König Leopold hatte Seinen Platz zwischen den Kaiserlichen a ta, üer istbemselben gegenüber saß der Reichskanzler
ach Aufhebung der Tafel, kurz vor 9 Uhr fand auf dem Platze zwischen dem Palais und den Communs ein Zapfenstreich statt, welcher von den Musikeorps der fämmtlichen in Potsdam und Berlin garnisonirenden Gardetruppen ausgeführt wurde. Ueber dem weiten Platz mit seiner schönen architektonischen und parkartigen Umgebung leuchtete am sternenklaren Himmel der Mond, dessen Licht mit der glänzenden künstlichen Beleuchtung zu wetteifern schien. Die Communs waren mit kleinen Gas⸗ flammen eingerahmt, die Geländer der schlangenartig ge⸗ wundenen Treppenaufgänge mit weißen Papierlaternen ein⸗ gefaßt. In dem Augenblick, wo die Musikcorps, von dem grünen Licht der von Mannschaften getragenen Nagnesiumfacleln be⸗ leuchtet und unter den Klängen des York'schen Marsches heranmarschirten, breitete sich rothes bengalisches Licht über die Façaden und die Thurmkuppeln, sowie über die Säulen Verbindungshalle, der Communs aus, während weißes und hellgruͤnes Licht die Bäume des danebengelegenen Parks bestrahlte. Der Anblick war ein höchst malerischer und effekt⸗ voller! Die Musilcorps stellten sich, umgeben von den fackeltragenden Mannschaften, in der Mitte des Platzes zuf und trugen in rascher Folge einen Trommel⸗ wirbel, die Freischütz Oupzrtüre, Trot de Cavallerie, den britischen Grenadiermarsch, Highland ladies, den Armee— marsch Rr. II3, die belgische Brabangonne und den großen Zapfenstreich Einleitung zum Gebet. und Retraite in künstlerischer Weise vor. Die Majestäten erschienen während der Aufführung auf dem Balkon des Marmorsaales, von wo aus Allerhöchstbieselben das prachtvoll farbige Bild uberschauen und Sich dem gebotenen musikalischen Genuß hin⸗ geben konnten. Auch Ihre Majestät die Kaiserin erschien kurze Zeit auf dem Balkon. Um 10 Uhr endete der Zapfenstreich mit dem Abmarsch der Musikcorps unter den Klängen des Armeemarsches Nr. 113.
Wie „W. T. B.“ meldet, besuchte Se. Majestät der König Leopold heute Vormittag um 10, Uhr 10 Min. das Mausoteum weiland Sr. Majestät des Kaisers Friedrich und legte am Sarge des hohen Entschlafenen einen großen Lorbeer⸗ kranz mit einer Schleife in den belgischen Farben nieder. Darauf stattete der König Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Heinrich, dem Erbprinzen von Hohenzollern, dem Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg, dem Großfürsten KWlädimtt und anderen hohen Herrschaften Besuche ab und unternahm sodann eine Spazierfahrt nach Babelsberg.
Dem Bundesrath sind bereits mehrere Spezialetats des Reichshaushalts für das Jahr 1891/92 zugegangen, und zwar der Etat für den Reichskanzler und die Reichs⸗ kanzlei, der Etat für die Reichs⸗FJustizverwaltung, der Etat für das Reichs Eisenbahn⸗Amt, der Etat für den Rechnungshof, ber Eiat der Reichsdruckerei und der Etat für die Verwaltung der Eisenbahnen.
Der Kaiserliche Gesandte am Königlich serbischen Hofe Graf von Bray⸗Steinburg hat einen ihm Allerhöchst be⸗ willigten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit von Belgrad fungirt der Legations-Sekretär von Schloezer als Geschäftsträger.
Der Polizei⸗Präsident von Rheinbaben aus Wiesbaden ist zur Beschästigung als Hülfsarbeiter bei dem Königlichen Staats-⸗Ministerium einberufen worden.
In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats-Anzeigers“ wird eine Bekanntmachung des
Minissers für Handel und Gewerbe, betreffend die Un fall⸗ versicherung für Bauarbeiter, veröffentlicht.
S. M. Kreuzer „Sperber“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän Foß, ist am 5. Oktober in Apia eingetroffen.
Posen, 28. Oktober. In der heutigen Sitzung der Stadtverordneten verabschiedete sich der bisherige Ober⸗Bürgermeister Mueller, welcher zum Mitgliede des Reichsbank Direktoriums ernannt ist. Der Vorsitzende Justiz⸗ Rath Orgler widmete dem Scheidenden warme, anerkennende Worte, dem die Versammlung durch einmüthiges Erheben von den Sitzen zustimmte.
Bayern.
München, 28. Oktober. Das Staat s⸗Ministerium
des Innern hat, nach der „Allg. Ztg.“, Betreffs der hohen
leischpreife folgende Entschließung an den Magistrat der tadt München erlassen:
„Datz Königliche Staats-Ministerium des Innern hat, von der zufolge Beschluffes der beiden Gemeindekollegien erfolgten eingehenden berichtlichen Vorlage vom 14 per 23. d. M. mit großem Interesse Kenntniß genommen, und wird der Inhalt derselben bei der Be⸗ rathung des Antrages Bayerns wegen Zulassung der Einfuhr von Schlachtvieh aus Ocesterreich⸗ Ungarn in größere, mit öffent⸗ lichen Schlachthäusern versehene Siädte im Bundesrath die ent ⸗ sprechende Verwerthung finden. Gleichzeitig bietet der Bericht werth= volle Anhaltspunkte für die allseitige Prüfung der ebenso dringlichen wie hochwichtigen Frage, durch welche weiteren Maßnahmen den hohen Fleischpreisen entgegengewirkt und ein. Ermäßigung derselben herbei⸗ geführt werden fönne. Auch hierbei wird das Königliche Staats⸗ Ministerium des Innern den vorgebrachten thatsächlichen Verhältnissen und Vorschlägen die sorgsamste Würdigung zuwenden.“
Sach sen.
Dresden, 29. Oktober. Die Königliche Familie wohnte, wie „W. T. B.“ meldet, heute Vormittag in der katholischen Hofkirche dem feierlichen Requiem für weiland König Johann bei.
Württemberg.
Stuttgart, 28. Oktober. Gestern fand, wie wir dem „St. A. f. We entnehmen, die Feier der Grundstein⸗ legung der Friedenskirche statt. Es nahmen daran eine große Zahl geladener Ehrengäste Theil. Vom Hofe waren er⸗ schienen als Vertreter Sr. Majestät des Königs Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm, ferner Ihre König⸗
liche Hoheit die Prinzessin Katharina, Ihre Kaiserliche
Hoheit die Herzogin Wera, Se. Hoheit der Prinz von Sachfen-Weimar, ferner der Minister des Kirchen⸗ und Schulwesens Dr. von Sarwey, der Kriegs Minister von Steinheil, der General⸗Adjutant Freiherr von Molsberg, der Hof⸗Kammer⸗Präsident von Tscherning, der Präsident des Konsistoriums Freiherr von Gemmingen und der Porsitzende der Landessynode Staatsrath Dr. von Riecke, der kathol. Krrchen⸗ raths Direktor von Hefele, viele Geistliche aus der Nähe und Ferne, der Stadt⸗Direktor und der Ober⸗Bürgermeister, die bürgerlichen Kollegien, der Reichtags, und der Landtags-Abgeordnete von Stuttgart, ferner die Vorstandschaft des Kirchenbauvereins, Gemeindebeamte, der Baumeister der Kirche Professor Dollinger, der Kirchen⸗Gemeinderath und viele andere. Nachdem die Hammerschläge gethan, prach der Stadtdekan Weitbrecht das Weihegebet, worauf sämmtliche Anwesende unter Musik⸗ begleitung den Choral anstimmten „Ich weiß an wen ich glaube“, womit die erhebende Feier schloß.
Baden.
Karlsruhe, 28. Oktober. Von der Landes ver⸗ sammlung der hadischen Centrumspartei, welche, dem „Badischen Beobachter“ zufolge, von 4 bis 5000 Personen besucht war, wurde eine Reihe von Resolutionen ange— nommen, von denen die auf die soziale Frage bezüglichen folgendermaßen lauten:
Wir sprechen den ehrerbietigsten Dank aus für die hochherzige und kräftige Initiative, womit der Kaiser die Lösung der sozialen Frage in Angriff genommen hat, und für die weise Fürsorge, welche ber heilige Vater unablässig dieser Frage zuwendet. Wir begrüßen es auch mit freudiger Genugthuung, daß die heuer zu Fulda versam⸗ melten Bischöfe die Grundzüge zur Besserung der sozialen Lage in so überzeugender Weise entwickelt haben. Wir sind entschlossen und fordern alle Parteigenossen dazu auf, den ernsten Mahnungen unserer Oberhirten mit aller Hingebung und Opferwilligkeit im privaten und öffentlichen Leben nachzukommen.
Wir erkennen es als eine heilige Pflicht aller Gläubigen, den religionsfeindlichen und gemeingesährlichen Bestrebungen der Sozial demokratie mit Entschiedenheit und Ausdauer entgegenzutreten.
Oldenburg.
(H) Oldenburg, 27. Oktober. Das in der Ausschuß— sitzung vom 8. August v. J. beschlossene Statut der Ver⸗ ficherungs-Anstalt für das Herzogthum Olden⸗ burg ist am 17. Oktober d. J. genehmigt worden. Als Ver⸗ treter der Arbeitgeber und der Versicherten sind der Fabrik— direktor, Konsul Aug. Schultze —Oldenburg und der Maschinen⸗ meister Krapf =-Oldenburg in den Vorstand eingetreten. In der ersten, unter dem Vorsitz des Amts-Assessors Düttmann abgehaltenen Vorstandssitzung vom 24. d. M. ist beschlossen, von der dem Vorstand durch das Statut ertheilten Befugniß, die Führung der Kassengeschäfte der Versicherungs⸗Anstalt einem hiestgen Bankzeschäft zu übertragen, Gebrauch zu machen. Nach einem ferneren Beschluß soll eine Vereinbarung mit dem Großherzoglichen Staats-Ministerium angestrebt werden, nach welcher die wichtigeren Stellen im Bureau der Versicherungs⸗ anstalt, und zwar zunächst zwei derselben, durch Beamte zu besetzen, denen die Staatsdiener-Eigenschaft beizulegen ist.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Coburg, 28. Oltober. Se. Hoheit der Herzog ist, nach einer Meldung des „W. T. B.“, heute nach seinen Besitzungen in Ober⸗Oesterreich abgereist.
Anhalt.
Des sau, 21. Okttober. Am Sonnabend Nachmittag er⸗ folgte, wie der „A. StA.“ mittheilt, auf dem hiesigen Kasernen⸗ hofe die Uebergabe der neuen Fahne an das Landwehr⸗ Bataillon des Anhaltischen Infanterie-⸗Regiments durch den Brigade Commandeur, General⸗Major Gottschalck. Nachdem die Fahne in Gegenwart des gesammten Offiziercorps im Offizier⸗ kasino genagelt war, wurde dieselbe vor die Front gebracht, wo sie mit kurzer Ansprache der General-Major Gottschalck dem Bataillon übergab. Mit einem Hoch auf den Kaiser und den Herzog schloß die Ansprache. Unter den Klängen des „Heil Dir im Siegerkranz“ fand die Fahne Aufstellung an der Spitze des Bataillons. Ein Parademarsch beschloß die Feier.
Waldeck.
z Arolsen, 27. Oktoher. Der zur diesjährigen ver⸗ fassungsmäß gen Sitzung einberufene Landtag der Fürsten⸗ thümer Waldeck und Pyrmont wurde heute Mittag 132 Uhr im landständischen Sitzungssaale im Gerichts gebäude dahier von dem Königlichen Landes⸗-Direktor Herrn von Saldern mit nachfolgender Rede eröffnet:
Meine Herren!
Se. Majestät der König von Preußen haben durch Allerhöchsten Erlaß d. 4 Liegnitz, den 16. v. M. mich Allergnädbigst ermächtigt, den Landtag der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont im Laufe des Monats Oktober d. J. jur verfasungsmäßigen Sitzung zu berufen, in Ällerhöchstseinem Namen diese Sitzung zu eröff nen, den Landtag nach Erforderniß zu vertagen und die Sitzung nach Erledigung der Vorlagen zu schließen. ͤ . .
Vie erfolgreiche Thätigkeit der im Jahre 1887 gewählten bis⸗ herigen Landtags ⸗ Abgeordneten, welche zuletzt im Oktober und November v. J. zu einer ordentlichen Session versammelt waren, hat mit dem Ablaufe der dreijährigen Wahlperiode ihren Abschluß gefunden.
Aus den in Folge dessen stattgehabten allgemeinen Neuwahlen für die nächste dreijährige Wahlperiode sind Sie, meine Herren, als Vertreter des Landes hervorgegangen. Als solche begrüße ich Sie bei Ihrer heutigen erstmaligen Versammlung zum ordentlichen Landtage mit dem aufrichtigen Wunsche, daß die Berathungen und Be schlüffe, zu welchen. Sie berufen sind, im einmüthigen Zusammen— wirken mit der Regierung zu einem für das Land segensreichen Erfolg führen und dazu beitragen möchten, das gegenseitige Vertrauen zu be⸗ festigen, welches bisher zwischen der Regierung und dem Landtage be— standen und das Wohl des Landes gefördert hat. ; ;
Ihre Thätigkeit wied in der diesjährigen Sitzung nicht in erheblichem Umfange in Anspruch genommen werden.
Es wird Ihnen nur .
der Entwurf einer Verordnung, betreffend die Abänderung des §. Hl des Fürstlichen Hausgesetzes vom 22. April 1857,
zur Berathung und Beschlußfassung und die Staatskassenrechnung vom Jahre 1388
zur Wahrnehmung Ihrer verfassungs mäßigen Rechte vorgelegt werden.
Außerdem sind Ihnen nur einige minderwichtige geschäftliche Mittheilungen und Vorlagen zu machen, welche sich guf die laufende Verwaltung der Landesangelegenheiten beziehen und Ihre Mitwirkung erfordern. ; .
Im Namen Sr. Majeslät des Königs von Preußen erkläre ich den Landtag der Fürstenthümer hiermit für eröffnet.
Oesterreich⸗ Ungarn.
Wien, 29. Oktober. Dem Vernehmen des „W. T. B.“ zufolge hat der Minister am Kaiserlichen und Königlichen Hof— lager Baron Orezy aus Gesundheitsrücksichten seine Eni⸗ lassung erbeten. Als sein Nachfolger wird von mehreren Seiten der Sektionschef im Auswärtigen Amt von Szögyenyi⸗ Marich genannt.
In der vorgestrigen Sitzungder Ausgleichs kommission des böhmischen Landtages stellte bei der weiteren Be— rathung der Landeskulturraths-Vorlage der Abg. Dr. Skarda einen Antrag, wonach die Beamten des Landeskulturraths nicht durch die Sektionen, sondern vom Landesausschusse, und zwar nicht etwa auf Vorschlag der Sektionen, sondern des Centralkollegiums ernannt werden sollen. In diesem Antrage, dessen Tendenz offenbar die eines Eingriffs in die Selbständigkeit der beiden natienalen Sektionen ist, erblickten, wie die Wiener „Presse“ schreibt, die Deutschen ein Attentat auf den Grundgedanken des Gesetzes, die nationale Zwei⸗ theilung des Landeskulturraths, und der Abg. Dr. von Plener bezeichnete die Annahme dieses Antrgges als gleich⸗ bedeutend mit der Verwerfung des Gesetzes. Mit noch größerer Unumwundenheit aber erklärte der Statthalter Graf Thun, daß in dem Antrage das Bestreben sich verberge, den Ausgleich in und mit dieser Vorlage zu Falle zu bringen, und daß er daher dem Antrage Skarha, der auch in offenbarem Wider⸗ spruch mit den Wiener Vereinbarungen stehe, auf das Aller⸗ entschiedenste entgegentreten müsse. Der Antrag wurde sodann abgelehnt.
Wie der „Polit. Corresp.“ aus Budapest geschrieben wird, hat in der Fachkommission des ungarischen Handels⸗ Ministeriums gestern ein Meinungsaustausch Betreffs der Verbesserung der Handelsbeziehungen zu Deutsch⸗ land stattgefunden. Ein überwiegender Theil der Versammelten hätte sich einer Zollherabsetzung geneigt gezeigt und wären dies⸗ bezügliche Vorschläge gemacht worden, eine eingehendere Be— rathung wäre jedoch vom Handels-Minister als verfrüht ab— gelehnt worden.
In der gestrigen
. Abend⸗Konferenz der rumänischen Nattonalpartei wurde,
nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Hermannstadt, das Central-Comits mit der Abfassung eines Memorandums über die Be⸗ schwerden der in den Ländern der ungarischen Krone an sässigen Rumänen beauftragt. Die Erklä—⸗ rung des Referenten, daß die Rumänen Ungarns nicht nach außen gravitiren, sondern treu zur Dyastie stehen, wurde von der Konferenz gutgeheißen. Die Konferenz sprach ferner den Wunsch aus, es möchten zwischen Oesterreich Ungarn und Rumänien gute politische, kommerzielle und militärische Beziehungen gepflegt werden. Großbritannien und Irland.
London, 27. Oktober. Die aus Irland vorliegenden Berichte über den Besuch des irischen Ober-Sekretärs Balfour im Westen Irlands zeigen, der „A. C. zufolge, daß er überall bisher von der Bevölkerung enthusiastisch begrüßt und, im Widerspruch mit bisherigen Nachrichten, von keinerlei Polizei⸗ Eskorte begleitet worden ist.
Wie ein Telegramm des „Bureau Reuter aus Montreal in Canada meldet, ist der Graf von Paris mit seiner Gesellschaft am 26. d. Abends von dort nach Quebec ab⸗ gereist. Feindliche Kundgebungen gegen ihn haben während feines Aufenthalts in Montreal nicht stattgefunden; die Gegner beschränkten sich darauf, die Flaggen auf ihren Wohnungen und Bureaux Halbmast zu hissen.
Frankreich.
Paris, 29. Oktober,. In dem gestrigen Ministerrath berichtete, dem „W. T. B.“ zufolge, der Minister des Aeußern Ribot über den Abschluß der kommerziellen Verein⸗ barung zwischen Griechenland und Frankreich. Die Regierung wird von den Kammern die Ermächtigung ver⸗ langen, auf griechische Produkte bis zum 1. Februar 1892 den Konventionaltarif anzuwenden. Griechenland wird für fraͤnzösische Produkte vortheilhaftere Tarife und eine Anzahl Zollherabfetzungen bewilligen. . .
Den! Abendblättern zufolge beantragte Léon Say mehrere Amendements zum Budget, darunter die Fest⸗ stellung der Alkoholsteuer mit 225 Fr. anstatt 167 Fr., ferner die Dotirung, des Budget⸗ kapitels, betreffend die Amortisirung mit 27 Millionen. Easimir Perier stellte einen Antrag, welcher bie Mißbräuche beim Verkauf der Börsenwerthe ver⸗ hindern soll und sich insbesondere gegen Ratenagenten richtet; barnach sollen alle Kaufoerträge, bei denen der Käufer nicht vollständig über die Verkaufsbedingungen aufgeklärt worden ist, ungültig sein. .
Die Zollkommission der Deputirtenkammer hat an Stelled s Ministers De vel le den Abgeordneten Daut res me zum Vize⸗Präsidenten ernannt und beschlossen, um die Arbeiten mög ichst zu beschleunigen, den Generalzolltarif an vier Sub kommisfionen zu verweisen und keine weitere Enquẽte zu veranstalten.
Der gestrigen kirchlichen Trauung der Tochter des russischen Botschafters, Baron von Mohrenheim, mit dem Lieutenant Vichmte de Soze wohnten die Mitglieder der diplomatischen Vertretungen, die Gemahlin des Prãäsidenten Carnot und zahlreiche Notabilitäten bei. Vor der Kirche hatte sich eine große Menge angesammelt, welche verschiedene Hoch⸗ rufe ausbrachte. .
Nach Melbungen aus Konakry sind in Nio Numez Unruhen ausgebrochen. Der Negerkönig Dinah Salifu wurde von aufständischen Stämmen geschlagen. Ein Dampfer ist nach Rio Numez abgegangen, um eventuell den europäischen Faktoreien Schutz zu gewähren. ;
Die durch Gesetz vom 16. Juli 1889 angeordnete Verkürzung der Dienstzeit nöthigt dazu, die letztere möglichst auszunutzen und kein Mittel unangewendet zu lassen, welches dazu dienen kann, die Autzbildung nachdrücklicher zu betreiben. Da letztere namentlich durch die größeren Uebungen gefördert wird, ergiebt sich die Nothwendigkeit, diese auszudehnen. Vor Allem sind es die Sonderwaffen und einzeln Dienstzweige, welche im Frieden nur bei den Manövern in Thätigkeit freten, zu deren Ausbildung man der größeren Uebungen bedarf. . die zwei Uebungen der Reservisten, welche sich jetzt auf sechs stat früher auf vier Jahre verlheilen, müssen mit größerem Nachdruck be⸗ trieben werden, und es müssen säammtliche ausgebildeten Mann⸗ schaften an denselben Theil nehmen. Der Kriege ⸗Minister beab⸗ sichtigt daher, der France militaire“ zufolge, den Manßverstand . Compagnien zu vermehren und die letzteren der Kriegsstärke fn. nahe zu bringen. Wenn die von der Budgetkommission bereite gebilligten
Vorschläge des Kriegs. Ministers die ustimmung der Tammer erhalten. so ,. (i. Jahre 3 statt bei jwei, bei vier Armee⸗Corps zwanzigtägige
Corps übungen, folglich bei fünfzehn, statt bei siebenzehn, Divisions⸗ und
*
Brigade ⸗ Uebungen von vlerzehntägiger Dauer abgehalten werden. Es lie in der Absicht, dann 367 000 Piann, also 66 892 mehr als 1890, wo 9 Zahl 306 535 Mann betrug, an den großen Manövern theilnehmen zu lassen, Auch die seit einigen Jahren unterbliebenen Cadremanöver sollen wieder stattfinden. Die Verwirklichung dieser Absichten er⸗ ,. k 36 , Fr. Die Manöverkosten, welche Fr. betragen haben, werde
ie e ' Fr? belaufen. .
Nußland und Polen.
Die Kommission zur Revision des Zolltagrifs zählt, wie die „Now. Wre“ mittheilt, 36 Mitglieder, darunter 16 Vertreter des Finanzressorts; das Domänen— Ministerium ist durch zwei Delegirte, das Ministerium des Auswärtigen und das des Innern sowie die Reichskanzlei durch je einen, Delegirten vertreten. Die übrigen Mitglieder sind: je ein Vertreter des Adelsgrundbesitzes (wird vom Minister des Innern ernannt) und der landwirthschastlichen Industrie (wird vom Domänen⸗Minister ernannt); ferner je zwei Vertreter des Konseils für Handel und Manufaktur und seiner Filialen in Moskau; je ein Ver— treter des Iwanowo⸗Wosnessensti⸗Comités für Handel und Manufaktur und. der Börsen - Comitss von St. Petersburg, Riga, Warschau. Moskau, Odessa, Kiew, Rishni Nowgorod, Charkow. Präsidiren soll bekanntlich der Finanz. ni ter selbst; VizePräsident wird Geheimer Rath Iljin, Mitglied des Konseils für Handel und Manufaktur, sein. Als Delegirte des Finanz⸗Ministeriums fungiren auch vier Professoren des Technologischen Instituts. Wie man dem „Hamb, Corr.“ mittheilt, herrschen unter den Mitgliedern der Koömmission, welche allwöchentlich dreimal zusammentreten wird, vielfach Meinungeverschiedenheiten. Für „Schutz⸗ zölle“ sind alle, aber die Vertreter des Handels und der Industrie des nordwestlichen Rußlands halten einige der be⸗ reits bestehenden, für sie hesonders wichtigen Zölle für voll— kommen ausreichend, verschiedene derselben sogar schon für zu hoch, Sie möchten also einige der jetzigen Zölle am (liebsten ermäßigt, keinenfalls noch erhöht sehen. Andere Vertreter, besonders der Handelswelt und der chemischen Industrie, verlangen eine wesentliche Erhöhung der Schutzsölle, ja schärfste Prohibitivzölle. Es dürften also leb— hafte Erörterungen bevorstehen und der Kommission ihre Hauptaufgabe, den schon häufig geänderten Zolltarif jetzt einheitlich und planmäßig umzuformen, nicht leicht werden. Die Arbeiten der Kommission müssen noch vor dem Jahres⸗ schluß beendigt sein, da der neue Tarif Juni 1891 in Kraft tritt.
Das heutige „Journal de St. Pétersbourg“ bemerkt, dem „W. T. B.“ zufolge, bei Besprechung der Patriarchats⸗ frage: Indem die Pforte das gemeinsame Recht anzuwenden suche, lasse sie außer Acht, daß ge⸗ wisse Anordnungen des türkischen Gesetzbuches auf die christliche Gesellschaft nicht anwendbar seien; man könne billiger Weise nicht behaupten, daß die ottomanische Re— gierung ihte Beziehungen zur christlichen Kirche ebenso wie die übrigen christlichen Regierungen regeln könne. Das Blatt fahrt dann fort: „Da uns die Interessen der orthodoxen Kirche sehr am Herzen liegen und wir eine vollkommene Uebereinstimmung der christlichen Ge— meinden mit der türkischen Regierung wünschen, hegen wir die feste Zuversicht, daß durch die Initiative des Sultans der bedenklichen Lage bald ein Ende gemacht werde. Wir hoffen ebenso, daß der Patriarch im Vertrauen auf diese Initiative den Gottesdienst wieder aufnehmen wird, der nicht hätte unterbrochen werden sollen, wie berechtigt auch immer die Forderungen des Patriarchats sein mögen.“
Portugal.
Nach in Lissab on eingegangenen Nachrichten des „W. T. B.“ hätte in London dort am 27. d, eine nochmalige Unterredung zwischen dem portugiesischen Geschäfts— träger und dem Marquis von Salisbury stattgefunden, in welcher der englische Premier sich geneigt gezeigt habe, Verhandlungen Betreffs eines neuen Vertrages zu eröffnen. Wie ferner verlautet, werde man sich jetzt in London über die Bedingungen für einen modus vivendi berathen, welcher wäh⸗ rend der Verhandlungen über den neuen Vertrag anerkannt werden soll.
Echmeiz.
Bern, 28. Oktober. Der Bundezrath hat die
Tessiner Rekurse gegen die Volksabstim mung vom 5. Oktober und deren Resultat aus formellen und materiellen Gründen abgewiesen. — Der Kommissar Künzli berichtete, daß in Lugano gestern Nachmittag zwischen 5 und 6Uhr wegen Verbots des Kanonirens Ansammlungen stattgefunden hätten, doch habe sich das Volk wieder verlaufen; um 8 Uhr sei jedoch eine Patrouille des Bataillons Nr. 42 überfallen und es seien einige Soldaten und Bürger verwundet worden. Der Bundesrath hat daher ein weiteres Infanterie⸗ Bataillon, Nr. 29, aufgeboten, das nach dem Tessin ent⸗ sendet wird, und hat den Kommissar ermächtigt, die Bataillone 10 und 42 so lange als nöthig zurückzuhalten. Das schon aufgebotene Bataillon Nr. 28 geht morgen nach dem Tessin. Der Generalanwalt entsendet einen Untersuchungsrichter nach dem Tessin. In Freiburg hat die klerikale Regierung, welche sich bedroht glaubte, zu ihrem Schutz eine Compagnie, aber ohne deren Hauptmann, aufgeboten und. Bauern nach der Stadt kommen lassen und diese dort bewaffnet. Infolgedessen bewaffneten fich die Liberalen ebenfalls. Der Bundes rath hielt in dieser Angelegenheit heute nach dem Eingange näherer Berichte eine nochmalige Sitzung und beschloß, von besonderen Maßregeln wegen der Unruhen in Freiburg abzu⸗ sehen, weil die dortige Regierung überzeugt ist, mit den seit⸗ her aufgebotenen zwei regulären Compagnien Infanterie die Ordnung aufrecht erhalten zu können.
Niederland e.
Haag, 28. Oktober. In der heutigen ersten gemein⸗ schaftlichen Sitzung der beiden Kammern erstattete der Minister⸗Präsident Mackay Bericht über den Gesundheits⸗ zustand des Königs. Die Aerzte hätten konstatirt. der König sei außer Stande, zu regieren, Der Justiz Minister und der Minister der Kolonien, die den König persönlich gesehen haben, bestätigten die Aussage der Aerzte. Der Ministerrath ver⸗ lange von den Generalstgaten die nach der Konstitution erforderliche oer ght 56 tung wurde hierauf bis
itta w vertagt. . U mort n i, ö „W. . verlautet, hätte die niederkändische Régierung an die balgisch Re⸗ gierung das Ersuchen gerichtet, in ihrem Namen
den Signatarmächten der Berliner Congo⸗Akte von 1885 und
der Bruͤsseler Anti⸗Sklaverei⸗Konferenz vorzuschlagen, gemein⸗
sam dem unabhängigen Congestaat als Ersatz für die ver⸗
langten Eingangszölle eine jährliche Kontribution zu
zahlen und ferner den Congostaat zu ermächtigen, sofort
k von 25 Fres. pro Hektoliter Alkohol rheben.
Belgien.
Die Gemeinderaths-Stichwahlen, welche am Sonn⸗ tag in Brüssel stattfanden, sind, der „Mgdb. Ztg.“ zufolge, für die Liberalen nicht so günstig ausgefallen, als man nach dem Ergebniß der Hauptwahlen vom 19. Oktober hätte er⸗ warten sollen. Man berichtet dem genannten Blatt: „Zwar ist es den Klerikalen nicht gelungen, ihren Gegnern auch nur eine Stellung zu entreißen, allein in einigen Städten, die bisher als feste Burgen des Libera— lismus galten, haben die Ultramontanen festen Fuß gefaßt, so in Verviers, Namur und Thuin, wo es nunmehr eine klerikale Minderheit in den Gemeinderäthen giebt. Wenn die Liberalen ihren noch immer andauernden inneren Spal⸗ tungen kein Ende machen, so dürften die genannten Städte in drei Jahren den Klerikalen in die Hände fallen. Der Ausfall der Stichwahlen in der Hauptstadt be— deutet den Sieg der xadbikal⸗- sozialistischen Koalition, indem nur ein Gemäßigtliberaler durchdrang, während die Radikalen und Sozialisten zwei Kandidaten durch⸗— brachten. Bezeichnend für die Zunahme der radikalen Strömung ist die Thatsache, daß am Sonntag der Arbeiterführer Vandendorpe, der sich offen als Republi⸗ kaner bezeichnete, in Brüssel gewählt wurde. In verschiedenen Industrieorten der Provinzen Hennegau, Namur und Lüttich haben die Sozialisten ganz erhebliche Erfolge errungen. Sie haben im Ganzen etwa 100 Gemeinderathssitze gewonnen und in der Gemeinde Familleureux sogar die Mehrheit erlangt.“ Die am 5. November in Brüssel zusammentretende Kommission zur Regelung der Con gozölle wird, der „Köln. Ztg.“ zufolge, von allen 17 Signatarmächten der Berliner Congo⸗Konferenz außer den Niederlanden beschickt werden. Man schreibt dem genannten Blatte ferner: „Der Congostaat hat der Kommission, welche Baron Lambermont leiten wird, seine Vorschläge mitgetheilt. Sie sind äußerst entgegenkommend und versöhnlich. Ob Frankreich und Portugal besondere Vorschläge machen werden, ist noch unbestimmt. Trotz der Enthaltung der Niederlande wird die Kommission ihre Berathungen beginnen und, sobald sie über die Gesammtheit der Vorschläge einig ist, einen gemeinsamen Schritt bei der niederländischen Regierung unternehmen. Bleiben die Niederlande bis zum 1. Januar bei ihrem Widerspruch, so zerfällt das ganze Werk der Anti⸗ sklaverei-Konferenz in Nichts.“ (Vgl. auch Niederlande).
Der Afrikareisende Stanley richtete ein ‚Eingesandt“ an die „Times“ über den „Congostaat und den proponirten Zolltarif“. Darin heißt es dem „Hamb. Corr.“ zufolge:
In wenigen Monaten werde der unabhängige Congostaat 6 Jahre seit feiner Anerkennung Seitentz Europas und Amerikas bestanden haben. Dem König der Belgier habe das Präliminar-Werk, welches zu seiner Bildung geführt habe, etwa 350 000 Pfd. Sterl. geksstet. Nach der Berliner Konferenz wurden die jährlichen Ausgaben des Staates mit Ausnahme von etwa 20 000 Pfd. Sterl. an Exportzöllen vom König getragen. Mit der Ausdehnung der Opergtionen auf dem oberen Congo siiegen die Ausgaben von 80 000 Pfd. Sterl. auf 1290 000 Pfd. Steil. und jetzt, seitdem große Dampfer auf dem oberen Congo eingeführt, neun Siationen errichtet, eine große eingeborene Streitmacht bewaffnet und ausgerüstet worden, um eine tüchtige Garnison des oberen und unteren Flusses zu bilden, betrugen die Ausgaben jährlich 170 000 Pfd. Sterl; dazu erhalte der Staat 40 050 Pfd. Sterl. vom König Leopold, 80 0060 Pfd. Sterl. von der belgischen Regierung. 25 000 Pfd. Sterl. an Exportzöllen und einigen in⸗ ternen Einkünften. Das Defizit betrug im Ganzen 25 000 Pfd. Sterl. Er habe eine Liste neuer Steuern erhalten, die hauptsächlich Spirituosen, direkte Steuern und Zölle für spezielle Gegenstände betreffen. Einige wurden schon in diesem Monat erhoben, andere treten im Januar in Kraft. Trotzdem aber seien die Revenuen ganz unzulänglich zur Deckung der Verpflichtungen. Wenn die beabsichtigten Einfuhrzölle nicht gestattet würden, werde die Unterdrückung der Sklaven jagd am oberen Congo ein todter Buchstabe bleiben. Zum Schluß empstehlt Stanley als unerläßlich, daß dem Congostaate dieselben Privilegien gewährt würden welche die Süd ⸗Afrika., die britische Ost -Afrika, die afrika · nische Seengesellschaft und die Körigliche Nigergesellschaft genießen, besonders nachdem sie die Genehmigung Europas erhalten haben. Der Congostaat sollte seine vollen Rechte erhalten und die Macht ausüben, den Handel Zwecks seins Schutzes und seiner Ausdehnung, sowie Behufs Ausführung des Willens der Mächte zu besteuern.
Wie gemeldet wird, scheiterte der belgische Dampfer „Florida“ unweit von Brazzaville an einem Felsen im Congo. Zwei Tage darauf lief Stadt Brüssel“, der schönste Dampfer des Congostaats, oberhalb von Bolobo auf und sank. Menschenleben sind nicht zu beklagen.
Griechenland.
Athen, 28. Oktober. Der Minister⸗Präsident Trikupis hat in Folge des Ausfalls der Wahlen seine Demission eingereicht. Der König hat De! yannis mit der Bildung eines Kabinets beauftragt.
Rumänien.
Bukarest, 28. Oktober. Die Königin ist in Sin aja eingetroffen; der König, der Prinz Ferdinand und sämmt⸗ liche Minister empfingen dieselbe an der Grenze.
Serbien.
Belgrad, 29. Oktober. Der König Milan ist heute von hier nach den Besitzungen des deutschen Gesandten Grafen Bray bei Königstetten abgereist. Die Regenten und die Minister gaben dem König bei der Abfahrt bis zum Bahnhof das Geleite.
Amerika.
Vereinigte Staaten. Der Washingtoner Korrespondent der New⸗Yorker „Sun“ berichtet, daß der britische Gesandte Sir Jutian Pauncefote neuerdings die Lösung des , durch 6 empfehlen werde, sobald der Staatssekretär Blaine ng
Waßshington zurückgekehrt sei. Er werde Reglements für den Schutz der Gerhunde vorschlagen, während eine ge⸗ mischte Kommission Untersuchungen hinsichtlich ihrer Schonung anstellt. Das Volk Neufoundlands, bemerkt der Korre⸗ spondent, wünscht hinsichtlich der Seehundsjagd Beziehungen der Reciprocität mit den Vereinigten Staaten. ö Minister schlägt vor, daß die pelagische Seehundsjagd im Behringsmeer und Ochotskmeer sowie in den benachbarten Gewässern während der Monate Mai, Juni, Oktober und November untersagt und Seehundsfischern auch nicht gestattet fein soll, sich den Brutinseln innerhalb eines Umkreises von 10 Meilen zu nähern.
Die meisten Delegirten des deutschen metallurgi⸗ schen Vereins, welche sich zur Theilnahme an dem inter⸗ nationalen Kongreß der an, und amerikanischen Eisen⸗ und Stahlindustriellen nach Amerika begeben hatten, werden, wie ein Wolff'sches Telegramm aus New⸗HYork meldet, am Donnerstag die Rückreise nach Europa antreten; andere ge⸗ denken noch Canada zu besuchen.
Bereitt zu Anfang des nächsten Monats finden die Wahlen zum Repräsentantenhause des nächsten Kongresses der Vereinigten Staaten statt, und die Wahl— bewegung hat schon ernstlich begonnen. Beide großen poli⸗ tischen Parteien sind eifrig damit beschäftigt, die Erwählung der von ihnen aufgestellten Kandidaten mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln durchzusetzen, um sich eine Mehrheit im Hause des 57. Kongresses zu sichern. Besonders rührig sind das republikanische und das demokratische Kongreßcomits in der Bundes haupfstadt. Große Thätigkeit, namentlich in den süd— lichen Staaten, entwickelt auch die „Farmer's Alliance“. Das Hauptthema der Wahlredner, welches namentlich Seitens der Demokraten als schweres Geschütz ins Treffen geführt werden dürfte, wird, wie die „New⸗Horker Hdls.⸗Ztg.“ schreibt, der neue Zolltarif sein, ohne da indessen die Tariffrags schon bei der bevorstehenden Wahl aus⸗ schlaggebend sein wird. Die Zeit vom Inkrafttreten des Gesetzes bis zum Wahltage sei zu kurz, als daß sich die große Masse des Volks über die Wirkung des Tarifs auf die Ge— staltung der Verhältnisse im Allgemeinen klar werden könnte. Das werde längere Zeit in Anspruch nehmen, und mit Erfolg werde die Tariffrage erst bei der Präsidenten⸗ resp. Kongreß -Wahl⸗ campagne 1892 als Mittel, um die Stimmgeber zu beeinflussen, verwendet werden können. Die bevorstehende Herbstwahl dürfte kaum große Veränderungen in der politischen Zusammen⸗ setzung des Repräsentantenhauses herbeiführen.
Parlamentarische Nachrichten.
Im 2. Frankfurter Reichstags⸗Wahlkreise (Landsherg-Soldin) ist an Stelle des verstorbenen Stadtraths Witt der Kammergerichts⸗Rath Schroeder in Berlin (frei⸗ sinnig] mit 8743 Stimmen zum Reichstags⸗Abgeordneten ge⸗ wählt worden. Amtsrath Dietz von Bayer (konservativ) er⸗ hielt 7131 Stimmen.
Kunst und Wissenschaft.
Xx Verein Berliner Künstler im Architektenhaus.
Die gegenwärtige Ausstellung ist reich beschickt. Außer den bereits besprochenen Flagellanten wirkt die Moltke ⸗Aus⸗ stellung sowie die Zeichnungen von C. Allers anziehend auf die Befucher. Auch befinden sich eine Menge neuer Gemälde daselbst, welche dem Künstler und Kunstkenner besonders interessant sind. Die Moltke⸗Aus stellung besteht aus einer Reihe Bleizeichnungen nach Moltke, Bismarck, dem Hochseligen Kaiser Wilhelm und dem Hochseligen Kaiser Friedrich. Die Zeichnungen, zum Theil noch aus der letzten Kriegszeit, geben dieselben Persönlichkeiten auch noch in späteren Lebensjahren wieder und sind mit wenigen Ausnahmen Meisterwerke von der Hand A. von Werner 's. Besonders fällt die mit wenig Strichen hergestellte Zeichnung Werner's nach Moltke aus dem Jahre 1872 in die Augen. Gewiß auch meist erhaft, aber nicht in dem gleichen Maße die ge⸗ waltige Seele wiederspiegelnd, erscheinen die Zeichnungen Werner's nach Bismarck. Die Statuen resp. Büst en Moltke's, erstere von Schaper, letztere von C. Beg as, sind tüchtige Werke, auch wirkt das Porträt Kaiser Wilhelm's 11. von Werner, in Garde⸗du⸗Corps Uniform, lebendig und besonders sehr plastisch C. W. Aller s, stellte eine große Serie von Bleizeich⸗ nungen nach Mitgliedern der Meininger Theatertruppe aus, zum Theil in Größenverhältnissen, in welchen dieses Material selten mehr verwendet wird. Diese Zeichnungen sind bei allem Humor, welcher durch Einschristen dokumentirt ist, durchaus solide und tüchtige künstlerische Leistungen, welche von hoher Befähigung des Künstlers Zeugniß ablegen. — Von dem kürzlich heimgegangenen Maler des Orients Gentz wird uns eine Gesellschaft von Arabern vorgeführt, welche andächtig einem Märchenerzähler lauscht. Gentz war unstreitig der tüchtigste Orient Maler, den bisher Deutsch⸗ land hervorgebracht hat. In wie hohem Maße er Leben und Treiben dieser, von der unseren so grundverschiedenen Welt studirt hat, wird allerdings nur denen klar, die sich offenen Auges lange Zeit in jener Gegend aufgehalten haben. — Von Elife Brennicke finden wir ein Damen⸗ Porträt voll Geist und Leben. Mit leuchtenden, energischen Farben gemalt, erinnert dies Bild durch nichts an die welbliche Hand, der Künstlerin. — Von Staats sehen wir ein recht originelles Bildchen am Ammer see“, in' welchem der in die Augen brennende wilde Mohn den Vordergrund bildet. Amberg schickte ein Bauern⸗Genre: ein junges Mädchen hat sich den Pfeiler eines alten Parkthores als Sitz ausgewählt und verplaudert den Feierabend mit ihrem jungen Kurmacher. Landschaft und Figuren wirken fast gleich⸗ werthig, ohne sich gegenseitig zu schädigen, während die Zeit der herannahenden Abendstunde in stimmungs vollster Weise zur Geltung kommt, „Hochwild im Spöätherbst. von Thiele ist eine sehr tüchtige Leistung. Während auf dem gefrorenen Boden bereits der Schnee liegt, aus welchem sich hie darbenden Bewohner des Waldes ihre spärliche Nahrung ist der den Hintergrund bildende Wald zwar doch ohne Schnee. — In dem Bilde Amsterdam“ ist der neblige Luft⸗ son * vortrefflich durchgeführt. — H. Hendrich stellte ein sehr talentvoll . Seestück aus; es zeigt uns eine am fluthbespülten Felsen lehnende, weibliche Ideal-Figur, welche eine Fackel emporhält, während sich ein antükes Schiff naht, Die Farben ühertreffen an Leucht⸗ kraft und Tiefe noch die Böcklin 'schen, ohne unharmonisch zu wirken. = Scherres stellte eine Havel⸗Landschast, in gewohnter etwas glatter, aber doch wirkungsvoller Manier ge⸗ malt. aus. — Von P. Grgeb sind verschiedene fleißig in Aquarell durchgeführte Kirchen⸗Intérieurs vorhanden. Do uzette's Dorfstraße auf Prerow ist eins der besten Gemälde, die er geschaffen hat. — Kondrgtenko's Kaukasus⸗Landschaft ist meisterhaft in Kolorit und Technik. — A. Menzel schickte eine größere Bleizeichnung, das Inner e
herausholen, bereits entb ättert, „Blumenverkauf in