all Kallen 8 Voltes gufrief
Friedrich Wilhelm II, . Ew. Majestãt
mitzuwirken an der Erneuerung der
ürdigen Ordre vom 1. M g , Tre . für befugt und be klärt, mitzuwirken an
des Volkes auf den Gebieten, welche durch die rn rr fahne in Frage gestellt sind. Ew. Maiestät baben nicht verkannt, daß die Arbeit ber Schule zwar die machtvollste, aber auch die langsamste und mühsamste ist, und daß erst vom Lehrer an- efangen werden muß ehe die Ziele innerbalb der Schüler erreicht 6. kznnen Ew. Majestät haben erneut auf die Bedeutung auf⸗ merksam gemacht, welche in der richtigen Aneignung. der Nelialon, jn der hervorbebung der sittlich. religiss bildenden Momente unserer preußischen Geschichte eingeschlossen liegen, und wir sind Ew. Majestät aufs Tiefste in Dankbarkeit verpflig tet n' dieser' cnergichen, und kraftvollAen Weise uns den Weg gewiesen zu haben. Diese Allerhöchste Kundgebung vom 1. Mai 1889 fiel mitten hinein in eine bereits machtvolle Bewegung, welche auf bem Gebiete des Unterrichtswesens gan Deutschland ergriffen hatte. Wo die Anfänge der Bewegung liegen, weiß man überhaupt nicht bel großen. Ereignissen; aber im Allgemeinen darf nenn wohl sagen, daß die veränderte Weltstellung Preußens und Deutschlands unseren Blick erweitert und uns allen die Frage auf die Cippen geführt hatte, ob unsere Erziehung noch genau in denselben Bahnen sich bewegen könne wie früher, wo Dentschland mehr ein in ssch gekehrtes, ein Linsames Denkerleben führendes Volk war. Jetzt, wo unsere Augen erweitert sind, wo unsere Blicke sich lichten auf alle Nationen, wo wir Kolonien vor unseren Augen haben: Überall haben wir den Eindruck, daß wir vielleicht den Zaun, der bisher unser Unterrichtswesen umschlossen hielt, in dieser oder jener Wesse durchbrechen müssen. Mebr noch, war das Streben zu erkennen, daß die innerliche Aneignung des Stoffes Fortschritte mache, daß die Methode der dehrer gebessert werde, daß man Zeit ge⸗ winnen möchte für die Kräftigung der Jugend, und für Preußen wurde diese Bewegung eine um so machtvollere und intensivere als in Preußen — es sst nicht zu leugnen — durch eine übermäßige Zahl von' höheren Schulen und durch eine übermäßige Produftion von akademisch Gebildeten alle gelehrten Beruftfächer überfüllt waren und nun in der Noth, im Kampfe um das Dasein, eine Menge Zweifel auftraten, ob die Schule selbst, die Unterrichtsmethode eine Verschuldung treffe. So sind wir in Preußen im Gegensatz zu den süddeutschen Staaten in eine Bewegung bineingekommen, in der das Berechtigungswesen in dem Kampf der Konkurrenz eine hervorragende Bedeutung gewinnt. Ich bin nicht im Stande, in einem einleitenden Vortrage auch nur ju skijziren, in welchen Richtungen die Hauptbewegung sich ge= ftalttt. Man kann aber wohl sagen, daß von den radikalstin Auffassungen bis zu den konservatipvsten hin jede Nuance eines neuen Vorschlages sich vorhanden findet. Das preußssche Schulwesen hat aber — und das muß doch wohl in der Finleitung hervorgehoben werden — doch insofern eine eminent politische Bedeutung, als es ein einigendes Band innerhalb der deutschen Staaten geworden ist. Nach Preußen haben sich die übrigen deutschen Staaten gerichtet. Mit Preußen haben, die übrigen deutschen Staaten Verträge geschlossen über Lehrer⸗ befählgung und Reifezeugnisse; die Reichs Gesetzgebung hat sich der Vorschriften bemächtigt für Mediziner und Juristen, die preußtsche Gesetzgebung für Theologen und für Lehrer; kurzum auf allen Gebieten hat sich ein Band geschlossen zwischen Preußen und den übrigen deutschen Staaten. Und wenn wir hier am heutigen Tage eine durchaus preußische Versammlung sind, so müssen wir uns doch eingedenk halten, daß das gesammte Deutschland mit Aufmerk— samkeit auf unsere Berathungen seine Blicke richtet. Zwar befinden sich hier unter uns, mit Erlaubniß ihrer hohen Regierungen, drei Herren, welche nicht Preußen angehören, aber ich habe es den Herren erklärt und wiederhole es hier, daß sie nicht als Ver⸗ treter ihrer Staaten, sondern als Schulmänner, welche auf gewissen Gebieten Hervorragendes geleistet haben, hier sind. Und ich danke den Regierungen auch an dieser Stelle, daß sie diese ausgezeichneten Kräfte zur Verfügung gestellt haben. . Was nun diese Berathungen auszeichnen soll, ist die volle Frei⸗ heit in der Digkussion. Es ist der dringende Wunsch der Unterrichts⸗ verwaltung, von den Herren, die hier versammelt sind, Stoff und Formen als sichere und zuverlässige Grundlage, für die weiteren Entschlüsse zu erhalten, welche Ew. Majestät dem—⸗ nächst zur Allerhöchsten Kritik unterbreitet werden. Die Ge⸗ schäftsordnung soll volle Freiheit geben. Eine Abstimmung wird sich nicht vermeiden lassen; sie wird aber nicht nach Zahlen er⸗ folgen, sondern sie wird erfolgen nach einzelnen Personen, sodaß die Quellen der Abstimmung immer klar vor Augen liegen. Es ist mög⸗ lich, daß eine zweite Lesung in einzelnen Fällen eintreten muß, wo ein Ausgleich bei der ersten Lesung nicht erreicht wird. Darüber behalte ch mir weitere Entschließungen vor. Ich schließe damit, daß ich es ausspreche: ich gehe in die Berathung mit der sicheren Hoffnung auf Gelingen; ich bin überzeugt, daß alle versammelten Herren mit voller Begeisterung und mit voller Hingebung den großen Aufgaben sich widmen, welche den Kern in dieser Berathung bilden, und wenn uns dabei die Kraft erlahmen sollte, so werden wir auf Ew. Majestät blicken und in Dankbarkeit und Ehrfurcht uns des Eifers, der Liebe und der Hingebung erinnern, die Ew. Majestät unserm gesammten Schulwesen stets geschenkt haben.
Se. Majestät geruhten hierauf Folgendes zu erwidern:
Meine Herren! Ich begrüße Sie von ganzem Herzen hier und Ich danke dem Herrn Minister, daß er persönlich trotz des Ueber ladenseins mit Arbeiten aller Art es übernommen hat, den Vorsitz in
dieser Versammlung zu führen.
̃ Ich bin der festen Ueberzeugung, daß kein Mensch mehr dazu an— gethan ist und geschickter dazu angelegt ist, eine solche Frage richtig zu leiten und zu ihrer Lösung beizutragen, wie unser Herr Kultus Minister, von dem Ich ganz bestimmt und ohne Ueberhebung sagen kann, daß der Deutsche Staat und das Königreich Preußen seit langen Jahren keinen so tapferen, hingebenden und hervorragenden Kultus⸗ Minister gehabt haben, wie ihn. Ich hoffe, daß es gelingen wird, das Werk mit Ihrer Hülfe nicht nur zu fördern, sondern auch zum Abschluß zu bringen.
Nach dem Eintritt in die Verhandlungen ergriffen Se. Majestät nochmals das Wort zu einer längeren Rede, welche etwa folgenden Wortlaut hatte:
Meine Herren! Ich habe Mir zuerst ausgebeten, ein paar Worte zu Ihnen zu reden, weil Mir daran liegt, daß die Herren von vornherein wissen, wie Ich über die Sache denke. Es wird ent- schieden sehr Vieles zur Diskussion kommen, ohne entschieden werden zu können, und Ich glaube, daß auch manche Punkte nebelhaft im Dunkel bleiben werden; deshalb habe Ich es für gut gehalten, die Herren nicht im Zweifel darüber zu lassen, welches Meine Ansichten darüber sind.
Zunächst möchte Ich bemerken, daß es sich hier vor allen Dingen nicht um eine politische Schulfrage handelt, sondern lediglich um technische und pädagogische Maßnahmen, die wir zu ergreifen haben, um unsere heranwachsende Jugend den jetzigen Anforderungen, der Weltstellung unseres Vaterlandes und auch unseres Lebens entsprechend heranzubilden. Und da möchte Ich gleich eines bemerken.
Ich würde Mich sehr gefreut haben, wenn wir diese Prüfungen, diese Verhandlungen nicht mit einem französischen Wort: ‚Schul—⸗ enquète“, sondern mit dem deutschen Wort „ Schulfrage“n benannt hätten. „Frage“ ist das alte deutsche Wort für Voruntersuchung, und Ich
n Jahres uns auf⸗
muß sagen, das ist auch mehr oder wenlger elne Voruntersuchung. Nennen wir die Sache doch kurzweg . Schulfrage“.
Ich habe die 14 Punkte durchgelesen und finde, daß dieselben leicht dazu verfübren könnten, die Sache zu schematisiren. Das würde Ich im böchsten Grade bedauern. Die Hauptsache ist, daß der Geist der Sache erfaßt wird und nicht die bloße Form. Und da babe Ich Meinerseits einlge Fragen ausgestellt — Ich werde sie eir⸗ kuliren lassen — von denen Ich doffe, daß sie auch Berücksichtigung finden werden.
Zunächst . Schulbvgiene außer Turnen“ — elne Sache, die sehr genau erwogen werden muß — sodann . Verminderung des Lehrstoffs“ (Erwägung des Auszuscheldenden); serner die Lehrpläne für die ein⸗ zelnen Fächer“, sodann die Lehrmethode für die Organisation! — es sind bereits die Hauptpunkte vorgeschlagen worden —; sechstens: „‚Ist der Hauptballast aus den Examina beseitigt? und siebentens „die Ueberbürdung in Zukunft vermieden“ achtens: Wie denkt man sich die Kontrole —, wenn das Werk zu Stande gekommen ist“? neuntens: regelmäßige und außerordentliche Revisionen“ durch verschiedene Ober · Behörden?
Ich lege hier die Fragen auf den Tisch des Hauses; wer sie sich ansehen will, kann sich darüber weiter informiren.
Die ganze Frage, meine Herren, hat sich allmählich, vollkommen von selber entwickelt; Sie stehen hier einer Sache gegenüber, von der Ich fest überzeugt bin, daß Sie durch die Vollendung, die Sie ihr geben werden, durch die Form, die Sie ihr aufprägen werden, dieselbe wie eine reife Frucht der Nation überreichen werden.
Dieser Kabinets⸗Ordre, die der Herr Minister vorhin zu erwähnen die Güte hatte, hätte es vielleicht nicht bedurft, wenn die Schule auf dem Standpunkte gestanden hätte, auf welchem sie hätte stehen müssen. — Ich möchte im Voraus bemerken, wenn Ich etwas scharf werden sollte, so bezieht sich das auf keinen Menschen persönlich, sondern auf das System, auf die ganze Lage. — Wenn die Schule das gethan hätte, was von ihr zu verlangen ist, — und Ich kann zu Ihnen als Eingeweihter sprechen, denn Ich habe auch auf dem Gymnastum gesessen und weiß, wie es da zugeht — so hätte sie von vornherein von selber das Gefecht gegen die Sozialdemokratie übernehmen müssen. Die Lehrer kollegien hätten alle mit einander die Sache fest ergreifen und die heranwachsende Generation so instruiren müssen, daß diejenigen jungen Leute, die mit Mir etwa gleichaltrig sind, also von etwa 30 Jahren, von selbst bereits das Material bilden würden, mit dem Ich im Staate arbeiten könnte, um der Bewegung schneller Herr zu werden. Das ist aber nicht der Fall gewesen. Der letzte Moment, wo unsere Schule noch für unser ganzes vaterländisches Leben und für unsere Entwickelung maßgebend gewesen ist, ist in den Jahren 1864, 1866 — 1870 gewesen. Da waren die preußischen Schulen, die preußischen Lehrerkollegien Träger des Einheitsgedankens, der überall gepredigt wurde. Jeder Abiturient, der aus der Schule herauskam und als Einjähriger eintrat oder ins Leben hinausging, Alles war einig in dem einen Punkte: das Deutsche Reich wird wieder aufgerichtet und Elsaß⸗Lothringen wiedergewonnen. Mit dem Jahre 1871 hat die Sache aufgehört. Das Reich ist geeint; wir haben, was wir erreichen wollten, und dabei ist die Sache stehen ge blieben. Jetzt mußte die Schule, von der neu gewonnenen Basis ausgehend, die Jugend anfeuern und ihr klar machen, daß das neue Staatswesen dazu da wäre, um erhalten zu werden. Davon ist Nichts zu merken gewesen, und jetzt schon entwickeln sich in der kurzen Zeit, seit der das Reich besteht, centrifugale Tendenzen — Ich kann das gewiß genau beurtheilen, weil Ich oben stehe und an Mich alle solche Fragen herantreten. Der Grund ist in der Erziehung der Jugend zu suchen; wo fehlt es da? Da fehlt es allerdings an manchen Stellen. Der Hauptgrund ist, daß seit dem Jahre 1870 die Philologen als beati possidentes im Gynnasium gesessen haben und hauptsächlich auf den Lernstoff, auf das Lernen und Wissen den Nachdruck gelegt haben, aber nicht auf die Bildung des Charakters und die Bedürfnisse des jetzigen Lebens. Sie, Hr. Geheim⸗Rath Hinzpeter, werden verzeihen, Sie sind ein begeisterter Philologe, aber nichtsdestoweniger, die Sache ist Meiner Ansicht nach bis zu einer Höhe gekommen, daß es schließlich nicht mehr weiter geht. Es ist weniger Nachdruck auf das Können wie auf das Kennen gelegt worden; das zeigt sich auch bei den Anforderungen, die in den Examen gestellt werden. Es wird von dem Grundsatz aus— gegangen, daß der Schüler vor allen Dingen soviel wie möglich wisfen müsse; ob das für das Leben paßt oder nicht, das ist Nebensache. Wenn man sich mit einem der betreffenden Herren darüber unterhält und ihm klar zu machen versucht, daß der junge Mensch doch einigermaßen praktisch für das Leben und seine Fragen vorgebildet werden solle, dann wird immer gesagt, das sei nicht Aufgabe der Schule, Haupt— sache sei die Gymnastik des Geistes, und wenn diese Gymnastik des Geistes ordentlich getrieben würde, so wäre der junge Mann im Stande, mit dieser Gymnastik alles fürs Leben Nothwendige zu leisten. Ich glaube, daß nach diesem Standpunkt nicht mehr verfahren werden kann.
Wenn Ich nun zurückgreife auf die Schulen und speziell auf das Gymnasium selber, so weiß Ich sehr wobl, daß in vielen Kreisen man Mich für einen fanatischen Gegner des Gymnasiums hält und Mich auch zu Gunsten anderer Schulformen ausgespielt hat. Meine Herren, das ist nicht der Fall. Wer selber auf dem Gymnasium gewesen ist und hinter die Coulissen gesehen hat, der weiß, wo es da fehlt. Und da fehlt es vor Allem an der nationalen Basis. Wir müssen als Grundlage für das Gymnasium das Deutsche nehmen; wir sollen nationale junge Deutsche erziehen und nicht junge Griechen und Römer. Wir müssen von der Basis abgehen, die Jahr⸗ hunderte lang bestanden hat, von der alten klösterlichen Er⸗ ziehung des Mittelalters, wo das Lateinische maßgebend war und ein Bischen Griechisch dazu. Das ist nicht mehr maßgebend, wir müssen das Deutsche zur Basis machen. Der deutsche Aufsatz muß der Mittelpunkt sein, um den sich Alles dreht. Wenn Einer im Abiturienten examen einen tadellosen deutschen Aufsatz liefert, so kann man daraus das Maß der Geistesbildung des jungen Mannes erkennen und beurtheilen, ob er etwas taugt oder nicht. — Nun wird selbstverständlich Vieles ein gewendet und gesagt, der lateinische Aufsatz ist auch etwas sehr Wichtiges, der lateinische Aufsatz ist sehr gut, um den Menschen in einer fremden Sprache zu bilden, und was weiß Ich mehr. Ja, meine Herren, Ich habe das nun einmal selber mitgemacht. Wie entsteht denn ein solcher lateinischer Aufsatz? Ich habe es sehr oft erlebt, daß ein junger Mensch im deutschen Aufsatz — ich will einmal sagen, 4 4, im Ganzen befriedigend, und im lateinischen Aufsatz eine 2 hat. Der Mensch verdiente Strafe statt Lob, denn daß er den lateinischen Auf⸗
satz nicht auf dem rechten Wege zu Stande gebracht hat, das ist klar. Und von allen den lateinischen Aufsätzen, die wir geschrieben haben, ist noch nicht einer unter zwölf, der nicht mit solchen Hülfsmitteln zu Stande gekommen ist. Solche Aufsätze wurden als gut bezeichnet. Das war der lateinische Aufsatz. Aber wenn wir auf dem Gym⸗ nasium einen Aufsatz über ‚Minna von Barnhelm“ schreiben sollten, bekamen wir kaum befriedigend. Deswegen sage Ich, weg mit dem lateinischen Aufsatz, er stört un, und wir verlieren unsere Zeit für das Deutsche darüber.
Ebenso möchte Ich das Nationale bei uns weiter gefördert sehen in Fragen der Geschichte, Geographie und der Sage. Fangen wir erst einmal bei uns zu Hause an. Erst wenn wir in den verschiedenen Kammern und Stuben Bescheid wissen, dann können wir ins Museum gehen und uns auch dort umsehen. Aber vor allen Dingen müssen wir in der vaterländischen Geschichte Bescheid wissen. Der Große Kurfürst war zu Meiner Schulzeit nur eine nebelhafte Erscheinung; der siebenjährige Krieg lag bereits außerhalb aller Be⸗ trachtung und die Geschichte schloß mit dem Ende des vorigen Jahr⸗ hunderts, mit der französischen Revolution. Die Freiheitskriege, die das Wichtigste sind für den jungen Staatsbürger, wurden nicht durch⸗ genommen, und nur durch ergänzende, sehr interessante Vorträge des Herrn Geheimen Raths Hinzpeter bin Ich, Gott sei Dank, in der Lage gewesen, diese Dinge zu erfahren. Das ist aber gerade das punctum saliens. Warum werden denn unsere jungen Leute verführt? Warum tauchen so viele unklare, konfuse Weltverbesserer auf? Warum wird immer an unserer Regierung herumgenörgelt und auf das Ausland verwiesen? Weil die jungen Leute nicht wissen, wie unsere Zustände sich entwickelt haben und daß die Wurzeln in dem Zeitalter der französischen Revolution liegen. Und darum bin Ich gerade der festen Ueberzeugung, daß, wenn wir diesen Uebergang aus der französischen Revolution in das 19. Jahrhundert in einfacher, objektiver Weise in den Grundzügen den jungen Leuten klar machen, so be— kommen sie ein ganz anderes Verständniß für die heutigen Fragen, wie sie es bisher hatten. Sie sind dann im Stande, auf der Universität durch die ergänzenden Vorlesungen, die sie dann bören, ihr Wissen weiter zu verbessern und zu vergrößern.
Komme Ich nun auf die Beschäftigung unserer jungen Leute, so ist absolut nothwendig, daß wir mit der Anzahl der Stunden heruntergehen. Herr Geheime Rath Hinzpeter wird sich erinnern, daß zur Zeit, wie Ich auf dem Gymnasium in Kassel war, der erste Noth⸗ schrei der Eltern und Familien laut wurde, daß es nicht so weiter gehen könne. Es wurden in Folge dessen Erhebungen von der Regierung angestellt: wir waren verpflichtet, alle Morgen unserem Direktor Zettel abzugeben mit der Stundenzahl der häuslichen Stunden, die wir nöthig gehabt hatten, um das für den nächsten Tag aufgegebene Pensum zu bewältigen. Es sind bloß die Zahlen aus der Prima speziell, die Ich jetzt hier berühre. Nun, meine Herren, es kamen bei ganz ehrlichen Angaben — bei Mir konnte sie noch Herr Geheime⸗Rath Hinzpeter kontroliren — für jeden Einzelnen 5ß, 6 bis 7 Stunden auf die häuslichen Arbeiten heraus. Das waren die Abiturienten. Rechnen Sie noch dazu die 6 Stunden Schule, 2 Stunden Essen, dann können Sie autrechnen, was von dem Tag übrig geblieben ist. Wenn Ich nicht Gelegenheit gehabt hätte, hinaus, und hineinzureiten und noch sonst etwas Mich in der Freiheit zu bewegen, dann hätte Ich überhaupt nicht gewußt, wie es in der Welt aussieht. Das sind doch immerhin Leistungen, die man jungen Leuten auf die Dauer nicht auf⸗ bürden kann. Nach Meinem Erachten muß auch nach unten entschieden nachgeholfen und nachgelassen werden. Meine Herren, es geht nicht, man darf diesen Bogen nicht weiter spannen und nicht so gespannt lassen. Wir müssen hier herunter, wir haben hier die ä ßerste Grenze bereits überschritten. Die Schulen — Ich will einmal von den Gymnasien sprechen — haben das Uebermenschliche geleistet und haben Meiner Ansicht nach eine allzustarke Ueberproduktion der Gebildeten zu Wege gebracht, mehr wie die Nation vertragen kann, und mehr, wie die Leute selbst vertragen können. Da ist das Wort, das vom Fürsten Bismarck herrührt, richtig, das Wort von dem Abiturienten proletariat, welches wir haben. Die sämmtlichen sogen. Hunger⸗ kandidaten, namentlich die Herren Journalisten, das sind vielfach ver⸗ kommene Gymnasiasten, das ist eine Gefahr für uns. Dieses Ueber⸗ maß, das jetzt schon zu viel ist, gleichsam ein Rieselfeld, das nicht mehr aufnehmen kann, muß beseitigt werden. Ich werde daher kein Gymnasium mehr genehmigen, das nicht absolut seine Existenzberech⸗ tigung und Nothwendigkeit nachweisen kann. Wir haben schon genug.
Nun aber handelt es sich darum: wie kann man den Wünschen in Bezug auf klassische Bildung und in Bezug auf Realbildung und in Bezug auf die Berechtigung zum Einjöährigfreiwilligen⸗ Dienst am besten beikommen? Ich halte dafür, daß die Sache ganz ein⸗ fach dadurch zu erledigen ist, daß man mit einem radikalen Schritt die bisherigen Anschauungen zur Klärung bringt, daß man sagt: klassische Gymnasien mit klassischer Bildung, eine zweite Gattung Schulen mit Realbildung, aber keine Realgymnasien. Die Realgymnasien sind eine Halbheit, man erreicht mit ihnen nur Halbheit der Bildung, und das Ganze giebt Halbheit für das Leben
nachher. (Schluß des Blattes.)
Heute fand eine Plenarsitzung des Bundesxraths statt. Vorher trat der Ausschuß für Justizwesen zu einer Sitzung zusammen.
Allerhöchster Bestimmung gemäß wird S. M. Torpedo⸗ boot „Tapfer“ aus der Liste der Kriegsfahrzeuge gestrichen.
Aus Anlaß eines Spezialfalls sind die Kommandanten S. M. Schiffe und . von Neuem auf die Verfügung vom 4. November 1815 6 , S. 2215, betreffend das Ankern von Kriegsschiffen bei Kopen⸗ hagen, zur genauesten Beachtung aufmerksam gemacht worden.
Wie die Wiener „Presse“ mittheilt, wurde gr. im Wiener Auswärtigen Amt zu Beginn der handelspoli⸗ tischen Konferenz von den Delegirten Deutschlands und Oesterreich⸗ Ungarns ein Staatsvertrag unterzeichnet, durch welchen die Vorarlberg'sche Gemeinde Mittelberg aus dem österreichisch ungarischen ö, . ausgeschieden und dem deutschen Zollgebiet einverleibt wird. Der bezügliche Staats⸗ vertrag werde demnächst den Parlamenten der betheiligten Staaten vorgelegt werden. Alsdann wurden die Verhand⸗ lungen über den österreichisch deuischen Tarifvertrag fortgesetzt.
Der japanische Gesandte am hiesigen Allerhöchsten Hofe Marquis Salonzi hat sich im Auftrage seiner Regierung Behufs Theilnahme an den Beisetzungsfeierlichkeiten nach dem Haag begeben. Für die Dauer seiner Abwesenheit von Berlin fungirt der Legations Sekretär Inouye als Geschäftsträger.
Der General⸗Lieutenant von Mutius von der Armee . a Abhaltung persönlicher Meldungen Berlin wieder verlassen.
Der Kaiserlich und Königlich österreichisch⸗ ungarische General⸗Stabsarzt Dr. Podratzky, Abtheilungs⸗Vorstand im Reichs Kriegs⸗Ministerium ist hier eingetroffen, ebenso der Regiments-Arzt Dr. Kowalski, Vorstand des bakteriologischen Laboratoriums des Kaiserlich und Königlich österreichisch-unga⸗ rischen Militär⸗Sanitäts⸗Comités.
S. M. Kanonenboot „Iltis“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän Ascher, ist am 2. Dezember in Tientsin ange⸗ kommen.
In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ wird eine Verordnung, betreffend das Verfahren vor den auf Grund des Invalidi⸗ täts⸗ und Altersversicherungsgesetzes errichteten Schiedsgerichten, vom 1. Dezember 1890, veröffentlicht.
Breslau, 4. Dezember. Wie die „Schlesische Volks—= zeitung“ meldet, hat der „Landwirthschaftliche Verein für Schlesien“ beschlossen, Petitionen an den Bundesrath und an den Reichskanzler gegen die geplante Herab⸗ setzung der Getreide⸗ und Viehzölle zu richten, sowie auch eine entsprechende Eingabe an den Reichstag gegen die Aufhebung der Grenzsperre gelangen zu lassen.
Mecklenburg⸗Schwerin.
wr Schwerin, 3. Dezember. In der vorgestrigen Sitzung des Landtages zu Malchin wurde nach dem Vorschlage der Regierung dem Reiterverein zu Wittenburg auf weitere fünf Jahre vom 1. Juli 1891 an eine jährliche Subvention von 2000 S bewilligt. — In der gestrigen Sitzung richtete der vorsitzende Landrath Graf von Bernstorff auf Wedendorf warme Worte der Anerkennung an den Herrn von Drewes auf Kirch⸗Mummenborf, der seit 0 Jahren ununterbrochen an den Arbeiten der Stände theil genommen hat. Regierungsseitig wurden vorgelegt eine Verordnung zur Ausführung des Reichsgesetzes vom 29. Juli 1890, betreffend die Gewerbe⸗ gerichte, eine Verordnung, betreffend die Anlage und den Be⸗ trieb von Dampfkesseln, und ein Reskript, betreffend die Er⸗ höhung der Gehalte der Aufseher am Landarbeitshause zu Güstrow. Berathen wurde über die aus der Mitte der Stände angeregte Abänderung der Verordnung vom 4. Oktober 1886, betreffend den Bau von Nebenchausseen. Bei der heute er⸗ folgten Wahl zweier Präsentanden für die Stelle des Landes Steuer⸗Direktors zu Rostock erhielten die meisten Stimmen der Bürgermeister, Hofrath Brandenburg zu Ludwigs⸗ lust mit 107 und der Sekretär der Landes⸗Rezeptur⸗Direktion, Nechtsanwalt Susemihl zu Rostock mit 38 Stimmen.
Zu dem Bericht aus Det mold in Nr. 290 des „Reichs⸗ Anzeigers“ ist zu bemerken, daß für Mecklenb urg-Schwerin unter dem 27. Januar 1851 ein Vereinsgesetz erlassen worden ist, welches durch die Verordnung vom 2. Mai 1877 weitere Ergänzungen erfahren hat. Die Bemerkung des Berichts dürfte daher nur für Mecklenburg-Strelitz zu⸗ treffen, wo kein Vereinsgesetz besteht, aber wie in Lippe⸗ Detmold z. Z. mit den Ständen über den Erlaß eines solchen verhandelt wird.
Mecklenburg⸗ẽtrelitz.
Neustrelitz, 3. Dezember. Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog ist laut Meldung des „W. T. B.“ heute nach dem Haag zu den dortigen Beisetzungsfeierlichkeiten ab⸗ gereist.
Oldenburg.
(H) Oldenburg, 2. Dezember. Se. Königliche Hoheit der Großherzog hat den Amtsassessor Düttmann in Oldenburg zum Regierungs⸗Rath und Vorsitzenden des Vor⸗ standes der mit dem 1. n 1891 ins Leben tretenden Invaliditäts⸗ und Altersversicherungs⸗Anstalt für das Herzog⸗ thum Oldenburg ernannt und den Amtsassessor Düvelius daselbst mit den Funktionen eines stellvertretenden Vorsitzenden dieser Anstalt beauftragt.
Anhalt. Dessau, 3. Dezember. Ihre Durchlauchten die Prin⸗ zessin Wilhelm und die Prinzessin Bathildis zu Schaumburg⸗Lippe trafen , hier ein.
Schwarzburg⸗Rudolstadt.
Rudolstadt, 3. Dezember. In der Sitzung des Land⸗ tages vom 1. d. M. wurde die Petition der Lehrer des Gymnasiums und Progymnasiums, betreffend die anderweite Regelung ihrer Gehaltsverhältnisse, dem Ministerium zur Be⸗ rücksichtigung überwiesen, ebenso eine Petition der Volksschul⸗ lehrer, welche gleichfalls eine materielle Verbesserung ihrer Lage wünschen. Ferner wurde einer neuen Gebührenordnung die verfassungsmäßige Zustimmung ertheilt.
Schaumburg⸗Liype.
Bückeburg, 2. Dezember. Se. Durchlaucht der Fürst ist dem „Hann. Cour.“ zufolge seit einigen Tagen leidend und muß das Bett hüten. Schon bei e bref, des neu⸗ vermählten Paares war es dem Fürsten nicht möglich, den Abreisenden das Geleit zu geben.
Elsaß⸗⸗Lothringen.
Straßburg, 3. Dezember. Mit Genehmigung des Reichskanzlers ist durch Verfügung des Ministeriums, Ab⸗ theilung für Finanzen, Landwirthschaft und Domänen, vom L d. M. die Einfuhr italienischen Rindviehs nach den Schlachthäusern der Städte Straßburg, Metz, Mül⸗ hausen, Colmar und Gebweiler unter den angeordneten Sicherheits vorschriften gestattet worden.
Desterreich⸗ Ungarn.
Wien, 4. Dezember. Ihre Majestäten der Kaiser und König und die Kaiserin und Königin haben, wie „W. T. B. meldet, gestern Abend die Rückreise von Mira⸗ mar nach Wien angetreten.
Der Reichstag wurde heute eröffnet. Im Abgeord⸗ netenhause brachte der Finanz-Minister den Staats— voranschlag für 1891 ein. Darnach beträgt das Gesammt—⸗ erforderniß 5644739140 Gulden, die Gesammtbedeckung 566 759572 Gulden, somit der Ueberschuß 2285624 Gulden.
Der niederösterreichische Landtag nahm g tern die Bestimmungen der Vorlage über Groß⸗Wien mit 36 gegen 24 Stimmen an, wonach der Bürgermeister berechtigt ist, im äußersten Fall ein Mitglied von drei auf einander folgenden Sitzungen auszuschließen.
Im ungarischen Unterhause brachte die Regierung einen Gesetzentwurf ein, nach welchem es den bosnisch⸗herzego⸗ winischen Truppen gestattet sein soll, Behufs ihrer militärischen Ausbildung mit Zustimmung des ungarischen Ministeriums in das Gebiet der ungarischen Krone einzutreten.
Großbritannien und Irland.
Der Königin haben vor einigen Tagen die neu er⸗ nannten Gesandten von Schweden und Norwegen, von Däne⸗ mark und Hayti, die Herren Akerman, von Bille und Latortin, ihre Beglaubigungsschreiben überreicht.
Das Unterhaus hat nach zweitägiger Debatte gestern die irische Boden-Ankaufsbill mit 268 gegen 130 Stimmen in zweiter Lesung angenommen. Parnell und eine Anzahl seiner Anhänger stimmten mit der Majorität.
Zum Vertreter des Wahlkreises Bassetlaw (Nottingham) im Unterhause an Stelle des jüngst von einem Bahnzuge überfahrenen und getödteten Mr. Beckett ist dessen Schwiegersohn Sir Frederick Milner (konservativ) unbeanstanbdet gewählt worden. Der von den Liberalen aufgestellte Kandidat Miller war zurückgetreten. — Michael Davitt macht be⸗ kannt, daß er weder in dem erledigten Wahlkreise Nord⸗ Kilkenny, noch in einem anderen Wahlkreise als Parlaments⸗ Kandidat aufzutreten beabsichtige.
Eine amtliche Bekanntmachung der irischen Regierung hebt die Nationalliga in zwei Ortschaften der Grafschast Waterford auf.
Der Premier⸗Minister Marquis of Salisbury hielt gestern im Wahlkreise Rossendale eine Rede über die Parnell-Krisis. Er beschuldigte den Führer der liberalen Partei, Gladstone, Parnell erst über Bord geworfen zu haben, nachdem sich das sittliche Gefühl des ganzen Landes nachdrücklich gegen denselben erklärt hatte. Lord Salisbury forderte in seiner Rede Gladstone auf, dem Lande reinen Wein über seine Unterredung mit Parnell in Hawarden Castle einzuschenken. Der Redner erklärte ferner, das Schicksal Parnell's sei ihm gleichgültig, aber er ziehe den Mann, der verzweifelt um seine Existenz kämpfe, der Gefolgschaft vor, welche er geschaffen, und die sich jetzt gegen ihn gewendet habe. Zum Schluß pries Lord Salisbury die offene Politik der Unionisten, welche von der Geheimthuerei und Doppel⸗ züngigkeit der Opposition günstig absteche.
Eine gestern in Dublin bei dem Erzbischof Walsh statt⸗ gehabte Versammlung der irischen Erzbischöfe und Bischöfe beschloß, ein Manifest zu erlassen, in welchem erklärt werde: die Erzbischöfe und Bischöfe Irlands hielten es für ungeeignet, daß Parnell der Führer der irischen Parlamentspartei bleibe. Der Ausspruch der Bischöfe stütze sich auf Gründe der Moral, sowie darauf, daß das Verbleiben Parnell's in seiner Stellung als Parteiführer eine unvermeid⸗ liche Spaltung der Partei herbeiführen würde.
Auch die gestrige Versammlung der nationalisti⸗ schen Abgeordneten wurde schließlich vertagt, ohne daß bezüglich der Parnell⸗Frage ein Beschluß gefaßt worden wäre. Man glaubt indessen, daß zwischen den Anhängern und den Gegnern Parnell's eine Verständigung erzielt werden dürfte. Wie das „Reuter'sche Bureau“ vernimmt, hätte in der
estrigen Sitzung der Deputirte Clancy beantragt, die Partei el heute die liberalen Führer ersuchen, ihr die Versicherung zu ertheilen, daß in der künftigen Homerulevorlage die Er⸗ richtung eines irischen Parlaments enthalten sein solle, welchem die Kontrole der irischen Polizei und die Lösung der Bodenfrage eingeräumt werde. Es verlautet nunmehr, Parnell wolle zeitweilig zurücktreten, wenn die Versicherungen der liberalen Führer befriedigende sein würden.
Das Manifest der in Amerika weilenden irischen Delegirt en verfehlt seines Eindrucks auf die irischen Massen nicht. Schon beginnt sich, wie die „A. C.“ berichtet, ein Umschwung der Stimmung geltend zu machen und verschiedene Behörden fassen Resolutionen gegen Parnell's weitere Führerschaft. Die Massen des irischen Volkes aber scheinen trotzdem, wie durch einen Zauber gebannt, an Parnell festzuhalten. Wird unter der die Zei⸗ tungs⸗Bureaux Dublins vom frühen Morgen bis zum späten Abend umlagernden Menge der Name Parnell erwähnt, so bricht Alles in Hochrufe aus. Cork, der Wahlkreis Par⸗ nell's, wankt nicht. Von den nationalistischen Mitgliedern des Dubliner Stadtraths haben 29 für ein Vertrauens votum für
arnell gestimmt; nur 12 waren dagegen. In den Städten Limerick, Wicklow, Fermoy, Ligmore u. A. errang Parnell einen ähnlichen Sieg. Longford und Boyle haben sich anderer⸗ seits gegen Parnell erklärt.
Frankreich.
Paris, 4. Dezember. In der gestrigen Sitzung der Deputirten kammer wurden, wie W. T. B.“ meldet, nachdem die Budget⸗Kommission sich mit der Konvertirung der dreißigjährigen Bons und der Liquidations bons in dreiprozentige amortisirbare Rente, welche wegen der Depositen gegen dreiprezentige perpetuirliche Rente um⸗ getauscht werden soll, einverstanden erklärt hatte, die
betreffenden Anträge angenommen. Die Anleihe wird demzufolge nun als dreiprozentige perpetuirliche emittirt werden und sich
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Im weiteren Verlauf der Sitzung
. des Einnahmebudgets begonnen, inebesondere der Anträge der Regierung und der Budget⸗ kommission, welche den Zinsfuß der Sparkassen auf is herabsetzen und den sich aus der Ermäßigung des Zins⸗ fußes ergebenden Gewinn dem Portefeuille der Spar assen zuweisen wollen. Pelletan verlangte, daß dieser Gewinn zur Herstellung des Gleichgewichts im Budget verwendet werde; Rouvier und Freycinet traten für die Vorschläge der Regierung ein. Die Kammer zog alsdann ein Amendement des Deputirten Laroche Jonbert in Erwägung, welches für die den Sparkasseeinzahlern zu gewährenden Zinsen einen nach Höhe der Einzahlungen abgestuften Zinsfuß einführen will. Die weitere Berathung wurde hierauf vertagt.
Die General-Kommission des Zollausschusses nahm die Zölle unverändert nach den Anträgen des Berichterstatters, wie folgt, an und zwar für je 100 kg Gewicht: für lebende Hammel 15.50 Fr., für lebende Schweine 8 Fri, für Wild und Schildkröten 25 Fr., für Geflügel 29 Fr, für frisches Hammelfleisch 32 Fr., Ochsenfleisch 25 Fr., für Schweinefleisch 12 Fr., für frischen Schinken 16 Fr., für Fleischerwaaren 20 Fr., für gesalzenes Fleisch, für Schinken und Speck 20 und 14 Fr., für Ochsenfleisch 30 und 27 Fr., für Fleischkonserven 20 und 15 Fr., für Gänseleberpastete 75 und 60 Fr., für Fleischextrakt 100 und 80 Fr.
Die parlamentarische Arbeiterschutz⸗Kommis⸗ sion hielt in Lille mehrere Sitzungen ab und nahm die Aeußerungen der Delegationen der Arbeitgeber und der Arbeiter entgegen. Die Kommission begiebt sich von dort nach Armen⸗ tires und Calais.
Wie die „France“ meldet, läßt General Saussier ein Verzeichniß der von Ausländern in Paris gehaltenen Restau⸗ rants und Cafés anfertigen, deren Besuch nach einem Eclaß des Kriegs⸗Ministers den Offizieren und Mannschaften der Armee verboten werden soll.
Nußland und Polen.
Der Kronprinz und die Kronprinzessin von Griechenland sind gestern Nachmittag in St. Petersburg eingetroffen und vom Kaiser, der Kaiserin und anderen Mitgliedern des Kaiserlichen Hauses am Bahnhof empfangen worden. Die am Bahnhof aufgestellte Ehrenwache des Ismailow'schen Leib⸗Garde⸗Regiments wurde von dem Groß⸗ fürsten Konstantin Konstantinowitsch kommandirt. Das Kron⸗ prinzliche Paar ist in dem Palais des Großfürsten Paul Alexandrowitsch abgestiegen.
Durch Tagesbefehl im Marine⸗Ressort hat der Großfürst General⸗Admiral Alexei Alexandrowitsch einen Befehl des Kaisers bekannt gegeben, demzufolge die in St. Petersburg auf der Werft der Neuen Admiralität resp. auf der Baltischen Werft im Bau befindlichen gepanzerten Kanonenboote „Gremjaschtschi“ und „Otwashny“, zwei in Odessa auf der Werft von Bellino Fendrich in Herstellung begriffene Torpedoboote „Aitodor“ und „Anapa“ und die in Frankreich auf der Werft der Loire⸗Gesellschaft fertig zu stellende Macht für den Großfürsten⸗ Ober⸗Chef der Flotte und des Marine⸗Ressorts „Strjela“ zu benennen sind. Von den genannten im Bau befindlichen Schiffen sind die „Strjela“ der Garde⸗Equipage, der „Grem⸗ jaschtschi“ der dritten, der „Otwashny“ der vierten gFlotten⸗ Equipage der Baltischen Flotte und die beiden Torpedoboote der zweiten Equipage der Schwarzmeer⸗Flotte zuzuzählen. Demnächst soll ein Theil der Schwarzmeer⸗Flotte versuchs⸗ weise mobilisirt werden. Es ist dies dem „Grashd.“ zufolge der erste derartige Versuch Demselben beizuwohnen hat sich Contre⸗Ahmiral Tyrtow, Gehülfe des Marine⸗Generalstabs⸗ Chefs, nach dem Süden begeben.
Portugal.
Der Lissaboner Berichterstatter der „Morning Post“ ist h der Erklärung ermächtigt, daß die portugiesischen Minister er Marine und der auswärtigen Angelegenheiten damit be⸗ schäftigt seien, einen endgültigen Vertrag mit England auszuarbeiten. Der Zeitpunkt, wann der Entwurf dem eng⸗ lischen Gesandten werde vorgelegt werden, sei jedoch noch ungewiß.
wurde die
Schweiz.
Der Ständerath hat einstimmig die Errichtung von Berufskonsulaten in Buenos⸗-Aires, London und Yoko⸗ hamg genehmigt und die nöthige Erhöhung des Etats für die Konsulate um 100 000 Fres. bewilligt.
Niederlande. Die Königi n⸗Wittwe empfing gestern im Haag die
offiziellen Besuche des Regenten von Braunschweig, des Groß⸗ fürsten Alexis von Rußland, des Erzherzogs Friedrich von Oesterreich und des Prinzen Victor von Italien. Von den Vertretern der auswärtigen Monarchen und der französischen Republik wurden am Sarge des Königs Kränze niedergelegt
Wie der „Köln. Ztg.“ aus dem Haag berichtet wird, hat der Minister des Auswärtigen in seiner Antwort auf den Bericht der Kommission der Kammer über das Budget für 1891 erklärt, daß die Regierung ihrem Standpunkt Betreffs der Congo⸗Konferenz getreu geblieben sei. Des werteren habe er den Vermittelungsvorschlag der niederländischen Regierung mitgetheilt, betreffend eine Beisteuer der Konferenz mächte für die fünfzehn Jahre, während deren nach den Fest⸗ setzungen der Berliner Konferenz das Erheben von Einfuhr⸗ zöllen im Congo⸗Staat noch verboten ist. Dieser Beitrag solle 25000 S pro Jahr für jeden Staat nicht überschreiten. Auch habe die niederlandische Regierung eine Erhöhung der Steuer auf Spirituosen vorgeschlagen.
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (3) Sitzung des RNeichẽtagesẽ. welcher der Staatssekretãr des Innern Dr. von Boetticher beiwohnte, theilte der Prãsident zunãchst mit. daß die Nach⸗ weisungen der Rechnungsergebnisse der Bernfs⸗ genossenschaften für 188 einge zangen seien Anf der Tagesordnung stand an erster Stelle die eite Serathemng des Gesetzentwurfs, betreffend die Berei nigang von Helgoland mit dem Den tschen Reich
Zu §. 1 beantragte Abg. Stadthagen, den zeigen M satz, welcher von der Einderleibung Helgaland in Fro en
ndelt, zu streichen, weil die Jasel dem Dent schem Neich ich
sser befinden würde, da die Sorge für die Schiffahrt nend dar Unterstũtzung der Fischerei ohnehm in den Händen den Reichs sei.