1890 / 278 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 18 Nov 1890 18:00:01 GMT) scan diff

betheiligt. Das Auftreten zahlreicher Wuthfälle unter den

unden in Grenzgebieten und deren Nachbarschaft läßt die inschleppung . dem Auslande auch für das Jahr 1889 wieder als den Hauptgrund der Verseuchung azmehmen. Festgestellt ist, daß u frank Hunde aus Russisch⸗Polen in den Kreis Stallupönen übergetreten sind, dort Per⸗ sonen angefallen, fowie Hunde gebissen, und dadurch ur weiteren Verbreitung der Seuche Anlaß gegeben aben. In dem hart an der Grenze liegenden Orte Hof Göhlenau, Kreis Waldenburg (Regierungsbezirk Breslau) wurde ein aus Böhmen übergelaufener wuthkranker Hund erschossen. Die Zeit, welche vom anstecken den Bisse bis zum Auftreten der ersten Wutherscheinungen verstrichen ist, schwankte, soweit festgestellt werden konnte, bei den Hunden zwischen H und 30 Tagen, bei den Pferden zwischen 17 und 41 Tagen, beim Rindvieh zwischen 3 Wochen und 11 Monaten, bei den Schweinen zwischen 19 und 3! Tagen. Ansteckungs verdächtige Hunde wurden auf polizeiliche Anordnung , . 1556 gegen 1265 im Vorjahre, und unter polizeiliche Beohachtung gestellt

VV gegen 64; herrenlose wuthverdächtige Hunde sind 275 ge⸗

töbtei worden gegen 218 im Vorjahre. . Fälle von Ueber⸗ tragung der Tollwuth auf Menschen sind 3 gemeldet, welche sämmtlich lödtlich endigten. Sie betrafen je 1 Mann im Lanhdtreise Elbing und im Kreise Marienburg i. Westpr.,

sowie 1 Knaben im Kreise Thorn.

* .

1 Statistik und Volkswirthschaft.

4 Zur Arbeiterbewegung.

Wie die „Köln. Ztg. aus Burscheid (Kr. Solingen) mittheilt, hat sich daselbst gegenüber den immer mehr zu Tage tretenden gemeingefährlichen Bestrebungen der Sgzialdemotrgtie unter der Leikung geachteter Männer aller Stände ein Verein gebildet, der die verschiedenartigsten Berufgarten und Stände umfassen und folgende Ziele anstreben soll; 1) Pflege der Liebe zum Vaterlande und zu unserem Herrscherhause; 2) Förde⸗ rung der sittlichen Hebung und allgemeinen Bildung seiner Mitglieder; 3) die Beförderung einer Annäherung der verschiedenen Gefell schaftsklassen und Herbeiführung eines guten Einvernehmens unter denfelben; c Unterstützung alles dessen, watz gerecht und dem allgemeinen Besten dienlich ist, vornehmlich im engeren Bezirk der eigenen Gemeinde; 5) Schutz der Mitglieder durch Rath und That gegen wucherische Uebervortheilungen.

Aus Steele wird der ‚Volks⸗-Itg. geschrieben, daß am Sonn fag in einer dort abgehaltepen Versamm lung des neuen Berg— arbeiterverbandes allseitig die Nothwendigkeit des Zusammen⸗ haltens mit dem alten Verbande betont wurde. Schon jetzt müsse man dat Zusammenhalten pflegen; wenn der Aus stand käme, würde man schon einig sein. ö

Einer Hamburger Correspondenz der „Köln. Itg“ zufolge, hat der Verein der Heizer und Kohlenzieher von Hamburg, Altona und Umgegend für Neujahr einen Aus stand angekündigt, wenn die bei dem Frühjahrs ⸗Ausstand dieses Jahres erzwungenen Löhne pon 75 für unbefahrene und 85 für befahrene Leute nicht auch im nächsten Jahre gejahlt werden würden, (Vgl. Nr. 273 d. Bl.). Der Vorsitzende des Vereins Hamburgischer Rheder, Hr. C. Laeisz, bat bereits in Folge einer Anfrage die Erklärung abgegeben, daß die bis Ende dieses Jahres vereinbarten Löhne im nächsten nicht mehr gejahlt werden könnten, wenn die Rheder Hamburgs konkurrenzfähig bleiben sollte. Es wurde dabei darauf hingewiesen, daß andere Hafenstädte weitaus geringere Löhne zahlten, Bremen nur 60 bezw. 563 M Es soll ein gütlicher Ausgleich versucht werden.

Aus Chemnitz wird demselben Blatte berichtet: Unsere So⸗ zialdemokraten klagen über wachsende Theilnahmlosigkeit der Arbeiter. In einer dieser Tage berufenen „großen öffentlichen Arbeiterversammlung? waren von den 30060 Ar— beitern, welche in Chemnitz beschäftigt sind, so wenige er— schienen, daß der Vorsitzende die Frage stellen mußte, ob man unter diesen Umständen tagen wolle. Er bezeichnete den flauen Geschäfte⸗ gang als die Ursache dieser Theilnahmlosigkeit. Die Versammlung war insofern für die Arbeiter von besonderer Wichtigkeit, weil die Bedeutung der Kontrolmarke, welche man auch für Wirkwaaren einzuführen beabsichtigt, zur Besprechung kommen sollte.

In Chemnitz haben am Sonnabend in der Stärker'schen Strumpffabrik gegen 50 weibliche Arbeiter wegen einer Lohn differenz die Arbeit eingestellt.

In Hohenstein brach am Sonnabend in der dortigen Opper-⸗ mann'schen Strumpffabrik „Phönix“, nachdem bereits am Tage zuvor ein Theil der Arbeiter die Arbeit niedergelegt hatte, ein vollständiger Strike aus. Einige dortige Fabrikanten sahen sich genöthigt, infolge des flauen Geschäftsganges die Arbeitszeit ab⸗ zukürzen und die Löhne etwas herab zumindern. Dieses durch die Nothwendigkeit bedingte Vorgehen scheint die Unzufriedenheit der Arbeiter hervorgerufen zu haben.

Hier in Berlin fand am Sonntag eine sozialdem o⸗ kratische Gewerkschafts⸗Konferenz statt, in welcher nach dem „Berl. Volksbl.“ 74 Delegirte aller Gewerkschaften, darunter 7 Frauen anwesend waren. Die Tagesordnung umfaßte folgende Punkte: 1) Stellungnahme der Gewerkschaften zu den Strikes und die event. gegenseitige Unterstützung derselben. 2) Stellungnahme der Gewerkschaften zu den Unternehmerkoalitionen und deren Vorgehen gegen die Arbeiterorganisationen. 3) Die Or⸗ ganisationsfrage im Allgemeinen. 4) Ernennung einer Kommission zur Einberufung eines allgemelnen Gewerkschaftskongresseg. In der Lampenfabrik von Adolf Lippmann haben gestern sämmtliche Arbeiter die Arbeit niedergelegt. Der Grund hiersür ist in einer Maßregelung zweier Arbeiter zu suchen, mit welchen sich die übrigen Arbeiter solidarisch erklärten.

Ein Wolff'sches Telegramm aus Brüssel meldet nach dem Journal „Patriote“, daß in den Kohlengruben von Trieux-⸗Rassin ein allgemeiner Strike ausgebrochen sei.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maszregeln.

Aus Konstantinopel vom 18. November meldet .W. T. B.: Die bereits bestebende Quarantäne von Tripolis ,, ist nördlich bis einschließlich Selefkeh ausgedehnt

orden.

Handel und Gewerbe.

Tägliche wagengestelilung zu 19st für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien.

An der Ruhr sind am 17. d. M. rechtzeitig gestellt 10 318, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

Leipzig, 17. November. (W. T. B. Kammjzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. November 4,5 „6, per Deember 40 6, per Januar 4,0 „, ver Februar 4.3246 ver März 4,39 M, vr April 4.30 , pr. Mai 4.30 A, pr. Junl 4430 „, pr. Juli 4,30 6, pr. August 430 4, yr. Seytember 4530 , pr. Dktgber 4.30 6 Umsotz 260 000 Eg. Kaum behauptet.

Pe st, 17. November. (W. T. B.) Der Direktionsrath der Ungarischen Kreditbank beschloß eine außerordentfiche General⸗ versammlung auf den 17. Delember er, einzuberufen, um derselben den Antrag auf Erhöhung des Aktienkapitais auf 14 Millionen Gulden durch Ausgabe von 20 000 neuen Aktien vorzulegen.

E gn don, 17, November. (W. T. B). Sil berwerthe gedrüct, 46 i Rupees ca. 79, Silberbarren 45 nominell.

Man sprach heute von der Zahlungseinstellung nur eines

wenig bedeutenden Egeomptehaufez. Im Ganzen verhielt

man sich abwartend. . Börsen von Paris und Berlin. Die herrschende ungünstige Stimmung richtete sich gegen nichtenglische Fonds und namentlich solche, für die der Silberpreis maßgebend ist.

Der in der Hülfsaktion für das Haus Baring von den Bankiers gezeichnete Garantiebetrag beläuft sich gegenwärtig auf 10 Millionen Pfund. Man glaubt, es werde beabsichtigt, die ge⸗ sammten Verbindlichkeiten des Hauses im Betrage von 15 Millionen Pfund sicherzustellen. Der Börsenschluß erschlen für europäische Staatsfonds gebessert in Folge starker Deckungskäufe. Die Situation bleibt noch immer gespannt, Aktien von Neugründungen, Trust⸗ 264 ö verkäuflich. Privatdiskont ungeregelt 6o½ bis 64 0 o nominell.

18. November. (W. T. B.) Die „Time“ bespricht die Lage des Geldmarktes und erklärt das Gerücht, daß das Bank hauß Rothschild die Finanzagentur Baring's in Argentinien über⸗ nehmen wolle, für unbegründet. Die Meldung, daß die anfängliche Ursache der Schwierigkeiten Baring's, die Entziehung von Depositen Seitens der 1ussischen Regierung gewesen sei, sei gleichfalls unrichtig. Die Firma habe noch russische Depositen im Betrage von 2440 0090 Pfd. Sterl. in Händen; davon seien 1 500 000 Pfd. Sterl. gekündigt und zwar in 3 Raten, die 1. für den 15 Dezember und die 2. für Januar 1891. Der Garantiefonds hatte gestern Nachmittag die Höhe von 12000 00 Pfd. Sterl. erreicht. Trotzdem sich die hohe Besorgniß legt, suchen sich namentlich die Banken gegen eventuelle Möglichkeiten zu schützen. Gestern war starke Digskontonachfrage bei der Bank, und wurde Diskont liberal zu 7osJo für 3 Monate auf Bankpapiere bewilligt. Einige Besorgniß hegt man noch in Betreff der Angelegenheit der Buenos⸗A Aires Wasserversorgungs⸗ und Abzugskanalwerke. Die An⸗ gelegenheit werde jedoch unschwer zu ordnen sein, wenn sie es nicht bereits ist.

Luzern, 17. November. (W. T. B.) Die Betriebsein⸗ nahmen der Gotthardbahn betrugen im Oktober 1890 für den Personenverkehr 490 400 (im Oktober 1889 418 000) Fr., für den Güterverkehr 794 600 (im Ottober 1889 S802 900) Fr., ver schiedene Einnahmen im Oktober 35 000 (im Oktober 1889 36 000) Fr., zusammen 1320 900 (im Oktober 1889 1250 000) Fr. Die Betriebsausgaben betrugen im Oktober 1890 540000 (im Oktober 1889 550 000) Fr. Demnach Ueberschuß im Oktober 1390 780 C00 (im Oktober 1889 700 900) Fr.

Glasgow, 17. November. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 4350 Tons gegen 9640 in derselben Woche des vorigen Jahres.

Bradford, 17. November. (W. T. B.) Wolle ruhig, Tendenz eher zu Gunsten der Käufer, Exportgarne ruhig, Stoffe unverändert.

Amsterdam, 17. November. (W. T. B.) Die Niederlän⸗ dische Bank hat den Diskont ron 35 auf 4 09 erhöht.

New⸗JYPork, 17. Nopember. (W. T. B.) Visible Supply an Weizen 23 197 000 Bushels, do. an Mais 5659 000 Busphels.

17. November. (W. T. B.) Das oberste Bundesgericht hat entschieden, daß Diagonaltuche als Kammwollenwaaren anzusehen seien und einen Zoll von 24 Cents per Pfund sowie 35 0 ad valorem zu zahlen haben.

17. November. (W. T. B.) Das Anleihecomits des Liguidationsbureaus gab heute die Erklärung ab, daß sich die Lage bedeutend gebessert habe.

Buenos Aires, 17. November. (W. T. B.) Die Börse war in Folge der Liguidation des Hauses Baring Bro— thers u. Go. in London sehr erregt. In Montevideo betrug das Goldagio 48. Die Aktien der Nationalbank von Uruguay weichen stark und notirten 19.

Verkehrs ⸗Anstalten.

Laut telegraphischer Meldung aus Venlo ist die erste englische Post vom 17. November 1890 ausgeblieben; Grund: Nebel auf See.

Gegen den vormaligen Inhaber der Privat⸗Brief⸗ bestellanstalt in Wiesbaden, Kauf mann Ludwig, welcher während der Leitung dieser Anstalt über 40090 Stück ihm anvertrauter Briefsendungen nicht zur Bestellung gebracht, auch nicht an die Absender zurückgegeben, sondern zurück⸗ gehalten hatte, ist ein Strafverfahren eingeleitet und die Unter suchungshaft wegen Betrugs und Unterschlagung ver⸗ hängt worden. Ludwig hat sich seiner Verhaftung durch die Flucht entzogen und wird von der Königlichen Staatsanwaltschaft steck⸗ brieflich verfolgt.

London, 17. November. (W. T. B. Der Union⸗Dampfer „Moor“ ist heute auf der Heimreise in Southampton an— gekommen. Der Castle⸗⸗Dampfer Conway Castle r ist heute auf der Ausreise in Durban (Natal) angekommen.

Theater und Musik.

Wallner Theater.

Daß die Rolle des ‚Nullerl in dem gleichnamigen Volksstück zu den bedeutendsten Charakterfiguren Felix Schweighofer's zählt, ist allseitig anerkannt worden. Ein günstiger Zufall will es nun, daß eine der vorzüglichsten Darstellerinnen der „Gabi“ in diesem Stück, Thessa Klinkhammer, einige Tage in Berlin verweilend, auf Wunsch des Direktors Hrn. Hasemann diese Rolle übernehmen wird. Da die Aufführungen von „Pension Schöller! durch den Todtensonntag doch eine Unterbrechung erfahren müssen, so wird „'s Nullerl“ bereits nächsten Sonnabend in der oben angeführten Besetzung in Sceene

gehen. Residenz ⸗· Theater.

Daudet's „Kampf um's Dasein‘, dessen Erstaufführung am Sonnabend stattfindet, nimmt seinen Stoff aus dem modernen Pariser Leben mit so packendem Realismus, daß selbst die Nebenfiguren nach bekannten Typen aus der Gesellschaft geschildert sind.

GConeerthaus.

Kapellmeister Meyder veranstaltet morgen den ersten ‚Kom⸗ po nisten⸗Abend“ in dieser Sasson. Das Programm dieses Abends ist aus Werken der drei Hof⸗Kapellmeister . D. Professoren W. Taubert, Heinr. Dorn und R. Radecke zusammengestellt. Hr. Professor R. Ra decke wird an diesem Abend eigene Kompositionen „Nachtstück (Novität), „Zwei Scherzos und eine Concert. Quver - ture“ (Manufskript) unter persönlicher Leitung zur Aufführung bringen.

Philharmonie.

Der Philharmonische Chor, der von Jahr zu Jahr mehr an künstlerischer Bedeutung zunimmt, gab gestern unter Leitung des Hrn. Stegfried Ochs ein Concert, welches sehr zahlreich besucht war. Die Recitative und Chöre aus dem unvollendeten Oratorium „Christus ‘, bei deffen Äusführung (18477 Mendelssohn vom Leben abgerufen wurde, eröffneten das Concert und gaben Zeugniß von der bedeutenden schzpferischen Kraft, die dem Komponisten noch in seinem letzten Lebensjahre innewohnte. Wärme der Empfin- dung und dramatischeöz Leben zeigen sich in den Chorsätzen wie in den Reeitativen. Die Chöre: Wir haben ein Ge— setz. und „Ihr Töchter Ziong⸗ reihen sich den besten aus seinen Dratorlen Paulus. und. „Glias. an. Auf diese musilalischen Fragmente folgte das wellliche Oratorium „Ac is. und Galateng von Händel. Bei seiner Vorliebe für dag Cindringen in dig antike Welt hatte der Komponist bereits im Jahre 1708 dies Werk in Negpel zur Aufführung gelangen lassen, jedoch mit geringem Erfolg. Erst bei einer zweiten Aufführung (London 1729) fand dasselbe seine verdiente Würdigung. Der erste Theil des nicht sehr umfangreichen Werks athmet Freude und idyllisches Glück. Durch das Auftreten des zornigen Polygham, des Gegners des Aeis, tritt im Verlaufe der Handlung und der Musit eine theils ö theils leiden schaftlichä, Stimmung hervor, deren verschiedene Augdrucksweise Händel auch in allen seinen dramatischen Werken so treffend zu beherrschen wußte. Die Ausführung beider Oratorien von Seiten des Chors und des Orchesters war eine sehr gelungene

wa,, ,

.

zu nennen. Auch die Solopartien, an gegen sich die Sopranistin

rl. von Sicherer, der Hof ⸗Opernsänger Hr. Schwarz (Baß), Hr.

auf mann (Tenor) und Hr. Fechter Baryton) betheiligten, 2 in den besten Händen. Sehr lebhafter Beifall wurde dem trefflichen Dirigenten und allen mitwirkenden Künstlern zu Theil.

Mannigfaltiges.

Der Verein für deutsches Kunstgewerbe feierte am ver⸗ gangenen Mittwoch unter sehr lebhafter Betheiligung in den Fest— räumen des Architektenhauses sein diesjähriges Stiftungsfest. Einen außergewöhnlichen festlichen Anblick bosen die im Lichterglanz strah=— lenden Tafeln, auf welchen blumengeschmückte Meisterwerke des Ber⸗ liner Kunstgewerbes prangten. Mit besonderer Bewilligung des Herrn Ministers für Handel und Gewerbe waren Prachtstücke aus der Königlichen Pozellan⸗ Manufaktur zu diesem Zweck aufgestellt worden, ferner hatten hervorragende Firmen, wie Arndt u. Mareus, Hirschwaldt u. A., Tafelaufsätze gesandt. Eine Fülle musikalischer und anderer Vorträge brachte reiche Abwechselung; den Höhepunkt des Festes bot die Aufführung einer von Max FSchulz er⸗ dachten und arrangirten Pantomine, welche von Vereinsmitgliedern aufgeführt wurde und in geistvoller, humoristischer Weise das moderne kunstgewerbliche Leben vorführte. An das Abendessen schloß sich ein bis in die Morgenstunden währender Tanz, mehrfach noch von künstle⸗ rischen Vorträgen unterbrochen. Das ganze Fest legte in seinem an⸗ regenden, gelungenen Verlauf ein treffliches Jeugniß ab von dem im Verein herrschenden frischen Geist, der auch in den regelmäßigen Sitzungen zum Ausdruck gelangt.

Zur Feier seines 200jährigen Bestehens hat, wie das D. Tgbl. meldet, das Französische Gymnasium durch seinen Festausschuß auch den Kultus⸗Minister und seine Ressort⸗ Chefs, ferner den QOber⸗Präsidenten der Provinz Brandenburg, den Präsi⸗ denten der Königlichen Regierung zu Potsdam, den Polizei⸗Präsi⸗ denten von, Berlin und den Ober⸗Bürgermeister sowie die Spitzen der Geistlichkeit aus der Reichshauptstadt einladen lassen. Die meisten der Herren haben ihr Erscheinen und die Theilnahme an dem Fest= mabl, im Englischen Hause!' am 3. Dejember zugesagt. An läßlich der Jubiläumsfeier wird eine vom Direktor des Französischen Gymnasiumz Dr. Schulze verfaßte Denkschrift über das Collsge erscheinen. Ernst von Wildenbruch, der einst auch zu den Schülern der Anstalt gehörte, hat einen Prolog gedichtet, welcher vom Königlichen Hofschauspieler Kahle gesprochen werden wird, und Rentier Jasper, auch ein ehemaliger Kollegianer, Mitglied des Fest⸗ ausschusses, hat ein Theaterstück geschrieben, für dessen Aufführung erste Schauspielkräfte Berlins gewonnen sind.

Die Bretterverschläge, welche man über den Marmorgruppen zu beiden Seiten der Kaiser⸗Wilhelmbrücke angebracht hatte, während an ihrer Fertigstellung von den Bildhauern gearbeitet wurde, sind, laut Meldung der ‚N. A. Z.“, nunmehr entfernt worden.

In jedem Eisfenbahnzuge bleibt, wie die „Nat. Zig.“ schreibt, der erste Wagen hinter der Maschine unbesetzt, auch wenn es ein Personenwagen ist. Bisher genügte es, diese Wagen einfach ver⸗ schlossen zu halten; neuerdings aber hat man auch ein äußeres Kenn⸗ zeichen angebracht in Gestalt einer Tafel mit der Aufschrift -Schutz⸗ wagen“. In den Vorortszügen der Potsdamer Bahn tauchte dieser Tage diese Bezeichnung zum ersten Mal auf.

Die Brauerei Königstadt ist in der letzten Nacht von einem furchtbaren Feuer heimgesucht worden, zu dessen Bekämpfung fast die gesammte Berliner Feuerwehr herangezugen werden mußte. Erst nach fünfstündigen mühevollen Arbeiten gelang es gegen 3 Uhr Morgens, des Feuers Herr zu werden und die Gefahr der weiteren Ausbreitung zu . Der Betrieb der Brauerei ist nicht gestört, wenn auch ein sehr beträchtlicher Schaden angerichtet ist. Menschen⸗ leben sind nicht zu beklagen. Ueber die Entstehungsursache ist bisher nichts bekannt geworden.

Der Arbeits⸗Beschäftigungs⸗ und Armen-⸗Pflege⸗ Verein in Moabit beabsichtigt, wie die ‚N. Pr. Ztg.“ meldet, Anfangs Dezember d. J. wiederum einen Bazar im Weißen Saale der Aktien Brauerei „Moabit“ zu veranstalten und bittet alle Freunde seiner Bestrebungen um werkthätige Unterstützung durch Kauf und Uebersendung. Spenden für den Bazar besonders Gegenstände des praktischen Gebrauchs werden schon jetzt entgegengenommen von Fr. Superintendent Gielen, Alt⸗Moabit 25, im Pfarrhause.

Der Riesen⸗Grenadier im 1. Garde⸗Regiment z. F, über welchen wir kürzlich berichteten, ist der, „Potsd. 3.“ zufolge, in seine Heimath am Rhein zurückgekehrt, da ihn der Dienst zu sehr angestrengt hat. Trotz dieses Verlustes eines 2, S5 m großen Angehörigen hat das 1. Garde ˖⸗ Regiment doch noch einen 2B em größeren Mann aufzuweisen, als den Hauptmann von Plüskow. Während dieser 2.05 m mißt, ragt jener noch um 2em über dessen Haupt empor, mißt also 2, m.

Potsdam. Bei dem Einzug des neuvermählten Fürstlichen Paares in Potsdam, am Mittwoch Abend, soll der Brauhausberg durch bengalische Feuer erleuchtet werden.

Magdeburg. Das Werk eines Berliner Künstlers, des Bild⸗ hauers Bergmeier, wird, nach dem . B. Fr. Bl.“, dieser Tage in Magdeburg enthüllt werden. Es ist das Denkmal, welches die Stadt Magdeburg ihrem verstorbenen und sehr verdienten Ober⸗ Bürgermeister Hasselbach errichtet hat. Dasselbe hat an dem Schnittpunkt der Kaiserstraße und des Breiten Weges Aufstellung ge⸗ funden. Ueber einem großen Bassin aus hellgrauem Granit, zu welchem mehrere Stufen hinanführen, ragt ein Obelisk empor; 4 sitzende Figuren aus weißem schlesischen Sandstein umgeben ihn, und zwischen diesen befinden sich 4 polirte Granitschalen, aus welchen Wasser in das große Bassin hinabfließen soll.

Koblenz, 16. November. Der Pallisadenschuppen im Wallgraben vor dem Weißerthor ist in der Nacht zum Sonntag ab⸗ gebrannt. Das Feuer entstand in dem mit mehreren Tausend Palli⸗ saden gefüllten Schuppen, wie die „Frkf. Ztg.“ meldet, kurz nach Uhr. Die umliegenden Bäume des Glacis hrannten lichterloh. Der Feuerschein erhellte grell die ganze Stadt. Es wurde General- marsch geschlagen und die Garnison rückte aus. An Löschen war nicht zu denken, das Feuer währte bis gegen 11 Uhr Nachts. Die Entstehungsursache ist nicht bekannt.

München. Die drei Königsschlösser erfreuten sich, der M. , A. 3 * zufolge, während der diesjährigen Reisesaison eines außer- gewöhnlichen Besuches. So verzeichnete Lustschloß Linderhof 36 611, das Schloß auf Herrenchiemsee 31 039, Neuschwanstein 21 352, zu⸗ 6 89 002 Besucher, d. s. gegen das vorige Jahr 45 000 Be⸗ ucher mehr.

Dresden. Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrich August von Sachsen hat, der ‚Nat.⸗Z.“ zufolge, bei einem vom Dresdener Reiterverein veranstalteten Rennen (Daide-⸗Jagdrennen) den ersten Preis gewonnen.

Leipzig, 17. November. Der Stadt Leiprig ist, wie das Lpzg. Tgbl.“ mittheilt, wiederum die Wohlthat einer gemeinnützigen Stiftung in großem Umfange zu Theil geworden. Die vor einiger Zeit verstorbene Frau Geh. . Prof. Dr. Radius hat der Stadt⸗ gemeinde die bedeutende Summe ron 400 000 S mit der Bestim⸗ mung als Vermächtniß hinterlassen, das die Zinsen auf Lebenszeit zwei Geschwisterkindern derselben auszuzahlen sind, während nach er⸗ folgtem Ableben dieser Nutznießer die ausgesetzte Vermächtnißsumme zu wohlthätigen oder gemeinnützigen Zwecken Verwendung finden soll.

27S.

Zweite Beilage zum Dentschen Reichs⸗-Anzeiger und Königlich Preußischen Stants⸗Anzeiger.

1890.

Berlin, Dienstag, den 18. November

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Entwurf eines Gesetzes, betreffend die öffentliche Volksschule.

ain ellen e r rttchen Volkafchut d Einrichtung der öffentlichen Volksschule. Aufgabe un Aufgabe der .

Aufgabe der Volkeschule ift die religiöse, sittliche und vater ländische Bildung der Jugend durch Erziehung und Unterricht, sowie die Unterweisung derselben in den für das bürgerliche Leben nöthigen

inen Kenntnissen und Fertigkeiten. allgemei Zahl der Volksschulen.

Es müssen so viele Volksschulen vorhanden sein, als erforderlich sind. um diejenigen schulpflichtigen Kinder aufzunehmen, welche nicht underweit genügenden Unterricht erhalten. .

Räumliche . der Volksschulen.

8 5 Die Volksschulen sind räumlich thunlichst der Art zu legen, daß sie von den ihr zugewiesenen Kindern zu allen Jahreszeiten ohne Unterbrechung und ohne Schädigung ihrer Gesundheit besucht werden lonn g sammenhngende Ortschaften mit beträchtlicher Kinderzahl, deren Wohnplätze von der nächsten Volksschule mehr als zwei und einen halben Kilometer entfernt sind, sollen in der Regel ihre eigene

ksschule haben. K um al in den Zaltescullen

Einklassige Volksschulen sollen im Allgemeinen nicht über achtzig Kinder zäblen. .

Bel mehrklassigen Volksschulen ist in der Regel auf je siebzig Kinder eine vollbeschäftigte Lehrkraft anzustellen.

Lehrplan und innere Cinrichtung der Volksschule. Unterrichtsgegenstände jeder Volksschule sind: Religion, deutsche Sprache (Sprechen, Lesen, Schreiben), Rechnen, vaterländische Ge⸗ schichte, Erdkunde, Naturkunde, Zeichnen, Singen, Turnen, und für Mädchen: weibliche Handarbeiten. Die Aufnahme anderer Gegenstände in den Lehrplan der Volks schule bedarf der Genehmigung des Unterrichts⸗Meinisters.

§. 6. Der Lehrplan und die innere Einrichtung der Volksschule, in⸗ besondere die Vertheilung der Stunden auf die einzelnen Unterrichts

gegenstände, werden von der Schulaufsichtsbehörde unter Berücksich⸗

tigung der örtlichen Verhältnisse , Die Volksschule hat drei ne er bote fen

Die Schüler der Unterstufe follen wöchentlich achtzehn bis zwei und zwanzig, die der Mittelstufe sechs und zwanzig bis dreißig, die der Oberstufe acht und zwanzig bis zwei und dreißig Lehrstunden erhalten.

§. 9. ; Es hängt von den örtlichen Verhältnissen, insbesondere von der Zahl der Schüler ab, ob die Unterrichtsstufen als getrennte Klassen ein zurichten sind.

5 HJ In den Städten sollen im Allgemeinen Volksschulen mit min destens drei aufsteigenden Klassen .

Wo drei⸗ und mehrklassige Vollsschulen vorhanden sind, dürfen Kinder nicht gegen den Willen der Eltern oder deren Stellvertreter

einer einklassigen Schule .

Wo die Anzahl der einem Lehrer überwiesenen Kinder über achtzig steigt, oder wo das Schulzimmer für die vorhandene geringere Zahl von Kindern nicht ausreicht, und die Verhältnisse der Anstellung eines zweiten Lehrers oder eine räumliche Aenderung nicht gestatten sowie da, wo andere Umstände dies nothwendig erscheinen laffen, kann mit Genehmigung der Schulaufsichtsbehörde eine zweillassige Schule mit einem Lehrer und verkürzter Unterrichtszeit (Halbtags⸗ schule) eingerichtet werden. .

ö nn, Lehrer an einer Volksschule vorhanden, so ist der Unterricht in drel aufsteigenden Klassen mit verkürzter Unterrichtszeit zu ertheilen.

8. 13. ö Lediglich wegen des Religiontzbekenntznisses darf keinem Kinde die Aufnahme in die Volksschule seines Wohnorts versagt werden. Berücksichtigung der K Verhäl nisse.

14.

Bei der Einrichtung der Volktschulen sind die konfessionellen Verhaältnisse möglichst zu berücksichtigen. .

Grundsätzlich soll kein Kind ohne den Religionsunterricht seines Bekenntnisses bleiben. ö . .

Zur Theilnahme an einem anderen Religionsunterricht dürfen ö nur auf Antrag der Eltern oder deren Stellvertreter zugelassen werden.

Sind Kinder verschiedener Religionsgesellschaften in einer Volktz⸗ chule vereinigt, so ist möglichst für die Angehörigen einer jeden von hnen ein besonderer Religiontunkerricht einzurichten, wenn nicht ihre

Zahl weniger als fünfzehn beträgt.

Gehören die betreffenden Kinder weder der evangelischen noch der kathollschen Kirche an, fo bedarf es außerdem in der Regel des An= trages Seitens der zuständigen Organe der Religionsgesellschaft und des. Nachweises eines zur Ertheilung des Religiontunterrichts be⸗ fähigten Lehrers. ö

§. 15. . ö Wo die Zahl der Schulkinder einer Religionsgesellschaft in einem Schulbezirke über sechszig steigt, kann die Schulaufsichtsbehörde die Errichtung einer besonderen Volksschule für dieselben anordnen. Religionsunterricht. . §. 16. Der Religionsunterricht wird nach der Lehre derjenigen Religionsgesellschaft ertheilt, welcher die Schüler angehören, die ihn empfangen. Leitung des Neligionsunterrichte.

§5. I.

Den Religionzunterricht in der Volksschule leiten die betreffenden Religions gesellschaften.

Demgemäß erfolgt .

1) die Einfübrung neuer Lehrpläne in Bezug auf den Religions unterricht im Einvernehmen mit den zuständigen Organen der Religionsgesellschaft.

Ferner ist . ö ;

2) vor der Einführung neuer Schulbücher für den Religionts⸗ unterricht die Erklärung des zuständigen Organs der betreffenden Religionsgesellschaft einzuholen, daß gegen die in dem Buch enthaltene Lehre nichts einzuwenden sei.

Endlich haben

3 . den Religionsgesellschaften hierzu beauftragten Per sonen daz Recht, dem Religiongunterricht in der Schule beizuwohnen, durch Fragen fich von der sachgemäßen Ertheilung und von den Fort

schritten der Kinder zu Überzeugen, den Lehrer nach Schluß des Unter⸗

richts sachlich zu berichtigen und bei der Schulentlassung der Kinder an der Feststellnng der Zeugnisse in der Religion mitzuwirken.

Für den evangelischen und den katholischen Religionsunterricht gilt, Falls von den kirchlichen Obern eine andere Bezeichnung nicht erfolgt, der Pfarrer, und wenn mehrere Pfarrer vorhanden sind, der erste Pfarrer als gesetzlich beauftragt Betreffs der innerhalb seiner Pfarrei belegenen Volkaͤschulen.

Eine Zurückweisung des mit der Leitung des Religionsunterrichts Beauftragten vom Besuche der Volksschule ist zulässig, wenn derselbe die Ordnung der Schule gestört hat. .

Die Zurückweisung erfolgt durch Beschluß der Schulaufsichts—⸗ behörde nach Benehmen mit den kirchlichen Organen.

In dem Beschlusse sind die Thatsachen anzugeben, welche die Maßregel begründen.

Ferien. 8. 18. .

Die Gesammtdauer der Ferien in den Volksschulen soll jährlich acht Wochen nicht übersteigen.

Mit dieser Maßgabe erfolgt die Festsetzung der Ferien und die Vertheilung derselben auf die einzelnen Jahreszeiten durch die Schul⸗ aufsichts behörde.

Die Festsetzung erfolgt für Landschulen nach Anhörung des Kreis⸗ ausschusses, für Stadtschulen nach Anhörung des Schulvorstandes.

k

sch , Schulzucht darf die Grenzen der elterlichen Zucht nicht über⸗ reiten. Die allgemeinen Anordnungen für die Handhabung der Schulzucht werden von der Schulaufsichts behörde getroffen.

Aeußere . der Volksschule.

Die Schulaufsichtsbehörde erläßt über die Ausführung von Schulbauten und über die Ausstattung der Volksschulen die allge⸗ meinen Anordnungen. . .

In denselben ist die Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse vorzubehalten. ö

Auf Grund der allgemeinen Anordnungen und unter Berück⸗ sichtigung der örtlichen Verhältnisse stellt die Schulaufsichtsbehörde die Anforderungen in Bezug auf die Volksschulbauten und die Aus⸗ stattung der Volksschulen im ö Falle fest.

Für Volksschulbauten gelten folgende Grundsätze: .

1) Jede Volksschule soll in der Regel ein eigenes Gebãude haben, welches nicht gleichzeitig für andere, die Interessen der Schule beeinträchtigende Zwecke bestimmt ist. . 2 h

2) Das Gebäude soll in der Regel für jede Schulklasse ein be⸗ sonderes Zimmer enthalten. . .

3) In Bezug auf die Lage des Platzes, Grundfläche und Höhe der Schulzimmer, Zuführung von Licht und Luft, Heizungsanlagen, Beschaffung von Trinkwasser, Einrichtung von Bedürfnißanstalten, Anlegung von Dungstätten und Abfallgruben ist den Anforderungen der Gesundheitspflege zu entsprechen, . ;

43) Sowelt die zrtlichen Verhältnisse es zweckmäßig erscheinen lassen, sst thunlichst in jedem Schulheuse in den Städten eine Lehrerdienstwohnung, auf dem Lande wenigstens eine Lehrerdienst⸗

wohnung einzurichten. 8. 2.

Ueber die Anordnung von Neu. und Reparaturbauten bei Volks schulen auch bei Verbindung von Schul- und Kirchenamt über die öffentlich rechtliche Verpflichtung zur Aufbringung der Baukosten, sowie über die Vertheilung derselben auf Gemeinden (Gutsbezirke, Schulverbände) und Dritte, statt derselben oder neben denselben Ver⸗ pflichtete (55. 27, 33, 36, 43, 51) beschließt, sofern Streit entsteht, die Schulaufsichts behörde. . ;

Gegen den Beschluß findet die Klage im Verwaltungẽstreit⸗ verfahren statt. Dieselbe ist, soweit der in Anspruch Genommene zu der ihm angesonnenen Leistung aus Gründen des öffentlichen Rechts statt feiner einen Andern für verpflichtet erachtet, zugleich gegen diesen u richten.

. Auch im Uebrigen unterliegen Streitigkeiten der Gemeinden (Gutsbezirke, Schulverhände) und Dritter darüber, wem ven ihnen die öffentlichrechtliche Verbindlichkeit zum Bau einer Volksschule ob⸗ liegt, der Entscheidung im Verwaltungsstreitverfahren. ;

Die Klage ist in den Fällen des zweiten Absatzes innerhalb zwei Wochen anzubringen. Die zuständige Behörde kann zur Vervoll⸗ ständigung der Klage eine angemeßene Nachfrist gewähren.

Burch den Ablauf dieser Fristen wird jedoch die Klage auf Er⸗ stattung des Geleisteten gegen einen aus Gründen des offentlichen Rechts verrflichteten Dritten nicht ausgeschlossen.

Zuständig im Verwaltungsstreitverfahren ist in erster Instanz der Bezirktausschuß. .

Die Klage gegen die Schulaufsichtsbehörde kann nur darauf gestützt werden: .

5 daß der angefochtene Bescheid durch Nichtanwendung oder unrichlige Anwendung des bestehenden Rechts, insbesondere auch der von den Behörden innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenen Verordnungen den Kläger in seinen Rechten verletze; .

27) daß die thatsächlichen Vorautzsetzungen nicht vorhanden seien, welche die Schulaufsichtsbehörde zu dem Beschluß berechtigt haben würden. §. 2

Bei Volksschulen ist für einen Platz zur Vornahme von Turn⸗ übungen Sorge zu tragen und zum Aufenthalt der Kinder im Freien während der Zwischenstunden . zu geben.

Jede Volksschule ist mit den ihrer Aufgabe entsprechenden Lebr⸗ mitteln und mit dem nöthigen Inventar autzustatten, sowie mit Allem zu verfehen, was zu ihrer ,, Benutzung erforderlich ist.

Die Schulräume sind in elner den Bedürfnissen des Unterrichts entsprechenden Weise ö. . ö. ö ö zu heizen, zu be inigen und in and zu halten. leuchten, zu reinis ,, ffent ich ü der Rechtsverhältnisse der öffentlichen . Volk gschule. Träger der Recht ver hal if der Volksschulen.

Träger der Rechtsverhältniffe der öffentlichen PVolksschulen sind die ng Gemeinden, die selbständigen Gutsbezirke und die Conn nnr, , Schulverbände.

Staͤdtische 6 9)

Stadt bildet ihren eigenen Schulbezirk. 36 . Gründen können Landgemeinden und Gutsbezirke einem städtifchen Schulbezirke von der Schulaufsichts behörde gastweise werden. ; u en en g, ning für die gastweise Benutzung wird Mangels einer Einigung der Betheiligten von dem Bentrkgausschuß festgesetzt. Es ist dabei auf die Steuerverhaältnisse der Betheiligten, auf die Zahl der gastweise überwiesenen Kinder sowig guf die Kosten Rücksicht zu nehmen, welche den Landgemeinden (Gutsbezirken) bel einer ander

veiten Beschulung der Kinder erwachsen würden, und auf die etwaigen

Mehrkosten, welche für die Stadt aus der gastweisen Zuweisung tstehen. entstehe Cindliche Schulbt ih Schul verbände.

Landgemeinden Gutsbezirke bilden entweder ihren eigenen Schul bezirk oder werden Behufs Unterhaltung einer oder mehrerer Volks- schulen zu einem gemeinsamen . Schulverbande) vereinigt.

Schul verbände haben die Rechte gffentlicher Korporationen.

Die ö müssen sich mit denen der Land⸗ gemeinden (Gutsbezirke) decken.

Jede Landgemeindè (Gutsbezirk) kann nur einem Schulverbande angehören.

ö Bei der Abgrenzung der Schulverbände ist auf die sonst be

stehenden nachbarlichen Verbände (Bürger meistereien, Amtsbezirke, Kirchspiele, Wegebau, Armen u. s. f.) Rücksicht zu nehmen.

.

Ueber die Bildung, Aenderung und Auflösung der Schul verbände beschließt nach Anhörung der Betheiligten die Schulaufsichts hehõrde im Einvernehmen mit dem Bezirkzausschuß, und, falls ein Einver⸗ ständniß beider Behörden nicht erreicht wird, der Ober- Präsident.

Gegen den Beschluß der Schulaufsichtsbehörde steht den Bethei⸗ ligten binnen zwei Wochen die Beschwerde an den Ober präsidenten zu.

Die Entscheidung des Ober. Präsidenten ist entgültig,

Für die Hohenzollernschen Lande entscheiden an Stelle des Ober⸗ Präsidenten der Unterrichts⸗Minister und der Minister des Innern.

ö

Wo Landgemeinden (Gutsbezirke) nach Maßgabe der Land gemeindeordnungen zum Zweck gemeinsamer Wahrnehmung einzelner zu ihrem Wirkungskreise gehöriger Kommunalangelegenheiten zu be⸗ sonderen Verbänden vereinigt sind oder vereinigt werden, beschließt nach Anhörung der Betheiligten und des Kreisausschusses der Bezirks ausschuß im Einvernehmen mit der Schulaufsichts behörde und, Falls ein Einverständniß beider Behörden nicht erreicht wird, der Ober Präsident darüber, ob dieser Verband für die betheiligten Gemeinden (Gutsbezirke) zugleich den Schulverband (5. 28) bilden soll. .

Den Betheiligten steht gegen den Beschluß des Bezirks⸗ ausschusses binnen zwei Wochen die Beschwerde an den Ober⸗ Präsidenten zu. .

Die Entscheidung des Ober ⸗Präsidenten ist endgültig

Für die Hohenzollernschen Lande entscheiden an Stelle des . Pröäsidenten der Unterrichts⸗Minister und der Minister des

nnern.

In gleicher Weise erfolgt eine Aenderung oder Auflösung dieser Verbände, so lange sie zugleich die Schulverbände für die betheiligten Gemeinden (Gutgbezirke) bilden. 2

Die in diesem Gesetze über Schulverbände und deren . enthaltenen Bestimmungen finden auf die zu Schulverbänden erklärten kommunalen nachbarlichen Verbände Anwendung, soweit nicht erwaß Anderes ausdrücklich festgesetzt ist 65 82). 9 K

Zur Bildung eines Schulver bandes behufs Unterhaltung mel re r beiheiligten Landgemeinden (Gutsbezirke) nicht stattfindet, ist die Zu⸗ stimmung derselben erforderlich.

Gastweise 3m, Schulkindern.

Aus erheblichen Gründen können von der Schulaufsichtsbehörde Schulkinder aus einzelnen Theilen einer Gemeinde (Gutsbezirks, Schulverbandes) gastweise der Schule einer anderen Gemeinde (Guts⸗ bezirks, Schulverbandes) zugewiesen werden.

Für einzelne Unterrichtsfächer kann aus erheblichen Gründen die . ung auch aus ganzen Gemeinden (Gutsbezirken, Schulverbänden) erfolgen.

Die Vergütung für die gastweise Benutzung ist mangels einer Einigung der betheiligten Gemeinden (Gutsbezirke, Schulverbände) für Stadtschulen vom Bezirksausschuß, für Landschulen vom Kreis- ausschuß festzusetzen.

Es ist dabei auf die Steuerverbältnisse der Betheiligten, auf die Zahl der gastweise uͤberwiesenen Kinder sowie auf die Kosten Rück⸗ sicht zu nehmen, welche bei einer anderweiten Beschulung der Kinder erwachsen würden, und welche aus der gastweisen Ueberweisung

entstehen. r rn r te,

Bestehen in einer Gemeinde (Gutsbezirk, Schulverband) mehrere Volksschulen, so konnen für die schulpflichtigen Kinder von der Schul⸗ aufsichtsbehörde nach Anhörung des Schulvorstandes (Schulausschusses) Schulbesuchsbezirke eingerichtet werden,

Gastweise Zulassung von Fremdenschulgeld.

Wollen Eltern oder deren Stellvertreter Kinder in die Volks schule einer anderen Gemeinde (Gutsbezirks, Schulverbandes) oder eines anderen Schulbesuchsbezirks als destenigen schicken, in welchem die Kinder einheimisch sind, so beschließt bierüber der Vorstand der betreffenden Volksschule.

Unentgeltlich in Pflege und Kost genommene Kinder gelten als einheimisch am Pflegeort. .

Der Vorstand der Volkeschule kann von den einer anderen Gemeinde (Gutsbezirk, Schulverband) angehörigen Kindern ein Fremden · schulgeld erheben. . ö

Die Feststellung der Höhe der Schulgeldsätze unterliegt der Genehmigung der Schulaufsichtsbehörde

Das Schulgeld fließt zur Schulkasse. ĩ

Die Entscheidung darüber, ob ein Fremdenschulgeld zu erheben ist, erfolgt unter den Betheiligten im Verwaltungsstreitverfahren.

Zuständig ist in erster Instanz der Kreisausschuß und, sofern es sich um Stadtschulen handelt, der Bezirksausschuß.

Drdnung der Vermögens verhaͤltnisse.

§. 356. ; Die in Folge der Einrichtung oder Veränderung der Schulbezirk (Schulverbände) nothwendig werdende Ausgleichung und Luseinander⸗· setzung bezüglich des Vermögens und der Schulden ist im Verwaltungs · wege der n e. ; . Kommt eine Einigung hierüber unter den Betbelligten binnen der von der Schulaufsichtsbebörde zu bestimmenden Frist nicht zu Stande, oder verfagt die Schulaufsichtsbebörde der Vereinbarung die Beftäͤtigung, so beschließt fie über die Ausgleichung und Audeinander ·

setzung. ; . ö n gleicher Weise beschließt bei den zu Schul verbänden erklärten e r 'nachbarlichen Verbänden der Bezirksausschaß im Ein- vernehmen mit der Schulaufsichtsbebörde über die in Folge der Ein. richtung oder Veränderung nothwendig werdende Autgleichung und Augeinanderfetzung belüglich des Vermögen, und den Schulden. Kommt ein , ,. beider Behörden nicht zu Stande, so be⸗ r Ober ⸗Präsident. . 9 die ö Lande beschließen an Stelle des DOber⸗ Präsidenten der Unterrichts Minister und der Minister des Innern. Den Betbeillgten gegen einander steht die Klage im Verwaltungk streitbersahren zu. Die Klage ist innerhalb zwei Wochen anzubringen. Die zuständige Bebörde kann zur Vervollständiqung der Klaqe eine angemessene Nachfrist gewähren. Zuständig in erster Instanz ist der

Bezirkgausschuß.

Volktschulen, bezüglich deren eine gemeinsame Benutzung durch die 3 ;