1891 / 14 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 16 Jan 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Dann vergesse der Abg. Lutz von dem Nutzen der Kornzölle abzuziehen die Belastung der Landwirthe durch die Industriejölle. Der Nutzen der Kornzölle werde nach unten zu immer geringer, und gerade auf die breiten unteren Schichten legten sich bauptsächlich die Handels., und Industriezölle. Die rechte Mitte treffe eben die Staatsregierung mit ihrem Vorgehen zu handelspolitischen Abmachungen mit dem Auslande, die dazu dienen sollten, die vorhandenen Härten auszugleichen. Auf Frankreich könne man sich für die deutschen Schutzzölle nicht berufen; denn dort sei der Großgrundbesiz ganz anders vertheilt als bei uns. Dort srise sich die Belastung der Zölle nicht nach unten zu, und man er kenne neidlos dem kleinen Landwirth als Entschädigung für die Industriezölle, die doch seit Ludwig TIV. unausgesetzt. beständen, die Kornzölle zu. Den Angriff des Abg. Lutz gegen seine Landes regierung wegen Aufhebung der Viebsperre billige er (Redner) keines⸗ wegs. Auch in der Zeit der Sperre habe die Maul und Klauen⸗ seuche in Deutschland nicht aufgehört. Nachtbeile babe den Bauern die Aufhebung der Sperre nicht gebracht, denn die Viehvreise seien nicht gefunken. Wohl aber habe die Abschließung gegen die aus— ländische Gerste dem deutschen Export Nachtheile gebracht. Gerade die Misckung von inländischer und fremder Gerste habe früber in Eng— land und Desterreich zu Brauereizwecken die ausgedehnteste Verwendung gefunden, während man herte die deutsche Gerste ungern nehme. Der Großgrundbesitzer möge durch eigen Kraft dahin gelangen, wohin der kleine Bauer schon früher obne Schutzzölle gelaugt sei. Der Abg. Dr. Buhl habe dem Abg. Richter gegenüber eine Bemerkung gemacht, der aus der Mitte des deutschen Volks widersprochen werden müsse. Der Abg. Dr. Buhl babe behauptet, daß der Abg. Richter den Begründer des Deutichen Reichs einer unberechtigten Kritik unterworfen habe. Die Verdienste des früberen Reichskanzlers seien sehr groß; er (Redner) erkenne das vollkommen an, aber er weise entschieden die Behauptung zurück, daß der frühere Reichs⸗ kanzler die Einheit des Deutschen Reichs begründet habe; sie sei nur begründet worden durch die traditionelle Politik der Hohenzollern, durch Kaiser Wilbelm J. und durch das deutsche Volk. Man könne diesen Gedanken niemals zurückdrängen lassen duch eine spezielle Ver berrlichung des Fürsten Bismarck, die aus der Kartellperiode hinüber genommen sei in die gegenwärtige Zeit. Das Verdienst des großen Reichskanzlers beruhe in nichts weiter als darin, daß er von Kaiser Wilhelm berufen worden sei und diese Berufung verstanden habe. Was den Antrag Richter anbetreffe, so vermöge er (Redner) dem selben in seiner gegenwärtigen Fassung nicht zujzustimmen. Wenn die Getreide;ölle herabgemindert werden sollten, so müßten auch die Industriezslle herabgemindert werden. Er balte es aber für möglich, daß man sich auf der Grundlage des Antrages Richter verständigen könne, und er beantrage deshalb, den Antrag Richter einer Kommission zu überweisen.

Abg. Freiberr Zorn von Bulach: Er könne nicht nur im Namen seiner Parteigenossen, sondern auch er glaube sich nicht zu irren im Namen der großen Mehrheit der Einwohner von Elsaß⸗Lothringen bitten, garnichts an den jetzt bestebenden Getreidezöllen zu ändern! (Beifall rechts) Weshalb? Von allen Provinzen des Deutschen Reichs, in denen Weijen gebaut werde, nehme Elsaß— Lothringen im Verhältniß der Fläche die erste Stelle ein. Man baue in Elsaß⸗Lothringen 182 D900 ha Weizen (hört, hört! rechts); 55 9 der Gesammtfläche werde mit Getreide bebaut. Roggen komme sehr selten vor, die ärmsten Leute äßen in Elsaß Lothringen Weizen“ brot. Warum wünschten denn die kleinen Grundbesitzer in Elsaß—⸗ Lothringen geschützt zu sein? Weil sie dort die Mehrheit bildeten. Großgrundbesitzer gäbe es im Reichslande gar nicht mebr, die große Revolution habe dafür gesorgt, daß die paar großen Güter von der Bildfläche verschwunden seien. Nach der Statistik sei der Großgrundbesiri z mit O00 und noch einmal O vertreten. (Heiterkeitz) Wer in Elsaß⸗ Lothringen 5 ha besitze, werde schon als ein wohlhabende Bauer angesehen. In der landwirthschaftlichen Enquete von 1885 bätten sich 12060 Bauern beinahe einstimmig für die Aufrechterbaltung der Schutzzollxolitik erklärt; ja sie wünschten, daß der Getreidejoll noch immer mehr erböbt werde. (Hört, hört! Sehr richtig! rechts. Unruhe links.) Warum? Weil die kleinen Leute dadurch konkurrenzunfähig gemacht würden, weil sie vollständig vom Zwischenhandel abhingen und möglichst un— abhängig sein wollten. Seit Einführung der Getreidezölle habe man eine größere Stetigkeit in den Preisen; die kleinen Bauern seien nicht mehr abhängig von dem Course der Börse in Mannheim oder anderswo (große Unrube links); sie könnten ihr Getreide besser an den Mann bringen. Di- Preise des Getreides seien in den Reichslanden nach Erböbhung des Zolls nicht höber geworden (Zuruf links: Ist kein Wunder!), warum wolle man denn den

zoll noch weiter heruntersetzen? Man möge sich

n in Süddeutschland erkundigen; man werde nicht

ren, daß die Arbeiter nichts verdienten, im Gegen⸗

ie Bauern beklagten sich, daß sie die Konkurrenz uftrie, Gewerbe in Ansehung der Lobnsätze ushalte ̃ und da wolle man, daß diese Klein⸗ würden? Mancher dieser Bauern habe Getreidevreis

gegen darüber beklagt, daß der

er sei als vor 20 Jahren. Die Bauern sagten, obwohl sie Söhne don wohlhabenden Leuten gewesen seien, hätten sie Schwarz⸗ brot gegessen, und die Knechte diese schliefen nicht im Stalle, sondern in eigener Stube (sebr gut! rechts) seien mit ihrem Lohn zufrieden gewesen. Güter seien nicht durch den Großgrund⸗ besitzer angekauft worden, im Gegentheil, die Leute hätten danach ge⸗ trachtet, zu parzelliren. Latifundien könnten im Reichslande nicht vorkommen, denn die Majorate seien abgeschafft. Es sei also vor 20 Jabren viel besser gewesen. Jetzt wolle man ihnen den Getreide bau abschneiden, und doch gebe es keine Landwirthschaft ohne Getreidebau. Die Herren Künstler, die immer von der Ver⸗— Hesctung, dz Sandwürthbschaft, rächen. Heiterteit zebts) zi. bon Viehzucht, Gemüse⸗ und Obstbau sprächen, vergäßen vollständig, daß die Landwirthe vor allen Dingen eine richtige Fruchtfolge ein halten müßten, und diese sei beim kleinen Besitz noch nothwendiger als beim großen. Der Vorredner seine Meinung durchblicken lassen, verarme. Er

kundgegeben habe.

langten 869 Millionen 14 Das sei doch kein Beweis von einem armen Lande. Gerade in Frankreich werde der kleine Grundbesitz am meisten geschätzt durch die liberale Partei. Sie fühle sich verpflichtet, den Ackerbau durch landwirthschaft⸗ liche Zölle zu schützen. Unter der Herrschaft des Freihandels habe n es erlect, daß in der Umgegend von Paris auf dem frucht barsten Boden die Jagd mehr eingetragen habe als die Landwirth- schaft. (Hört, Hört! Einige Bankiers, die sich nach Paris zurück, gejogen bätten, haͤtten ihr Vergnügen und ihre Annehmlichkeit darin gefunden, kleine Parzellen zusammenzusuchen, um zu jagen. Die⸗ jenigen, welche in Frankreich die Regierung führten, hätten einge sehen, daß diese Zustände nicht weiter besteben könnten, und deshalb gingen sie damit um, einen Zoll einzuführen, der weit höher sei als der in Deutschland. (Hört, hört! rechts.) Man spreche immer von Beziehungen des Landes mit dem Auslande. Genire sich etwa Frankreich, sich jetzt gegen das Ausland zu schützen? Das liberale Frankreich kokettire ja bekanntlich mit Rußland: Madame la Liberté ne se gene pas de faire la conr à Monsieur FAutocrate. (Heiterkeit rechts Und doch schütze dasselbe Frankreich seine kleinen Leute, und die kleinen Eeute in Eljaß Lothringen follten nicht geschütt werden? In Deutsch— 461 sei es gerade die liberale Partei, die sich am wenigsten mit dem ee, e. 3 besckäftige. (Sehr gut! rechts) Es sei bebauptet . e e denn Greßgrundbesitz nütze. Ja, 3 sei ure lin 2 , . welche 160 ha bebauten, bätten rer. 6 , Nutzen als Diejenigen, die nur J ha be- , * 6 96. 9). und wer gar nichts habe, könne zufrieden en, ge . . auern Arbeit und Lehn bekomme. Wenn die dem Lande nicht mehr arbeiten wollten, so gingen sie

fänden dort Beschäftigung in Hülle und Auswanderung von Elsaß - Lothringen nach Frankreich verhüten, so möge man dafür sorgen, daß der kleine Grundbesitzer besser gestellt sei. (Beifall, rechts.) Man habe bestritten, daß die Bauern viel Getreide verkauften. Er wolle zum Be veise des Gegentheils ein Beispiel anführen. Graxelotte besitz nur 100 ha. 230 ha seien mit Getreide bestellt. Der Ertrag werde geschätzt auf 3380 Doppel Ctr. Es würden im Dorfe ver— braucht 13806 Dorvel ˖ Ctr. und verkauft 20609. (Hört, hört! rechts.) Sei es keine Einnabme, wenn der Doprel⸗Centner nur um 2 6 theurer verkauft werde? Da komme ein Plus von 8000 4M beraus, was Niemand weh thue. (Lachen links) In dieser Gemeinde habe das Weißbrot im Jahre 1889 30 3 gegolten, und dasselbe Weißbrot gelte im Jahre 1890 23 3. (Hört, bört! rechts; Zuruf links: Gute Ernte) Das beweise doch, daß die Gravelotter das Brot um 2 3 billiger bezablten. (Zuruf des Abg. Barth: Wo kommen denn die 8006 ½ ber?“ Praäͤsident von Levetzow: Ich bitte, den Redner nicht zu unterbrechen.) In der gleichen Zeit, wo die Broi— preise gefallen seien, seien die Löhne gestiegen, und die kleine Preis⸗ differenz, die von einem Jahr zum anderen einmal eintreten könne, werde durch die böheren Löhne ausgeglichen. Gerade in der Periode des reinsten Freihandels seien die Brot⸗ preise vie theurer gewesen, als in der letzten Zeit. Sehr richtig! rechts) Auch die Müllerei⸗-Industrie in Eliaß— Lothringen sei gegen die Anträge. Auf seine Anfrage habe das Syn— dikat der Mäller offiziell geantwortet: unter keiner Bedingung eine Herabfetzung (hört, hört! rechts), Beibehaltung des status quo! Die Muller feien früber abbängig vom Zwischenhandel und der Spekulatien gewesen. Seit Einfübrung der Getreidezölle kauften die Müller ihr Getreide beim Bauern selbst und die Bauern hätten direkten Absatz bei den Müblen. Müller wie Bauern seien mit dem jetzigen Zustand zufrieden und wiesen die Anträge energisch zurück. Die Städte hätten dasselbe Interesse; wo die Landbevölkerung arm sei, könnten auch die Städte nicht prosperiren. (Sehr richtig! rechts) Im Namen der großen Mehrbeit Elsaß Lothringens bitte er dringend, die Anträge abzulebnen. Wenn man sie nicht ablebne, so werde das in Süd. deutschland grobe Störungen nicht nur im Verkebr, sondern auch im Wohlstand herbeiführen. Bei der jetzigen Stellung Elsaß ⸗Lothringens im Deutschen Reich sei es wichtig, wenn der westliche Theil des Reichs auch zufrieden sei. (Lebhafter, anhaltender Beifall rechts)

Abg. von Komierowski: Es habe ihn gefreut, daß gerade ein Vertreter det Landwirthschaft aas dem fernsten Westen in dieser Art gesprochen babe, wie der Vorredner. Die Polen hätten stets Be— strebungen, die Landwirthschaft zu heben und zu befestigen, auf das Lebhafteste begrüßt und unterstützt und ständen auch jetzt auf diesem Standpunkt. Solche Bestrebungen zu unterstützen, sei zunächst politisch richtig. Die „National Zeitung“, die doch sonst den Zöllen nicht sympathisch gegenüberstebe, komme zu seiner Freude heute zu fol- gendem Schluß: Man muß pollständig in großstädtischen Vor⸗ stellungen befangen sein, um die Thatsache zu ignoriren, daß die ganze politische Konstellation des letzten Jahrzehnts auf der Anerkennung einer Interessengemeinschaft mit dem Großgrundbesitze Seitens weiter Kreise der kleinen Landwirthe beruhte. I‚m Südwesten Deutschlands, wo der Großgrundbesitz äußerft schwach vertreten ist, trat die länd— liche Bevölkerung ebenso auch roch bei den letzten Wahlen für die landwirthschaftlichen Zölle ein, wie im Nordosten, wo der Großbesitz berrscht“ Wenn das leute selbst die National⸗Zeitung“ schreibe, so müsse wohl etwas daran sein. Auch vom allgemeinen sozialen Gesichtspunkte müfse man die Bestrebungen zur Erhaltung der Land wirthschaft unterstützen. Im Osten seien 80 ι der Berölkerung Landwirthe, darauf angewiesen, von der Landwirthschaft zu leben. Die übrige Berölkerung, Handwerker, Gewerbetreibende ꝛc., habe mit ein Interesse an der Erhaltung der Landwirthschaft. Die Landwirth⸗ schaft befinde sich tbatsächlich in einer Nothlage, und diesen Noth— stand wolle der Antrag noch vergrößern. Eine gewisse Eifersucht wolle nicht, daß es der Landwirthschaft gut gebe. Der Woblstand der Land wirthschaft würde aber die günstigsten Konsequenzen haben. Ein Be— weis für den Nothstand sei es doch, wenn Hunderttausende von Arbeitern vom Osten nach dem Westen gingen, um Arbeit zu haben. Es sei gestern bestritten worden, das Arbeitermangel bei der Landwirth— schaft eintreten würde, wenn angemessene Löhne gewährt würden. Er weise dem gegenüber darauf hin, daß man vor zwei Jahren für das Ausmachen des Scheffels Kartoffeln 25 3 gezahlt habe, während der ganze Scheffel nur 70 3 gebracht habe. Nur die völlige Be⸗ seitigung des Ausweisungsgesetzes könne dem Arbeitermangel abhelfen; denn alle Erlasse der Ober ⸗Präsidenten könnten bei der arbeit⸗ suchenden Bevölkerung nicht die nöthige Sicherbeit hervorrufen. Von der linken Seite sei den Polen so häufig zugerufen worden: erschüttert nicht die Zuversicht in den Handel und die Industrie; er rufe der linken Seite heute dasselbe in Bezug auf die Landwirtbschaft zu. (Beifall bei den Polen und im Centrum.)

Abg. Dillinger: Er könne in das hohe Lied über die Seg⸗ nungen des Getresdezolls, welches der Abg. Freiherr Zorn von Bulach aus dem Elsaß gesungen babe, nist einstimmen. Die Verhältnisse, wie sie von ihm dargestellt worden seien, fänden auf Baden keine An—⸗ wendung. Er (Redner) könne auch dem nicht zustim men, was der Abg. von Hornstein gestern bezüglich der bäuerlichen Verhältnisse in Baden behauptet habe. Der Abg. von Hornstein habe unter Anderem angeführt, daß die badischen Bauern, für die er hier spreche, sich über drei Dinge beklagten: über den österreichischen Candelsvmrtrag, über eine eventuelle Aenderung auf den Identitäts nachweis und vor allen Dingen über die Aufbebung der Grenzsperre gegen die Wiederkäuer. Er habe sich sogar zu der Aeußerung verstiegen, er wolle eine engere Freundschaft mit Desterreich nicht erkaufen mit dem Verrath an dem Bauernstand. So lange der Abg. von Horn— stein solche Ansichten als Privatmann oder seinen Wäblern gegen über vertrete, sei das seine Privatsache. Wenn er aber im Reichs— age als Sprecher des badifchen Bauernstandes dies bebaupte, so müsse dem entgegengetreten werden. Seine Behauptung beruhe auf einer völligen Verkennung der thatsächlichen Verhältnisse des Bauernstandes in Baden. (Hört, hört! links., Der Abg. von Hornstein befinde sich mit seiner Bebauptung, daß von den Getreidezöllen eine große Anzabl der badischen Bauern einen Vortheil babe, im Gegensatz zu den Erhebungen, die auf Veranlassung der badifchen Regierung gemacht worden seien, und zu der Aeußerung, welche ein Regierungsvertreter von Baden vor einigen Jahren gethan babe. Derselbe habe gesagt: Wenn er auch aus finanzpolitischen Gründen einer mäßigen Erhöhung der Hetreidezölle durchaus vmpathisck gegenüberstehe, jo müsse er aller. dings die Meinung auf das Entschiedenste bekämpfen, als ob mit einer solchen mäßigen Erhöhung nun auch die Lage der bäuerischen Bevölkerung irgendwie nennenswerth verbessert werden könne. Gehe doch aus den Berechnungen der badischen Enquete hervor, daß z. B. ein Wirth im Süden Badens mit einem Besitz von etwas über 50 Morgen bei Verdoppelung der Getreidezölle auf eine Ver⸗ mebrung von höchstens 50 S bei einer sonstigen Gesammtein⸗ nahme von 3000 S6 rechnen könnte. Dies sei nicht angethan, seine wirtbschaftliche Lage von Grund aus umzugestalten, und doch stellten diese Bauern mit einem Besitz von 50 Morgen und mehr etwa nur 2 bis 3 O aller landwirthschaftlichen Betriebe dar. Mit den Mitteln der Getreidezollpolitik könne also der bäuerlichen Be— völkerung und namentlich demjenigen Theil, der am meisten der Aushülfe bedürfe, dem kleinen und mittelbäuerlichen nicht oder doch nur in sehr unbedeutendem Maße gebolfen werden. So habe ein Ver—⸗ treter der badischen Regierung gesprochen anders der Abg. von Hornstein. Die Behauptung des Abg. von Hornstein, als ob in Baden irgend wer gegen die Aufhebung der Grenzsperre für die Vieheinfuhr sei, sei eine irrige. Gerade in der letzten Zeit seien verschiedene städtische Behörden in Baden wegen Aufhebung der Grenzzölle vorstellig geworden, und das barische Ministerium habe, soviel ibm (dem Redner) bekannt, Schritte gethan, um eine Erleichterung im Grenzverkehr zu ermöglichen, weil ein bedeutender Rückgang des Fleischgenusses und somit eine Verschlechterung der Lebenshaltung

in die Stadt und f Fülle. Wolle man die

in Bezug

der Bevölkerung sich bemerkbar gemacht habe. Auck der Ausfall der Wahlen in Württemberg, und insbesondere in Baden,

sollte zu denken geben. Gerade in Baden hätten die drei Abgeordneten der Opposition, zu denen auch er (Redner) gehöre, ibre Wahl dem Umstande zu verdanken, daß sie für eine Hrab⸗ setzung der Lebensmittelzölle zu wirken versprochen hätten. Dieses Versprechen habe selbst bei den Wählern gutes Gehör gefunden, die sonst zum Centrum hielten. Wenn der Aba. von Hornstein ferner gesagt habe: wir wollen eine engere Freundschaft mit Desterreich nicht durch einen Verrath an unserem Bauernstande erkaufen, so sei dies eine total verfeblte Anschauung der badischen Zustände, und er (Redner) müsse dem Abg. von Hornstein zurufen: wir wollen eine fernere Begünstigung des größeren Grundbesitzes nicht dulden, weil wir sonst einen Verrath an den wahren Interessen des gesammten Volkes begehen könnten. (Sehr richtig! links) Er (Redner) bitte deshalb. für die Herabsetzung der Lebensmittelzölle zu stimmen. (Bei⸗ fall links.)

Abg. von Hoensbroech: Nach den Ausfübrungen des Abg. Freiherrn Zorn von Bulach begreife er wirklich nicht, wie der Vorredner noch es so darstellen könne, als involvire der Kornzoll eine Begünstigung des Großgrundbesitzes. (Sehr richtig! rechts und im Centrum) In der Broschüre des Dr. Kühn vom Jahre 1885 sei gerade in Bezug auf Baden nachgewiesen, daß dort der Grundbesitz von 5 10 ha relativ am meisten an dem Verkauf von Getreide betheiligt sei. Der Schriftsteler Broemel habe sich gestern gegen den Bauern Lutz gestellt. (Vije⸗Präsident Graf Ballestrem macht den Redner darauf aufmerksam, daß es nicht üblich sei, Ab⸗ geordnete nach ihrem Berufe außerhalb des Hauses zu ke⸗ zeichnen,. Er wolle nur darauf zurückkommen, daß der Abg. Broemel gestern den Abg. Lutz fortwährend als Bauern titulirt habe, und sagen: wenn es sich um die Bewirthschaftung eines landwirthschaftlichen Gutes handeln würde, so würde er (Redner) es lieber in die Hand des Bauern Lutz, als des Broemel geben. Der Abg. Broemel babe nach der Berufsstatistik angeführt, daß es in Preußen 5 Millionen landwirtbschaftliche Betriebe gebe. Diese Zabl sei durchaus unrichtig, weil die Statistik auf Grund der Frage aufgenommen worden sei, ob unmittelbar von der Haushaltung Landwirthschaft betrieben werde. In Folge dessen seien unter landwirthschaftliche Betriebe auch aufgenommen kleine Handwerker, Kaufleute, Beamte, Offiziere, die einen kleinen Garten bätten. Alles das sollten landwirthschaftliche Betriebe sein! Es sei das geradezu unsinnig, und die Statistik leite in dieser Be⸗ ziehung absolut irre. Um die wirkliche Zabl der landwirthschaftlichen Betriebe herauszubekommen, müßte man alle diese eben genannten Betriebe erst abzieben. Bei der Behauptung, daß der Getreidejoll das Brot des armen Mannes vertheuere, ließen die Herren außer Acht, was mit dem Roggen geschehe, bis er als Brot in die Hütte des armen Mannes komme. Aus der amtlichen Statistik über die Brotpreise in Karlsruhe vor den Jahren 1870 bis 1890 ergebe sich, daß der Brotpreis bei niedrigem Roggen preise höher gewesen sei als bei bohem Roggenpreise. Es liege dies an den Manipulationen des Zwischenhandels und der Bäcker. In Karlsruhe sei gegengärtig der Roggenpreis 220 4, der Brotpreis 42 , irn seiner Heimath Geldern der Roggenpreis 250 M und der Brotpreis 285 3. (Hört, hört! im Centrum und rechts.) Angesichts derartiger Unterschiede werde absolut nicht mehr behauptet werden können, daß der Brotpreis mit dem Roggenpreis irgendwie im Zusammenhang sich befinde. (Sehr richig! im Centrum und rechts) Was nun die Sperre anbetreffe, die die Fleischpreise so gesteigert haben solle, so verkenne er nicht, daß in den östlichen Grenzdistrikten durch die Plötzlichkeit der Maß⸗ regel eine entsprechende Wirkung nicht ausgeblieben sei. Der kleine Landwirth habe hier einen bedeutenden Vortheil gehabt, indem er annehmbare Preise für sein Vieh erbalten babe. In den westlichen Distrikten sreziell an der holländischen Grenze seien die Fleischpreise aber nach wie vor niedriger als in Holland, wo so gut wie gar keine Zölle und keine Sperre beständen. In dem deutschen Kempen seien die Preise für das Pfund Rindfleisch, Kalbfleisch und auch Hammel fleisch immer um 3— 3 niedriger, als in dem bolländischen Venloo (65 gegen 68 bis 76 I), dazu werde in Holland in großen Massen amerlkanisches Fleisch konsumirt. Trotz der strengsten Kontrole, trotz aller Ursprungszeugniffe. die von deutscher Seite verlangt würden, seien 89 C' des Specks, der als bholländischer Sxeck nach Deutschland komme, amerikanischen Ursprungs. Die Stimmung der rbeinischen Landbevölkerung sei den allerdings un— kontrolirbaren Gerüchten, die über die deutsch österreichischen Ver- bandlungen durch die Zeitungen gingen, keineswegs günstig. Als 1835 der bekannte internationale Kongreß in Pest zuerst den Gedanken eines schutzzöllnerischen Bündnisses jwischen Desterreich und Deutschland proklamirt habe, habe man auch in seiner Gegend den Gedanken mit großer Sympathie aufgenommen, weil man wie in politischer, so auch in wirthschaftlicher Beziehung ein mitteleuropäisches Defensivbündniß für heilfam gehalten babe. Bei den Nachrichten, die jetzt über die Verhandlungen mit Desterreich verlautbarten, sei aber eine große Beunruhigung an die Stelle der Sympathie getreten. Man wolle in der rheinischen Bevölkerung unter keinen Umständen ein Aufgeben der jetzigen Getreide: und Viebzölle; die ganze westdeutsche Be⸗ völkerung denke ebenso. Wenn aber jener Versuch gemacht werden sollte, so sei er nicht zweifelhaft, daß in der ganzen ländlichen Be—⸗ völkerung des Westens eine sturmartige Bewegung dagegen losbrechen würde. Die Sozialdemokraten allein würden das wobl nicht begreiflich finden. bi Weizen, oder richtiger, ihr Unkraut blübe nur auf der Unzufriedenheit. An den industriellen Zöllen wollten rütteln, weil sie sehr wohl

seien. Fielen so würden alsbald alle Arbeiter von der Sozialdemokratie abf Bei den landwirtbhschaft⸗ lichen Zöllen liege die Sache insofern anders, als die Sozial demo⸗ kraͤtie unter den Landarbeitern Anbänger nicht habe. (Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Sie wollten also zunächst unter diesen Unzufriedenheit erregen, ein Landproletariat schaffen und deshalb der Landwirthschaft die Zölle versagen. Das sei die wirkliche Tendenz der sozialdemokratischen Agitatoren und alles Andere sei eitel Lug und Trug. (Unrube bei den Sozialdemokraten.) Ein kürzlich in dem offiziellen Organ der sozialdemokratischen Partei erschienener Aufruf spreche ganz für seine Ansiht. Die Soztaldemokraten wollten die Unzufriedenen aus allen Ständen um sich versammeln, sie verträten inen Stand. Das Interesse des Centrams sei es, die alten Berufs stärken. Man könne das nur, indem man die wirthschaft⸗ lichen teressen derselben stärke und kräftige In diesem Sinne bitte er, gegen die Anträge zu stimmen. (Beifall rechts.)

Abg. Dr. Barth: Von den Herren, die heute hier die agrari⸗ schen Interessen vertheidigt hätten, sei ihm der interessanteste der Abg. Freiberr Zorn von Bülach, der ilm als der richtige französische Trpus des Protektionismus erscheine. Der Grund dafür, daß der französische Liberalismus in seiner abgeschwächten Form schutzzöllnerisch, der deutsche aber freihändlerisch sei, liege darin, daß jener noch heute dieselbe Sorte sei, die unter der Regierung der Orleans in den dreißiger und vierziger Jahren wahre Orgien der Schutz;ollpolitik ge⸗ feiert habe. Das Wort enrichissez-vons sei damals das Schlagwort jener liberalen Schutziöllner gewesen. Diese bätten es fertig gebracht, daß die Orleans alsbald abgewirthbschaftet bätten, und daß als die natürliche Fruchtfolge der Cäsarismus entstanden 1. Gerade diese Interessenpolitik des französischen Liberalismus mußsse Deutsch⸗ land veranlassen, ähnliche Tendenzen fernzuhalten. Der deutsche Libera—⸗ lismus sei deshalb von dem französischen von Grund aus verschieden, und darauf seien die Freisinnigen stolz. Der Abg. Freiherr Zorn von Bulach babe das volkswirthschaftliche Wunder vorgetras en, daß die Gemeinde von Gravelotte darch die Zölle jäbrlich 8600 Æ mehr Einnahme babe. Daß die Leute, die solche Mehreinnahmen hätten, zufrieden seien, glaube er (Redner) gerne, aber wer bezahle denn die S000 M ? Datauf sei der Abg. Freiberr Zorn von Bulach die Ant⸗ wort schuldig geblieben. Es könne doch nur Einer gewinnen, was der Andere verliere. Daß bei Paris große Jagdliebbaber in der Lage seien, außerordentlich große Strecken für das Jagdvergnügen zu pachten, anstatt dieselben den Bauern zu überlassen, glaube er (Redner) gern. Die reichen Leute in Frankreich und speziell die

Bankiers ließen sich eben ihr Jagdoerznügen außerordentlich viel kesten, und jenes Argument beweise nur, daß es in Paris viele Leute gebe, die bereit seien, einen selbstgeschoffenen Hasen etwa mit 100 Fr. jahrlich zu bezablen. Ein Beweis, das es der Landwirth⸗ schaft in Frankreich schlecht gebe, sei dies gerade nicht. Der Abg von Helldorff habe gestern mit einem Gefübl von Befriedizung darauf hingewiesen, daß die Mehrheit des Hauses die Anträge nicht an die Budgetkommission verweisen, sondern sie einfach ablehnen werde. Seiner Partei (des Redners) könne auch das recht sein Der Antrag bilde eben einen Theil des Programms einer Coll- ständigen Zoll und Steuerreform, welche nach der Natur der Dinge erst im Verlauf der Jahre ihre Befriedigung erfahren werde. Möge die Menrheit auch noch so sehr schwelgen in dem Gefühl augenblicklich die Majorität des Hauses zu haben, sie merke es doch daß seit einem Jahre der Wind ganz bedeutend umgeschlagen sck— Wenn seine Partei die Freude haben jollte, daß die Verhandlungen mit Oesterreich zu einem Resultate fübrten, werde die Mehrheit sich beeilen, dem Vorschlage der Regierung zu folgen und für eine Er⸗ mäßigung der Zölle zu stimmen. (Rufe rechts und im Centrum: Nein! Nein!) Wenn sie so unbesonnen sein sollte, die Majoritãt einem solchen Vorschlage gegenüber nicht zu gebrauchen, so würde er sich im böchsten Grade befriedigt füblen. Es ürden die ver⸗ bündeten Regierungen gejwungen sein, aufzulösen, und dann sei es mit dieser Majgrität endgültig vorbei. Der Abg. Graf Kanitz habe alles mögliche Schlechte über die industriellen Schutzslle gefazt und seine (des Redners) Partei unterichreibe das vollständig. Auch er (Redner) halte die industriellen Schußzölle für beinahe so schlecht wie die agrarischen. (Hört, hört Es sei aber thoöͤricht zu verlangen, daß sämmtliche Schutzzölle mit einem Male befeit gt würden. (Aha! rechts.) Man stelle auch nur das Verlangen, weil man wisse, daß es vorläufig unerfüllbar set. Seine Partei wolle das bisherige Schutzzollspstem beseitigen, indem sie es stückweise zerstõre und an dem Punkte anfange, der am allerwenigsten zu vertheidigen sei, und das seien die Getreidezölle. Die Gegner legten befonderen Werth darauf, den Freisinnigen begreiflich zu machen, daß die Ge— treidezölle vorzugsweise dem kleinen Mann, dem Bauer nützten. Sie Situation müsse aber für die Anhänger der Zölle bereits febr be— denklich geworden sein, daß sie sich hinter dem Rücken des Bauern deckten. Es sei deshalb nothwendig, zu untersuchen, ob bei den grari- schen Schutzzöllen das landwirthschaftliche Gewerbe Vortheil babe, Man unterscheide niemals zwischen dem Bebauer des Grund und Bodens und dem Besitzer desselben. Die agrarischen Zölle interessirten nur den Besitzer, nicht den eigentlichen Bebauer des Bodens. Man nehme einen in Berlin an der Börse reich gewordenen Bankier, der vielleicht nicht einmal Hafer von Gerste unterscheiden könne, aber sich in den Besitz von mehreren Rittergütern gesetzt habe, die er dann vervachte Sci ein solcher Mann der Repräsentant des landwirtbschaftlichen Gewerbes? Nein! Man nehme einen Mann, der das landwirthschaftlich Gewerbe von Grund aus verstebe, aber das Malheur gebabt habe, daß kein Rittergut an seiner Wiege gestanden habe. Glaube man, daß ein solcher Mann ein Juteresse daran habe, recht hohe Pachtpreife zu zahlen? Er könne nur daran Interesse haben, seine Kenntniffe möglichst produktiv zu verwertben und nicht durch die Gesetz gebung gezwungen zu sein, unnatürlich hobe Pachtpreise zu zablen. Der eigentiiche Zweck der agrarischen Zölle liege nur in der Steigerung des Werthes von Grund und Boden. Im November 138384 habe der da— malige Staatssekretär von Burchard unter dem lauten Beifall der Rechten erklärt: wenn die Getreidezölle das erfüllen, was sie sollen, werden sie den Preis von Grund und Boden steigern. Daraus gehe doch hervor, daß dem mit den besten Kenntnissen ausgestatteten Manne, der nicht Besitzer sei, der Erwerb erschwert werde, und daß dem eigentlichen landwirthschaftlichen Gewerbe die agrarischen Zölle nur schädlich seien. Wenn die Interessen in einer Person vereinigt seien, läusche sich eben der Jatereffent uber den Zweck der Zölle. Je größer die Arbeit sei, die ein Landwirth auf seinen Boden verwende, je mehr schädigten ihn die Zölle, je größer müsse sein Interesse an der Aufhebung der Zölle sein. Daraus ergebe sich, daß die Auf⸗ fassung, als ob der Setreidezoll der Erhaltung des kleinen Grund— besitzes nützlich sei, eine grundfalsche sei. (Widerspruch rechts.) Man habe nun in den letzten Tagen vielfach darauf hingewiesen, es sei ja gar nicht wahr, daß hier überhaupt eine Erhöhung der land wirtbschaftlichen Produkte durch den Zoll eintrete. Der Abg. bon FKardorff habe sich zu seiner (des Redners) großen Ueberraschung einen großen Theil dieser namentlich vom Abg. z20n Schalscha ver⸗ tretenen Anschauungen angeeignet, indem er gesagt habe, der Zoll werde vom Auslande getragen, das sei eine Wahrheit, die kein volks⸗ wirtbschaftlich denkender Mensch ableugnen könne. Der Abg. von Helldorff liebe es, sich selbst gelsgentlich zu attestiren, daß seine An. schauungen die volkswirthschaftlich allein haltbaren seien. Ec (Redner) sei anderer Meinung, und der Abg. von Helldorff selbft babe sich mit seiner gestrigen Meinung in Widerspruch gesetzt mit einer Aeußerung aus dem Jahre 188 wo er gesagt habe: Wenn in früheren Zeiten oft auch von unserer Seite ausge⸗ fübrt worden ist, daß in Wirklichkeit die Zölle gar keine Steigerung der Preise hervorrufen, so war das Trost für schwache Gemüther.

be schon schwach geworden sei und er sich selbst tröste. Wenn in der That unter der Ein wirkung der agrarischen Zollpolitik die Preise in die Höbe gegangen seien, wie der Abg. von Helldorff zugebe, dann könne er auf der anderen Seite nicht davon sprechen, daß das Ausland den Zoll zable. Was heiße denn überhaupt, das Ausland zahle den deutschen Zoll? Wenn es einen Sinn baben solle, so könne es nur der sein, daß man sage, es werde durch die einseitigen Maßregeln der deutschen Zollpolitik be— wirkt, daß die Preise auf dem Weltmarkt zum Sinten kämen, und das wirke indirekt wieder auf Deuischland zurück. Da aber trotz der Zollmaßregel eine Einschränkung im Konfsum nicht eintrete, so habe das Ausland keine Veranlassung, überhaupt mit seinen Preisen so herunterzugehen, daß durch eine derartige Maßregel der Preis auf dem Weltmarkt gedrückt werde. Wenn aber thatsächlich durch diese schlechte Zollpolitik der Weltmarkipreis in unnatürlicher Weise heruntergedrückt würde, so. würde das nur ein neuer Schuldposten sein, der auf das Konto der Schutzzöllner gehe, denn damit würde eine Deroute auch auf dem Weltmarkt konstatirt sein. Von Monat zu Menat breche sich im Volke die Uederzeugung Bahn, daß die protektionistische Gesetzgebung nichts sei, als eine Be— steuerung der inländischen nationalen Arbeit zu Gunsten des Kaxitals, eine künstlichke Begünstigung des Kapitals fowohl im privilegirten Industriekapital, wie in dem privilegirten Kapital der Landwirthschaft Er habe sich immer gewundert, wenn von Seiten der Herren Groß— grundbesitzer mit sylchem Behagen das mobile Kavital angegriffen worden sei Sebe man denn nicht ein, daß das im Großgrundbesitz angelegte Kapital der sonialdemokratischen Kritik unendlich viel mehr Angriffspunkte biete, als das mobile Kapital? Die Sozialisten hätten wohl Bedenken, das mobile Kapital in Kollektiv⸗ eigenthum zu verwandeln, bei dem Grundeigenthum brauche man nicht so rücksichtsvoll zu sein, weil hier ganz andere Gründe der allgemeinen Wohlfahrt mitsprächen. Er selbst geböre zu den entschiedensten Bekämpfern des Sozialismus. (Lachen rechts.) Gewiß, die Herren der sozialdemokratischen Partei würden ihm das be- stätigen. Gerade weil er ein entschiedener Vertreter des Privat⸗ eigenthums sei, deshalb könne er ihre selbstmörderische protektionistische Politik nicht unterstützen, denn durch nichts könne man so sebr dem Sozialismus in die Hände arbeiten, als dadurch, daß man diese Kapitalistenpolitik weiter fortfetze. Man könne den Sozialismus wirksam nur bekämpfen, indem man die gerechten Beschwerden der großen Masse des Volkes berücksichtige, und, indem man eine der artige Zoll- und Steuerpolitik aufgebe. Es freue ihn, daß die ver⸗ bündeten Regierungen, wie es scheine, nach dieser Richtung einen etwas größeren Standpunkt jetzt einzunehmen gesonnen seien, als es unter dem Fürsten Bismarck der Fall gewesen sei. Gerade hier sei der alte Spruch am Platze, daß die Ereignisse volentem ducunt et nolentem trahunt. Man babe versucht, mit allerlei staatsfozialistischen Mitteln die soziale Unzufriedenbeit zu beruhigen, aber die paar Tröpfchen staatssofialen Dels, welche man

1 n 1

auf die aufgeregten Wogen getröpfelt habe, hätten nicht besänftigt. Wolle man wirklich soziale Zuftiedenbeit so breche man mit der Interessenpolitik, welche die letzte dieser aufgeregten Wogen jei. (Beifall links)

Abg. von Kardorff: Er habe sich

mus n thun Protek tionisten

etwas mit dem Orleanis mus gebabt; die alten Demokraten seien die hestigsten gewesen. Die jetzige extreme Linke in Frankreich seien die allerbeftigsten Protektionisten. Der Abg. Richter habe gestern es nicht unterlassen können, wieder den Fürsten Bismarck auf das Nachdrücklichste zu verunglimpfen. Er (Redner) babe sich nicht darüber gewundert. Diese Art der Verunglimpfung und der Angriffe gegen den Fürsten Bismarck gehöre so fehr zu den Tebens« gewobnheiten des Abg. Richter (Praͤsident von Levetzow: Ich bitte den Herrn Abgeordneten, nicht einem Mitalieze vorzuwerfen, Taß er Jemanden verunglimpft). .. also die Angriffe gehörten so zu den Lebensgewohnheiten des Abg. Richter, daß er (Redner) wirklich glauben würde, daß eine Besorgniß für seinen Gesundheitszustand berechtigt wäre, wenn er irgend eine Rede hielte, in der er nicht ähnliche An— griffe gegen Bismarck ins Feld führe. Bismarck müsse eben immer berbalten. (Zuruf des Abg. Richt Bei Ihnen ist es die Doppel⸗ währung! Heiterkeit links.) C die Art seiner Angriffe diene nur dazu, das Andenken dieses großen, gewaltigen

jedem Schritte seiner Politik; nach zu⸗ weisen gesucht habe, so sei ibm der Beweis kierfür bei der grotzen Mehrheit der deutschen Nation mißlungen. (Beifall rechts) Eins sei ihm (dem Redner) allerdings klar, und das tröste

bg. R

verändert

citirt, von dem derselbe nichts K elch as Redaktionsnest der ] Der Abg. Leuschner habe den Artikel schon offiziell Namens der Fraktien desdvouirt und er (Redner) erkläre, daß auch die Fraktion des Abgeordnetenhauses nahmen, welche mit ihm nicht ganz in der W einstimmten, den Artikel desavouirt habe. Aber selbst Diejenigen, die mit ihm in der Währungsfrage nicht übereinstimmten, seien gerade desbalb noch riel weniger für die Abschaffung der Getreide;ölle. Der Abg. Richter habe die Stellung des Fürsten Bismarck zum 5sterreichischen Handelsvertrage erwähnt und gemeint, daz er (Redner) seine Auffassung über den österreichischen Handelsvertrag dem Fürsten Bismarck verdanke. Er (Redner) sei Schutzzöllner gewesen, als die Regierung noch lustig im Fahrwasser des Freibandels gesegelt habe. Hier habe aber der Abg. Richter zufällig Recht. Nur darin habe er Unrecht, daß diefe Erleuchtung jetzt erst über ihn gekommen sei. Nein, sie datire aus dem Jahre 1880/81. Damals als er (Redner) die Idee eines mitteleuropäischen Bundes oder Vereins gebabt habe, babe er mit dem Fürsten von Bismarck darüber gesprochen und sich durch ihn belehren lassen, ebenso auch durch den Herrn von Varnbüler. Da⸗ mals babe ihn (den Redner) Bismarck belehrt und durch den unerbittlichen Menschenverstand, der die bervorragendste der großer Eigenschaften dieses Staatsmannes von jeher gewesen sei, rabe er (Redner) seine Meinung über das Verbaͤltniß von vpolitischen und Handelsbeziebungen erhalten. Es sei damals über die Beziehungen zwischen Deutschland und Desterreich, auch zwischen Deutschland und England und Rußland gesprochen worden. Schon damals babe ihn Bismarck zu der Meinung bekehrt, die er (Redner) in der Post“ ausgesprochen habe. Wenn der Abg. Richter glaube, das seine Meinung desbalb werthloser sei, weil sie mit der des Fürsten Bis— marck zusammenfalle, so glaube er (Redner) umzekehrt, das sie gewinne dadurch, das Bismarck sie theile. Mit den verbündeten

Regierungen habe er ein sehr ernste möchte darauf

chen uüchen,

Jedenfalls tranzportirten

viel billige ihr Getreide Produzenten, und in Folge esse gleiche der Fracht die andere Haͤlfte des Deutschland für eine Veranlassung, Oesterreich g zu ermäßigen? (Sehr ricktig! rechts Außer de komme noch das große Kapitel der Refaktien hinzu. n der Abgeordneten sei ausdrücklich auf das Programm nd der Getreidezölle hin gewählt und könne cine Herabsetzu treidezölle, selbst in Form eines österreichischen He nicht verantworten. Als Aequivalent für eine ölle habe er die Regelung der Wäbrungsfrage

auch noch andete Dinge als Aequivalent, aber

für einzelne Gegenden. Z. B. wäre der Osten mit eine setzung der Gisenbabnfracht vom Osten nach dem sehr zufrieden und würde gegen eine gewisse minderung der Zölle eintauschen, aber Süddeutschland wäre schwerlich einverstanden. Ebenso verbalte es sich mit der Aufhebung des Identitätsnachweises. Er sei ein großer Anhänger der selben, obwohl Schlesien weder einen besonderen Vortheil, noch besonderen Nachtheil davon babe. Aber er glaube, eine Preissteigerung würde die Folge sein, und darin könnte man ein Aequivalent für eine Herabsetzung der Zölle finden, wenn es überhaupt möglich wäre, für die Aufhebung des Identitatsnachweises eine Mehrheit zu finden, was er nicht glaube, weil Mittel- und Ostdeutichland Gegner der“ selben seien. Ohne daß der deutschen Landwirthschaft ein aus— reichendes Aeguivalent geboten werde, könne ein großer Theil der Mit— glieder des Reichstages. welche bisher der protektionistischen Politik das Wort geredet hätten, nicht für eine Ermäßigung der Zölle stimmen, weil sie es vor ibren Wählern nicht verantworten könnten. Redner verliest darauf längere Stellen aus einer Petition einer Gemeinde, welche bedeutende Gänsezüchtereien hat, sich darüber be—⸗ schwert, daß so viele russische, ungarische und polnische Ganse im portirt werden, und einen höheren Gänsezoll In

16 Me 8 F Bs

* .

Herabsetzun

verlangt. In der Petition wird u. A. ausgeführt, daß nicht die Grafen, Barone, Rittergutsbesitzer es seien, welche die jungen Gänse auskriechen lassen (Heiterkeit), und daß nicht die Balonessen und gnädigen Frauen die alten Gänse nudeln und stopfen, sondern daß gerade die kleinsten und ärmsten Leute, die Rustikalen, die Stellenbesitzer und Häusler Züchter und Mäster der Gänse seien. Von polnischen Juden würden die russischen, ungarischen, polnischen Gänse zu billigsten Preisen auf den Markt gebracht. Es sei eine Lüge, wenn die „Freisinnige Zeitung! behaupte, das Verbot der Kunstbutter käme nur den Großgrundbesitzern zu Gute. Solche Bemerkungen sollte sich auch die Regierung merken. Er (Redner) glaube, sie sei manchmal über die Stimmung in der Nation nicht ganz richtig unterrichtet, sonst würde sie nicht ernstlich an eine Ermäßigung der Getreidezölle denken können. (Sehr richtig! rechts) Was die offisiöse Presse betreffe, so babe sie insofern einen schlimmen Einfluß gehabt, als sie diejenigen Parteien, welche die Regiersng unterstützten, eingeschläfert babe. Seit dem Verschwinden der offijiösen Presse erlebe man jest das Schauspiel, daß in der Presse bebauptet werde, der alte Kurs fei vor⸗ über, es käme eine neue wirthschaftliche Zukunft. (Rufe links:

Hoffentlich) Ja, die öffentliche Meinung sei ganz verdreht worden.

Heiterkeit. Man mũsse erbaltenden Parteien wärden diesem Feldzuge geschlagen

59 6. werde, sein Votum vor dem

rechts.) Schluß 41 Uhr.

Ein Vertagungsantrag wird angenommen.

(Siehe Nr. 13 des R. u.

Der Etat für das Minister nahme von 3892 341 4 (— auf die Verwaltung des Innern die Polizeiverwaltung 237 3838

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sind B 493 35 30 264 6, wande perfönli sonstigen Ausgaben 227 (4 1330 ½) erforderlich geworfen: an Besoldungen Mehrausgabe ist dadurch nöthi des Gesetzes gegen die demokratie, wie an all Landgendarmerie ö sicherer Erfolg laß in Be;

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efindet sich ein Fünftel storien der Provinz Hann 21 285 ; katholischer Unterricht Unterricht 159 194,79 60

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Medizinalwesen

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befindet richtung desselben zur Sprachen in Höhe von beträgt 2 S35 030 M gegen 26517 Von den dauernden Ausg rium 1058 650 SM (=— 22130

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welche in Folge der seit einer Reih intensiv derartig gewa F senen Arbei technischen Räthen in jeder Abtheil konnte, hervorgerufen

soldungen der Unterbeamten nicht Wohnungsgeldzuschüsse betragen 11 persönlichen Ausgaben 92 830 S w Ausgaben 85 160 ½ ( der Miethe Dau 1891 ab entbehrlich w Bei dem e eli Ausgaben auf 146 38397

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mischte Einnahmen 224 967,53 60 uschuß des Reichs zu

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auf Besoldungen 763 300 M ( 43 000 M) ist durch die Schaffung d

32000 (). auses Wilhelmstraße 76 a, welches vom 1. Ai

110 100 6 (— 1200 4. für Woh n 7

Preußischer Staatshaushalts⸗Etat für das Jahr 1891 92.

* t St. A.“ vom 15. Januar.)

inm des Innern weist eine Sin o6 404 J auf. Hiervon komme 3 96, 99 M (— 1532,94 4)

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Ausgabe 171 4 j das isch

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8 R * 8 Behörden und

S ( 1329043:

66 (— 180 A), an anderen

und an soastigen 3 535.335 6 n Berlin 50? 495 AS), an anderen an sächlichen F), im Ganze 66

11sIA.T TIN 2 zul ammen 1 1 .

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53 48 305 60), An

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*) und für Bedürfnisfen

zur Best Ergel Volkszählung, if der Insel Bor⸗ für das Grenz—

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und 23 ür den Ankauf eines

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aden entfallen auf das Mini ste⸗ e); Ton dieser Summe kommen Diese Steigerung der on iwei vortragenden Rathestellen,

von Jabren sowobl extensiv vie tslast, daß sie von den drei schrl⸗ ung nicht mehr bewältigt werden Andererseits mußten auch zwei

neue Expedienten.· und Kalkulaturftellen und eine neue Registrator⸗ stelle errichtet werden und veranlaßte ferner die Erhöhung der Be—

unbedeutende Mebrausgaben. Die

420 0 (4 6180 06); die anderen

ie im Vorhe bre, und die sächlichen Der Minderbetrag ist die Höhe

466),