1891 / 21 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 23 Jan 1891 18:00:01 GMT) scan diff

veterinärpolizeilichen Gründen absolut nichts mit einander zu thun haben. Diese Ausführung kann ich nur als in jeder Beziehung ju treffend bestätigen. Damit ist auch der Schlässel für die Wieder zulassung der dänischen Schweine gegeben. Die Einfuhr derselben wurde seiner Zeit aus veterinärpolizeilichen Gründen untersagt, weil die Gefahr der Seucheneinschleypung bestand. Diese Gefahr ist zur Zeit der Hauptsache nach geschwunden. Auch England hat, wenn ich nicht irre, für Dänemark die Einfuhr wieder freigegeben. Im Uebrigen ist die Vorsicht beachtet, daß nicht Schweine zum beliebigen Handel eingeführt werden dürfen, sie werden vielmehr nur zur sofortigen Abschlachtung in öffentliche Schlacht häuser, welche unter dauernder veterinãrpolizeilicher Kontrole stehen, hineingelassen, und es ist auf diesem Wege versucht worden, die Gefahr der Einschleppung von Seuchen auf das möõalichst geringe Maß zu beschränken. Wir können in diesem Augenblick nicht den Nach ˖ weis führen, daß Deutschland seuchenfrei ist und deshalb die Zulassung unserer Schweine in Dänemark nicht dringlich fordern. Wenn somit die Zulassung dänischer Schweine an sich zulãssig erschien, so war es geboten, mit der Zulassung nicht länger zu zögern aus Rücksicht auf die Ernährungsverhältnisse unserer Berblke⸗ rung. Keine Regierung kann sich der Prüfung der Fragen entziehen, wenn die Lebensmittelpreise auf eine gewisse nicht gewohnte döhe steigen, ob es ohne erhebliche Gefährdung anderer Interessen möglich ist, zum Schutz derselben aufgerichtete Schranken fallen zu lassen. Es war die Gefahr vorhanden, daß, wenn nicht eine erweiterte Zufuhr von Schlachtmaterial zu ermöglichen war, die Preise für Fleisch noch erheblich höher steigen würden, als sie thatsächlich gestiegen sind. Aus diesem Grunde ist, soweit dies aus veterinärpolizeilichen Rücksichten zulässig erschien, die Zufuhr von Schlachtvieh erleichtert.

Im Uebrigen wird von keiner Seite der hohe Grad der Ver⸗ antwortlichkeit für die Aufrechterhaltung der Sperrmaßregeln Zwecks Vermeidung von Seucheneinschleppung verkannt. Die Gefahren, welche durch eine nicht vorsichtige Oeffnung der Grenze in dieser Richtung uns nahe treten können, sind so groß, und die Viehbesitzer durch Seucheneinschleppung von so großen Verlusten bedroht, daß die pein⸗ lichste Vorsicht nicht außer Augen gesetzt werden kann.

Die Verluste, welche durch Seuchen herbeigeführt sind, waren in anderen Ländern erheblich viel größer als bei uns. England nimmt die schroffe Stellung zu uns und andern Ländern ein in Folge der großen Ver⸗ luste, die es unter seinen Viehbeständen gehabt hat. Der Verlust in den Jahren 1866/67 wurde in England auf ungefähr 100 Mill. Mark geschätzt. Es sind in diesem Jabr ca. 330 00 Stück Rindvieh in England ge⸗ fallen und geschlachtet. In Belgien überstieg die Zahl des gefallenen Rindviehs damals wohl die Ziffer von 100 000. Wir sind, Dank unserer energischen Veterinärpolizei, von einem sehr viel geringeren Verlust betroffen. Der Schuß, den die Landwirthschaft und hierdurch auch unsere ganze Bevölkerung durch billigeres Fleisch gerade durch die Svperrmaßregeln bat, ist so wichtig und bedeutungsvoll, daß er nicht außer Augen gesetzt werden kann. Andererseits sind die Opfer, welche der Landzirthschaft die Durchführung der veterinär polizeilichen Makregeln dauernd auferlegt, so erheblich, daß die Landwirthschaft rollen Anspruch auf sorgsamen Schutz ihrer Interessen hat. Ich glaube, Hr. Freiherr von Erffa wird in dieser Beziehung beruhigt sein können. .Es wird nach Erwägung aller Verhältnisse eine Ab⸗ minderung der veterinärpolizeilichen Maßregeln stattfinden, wenn sich solche als unbedenklich erweisen.

Auf die zollpolitische Debatte gehe ich nicht weiter ein.

Abg. Schultz (Eupitzz; Die Domänen seien ein Kulturmittel unserer Landwirthschaft, und kein Minister werde sich in Preußen dam bergeben, diefen Träger der landwirthschaftlichen Kultur preis- zugeben. Die Erhaltung unseres Bauernstandes müsse durch andere Mittel, als durch die Parzellirung der Domänen bewirkt werden, und in dieser Beziehung hätten sich die bestehenden landwirthschaft⸗ lichen Zölle sehr heilsam bewiesen. .

Aög. von Below. Saleske: Die Aenderungen des Zuckersteuer⸗ gesetzes würden sich sehr scharf bei unseren Domänen rächen. Die französische Zuckerindustrie sei durch das Konsumsteuersystem fast voll tändig ruinirt, trotzdem wolle man bei uns den Versuch damit machen. Die geringẽ Erhöhung der Lebensmittelyreise sei nicht durch die Zölle von 1887, die noch gar nicht gewirkt hätten, sondern durch die Jestiegene Kaufkraft und den gestiegenen Konsum des Volkes über⸗ haut bewirkt. Eine Aufsaugung des kleinen Grundbesitzes, besonders

er Bauernhöfe, durch den Großgrundbesitz finde nirgends statt.

Abg. Rickert: Die ewigen Jeremiaden der Herren der Rechten schädigt'n im Grunde nur die Landwirthschaft und ruinirten ihren Kredit. Bei dem Gegensatze zwischen Produzenten und Kon⸗ fumenten, der immer bestehen bleiben werde, komme es heute wesentlich darauf an, wer die Macht habe, habe der Abg. Humann gesagt, und das sei ganz seine Meinung. Das Interesse des Staats aber, d. h. das Interesse der Konsumenten, fordere jetzt dringend eine Herabsetzung der Zölle. Seine Partei wende sich nur gegen eine künstliche Vertheuerung der Lebensmittel, und von dieser habe sie sich in der Zeit des Freihandels frei gehalten.

Abg. Schultz (Tupitz betont nochmals, daß man heute streng an den bestebenden Zöllen festhalten müsse, die man sehr bald als ein dauerndes Mittel, Landwirthschaft und Industrie zur Blüthe zu bringen, erkennen werde.

Abg. PlIeß: Daß die Frage, ob billigeres oder theureres Brot, eine untergeordnete Rolle spielte, zeigten unsere Auswanderer, die nur danach fragten, ob der Verdienst in dem neuen Lande ein größerer sei. Der Bauer babe heute nicht mehr die Mittel wie früher, und deshalb wanderten seine Kinder in das Ausland oder in die Fabrik distrikte. Deshalb dürfe man an unseren landwirthschaftlichen Zöllen nicht im mindesten rütteln.

Abg. Dr. Arendt leugnet, daß ein Gegensatz zwischen Konsumenten und Produzenten bestehe. Die Umkehr zum Schutzzollsystem sei nicht in erster Linie vom Fürsten Bismarck ausgegangen, sondern aus landwirthschaftlichen Kreisen, denen sich der Fürst Bismarck schließlich in seinen Ansichten angeschlossen babe. Dis Verhältnisse des Welt verkehrs, die Entwickelung der Geldverhältnisse, besonders die Valuta⸗ differenz hätten heute den wesentlichsten Einfluß auf die Gestaltung der Getreidepreise. Nicht die Thatsacke, daß unsere Preise heute eiwas böher seien, sei dem Abg. Rickert und seinen Freunden wesentlich, sondern die Anwendung, die von der Thatsache in den Kreisen der Bevölkerung gemackt werde. In der Heimatbprovin; des Abg. Rickert, auch abseits der landwirtbschaftlichen Treise, sebe man einer Minderung der Zölle nicht ruhig entgegen. Danzig fürchte sehr für seinen russischen Handel bei einer Zollermäßigung

gegen Oesterreich hin. In einem Augenblick, wo die Sozialdemokratie auf das Land gehe, hätte die Reglerung Beunruhigungen, wie sie . Handels vertragsverhandlungen, durch die Zuckersteuer⸗, durch ie Sperrgelder porlage erregt würden, fernhalten sollen

Abg. von Below -⸗Saleske erklärt dem Abg. Rickert gegenüber, ß 86 jetzt bei einer gleichzeitigen Aufhebung der Indnstriezölle

enlandwiribschaftlichen Zölle entbebrt werden' könnten, für dies en

e er gn r n gn n .

g; Seelig erklärt, die freisinnige Partei sei mit Abschaffun

aller Zölle . sie wolle aber den Anfang mit den *

nur eine besckränkte Anzahl Arbeiter beschãftigen, deshalb müßten die anderen nach den Städten auswandern, für diese aber werde das Brot künftlich vertheuert und über diese künstliche Vertheuerung beschwere sich die freisinnige Partei, nicht über die Höhe des Brot

reifes selbst. ö ; ; Die Einnahmen der Domänenverwaltung werden hierauf

genehmigt. . Bei den Ausgaben der Domänenverwaltung, und zwar bei dem Titel „Zur Unterhaltung und zum Neubau der Do⸗ mänengebäude“ wünscht Abg. Lotichius, daß das zur Do⸗ mänenverwaltung gehörige Kloster Eberbach mit seinen archi⸗ tektonisch merkwürdigen Gebäuden fürsorglicher erhalten werden

möge.

; Regierungsseitig wird erwidert, daß Verhandlungen über einen Ausbau des Klosters beständen, die wahrscheinlich zu einem erfreulichen Ziel führen würden.

Die Ausgaben werden bewilligt.

Bei den Ausgaben für die Forstverwaltung regt Abg. Ol zem an, daß die Regierung die vielen kleinen Forst⸗ parzellen der Gemeinden in der Rbeinprovinz, die mit staatlichen Forsten im Gemenge lägen, in ihre Verwaltung übernebmen möge. Auch die Stellung der betreffenden Forstbeamten könne unter diesen

Umständen eine bessere werden. Der Regierungskommissar sagt; zu. daß die Regierung einen dabin gehenden Antrag des Provinzial Landtages mit Wohl⸗ wollen entgegennehmen werde. Denn es lasse sich nicht verkennen, daß die betreffenden Forstzustände in der Rheinprovinz zu Unzuträglich- keiten geführt hätten. . Abg. Melbeck befürwortet gleichfalls eine Aenderung in den bisherigen Zuständen der Gemeindeforsten in der Rheinprovinz. Abg. Braf Matuschka regt eine Aufbesserung der Gehälter der Forstkassen ˖ Rendanten an. Minister für Landwirthschaft 2c. on Heyden: Die wohlwollende Anregung des Herrn Vorredners wird in Er— wägung gezogen werden, es muß aber dabei inne gehalten werden, daß die Forstkassen⸗Rendanten eine Aufbesserung nicht außerhalb des allgemeinen Rahmens erfahren können, daß darin nicht zu weit ge—⸗ gangen werden kann anderen Beamtenklassen gegenüber. Im Uebrigen sind die Forstkassen⸗Rendanten nicht so belastet wie im Allgemeinen die Kreiskassen⸗Rendanten und ähnliche Beamtenkategorien, die der Herr Abgeordnete erwäbnt hat. Eine wohlwollende Erwägung wird stattfinden, und wenn dann später ein Haus sich finden wird, welches ebenso bereit sein wird, die Mittel zu genehmigen, wie heute der Herr Vorredner, so wird die von mir vertretene Verwaltung das dankbarst acceptiren. Abg. Conrad wünscht eine bessere Remunerirung der Forst⸗ aufseher und der Forst⸗Hülfsaufseher, die mit ihrem oft gefahrvollen Berufe nicht im Einklang stände. Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden: In etwas glaube ich, muß ich die Worte, welche der Vorredner im Interesse der Forst-Hülfsaufseher gesprochen hat, berichtigen. Es hat bereits eine Verbesserung stattgefunden, sodaß die Hülfsaufseher nicht 1.650 „S, sondern 1,830 M6 Diäten erhalten, und dann auf 2, 20 16 steigen. Ob die Anstellung nach 20 Dienstjahren erfolgt oder früher, ist nach den Aussichten in den verschiedenen Regierungsbezirken ver⸗ schieden. Nun ist ja alles Interesse für die Forst · Hülfsaufseher gewiß am Platze und meinerseits in vollem Maße vorhanden. Andererseits darf man aber nicht aus dem Auge lassen, daß ein sehr bedeutender Andrang in dieser Branche vorhanden ist, und daß die späte An⸗ stellung gerade eine Folge der Ueberfüllung und des Andrangs zu dieser Carriöre ist. Das sind Gesichtspunkte, die man nicht aus dem Auge lassen darf. Andererseits wird auch jetzt schon für die Hinterbliebenen ge⸗ sorgt, und werde ich jedenfalls jeden einzelnen Fall der an mich herantritt, prüfen und mich bemühen, nach Kräften für die Hinter⸗ bliebenen der Forst-Hülfsaufseher zu sorgen.

Das Kapitel wird bewilligt.

Bei den Ausgaben zu sorstwirthschaftlichen und Lehr— zwecken bemerkt

Abg. Seelig, bei den Forst⸗ Akademien zu Eberswalde und Münden seien die Gehälter übertragbar, sodaß man in Wahrheit nicht Üüberfehen könne, wie viel für die eine und für die andere An⸗ stalt aufgewendet sei. Die Direktorenstelle in der Akademie in Riünden. die sich leider nicht in dem wünschenswerthen Maße zu intwickeln scheine, könne ebenso besoldet werden, wie die zu Eberswalde.

Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden:

Die letzte Erklärung bin ich nicht in der Lage abzugeben. Es werden Erwägungen darüber stattfinden. Im Uebrigen kann ich be⸗ merken, daß das Gehalt der Direktorstelle in Münden dem Höchst gehalt der Ober ⸗Forstmeisterstellen gleichkommt. Wenn eine Ver schiedenheit in Eberswalde besteht, so mag das vielleicht dadurch ge⸗ rechtfertigt sein, daß die Bedeutung der Forst⸗Akademie in Ebers⸗ walde, bezüglich der Frequenz, eine erheblich weiter gehende ist als die der Akademie zu Münden. Münden hat sich nicht so entwickelt wie Eberßwalde. Der Herr Vorredner hat gesagt: warum ist das geschehen? Bestimmte Gründe sind dafür nicht anzuführen. Anzu⸗ nehmen ist, daß Eberswalde als die ältere Akademie eine größere Anziehungskraft besitzt, und daß die alten Forstbeamten ihre Söhne nach Eberswalde schicken, dem sie von Alters her eine treue Erinne⸗ rung bewahrt haben. Die Bemerkung, daß die einzelnen Positionen und 2 übertragbar sind, besteht seit längerer Zeit; Gebrauch ge⸗ macht ist von der Uebertragbarkeit in den letzten Jahren nicht. Eine ganz positive Angabe darüber, in welchem Jahre zuletzt eine Ueber⸗ tragung stattgefunden hat, bin ich nicht in der Lage zu geben, da ich auf derartige Detailanfragen kaum vorbereitet sein konnte.

Die Ausgaben werden bewilligt, desgleichen ohne Debatte der Rest des Etats der Forstverwaltung.

Schluß As Uhr. Nächste Sitzung: Sonnabend 11 Uhr. Auf der Tagesordnung steht: 1 Erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend Abänderungen der Kirchengemeinde⸗ und Synodalordnung für die Provinzen Preußen (2st⸗ und Westpreußen), Branden⸗ burg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen vom 10. September 18573 2) Erste Berathung des Gesetzentwurfs zur Ausführung des 5. 9 des Gesetzes, betreffend die SEinstellung de Leistungen aus Staatsmitteln für die römisch⸗ katholischen Bisthümer und Geisthslichen vom 22. April 1875. 3) Erster Bericht der Kommission für die Wahlprüfungen über die Wahl des Abg. von , im 2. Wahlbezirk des Regierungs⸗

bezirks Marienwerder.

SEStatistik und Volkswirthschaft.

ck Die Ergebnisse der von den Schiedsmännern zu Berlin innerhalb der Jahre 1882 bis 1889 ausgeübten Thätigkeit.

Die der schiedsmännischen Vermittelung unterbreiteten bürger⸗

lichen Rechtsstreitigkeiten haben während der Jahre 1882 bis 1889 nach dem jüngsten . Bericht über die Gemeindeverwaltung der Stadt Berlin“ stetig abgenommen. Es betrug deren Zahl im 1806, im Jahre 1889 dagegen lediglich 463 die Abnahme bei einem Vergleich mit der Einwohnerzahl in die Er⸗ scheinung; denn es entfielen von den bei den Schiedsmännern anhängig gemachten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten auf 10 000 Einwohner im Fahre 1882 15,36, im Jahre 1883 116, im Jahre 1884 8,3, im Jahre 1885 5.7“, im Jahre 1886 5, , im Jahre 1887 3,9, im Jahre 1888 3,5 und im Jahre 1889 3,0. Befremdend ist diese bedeutende derung. da dle schiedsmännische Vermittelung als eine verhältniß mäßig er folgreiche zu bezeichnen ist. Von den Sachen wurden durch Vergleich er⸗ ledigt: im Jahre 1882 76,1 0, im Jahre 1883 74,4 0½e, im Jahre 1884 68,4 0/ , im Jahre 1885 69,0 S̃o, im Jahre 1886 69,2 “9. im Jahre 1887 71,2 0, im Jahre 1888 66,6 0/9 und im Jabre 1889 760,5 Gο; im Durchschnitt der acht Jahre 71,9 5j oder über sieben Zehntel.

Jahre 1882 Noch auffallender tritt

erab min⸗

Bei den Beleidigungen und Körperverletzungen, welche der schieds⸗

männischen Thätigkeit unterlagen, machte sich numerisch eine Steige⸗ rung (1882: 5966, 1889: 11087 Sachen), im Verhältniß zur Ein⸗ wohnerzahl, jedoch im Allgemeinen ein Rückgang bemerkbar. war selbstverständlich bei Weitem nicht so belangreich als bei den buͤrgerlichen Rechtsstreitigkeiten; denn es kamen von den Beleidigungen

Derselbe

und Körperverletzungen auf 10 000 Einwohner: im Jahre 1882 853,6,

1883 53,4, im Jahre 1884 84,6, im Jahre 1885 71,9, im ahre

1886 76,46, im Jahre 1887 734, im Jahre 1888 Fi,z und im Jahre 1889 72.5. Von den Sachen wurden durch Sühneversuch mit Erfolg erledigt: im Jahre 1882 28.8 io, im Jahre 1883 28,9 H, im Jahre 1884 27,8 oz im Jahre 1sJ Rg, Co in Jahre 1886 28.5 wo, in Sahre As? 30, L 0/o, im Jahre 1888 28,50 o und im Jahre 1889 26,9 G, im Durchschnitt der acht Jahre 28,4 0 oder zwischen einem Viertel und drei Zehntel. Somit war die schiedsmännische Thätigkeit bei Be leidigungen und Körperverletzungen von bemerkenswerth, geringeren Erfolgen als bei den bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten begleitet. Bezeichnend ist die Thatsache, daß, während in den Rechnungs⸗ jahren 1882,83 bis 1885/86 der Stadt Berlin durch das Schieds⸗ manns⸗Institut Kosten erwuchsen, da die Ausgaben die Einnahmen überstiegen, dieses in den Rechnungsjahren 188687 bis 1833,89 nicht der Fall war, indem die Geldstrafen für unentschuldigtes Ausbleiben der Parteien größer als die Ausgaben waren.

Zur Arbeiterbewegung.

In Krefeld fand am Montag eine Versammlung beschäftigungs⸗ loser Arbeiter statt, welche von etwa 3650 Personen besucht war. Hauptredner war der „Elbf. Ztg.“ zufolge der bekannte Sozial demokrat Wesch. Es wurde eine Kommission gewählt, welche mit dem Ober⸗Bürgermeister in Verbindung treten sollte. In einer Resolution wurde ausgesprocken, daß es vor allen Dingen nötbig sei, die gesetzliche Regelung der Arbeitszeit arzustreben, da es nur dadurch möglich sei, einer so großen Arbeitslosigkeit namentlich in der schlechten Jahreszeit vorzubeugen. Wie die „Rh.⸗Westf. Itg. berichtet, hat der Ausschuß beim Ober ⸗Bürgermeister eine sehr gute Aufnahme gefunden. Derselbe versprach, einen großen Theil der beschäftigungslofen Arbeiter zu städtischen Arbeiten zu ver= wenden. Gestern waren schon viele Leute mit der Wegschaffung des in den Straßen liegenden Schnees und der Eismassen beschäftigt.

Hier in Berlin wurde vorgestern in einer Versammlung von Uhrmachern mit Stimmenmehrheit eine Resolution gefaßt, in welcher sich die Versammlung mit der übrigen Arbeiterschaft soli⸗ darifch erklärt und den Anschluß an die moderne Arbeiterbewegung als ihren Wunsch ausspricht. Nach dem Bericht des „Vorwärts= nahmen an der Besprechung auch mehrere Redner Theil, welche den entgegengesetzten Standpunkt vertraten. ;

In Leipzig wurde gestern eine von etwa 2600 Personen besuchte Verfammlung der Arbeitslosen abgehalten, in welcher ein Maurer Beyer einen Vortrag hielt und, wie die ‚Lpz. Ztg.“ mittheilt, als Ursachen der Arbeitslosigkeit die kapitalistifche Produktionsweise und das Lohnsystem hinstellte. Zur augenblicklichen Beseitigung der Arbeitslosigkeit empfahl Redner die Verkürzung der noch üblichen Arbeitszeit, während er eine gänzliche Beseitigung des heutigen Nothstandes in der Ein führung des sozialistischen Staats erblickte. Die folgenden Redner sprachen sich im Sinne des Referenten aus, brachten noch verschiedene Mißstände vor, und betonten zum Theil, daß der Rath der Stadt Leipzig in der Lage bez daju verpflichtet fei, der augenblicklichen Nothlage abruhelfen, dadurch daß er für Arbeit sorge, welche doch in größerem Umfange vorhanden sei. Es gelangte folgende Resolution zur Annahme: Die Arbeitslosen erkennen an, daß eine dauernde Verbesserung der arbeitenden Klassen nach der heutigen kapitalistischen Produktionsweise nicht zu erwarten und unmöglich ist, dieselbe muß vielmehr im Interesse der Gesammtheit des arbeitenden Volks geregelt werden durch Schaffung vernünstiger Arbeiterschutzgesetze und dadurch, daß die Arbeitszeit im Sinne der sozialdemokratischen Abgeordneten gesetzlich festgesetzn wird. Die ÄÜnwesenden verpflichteten sich, wenn sie wieder Arbeit haben, ihrer Branchen⸗-Organisatton beizutreten. Ferner wurde be⸗ tont, von dem Rathe kein Brot und keine Almosen, sondern Arbeit zu verlangen, durch deren Verdienst sie ibre Familien ernähren und ihren sonstigen Verpflichtungen nachkommen könnten.

Aus Krakau wird der ‚Voss. Ztg. telegraphirt, daß in den Kohlengruben bei Sosnowice (Russisch Polen) 2007 Berg—2 arbeiter die Thätigkeit einstellten. Dies ist, wie in dem Telegramm bemerkt wird, der erste Ausstand in Rußland. Zur Verhütung von Arbeiterunruhen sind einige Sotnien Kosaken aufgeboten worden. Der tägliche Verlust, welchen die Grubenbesitzer erleiden, beträgt 14 0090 Rubel.

Die Londoner Allg. Corr. schreibt: Die Direktion der Glas- gow und Sonth Western Eisenbahn hat die Gefahr, daß die Arbeitseinstellung auch unter ihren Angestellten ausbräche, dadurch beseitigt, daß sie versprochen hat, die bestehenden Beschwerden zu unter⸗ suchen. Als Abschlagszahlung bat sie die Schichten von zwölf auf acht Stunden herabgesetzt, und wie es die Leute fordern, die Signal häugchen vergrößert. Auf der kaledonischen sewohl wie der nord- brüitischen Eisenbahn scheinen sich die Schaaren der Aus- ständischen allmählich zu lichten, obwohl die Verkehrsstockung noch lange nicht geboben ist. Mittlerweile werden Versuche gemacht, die ECisenbahnen daran zu mahnen, daß sie nach eaglischem Recht als „publie carriers“ auch einige besondere Verpflichtungen haben und für den Verwaltungsrath außeg Rück sichten auf die Aktionäre auch Rücksichten auf das öffentliche Interesse maßgebend sein sollen. Der Stadtrath von Edinburg beschloß gestern, das Handeltzamt anzugehen, in Bezug auf den Ausstand Stellung zu nehmen. Das Gleiche will die Polizei⸗Kommission in Coatbridge thun, um die Bahnen zu zwingen, ihren übernommenen Pflichten gerecht zu werden. ; .

Aus Melbsurne wird dem „Daily Tel.‘ berichtet, daß da⸗ selbst ein nationaler Arbeitgeberschutzfonds in der Gründung begriffen sei, der eine Assekuranz gegen Ausstände bilden soil. Alle Klassen von Arbeitgebern schließen sich der Bewegung an.

unst und Wissenschaft.

Freiherr Friedrich von. Schmidt, unter den deutschen Baumeistern der Gegenwart wohl der berühmteste, der feinen Namen in Köln, Mailand. Wien als den Hauptstätten seiner Thätigkeit ver⸗ ewigte, ist der ‚Köln. 3 zufolge, am 21. Januar in jenem Sühn⸗ haus in Wien, welches er auf Kaiserlichen Befehl an der Stelle

Ferechtfertigsten und drücken dsten Zöllen, den Getreiteissien machen Diesen Kampf werde fie flete fortsetzen Die er fan .

des Ring⸗Theaters erbaute, verstorben. Freiherr Friedrich

von Schmidt wurde am 22. Oktober 1325 zu Finkenbofen i Württemberg geboren. Nach seiner Lehrzeil * . kam er im Jahre 1843 als Steinmetzgebülfe nach Köln, 1857 wurde er als Professor der Architektur nach Mailand berufen, 1859 an die Wiener Akademie. Freiberr von Schmidt war der größte bekannte Gothiker, der am Kölner Do m die ihm eigene geniale Feinheit in der Behandlung dieses schwierigen Stils gelernt' hat. Bedcutfam war seine Thätigkeit am St. Stephansdom zu Wien, sein glänzendstes Veister stick ist das herrliche Wiener Rathhaus. Per schöne Plan 8e. ,, , er . den bevorstehenden Ban der Herz n, der so i i Jer err. somit zu einem Vermächtniß des großen

Verkehrs⸗Anftalten.

Norddeutscher Lloyd in Bremen. (Letzte Nachrichten über die Bewegungen der Dampfer) New. Jork und Baltimore ⸗Linlen: Bestimmung. Bremen 3 Bremen 21. New Vork New⸗Vork New ·˖ Jork New Vork Bremen . Baltimore Baltimore

Eider“. Lahn“. Fulda“. Spree! Werra“ Trave n. America

Stuttgart“. Hermann“.

von New⸗Jork. von New-Hork. in New⸗NYork. Lizard passirt. von Southampton. von Bremerhaven. in Bremerhaven.

Lizard passirt. 5. Jan. von Bremerhaven.

Brafil⸗ und La Plata-Linien: w en, wich Antwerp.

an 19. Jan. Las Palmas passirt.

. e, . Vigo, Antwerp., Darmstadt n . tp 11. Jan. von Buenos Aires.

; ; issab, Antwerp. K ö. . 15. Jan. von Bahia. Eronyr Ft. Wi Antwerp, Bremen 22. Jan. St. Vincent Köln . Antwerp. Bremen] 16. Jan. von Buenos . Veser . La Plata 11. Jan. in Montevideo. Obio . La Plata 15. Jan. in Rio. Leixzig Brasilien 20. Jan. in Bahia. Gera . Rio, Lg Plata ] 11. Jan. Sta. Gruß; passirt. Frankfurt. La Plata 20. Jan. von Vigo. Linien nach Oft⸗Asien und Australien:

Bremen 17. Jan. von Genua. Bremen in Hongkong. Ost · Asien in Singapore. Ost · Asien von Genug. Bremen win Colombo. Australien in Adelaide. Australien in Aden. Bremen in Aden.

Theater und Mufik.

Königliche Theater.

In der Vorstellung der Oper „Carmen? am Sonnabend im Opernhause sind die Damen Rothauser, Lammert und Weitz, die Hrrn. Ernst, Schmidt und Krolop beschäftigt. In der Sonntage— vorstellung des „Oberon“ treten die Damen Pierson, Weitz, Herzog und Staudigl sowie die Hirn. Krauß und Lieban auf.

Imhm Schau spiel hause ist auf vielseitiges Begehren die Vor⸗ , des „Kaufmann von Venedig“ auf den Sonnabend verlegt vorden.

Bezüglich der Jubiläumsfeier der Fr. Kahle-Keßler sind nicht ganz richtige Mittheilungen in die Presse gelangt. Am 39 . 6 betrat Fr. Kahlen Keßler zwar zum ersten Male als Gast die König liche Bühne, ibr Engagement begann aber erst am 1. Mai, und wird nach den bisherigen Gepflogenheiten also erst der 1. Mai als der Ehrentag der beliebten Künstlexin zu betrachten sein.

. Königliches Schauspielhaus.

Zur Feier von Lessing's Geburtstag ging gestern auf der König lichen Bühne Nathan der Weise * in Scene und fand bei den Zuschauern ungetheilten Beifall. Vor längerer Zeit wurde bereits an dieser Stelle die Aufführung des „Nathan“ bei der Neueinstudirung eingehender besprochen. Die gestrige Vorstellung gewann nur insofern ein erhöhtes Interesse, als wir in der Titelrolle Hrn. Kahle und als Derwisch Hrn. Grube sahen. Hr Kahle bat die Gabe, in allen Rollen sympathisch zu erscheinen, und dieser Umstand war es, der ihm auch gestern die Herzen gewann, obgleich er den Charakter des philcsophisch an— gelegten athan etwas ins Alltägliche hinüberspielte und an einigen Stellen zu deklamatorisch und sentimental erschien; immerhin konnte die Leistung als eine wohldurchdachte und künstlerisch abgerundete im Ganzen wohl befriedigen. Der Derwisch des Hrn. Grube zeigte mebr Besonnenheit und empfindsamet Wesen, als dem Terwisch eigen sein sollte; dafür entschädigte der begabte Künstler durch die Klarheit und Genauigkeit des Vortrags sowie durch eindrucksvolles Wesen, dem es auch nicht an der nöthigen

guten Laune fehlte. G.,, Deutsches Theater.

; Die erste Aufführung des vieraktigen Schauspiels „Ehrbare Mädchen? (Le vVergini)h von Mario Praga, deutsch von Otto Sommerstorff, findet am Donnerstag, 29. d. M, statt.

Berliner Theater.

Gesitern Abend ging, als am Geburtstage des Dichters, Gott hold Ephraim Lessing's Lustspiel Minna von Barn— helm? oder Das Soldgtenglück' neu einstudirt und zum Theil in neuer Besetzung in Scene. Lessing's „Minna“, eine immer will kom mene Gabe, fand auch gestern bei dem gut besetzten Hause eine sehr freundliche Aufnahme, welche durch das treffliche Zufammen— spiel. durch tüchtige Einzelleistungen und durch die an dieser Bübne gewohnte sorgfältige Inseenirung wohlbegründet war. Es schwebte über der Vorstellung jene eigenthämlsche bebagliche Stimmung, welche neben der Frohsinnigkeit dez Lebens Ernst wohl verträgt; daneben kam die aus der Handlung hervor— strahlende, vaterländische Gesinnung voll zur Wirkung' und fand bei den Zuschauern lebendigen Widerhall. Die Frische, mit welcher gespielt wurde, die Fröhlichkeit, mit welcher das . Soldaten glück, aufgenommen wurde, legten beredtes Zeugniß ab für die unver. wüstliche Lebens fähigkeit dieses ersten, nach dem Untergange des deut. n , , , , deutschen Lustspiels, welches sich nun schon länger als ein Jahrhundert auf der f ü ö M , ö. f deutschen Bühne sieg ie Titelrolle spielte Frl. Butze mit vollem Gelingen; sie hielt sich gleich weit entfernt von spöttischer Koketterie wie . c en t Sentimentalität; den Ton treuherziger Schelmerei und echten deutschen Gefühls traf sie bis zar Vollendung. Eine drollige Franziska bot Frl. Odilon in Spiel und Sprache; sie brachte den kecken Ueber⸗ muth, den natürlichen Mutterwitz und die Lebeneklugheit dieser Kam merzofe, welche mehr die Freundin als die Dienerin des adligen Fräuleins ist, trefflich zur Geltung; in dem Wortgefecht mit dem neugierigen Wirthe sprübte sie von spottsüchtiger Laune und erzielte damit mehrfach lauten Beifall bei offener Scene. Als „Dame in Trauer“ trat Frl. Baumgart auf und führte ihre kurze Rolle mit warmem Gefühl und Zurückhaltung durch. Hr. Max Freiburg gab den Major von Tellheim, zwar etwas steifer im Spiel, als es für den verabschiedeten Soldaten mit einem steifen rechten Arm nöthig wäre, aber doch im Ganzen mit Empfindung und edlem Anstand. Vielen Beifall erntete Hr. Kraußneck als Just; die gallige Verbissenheit des Dieners, welcher in jedem Menschen einen an seines Herrn wittert, die treue Anhäͤnglichtkeit an denselben, die sich ungeschickt aber rührend äußert, rief oft genug herzliche Heiterkeit hervor; im ersten Akt schien die Figur des Just noch etwas schwach und verwischt gezeichnet;

Sachsen! . Bayern“ Neckar. ,,, Hohenzollern! . Hohenstaufen“ Karlsruhe“.

immer lebendiger und vollkommener in seine Rolle inein Or. Barn ar hatte die Partie des Wachtmeisters . und schuf daraus eine kräftige, aus derbem Holz geschnitzte Gestalt, der das weiche Gemüth Humor verlieh. Zu erwähnen bleibt der Wirth des Hrn. Eckert, welcher den neugierigen und auf sein Fort— kommen bedachten Mann mit belustigender Komik ausstattete. Da⸗ gegen konnte der Riecaut des Hrn. Stahl weniger befriedigen; es fehlte ihm die vornehme, ritterliche Haltung, welche dem Chevalier auch im schäbigen Rock eigen sein soll; er kehrte von vornherein mehr den Glücksritter und Abenteurer, als den Edelmann hervor.

Das gut besetzte Haus folgte der Vorstellung mit lebhafter Theil⸗ nahme und rief die Darsteller nach jedem Aufzug wiederholt vor die

Gardine.

ö . ö . am. Sonntag zum ersten Male in Scene e Novität Adonis“, Lustspiel in 4 Akten von A. Slotffo, ken nge . J ö Händen der Damen Pallatschek, Sander, . J er ⸗Trost, sowie der Hrrn. Alexander, Buller, Gimnig

. Sing / Akademie.

Der zehnjährige Pianist Stanislaus Severin Eisen— berger, der seine Studien hierfelbst beim Praof. Ehrlich gemacht hat, gab gestern sein erstes Concert und ließ eine fuͤr feine Jugend schon weit vorgeschrittene technische Fertigkeit erkennen, der es nur an einer eingehenden Ausdrucksweise fehlt. Üeberall merkt man die sorg fältig gepflegte Sauberkeit und die rhythmischen Accente, welche die Spuren eines genauen mechanischen Einübens verrathen, jedoch vermißt man die Schattirungen, Dieser Umstand beeinträchtigte nicht nur der Vortrag der Acdur-Sonate von Beethoven, fondern noch vielmehr die des Jnnpromptus von Schubert Nr. 4, in welchem der schöne Mittelsatz gänzlich verloren ging. Der Knabe wurde mit wohlwollendem Beifall belohnt. Die Sopranistin Frl. Ferra Wilmor aus Wien TUnter— stützte das Concert durch den Vortrag einer Arie von Eckert und zweier Lieder von Robert und Delibes. Die Stimme, welche in der Mittellage recht angenehm klingt, entbehrt in der Söbe zu sehr des Wohlklanges, da die Sängerin dieselbe stets zu scharf behandelt; . ae. i,. . für den leichten Sperettengesang

n ie onation nicht rein genug. Auch ih Leiss n fehlte es nicht an Beifall. JJ

. Römischer Hof.

Die. Concertsängerin Fr. Herr m ann-Praetorius! (Sopran) deren Leistungen bereits vortheilhaft bekannt sind, gab gestern in Semeinschaft mit dem hier noch nicht gehörten Violinisten Hrn. Stanislaus Tau be aus Warschau ein Concert, weiches Letzterer mit dem Violin ˖ Concert (G-moll) von M. Bruch eröffnete. Hr. Taube, in Paris ausgebildet, besitzt eine recht anerkennens— werthe ; technische Fertigkeit, einen markigen Ton und eine sehr belebte Ausdrucksweise. Im Forte geht er leider mitunter über die Grenjen, des Schönen binaus, sodaß die Sauberkeit seines Spiels beeinträchtigt wird, wie es besonders in dem Vortrag der Othello Fantasie von Ernst zu bemerken war. Das nicht sehr zahlreich erschienene Publikum spendete aufmunternde Zeichen des Beifalls. Die Sängerin trug mit wohlklingender, wenn auch nicht sehr ausgiebiger Stimme mehrere Lieder von Schumann, Brahms u. A. vor und erntete mit ihrem musikalisch gebildeten Vor— trag, dem die Reinheit der Intonation stets zur Seite stand, lebhafte und wohl verdiente Beifallsbezeugungen. ;

Mannigfaltiges.

In den stattlichen, prächtig mit Fahnen geschmückten Räumen der Philharmonie fand gestern Abend der große Fest⸗Kommers des Vereins deutscher Studenten zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers und Königs, zur Erinnerung an den Jahrestag der Wiederaufrichtung des Deutschen Reichs, sowie zur Feier des zehnjährigen Bestehens des Vereins statt. Zu der wür— digen Feier hatten sich zahlreiche Gäste aus allen Kreisen der Gesell— schaft und aus allen Berufsklassen zusammengefunden, sodaß der dicht gefüllte Saal ein belebtes und glänzendes Bild bot um so mehr, als auch die Damenwelt in den Logen reich der⸗ treten war. Unter den Ehrengästen befanden sich der Chef des Generalstabes der Armee General der Kavallerie Graf von Waldersee in der Uniform des Königs Ulanen Regiments mit den Abzeichen des General. Adjutanten Sr. Majestät, der Direktor des Allgemeinen Kriegs⸗-Departements General-Lieutenant Vogel von Falckenstein, der Direktor des Departements für das Invalidenwesen General. Major von Spitz, der Kommandant des Javalidenhauses General. Lieutenant von Blumröder, der Commandeur der Eisenbahn-Brigade Oberst Knappe, die Afrikareisenden Dr. Peters und Graf Pfeil, der Hof— Prediger D. Rogge aus Potsdam, die Professoren Dr. Strack, Dr. Bornhak und Dr. Wagner, Hofprediger a D. Stöcker und viele Offiziere, besonders vom 2. Garde Regiment zu Fuß. Der offizielle Theil des Festes wurde eingeleitet durch das Lied Dem Kaiser Heil“. Darauf ergriff der Präsioent des Vereins stud. jur. et cam. Bugo Reichelt das Wort zum Kaisertoast. Er feierte Se. Majestaäͤt den Kgäser und König als den Frieden sfürsten, der durch auf— richtige Liebe zum Frieden, durch kluge und energische Politik, durch kraftvolles, zielbewußtes und versöhnliches Auftreten den übrigen Fürsten gegenüber, durch nimmer rastende Thätigkeit in der Aus— bildung des Heeres, des Werkzeuges für Erhaltung des Friedens, es

sparen, der aber auch durch das mit jugendlicher Frische begoö große Werk der sozialen Reformen dem dh eich k inneren Frieden zu bewahren bestrebt sei. Der bei Gelegenbeit der Konferenz für Reformen des höheren Schulwesens von Sr. Majestaͤt dem Kaiser ausgegangene Mahnruf, daß Allerhöchstderselbe die Unterstützung aller deutschen Männer zur Bekämpfung der dem Vaterlande drohenden inneren Gefahren nöthig habe, sei bei der akademischen Jugend auf fruchtbaren Boden gefallen. Die deutschen Studenten seien national gesinnt, sie ständen fest in ihrer Liebe zu Kaiser und Reich. Zur Wiederholung und Bekräftigung dieses Ge— löbnisses forderte der Renner zu einem Hoch auf den Monarchen auf welches in der Versammlung begeisterten Widerhall fand. An das Hoch knüpfte sich die Nationalhymne, welche von den Anwesenden stebend gesungen wurde. Alsdann bestieg der Rittergutsbesitzer von Winterfeld, ehemaliges Mitglied des Vereins, die Redner— bühne, um in kraftvollen Worten das Deutsche Reich mit einem Salamander zu feiern. Dr. Coser beglückwünschte darauf den Verein 6 seinem zehnjährigen Stiftungsfest und forderte am Schluß feiner Rede auf zu einem Salamander auf den Fürsten Bismarck und den Grafen Moltke, denen in einem sogleich abgesandten und im Wortlaut mitgetheilten Telegramm von der begeistert aufgenommenen Huldigung Kenntniß gegeben wurde. Hierauf erschien als Germania“ auf der Bühne Frl. Ida Müller, um in einer schwungvollen Dichtung von Arthur Pusch die zwanzigjährige Geschichte des Deutschen Reichs vorzutragen. Als sie mit der Mahnung schloß, festzustehen zu Kaifer und Reich, ging der Vorhang auseinander, und es erschien, von Toyfgewãchsen umgeben, die magisch beleuchtete Büste des hochseligen Kaifers Wilhelm, welchem Krieger ihre Huldigung darbringen. Die Germania schmückte nun unter dem Jubel patriotischer Be⸗ geisterung die Büste des geliebten Kaisers mit einem Sorbeer— kranz. In weiteren Reden wurde durch Professor Wagner der deutschen Jugend, vom Hofprediger Stöcker der deutschen Armee und vom Stud. Schneider der deutschen Frau ge— dacht. Die Begrüßung des Berliner Vereins durch die Bruder— vereine aus dem Deutschen Reich, die bei dem Fest zahlreich vertreten waren, hatte ein Leipziger Student übernommen. In später Abend. stunde lch der offizielle Theil des Festes, das allen Anwesenden in dauernder Erinnerung bleiben wird.

In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten wurde der „Staatsb. Z.. zufolge g. Aufstellung einer ste des Ehrenbürgers Schliemann im Rathhause beschlossen. Ferner be— schloß die Versammlung, dem Verein der Berliner Künstler für die

aber im Laufe des Abends ie, sich der tüchtige Künstler

in diesem Jahre in Berlin stattfindende internationale

verstanden habe, dem Vaterlande die Schrecken des Krieges zu er.

Kunst Ausstellung eine Beihülse von zu ge⸗ währen unter der Bedingung, daß in das Ausst. Langs Comits einige Mitglieder der städtischen Verwaltung zugezogen werden. Zur Berathung kam noch der dringliche Antrag des Stadtv. Gerold und Genossen, welcher den Magistrat um sofortige Finrichtung von Wärme stuhben ersucht. Nachdem der Antragsteller mit kurzen Worten auf die Nothwendigkeit der Wärmestuben für die ärmere Bevölkerung hingewiesen batte, wurde der Antrag einem sofort vom Vorstande zu ernennenden Ausschuß überwiesen.

Die Geflügel ⸗Ausstellung „Cvpria“, über deren Er— öffnung im Equitable⸗Palast wir gestern kurz berichtet haben, ist von 235 Ausstellern beschickt. Betritt man die weiten Räume, so gelangt man zunächst in die Abtheilung des Großgeflügels, welche 413 Sta min Prämiirungsthiere und 83 Stamm Geflügel der Verkaufsklasse auf— weist. Unter den deutschen Landhühnern, deren Zucht man wieder mehr Aufmerksamkeit als früher schenkt, befinden sich besonders schöne Ldakenfelder und Thüringer Bausbäckchen; auch westfälische Krüger und Schlotterkãmme sind in vortrefflichen Exemplaren eingeschickt. Aus Siebenbürgen sind als Seltenheit für Berlin Siebenbürger Nackthälse ausgestellt. Die Itastener in ihren verschiedenen Farben— spielen sind durch äußerst werthvolle Thiere vertreten; so ist ein Stamm rebhuhnfarbize mit 200 60 bewerthet. Hamburger sind 27 Stämme, schwarze Minoreg steigen im Preise bis zu 300 (M, ein Paar gesperberte Spanier aus der Ortlep— schen Zucht sind für 200 S käuflich. Die Andalusier sind durch 3 auserlesen schöne Stämme reyräfentirt. Plymouth Rocks sind u. A. auch von der ‚„Cypria“ selbst ausgestellt. Die EChiere entstammen der neu angelegten Zuchtanstalt des Vereins. Auch der bekannte Züchter Marten Lehrte, sowie Sundermann Gütersloh haben die Schau durch schöne Plymouths bereichert; ersterer kringt außerdem auch beachtentwertbe glatte Langshars. Als erfolg— reicher Züchter von Vyandolles präsentirt sich Kullmann Frank- furt a. M. Die französischen Fleischhühner sind hervorragend schön von C. v. d. Driesch⸗Duͤren ausgestellt. Holländer sind namentlich aus der Provin; und dem Königreich Sachsen eingegangen. Reich vertreten sind die Brabmas und Cocins und der Werth einzelner dieser Stämme steigt bis 459 66 Marten ⸗Lebrte, Götze-Grimma seien hier in erster Reihe als Aussteller genannt. Auch englische Händler, die mit Vorliebe den kauffähigen Berliner Markt aufsuchen, haben gerade diese Klassen reich beschickt. Loh— Frankfurt a4. M. bringt schöne Bantams, Eckardt Zittau und Dreves ⸗Braunschweig sind mit mustergültigen Zwergkämpfern er⸗ schienen. Unter den selteneren Rassen seien Strup-Bantams, Nol= verara, Orpington und japanische Seidenbhühner genanut. Auch einige interessante Kreuzungen sind ausgestellt. Truthühner zählte man neun Stämme Perlhühner deren zwei. An Ziergeflügel birgt die Ausstellung eine Pfauenfamilie, drei Goldfafanen und einen Stamm Mandarinen. Unter dem Wassergeflügel dominiren die Enten. Neben Aalesbury, Rouen und Peking sind auch schwedische türtische Smaragd. und Bayaga⸗Enten aucgestellt. Auch die Abtheilung der Gänse zeigt eine hübscke Auswahl der ver— schiedensten Rassen, Emdener, Toulouser, Italiener, Canadische u. A. Ueber Erwarten reich ist die Abtheilunz der Tauben beschickt und zwar mit 925 Paar. Allein die Tümmler kann man auf 209 Paar schätzen. Feld. und Farbentauben sind gegen 50 Paare zur Schau gebracht, darunter auch schöne Mohrenköpfe und Gistauben. Die verschiedenen Mövchenklassen weisen 187 Paare auf. Brehm Gröning Laschky. Blaumann, Abler, Geißler und andere bekannte Berliner Züchter dieser Rasse haben Auserlesenes ausgestellt. Schöne Schleier⸗ und Mähnen⸗ tauben bringt u. A. Nahrun⸗Berlin und Schmidt⸗Hamburg. Pfautauben sind in seltener Fülle vor Allem von England eingeschickt. Auch Magdeburg und Lehrte zeigen sich als hervorragende Zuch plätze für Pfautauken Einzelne diefer Paare sind bis zu 500 M bewerthet Unter den Warzentauben dominiren die Karoder, aber auch Indianer und Bagdetten sind gut vertreten. Riesen. und Huhntauben sind 44 Paare eingeschickt. An selteneren Rassen seien bulgarifche Trommel⸗ tauben, holländische Tümmler und englische Weißschilder genannt In der Verkauféklasse sind auch eine Anjahl Brieftauben ausge stellt. In einem besonderen Zimmer sind in und ausländische Sing— und Ziervögel untergebracht; namentlich haben Lebl⸗Stralfund, Langlob— Kl Kromedorf und Michow-Berlin diefe Gruppe bevölkert. Originell beschickt ist diesmal die Abtheilung der ausgestopften Vögel, u. A mit einer Reihe kostümirter Gruppen; auch die Abtheilung Viteratur“ sowie die für den Fachmann besonders wichtige Abtheilung der Geräthschaften und Futtermittel bringen manches Interessante. Die Ausstellung bleibt, wie schon gemeldet, bis zum 27. Januar geöffnet Nach dem Urtheil der Jury hat die höchste deistung Or. D. Marten Lehrte aufzuweisen. Derfeste erhielt allein 13 erste Preise und brachte es auf insgesammt S5 Punkte. Da er jedoch Händler ist, konnte er für die großen Züchter-Ehrenpreise nicht in Betrackt kommen, und für den Preis Sr Majestät des Kaifers

die goldene Staats Medaille, wird daher der bekannte Züchter, Königliche Rentmeister Carl v. d. Driesch zu Düren, welcher 84 Yunktẽ erreichte, in Vorschlag gebracht werden. 535 Punkte erhielt die Lon— doner Handelsfirma John Baily and Son, aach sie kann nicht auf Züchterpreise reflektiren. Die nächstbeste Züchterleistung war somit die des bekannten Rittergunsbesitzers Ph. von Nathusius. Althaldeng⸗ leben, welcher 23 Punkte errang. Auf 25 Punkte brachte es Wilh.

Donmes⸗Braunschweig, auf 22 der Berliner Taubenzüchter G. Blaumann

auf. 2l Franz Götze⸗Grimma, auf 18 R Schenk Schöneberg, 17 Pu tte erhielten L. Adler⸗Berlin, Photograpb E. Hennig ⸗Berlin und

Alschewski⸗Danzig, 16 Punkte Konrad Lucas⸗Witsstock und Ludewig

Scest, 14 Punkte errangen die 3 Berliner Züchter Alb. Thomas,

Ingenieur R. Nahrun, und Direktor W. Gröning 12 Punkte, die

Berliner 8. Boehm, Carl: Heyne und Stallmeister Völlner

und 11 Punkte der englisch? Händler Jardley,. R. Rersten

in. Berlin und LohFrankfurt a. M 56 der Aussteller

holten sich für einzelne vorzügliche Thiere erste Preise; es

sind dies außer den schon genannten Herren die Aucssteller

Rechnung Rath Braun Berlin, Ba ke⸗Groß eeren, Bartholomäug⸗

Berlin, Berendt -Klein-Ottersleben, Behring-Königsberg, Belgard—

Tönigsberg, Bertram⸗Wald, E. Mardt⸗Zittau, Förster ⸗Eibau, Fricke=

Magdeburg, Geißler Berlin, Herford ⸗Königs bern, Höhne ⸗Charlotten⸗

burg, Huth Frankfurt a. M., Köther⸗Düsseldorf, Lange⸗Magdeburg

Laschky. Berlin, Ludwig Hohenstein, Maaß Sd öneberg, Maaß. Sam⸗

burg, Möckel Homburg, Müller ⸗Altenburg, Niehaus⸗Gütersloh, von

Oertzen Goien, Petermann ⸗Rostock, Schmidt. Itzehoe, Schmidt Ham⸗

burg, Schnaase Königsberg, Schwerborck⸗ Warendorf, Sundermann

Gütersloh, Teuscher Weißenfels, Tonndorf ⸗Punkrau, Trieloff⸗Duitz=

burg, Viedt⸗Kamin und Zech-Sonnefeld.

1099 0909 0.

Verkehrsstörungen durch Schneefall und Eis.

Danzig, 21. Januar. Gestern inspizirte der . D. 3 zufolge der Geh. Ober ⸗Baurath Hagen aus dem Ministerium der öffentlichen Arbeiten die Eisverhältnisse auf der unteren Weich fel und wohnte auch bei Dirschau einem Eisbrechversuch bei. Die weitere Fortsetzung des Aufbruches der Eisdecke über Dirschau hinaus ift jetzt bis zum Eintritt milderer Witterung verschoben. Dagegen kursiren zwischen Danzig und Einlage mehrere Eisbrechdampfer, um hier die früber aufgebrochene und bei den letzten scharfen Nachtfrösten wieder

bar,. Stromrinne frei zu halten und etwaige Verstopfungen zu aum burg a. S., 21. Januar. Aus den meisten thürinaisck Orten kommen, wie der M. Vr It. 1. rn über die Strenge des Winters und Über den vielen Schnee Die niedrigste Temperatur wurde in der Nacht zum 17. in einigen ö, ,, ö. nämlich nahe an 320 G. Mit en erschwerten Verkehrsverhältnis ĩ ür Vi; die w enen, geschwunden. , Ona, 22. Januar. Das Königliche Eisenbahn— r meldet: Die Strecke Neumünster⸗ ng e, gfff ,, Blankenburg, Harz. 22. Januar, Abends. Amtlich wird mitgetheilt: der Verkesr auf sämmtlichen Lmien unserer Bahn ist

soeben wieder aufge nommen.

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