1890 / 286 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 27 Nov 1890 18:00:01 GMT) scan diff

i e gesprochen hatten, ergriff der Minister 6 . Der Gedanke der Vorlage habe, so etwa äußerte er sich, durchaus nicht in der Arbeiter⸗ bewegung seinen Grund, wenn diese auch zu seiner Festigung beigetragen habe. Es feien mehrere vorgekommene größere Unglücksfälle, welche den Gedanken an die Unfallversicherung hervorgexufen hätten. Größere Bedeutung habe er erlangt, als verschiedene bedeutende Fabrikanten von selbst begonnen hätten, ihre Arbeiter zu versichern, und als der Staat seinen kinternehmmern eine gleiche Pflicht auferlegt habe, Das Modell zu der Vorlage stamme aus Deutschland her, weiter aber auch nichts. Kein privater Arbeitgeber könne sich den Verpflichtungen des Gesetzes entziehen, selbst wenn er auch sonst noch seine Arbeiter bei privaten Gesellschaften versichert habe. Sicher sei, daß die Vorlage, wenn sie Gesetzeskraft erlange, ihren Nutzen im Leben thun und vielen Gesinnungsgenossen des Abg. Holm zu Gute kommen werde. Eine Einwirkung auf den Arbeits⸗ kohn sei nicht zu befürchten, und was die Unterstützungssätze angehe, so könnten diese bis zu zwei Drittel des Arbeits⸗ verdienstes steigen oder ebenso viel, wie der Staat seinen Beamten an Pension gewähre. Abg. Scharling wünschte dringend, daß die Vorlage, die im Landsthing eingehend be⸗ rathen worden sei, vom Folkething mit Resignation ange⸗ nommen werde. Die Entwickelung der Großindustrie habe eine erweiterte Verantwortlichkeit der Arbeitgeber nothwendig gemacht. Die Vorlage wurde schließlich in erster Lesung an— genommen und an einen Ausschuß verwiesen. .

m Landsthing wurde gestern die Debatte über das Schuülreformgesetz mit großer Lebhaftigkeit fortgesetzt. Bischof Siyhr trat mit Entschiedenheit für die Beibehaltung des griechischen Unterrichts ein, und erklärte: es würde eine Kühnheit sein, diesen Unterricht aufzugeben, wenn man in anderen Ländern noch nicht wage, einen solchen Schritt zu thun. Er forderte auch eine Erweiterung des Religions⸗ Unterrichts, worin nichts Unbilliges liege, so lange die Schulen vom Staat unterhalten würden, in welchem die christliche Religion die Staatsreligion sei. Die Abgg. Bjerre und Prof. Goos äußerten sich erfreut darüber, daß in der Vorlage der griechische Unterricht belassen worden, während Octavius Hansen nicht einsehen zu können meinte, daß das Griechische eine größere Geistesbildung als die lebenden Sprgchen geben solle. Kultus⸗Minister Scavenius versuchte schließlich alle Einwendungen zu widerlegen; aber er wisse, daß die Gegen⸗ sätze noch zu scharf seien, um schon jetzt eine Reform der höheren Schulen durchführen zu können. Der Gesetzentwurf wurde schließlich zur zweiten Lesung zugelassen und an einen aus 7 Mitgliedern bestehenden Ausschuß verwiesen.

Amerika. . Vereinigte Staaten. In dem Augenblick, wo eine Erhebung der Indianer bevorsteht, dürften einige Auszüge, welche die „A. C.“ aus dem neuesten Bericht des Kommissärs für Indianer⸗Angelegenheiten an den Minister des Innern in Washington giebt, nicht ohne Interesse sein. Diesem Be⸗

Wetterbericht vom 27. November, Morgens 8 Uhr.

ü 40R

Wagner.

Wind. Wetter.

Stationen.

in d Celsiuz

Bar. auf 0 Gr. t. d. Meeressp red. in Millim.

Temperatur

wolkenlos halb bed. heiter

Mullaghmore 768 Aberdeen .. Christiansund 766

22 - Ihe

W. Taubert. Tanz von C. Graeb. In Seene gesetzt vom Direktor Dr. Otto Devrient. Direktion: Herr Steinmann. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Opernhaus. 242 Vorstellung. Lohen ˖ grin. Romantische Oper in 3 Akten von Richard Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. quis von Robillard. von Heinrich Münden.

Sonntag, den 30. November, Mittags 12 Uhr: Matinse des engagirten Königl. Opern Chor-Per⸗ sonals, unter gefälliger Mitwirkung des Königlich

richt zufolge scheint es der feste Entschluß der Regierung zu sein, die Reservationen aufzulösen, die Beziehungen zwischen den verschiedenen Stämmen zu untergraben, die Indianer auf ihren eigenen Heimstätten anzusiedeln, sie der Nation einzuverleiben und mit ihnen im Allgemeinen als individuelle Bürger, nicht als Nationen oder Stämme zu verfahren. Der amerikanische Indianer soll der indianische Amerikaner werden.“ Es soöllen Schulen errichtet werden, in welchen jeder Indianerknabe eine englische Erziehung erhalten und in den Stand gesetzt werden soll, einen ehrlichen Lebensberuf zu wählen. Die Indianer, so heißt es, verstehen diese Politik und passen sich derselben bereitwillig an. Gegenwärtig befinden sich 133 Indianer-Reservationen in den Vereinigten Staaten, die einen Gesammtflächenraum von 106 Millionen Morgen oder 101 259 Quadratmeilen bedecken. Im vorigen Jahre traten die Indianer 13 Millionen Morgen Landes an die Regierung der Vereinigten Staaten ab.

Die Bundesregierung hat eine Depesche aus Pi ne Ridge erhalten, welcher zufolge der friedliche Theil der dorti⸗ gen Indianer auf die Agentur kommt, um sich Lebensmittel verabfolgen zu lassen, während die rebellisch Gesinnten zaudern, da sie sich vor dem Militär fürchten. In Pine Ridge ist das Personal der Indianer Polizei um hundert Mann vermehrt worden. Einem Telegramm des „Bureau Reuter“ aus Chicago zufolge hat ein Beamter in Los Angelos erklärt, daß der sog. „Messias“ der Indianer John Johnson heiße. Derselbe gehöre dem Stamm der Pah Utes an, sei eine Art Missionar und auch als Friedens⸗ stifter bekannt. Der Beamte sagt, daß Johnson ihm im letzten Frühjahre mitgetheilt, er habe an vielen Orten den Indianern die Botschaft von, der Mission Christi, auf Erden verkündigi. Wahrscheinlich sei hierdurch der Glaube an die Ankunft des Messias unter den Indianern entstanden. Die Vertheilung der Rationen sei auf der Rosebud⸗Agentur ruhig vorüber gegangen. Es dürfte auch zu keinen Konflikten mehr dort kommen, wenn nicht das Militär die Fanatiker, welche das Vieh der Agentur geraubt haben, verhafte. Bis jetzt sei dies die einzige Ausschreitung gewesen.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Subkommission der Arbeiterschutzkommission des Reichstages trat heute Vormittag zusammen; sie besteht aus den Hrrn. Hr. Hartmann (kons.),. Freiherr von Stumm (freikons), Dr. Böttcher (natlb., Gutfleisch freisinnig und Hitze (Centr. ) Außerdem wohnten der Sitzung viele Vertreter der verbündeten Regierungen. wie Handels- Minister Berlepsch, Geheimer Ober-Regierungs Rath Lohmann, Regie rungs⸗ Rath Wilhelmi u. A. bei. Die Subkommission verfolgt die Aufgabe, die Beschlüsse erster Lesung in eine greifbare Gestalt für die zweite Lesung zu kleiden und Kompromißanträge zu formu—⸗ liren. Die Kommission selbst wird am 1. Dezember zusammentreten.

Mufikalische Felix Schweighofer.

Schöller. Posse

5. Male: In Hemdsärmeln.

2b3*. Vorstellung. Der Mar- von A. Günther

Lustspiel in 4 Aufzügen

Anfang 7 Uhr. Victoria - Theater.

Freiherr von

Wallner -⸗Theater. Freitag: Gastspiel von Zum 52. Male: Pension ; in 3 Akten nach einer W. Jacoby'schen Idee von Carl Laufs. Schwank in 1 Akt Anfang 7 Uhr. Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.

Wegen Erkrankung des

Direktors Emil Litaschy findet die erste Aufführung ers. von Die sieben Raben Sonntag statt. Deeann ( Renß,

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Königsberg i. Pr., 27. November. (W. T. B.) Nach einer Bekanntmachun der Kaufmannschaft an der Börse ist die Tir fa ht geschlossen. Der Dampfer „Deutscher Kaiser“, welcher gestern hier aus⸗ gelaufen ist, kam durch Treibeis aus der Fahrstraße und

erieth im Haff auf Grund, wo er festsitzt. Die Temperatur

ker nr heute 18 Grad unter Null. Der Pegel hat 4 Zoll dickes Eis. Im Krankenhause „Barmherzigkeit“ hat Ober⸗ Stabsarzt Bobrick die Impfungen mit dem Koch'schen Heilmittel begonnen. J

Erfurt, 27. November. (W. T. B. J. Das hiesige Be⸗ triebsamt macht bekannt: die Strecke Dietzhausen Rohr Grimmenthal ist wieder fahrbar, die Züge verkehren nun⸗ mehr wieder fahrplanmäßig. .

Köln, 27. November. (W. T. B.) Der Rhein ist hier immer noch, wenn auch langsam, im Steigen. In voriger Nacht stieg derselbe um O08 m. Der Morgenpegel zeigte 6, 98 m.

Speyer, 27. November. (W. T. B.) Durch das Hoch⸗ wasser des Rheins wurden die Arbeiten zur Stromregulirung unterbrochen und theilweise zerstört. Der Rhein ist hier noch im Steigen.

Dresden, 27. November. (B. T. B.). Seit heute bi 4 Uhr ist das Wasser im Fallen und jede Gefahr

eseitigt.

3 27. November. (W. T. B.) Der Bahnverkehr ist auf der Saale-Eisenbahn mit Ausnahme der Strecken Jena = Orlamünde und Schwarza - Uhlstädt unterbrochen.

Detmold, 27. November. (W. T. B.) Se. Durch⸗ laucht der Prinz Adolf zu Schgumburg-Lippe mit Gemahlin, Ihrer Königlichen Hoheit der Prin⸗ zessin Victorias von Preußen, trafen heute Vor⸗ mittag 11 Uhr zum Besuche des Fürstlichen Hofes hier ein. Der Fürst und die Fürstin empfingen und 66 das hohe Paar aufs Herzlichste. Zum Empfange waren ferner anwesend der preußische Gesandte in Oldenburg, Graf von der Goltz, die Fürstlichen Hofchargen, Kabinets-⸗Minister von Wolffgramm, der Commandeur des 6. Westfälischen Infanterie⸗ Regiments (Graf Bülow von Dennewitz) Nr. 55 Oberst von Meer⸗ scheidtHüllessem, der Bürgermeister u. A. Das zahlreich ver⸗ sammelte Publikum begrüßte das hohe Paar durch Hochrufe. Nachdem der Fürst die Prinzessin Victoria zum Wagen ge—⸗ leitet hatte, erfolgte die Fahrt durch die reich mit Flaggen ge⸗ schmückte Stadt zum Schlosse, auf dem die preußische Fahne wehte. Heute Abend findet im Schlosse Galadiner und sodann die Rückkehr der Neuvermählten nach Bückeburg statt.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten, Zweiten und Dritten Beilage.)

Circus Renz. (Carlstraße) Freitag, Abends

7 Uhr: Große Komiker⸗Vorstellung. Auftreten der Clowns: C. Gödlewsky, 3 Gebr. Briatore, Gebr. Walton. Gebr. Dianta und Warne, Herrmann Paul und William, Francois 2c. in ihren komischen gymnastischen, akrobatischen und musikalischen Entrées und Intermezzos. Außerdem: Eine Wiener Damen kapelle. Mr. J. F. Clarke, phänomenaler Reit⸗ künstler. Der berühmte Luftgymnastiker Mr. Rod-⸗

Blumenpferd Ifagar, vorgef. von Frl. Beautiful, hierauf Sophus, geritten von Frl. Clotilde Hager. Auftreten der Damen

Vorher: Zum

bedeckt heiter bedeckt halb bed. bedeckt

Kopenhagen. 768 Stockholm. II3 Haparanda . 1.60 St. Petersb. I.68 768

N eœaʒ— ——

Moskan... Tort᷑ Gueeng 66 Cherbourg. 7.61 . 676163 ü amburg .. 1.65 winemünde 1767 Neufahrwasser 770 Memel 775

w 66

tünster . 1762 Karlsruhe. 759 Wiesbaden. I.60 München.. 756 Chemnitz.. 1763 Berlin.. I165 Wien... I763 Breslau... I]64

Ile d ix .. JIS NS Rinn, e wolkig 4 Triest ... 751 ORO bedeckt 0

Uebersicht der Witterung.

Auf der Nordhälfte Europas ist das Barometer kishen und die Temperatur gestiegen, auf der Süd⸗ älfte ist das Barometer gestiegen und die Tempe⸗ ratur meist gesunken. Das barometrische Maximum hat sich mit etwas abnehmender Höhe südwärts fort⸗ gepflanzt und erstreckt sich von Südskandinavien süd⸗ ostwärts nach dem südlichen Rußland. Bel durch= schnittlich mäßiger östlicher Luftströmung ist das Wetter in Deutschland trübe und ungewöhnlich kalt, vielfach haben leichte Schneefälle stattgefunden. Die Temperatur liegt daselbst 7 bis 18 Grad unter dem Gefrierpunkt und 8 bis 18 Grad unter dem Mittel werth. Auch in Frankreich und meist auch auf den britischen Inseln herrscht Frostwetter. Eine wesent⸗ liche Aenderung des Wetters dürfte demnächst noch

nicht zu erwarten sein. Deutsche Seewarte. i

heiter Schnee halb bed. Schnee Dunst —13 bedeckt —12 wolkenlos —13 wolkenlos 15

halb bed. 6 heiter —11 bedeckt —10 bedeckt —9 bedeckt —9 heiter —16 bedeckt —12 wolkenlos 12 eden =

heiter —4

————— NN —— N N 2

2

Theater⸗Anzeigen.

Nönigliche Schauspiele. Freitag: Opern-

, 241, Vorstellung. Der fliegende Holländer.

omantische Oper in 3 Akten von Richard

Wagner. In Scene gesetzt vom Ober-Regisfeur

, , Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang .

Schauspiel haus. 261. Vorstellung. Der Sturm.

württemberg. Hofschauspielers Hrn. August Junker⸗ mann, der Königl. Sängerinnen Fr. Herzog und Frl. Hiedler, der Königlichen Schauspielerin Frl. Meyer, des Königl. sächsischen Kammersängers Hrn. Bulß, des Königl. preußischen Kammersängers Hrn. Krolop, des Königl. Sängers Hrn. Rothmühl, des Königl. Schauspielers Hrn. Grube, des Königl. Concertmeisters Hrn. de Ahna und der Königlichen Kapelle. Direktion: Königl. Kapellmeister Hr. Wegener, OberRegisseur der Königl. Oper Hr. Tetzlaff und Königl. Chordirektor Hr. Graefen. Zum Schluß der Matinée: Die Glocke. (Frl. Meyer, Hr. Grube.) Preise der Plätze: Fremden⸗ Loge 10 S, Orchester⸗Loge 9 4 2c.

Die auf Meldungen reservirten Billets müssen am Freitag, den 28. November, Vormittags von 10—1 Uhr, gegen ein Aufgeld von 50 4 vom Kassenflur des Königl. Opernhauses, Thür Nr. 3, abgeholt werden.

Der Verkauf aller übrigen Billets findet eben⸗ daselbst, und zwar am Sonnabend, den 29. November, Vormittags von 11— Uhr, und am Sonntag, den 30. November, von 11 Uhr ab, statt. ;

Den Inhabern von permanent reservirten Plätzen, owie den Abonnenten bleiben ihre Billets reservirt, obald sie dies ebenfalls durch Einwerfen einer

eldekarte in den Briefkasten des Königl. Opern⸗ hauses erklärt haben, und müssen dieselben auf Grund dieser Meldekarten dann auch am Freitag, den 28. November, Vormittags von 10—1 Uhr (mit 50 Aufgeld), an oben genannter Stelle gegen Vor⸗ keigung der letzten Abonnementsquittung abgeholt werden.

Die Billets tragen die Bezeichnung, Reserve⸗Satz mit dem Datumstempel“.

Deutsches Theater. Julia.

Sonnabend: Mein Leopold.

Sonntag: Das verlorene Paradies.

Montag: Fauft, JI. Theil.

Mittwoch: Faust's Tod.

Freitag: Romeo und

Berliner Theater. Freitag: 13. Abonnements⸗

Vorstellung. Das Schweigegeld.

Sonnabend: Kean.

Sonntag: Nachm. 23 Uhr: Die Inngfrau von Orleans.

Abends 73 Uhr: Die Journalisten.

Tessing - Theater. Freitag: Der Fall Cls⸗ mencean. Schauspiel in 5H Akten von A. Dumas und A. d' Artois. Anfang 7 Uhr.

Sonnabend: Zum ersten Male: Raskolnikow. Schauspiel in 4 Akten. Nach F. M. Dostolewski von Eugen Zabel und Ernst Koppel.

Zauber⸗Komödie in 5 Aufzügen von Shaft ; Nach A. W. v. Schlegel z llebersetzung. ber,

Sonntag: Raskolnikom.

Friedrich Wilhelmstãdtisches Theater. Direktion: Julius Fritzsche. Freitag: Zum 21. Male: Der Königsgardist. Operette in 2 Akten von W. S. Gilbert, umgearbeitet von F. Zell und R. Gense. Musik von Arthur Sullivan. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Hr. Kapellmeister Federmann. Hierauf: Mit durchaus neuer Ausstattung: Zum 21. Male: Sonne und Erde. Pantomimisches Ballet in 4 Bildern von F. Gaul und J. Haßreiter. Musik von J. Bayer. Ballet Arrangement vom Balletmeister J. Gundlach. Anfang 7 Uhr.

Sonnabend: Dieselbe Vorstellung. ;

Sonntag: Nachmittags Vorstellung. Bei bedeutend ermäßigten Preisen. Die Puppen fee. Hierauf: Die Jagd. .

Nesidenz - Theater. Direktion: Sigmund Lauten burg. Freitag: Zum 7. Male: Der Kampf ums Dasein. La lutte pour la vie,) Sittenbild in 5 Akten von Alphonse Daudet. Deutsch von Eugen Zabel. Anfang 75 Uhr.

Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.

Belle Alliance Theater. Freitag: Ensemble⸗ Gastspiel von Mitgliedern des Wallner-heaters. Mamsell Nitouche. Vaudeville in 3 Akten und 4 Bildern von H. Meilhae und A. Millaud. Deutsch gn 3 Gense. Musik von M. Hervs. Anfang

r. Sonnabend und Sonntag: Mamsell Nitouche.

(Eetzte Sonntags · Aufführung) -

Montag: Einer von uns're Leut'.

Adolph Ernst⸗Theater. Freitag: Zum 83. Male: Unsere Don Inaus. Gesangsposse in 4 Akten von Leon Treptow. Couplets von Gustav Sorß. Mustk von Franz Roth und Adolph Ferron. Anfang 74 Uhr.

Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.

Thomas-Theater. Alte. Jakobstraße 30. Direktion: E. Thomas. Freitag:; Der Sol—⸗ datenfreund. Schwank in 5 Akten von G. v. Mofer und Otto Girndt. Anfang 74 Uhr.

Sonnabend und folgende Tage: Der Soldaten⸗ freund.

Frl. Adele und Mm. Bradbury, sowie der Reit- künstler Mrs. Fillis und Henry. ‚Deutsche Turner“. Große nationale Original- Pantomime ꝛe. Sonnabend: „Im dunklen Erdtheil.“ Sonntag: 2 Vorstellungen, um 3 und 75 Uhr.

11 Familien⸗Nachrichten.

Verlobt Frl. Emma Homann mit Hrn. Ingenieur August Ohlmes (Celle=- Hamburg). Frl. Klara Kramer mit Hrn. Wilhelm Aembrecht (Bevern Hannover) Frl. Jenny Ernestus mit Hrn. Fritz Zillessen (Barmen). Frl. Thea Heyland mit Hrn. Lieut. Hans von Donop (Saljwedel). Frl. Aliee Lipke mit Hrn. Ingenieur Eduard Ghritzmann (Berlin). Frl. Lily Innigo mit Hrn. Jules Bellet (Hannover Lausanne),

Verehelicht: Hr. Kgl. Reg. Baumeister Gustav Elbel mit Frl. Elisabeth Lademann (Cbarlotten-⸗ burg.) Hr. Edmund Clausen mit Frl. Amanda Feldmann (Buenos Aires)]. Hr. Ottomar Walther mit Frl. Helene Geoschopp (Tresden). . Hr. Pastor vie Theodor Brecke mit Fr.. Clisabeth Mammen (Esens i. Ostfriesland). Hr; Emanuel Aregar Olshausen mit Frl. Elisa—⸗ beth von Hippel (Massel b. Trebnitz).

Geboren: Ein Sohn! Hrn. Landrath Adametz SOsterode)ẽꝰ Hrn. Regierungsrath Dr. Otto Romeiß (Hamburg).: Hrn. Prof. Stenger (Berlin) Hrn. Anders (Cüben). Hrn. Ludwig Decken (Berlin). Eine Tochter: Hrn. Regierungsrath Dr. Bredow (Breslau). Hrn. von Schuckmann (Charlottenburg) Hrn. Max Illing (Chemnitz). Hrn. Hans Landefeld (Hannover).

Gestorben;:; Hr. Geh. Kommerzienrath Albert Hardt (Mülheim a. Rhein). Hr. Prof. Dr. Wilhelm Henneberg (Göttingen). Frau Reg.“ Baumeister Helene Voß, geb. Höpke (Berlin). Hr. Lehrer emer. W. Münchmeyer (Hoya). Hr. Anton Guizetti (Goslar). Hr. Oberst a. D. Wilh. Heinr., Otto von Lentz (Dresden). Hr. Karl Fromholz (Berlin). Hr. Friedrich Pil⸗ gram (Monheim). Hrn. H. Noelte Sohn Her⸗ mann (Berlin).

Coneert⸗Anzeigen.

Concert haus. Freitag: Carl. Meyder⸗ Concert. III. Wagner Abend.

Arania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes ⸗Aucsstellungs Park (Lehrter Bahnhof) Geöffnet von 12— 11 Uhr. Täglich Vorstellung im n enen Theater. Näheres die Anschlag⸗ zettel.

Redacteur: Dr. H. Klee. Berlin: Verlag der Expedition (Scholz. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlaqu⸗= Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32. Sieben Beilagen

(einschließlich Börsen Beilage).

M 286.

Erste Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Donnerstag, den 27. November

1890.

. Haus der Abgeordneten. 2 S8. Sitzung vom 26. November 1890

Der Sitzung wohnen bei der Minister für Hand d Freiherr e nm, und der J,

Präsident von Köller eröffnet die Sitzung, indem er das nach— stehende Dankschreiben Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich zur Kenntniß des Hauses bringt:

Das Präsidium des Hauses der Abgeordneten hat Mir Namens des letzteren zur Vermählung Meiner Tochter, der Prinzessin Victoria, mit dem Prinzen Adolf zu Schaumburg Lippe in freundlicher Weise seine Glückwünsche dargebracht. Hierfür Meinen herzlichen Dank aus— zusprechen, ist Mir ein aufrichtiges Bedürfniß.

Berlin, den 24. November 1890.

, --..

Vietoria, Kaiserin, Königin.“

Auf der Tagesordnung steht die erste Berathung des Gewerbe⸗ steuer gesetzes.

Finanz⸗Minister Dr. M isquel:

Ich bitte das hohe Haus, mir zur Einleitung noch einige weitere Erläuterungen zu gestatten, als in den ausführlichen Begründungen, auf die ich mich wohl im Allgemeinen beziehen kann, enthalten sind. Die Gründe, welche die Staatsregierung bewogen haben, gleichzeitig mit der Reform der Personalsteuern auch diesen Gesetzentwurf zur Reform der Gewerbesteuer vorzulegen, welcher aus dem innern Zu— sammenhange der ganzen Steuerreform hervorgegangen, sind schon früher ausführlich sowohl in der Begründung zum Einkommensteuer⸗ gesetz wie in meinen Ausführungen gegeben. Ich werde darauf gegen wärtig nicht wieder zurückkommen. Wenn die Herren sich den vor— liegenden Entwurf ansehen, so werden sie finden, daß derselbe nicht bloß einen innerlichen Zusammenhang mit der Reform der Personalsteuer hat, sondern im Wesent— lichen nur ausführbar wird durch diese Reform der Personalsteuern, namentlich durch das Prinzip der Deklaration.

Aber es lag im vorliegenden Falle auch noch ein anderer ent—⸗ scheidender Grund vor, mit der Reform der Gewerbesteuer nicht länger zu warten. Meine Herren, ich brauche den Satz, den ich jetzt aussprechen werde, Ihnen nicht weiter zu begründen; während es sich in der Reform der Einkommensteuer wesentlich darum handelt, eine gleichmäßige Veranlagung der Steuerpflichtigen dadurch herbei⸗ zuführen, daß nicht die Ueberlasteten entlastet, sondern diejenigen, die ihr Einkommen nicht vollständig versteuern, herangezogen werden, handelt es sich bei der Gewerbesteuer im Wesentlichen und in den Resultaten hauptsächlich darum, daß Gewerbetreibende und Klassen derselben, welche bisher in einer unverhältnißmäßigen Weise überlastet waren, nunmehr erleichtert werden (sehr richtiz ), und daß diese Reform durchgeführt werden soll ge— wissermaßen innerhalb des Kreises der Gewerbesteuerpflichtigen, indem man die zu wenig Belasteten und unverhältnißmäßig Begünstigten nicht überlastet, sondern nur in angemessener Weise heranzieht.

Meine Herren, ich glaube, bezüglich keiner Steuer ist die Reform⸗ bedürftigkeit in der gesammten Bevölkerung allgemeiner anerkannt als bezüglich der Gewerbesteuer, und ich kann mich in dieser Beziehung auf die verschiedensten Erklärungen und Verhandlungen, namentlich auch in diesem Hause, berufen. Die Staatsregierung hat sich also entschließen müssen, das gewiß schwere Werk der Reform der Ge⸗ werbesteuer denn in technischer Beziehung ist dieser Gesetzentwurf nach unserer Ueberzeugung der schwierigste ohne Verzug in die Hand zu nehmen und nicht auf ein weiteres Stadium der Steuerreform zu verschieben. Nachdem im Ministerium Uebereinstimmung erzielt war über die dabei im Wesentlichen zu Grunde zu legenden Grundzüge, haben wir geglaubt, diese Grundzüge vergleichen zu müssen mit der Wirklichkeit, und sind sofort dazu übergegangen, in der ganzen Monarchie, in den verschiedensten örtlichen Abtheilungen, in Stadt und Land Probe- veranlagungen zu machen aus zwei Gründen. Einmal wollten wir durch diese Probeveranlagungen uns klarer darüber werden, wie sich nach dem Gesetzentwurf das gesammte Soll⸗Aufkommen gegen das

bisherige Soll⸗Aufkommen stellen würde.

Sodann wollten wir aber die Wirkung dieser neuen Grundlagen erkennen in Betreff der Belastung der einzelnen Klassen der Gewerbe⸗ treibenden. Ich war mir von vornherein darüber klar, daß auf diese Weise, noch bevor der Entwurf definitiv im Staats⸗Ministerium festgestellt war, diese Grundgedanken der Staatsregierung in die Ocffentlichkeit kommen würden; ich habe das aber gar nicht gescheut, weil ich vom ersten Anfang an von der Ueberzeugung ausgegangen bin, daß eine solche durchgreifende Reform, eine Inangriffnahme des Systems anderweiter Lastenvertheilung in der direkten Besteuerung, wenn ich so sagen darf, nicht vom grünen Tisch aus dem Lande auferlegt werden können, sondern daß die erste Garantie der Durchführung dieser Reform, die alle Klassen und alle Personen trifft, nur gefunden werden könne in der selbständigen, überzeugten Mitwirkung der gesammten Bevöl⸗ ker ung.

Meine Herren, ich glaube, in dieser Frage haben wir dies in vollem Maße erreicht, und ich fühle mich besonders veranlaßt, da wir in der ganzen Monarchie, wo wir auch solche Probeveranlagungen ge— macht haben, auf die freundlichste und eifrigste Mitwirkung in freiwil⸗ liger Weise Seitens der Vorstände der einzelnen Steuergesellschaften mit einer einzigen Berliner Ausnahme gestoßen sind, diesen Männern meinen Dank hier auszusprechen. Dadurch allein ist es gelungen, zu einem einigermaßen sicheren Resultat zu kommen.

Meine Herren, Sie können sich vorstellen, daß, wenn derartige Steuerfragen in Angriff genommen und der allgemeinen Diskussion unterworfen werden, gewiß der Finanz ⸗Minister am Meisten mit Be— schwerden, Eingaben, Wünschen und Rathschlägen, mit Projekten aller Art angegangen wird. Ich kann versichern, daß, während wir aus den Klassen der Gewerbetreibenden eine sehr große Anzahl von Zu⸗ stimmungen gerade derjenigen, die mit der Probeveranlagung sich beschäftigten, erhalten haben, wir keine einzige entgegengesetzte Aeußerung hörten, selbst nicht aus der Klasse der Großbetriebe, die

doch im Verfolg stärker herangezogen werden als bisher. Daraus darf ich wohl konkludiren, daß man das Werk, wie es hier vorliegt, von Einzelheiten abgesehen, im Lande im Ganzen für ein gerechtes Werk hält.

Ich sagte schon, die Grundzüge aufzustellen war nicht leicht. Man war darüber bald einig, was bei der bisherigen Gewerbesteuer fehlte und wodurch die ungleiche Vertheilung der Belastung der Ge— werbebetriebe herbeigeführt worden sei. Es konnte nicht dem geringsten Zweifel unterliegen, daß die auf dem Gesetz vom 30. Mai 1820 beruhende Eintheilung nach Betriebsarten und örtlicher Belegenhei t gegenüber der heutigen Entwickelung in dem gewerblichen Wesen völlig unhaltbar geworden war. Es kam also darauf an, in dieser Beziehung Wandel zu schaffen und eine andere Grundlage zu finden. In den Motiven ist Ihnen ausführlich, und ich glaube überzeugend, dargelegt, daß der Vorgang anderer Staaten, sowohl außerdeutscher als deutscher Staaten, welche die Annäherung an die Umlegung nach dem Betriebsertrag finden in äußeren Merkmalen und einem höchst künstlichen Klassifikationssystem, nicht nachahmungswerth ist, nament— lich für uns in Preußen. Andererseits wurde uns auch bald klar, daß in diesem damals so außerordentlich guten, vortrefflichen Gesetz, kann man sagen, vom 30. Mai 1820 eine Reihe von Vorschriften vor handen ist, die sich durch ihren inneren Werth so eingebürgert haben, daß es erwünscht war, sie auch in die neue Reform mit hinüber⸗ zunehmen. So mußte denn von selbst der Entwurf sich stellen auf den Grundsatz der Umlegung der Gewerbesteuer nach Maßgabe des Betriebsertrags.

Als wir diese Grundlage angenommen hatten, mußten wir uns bald sagen, daß sie nicht die einzige sein könne, daß daneben, wenn man andererseits wieder neue und große Ungleich⸗ heiten vermeiden wolle, das Anlage⸗ und Betriebskapital in zweiter Linie entscheidend sein müßte. Auf dieser Basis beruht der ganze Entwurf.

Meine Herren, die Gewerbesteuer wissenschaftlich ganz rationell zu konstruiren in dem System der allgemeinen Staatssteuern ist fast unausführbar. (Sehr richtig!)

Sie werben finden, daß eine Menge Kompromisse im Interesse der praktischen Gerechtigkeit gegenüber solchen Grundsätzen, wie ich sie bezeichnet habe, ganz unvermeidlich sind. Es liegt dies in der Natur dieser Objektsteuern, meine Herren. Ich betrachte daher ich spreche dies ganz offen aus, ich habe es aber auch schon früher gesagt diese Regelung der Gewerbesteuer, wie wir sie jetzt wegen ihrer Dringlichkeit an sich vornehmen im Zusammenhang mit der Einkommensteuer, vielleicht nicht als eine definitive. Wenn wir dazu übergehen, die Konse—⸗ quenzen dieser Reform der Staatssteuern auf das Kommunal⸗ steuergebiet auszudehnen, wenn wir dazu übergehen eine Frage, die wir gegenwärtig ob gern, oder ungern nothwendig noch ungelöst lassen müssen die Frage der verschiedenen Heranziehung des fundirten und nicht fundirten Einkommens zu lösen, dann werden wahrscheinlich er⸗ hebliche Modifikationen in der jetzigen Vorlage unentbehrlich sein. (Hört! hört! rechts) Eine Gewerbesteuer, wie wir sie hier konstruiren und konstruiren müssen, würde sich nach meiner Meinung absolut nicht ungeändert auch als eine Kommunalsteuer Tonstruiren lassen; darüber kann gar kein Zweifel sein. Dann wird der Charakter einer reinen Realsteuer, wie die gegenwärtige Steuer ihn nicht hat, in ganz andere r Weise in den Vordergrund treten müssen; dann wird es sich nicht wesentlich um einzelne Gewerbebetriebe handeln, sondern dann wird die Frage gelöst werden müssen: wie soll in der Kommunalbesteuerung die gewerbliche Anlage behandelt werden? Aber wir sind immer dabon ausgegangen: einmal, daß diese vorliegende Reform auf einen solchen ungewissen Zeitpunkt nicht verschoben werden darf sodann werden Sie auch, wenn Sie genau zusehen, finden, daß diese Reform nicht allein ein Hinderniß gegen die angedeutete Weiterentwickelung nicht ist, sondern im Gegentheil eine erhebliche Erleichterung einer solchen Weiterentwickelung gewähren wird, und daß wir hier nur einen Schritt thun, weil wir nur einen thun können, uns keineswegs verschließend vor der demnächstigen Möglichkeit ja Nothwendigkeit, einen zweiten Schritt zu thun.

Meine Herren, ich sagte schon, wir haben den Betriebsertrag zu Grunde gelegt, Auf welcher Anschauung beruht das? Diese St euer kann ja nur gerechtfertigt werden von dem Gesichtspunkt aus, daß der Betrieb, das gewerbliche Unternehmen, das Geschäft einen selbst⸗ ständigen sogar vererblichen Werth hat. Und das läßt sich ja auch nicht leugnen: dieser, ich möchte sagen, selbständige Werth des ge⸗ werblichen Unternehmens, welches nicht mit dem augenblicklichen Leiter und Führer stirbt, sein Leben überdauert, soll in Wahrheit in der Gewerbesteuer im Wesentlichen getroffen werden.

Konsequent durchgeführt würde das allerdings nur so lange werden können, bis diese Gewerbesteuer ihren richtigen, vorhin bezeichneten Platz gefunden hat. Daraus ergiebt sich aber von selbst, daß die Großbetriebe, deren innerer selbständiger Betriebswerth im großen Ganzen mit der Ausdehnung und Größe wächst im Verhältniß zu den kleinen Betrieben, mindestens in demselben Betrage herangezogen werden müssen wie bisher die kleinen Betriebe. Geht man von den kleinen Betrieben immer weiter nach unten zu den noch kleineren Betrieben, so stößt man schließlich auf eine Grenze, wo ein eigentlicher Betriebswerth gar nicht mehr vorhanden ist, wo der ganze Ertrag in der persönlichen Thätigkeit des Gewerbetreibend en liegt, also der gewerbliche Gewinn als solcher mehr oder minder ver— schwindet und den Bezügen eines gut besoldeten unselbstständigen Arbeiters sich annähert.

Nach diesen Grundsätzen haben wir die Grenze von 1500 S aufgestellt. Nun gebe ich zu, daß eine solche Zahlengrenze imm er mehr oder weniger willkürlich ist, wir haben aber gerade aus den Probeveranlagungen ersehen, daß sie im Ganzen richtig getroffen ist. Ich bestreite von vornherein nicht, daß diese Grenze nicht überall gleich= mäßig wirkt. Sie wird im Ganzen auf dem Lande in kleinen gewerblichen Betrieben vielleicht stärker wirken wie in den Städten, sie wird im Verhältniß zu den verschiedenen Theilen der Monarchie nach Maßgabe

des Geldwerthes verschieden wirken, das läßt sich aber bei einer ein heitlichen Gesetzgebung überhaupt nicht vermeiden. Bei den ver⸗ schiedenen Gutachten, die wir über die Grundzüge eingezogen haben von hervorragenden Theoretikern und Praktikern, befindet sich auch der Vorschlag, eine variable Grenze zu machen im Anschluß an eine Verdoppelung oder Verdreifachung des Verdienstes des geringst gelohnten Tagelöhners nach Maßgabe der Unfallversicherung. Wir haben uns aber sehr bald überzeugt, daß das ganz unausführbar ist, denn die Grenze würde nicht blos ein für alle Male variabel sein in Bezug auf die einzelnen Landestheile untereinander, sondern auch variabel bleiben, sich fortwährend verändern, das würde eine innere unmögliche praktische Verwicklung in die Sache bringen, sodaß es nicht ausführbar ist.

Aber diesen Mangel hat ja nicht bloß die Gewerbesteuer= befreiungsgrenze, sondern er findet sich ebenfalls bei der Freilassung der beiden untersten Stusen der Klassensteuer. Sie hat in den ver— schiedenen Theilen der Monarchie auch verschieden gewirkt; man kann das nicht ändern und muß eben mit dem Durchschnitt rechnen.

Ich glaube, es hat sich herausgestellt, daß durch diese Befreiung im großen Ganzen diejenigen Gewerbetreibenden befreit werden, bei denen der Betrieb als solcher keinen Werth hat, nicht vererblich ist, so zusagen mit dem kleinen Schuhmacher oder Schneider stirbt, wo also die persönliche Arbeit die Hauptsache bildet und aller andere Gewinn nur Nebensache sein kann. Infolge⸗ dessen haben wir das erfreuliche Resultat erreicht, daß nicht weniger als ein Drittel aller Gewerbetreibenden durch diese Grenze frei wird, und ich glaube, das ist ein Akt der ausgleichen den Gerechtigkeit. Aber auch weiter hinauf ich beziehe mich auf die Zahlen, die in den Motiven enthalten sind wird die Gesammt⸗ entlastung in Zukunft sich an diese vorbezeichneten Grundsätze an—⸗ schließen bis zur Klasse A II. Hier werden noch erhebliche Entlastungen sein, die ja auf die bisherige Klasse B, auf die Klasse der Handwerker in H und auf die Klasse K sehr erhebliche Prozente ausmachen; und nur in der allerobersten Klasse, die bisher so gering besteuert war, da werden Mehrbelastungen stattfinden. Diese Mehrbelastungen werden vielleicht nach den gegenwärtigen Sätzen ausreichen, die Entlastungen zu decken, indem wir von vornherein davon ausgegangen sind, wie in den übrigen Gesetzen, Mehreinnahmen aus der neuen Veranlagung für den Staat nicht zu beanspruchen. Ich sage: vielleicht. Allerdings haben die Probeveranlagungen, die noch immer weiter geführt werden, in dieser Beziehung manche Bedenken herbeigeführt, und man wird in der Kommission, wo ich mir gestatten werde, die Resultate der Probeveranlagungen übersichtlich vorzulegen, diese Frage ja noch genauer prüfen können.

Namentlich will ich hier gegenüber einer früheren Bemerkung des Hrn. Abg. Richter einschalten, daß die fortgesetzten Probeveranlagungen bei der Besteuerung der Gast⸗ und Schankwirthe der Erwartung viel mehr Raum geben, daß dieselben nach den hier vorliegenden Sätzen in Zukunft eher weniger als mehr bezahlen würden. Darüber werden wir uns in der Kommission ja noch genauer unterhalten.

Meine Herren, wenn die im Gesetz bisher vorhandene Aufzäh⸗ lung der gewerbesteuerpflichtigen Betriebe in Wegfall kam, wenn an die Spitze des Gesetzes gesetzt wurde, alle gewerblichen Betriebe ohne Ausnahme, soweit nicht das Gesetz Befreiungen ausdrücklich vor⸗ schreibt, sind steuerpflichtig, so ergab es sich hier von selbst, daß eine Reihe von gewerblichen Betrieben, die bisher in dem Gesetz nicht aus⸗ drücklich als steuerpflichtig aufgeführt waren, nunmehr auch ihrerseits unter die Gewerbesteuer fielen. Darunter sind viele Betriebe, welche ganz ohne Berechtigung bisher frei waren ich meine das mit Ihrer Zustimmung behaupten zu dürfen von den Privat ⸗Theatern, welche doch auch nichts weiter sind als gewerbliche Unternehmungen, von Panoramen und dergleichen Unternehmungen. Ich weise in dieser Beziehung darauf hin, daß die Pferdebahnen besteuert wurden, aber die Bahnen mit Dampf oder elektrischen Motoren frei blieben, hierin liegt sogar eine Begünstigung der einen Betriebsart, die an sich schon Vortheile hat auf Kosten der anderen Betriebsart, die ungünstiger gestellt ist. Wie viel nun an Mehraufkommen aus diesen bisher zufällig freigebliebenen Betrieben erzielt werden wird, das ist gegen⸗ wärtig nicht mit Genauigkeit zu übersehen.

Meine Herren, wenn aber nun der Grundsatz aufgestellt war, daß im Zweifel, sofern das Gesetz keine Ausnahme macht, alle Betriebe ohne Ausnahme steuerpflichtig sein sollen, denen der Charakter von gewerblichen Betrieben beigelegt werden muß, so war nun das Kapitel der Befreiungen um so sorgfältiger zu behandeln. Sie finden diese Frage der Befreiung in dem ersten Parapraphen des Entwurfs behandelt. Es trat uns dabei vor Allem eine auf der modernen Ent⸗ wickelung beruhende schwierige Frage entgegen, nämlich die Frage der Besteuerung der Betriebe der Fommunen und kommunalen Ver⸗ bände. Diese Frage hat uns große Schwierigkeiten gemacht, weil alle Definitionen, die wir in dieser Beziehung aufzustellen suchten, um eine bestimmte Grenze zu haben innerhalb der Kommunalbetriebe zwischen denjenigen, die einen ausschließlichen oder wesentlich gewerb⸗ lichen Charakter haben, und solchen Betrieben, die mehr den Zweck haben, die öffentliche Wohlfahrt zu fördern, einen wesentlich gemeinnützigen Charakter besitzen, weil diese Grenze durch Definitionen, wie wir uns überzeugt haben, nicht gefunden werden kann; es ist dies, wenn ich so sagen soll, eine Thatfrage für den ein- zelnen Fall. In Folge dessen sind wir dahin gekommen, solche Be⸗ triebe der Kommunen, die wir heute schon kennen, die gegenwärtig vorhanden sind, im Gesetz ausdrücklich namhaft zu machen, und zwar nach dem Grundsatz, daß wir diejenigen Betriebe, welche zwar nebenbei auch Gewinn abwerfen, bei welchen aber der Gewinn nicht der wesentliche Zweck, sondern die Förderung der öffentlichen Wohlfahrt ist, daß wir diese Betriebe gänzlich frei gelassen haben. Sie sind einzeln aufgeführt, und es ist im Zweifel zu Gunsten der Steuer⸗ freiheit in diesem 5. 3 die Entscheidung getroffen. Wenn wir hier beispielsweise die Viehhöfe freigelassen haben, so ist ja zweifellos, daß die Viehhöfe den Städten einen erheblichen Gewinn abwerfen, und daß