1891 / 21 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 23 Jan 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Herrenhaus. 5. Sitzung vom 22. Januar 1891.

Der Sitzung wohnt der Minister des Innern Herr⸗ furth bei.

Der Präsident Herzog von Rat hält vom Hause die Ermächtigung

9 auf 20 M .

Graf Pfeil ⸗Hausdorf eripfiehlt den Entwurf mit einigen re⸗ , zur Annahme. Es müsse auch auf diesem Wege dahin gestrebt werden, das Ueber handnehmen der Hunde und damst die Gefahr der Tollwuth möglichst in Schranken zu halten. In manchen Kreisen scheine allerdings die Erhebung einer Hundesteuer als Thierquaälerei angesehen zu werden, sonst könne man sich wenigstens nicht erklären, wie der Thierschutzverein dazu komme, gegen die Vorlage einen lebhaften Protest zu erheben, Was den „Hund des armen Mannes“ betreffe, so sei zu beachten, daß ein Hund soviel verzehre wie ein Kind, die Haltung eines Hundes also für den armen Mann ein unnöthiger Luxus sei; es sei fomit erwünscht, daß er durch eine hohe Steuer davon abgeschreckt werde.

Nachdem der Minister des Innern Herrfurth, sein Einverständniß mit den vorgenommenen Aenderungen (s. die gestrige Nummer. D. Red.) erklärt hat, wird die Vorlage in

ber Kommissionsfassung genehmigt. ;

Namens der Kommission ,, sodann Graf zu Eulen—⸗ burg-⸗Prassen die unveränderte Annahme des Gesetz—⸗ entwurfs, betreffend die Ausdehnung einiger Be⸗ stimmungen der , . zum Pensionsgesetz auf mittelbare Staatsbeamte.

Durch die Vorlage soll die Geltung der S8. 8 (Berechnung der Penfion nach Sechzigsteln, statt nach Achtzigsteln) und 16 (Berechnung der pensionsfähigen Dienstzeit vom einundzwanzig⸗ sten, statt vom achtzehnten Jahre ab) auf die besoldeten Gemieindebeamten ausgedehnt werden.

Ober Bürgermeister Zweigert (Essen) bedauert, daß auch hier wieder nur Stückwerk, nicht ganze Arbeit gemacht werde In zahlreichen rheinischen Kommunen erfolge noch jetzt die Anstellung der Gemeindebeamten ohne jeden Anspruch auf Pension. Es sei eben Alles in das Belieben der Gemeindeverwaltungen gestellt, und diese seien zu einer generellen Regelung ungemein schwer zu bewegen. Zu ben größten Unzuträglichkeiten führe aber die Nichtanrechnung der Militärdienstzeit bei der Berechnung der Pension; dadurch bekämen die Stadiverwaltungen nothwendig das schleg tere Beamtenmaterial. Besonders dringlich sei die Besserstellung der Polizei · Exekutivbeamten der rheinischen Gemeinden, welche fast durchweg keine Pensions⸗ berechtigung hätten; die Regierung müsse sich endlich dieser armen

eamten annehmen.

. Minister des Innern Herrfurth: Zur Erfüllung des Wynsches des Dber⸗Bürgermeisters Zweigert bedürfe es eines Spezialgesetzes, welches für einzelne Kategorien von Beamten schon in Vorbereitung begriffen sei. Die Polizei · Exekutivbeamten in. diesem Gesetze auch schon zu berücksichtigen, werde nicht angänglich sein. Die Anrech⸗ nung der Militärdienstzeit habe die Regierung in Erwägung gezogen, und zwar in der Weise, daß eventuell für dieselbe nicht von der Kommune, sondern aus der Reichskasse eine Pension bezahlt werde. (Beifall) Gegen die Anrechnung auf die im Gemeindedienst zu⸗ gebrachte Zeit spreche der Grundsatz, daß Staat und. Kommune nur für die dem Staat oder der Kommune geleistete Dienstzeit Pension berechnen könnten. ̊.

Dber-Bürgermeister Selk ke (Königsberg): Er sei sebr erfreut darüber, daß Anschauungen, für die er seit Langem eingetreten sei, jetzt auch vom Ministertische geäußert würden. Der auf die Reichs kaffe zu übernehmende Betrag werde nicht allzu erheblich sein. Im Uebrigen würde es sehr erwünscht gewesen sein, wenn auch S. der Novelle, betreffend die zwangsweise Pensionirung mit Ablauf des 6 Lebensjahres, in die Vorlage aufgenommen wäre. Jedenfalls hätten aber die Gemeindeverwaltungen schon jetzt das Recht, Entsprechendes mit ihren Beamten bei der Anstellung zu vereinbaren.

Der Minister des Innern Herrfurth bestätigt letztere Auf⸗ fassung. .

Die Vorlage wird darauf angenommen; desgl. eine von

dem Sber⸗Bürgermeister Zweigert beantragte Resolution: die Regierung aufzufordern, die Pensionsverhältnisse der rheinischen Kommunalbeamten baldigst einer gesetzlichen Regelung zu unter werfen.“ ! ;

Es folgt die Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Abänderung und Ergänzung einiger Bestim⸗ mungen wegen der Wahl von Stadtverordneten, den die Gemeindekommission und zwar mit dem Zusatz, daß auch in der Provinz Schleswig Holstein die ersorderlichen Aenderungen durch den Magistrat zu bewirken seien, gleichfalls zur Annahme empfiehlt.

Vber. Vuͤrgermeister Bötticher empfiehlt die Annahme der Kommissionsvorschläge und referirt zugleich über die dem Hause zugegangene Petition des Vereins Berliner Wohnungtmiether, den 5. 16 der Städteordnung vom 30. Mai 1853 zu streichen. Dieser Paragraph setze fest, daß mindestens die Hälfte der Stadtverordneten aus Hausbesitzern zu bestehen habe; die Streichung werde in der Petition damit begründet, daß eine, Bevorzugung der Hausbesitzer Els des sfeßhaften Theils der städtischen Bevölkerung, namentlich der Großstaͤdte, keineswegs mehr entspreche. Die Petition führt aus, daß in den neun Jahren von 1879 1887 in Berlin nicht weniger als 70 060 aller bebauten Grundstücke den Besitzer gewechselt hätten. Außerdem sei von dem Ueberwiegen der Hausbesitzer in der Stadt veriretung die Einbringung und Annahme von Anträgen im ein seitigen Interesse der Hausbesitzer zu befürchten. Die Kommission habe einstimmig den Uebergang zur Tagetz ordnung bezntragt. Zwar sprächen die angeführten Zahlen, namentlich die. 70 υά- für das Petitum, aber die Verkältnisse lägen doch in den kleineren Kammunen Furchaus anders. Die Bestimmung, die man ja vielleicht nicht treffen würde, wenn man ror einer gan; neuen Städteordnung stãnde, habe für kleinere Kommunen sehr Vieles für sich, indem sie in Städten mit großer Industrie und Arbeiterbevölkerung die Erdrückung des selbständigen Theils der Bewohner durch jene verhindere.

Nachdem der Minister des Innern Herrfurth auch hier mit den' Kommisssonsvorschlägen fein Einverstärn dhiß erklärt hat, wird die Vorlage und die Petition nach den Kommissions⸗

beschlüssen erledigt. ; Schluß 3 Uhr. Nächste Sitzung Freitag 11 Uhr.

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Reichstage sind folgende Anträge des Abg. Richter zugegangen: Der Reichstag wolle beschließen: ; 1) die, verbündeten Regierungen zu ersuchen, die den Reichs⸗ beamten bei dienstlicher Beschäftigung außerhalb ihres Wohnorts zu— stehenden Fuhrkosten derart zu regeln, daß für Dienstreisen, welche auf Eisenbahnen oder Dampfschiffen zurückgelegt werden, an Stelle der Kilometergelder die für die Fahrkarten thatsächlich verausgabten Beträge vergütet werden.

geworden sind, eine Erhöhun höhung der Entschädigung für gezeigt erscheint.

antrag eingebracht: Der Reichstag wolle be

hinzuzufügen: sowie die verbündeten Re

Militär · Penfionsgesetzes, insbe

ÄUnordnungen von Behörden derartiger Zuwiderhandlungen

Die Geschäfts ord tages hat das Reichst

Direktoriums ernannt wor

Die Wahlprüfur hat die Wahlen der Abgg Evers (3. Minden) für

richten von der V Staats ⸗Bergwerke,

Die V. Kommissio

ist der Prinz zu Hohen! des Vorsitzenden Geheimer führer . Schriftführers Graf von

Das IV. Verzeich geordneten

das Justizwesen, 1 der K berathung des Entwurfs e

einer Landgemeindeordnun berathung des Entwurfs

Militärpersonen der Unterklassen, welche durch den Krieg invalide

Zu diesen Anträgen haben die Abgg. Graf Douglas, greißsr ö. Manteuffel und Menzer folgenden Zusatz⸗

baldmöglichst einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen die Härten und 1e ur nl felten befeitigt werden, die sich bei Anwendung ded

und Gemeindedienst angestellten Beamten fühlbar gemacht haben.

Ferner ging bei dem Reichstage folgender Antrag des Abg. Auer und Genossen ein:

Der Reichstag wolle beschließen: dem nachstehenden Entwurfe eines Gesetzes die verfassungs mäßige Zustimmung zu ertheilen:

§. 1. Zuwiderhandlungen gegen Gesetze gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie sowie Zuwiderhandlungen gegen die auf Grund desselben Gesetzes erlassenen

ftellen. 5. 2. Die auf Grund des §. 7 oder des 8. 14 des G setzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie be schlagnahmten Gegenstände (Vereinskassen, für Zwecke des Vereins bestirnmte Gegenstände, Druckschriften, Platten Und Formen) sind, soweit diese Gegenstände nicht vernichtet sind, den Personen, aus deren Besitz oder Gewahrsam diese Gegenstände entnommen sind, oder deren Rechtsnachfolgern auf deren Verlangen zurückzugeben. S. 3. Die auf Grund der §§. 23 und 24 des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie ausgesprochenen Beschränkungen der Gewerbefreiheit werden aufgehoben. S. 4. mit seiner Verkündung in Kraft.

Marienwerder, welcher, vordem Ober Bürgermeister von Posen, zum Geheimen Finanz⸗Rath und Mitglied des Reichsbank—

Beiden Häusern des Landtages sind die Nach⸗

während des Etats jahres 138990 zugegangen.

und Gewerbe-Angelegenheiten hat sich konstituirt.

der Ober⸗Bürgermeister

eingegangenen . ͤ en Nummern, von denen 9 der Kommission für Petitionen, 6 der Kommission für die Agrarverhältnisse, 5 der Kommission für

6 der Kommission für das Unterrichts wesen. 13 der Kommission für Prüfung des Staatshaushalts, 25 der Kommission zur Vor⸗

Kommisston zur Vorberathung des Entwurfs eines Gewerbesteuer⸗ gesetzes, 2 der Kommission zur Vorberathung des Entwurfs

liche Volksschule, und H der Kommission zur Vorberathung des Entwurfs eines Wildschadengesetzes überwiesen worden sind.

an Pensionszulagen oder eine Er gg uh an der Erwerbsfähigkeit an⸗

schließen: dem Antrag Richter

gierungen zu ersuchen, dem Reichstage

sondere in Bezug auf die im Staats⸗

Bestimmungen des Gesetzes

find nicht mehr strafbar. Die wegen schwebenden Strafverfahren sind einzu.

Dieses Gesetz tritt

nungs⸗-Kommission des Reichs— agsmandat des Abg. Müller⸗

den ist, für erloschen erklärt.

igs-Kommission des Reichstages von Bredow (1. Merseburg) und ltig erklärt.

preußischen

erwaltung der Salinen

Hütten und

n des Herrenhauses für Handels— Vorsitzen der ohe⸗Ingelfingen, Stellvertreter Regierungs⸗Rath Bredt, Schrift⸗ st Boie, Stellvertreter des Hohenthal.

niß der bei dim Hause der Ab⸗ Petitionen enthält 756

ommission für das Gemeindewesen, ines Einkommensteuergesetzes, 18 der

g, 666 der Kommission zur Vor— eines Gesetzes, betreffend die öffent⸗

Vorjahre.

auf die mit dem 1. April. pensionskassenwesens und di nahmen und Ausgaben der Bahnverwaltung entfielen 2

walfung der Werkstätten un länge kamen 1888 / 89 3.6. angestellt waren im Berichts

sächlichen

Bei den

abgaben und

lichen Naturereignissen, insg

im Jahre 1888/89 213 66

3068 881 6 im Vorjahre; fallversicherung. gelei 545 656 im Vorjahre.

Berichtsjahre auf Entschädig

anstalte betriebe 135 943 ,

letzungen, im Vorjahre bezw.

ch 2) die verbündeten Regierungen zu eisuchen, in Erwägung zu ziehen, inwieweit aus den Mitteln des Reichs -Invalidenfonds für die

645 Verletzungen entfielen.

Die Betriebsergebnisse der für Rechnung des preußischen Staates verwalteten Eisenbahnen im Betriebsjahre 1889/90.

Vie Gesammtsumme der persönlichen Ausgaben betrug in 1889/90 215 160 753 M gegen 196 759 606 „½ in 1888/89 oder 45,8 o/o bezw. 47 00 der Gesammtaus gaben. Auf 1 km mittlerer Betriebslänge entfielen im Berichts jahre II90 ι gegen So 70 4MÆ im Auf die drei Verwaltungszweige vertheilt sich der Ge⸗ sammtbetrag der persönlichen Ausgaben wie folgt: es kamen auf die allgemeine Verwaltung 3a 612 324 6 gegen 27 613 995 ½ im Vor jahre. Diese Steigerung der

Vorjahre und auf die Transportverwaltung 1652 879 469 gegen Kah hi9 59! 6 im Vorjahre. Die Gesammtzahl der Beamten, ein. schließlich der Beamten der Reubauverwaltung, sowie die Ver⸗

sS8 39 gegen 86 714 im Vorjahre. Auf 1 km mittlerer Betrtebs⸗

71 439 oder 82, 4 0, außerefatsmäßig im Berichts jahre 15 743 oder 17,3 o, im Vorjahre 15 275 oder 17,6 9so.

Kosten 30 953 309 gegen 27 921 179 ½ im Vorjahre. r kamen auf die Kosten für BuregubedürfniJ se u. s. w. 17 059 015 4 gegen 15 597 044 S im Vorjahre; auf Steuern, Kom mu nal⸗ 5ffentliche Lasten ? 393 713 1 gegen 7029 762 96 im Vorjahre, und auf die Kosten für Ersatzleistungen und Ent— schädig ungen, erhebliche Reparaturen und Erneuerungen von Bahn . anlagen, Bauwerken und Betriebsmitteln in Folge von außergewöhn⸗

5941 373 ½ im Vorjahre. Unter den Entschädigungen, Ersatzleistungen u. s. w. sind besonders hervorzuheben: die für verlorenes, verdorbenes oder beschädigtes Transportgut gezablten Ersatzleistungen, welche

die auf Grund des Haftpflichtzgesetzes bei dem eigenen Be— triebe geleisteten Entschädigungen in Höhe von 31145835 6 gegen

teten Zahlungen von 892 890 S gegen

Bahnbetriebe 749 247 S6, im Vorjahre 445 4588 6, und auf Ent⸗ schäͤdigungen in Folge von Verunglückungen im Werkstätten⸗ und Gas⸗

betriebe wurden von Reisenden unverschuldet, durch Unfälle der Züge während der Fahrt, 2 getödtet und 18 verletzt, im Vorjahre 45 verletzt. in Folge eigener Unvorsichtigkeit 18 getödtet und 44 verletzt, im Vor= jahre 3 gelödtet und 25 verletzt; es kommen daher im Berichtsjahre auf 1006 000 beförderte Reisende G09 Todesfälle und O, 26 Ver—

arbeitern im Dienste wurden bei dem eigentlichen Betriebe durch Unfälle der Züge während der Fahrt 10 getöͤdtet und 12 verletzt, auf andere Weise 228 getödtet und 1092 verletzt (im Jahre 1888/89 stellten sich die Zahlen auf bejw. Z und 114 und 221 und 568) sodaß auf je 1606050 duichfahrene Zug Kilometer 1,2 Todesfälle und

IIIV.

Ausgaben entfällt zum größten Theil eingetretene Neuregelung des Beamten e Berechnung der statutenmäßigen Ein Kaffe bei dem Betriehsfonds. Auf die 3268 93806 MS gegen 27 325619 S im

d Gasanstalten betrug im Berichtejahre

1655/96 3,5 Beamte. Etatsmäßig

jahre 72 86 oder 822 Yo, im orjahre

Ausgaben betrugen die allgemeinen Davon

emein im Berichtsjahre 6 520 581 M6 gegen

1ẽ 96, in 1889/90 282 025 M betrugen; die auf Grund der Gesetze über die Un— Von den letzten Zahlungen kamen in dem

ungen in Folge von Verunglückungen beim

im Vorjahre 92 987 M Bei dem Bahn⸗

Oo, 11 und 6,39. Von Beamten und Bahn⸗

lizei⸗ und sonstigen im Dienst befindlichen Beamten wurden unver-

schuldet 1 getödtet und 18 verletzt (im Vorjahre 15 verletzt), durch

eigenes Verschulden 3 getödtet und 4 verletzt (im Vorjahre b getödtet

und 5 verletzt), von freinden Personen wurden durch Unfälle der Züge

bezw. durch falsche Handhabung der Wegenbergangsschranken u. s. w.

6 getödtet und 15 verletzt (im Vorjahre 6 getödtet und 12 verletzt),

in Folge eigener UÜnvorfichtigkeit 134 getödtet und 99 verletzt im

Vorjahre 115 getödtet und 75 verletz). Selbstmorde kamen 198, im

Vorjahre 19, Selbstmordversuche 18, im Vorjahre 1D, vor. Außerdem

wurden bei Rehenbefchäftigungen 2 Personen getödtet und 263 verletzt,

im Vorjahre 3 getödtet und 36 verletzt.

Bie Gesammtkosten der Unterhaltung der Bauanlagen stiegen

gegen das Vorjahr um 12 Y, von 48 685 990 . auf 64 52l 5b M.

in 1885.90. Soweit diese Erböhung nicht durch die Erweiterung des

Bahnnetzes bedingt war, fand dieselbe im Wesentlichen ihre Begründung

in der durch die Steigerung der Betriebsleistungen erforderlich ge⸗

wordenen Vermehrung? der Geleitzunterhaltung, fowie in der Ver⸗

wendung höherer Beträge für außergewöhnliche Unterhaltungsarbeiten

und Ergänzungen von Bahnanlagen. Daneben hat auch die von Jahr

zu Jahr vermehrte Zahl der zu unterhaltenden Gebäulichkeiten und

Neuanlagen, Weichen, Signalsicherungen, Drebscheiben, Lade und

Lagerplätze und dergl., sowie die allgemeine Steigerung der Löhne

zur Erhöhung dieser Kosten beigetragen. Auf 1 kRm der unterbaltenen Strecken kamen an Kosten der Bauverwaltung im Betriebs jahre 2298 S, im Vorjahre 2111 .

Bie Kosten des Bahntransports, und zwar die Kosten der Züge, fowie die Kosten für die Unterhaltung der Betriebsmittel ftiegen gegen das Vorjahr um 125 06, von 84 072781 4 auf 4 657 253 ½ Zum größeren Theil entfiel die Mehrausgabe auf die Kosten der Züge, welche von 34 163 324 66 in 1888 / S9 auf 40 Saz Hs M6 in 18589s30, also um 190, gestiegen sind, während die Kosten der Unterhaltung der Betriebsmittel sich um ß, C erhöhten, ven 49 909 4ę7 6 im Vorjahre auf 54 008 597 im Berichtsjahre. Auf 1 Em mittlerer Bahnlänge beliefen sich die Gesammfkosten des Bahntraneports auf 4008 6 gegen 3662 MS im Vorjahre oder um 9,4 höher, Die Betriebsmittel sind in dem Berichtsjabre nicht unerheblich vermehrt worden. An Loko⸗ motive⸗n wurden aus den laufenden Betriebseinnabmen be⸗ schafft, bezw. traten durch Umbau hinzu 280 Stück, deren Beschaffungskosten sich auf 93228435 * beliefen, aus extra⸗ ordinären Mitteln bezw. Baufonds wurden 251 zum Preise von 8 05 612 „S beschafft, zusammen also 531 mit einem Kosten⸗ aufwande von 17728 495 S6. Hierzu kam der Bestand am Schluffe des Jahres 1889/96 in Höhe von 5798 Lokomotiven und IJ 412751 0 Beschaffungskosten. Ausgeschieden wurden im Be⸗ richtsjahre 2 im Werthe von 107109 194 , sodaß am Schlusse des Berichtsjahrcs cin Bestand von 9118 Stück im Werthe von z00 4351S G2 M, verblieb. An Perfonenwagen wurden aus Len laufenden Einnahmen 303 zum Preise von 3 488 452 n, aus außer⸗ ordentlichen Mitteln 402 zum Preise von 4622 288 S, zusammen also 705 beschafft, deren Kosten 8110740 0 betragen. Der Be⸗ stand am Schlusse des Vorjahres betrug 13 960 im Werthe von 118775 206 6, ausgeschieden wurden im Laufe des Jahres 128 im Werthe ron 10262538 6, sodaß am Schlusse des Berichts jahres ein Bestand von 14597 verblieb, deren Beschaffungèskosten 125 857 766 Æ betrugen. Die Zahl der aus den laufenden Mitteln beschafften Gepäckwagen betrug 81 zum Preise von 592 9882 . aus extraordinären Mitjeln wurden 147 zum Preise von 1012750 ½ beschafft, zusammen also 228 im Werthe von 1 605 341 6. Der Bestand am Schlusse des Vorjahres betrug 3792 im Werthe von 2 131 021 M, ausgeschieden wurden 53 im Werthe von 845 008 , am Schlusse des Berichtsjahres verblieb mithin ein Bestand von 3957 mit 25 378 354 0 Beschaffungskosten. Von Güterwagen mußten während des Berichtsjahres os20 für 14 319 362 6 aus den laufenden und 49727 für 14627 398 6 anus extraordinäaren Mitteln, zusammen 10 892 im Werthe von 28 946 706 ½ beschafft werden, än Bestand waren bei Beginn des Berichte jahres vorhanden 174 410 jm Werthe von 500 360 627 , ausgeschieden wurden 2603 im Werthe von 7782 034 (06, sodaß am Schlusse des Berichtsjahres ein Bestand von 182729 verblieb, deren Beschaffungskosten sich auf 521 5326 353 0 stellten. Die Gesammtkosten der Züge haben sich pon 5 163 324 6 im Vorjahre auf 40 643 585 6 im Berichtsjahre, alfo um 19 ,, vermehrt; die Kosten der Lokomotivfeuerung, der Hauptbestandtheil der Gesammtkosten der Züge, betrugen im Vorjahre 35 350 583 „Ss, im Berichte jahre 31 799 323 „, also 20,2 o/o mehr. Die Kosten der Unterhaltung der Betriebsmittel, ein⸗ schließlich der Ergänzungen stiegen von 49 909 457 ½ in 1888/89 auf 54 0603 6597 S in 1889/30 oder um 8, 2 0so

An Werkstätten waren am Ende des Betriebsjahres vor handen: 55 Hauptwerkstätten, 20 Nebenwerkstätten und 186 Betriebs werkstätten. Die Zabl der durchschnittlich beschäftigten Arbeiter be⸗ trug für jeden Tag im Jahre in 1888/89 35 896, in 1889.ñ90 36 945. Die Gesammteinnahmen und Ausgaben der Werkstättenverwaltung belaufen sich im Betriebs jahre auf 79 294 626 6 gegen 73 310 646 4 im Vorjahre. Das zur Beleuchtung der Bahnhöfe, Werkstätten u. s. w. erforderliche Steinkohlengaz wurde nur zum Theil, das zur Beleuchtung der Betriebsmittel erforderliche Fettgas dagegen durchweg in Gas- anstalten der eigenen Verwaltung hergestellt. Am Schlusse des Berichtsjahres waren 59 Gasanstalten, gegen 55 im Vorjahre vor⸗ handen, von denen 19 für Steinkohlen⸗ und 40 für Fettgaserzeugung im Betriebe waren. Die gesammten Einnahmen und Ausgaben stiegen von 1 330 090 Æ im Vorjahre auf 1618 896 4M im Betriebsjahre.

Die Kosten der Erneuerung des Oberbaues betrugen im Be= richtejahre 31 093 801 4K, gegen 30 098 640 im Vorjahre, sind alfo um sos 155 6 oder I. 3 M gestiegen. Die Länge der umgebauten Geleise belief sich auf rund 1078 km, gegen 1072 km in 1838/89. Bie Vermehrung der Gesammtausgaben für die Erneuerung des Sberbaues findet ihre wesentliche Erklärung in der im Berichts jahre eingetretenen Erhöhung der für Eisen⸗ und Stahlmaterial aufge⸗ endeten Durchschnittszpreife, und in dem Umstande, daß die Zahl der für die Längeneinheit des Geleises zu verwendenden Querschwellen auf wichtigeren Strecken im Verhältniß von 10 zu 11 vermehrt worden ist.

Bie Kosten der Benutzung fremder Bahnstrecken sind im Berichtejabre um 1,ů8 o oder 63 331 ι, von 3494 889 auf 3 451 558 M gefunken. Diese Verringerung erklärt sich dadurch, daß die bis dahin gepachteten Bahnstrecken Gotha⸗Ohrdruf, Bismarck⸗ Winterswrk und Winte, swyk Bocholt in den Besitz des preußischen Staates übergegangen sind und die bisher dafür gezahlte Pachtsumme daher fortfiel.

Außer den Bahnen. deren Betriebsergebnisse vorstehend in den Hauptfachen mitgetheilt sind, befanden sich noch im Besitz, bezw. im Miteigenthum des Staates, die Wilbelmshaven⸗Oldenburger⸗ uind bie PJäain- Neckarb ahn. Batz für, erstere bis zum Schluse des Jahres 1839 verwendete Anlagekapital, betrug 7 185 671 ½. ober 1357 710 S für 1 Km Bahnlänge. Der Antheil Preußens an den Eignahmen des Jahres 1889 belief sich auf 377 408 M gegen z361 265 M im Vorjahre. Das preußische Anlagekapital bei der Main-Neckarbahn beteug am Shhlusse des Berichts jahres 5 660 933 , der 8i7 761 i auf 1 km Bahnlaͤnge für den preußischen Antheil. Von dem Reinertrage entfielen auf Preußen im Jahre 1889 Fi bh4sß 4 oder 84 0,9, des Anlagekapitals gegen 63 479 A6 oder 100 υ im Vorjahre.

Die oberschlesischen Schmalspurbahnen hatten am Schluffe des Jahres 1889/90 eine Gesammtlänge von 110,53 km; dat für den Bau und die Ausrüstung dieser Bahnen verwendete Kapital betrug 15 437 851 6 oder 94 zh0 M. auf den Kilometer. Die Ge⸗

ammteinnahme belief sich auf 826 493 6, 85 963 6 ober 11,6 0so mr als im Vorjahre, die Gesammtausgabe auf 2435 385 „o, der Ueber! betrug somit 581108 , oder 5,2 o des Anlagekapitals.

Von Post⸗, Steuer⸗, Telegraphen , Po⸗

M 21.

mn,

. . Zweite Beilage zum Deutschen Reichs⸗-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗-Anzeiger.

Berlin, Freitag, den 23 Januar

Haus der Abgeordneten. 19. Sitzung vom 22. Januar 1891.

Der Sitzung wohnt der Minister für Landwirthscha 23 . ,, 3 39 hschaft, as Haus beginnt die zweite Lesung des St halts⸗Etats für 2 sung aats⸗

. . den Einnahmen aus den Do mänenverwaltungen n Abg. Stengel die Aufmerksamkeit des Hauses auf die niedri

Erträgnisse der Domänenverpachtungen. In Ost⸗ . y .

seien die Erträgnisse der letzten Jahre um über 30 ½ gesunken.

Wenn trotzdem im Allgemeinen der Niedergang nur 109ͤ6ͤ betrage, so

liege dies daran, daß in der Provinz Sachsen durch hohe Pachtpreise

die Differenz etwas ausgeglichen sei. In diesen hohen Pachtsummen, welche gezahlt worden seien mit Rücksicht auf die hohen Erträge der

Zuckerindustrie, erhalte die Regierung einen Theil der Zuckerprämien

zurück, welche zuletzt in dem Gesetz von 1887 gegeben seien. Die

Pächter hätten diese hohe Pacht gezahlt in dem Vertrauen, daß

dieser Zustand ein dauernder sein werde. Sie sähen sich nun nach

Eingang des neuen Zuckersteuergesetzes in ihren Erwartungen ge—

täuscht. Er gehöre zu den entschiedensten Gegnern der Zuckerprämien,

könne es aber den Industriellen nicht verdenken, wenn sie in der Vor⸗ lage und namentlich in den Motiven eine Streitschrift gegen die vaterländische Zuckerindustrie erblickten. Sie machten sich auf das

Allerungünstigste gefaßt. Er möchte nun die Regierung fragen, wie

sie sich dazu stellen werde, wenn später durch eine ungünstige Ein—

wirkung des neuen Zuckersteuergesetzes die Erträgnisse jener Domänen sinken würden? (Beifall rechts.) Abg. Rickert: Die Zuckersteuerfrage gehöre vor den Reichs⸗

tag. Uebrigens werde der Minister gar nicht in der Lage sein, .

Zeit eine Erklärung darüber zu geben, in wie weit die Pächter ent⸗

schädigt werden könnten; denn er wisse nicht, in welchsm Umfange eine

Schädigung eintreten könnte. Der Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum

und vor ihm der frühere Abg. von Minnigerode bätten aus dem

Ertrage der Domänen die Noth der Landwirthschaft deduzirt. Er

müsse dem auch heute widersprechen. Wenn man schon aus der

vorhandenen Nachweisung diesen Schluß ziehen können solle, so müßte diese Nachweisung viel detaillirter sein. Man wisse bei den einzelnen Domänen gar nicht, ob Brennereien, Brauereien,

Ziegeleien 2c. dabei seien, und das falle Alles ins Gewicht. In einem Fall. sei z. B. wegen der früheren Ueberfluthung eine geringere

Pachtsumme gezahlt worden. Wenn im Osten die Landwirthschaft nicht prosperire, so sei daraus nur der Schluß zu ziehen, daß die gegenwärtige Wirthschaftspolitik nicht die Erfolge gehabt habe, die vorhergesagt worden seien, und daß. man deshalb diese Wirth⸗ schaftsvolitik ändern. müsse. Der Niedergang der Pachtsumme sei lediglich ein Rückschlag gegen jene Periode, wo die Pacht umme unnatürlich in die Höhe gegangen sei. Die Landwirth schaft sei wie jeder andere Erwerbszweig der Konjunktur unter— worsen. Er sei daher gar nicht überrascht durch dieses Re⸗ sultat. Er habe sich nur gewundert, daß die Pachtsummen so wenig heruntergegangen seien. Denn der frühere Minister habe selbst in seiner Denkschrift an Se. Majestät zugegeben, daß in den 0 er Jahren die Pachtsummen bei Lizitationsterminen in die Höhe getrieben worden seien. Aus ein oder zwei Jahren könne man den Gang eines Erwerbszweiges nicht beurtheilen; man müsse erst eine größere Periode abwarten. Wenn man einen längeren Zeitraum überblicke, finde man eine stetige Steigerung der Domänenpachten, von 26M pro Hektar im Jahre 1871 auf 38 M im Jahre 1884,/85 und jetzt 41,50 „160 Dies sei immer noch ein ganz guter Durchschnitt. Sei es wirth= schaftlich und sozialpolitisch etwa richtig, daß der Staat, der das Hundertmillionengesetz für Westpreußen und Posen gemacht habe, um den wirthichaftlichen Stand der Bevölkerung zu beben, nun im Osten eine solche Masse von Hektaren an Domänen in seinen Händen behalte? Der vorige landwirthschaftliche Minister habe in seinem vor zwei Jahren erstatteten Bericht an Se. Majestät gesagt: ‚An dem Grundsatz hat die Verwaltung festgebalten, daß Domänengrund⸗ stücke im Besitz des Staates bleiben. Eine Aenderung also wird nur vereinzelt im allgemeinen äußeren Interesse vorgenommen. In drei Jahren habe die Domänenverwaltung 2264 ha zu einem Betrage von 2268 000 verkauft. Das mache zu 40 —ů kapitalisirt eine Rente von 72 476 Vorher habe der Staat aus diesen Ländereien eine Rente von 48 452 6 gehabt. Die Rent sei also um 50 o in die Höhe gegangen. Diese Maßregel sei, ganz ahgesehen von dem sozaalpoliti⸗ schen und wirthschaftlichen Werthe der Entwickelung des Ostens, von finanziellem Vortheil für den Staat. Der Abg. Sombart habe mit der Parzellirung seines Rittergutes eine Reihe zufriedener Grund besitzer und leistungsfähige Gemeinde geschaffen. Leistungsfähige kleine Grundkesitzer zu schäffen sei besfer als der ewige Ruf nach Pri- vilegien für die Landwirthjchaft, die schließlich zum Verderben des Staates führten.

Abg. Sombart: Es würde bedenklich sein, wenn Deutschland mit der Aufhebung der Zuckerausfuhrprämien einseitig vorginge, um⸗ geben von Ländern, die sämmtlich Ausfuhrprämien hätten. Er habe die Hoffnung, daß bei dem Handelsvertrage auch diese Frage werde behandelt werden, und Erleichterungen eintreten würden, die es den Zuckersabrikanten einigermaßen ermöglichten, ihr Gewerbe noch rentabel zu machen. Daß die Vomänenpachtgelder zurückgingen, liege daran, daß sie zur Zeit des Schwindels und der Gründungen in den sieb iger Jahren zu hoch getriehen worden seien. Dieser Rückgang werde auch noch eine Reihe von Jahren andauern. Eine Panzellirung der Domänen wünsche er auch im wirthschaftspolitischen Interesse, namentlich in der Form der Rentengüter, nachdem der vorige Minister Freiherr von Luckus im vorigen Jahre erklärt babe, daß wahr= scheinlich die Regierung die einzige sein werde, die von dem Gesetz über das Rentengut Gebrauch machen werde. Er frage bei dieser Gelegen⸗ heit den Minister, ob er bei der Gründung von Rentengütern so ver= fahren werde, wie es nach, dem Ansiedelungsgesetz in Westpreußen und Posen geschehe, daß 90 ο der Rente ablösbar und 10 unablösbar ] seien. Der Fürst Bismarck habe sich wiederholt als Freund der Parzellirung gezeigt und die gesetzlichen Hindernisse derselben hinweg geraͤumt. Bei der Parzelliung dürfe man aber nicht bloß kleine Grundstücke schaffen, sondern befonders selbständige Bauernhöfe; denn die seien das Rückgrat der Gemeinden, und die Gemeinden seien das 23 des Staats. Den Bauernstand wolle er daber erhalten wissen.

Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden:

Der Hr. Abg. Stengel wird schon daraus, daß ich nicht gleich nach ihm das Wort ergriffen, entnommen haben, daß ich mich nicht in der Lage befinde, auf seine Anfrage bezüglich der Zuckersteuer zu antworten. Weitere Anfragen: ‚wie die Regierung sich ihren Domänenpächtern gegenüber stellen wird, wenn der den Reichstag be⸗ schäftigende Zuckersteuer-Gesetzentwurf zum Gesetz wird?“, glaube ich heute nicht weiter erörtern zu sollen. Es ist das auch unmöglich. An sich glaube ich, daß im Lande die Ueberzeugung vorhanden ist, daß mein Herr Vorgänger in der entgegenkommendsten Weise die Verhält-

rathen sind, gewürdigt hat, und diese Handhabung der Geschäfte wird auch meinerseits fortgesetzt werden.

Wenn der Hr. Abg. Rickert sich gewundert hat, daß die dem Hause vorliegende Nachweisung der Domãnenverpachtungen nicht noch ungünstiger ausgefallen ist, und gleichzeitig die Bemerkung hinzu— gefügt hat, daß aus diesen Nachweifungen, die alljährlich dem hohen Hause vorgelegt werden, ein Rückschluß auf die Entwickelung unserer Landwirthschaft nicht gezogen oder nur in beschränktem Maße gezogen werden kann, so kann ich letzteres in beschränktem Maße zu⸗ geben. Aber man hat sich doch gewissermaßen seit einer längeren Reihe von Jahren daran gewöhnt, diese Nachweisungen als Baro— meter für die Entwickelung der landwirthschaftlichen Verhältnisse zu betrachten, und dieser Charakter wohnt ihnen sicher bei. Es wird nun das Haus interessiten, daß ich die ausgesprochene Vermuthung: die nächsten Jahre würden uns noch schlechtere Ergebnisse bringen, für das Jahr 1891 bestätigen kann. Die für das Jahr 1891 verpachteten Domänen bringen bis auf eine einzige Provinz in allen anderen Provinzen einen Minderertrag. Dieses Minus an Pachtertrag beträgt 54 498 Æ per Jahr oder 11 0. Mit dieser Domänenverpachtungsnachweisung ist Sachsen in die Reihe der⸗ jenigen Landestheile eingetreten, welche auch theilnehmen an der allge⸗ meinen Degression, unter welcher unsere Landwirthschaft leidet, und lediglich Hannover überschreitet noch mit einem Mehr von 1927 den all— gemeinen Rückgang der Domänenpächte. Ob es sich möglich machen lassen wird, dem Wunsche des Hrn. Abg. Rickert Folge zu geben und die Nachweisungen in Zukunft viel detaillirter wie bisher aufzustellen, darüber will ich zur Zeit keine bestimmte Er— klärung abgeben, sondern mich darauf beschränken, auszusprechen, daß ich in allen diesen Angelegenheiten mit möglichst offenen Karten vor das Haus zu treten beabsichtige und einen Einblick zu gewähren, wie er nach Lage der Geschäfte möglich ist. Ich befürchte jedoch, daß, wenn ich diesem Wunsche Rechnung trage, die in Frage stehende Nachweisung etwas über Gebühr anschwellen möchte.

Seitens des Hrn. Abg Rickert ist die Frage an mich gestellt, und ebenso Seitens des Hrn. Abg. Sombart: Liegt es in der Ab— sicht der Regierung, mit einer umfangreichen Parzellirung und Ver— äußerung der Domänen im Osten der Monarchie vorzugehen? Es ist zwar gesagt worden, ich möchte hierauf nicht sofort eine Antwort geben, die Sachlage sei schwierig. Es ist weiter hervorgehoben worden, daß durch die in dem letzten Bericht des landwirthschaftlichen Ministeriums dargelegten Zahlen über die stattgehabten Veräußerungen von Domänengrundstücken klargestellt sei, daß durch diese Ver— äußerungen gegenüber der Verpachtung ein viel günstigeres finanzielles Resultat erzielt worden sei. Ich bin nicht in der Lage, die mit— getheilten Zablen sofort kontroliren zu können; aber ich glaube mich doch zu entsinnen, daß der Schwerpunkt der hohen Verkaufspreise vor zugsweise Grundstücke betrifft, welche in der Nähe von Städten liegen und durch die veränderten Verkehrs- und Ansiedelungsverhältnisse eine wesentliche Werthsteigerung erfahren hatten. An und für sich stehe ich auf dem Standpunkt, daß es nicht rathsam ist, übereilt den fiskalischen Grundbesitz zu oeräußern. (Sehr richtig) Andererseits aber erkenne ich vollständig an, daß es eine dringende Aufgabe der Staatsregierung ist, kein Mittel unbenutzt zu lassen, resp. nach neuen Mitteln auszuschauen, welche es ermöglichen, den bäuerlichen Grundbesitz zu erhalten und in jeder Beziehung zu stärken (Bravo!)

Was der Hr. Abg. Sombart in dieser Beziehung gesagt hat, daß der Bauernstand das Rückgrat der Gemeinde und mit der Gemeinde das Rückgrat des Staates bilde, unterschreibe ich. Der Hr. Abg. Som⸗ bart hat darauf hingewiesen, daß das Areal des bäuerlichen Grund besitzes in den letzten Dezennien sich vermindert habe. Ich kann die Zahlen nicht kontroliren. Wenn diese Thatsache feststeht, so ist sie in meinen Augen eine sehr bedauerliche und giebt zu der Er— wägung Veranlassung, ob die Bestrebungen wegen Herstel— lung von Rentengütern Zwecks Vermehrung des kleinen Grund besitzes. welche ja allseitig angestrebt wird, wirklich zu einem befriedigenden Resultat führen werden. Vielleicht liegt die be— hauptete Thatsache des Aufsaugens des kleineren Besitzes durch den größeren Besitz in derselben Richtung, wie die ganze Entwickelung unserer wirthschaftlichen Verhältnisse, derzufolge die kleineren Existenzen gegenüber den größeren kapitalkääftigeren Unternehmern einen schweren Stand haben. Seitens der Regierung ist, soweit das bei der Kürze der Zeit, seitdem das Rentengütergesetz in Kraft steht, überhaupt möglich war, das Gesetz zur Geltung zu bringen und durchzuführen versucht und ist in einleitender Weise vorgegangen. Allerdings stehen noch nicht viele Rentengüter in Frage. Mir persönlich ist aus früherer Zeit ein Fall bekannt im Tondsberger Kreise, wo es sich um Renten— güterbildung handelt; mir wird eben noch ein anderes Beispiel genannt, indessen will ich auf die Details nicht weiter eingehen, sondern nur hervorheben, daß bei diesen in Vorbereitung begriffenen einzelnen Fällen diejenigen Vertrags bedingungen zu Grunde gelegt sind, welche Seitens der Ansiedelungskommission in Posen angewendet worden. Es liegt in der Absicht, auch in der Folge so zu verfahren und, soweit eine Rentengutsbildung und Ansiedelung Seitens der Re— gierung befördert und selbständig in die Hand genommen wird, die Ablösbarkeit der übernommenen Rente nicht zu beschränken, wenigstens nicht in umfangreicherer Weise, wie es in Posen geschehen ist.

Der Hr. Abg. Sombart hat auf Grund eines angeblichen Briefes des Fürsten Bismarck gesagt: der Fürst Bismarck habe das ganze Land in Kleinwirthschaften auflösen wollen. Das Material, welches er aus dem Poschinger Buche hier mitgetheilt hat, kann ich nickt kontroliren; ich glaube aber, daß es der ganzen Richtung des Fürsten Bismarck widerstreitet, eine derartige Maßnahme zu betreiben, und bezweifle einstweilen die Rich ˖ tigkeit der Mittheilung. Es mag ja ein Brief bestehen, über den ein Zeitungsartikel vorliegt. Ich weiß nicht, welcher Presse derselbe ent⸗ nommen ist. (Zuruf: Magdeburger Zeitung“!) Ebenso ist mir

nisse der Domaͤnenpächter, welche unverschuldet in Verlegenheit ge

nicht bekannt, in welchem Umfange der Brief dem Poschinger Buche

1891.

entnommen ist. (Zuruf: wörtlich) Jedenfalls nehme ich an, daß mit der Behauptung, daß Fürst Bismarck das ganze Land habe in Kleinbesitz auflösen wollen, zu weit gegangen ist. (Abg. Sombart: Ich nehme es zurück!)

Die ganze Kolonisatienefrage ist im Uebrigen äußerst schwierig, sie ist nur langsam zu fördern, und zwar langsamer, als es dem Wunsche dieler Herren entspricht Es sind in früherer Zeit sehr ungünstige Erfahrungen mit Koloniegründungen gemacht worden; man braucht sich nur kleinere und auch größere Kolonien anzusehen, die, in ent— legeneren Gegenden angelegt, es niemals zu einem lebensfähigen frischen Gemeindeleben gebracht haben. Lebensfähige Kolonien kann man nicht aller Orten, sondern nur da gründen, wo alle Vor— bedingungen einer wirklichen Gemeindebildung gegeben sind. Solche Oertlichkeiten werden sich immer nur vereinzelt finden; so en gros neue Gemeinden aus dem Aermel zu schütteln, ist unmöglich. Die Entwickelung der inneren Kolonisation wird vielmehr einer lang— wierigen und sehr eingehenden Arbeit bedürfen, und die größte Schwierigkeit wird darin bestehen, diejenigen Persönlichkeiten zu finden, welche zur Ausführung derartiger schwieriger Maßnahmen geeignet sind. An dem Bestreben, in dieser Richtung zu arbeiten und das Augenmerk und die Fürsorge zu richten auf die Erhaltung, Kräftigung und Mehrung eines kräftigen Bauernstandes, wird es unsererseits nicht fehlen. (Bravo.)

Abg. Humann tritt für die Aufrechterhaltung der bestehenden landwirthschaftlichen Zölle ein, die in ihrem größten Theile nach wie vor von dem Auslande getragen würden. Durch die jetzt schon bedeutende Auswanderung der ländlichen Arbeiter nach den Städten würden die ländlichen Gemeinden langsam und sicher verarmen. Trotz der denkbar günstigsten Gesinnungen gegen die deutschen Stammesbrüder in Oesterreich würde unsere Bevölkerung es doch sehr schmerzlich empfinden, wenn die Landwirthschast, das Aschenbrödel unserer Staatsverwaltung, in dem Handelsvomertrage mit Desterreich Opfer bringen müßte. Die hohen Fleischpreise seien namentlich durch die schlechten Futterernten verursacht worden. Gegen die Behauptung, daß die Bauern keinen. Vortheil von den landwirthschaftlichen Zöllen hätten, müßten seine Freunde energisch protestiren, und wenn Bebel und Genossen heute ihre Agitation nach Westfalen tragen würden, könnten sie schlechte Erfahrungen machen. An dem beste benden Wirthschaftssystem rütteln zu wollen, sei sehr unklug, denn damit würde man nur den Bestrebungen der Sozialdemokratie Vorschub leisten.

Abg. von Erffa: Daß seine Freunde sich die Erhaltung des Bauernstandes angelegen sein ließen, zeige der im Reichstag von ihnen eingebrachte Entwurz, betreffend die Heimstättengesetzgebung. Nur darin könne er dem Abg. Sombart nicht zustimmen, daß die meisten Rittergüter parzellirt werden sollten, um neue Bauern⸗ stellen zu schaffen Dagegen verdiene die fortgesetzte Ausschlachtung der Güter der notorische Grundstückswucher die volle Aufmerksamkeit der Staatsregierung. Der in den letzten Jahren begonnene Sanirungs⸗ prozeß der Landwirihschaft, den man unnöthiger Weise schon durch das Zuckersteuergesetz stören wolle, werde durch eine Aenderung der bestehenden Wirthschaftspolitik vollends in sein Gegentheil verkehrt werden. Es würden noch immer im gesammten Staatsgebiet unendlich mehr Hypotheken eingetragen als gelöscht, und die Lasten für die neuere Sozialpolitik, die allein auf seinem (des Redners) Gute 300 S jährlich betrügen, erhöhten noch immer die Unkosten. Der Nothstand unter der wesentlich konsumirenden Bevölkerung existire nur in den Spalten der freisinnigen hauptstädtischen Presse. Vor Einführung des Zolltarifs, als man sich in der Aera des Freihandels befunden habe, hätten die Freihändler sich sehr wohl gebütet, für die Interessen der Volksernährung so lebhaft einzutreten, obgleich Roggen und Fleischpreise damals wesentlich theurer gewesen seien. Die Aufhebung der Viehsperre würde unsere gesammten Viehbestände gefährden, in Rußland sei seit Jahrzehnten die Rinderpest nicht erloschen, und die Schweineseuche herrsche gleichfalls in unseren Grenz- landen. Gegen den Beschluß des Landes · Dekonomiekollegiums, die Zölle herabzumindern, habe Prof. Schmoller nur deshalb gestimmt, weil er unsere Zollgrenzen hinausgerückt wissen wollte durch eine Zollunion mit Desterreich. Er hoffe, die Regierung werde bei dem Äbschluß des. Handelsvertrages die Interessen der Landwirthschaft ebenso wie die der Industrie wahrnehmen. (Beifall rechts.)

Abg. Seer wünscht ein größeres Entgegenkommen der Regie⸗ rung gegenüber den Domänenpächtern, die nar mit Rücksicht auf die bestehende Zuckersteuer den bisherigen theilweise sehr hohen Pacht zins bezahlten.

Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden:

Um auf Letzteres gleich zu antworten, so ist mir der Fall, wo ein neuer Pächter gejwungen worden ist, dem Vorpächter eine Schonung abzukaufen, nicht bekannt. Es ist schon jetzt das Bestreben darauf ge— richtet, das brauchbare Gebäude superinventarium der abziehenden Pächter fiskalischerseits zu erwerben, um bei Uebernahme einer Domäne Seitens eines neuen Pächters das erforderliche Uebernahmekapital herabzumindern, weil ein zu großes Kapitalbedürfniß den Kreis der Bieter verringert und den Pachtpreis naturgemäß herabdrückt.

Die Wünsche, welche bezüglich einer Vervollständigung der Nach weisung über die Domänenverpachtung geäußert sind, werde ich, soweit möglich, berücksichtigen. Die Motivirung eines höheren Pachtgebots wird aber meist nur dürftig ausfallen können, denn über die Vor gänge im Innern der Pachtlustigen während des Bietungstermins wird man selten genaueren Aufschluß geben können. Der Reinertrag der Grundstücke wird in Zukunft vorgezeichnet werden.

Ich gehe nunmehr auf eine Anregung ein, welche Seitens des Hrn. von Erffa gegeben ist. Die Resolution des Landwirthschaftsratbs wegen Verminderung des Grundstückewuchers hat der Staattregierung zu Erwägungen Veranlassung gegeben; es ist damit eine Kommission beschäftigt und die Sache schwebt noch. Soweit ich unterrichtet bin, sind im Ganzen die eingeforderten Materialien zur Stelle, und es handelt sich nunmehr um die Bearbeitung dieses Materials, welchem die Stellungnahme der Regierung zu folgen haben wird.

Es ist von Hrn. Freiherrn von Erffa die Reziprozität bei der Vieheinfuhr zur Sprache gebracht. Ich werde nicht umhin können, etwas näher auf die Sache einzugehen, obwohl es nicht in meiner Absicht liegt, mich heute an einer handeltpolitischen, speziell zollpolitischen Debatte zu betheiligen. Der Hr. Abg. von Erffa hat in erster Reihe gefragt: warum werden dänische Schweine in Deutschland wieder

eingelassen, wahrend unsere Schweine nicht nach Dänemark exportirt werden dürfen. Er hat dann selber nachher ausgeführt, daß die Viebzollfrage und die Sperrmaßregeln gegen ausländisches Vieh aus

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