1891 / 39 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 13 Feb 1891 18:00:01 GMT) scan diff

baben, als die Bestimmung im zweiten Absatz des 5. 105 der jetzigen Gewerbeordnung bat. Ich bitte Sie also nochmals, bei dem Beschluß der Kommiffion

stehen zu bleiben.

Abg. Dr. Böttcher: eine Partei müsse dagegen Widersrruch erheben., daß das Gesetz, wie der Abg. Bebel es thue, als das Interesse der Arbeiter schädigend dargestellt werde, Im Vergleich mit dem Bestebenden wende die Vorlage den Arbeitern ganz über wiegende Vortheile zu, und darum könne eine Partei, die die Inter effen der Ärbeiter zu vertreten vorgebe, unmöglich dies Geseg ab— lebnen, wenn sie nicht glaube, daß das Gesetz auch obne sie zu Stande komme. Wenn in einem Punkt die Kommission einig gewelen sei, so fei sie es in Bejug darauf gewesen, daß den Arbeitern volle Sonn tagsrube zu lassen fei, und daß sie nicht durch die Ruhe in irgend einem beliebigen Wochentage ersetzt werden lönne; auch darin sei man einig gewesen, daß nicht ein absolutes Auj⸗ bören aller Beschäftizunz am Sonntag eintreten könne; wann die Ausnabmen einzutreten hätten, das sesen Detailfragen, die man ja bei den folzenden Paragrap zen erledigen könne. Der. Abg. Dr. Srterer meine nun, . 165 a in der Faffung der Kommission enthalte einen Rückschritt gegen die jetzt geltenden Bestimmungen. Er (Redner) bebaupte daz Gegentbeil; denn jetzt könne der Betriebsleiter selbst bestimmen, wann die Sonntagsruke eine Ausnahme erfahren solle, in Zakunft folle dagetzen das in jedem einzelnen Falle von der Ge— nehmigung der Behörde abbängen, und durch diese Bestimmung werde man dem fozialen Frieden, den Alle anstrebten, besser dienen als durch irgend eine andere. Dabei sei die Kommissionsfassung gerade auf Trängen der Centrumdsfraktion entstanden, welche gegen die Regierungsvorlage angekãmpft habe, während die Anderen gegen die Vorlage nichts einzuwenden gehabt hätten.

Abg. Dr. Orterer: Ihm babe nichts f gelegen, als Schwierlgkeiten für den soialen Frieren zu schaffen. Dem Arbeiter schutze stehe freilich die Rücksicht auf das Interesse der Arbeitgeber gegenüber, aber man müsse doch festhalten, daß den Arbeitern das in der göttlich ube nur in den dringendst othfälle

in de Gewerbeordnung gerau fixi bei Annahme seines An⸗ es Schw i stehen. Hätte man issionsanträge Vor⸗ in der That

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gegenüber dem Abg. Bebel noch Fel Fuͤbrer der sogenannten Arbeiterpartei aus in dem Gesetz einen Fortschritt gegenüber de nden, aber wegen einiger Bestimmungen, die mir und Arbeitern nicht gefallen, werde ich gegen das ganze Gesetz stimmen, so sei das kein berechtigter Standpunkt. Man müsse das Erreitbare rehmen. Die sozialdemokratische Partei ve solche Verbeserungen, weil sie Weitergebendes der Mehrheit des Reichstages dann eir keine Fortschritte gemacht würden. So könne es (dem Redner) ein Anhänger der sozialistischen urf daraus gemacht habe, daß seine Parteigenossen gege lrersickerungsgesetz gestimmt hätten. Wer ͤ für einen Fortschritt halte, werde für er für eine Verbesserung des fleisch: Der von seinen Fraktionsgen Antrag, den jweiten Sas des §. 1052 s Prinzip klargelegt baben, daß in gewisten 5 itet werden dürfe, in anderen nicht. Nach Able t e man Fälle, in denen am Sonntag nicht ge ürfe, u in denen der Arbeiter gejwungen werden könne, ar a Werde der Anttag Ortere angenommen, io erstens die Fälle, denen der Arbeitgeber am Son ; die Fälle, in denen Arbeitgeber ie Arbeit am Sonntag vornehmen f und in denen der Arbeiter gejwungen sei, die Arbeit aufzunehmen, und drittens die Fälle, in denen der Arbeitgeber die Arbeit aufnehmen lassen dürfe, in denen aber der Arbeiter nickt geiwungen werden könne, die Arbeit am Sonntag auf⸗ fen. Turch das Hesetz werde ohnebin eine große Menge ven Ver= influß eingeführt, darum sollte man diefen und die sonftigen nickt noch weiter vermehren und nichts Anderes ie Kommissionsbeschlüsse. . ͤ Dem Abg. Dr. Orterer bemerke er, daß er das was er in Besug auf die Vorlage sage, auch den Arheitern gegenüber vertreten könre. Seine (des Rednere) Partei solle illec val z würde ihr schlecht bekommen, denn da der ł ile, Staat u. s. w. zur Verfügung ständen, so würden Lie seder illovalen Agitation für seine Partei zum Scaden ausse Der Abg. Dr. Orterer hätte dem Arbeiter, der ihm einen Vorwurf daraus gemacht habe, daß er gegen das Alters und Jaraliditäts. Versicherungs gesetz gestimmt habe, ent⸗ gegnen köͤnren, daß auch seine (des RednersJ Fraktion dazegen ge⸗ stimmt kabe; dann wäte der Arbeiter so mundtodt gemacht wie nur möglich. Man müsse die sozialdemokratische Partei nicht für ganz verein seite Äuslaffungen von Parteigenoffen im Lande rerantwortlich macher, ebenso wenig, wie diese Partei die anderen Parteien für jede Aeußerung er Parkeigenoffen verantwortlich machen könne. Wenn seine Partei hier im Stande wa das Gesetz zu Falle zu bringen, so würde das nichts schaden. Pätte fie die Majoritãät, fo würde ein viel besseres Gesetz zu Stande kommen. Die ganze Koinmissionsvorlage sei ja überhaupt nur zu Stande gekommen durch ein Kompromiß des Centrums mit den Konscrvativen. Seine Partei freilich gebe auf gar kein Kem— promiß ein, sie fei efwas unbescheidener und wolle noch viel bessere Finrictungen für die Arbeiter, als durch die Kommissionsberathung ertftar den feien. Er müsse sich darüber wundern, daß der Staats Minister Freiherr von Berlepsch die Kommissionsvorlage dem ur⸗ vrünglichen Regierungsentwurf gegenüber, welcher sich mit dem Antrag Orterer decke, vertkeldige. Die Kommission babe den Gesetzentwurf in Bezug auf die Vollmacht der Bebörden so gut wie neu geregelt, und aus diesem Gesichtspunkte sei er (Redner) davon überrascht, daß der Steats⸗Minister für die Kommission eintrete und die Regierungs vorlage für unannehmbar erkläre. Der Abg. Freiherr von Stumm habe,

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wie er (Redner) glaube, bei seinen Ausfübrungen doch noch Hinter- gedanken, die er durch seine Argumentation verdecken wolle. Er Redner) habe auch nicht gesagt, daß er gegen das Gesetz sei, weil es in der Tendenz richtig sei und nur geringe Nachtbeile bringe, fondern weil, trotzdem an einzelnen Punkten große Vortbheile für die Arbeiter darin entbalten seien, in anderen Punkten die Nachtheile fo gre5 seien, daß durch dieselben die Vortheile überwogen würden.

Abg. Dr. Krause tritt nochmals für die Kommissionsfassung ein.

Staats⸗-Minister Freiherr von Berlepsch:

Meine Herren! Ich kabe nur auf einen Irrthum aufmerksam zu machen, der den Ausführungen des Hrn. Abg. Bebel zu Grunde gelegen hat. Der Antrag des Hrn. Abg. Dr. Orterer ist nicht identisch mit dem Antrage der Regierungsvorlage, sondern er ist identisch mit dem bisher bestehenden Recht der Gewerbeordnung. Dahin⸗ gegen ist der Antrag der Kommission identisch mit dem Antrage der Regierungsvorlage; und daraus erklärt es sich wohl zur Genüge, wenn ich für diesen Antrag eingetreten bin.

Abg. Freiberr von Stumm: Daß er Hintergedanken babe, die er durch seine Argumentation verdecken wolle, müsse er enischieden zurückweisen. Er erinnere daran, daß 1878 sein Antrag auf gesetz⸗ liches Verbot der Sonntagsarbeit wesentlich dadurch gefallen sei, daß ibn die Freunde des Abg. Bebel im Stich gelassen hätten. Und in die Resolution der Abgg. Schrader und Baumbach über die Frauen—⸗ und Kinderarbeit sei die Forderung der Sonntagsruhe auf seinen An— trag mit aufgenommen worden. Die Ausnahmen, welche die Kom⸗ mifsion bescklossen habe, gingen weit genug. Jedenfalls müsse klar ausgesprochen werden, in welchen Fällen gearbeitet werden müsse und in welchen nicht.

Abg. Dr. Böttcher: Der Antrag Orterer harmonire nicht mit den folgenden Paragraphen; würde er angenommen, so müßte ein ganz neues Spstem geschaffen werden. Den Sozialdemokraten habe er illovale Mittel nicht vorgeworfen, er habe lediglich gesagt: eine Partei, welche, wie die sozialdemokratische, fast die ausschließliche Vertreterin der Arbeiter zu sein bebauptet, kann es unmöglich verantworten, den Vortheil, den dieses Gesetz den Arbeitern bringt, abzulehnen, wenn sie nicht überzeugt wäre, daß das Gesetz auch ohne sie zu Stande käme. Wenn die Sozialdemokraten von vornherein das Prinzip aufstellten, auf keine Kompromisse einzugehen, so würden sie nie ein Gesetz zu Gunsten der Arbeiter zu Stande bringen. Seine Partei treibe Kompromißpolitik, um ein Gesetz, welches den Schutz der Arbeiter bezwecke, durchzubringen, die Sozialdemokraten kätten dagegen in erster Linie ihr Parteninteresse im Auge. Ja, sie müßten gegen das Gesetz stimmen, um auch fernerhin die Unzu: friedenbeit der Arbeiter erhalten zu können. Die ganze Partei basire ja auf der Unzufriedenheit. Sie könne nicht an der Wleder⸗ berstellung des sozialen Friedens mitwirken, sie bedürfe der Unzufrieden keit, um ihr Staatsideal durchzuführen. Die Mehrheit des Reichs⸗ tages, nicht die sozialdemokratische Partei, vertrete das Interesse der Arbeiter.

Abg. Bebel: Wenn seine Partei aus Parteiintereffe bandele, so thue sie dasselbe, wie jede andere Partei. Ob das Interesse der Arbeiter dabei wahrgenommen werde, darüber würden die deutschen Arbeiter selbst entscheiden; seine Partei sehe deren Urtheil mit größter Ruhe und Kaltblutigkeit entgegen. Wenn seine Partei wirklich nur von der Unzufriedenbeit lebte, wäre es schlimm mit der Existenz der sozialdemokratischen Partei bestellt, wenn sie von einem solchen Gesetz abhinge. Sie babe außerdem noch ungeheuer riele Wünsche, mit denen fie die Unzufriedenheit der Arbeiter erhalten könne. An Mitteln und Stoff zur Unjuftiedenheit lasse seine Partei es nicht feblen. Man könne ja mal die Probe machen, wenn man die sozial⸗ demokratischen Anträge annehme. Bei jedem dieser Anträge wolle er beweisen, daß äbnliche Bestimmungen in anderen Staaten, selbst in Oesterreich, beständen. Die Arbeiter würden die sozialdemokratische Partei steinigen, wenn sie allen diesen Beschlüssen der Kommission zu⸗ flimm te. Der Abg. Freiberr von Stumm sei allerdings für die Sonntags⸗ rube eingetreten, aber nicht in dem Maße, wie seine (des Redners) Partei es jür nötbig balte. Wenn seine Partei einmal einem Antrage don dem Abg Freiherrn von Stumm über die Sonntagsruhe nicht zugestimmt babe, so könne er sich aus dem Gedächtniß augenblicklich nicht klar machen, um welchen Antrag es sich handele. Jeden⸗ falls sei der Antrag so gewesen, daß seine Partei nicht dafür habe stimmen können.

Damit schließt die Diskussion. Persönlich bemerkt

Abg. Freiberr von Die Sozialdemokraten hätten, seien, für jenen Antrag gestimmt, aber sie hätten ibn dabei im Stich gelassen, denn sie seien zum größten Theil erst nach der Abstimmung gekommen.

Darauf wird der 5. 10654 unter Ablehnung des Antrages Orterer in der Kommissionsfassung angenommen.

Es wird darauf der erste Absatz des 5. 1056 zur Debatte gestellt, welcher bestimmt: „Im Betrieb von Bergwerken, Salinen, Aufbereitungsanstalten, Brüchen und Gruben, von Hüttenwerken, Fabriken und Werkstätten, von Zimmerplätzen und anderen Bauhöfen, von Werften und Ziegeleien, sowie bei Bauten aller Art dürfen Arbeiter an Sonn- und Festtagen nicht beschäftigt werden. Die den Arbeitern zu gewährende Ruhe hat für jeden Sonn- und Festtag mindestens 24, für zwei aufeinanderfolgende Sonn- und Fesitage 36, für das Weihnachts⸗ Oster- und Pfingstfest 438 Stunden zu dauern. Die Ruhezeit ist von 12 Uhr Nachts zu rechnen, in Betrieben mit regel— mäßiger Tag- und Nachtschicht, sofern für sie Ausnahmen von den Bestimmungen dieses Paragraphen zulässig sind oder der Bundesrath es sonst für ein unabweisliches Bedürfniß erachtet, frühestens von 6 Uhr Abends des vorhergehenden Werktages, spätestens von 6 Uhr Morgens des Sonn- und Festtags und muß bei zwei aufeinanderfolgenden Sonn- und Festtagen bis 5 Uhr Abends des zweiten Tages dauern.“

Die sozialdemokratischen Abgg. Auer und Genossen bean— tragen, statt 24 und 48 Stunden Ruhezeit 36 und 60 zu setzön und die Ruhezeit am vorangehenden Werktage spätestens um 6 Uhr beginnen zu lassen. Die Volkspartei (Abgg. Hähnle u. Gen.) will statt 24 Stunden 30 gewähren.

Abg. Freihert von Münch beantragt, statt 24 und 48 Stunden 32 und 56 zu setzen und die Ruhezeit spätestens um 12 Uhr Nachts beginnen und frühestens um 4 Uhr Morgens des darauf folgenden Werktages endigen zu lassen.

Die Abgg. Dr. Gutfleisch, Dr. Hartmann, Letocha und Freiherr von Stumm wollen in der Kommissionsfassung die auf die Betriebe mit regelmäßiger Tag- und Nachtschicht bezüglichen Vorschriften durch folgende Bestimmungen ersetzen:

»In Betrieben mit regelmäßiger Tag und Nachtschicht kann die Ruhezeit frübestens um 6 Uhr Abends des vorhergehenden Werktages, spätestens um 6 Ubr Morgens des Sonn und Fest— tages beginnen, wenn für die auf den Beginn der Rubezeit folgenden 24 Stunden der Betrieb ruht.“

Abg. Holtzmann beantragt, in dem Antrage Gutfleisch und Genossen die Bedingung, für den Beginn der Arbeitszeit: wenn für die auf den Beginn der Ruhezeit folgenden 24 Stunden der Betrieb tuht“ zu streichen: Seine Partei denke keineswegs daran, dem Arbeiter die 24stünzige Rubezeit zu mißgönnen, sondern kalte diese aus reli— giösen, moralischen und wirtbschaftlichen Gründen für geboten. Ohne seinen Antrag aber würde durch eine Hintertbür das ganz neue Prinzip in das Gesetz kommen, daß an Sonntagen jeder Betrieb 24 Stunden ruben müsse. Bisher babe man es immer für ausreichend gebalten, wenn dem Arbeiter eine 24 stündige Ruhezeit gewährt würde. Für Fabrikationsbetriebe, die nur Tagarbeit hätten, sei jene neue Bestim⸗

mung nicht wesentlich, anders dagegen für solche, die eine Tag⸗ und Nachtschicht hätten. Der Nachtbetrieb sei in keiner Art wünschent⸗ werth, und die Fabrikanten jwinge nur die reale Natur ihres Be⸗ triebes und auch die auswärtige Konkurrenz zu einer solchen. Wenn beute beim Dampfbetrieb die Arbeit 12 Stunden ruhe, babe der einzelne Arbeiter 24 Stunden Ruhezeit. Lege man aber dem Betriebe eine 24 stündige Ruhe auf, so zwinge man den Fabri⸗ kanten, die Betriebsmittel durch Einstellung neuer Maschinen zu ver⸗ größern. Derselbe Dampf, der in 11 Schichten erjeugt werde, stelle sich in 10 Schichten nicht theurer, wenn um den entivrechenden Theil die Maschinen vermehrt würden. Das sei aber für viele Betriebe eine unerschwingliche Zumuthung. Am Schlimmsten seien die mit Wasser⸗ kraft arbeitenden Betriebe daran. Von der Natur sei nur ein be⸗ stimmtes Quantum Wasserkraft gegeben, und lasse man dieses den Berg hinunterlaufen, so sei das eben ein unwiderbringlicher Verlust, denn hier könne keine Abbülfe durch vermehrte Betriebsmittel ge⸗ schaffen werden. Außerdem seien gerade solche Betriebe auf Wasserkraft angewiesen, bei denen sich Dampf kraft nicht rentire; sie lägen hoch in den Bergen, mit schlechten Verkehrsverhältnifsen, und nur die billige Wasserkraft mache den Betrieb möglich. In allen Konkurrenzländern sei es nun üblich, bei solchen Betrieben mit Wasserkraft die Arbeit am Sonntage nicht ruben zu lassen, so in Frankreich, Belgien, Schweden, Norwegen und auch in Oesterreich, wo gerade für diese Betriebe die Disvpensation zulässig und üblich sei. In Deutschland bandele es sich um Mühlen, Sägemüblen, Holzschneidefabriken und Papierfabriken. Diese arbeiteten vielfach für den Export, und eine Verthererung der Produktion mache sie konkurrenzunfähig. An Holz, infach geschnitten und bearbeitet, sei 1889 für 39 Millionen Mark exrortirt, an Holjmebl fär 337 Millionen, an Holistoffen für 15 Millionen, an Papier fär 43 Millionen, im Ganzen also für ca. 140 Millionen bei nur vier Berufszweigen. Mit Ausnahme von Sacksen und dem Regierungsbezirk Düsseldorf hätten bisber alle deutschen Staaten in ibren Betrieben die Sonntagsarbeit gestattet, und es sei daron Gebrauch gemacht worden. Ein vierundzwanzigstündiger Stillstand würde eine Reduktion der Produktion um ein volles Sie—⸗ bentel bedeuten. In Deutschland seien 534 Holzstofffabriken, welche mit ca. 100 660 Pferdekrãften arbeiteten, So. welche mit 953 Papier- maschinen arbeiteten und mit 90 00) Pferdekräften. Von den letzteren würden 40 009 mit Wasser und 50 500 mit Dampf erzeugt. Also bei diesen beiden Fabrikationszweigen handele es sich um 190 000 und diese würden um ein Siebentel reduzitt, wenn man

er Betrieb 24 Stunden ruhe. Die verminderte

Produktion bringe auch erböbte Peoduktionskosten, und diese seien in keiner Weise f künstlichem Wege zu verringern. Auch die Generalunkosten würden dadurch theurer, daß weniger produzirt werde. Diese doppelten chädigungen würden die Exportindustrien nicht ertragen können. den Holzstoff und Papierfabriken stecke ein Anlazekapital ron 309 Millionen Mark, und man streiche also, durch die Eniwerthung um ein Siebentel, volle 40 Millionen fort. iefe Zahlen seien nicht übertrieben, eher zu niedrig, als zu hoch egriffen, wovon man sich aus jedem statistischen Handbuch überzeugen ne. Aber auch der Lohn der Arbeiter werde durch den Ausfall verringern. Ein Ausfall von 2 M pro Schicht mache bei Jakresbudget von 700 bis 750 für den Arbeiter on sehr viel. Die Holjstofffabriken brauchten jetzt jährlich und auch für den Waldbesiger werde

ein erheblicher Ausfall sich ergeben. Die Sägemühlen uchten noch erheblich mehr Holz, als die Holizstoff . rikation. Die kleinen Sägemühlen, die hoch in den Bergen en, seien gerade der Wasserkraft wegen dort angelegt und bildeten einzige sichere Abnabmegaelle für Holz. Man möge also nicht er die Regierungs vorlage hinausgehen, die großen Fabriken ksnnten ie Bestimmung einer 24ständigen Rube noch ertragen, nicht aber die inen. Schon heute liefere Schweden Holjstoffe um 1 bis 2 4 er 100 kg billiger, als die deutschen Holzstoffproduzenten, und iese kämpften heute einen wabren Verzweiflungskampf. In Schwe⸗ en und Norwegen feien in den letzten Jahren kolossale Papierfabriken c und in diesem Augenblick würden weitere 30 Paxier⸗ großen Reichthum an Holz und

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nur dem Arbeiter seine vierundzwanzigstündige Rube g ei Man möge seinen Antrag annehmen; es liege ebenso im Interesse des Waldes und der Industrie, wie in dem des Arbeiters. (Beifall.)

Abe iherr von Münch: Alle Parteien dieses Hauses seien sich

ein Verlust fär den Arbeitgeber bei der Arbeiter⸗

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Zinsen des gewerblichen Unternehmers kein Wort.

fähigkeit der deutschen Industrie sei allerdings eine Grenze für die Arbeiterschutzgesetzzebung. Aber die Konkurrenzfäbigkeit werde durch diese Gesetzgebung nicht geschädigt werden. Der Vorredner glaube, daß, wenn man dieselbe Massenproduktion wie bisher auf den Markt werfen wolle, man den Betrieb vergrößern müsse. Man folle aber nicht weiter so produziren, wie es auf einer Weltausstellung vor 15 Jahren noch geschehen sei, nach der Derxise: Billig und schlecht! Der Kulturstand des deutschen Volks auch in Bezug auf industrielle Produktion sei ein so hoher, daß Deutschland den Welt markt erringen könne durch die Güte der Produktion, nicht durch deren Masse. Die Sonntagstuhe sei aber geeignet, den Arbeiter physisch und geistig zu kräftiger, und was vielleicht an zeitlicher Produktion ver⸗ loren gehe, werde durch die Qualität ersetzt werden. Er meine nicht, wie die Sozialdemokraten, daß der Arbeiter die Hälfte des Tages ausruhen müsse, die Ruhe solle nur die Einbuße an Kraft ersetzen, die der Arbeiter durch die Arbeit erleide. Er halte also ein Gesetz für schädlich, das den Arbeiter zwinge, seine Kraft nur während der einen Hälfte des Tages zu benutzen, wohl aber müsse zu der vierundzwanzizstüändigen Sonntagsruhe noch eine Zeit für den Schlaf binzukommen. Der Mangel an Ruhe nach den Zerstreuungen des Sonntags habe bewirkt, daß gerade am Montag west mehr Unglücks⸗ fälle in den Fabriken passirten, als an den anderen Wochentagen. Erst nach Annahme seines Antrages werde man von einer rollständigen Sonntagsrube sprechen können.

Abg. Bebel: Nach mehr als zwei Jahrzehnte langen Be⸗ mübhungen scheine endlich eine gesetzliche Regelung der Sonntagsruhe eintreten zu follen. Die für die Sonntagsrube vorgeschlagene Zeit sei indeß zu kurz bemessen. Wenn in dem Gesetz auch Bestimmungen über die Maximalarbeitszeit und das Verbot der Nachtarbeit für Fabriken obne kontinuirlichen Betrieb getroffen werden könnten, so könnte seine Partei von Anträgen auf Erweiterung der Sonntageruhezeit absehen; hierzu würden aber weder die verbündeten Regierungen noch die Mehrheit des Reichstages bereit sein. Desto mehr müsse seine Partei darauf sehen, daß der Arbeiter einen vollen Tag frei babe, an dem er nicht nur ausruhen, sondern sich als Mensch fühlen, mit seiner Familie sich freuen, die Natur genießen könne u. dergl. Die Kommission schlage eine Sonntagsrube von mindestens 24 Stun den vor. Danach werde die Arbeit entweder Sonnabend Abends 6 Uhr abgebrochen und Sonntag Abends 6 Ubr aufgenommen oder Sonntag Morgens 5 Uhr abgebrochen und Montag Morgens 6 Uhr aufgenommen werden können. In dem einen wie in dem anderen Falle werde der Arbeiter um einen großen Theil des Sonntags ge⸗ bracht. Der Arbeiter, der um 5 Ubr Abends zur Arbeit geben solle, werde schon um y oder, wenn er einen weiten Weg zur Ahbeitsstätte babe, gar um 4 Uhr sich in die Alltagskleider werfen müssen, und nur Gefüble der Verbitterung und des Zornes und der größten Un zufriedenbeit könne es in ihm erweden, wenn er zur Fabrik müsse zu einer Zeit, wo er für so viele Andere den Sonntagsgenuß erst beginnen fehe. Werde er aber erst Sonntag früh um s Uhr ent- laffen, so werde er einen großen Theil des freien Tages mit Schlafen jujubringen haben, und alfo auch bei dieser Ginrichtung werde

ihm ein großer Theil des Tages geraubt. Ebenso genüge es nicht, daß, wenn zwei Feiertage hintereinander fielen, 35, und nur an Weihnachten, Ostern und Pfingsten 43 Stunden lang die Arbeit aus⸗ gesetzt werde. Die besser Situirten und die ganze Beamtenwelt seien in der Lage, auf Wochen und Monate in Urlaub zu geben. Der Arbeiter sei das ganze Jahr von früh bis spät an das Bergwerk oder die Fabrik gefesselt. Wenn er einmal feiere, so sei es unter den widrigsten Verhältnissen, wo er keinen Verdienst habe und die zwangs⸗ weise ertbeilte Ruhe ihm verkümmert sei. Seine Partei verlange, daß, wenn er einmal in die Lage komme zu ruhen, ihm eine längere Zeit gegeben sei, um einen Besuch bei einem Freunde oder einem Verwandten zu machen; seine Partei wünsche desbalb die Feierzeit von 36 bezw. 43 Stunden auf 66 Stunden erweitert. Die Sonntags ruhe aber mäüsse sich auf 35 Stunden erstrecken, von Sonnabend 6 Uhr Abends bis Montag 6 Ubr Morgens, damit der Arbeiter beide Nächte vor und nach dem Sonntag der Rube widmen und Montag mit frischen Kräften an die Arbeit geben könne. Die Bebauptung, daß 24 Stunden für die große Mebrjahl der Betriebe genügten, weil ja nicht regelmäßig Nacht- und Tagketrieb ftattfinde, sei unzutreffend. In der Sonntagsarbeitsenquete von 1855 hätten die Anternehmer selbst erklärt, es sei zu fürchten, daß, wenn die Sonntagsarbeit ausgeschlossen werde, die Nachtarbeit an die Stelle trete. Auf diesem Wege würde die wohlthätige Wirkung des Verbotes der Sonntag? arbeit varalysirt werden. Besonders in kleinen Gewerben und auch in Industrien, wo bisher theilweise am Sonntag gearbeitet werde, werde nach Erlaß des Verbotes der Sonntagsarbeit die Nacht von Sonnabend zu Sonntag zu Hülfe genommen werden. Das wolle der Antrag seiner Partei auf Ruhe von 36 Stunden verhindern. Die deutsche Industrie könne derartige Einrichtungen sehr wahl ertragen. Der Abg. Holtzmann habe von dem Unternebmerstandrpunkt allerdings vortrefflich dargelegt, wie dadurch manche Zweige der deutschen Industrie auf das Schwerste geschädigt würden. Für ihn sei freilich nicht der Arbeiter vorhanden, sondern nur das beimische Kavital. Das Kapital sei ibm das Erste, das Karital sei ibm das Zweite, dann komme der Kaxitalist als Inhaber des Kapitals, und dann zu allerletzt komme der Arbeiter. Der Abg. Holtzmann habe ausgeführt, daß durch derartige Beschrän⸗ kungen der Arbeitszeit mit Nothendigkeit ein Ausfall an Lohn ver bunden sei. Die Ausführungen deckten sich fast wörtlich mit den 1883 roa dem Fürsten Bismarck gegen die Anträge auf Sonntagsruhe gemachten. Ueberall vielmehr, wo die Arbeits zeit durch Maximalarbeitsbestimmungen, Verbot von Sonntags oder Nachtarbeit oder dergleichen verkürzt worden, sei der Lohn gestiegen. Der Abg. Holtzmann werde ihm (dem Redner) kein Beispiel ven dem Gegentheil nennen können. Wo die Arbeitszeit lang sei, sei der Lohn niedrig, und wo die Arbeitszeit kurz sei, sei der Lohn hoch. Das sei auch leicht erklärlich, denn durch die kürzere Arbeitszeit werde die Leistungs fähigkeit der Arbeiter erböbt. Werde die Arbeitszeit verkürzt, so würden neue Betriebe errichtet, es sei eine größere Rachfrage nach Arbeitern, und die Löhne stiegen. Aehnlich wie es heute von dem Abg. Holtzmann gescheben, s

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sei auch im englischen Parlament in den fünfziger Jahren die Reduktion der Arbeitszeit von 11 auf 10 Stunden mit dem Hinweise zurückgewiesen worden, daß die Unternehmer unrettbar dem Ruin verfallen würden. Das englische Parlament habe die betreffende Bill angenommen und eine Schädigung der Indastrie sei nicht eingett Der Abg Holtz⸗ mann glaube wohl selbst nicht daran, Falle einer Ver⸗ Hol; nicht zur

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ie deutschen ie Lage der Arbeiter verschlechtern, und in kurzer Zeit die Arbeiter weiteren Schutz und weitergehende Bestimmungen über die Sonntags arbeit verlangen. Man sollte schon im Voraus diesen Wünschen entgegenkommen und die Anträge seiner Partei annebmen, welche ohne Schädigung des Kapitals denjenigen Schutz gewährten, den die vor— liegenden Bestimmungea nur zum Schein und nur zum Theil ge⸗ währten. (Beifall bei den Sozialdemokraten.)

Abg. Pa ver: Es sei nicht die Absicht seiner Partei, durch den Arbeiterschutz dem Kapital Verluste zuzufügen. Ein kleines Opfer werde freilich die Industrie bringen müssen. Das Argument des Abg. Holtzmann, daß wegen der Verkürzung der Arbeitszeit das Kavbital nicht in gebötigem Maße nutzbar gemacht werden könne, woran sich eine Reihe weiterer Schädigungen knüpften, ließe sich mit dem—⸗ selben Recht gegen sämmtliche Bestimmungen dieser Novelle anführen. Wenn die kleinen Kepitalisten und Unternehmer es sich gefallen lassen müßten, daß man sozusagen in ihre Rechtssphäre eingreife, so müßten sich auch die großen Betriebe mit Tag⸗ und Nachtschicht daran ge⸗ wöhnen, ein Orfer zu bringen. So groß, wie der Abg. Holtz⸗ mann den Kapitalverlust hinstelle, sei er gewiß nicht. Man kenne schon die Redewendungen auf diesem Gebiete. Vor wenigen Wochen hätten die Aararier gesagt, daß, wenn die Getreidezölle ermäßigt würden, die Landwirtkschaft dem Ruin mit Sicherheit ent- gegengehe. Die Eisenindustriellen sagten natürlich dasselbe bezüglich der Aufhebung der Eisenzälle, und er (Redner) glaube, die Zeit werde lehren, daß der Abg. Holtzmann entschieden viel zu schwarz gesehen habe. Er habe auf die Kenkurrenz des Auslandes hinge⸗ wie en. Die Kenkurrenz des Inlandes sei riel schwerer. Im Beginn einer derartigen Industrie denke kein Mensch daran, daß es nothwendiz sei, Tag⸗ und Nachtschichten fast ohne Unterbrechung einzufübren, endlich komme Einer und nutze sein Kapital und seine Arbeiter rücksichtsloser aus als Andere, und wenn er begonnen habe, dann müßten Andere folgen. Er (Redner) sei der festen Ueberzeugung, daß eine ganze Reibe von industriellen Etablissements der bon dem Abg. Holtzmann erwähnten Branchen es mit der größten Freude begrüßen würden, wenn hier endlich einmal sollte mit gleichem Maße gemessen werden, wenn Keiner mehr in der Lage sein werde, den Anderen durch eine solche Ausnutzung der Arbeitskraft Konkurrenz zu machen. Der Antrag seiner Partei sei nichts Anderes als was die Kommission selbst in erster Lesung beschlossen babe mit einer Mehrheit von 15 gegen 10 Stimmen. Er glaube, daß in der Mehrzahl der Fabriken dasjenige erreicht werden könne, was seine Partei wolle. Sie halte es für keine ausreichende Sonntagẽ⸗ ruhe, wenn der Arbeiter mit dem Opfer einer Nacht oder jweier halber Nächte die Verkürzung, die ihm das Gesetz gewähre, wieder bejablen müsse. Darin läge gewissermaßen eine Erschwerung gegenüber dem jetzigen Zustande. Seine Partei habe sich bemübt, mit ihrem Antrage die Mitte zu halten zwischen der Kommissione⸗ vorlage und dem Anträge der Sozialdemokraten. Zunächst wolle sie das Erreichbare erreichea; es sei keine richtige Taktik, das Aeußerste zu begehren und dann prinziviell alles Andere zu verwerfen. Seine Partei wolle eine Uebergange periode schaffen. Sie wolle sehen, ob die dreißigstündige Sonntagsrube ungenügend sei, oder ob schon durch diese Mehrbelastung die Industrie in ihren Grundfesten er schüttert werde.

Abg. Dr. Hartmann: Der Kommissionsvorschlag bringe den Arbeitern mehr, als die Vorredner angenommen hätten. Die 24 stündige Sonntagsruhe, welche die Kommission vorschlage, solle ia regelmäßig gerechnet werden nach dem Kalendertage. Das führe dahin, daß Diejenigen, welche am Tage Schicht hätten, unter Umständen länger als 24 Stunden ruhten. Aber auch die Betriebe mit regel= mäßiger Tag und Nachtschicht wärden diese Zahl überichreiten. Das ergebe sich aus dem hergebrachten unvermeldlichen Wechsel zwischen den Tag und Nachtschichtern. Er warne davor, die Kommission über⸗ bieten u wollen. Nur mit großer Mühe und mit Opfern von fast allen Seiten sei dieser Beschluß zu Stande gekommen. Man könnte leicht in die Brüche kommen, wenn diese Üebereinstimmung durck. brochen werde. Für den Antrag Holtzmwann könne er leider nicht stimmen. Er sich im Laufe der Debatte davon überzeugt, daß er in Wirklichkeit entbehrlich sei. Die Gründe des Abg. Bebel

eigne er sich nicht an. Man müsse die Interessen der Industriellen ebenso gut vertreten, wie die der Arbeiter. Anderersfeits müsse er dem Abg. Holtzmann sagen, daß seine allgemeinen Ausführungen auf dieses ganze Sonntagzruhegesetz angewendet werden könnten. Er sei in der Hitze des Gefechts wohl weiter gegangen, als er babe geben wollen. Der Abg. Holtzmann babe nicht zur Genüge die Trazweite der Ausnahmebestimmungen gewürdigt, welche in diesem Gesetzentwurf in den sxräteren Paragraphen enthalten seien. Er (Redner) erinnere nur an die Bestimmung in Bezug auf die Betriebe mit Wafferkraft. Durch ihren Antrag wolle seine Partei verhindern, das die Produktion vermehrt oder, um mit dem Abg. Bebel zu reden, die Profttmacherei begünftigt werde. Seine Partei habe deshalb geglaubt, in irgend einer Weise bejüglich der Betriebe mit regelmäßiger Tag und Nacht— schicht ein Sicherheits ventil schaffen zu müssen. Den Antrag Holtzmann bitte er (Redner) abzulebnen. (Beifall rechts.)

Abg. Dr Hirsch: Wolle man den Arbeiter theilnebmen lassen an den Fortschritten der Kultur, so dürfe man die Sonntag⸗ruhe nicht zu arg begrenzen. Man wärde in diefer Beziehung in der Kommission gleich von vornherein viel weiter gekommen sein, wenn man jwischen den Betrieben mit Tagarbeit und denen mit regelmäßiger Tag und Nachtschicht strenger unterschieden hätte. Diese Scheidung nebme nun= mehr der Antrag Gutfleisch vor. Der Kalendertag gebe keine volle Garantie, daß in den meisten Fällen die Ruhe dreißig Stunden dauere. Er fürchte, daß da, wo die Noth dazu zwinge, d. b. bei den kleineren Unternebmungen, dennoch dazu übergegangen werde, durch Nachtarbeit die Einschraͤnkung der Sonntagsarbeit zu ersetzen. Die Industrie sollte das Opfer weniagstens für die Uebergangszeit bringen, denn nur um eine solche werde es sich bandeln. Er sei überzeugt, daß schon nach turzer Zeit sich herausstellen werde, daß die Industrie mit den Bestimmungen, die man kier festsetzen wolle, nicht auskommen könne. Das Beisriel Englands zeige, daß so mechanische Bestimmungen sich nicht durchführen ließen. Er werde für den Antrag Hähnle stimmen.

Abg Freiberr von Stumm: Der Antrag Holtzmann stelle seinem Wortlaut nach wohl scheinbar die Regierangs corlage wieder her, die Motive der letzteren aber bewiesen, daß das dem Sinne nach durchaus nicht der Fall sei. Die letztere verlange eine objektive Ruhe von 24 Stunden für die Sonntage und eine solche von 12 Stunden für die Feiertage, und dem Sinne nach stelle der Antrag seiner Partei den Regierungsentwurf wieder ber. Eine 36 stündige Ruhe des Werkes sei bei vielen Induftrieen nicht möglich, ja es gebe Industrieen, in denen das Werk auch nicht eine Sekunde zur Ruhe kommen k Praktisch habe der Antrag seiner Partei den Vortheil, daß die Zabl der vom Bundesrath oder den höheren Verwaltungsbeh zu bestimmenden Ausnabmen erniedrige. Die Annabme des Ar el werde in vielen Fällen, wo Nachtschichten vorkãmen, 5e daß ein Arbeiter in der Woche 4 oder 5 Tage ruhen muss nd der Mensch nach der Bibel 6 Tage in der Woche arbeiten und einen Tag ruben solle. Er bitte, den Antrag seiner Partei anzuneh denn kein Arbeiter werde doch von seinen Arbeitgebern angehalten werden, am Sonntage 24 Stunden beiten. Wenn m ber den Antrag Holtzmann annebme, so k leicht vorkommen, daß

treten könne, was den Arbeitern sehr unbequem sein würde.

Abg. Freiberr von Pfetten: Er empfehle den Kompromißant seiner Partei, weil er sowohl die Interessen der Arbeiter, als a die der Arbeitgeber berücksichtige, wobei er allerdings lobend herd heben müsse, daß die Arbeiter bisber immer ein erfreuliches Interess daran gezeigt hätten, daß das Werk, in dem sie beschäftigt seien, blühe. Der Abg. Holtzmann sei im Irrthum, wenn er glaube, mit seinem Antrage die Rezierungs vorlage herzuftellen. Er würde, abgesehen von aaderen Schwierigkeiten, noch die Härte im Gefolge haben, daß bei Wasserwerken auch im Winter, wenn gar keine Arbeiten vorgenommen würden, doch eine ständige Bewachung derselben bestehen müsse. Er bitte, unter Ablehnung der anderen Anträge für den Antrag Gut— fleisch zu stimmen.

Abg. Lcuschner: Bei der vorgeschrittenen Zeit wolle er nur darauf aufmerksam machen, daß ei ermäßig ausgedehnte Sonn tagsruhe nicht etwa ju der in s Sinne gewünschten Er— bolung der Arbeiter dienen würde, d 5 die Arbeiter, nament⸗ lich die jüngeren, diese freie Zeit auf dem Tanzboden und in der Schänke zubringen würden. Und außer sei

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sei zu bedenken, daß die Arbeiter bei der verringerten Arbeitszeit auch weniger Arbeitslöhne beziehen würden. Das bitte er bei der Abstimmung zu bedenken.

Abg. Schmidt (Sachsen): Ihre Anträge habe seine Partei auf Wunsch der rielen in Fabriken beschäftigten Arbeiter gestellt, welche wesentlich auf eine vollständige Sonntagsruhe drängten. Der regelmäßige Schichtenwechsel genüge dazu nicht, denn die Arbeiter seien nach Ende der Nachtschicht genöthigt, noch die Maschinen zu reinigen, was sie bis zum frühen Morgen in Anspruch nehme, sodaß ihre Sonntagsruhe um diese Zeit gekürzt werde. Jeder, der nicht die Gewohnheit habe, auf Kosten Anderer den Hochherzigen zu spielen, müsse eine Erhöhung des Arbeitslohnes wünschen. Die Paxier⸗ und

lzindustrie habe, wie aus den betreffenden Petitionen hervorgehe,

Konkurrenzkampf bisher siegreich bestanden, und die Chemnitzer

apierfabrik habe im letzten Jahre eine Dividende von 6 bis 8 do bezahlt, während die Arbeiterlöhne hier pro Stunde nur 12 —15 4 betrügen. Durch die Sonntagstube könnten diese Arbeiter nicht schlechter gestellt werden, denn sie verdienten bisher schon kaum den Unterhalt. Wolle man also im Interesse der Arbeiter wie der Arbeit⸗ geber handeln, jo möge man die Anträge seiner Partei annehmen.

Damit schließt die Diskussion.

Der dritte Absatz des 8. 105b wird mit dem Antrag Gutfleisch unter Ablehnung aller anderen Abänderungsanträge angenommen.

Um 54 Uhr wird die Fortsetzung der Berathung auf Freitag 1 Uhr vertagt.

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Haus der Abgeordneten. 31. Sitzung vom 12. Februar 1891.

Der Sitzung wohnt der Finanz-Minister Dr. Miquel bei.

Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der zweiten Berathung des Einkommensteuergesetzes, und zwar Nr. 4 des 5. 1 und 5. 16.

Abg. Metzner: Wenn die Konsumvereine immer mehr den Charakter von Handels gesellschaften annähmen, wenn sie ihre Pro⸗ dukte nicht mebr unter die Mitglieder vertheilten, sondern nach kauf männischer Praxis verkauften, wenn sie so groß würden, daß die Mitglieder einander nicht mebr kennen könnten, den genossenschaft lichen Charakter immer mehr vrerlören und einen sozialen an— nähmen, wenn die Beschränkung auf die Mitglieder undurchführbar sei, wenn sie einen Umsatz von jährlich Millionen erzielten, wenn sie zu einer Gefahr für die freien Gewerbebetriebe würden, dann müsse man sagen, daß sie den kleinen Gewerbebetrieben gegenüber keinen Anspruch auf Steuerfreiheit hätten. Man sage, daß die Konsumvereine kein Einkommen hätten; die Gewaͤhrung der Gewinne sei eigentlich eine Vertheilung von zu viel Gejabltem. Warum machten denn die Vorftände dieser Vereine nach jwanzigjähtiger Erfahrung alle Jahre denselben Rechen⸗ febler? Warum reduzire man nicht die Preisnotirung? Aus dem einfachen Grunde, weil die Vereine Gewinne erzielen und ver⸗ tbeilen wollten. Der Breslauer Konsumverein habe j. B. im Jahre 1389 das kleine Sümmchen von 7192 666 an Nettogewinn ver tbeilt. Daju kämen noch über 17 000 Akschreibungen. (Hört, bört! im Centrum.) Durch diese Konsumvereine würden thatsaͤchlich freie Existenjen vernichtet. Die 23 200 Steuer, welche diese Gesellschaft eigentlich jahlen müsse, müßten von tausend Anderen aufgebracht werden. Das sei ein Unrecht, das jum Himmel schreie. In Breslau sei noch nicht der größte Verein. Wenn diese Genossen⸗ schaftbildung so weiter gehe, wie Schule -Delitzsch es gedacht babe, dann sitze sckließlich der Herr Finanz ⸗Minister einfach auf dem

Trockenen. Er bitte, den Kommissionsantrag mit seinem Zusatze, der lediglich eine Deklaration entbalte, anzunehmen. Schließlich möchte er den Finanz ⸗Minister fragen, ob dieser die Meinung theile, daß Konsumvereine aller Art steuerpflichtig sein sollten, selbst wenn sie nicht eingetragene Genossenschaften seien. Sollte der Finanz Minister anderer Meinung sein, so müsse er sich für die dritte Lesung einen Antrag vorbehalten.

Geheimer Finanz ⸗Rath Wallach: Aktiengesellschaften, Kom⸗ manditgesellschaften auf Aktien, sowie eingetragene Genossenschaften, deren Geschäfte betrieb über den Kreis der Mitglieder binausgebe, sollten nach dem 5. 4 steuerpflichtig sein. Konsumvereine mit offenem Lager, die nicht eingetragene Genossenschaften seien von diesen sei überhaupt in dem ganzen Paragraph nicht die Rede —, blieben steuerfrei. Es würde garnicht ausführbar sein, in einem weiteren Umfange und in der Allgemeinheit, wie der Vorredner das zu wünschen scheine, die Konsum vereine einer Besteuerung zu unterwerfen, nament⸗ lich deshalb nicht, weil es da sehr oft vollkommen an greifbaren Personen fehle. Die Steuer konne nur mit bestimmten Personen operiren.

Wenn man die N. frecht erhalten er Einkommen⸗ ang der Aktiengesell⸗ ens⸗ anwendbar, da ja die Liste estgestellt und daraus schon das Einkommen der einzelnen Genossenschafts⸗Mitgliede aus dieser Betheiligung iu erkennen sei. Die Genossenschaften, namentlich die Produktiv ⸗Genossenschaften kleiner Leute müßten auf jede Weise gefördert werden. Es seien dabei sogar Leute betheiligt, welcke an und für sich keine Steuer jzablten Er f darüber erbitten, ob diese Leute etwa auf solche Art Steuer herangezogen werden sollten. zestern gesagt, wer sich aus Vorliebe anschließe, statt einer Aktiengesellschaft, mässe ebensio wie die Aktionäre. Die kleinen Leute aber seien völlig in anderer Weise, als in der Form d s Association zu betheiligen. Ein neuer schaften, auch auf landwirthschaftlichem C Gesetz gehindert werden. Er möchte wirtbschaft auf der anderen Sei es Ueber die Konsumvereine tungen aufgestellt. Er glaube, kennten die Konsumvereine gar Genossenschaftswesen betheiligt ungemein boch, auch Schultze⸗D Mitglieder vor Handwerker; sum vereine zu Konsumvereine hohe erziehliche ? daß durch die Konsun Das möchten doch

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Der Antrag Simon wird zu Gunsten des Antrages

Achenbach zurückgezogen; über den Antrag Achenbach wird namentlich abgestimmt werden.

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A . n beiden Vorredner über die Genossenschaften nehme seine

Ansichte Partei eine vermittelnde Haltung ein.? den Bestimmungen der Vorlage würden der Bresl Konsumverein, sowie die Beamten⸗ und die Offiziervereine au erangezogen werden. Er sei ebenfals ein Freund der Konsumvereine, ab. e Vorlage lege ihnen auch keine Hindernisse in den Weg. zelbesteuerung wer urch den Antrag Achenbach vermieden. sfübrung, von Dop steuerung könne insofern keine Rede ö. Besteuerung Aktien⸗ gesellschaften nur diese, als istische Person, nicht die Personen der Aktionäre träfe, sei ein denn die Steuer, die die Aktiengesellschaft zahl 9e dem Vermögen der Aktionäre entnommen. Nun wer schiedenen Seiten hier die Doppelbestenerung befürworte 1 n Kreis derer zu vergrößern, die ein Irteresse r die Doppel⸗ besteuerung wieder zu beseitigen; ab z sei doch mit dem Prinzip, eben die De eitigen, unverein⸗ bar. Einige wollten, ie elbesteuerung zu vermeiden, die Er⸗ trägnisse der Aktiengesellschaften ganz einkommensteuerfrei lassen, das würde aber den Nachthei en ie in Händen von Ausländern befindlichen Aktien ganz steuerfrei . s zum Börsen⸗ spiel benutzte Aktienkapital nicht versteue urde. Der Vorschlag, von den Dividenden 37 YM steu i jr er auch erstens . ern zu gute kämen, ganz steuerfrei lassen bekämpfende Tendenz, egen, noch verstärken.

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unser Kapital in ausländiscken Wertben anzuleg Man wende n 1 ein, daß er nur die Groỹzaktionãte n en Attionären aber nicht zu gute komme. J könnten sich die Kleinaktionäre ganz einfach da⸗ durch scüßen, ie ihre Aktien bei der Aktiengesellschaft oder auch bei Banken der onirten. tdem wünsche er gar nicht einmal, daß die kleinen Leute ibr Kaxital in Aktien anlegten, da sie den Geschäfts⸗ betrieb der Aktiengesellschaften obnebin nicht überseben könnten. Wenn der Abg. von sage, es werde einen wunderbaren Eindruck machen, daß ein bestimmtes Einkommen ganz steuerftei bleibe, so sei zu bemerken, s diesen wunderbaren Eindruck doch nur auf Leute machen mäßsse, die von diesen Geschäften nichts verständen, und auf die Meinung solcher Leute könne und wolle seine Partei keine Räcksicht nekmen. Auf den Courswerth der Aktien werde die vor— geschlagene Bestimmungsmetbede ebensowenig Einfluß baben, wie die bei Grundftücken bis ber tbatsächlich vorhandene Doppelbesteuerung auf den Werth der Grundstücke von Einfluß gewesen sei. Er empfehle also, von allen vorgtschlagenen Anträgen den Antrag Achen⸗ bach anzunehmen.

Abe. Dr. Ham macher: Je mebr in dem Gesetz die gerechten Grundlagen einer Steuerreform zu erkennen seien, desto mebr habe man Grund, die Ungerechtigkeit bezüglich der Besteuerung der Aktien- gestellschaften zu entfernen. Die Doppelbesteuerung könne mit leichter Mäbe dadurch vermieden werden, daß das betreffende Einkommen bei der Deklaration abgejogen werden könne. Geschebe das nicht, so schaffe man einen Zustand, der in vielen Fällen geradezu zur Kon⸗ fiskation des Einkommens werde. Es habe schon in manchen Staaten die steuerliche Gesetzgebung viel dazu beigetragen, die Nation in ihrer finanziellen und kulturellen Entwickelung zu bemmen. In Preußen gebe es schon Gegensäße genug, als daß man durch Einführung einer Deppelbesteuerung noch weiter Mißvergnügte schaffen sollte. Wo es ein gutes Ziel gebe, gebe es auch einen Weg, und der Antrag Achenbach sei etn solcher Weg. Es sei nicht genügend hervorgehoben, daß sehr viele Aktien auf Namen lauteten, was namentlich bei den

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kleinen Gesellschaften der Fall sei. Ferner sei mit einer Leichtigkeit die er nicht verstehe, über die Verhältnifse bei den Bergwerksgesell.

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