitigt worden ist, sondern Ab- änderung auf dem Wege der Reichsgesetzgebung erheische. Bei der jetzigen Sachlage werde das Brennen von Fallobst, Wein und Kernobsttrebern so gut wie unmöglich gemacht. Daher komme ez, daß Trester, die ehedem auf Branntwein verarbeitet wurden, jetzt einfach auf den Dünger geworfen werden. Vom volkswirthschaftlichen Standpunkt aus ist dies sicherlich zu beklagen: die selbstgewonnenen Rohstoffe, welche der Bauer früher rationell verwerthen konnte, muß er jetzt ungenützt verderben lassen, wäbrend er genöthigt ist, zur Befriedigung seines Bedürfnisses größere Auslagen in baarem Gelde zu machen, an dem gerade er so fühl- baren Mangel bat. Nicht mit Unrecht wird deshalb behauptet, daß in dieser Hinsicht das Branntweinsteuergesetz die auf Hebung der Landwirthschaft gerichtelen Bestrebungen der Neu— zeit, welche fordern, daß der Bauer rechne, spare, auch in den kleinsten Dingen rationell und jeden Vortheil aus— nutzend verfahre, geradezu durchkreuze. Abhilfe. wäre, da⸗ durch zu schaffen, daß dem Kleinbrenner gestattet wird, jährlich ein mäßiges Quantum Branntwein aus den bezeichneten Abfallstoffen verbrauchs abgabefrei herzustellen. Eine solche Vergünstigung möchte sich um so mehr rechtfertigen, als der Branntwein zu den unentbehrlichen Bedürf⸗ nissen des Landwirtbs gehört; er braucht ihn für sich und seine Dienstboten bei der Arbeit zur Winterszeit ode am frühen Morgen in Wald und Feld, er hat ihn auch gelegentlich als Arznei im Stall nöthig; in keinem anderen Getränk findet er für den Branntwein einen tauglichen Ersatz. Die beklagten Uebelstände der jetzigen Gesetzaebung träten übrigins in demselben Maße, wie in Baden auch in Elsaß Lothringen hervor. Bei der Berathung des Braantweinsteuergesetzegz im Reichstage hätte der Antrag Grad und Genossen bereits ähnliche Vorschläge wie der jetzige Antrag Badens gemacht. Der Antrag sei indessen abgelehnt worden. Im Weiteren wendet sich die Begründung dem Nachweise zu, daß die finanzielle Wirkung des Vorschlages kaum einen erheblichen Einnahmeaugfall bewirken möchte und ein finanzielles Opfer durch volkswiribschaftlich und politisch günstige Wirkung der Gesetzesänderung reichlich auf⸗ gewogen würde.
Sessen. Darmstadt, 22. Oktober. Se. Königliche Hoheit der Großherzog wird sich, wie die „Darmst. Ztg.“ erfährt, am 25. d. M. nach Berlin begeben.
Mecklenburg⸗ Schwerin.
Schwerin, 23. Oktober. Ihre Königliche Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin von Baden sind, wie „W. T. B.“ meldet, zum Besuch Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin-Mutter im Großherzoglichen Schlosse eingetroffen.
Der frühere mecklenburgische Minister, Geheime Rath Wetzell ist gestern in Rostock in Folge eines Schlaganfalls gestorben.
Mecklenburg⸗Strelitz.
Neustrelitz, 23. Oktober. Der heute erschienene offizielle „Anzeiger“ veröffentlicht die Vorlagen, welche auf dem am 19. November in Malchin zusammentretenden Landtage zur Verhandlung gelangen werden. Es sind dies die gewöhnliche Landeskontribution und der Landesbeitrag, sowie die Bewilligung des Edikts zur Deckung der Bedürfnisse der Central⸗Steuerkasse.
Oldenburg.
(H.) Oldenburg, 21. Oktober. Die zwischen den Weseruferstaaten vereinbarten Vorschriften über das Betreten der in die Weser einlaufenden Seeschiffe sind vom Großherzoglichen Staats Ministerium mit der Be⸗ stimmung zur öffentlichen Kunde gebracht, daß die Obliegen⸗ heiten der zur Ertheilung von Erlaubnißscheinen zum Betreten eines aus See kommenden Seeschiffes vor der Befestigung desselben im Bestimmungshafen an dem angewiesenen Liege⸗ platze befugten Polizeibehörden von den Großherzoglichen Aemtern wahrzunehmen sind und daß die Vorschriften mit dem 1. November 8. J. in Kraft treten.
Sachsen⸗Meiningen.
Meiningen, 22. Oktober. Der am Montag zusammen⸗ getretene Landtag hielt nach der „Weim. Ztg.“ gestern seine erste ordentliche Sitzung ab. Da nur eine Vertagung vorher⸗ gegangen war, so wurden ohne weitere Förmlichkeit die Ar⸗ beiten mit Verkündigung der Eingänge und dem Berichte des Nechnungtzausschusses über die Staatsrechnungen pro 1888 begonnen.
Sach sen⸗Coburg⸗Gotha.
Gotha, 23. Oktober. Der Landtags⸗Ausschuß für das Herzogthum Gotha trat heute hier zusammen, um sich mit der Prüfung der Jahresrechnungen der Herzoglichen Domãnen asse und der Herzoglichen Staatskasse über Ein⸗ nahme und Ausgabe auf das Rechnungsjahr vom 1. Juli 1888 bis 30. Juni 1889 zu beschäftigen.
Waldeck.
Arolsen, 22. Oktober. Der neugewählte Landtgg der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont ist, wie der „A. 3.“ emeldet wird, vom Landes-Direktor auf den 27. Oktober ein⸗ erufen worden.
Samburg.
Damb urg, 23. Oktober. Die Bürgerschaft nahm in ihrer gestrigen Sitzung dem „Hamb. Corr.“ zufolge fol⸗ genden Beschluß in zweiter Lesung an:
Die Bürgerschaft ersucht den Senat, eine Revision der jetzt in Geltung befindlichen Bestimmungen vom 30. März 1880 über die bei Zahlung von Schulgeld in den Volksschulen in Be— tracht kommende Abstufung nach dem Einkommen, und zwar unter Beobachtung des Grundsatzes, daß bei einem Jahreseinkommen bis zu 1009 16 weder Schulgeld noch eine Vergütung für Schulutensilien . Bücher zu zahlen sei, durch die Ober⸗Schulbehörde zu veran⸗
en.
Deutsche Kolonien.
Die Mitglieder der deutsch-ostafrikanischen Gesell⸗ schaft werden, der „Nat.⸗Ztg.“ zufolge, zu einer außer— ordentlichen Hauptversammlung auf den 20. November, Vormittags 11 Uhr, in das Hotel Kaiserhof, Berlin, ein— geladen. Die Tagesordnung lautet:
1) Beschlußfassung über die Genehmigung eines Vertrages mit der Kaiserlichen Regierung, betreffend die Regelung der zukünftigen Rechts verhältnisse der Gesellschaft in Ost⸗Afrika. 2) Beschlußfassung über Abänderung der Satzungen. 3) Beschlußfassung über die Auf— ö. einer Anleihe. 4) Wahl von Mitgliedern des Verwaltungs raths.
Oesterreich⸗ Ungarn.
Wien, 23. Oktober. Graf Kälnoky hat laut Meldung des „W. T. B.“ gestern Abend seine Erholungsreise an⸗ getreten und sich zunächst nach Tirol begeben.
Die Ausgleichs kommission des böhmischen Land— tages hat gestern bei der Berathung des Paragraphen der Vor— lage, betreffend den Landeskulturrath, Abänderungs— anträge, welche von den Jungezechen als Minoritäts— voten angemeldet waren, abgelehnt und den Paragraphö6 in der Fassung der Regierungsvorlage angenommen.
Ein Communiqus der deutschen Parteileitung in Böhmen fordert, nach einer Mittheilung der Wiener „Presse“, unter dem Hinweis, daß die letzten Gemeindewahlen die Be— rechtigung der Deutschen zu einer entsprechenden Vertretung in der Gemeindevertretung zweifellos dargethan haben und ein positiver Erfolg bei der derzeitigen Wahlordnung nicht zu er— zielen sei, für dieses Jahr zur Wahlenthaltung bei den bevorstehenden Gemeinde-Ergänzungswahlen auf.
In der vorgestrigen Sitzung des mährischen Land⸗ tages stellten, der Presse“ zufolge, die Abgg. Graf Serenyi und Genossen den Antrag, der Landesausschuß sei zu beauf—⸗ tragen, schon in der nächsten Session einen Gesetzentwurf vor— zulegen, durch welchen für beide Wahlkörper des Groß— grundbesitzes die proportionelle Vertretung durch— geführk wird. Ferner wurde von den Abgg. Rozkosny und Genossen ein Antrag, betreffend die Errichtung eines Landeskulturraths für Mähren, eingebracht.
Im Finanzausschuß des ungarischen Unter— hau ses erklärte vorgestern der Finanz⸗Minister Dr. Weckerle, die Lage der Spiritus-Produktion könne nur richtig beurtheilt werden, wenn man von dem Zustande vor dem neuen Spiritussteuer-Gesetze ausgehe. Das starke Fallen der Preise hätte damals bald eine Krisis in diesem Gewerbezweige hervorgerufen. Zur Ein— schränkung der Mehrproduktion wurde damals über ein⸗ stimmigen Wunsch der Fabrikanten die Kontingentirung fest— gesetzt. Die Erfahrung zeigte, daß das Kontingent für die innere Konsumtion viel höher angesetzt wurde. Um diesen Uebelständen abzuhelfen, war die Regierung bestrebt, das Kontingent herabzumindern. Allein auf eine un⸗ verhältnißmäßige Herabminderung konnte man nicht ein— gehen. Uebrigens zeige sich gegenwärtig eine Besserung der Lage. In der gestrigen Sitzung äußerte der Finanz-Minister, er wolle das kleine Lotto aufheben und durch eine Klassen⸗Lotterie ersetzen; er halte es für zweck⸗ mäßig, in dieser Frage im Einverständniß mit dem öster⸗ reichischen Finanz⸗Minister vorzugehen. Entsprechende Ver⸗ handlungen hätten bereits begonnen.
Großbritannien und Irland.
Wie man der „Pol. Corresp.“ aus London meldet, hatte Lord Salisbury am 17. d. M. eine lange Unter⸗ redung mit dem italienischen Botschafter Grafen Tornielli, in deren Verlauf der englische Premier den Wunsch nach Wiederaufnahme der Unterhandlungen über die Abgrenzung der Einflußsphären Englands und Italiens gegen den Sudan aussprach. Graf Tornielli erklärte, diese Eröffnung mit lebhaster Befriedigung entgegenzunehmen. Die Pourparlers über diese Angelegenheit werden somit zwischen dem britischen Botschafter beim Quirinal Lord Dufferin und Herrn Crispi demnächst wieder eröffnet werden. Die Instruküonen der englischen Regierung für Lord Dufferin werden an ihn in einigen Tagen abgehen.
Dem Vernehmen nach hat die Regierung nunmehr definitiv beschlossen, das Parlament zum 25. November einzuberufen.
Bei der am Mittwoch in Eccles (Lancashire) vorgenom⸗ menen Ersatzwahl zum Unterhause an Stelle des ver⸗ storbenen Konservativen Egerton wurde der Gladstonianer Roby mit 4901 Stimmen gewählt. Der Konservative Egerton, ein Oheim des verstorbenen Deputirten, erhielt 4696 Stimmen.
Wie der „Wes.⸗Itg.“ gemeldet wird, soll gegen Ende d. M. eine englische Expedition nach West-Afrika Behufs Regelung der Abgrenzung des fran zösisch-britischen Koloniengebieis nördlich von Sierra Leone ab— gehen. Hundert Neger, welche polizeiliche Funktionen aus⸗ zuüben haben werden, und zweihundert Träger werden die Engländer begleiten, deren Thätigkeit sich wahrscheinlich auf ein Jahr erstrecken wird. .
Stanley ist sehr ungehalten darüber, daß Maior von Wissmann ihm mit den Vorbereitungen zum Bau eines Victoria⸗Nyanza⸗Dampfers den Vorsprung abgewonnen hat. Die „Times“ erhielt von ihm ein Schreiben, worig er das Fehlschlagen der Sammlungen für den Dampfer in Eng⸗ land feststellt. Wenn nicht 3h Pfd. Sterl. schleunigst aul⸗ gebracht würden, müßten die bis jetzt gesammelten 2000 Pfd. Sterl. anders verwandt werden; die Deutschen hätten einen deutenden Vorsprung. . ö Inke lb sndige Nede, welche Gladstone, wie
gemeldet, am Dienstag in der Kornbörse, zu Edinb urg gehalten hat, war ausschließlich Irland gewidmet. Die irische Frage müsse, so führte Gladstone, nach
schon
einem Telegramm der „Mgdb. Zig.“, aus, durch Gewährung
der Selbständigkeit an Irland aus dem Wege geräumt werden, ehe eine 1 Gesetzgebung für England und Schottland möglich sei. „Die gegenwärtige Verwaltung Irlands sei hassenswerth, sie rechtfertige den Widerstand des Volkes. Nicht der Irländer, sondern die Regierung selber verletze die Gesetze; die Regierung sei thatsächlich das vollkommenste Muster von Ungesetzlichkeit. Nach scharfen Ausfällen gegen die gemäßigt Liberalen, welche er Ultratories nannte, prophezeite er den Triumph seiner Politik bei den nächsten Neuwahlen. Schließlich ermahnte er seine Wähler, sich zum Angriff auf die letzte Veste der Bigotterie und des Vorurtheils
zusammenzuschaaren.“ Frankreich.
Paris, 23. Oktober. Die Großfürsten Nicolaus Michailowitsch und Michael Michagilowitsch von Rußland sind nach einer Meldung des „W. T. B.“ gestern hier angekommen.
Der Entwurf des allgemeinen Zolltarifs soll
am Freitag oder Sonnabend an die Abgeordneten vertheilt werden. Außer den bereits genannten Erzeugnissen werden auch Leinsamen und Hanf zollfrei sein. Getreide, lebendes Vieh und Fleisch von geschlachtetem Vieh werden nur in dem Maximaltarif enthalten sein; andere landwirthschaftliche Erzeugnisse können in dem Minimaltarif stehen. — Mehrere Deputirte beabsichtigen, die völlige Aufhebung des Minimaltarifs zu verlangen. — Entgegen dem Beschlusse des konsultativen hygienischen Comités schlägt, wie mehrere Abendblätter melden, der Minister des Innern Constans dem Finanz⸗Minister Rouvier vor, jede Flasche Mineralwasser am Ursprungsorte mit einem Authentizitätsstempel von 5 Centimes zu versehen, um Fälschungen vorzubeugen. Der ö Steuerstempel würde nahezu 3 Millionen Franes ergeben. . Ueber den in der Deputirtenkammer eingebrachten Gesetz⸗ entwurf über Spionage entnehmen wir der „Fr. C.“ noch ,, Der Entwurf ist keine Ergänzungsnovelle zu dem Gesetz vom 18. April 1886, sondern ein vollständig neues Gesetz. Es unterscheidet sich von dem früheren hauptsächlich durch die Verschärfung der Strafen gegen Militärs und Civilbeamte, die sich der Spionage schuldig machen. Es erhöht für diese die Strafe auf zehn Jahre Ge⸗ fängniß und 10000 Frances Geldbuße. Des Weiteren enthält es eine Reihe von Zusätzen und Feststelungen, um den Charakter der betreffenden strafbaren Vergehen genauer zu präzisiren. So bestraft es schon die Veröffentlichung von Plänen, Dokumenten ꝛc, welche die Vertheidigung oder Sicherheit des Staates berühren, wenn diese ohne schriftliche Erlaubniß der zuständigen Behörde ge⸗ schieht. Außerdem wendet das neue Gesetz direkt das Wort Spionage an, welches in dem alten Gesetz nicht vorkommt, und es bestraft auch mit Gefängniß von 6 Tagen bis 5. Monaten die selbst ohne Erfolg gebliebene Verleitung zur Begehung irgend eines der als Spionage verzeichneten Ver⸗ gehen. Der hiesige Munizipalrath hat, nach „W. T. B.“, eine Resolution zu Gunsten des Erlasses einer Amnestie für alle Strikevergehen und solche gegen das Preß⸗ und Versammlungsgesetz angenommen.
Aus der Pulverfabrik Moulin Blane ist von Brest eine Ladung Schieß baumwolle für russische Rechnung nach St. Petersburg abgegangen.
Auf die in letzter Zeit von dem Deputirten Mermeix im »Figaro“ unter dem Titel „Coulisses du Boulangisme“ veröffent- lichten Enthüllungen wird Boulanger heute im ‚XIX. Siecle* eine Erklärung veröffentlichen, worin er die gegen ihn erhobenen Beschul— digungen zu widerlegen beabsichtigt. Boulanger behauptet darin, er habe nicht von den Subsidien des National⸗CGomitsz gelebt, im Gegentheil, er habe seine ganzen Ersparnisse im Betrage von 10000 Fr. eingebüßt, welche Summe ihm übrig geblieben sei, nachdem er die Schulden seines Vaters bezahlt habe. Bei seinem Autztritt aus der Armee habe Dillon ihm die nöthige Summe angeboten, den politischen Feldzug zu unternehmen. Von verschiedenen Seiten habe er außerdem ungefähr 260 000 Fr. erhalten, und von dem Buchhändler Rouff 100 009 Fr. sür ein Buch, betitelt „Die. deutsche Invasion.. Seine persönlichen Ausgaben für seinen Haushalt und sein Sekretariat hätten sich jähr lich auf 5 E00 Fr, belaufen, die ersten Kosten sür seine Wahl auf 25 (00 Fr. Sein siebenmonatlicher Aufenthalt in Brüssel und London habe 10000 Fr. pro Monat gekostet. 200 0690 Fr. seien für Unterstützungen von Comitsmitgliedern, für die Prsse und für Wahlagitationen verausgabt. Er habe die Subsidien der Herzogin d'Uzès und des Baron de Mackau nicht in Anspruch genommen und erwarte jetzt, daß diejenigen, die ihn verbannt und angeklagt hätten, seinem Beispiele folgen und Aufklärungen über ihre Finanzverhältnisse, zur Zeit wo sie zur Miacht gelangten, geben und nachweisen würden, wie hoch sich ihre Ausgaben beliefen und auf welche Weise sie sich bereichert hätten. Boulanger erklärt ferner, er habe seine Pension, die 160 000 Fr. des Buchhändlers, sowie das Anerbieten von 1 Million Frans für Vorlesungen in den Ver— . Staaten geopfert, um seinen letzten Wahlkampf zu unter nehmen.
Rußland und Polen.
St. Petersburg, 23. Oktober. Der „Regierungs⸗ Anzeiger“ veröffentlicht ein Bulletin über den Gesundheüs⸗ zustand des Groß fürsten Nicolai Nicolajewitsch des Aelteren, welcher in der Krim weilt. In diesem Bulletin wird ausgeführt, daß die andauernde Krankheit der Kinn⸗ lade und die Influenza im November 1889 die Gesundheit des Großfürsten derangirt und eine heftige Nervenerschütterung bei demselben hervorgerufen haben. Das warme Klima und die Ruhe gaben Hoffnung auf. Genesung, aber eine plötzliche Komplikation verursachte eine schroffe Verschärfung der Krank— heit; hartnäckige Schlaflosigkeit und trübe Stimmung guälen den Kranken besonders und erschöpfen ihn. Die Nacht auf den 22. Oktober verbrachte der Großfürst unruhig; die Temperatur war 37,5, der Pulsschlag 100.
Der Kommandant der Truppen des Odessager Militär⸗ bezirks General Roop ist zum Mitgliede des Reichsraths ernannt worden. .
Wie die, Now. Wr.“ meldet, ist der Finanz⸗Minister, Wirkliche Gehelme Rath J. A. Wyschnegradski in Be⸗ gleitung der Departements-Direktoren von Witte und Fermolow von seiner großen centralasigtischen Reise zurück⸗ gekehrt; nunmehr beginnen wieder die Sitzungen der Zoll⸗ tarif⸗Revisions⸗-Kommission.
Italien.
Der „Agenzia Stefani“ zufole hat die ita lienische Regierung die brasilianische Republik anerkannt.
Wie nach der Magdeb. Zig.“ verlautet, würde der Kriegs-Minister Bertole Viale zurücktreten. Als zeinen
Nachfolger nennt man den General Pelloux, welcher Crisypi
gegenüber versprach, 40 Millionen am Kriegs Etat zu ersparen.