unserer Mitte einen Mann vermisßsen, welcher stets, wenn es galt, das Wobl der Provinz zu fördern, in vorderster Reihe stand. Durch das Vertrauen seiner Mitbürger in eine große Zahl der wichtigsten Aemter der Selbstverwaltung berufen, bat er sich überall durch strengste Pflichterfüllung, Gerechtigkeit gegen Jedermann, rückhaltlose Offenheit, Geradheit und Unabhängigkeit der Gesinnung, wie Treue gegen König und Vaterland bervorgetban. In der langen Zeit, während welcher er an der Spitze des Provinzial ⸗Ausschusses die wichtigsten Angelegenheiten der Provinz mit zu leiten hatte, ist ihm ron Allen, ohne Unterschied der Partei, die wärmste Anerkennung zu Theil geworden. Ein trenes und dankbares Andenken werden daher die Brandenburger ihrem heimgegangenen ron Rochkow immerdar bewahren. . :
In Folge Ihrer vorigjährigen Beschlüsse geht die neue Taub; stummen / Anstalt zu Guben mit dem 1. April d. 8 der Eröffnung entgegen, nachdem die zuständigen Minister am 23. Mai v. J ge⸗ nebmigt haben, daß das für die Anstalt zu Wriezen geltende Regle⸗ ment auch für Guben maßgebend sein soll, .
Die in der Sitzung des vergangenen Jahres beschlossene branden⸗ burgische Feuerwehr ⸗Unfallkafse, welche durch Allerhöchsten Erlaß vom 29. Juli die Rechte einer juristischen Person rerlieben erhalten bat, ist bereits seit dem 1. Oktober v. J. in Wirksamkeit getreten. Ebenso ist dem zweiten Nachtrage zu dem Reglement der Stäßte: Feuer⸗Sozietat in der von Ihnen festgestellten Fassung am 21. Mai die Genehmigung zu Theil geworden. . ö .
Dagegen haben die ven Ihnen am 7. März gefaßten wichtigen Beschlüsfse in Betreff Uebernahme der öffentlichen Färsorge für Geisteskranke, Sieche, Epileptische, Taubstumme, Blinde und Idioten Seitens des Provinzialverbandes und der Kreise zum Bedauern der Staatsregierung in anderen Provinzen keine Nachfolge gefunden. Beim Mangel eines allgemeinen freiwilligen Eintretens der Land armenverbände zum Zwecke der Uebernahme der sogenannten außer— ordentlichen Armenlast hat daher die. Staatsregierung den Weg der Gesetzgebung beschritten und bei dem gegenwärtig ver— sammelten Landtage der Monarchie eine entsprechende Vorlage ein— gebracht. Hierdurch sind die zufolge Ihrer Beschlüsse mit den Kreisen getroffenen Vereinbarungen, wiewohl die eingeleiteten Ver— bandlungen von dem günstigsten Erfolge begleitet waren, zu keinem festen ÄÜbschlusse gelangt und ebensowenig Entschliesungen des Provinzial-Ausschusses wegen Umwandelung der Landarmen⸗ und Korrigenden-Anstalt zu Lübben zu einem Siechenbause und wegen Uebernahme der Anstalt für Epileptische und des Wilbelmstists zu Pots dam bisher erfolgt. ö ; ö
In Betreff der von Ihnen begutachteten Frage über die gesetz⸗ liche Heranziehung der Fabriken, Bergwerke u. s. v. zu Voraus- leistungen für die Unterhaltung der öffentlichen Wege ist bei dem Landtage der Monarchie ebenfalls eine Gesetzes vorlage Seitens der Königlichen Staatsregierung eingebracht, deren endgültige Berathung noch aussteht. ö
ö Bei ö. bevorstebenden Verbandlungen des Provinzial ⸗Landtages wird wiederum der Etat den Mittelpunkt Ihrer Berathungen bilden. Wie in den Vorjahren liefert derselbe auch diesmal den Beweis, daß, Dank einer ausgezeichneten Verwaltung, die Finanzlage der Provinz nach wie vor und trotz der sich steigernden Ansprüche eine wohlgeordnete ist. Abgesehen von der selbstrerständlich gewordenen Ueberweisung des bisherigen Eisenbahnfonds an den Kapitalfonds der Provinz, also der Auflösung des ersteren, und der von Ihnen in der vorigen Sitzung beschlossenen Erböhung der Provinzialsteuern um 2 0, erscheint die vorgeschlagene Berufung eines zweiten Landesraths insofern bemerkenswerth, als durch dieselbe Ihre Berathungen auf das Ver hältniß der Provinz zu der in Folge des Reichsgesetzes vom 22. Juni 1889 in Wirksamkeit getretenen Invaliditäts und Altersversicherungsanstalt hingelenkt werden. In dieser Beziehung haben Sie hinsichtlich des Personals und des fuͤr die Zwecke jener Anstalt auf Grund der von Ihnen ertbeilten ,, bereits erworbenen Geschäftshauses
ähere Vorlagen zu erwarten. . ö . Gegenstand Ihrer Entschließungen bilden eine Anzahl Wahlen, wie diejenigen zur Ergänzung der Mitglieder der Gewerbekammer und der bürgerlichen Mitglieder der Ober- Ersatz⸗ kommissionen. Vor Allem kommt die Wahl des Vorsitzenden des Provinzial ⸗Ausschusses in Betracht. ö ⸗
Bei Gelegenbeit der Berathung des für die hohenzollernschen Lande ergangenen Gesetzes vom 289. Juni E. Jr; betreffend die Ent- schädigung für an Milzbrand gefallene Thiere, hatte der Landtag der Monarchie die Königliche Staatsregierung um die Ein— bringung eines Gesetzentwurfs ersucht, durch welchen der Geltungs— bereich senes Gesetzes auf alle Provinzen ausgedehnt werde. Dem⸗ zufolge wird Ihnen Gelegenheit gegeben werden, sich über das Be—⸗ dürfniß zum Erlasse eines derartigen Gesetzes für unsere Provinz
Hern. . n 33 eine weitere Vorlage werden Sie um Ihr Gutachten über eine Veränderung der Grenzen der Kreise Soldin und Landsberg ersucht, mit welcher sich der Provinzial ⸗Ausschuß bereits einverstanden art hat. V ¶ 2 besondere Beachtung wird schließlich eine Verlage finden müssen, welche die Theilung des Kreises Niederbarnim betrifft
Hochverebrte Herren, indem ich wünsche, daß es Ihnen auch dies Mal, wie stets in der Vergangenheit, gelingen möge, die Ihnen ge⸗ stellten Aufgaben erfolgreich zu erfüllen und in treuester Hingabe an unseren geliebten Kaiser und König das Wobl der Provinz zu fördern, erkläre ich Ihre Sitzungen für eröffnet. .
Hierauf wurden die Verhandlungen unter dem Vorsitz des Alters-Präsidenten, Landraths und Geheimen Regierungs⸗ Raths von Bornstedt, eingeleitet und nach seiner mit Akklamation erfolgten Wiederwahl zum Vorsitzenden mit einem Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König, in welches die Versammlung begeistert einstimmte, weiter
geführt.“
Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ schreibt:
„Die ‚Kölnische Zeitung“ stellt in ibren beiden letzten Nummern Betrachtungen über die gegenwärtige innere Lage an, welche sicbtlic dem ernsten Streben entspringen, die Mittel zu finden, um den zur Zeit vorhandenen peinlichen Erörterungen und Verstimmungen zu steuern. Dabei kält das rheinische Blatt mit strengem Tadel gegen das Treiben gewiffer Blätter ebenso wenig zurück, wie mit der Kritik gegen die Regierung, deren Haltung als eine unklare und unsichere gekennzeichnet wird; im Interesse der monarchischen Grundlage unferes Staatswesenz, beißt es weiter, sei zu wünschen,. = daß wir Deutfche aus einer Zerfahrenheit herauskommen, in der Niemand zu sagen wisse, wer Freund, wer Feind, wer Anhänger, wer Gegner der Regierung sei. Es erscheine als patriotische Pflicht, weit verbreitete Stimmungen zur Kenntniß der maßgebenden Kreise zu bringen“, und weit verbreitet sei im Lager der Kartellparteien die verdießliche Em⸗ pfindung, daß die leitenden Männer den Radikalen und Ultramon— tanen zu große Zugeständnisse machen, daß sie zuverlãssig⸗ n . verletzen. obne auf Seiten der Opposilion für den Apsfa 22 Symvathieen einen gleichwerthigen Ersatz zu finden. Man babe den Eindruck, daß möglichst viele Bestandtbeile der Din r e Politik als verfeblt preisgegeben und andererseits mõglichst 4 dis dahin niedergehaltene und auesichtelose Strõm ungen in einer großen Reform ⸗Aera zur Geltung gebracht werden. Weniger . das, was geschab, als „die Unsicherbeit und Unklarbeit über, die Regierungsabsichten erzeuge einen Unmuth, der auf allen Gebieten lähmend wirke. — An anderer Stelle sagt das Blatt. . das Richtigste wäre gemesen, nach Abgang deg Begründers des Deutschen Reichs Bismarck'sche Politik ohne den Fürsten Bismarck zu machen.
Wir erkennen gern diese Kritik als eine wohlmeinende an, vermögen dieselbe aber in den wesentlichen Punkten nicht für begründet zu erachten. Wünscht man Sicherheit und Klarbeit über die Absichten der Regierung zu baben, will man wissen, wer Freund . Gegner der Regierung ist, so betrachte man doch zunaͤchst die Sesetzes ˖
rorlagen, welche die Regierung den varlamentarischen Körperschaften unterbreitet, und die Stellung der Parteien zu diesen Vorlagen. Daß die Regierung förmliche Programme aufstellt oder sich gar mit einzelnen Parteien identifi irt, ist auch vor dem Ruck tritt des Fürsten Bismarck in Deutschland nicht Uebung ge⸗ wesen, und die regierungsseitige Ginwirkung auf die Presse, mag sie noch so intensiv sein, wird stets nur in zweiter Reihe neben dem gesetzgeberischen Vorgehen als Maßstab für die Intentionen der Re⸗ gierung gelten dürfen. Nun ist es doch auffällig, daß der Vorwurf der „‚Untlarbeit und Unsicherbeit ibrer Ziele“ gerade derjenigen Re⸗ gierung entgegengehalten wird, welche nach längerem Stillstand der Gesetzgebung die Reform Ler direkten Besteuerung, des Gemein dewesens und des Schulwesens in Fluß gebracht und in den diesbezüglichen Vor⸗ lagen an den preußischen Landteg für diese drei wichtigen Gebiete unseres Staatslebens ein vollkommen festes und klares Programm aufgestellt bat Niemand wird darin eine Preisgabe von wesentlichen Bestand⸗ theilen der Bismarck'schen Politik oder große Zugeständnisse an die Radikalen und an die Ultramontanen“ oder eine „Verletzung zuver= lässiger Anhängern finden, wohl aber das Bestreben, überall an das Bestebende anknüpfend und dasselbe, soweit möglich, erhaltend, in maßvoller Weise vorhandenen Mängeln abzuhelfen und eine laͤngst vorbereitete, dringlich gewordene Reformarbeit mit Unterstützung der gemäßigten Parteien durchzuführen. ö J Der bisherige Verlauf der parlamentarischen Diskussion schließt jeden Zweifel darüber aus, wer schließlich, nachdem unvermeidliche Meinungsverschiedenheiten ausgeglichen sind, bei diesen Vorlagen An hänger und wer Gegner der Regierung sein wird. Die Kölnische Zeitung“ kann daher gerade die wichtigsten Handlungen der gegen— wärtigen Regierung, die recht eigentlich den Mittelpunkt der gegen⸗ wärtigen Landtagssession bilden, bei ibrer Kritik nicht im Auge gehabt aben. . Werfen wir sodann einen Blick auf den Reichstag, so haben dort bislang die Kolonialdebatten das meiste Interesse erweckt; die Regie rung hat in dieser Beziehung volle Klarheit und Sicherheit über ihre Intentionen gegeben; dies ist allerseits anerkannt. Ob und inwieweit die dermalige Kolonialpolitik im Widerspruch mit derjenigen des Fürsten Bismarck steht, ist eine müßige Frage gegenüber der That— sache, daß die große Mehrheit des Reichstags die Regierungsforderungen gebilligt und nur der Freisinn und die Sozialdemokratie, also die radikalen“ Parteien im Sinne der Kölnischen Zeitung“, wie früher die Zustimmung verweigert haben. Zur Zeit beschäfrigt den Reichstag der Entwurf des Arbeiterschutzgesetzes. Wenn auf diesem Gebiete die Gegensätze stark auf einander stoßen, so ist dies, abgesehen von den divergirenden sozialpolitischen Interessen und Anschauungen, schon in der Entstehungsgeschichte des Entwurfs begründet, Wir wüßten nicht. daß die Regierung hier ihre Pflicht versäumt hätte, die wir darin finden, jene Gegensätze auf dem Boden der bestehenden ge— sellschaftlichen Ordnung soweit möglich zu versöhnen, gleich⸗ zeitig aber dem agitatorischen Bestreben der radikalen Ele- mente, welche den Entwurf als Sturmbock gegen das Gefüge jener Ordnung benutzen wollen, den entschiedensten Widerstand entgegenzusetzen. In das Gebiet der Reichtpolitik gehören auch die viel angeseindeten handelspolitischen Verhandlungen mit Oesterreich⸗ Ungarn. Die ‚Kölnische Zeitung“ erkennt mit allen besonnenen Ver— tretern unserer heutigen Wirthschaftspolitik an, daß es Angesichts der prohibitiven Tendenzen, die in den Vereinigten Staaten, in Frankreich und in anderen Ländern hervorgetreten sind, und gegenüber dem bevor⸗ stehenden Ablauf aller Handelsverträge vom Standpunkt des Ge— sammtinteresses der Volkswirthschaft eine gebieterische Pflicht sowohl der deutschen wie der österreichisch⸗ungarischen Regierung war, die Verhandlungen wieder aufzunehmen, die in früherer Zeit zu einem Re— sultate nicht geführt hatten, und den redlichen Versuch zu machen, zu einem Ausgleich zu gelangen. Ob dieser Versuch gelingt, steht zur Zeit noch dahin; wir sind gewiß, daß deutscherseits keine Kon zession gemacht werden wird, ohne , Gegenkonzession von anderer Seite. Einstweilen befindet sich die Regierung in der Un— möglichkeit, über schwebende Verhandlungen Aufschlüsse zu geben; sie ist gezwungen, ungerechten Tadel von der einen und unverdientes Lob von der anderen Seite über sich ergehen zu lassen und die theils ent stellten, theils falschen Nachrichten über den Gang der Verhandlungen mit Stillschweigen entgegenzunehmen. Entstebt daraus Unruhe, Miß⸗ trauen und Verstimmung, so trifft die Regierung keine Schuld; sie kann dies beklagen, aber nicht ändern.
J Vielleicht . die ‚Kölnische Zeitung‘ aus der Polemik, die sich an die deutsch-österreichischen Verhandlungen geknüpft hat, entnehmen, daß. wenn es überhaupt möglich wäre, die Politik eines Anderen zu treiben, mit der Parole: ‚Bismard'sche Politik ohne Bismarck zu treiben‘ nichts atbessert würde. — Als im Jahre 1851 Deutschland und Desterreich⸗Ungarn Verhandlungen über einen Zolltarif vertrag angeknüpft batten, bei denen natürlich auch die Frage der Getreide⸗ zölle im Vordergrund stand, hat dies nirgends Beanstandung ge⸗ funden; wenn dagegen die jetzige Regierung im Angesicht eines kritischen Wendepunkte? der gesammten europaischen und außereuropäiscen Handelspolitik desgleichen thut, so soll das bloße Unterhandeln schon ein Verrath an den wichtigsten Jater— essen des Vaterlandes sein. Ter Satz si duo facinnt idem, non est idem‘ tritt hier in volle Geltung. Wir wollen diesen Gedanken nicht weiter verfolgen und verzichten arauf, aus dem Gange der kirchenvolitischen Geseggebung der achtziger Jahre eine Analogie auf die neue Sperrgelder vorlage zu ziehen, welche, wie wir sicher erwarten, bei näberer Prüfung in ibrem Grundgedanken eine sachlichere und unbefangenere Beurtheilung finden wird als bis ber .
Wir gelangen zu dem Schlusse, daß jede Regierung einen ge— rechten Anspruch darauf hat, in erster Reihe aus ihren Handlungen beurtheilt zu werden, und daß ebenso die Frage, was die Regierung will, auf wen sie sich stützt, wer ihre Gegner und ibre Anhänger sind, sich nicht aus tadelnden und lobenden Zeitungsartikeln, nicht aus Stimmungen und Verstimmungen, sondern vornehmlich aus dem Inbalt der Regierungsakte und den Abstimmungen der Parteien zu den Vorlagen der Regierung entscheidet. Daß die Regierung den⸗ jenigen Parteien, von welchen sie eine regelmäßige Unterstützung er— wartet, auch ihrerseits mit Rücksicht und Vertrauen entgegenkommen muß, ist unseres Wissens in maßgebenden Kreisen niemals verkannt worden.
Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog von Baden, Commandeur der 4. Garde⸗Infanterie⸗Brigade, à la suite des 1. Garde⸗Regiments z. F., des 1. Badischen Leib⸗Grenadier⸗ Regiments Nr. 109 und des 1. Garde⸗Ulanen-Regimen!s, hat eine Dienstreise nach Koblenz angetreten und wird sich im Anschluß mit Urlaub nach Freiburg in Baden begeben.
Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Großherzoglich sächsischer Stagts-Minister Dr. Freiherr von Groß und Fürstlich lippescher Kabinets⸗Penister von Wolffgramm sind von Berlin abgereist.
Der Pastor Philipp Meyer in Binnen, Provinz Hannover, ist als Konventual des Klosters Loccum bestätigt und zugleich zum Studien-Direktor des in der Errichtung be— griffenen evangelischen Prediger⸗Seminars zu Erichsburg, dessen Eröffnung zu Beginn des diesjährigen Sommer⸗Semesters in Aus sicht genommen ist, ernannt.
Freund und wer
Der westpreußische Pro⸗ vinzial-Landtag verneinte in seiner heutigen Sitzung die Frage, ob der alsbaldige Erlaß eines Gesetzes, betreffend die
Da ng ig, 14. Februar. 2
Entschädigung für an Milzbrand gefallene Thie re, wünschenswerth sei, erklärte die von dem Minister für Landwirthschasft ꝛc. von Heyden empfohlene Förderung der Errichtung und Unterhaltung von Schäfer-Lehranstalten oder Lehrkursen für nicht im Interesse der Provinz liegend und wurde, wie die „Danz. Allg. Ztg.“ meldet, nachdem noch der Antrag auf Heranziehung der Fabriken u. s. w. mit Vorauszahlungen für den Wegebau abgelehnt war, durch den Ober⸗Präsidenten von Leip ziger mit einer kurzen Ansprache geschlossen, in welcher er darauf hinwies, daß die Versammlung mit Genugthuung auf ihre Arbeiten, die der Provinz hoffentlich zum Segen gereichen würden, zurückblicken könne. Der Vorfitzende des Provinzial-Landtages Hr. von Graß (Klanin) brachte schließlich ein dreimaliges, von der Versammlung freudig aufgenommenes Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König aus.
Köln, 15. Februar. In der heute in Gegenwart des Erzbischofs Dr. Krementz abgehaltenen, zahlreich besuchten ersten Generalversammlung des Volksvereins für das katholische Deutschland bezeichnete der erste Vor⸗ sitzende, Fabrikbesitzer Brands als Hauptaufgabe des Vereins die Bekämpfung der Sozialdemokratie, welche nur unter dem Banner des Christenthums erfolgen könne. Gutsbesitzer Dr. Sieben (Deidesheim) führte aus, daß die Be⸗ strebungen der Sozialdemokratie praktisch undurchführbar seien. Vom Verein werde Abhülfe der sozialen Noth durch allmähliche Reformen und Rückkehr der Gesellschaft auf den Boden des Christenthums angestrebt. Professor Weiß (Freiburg i. Schweiz) wendete sich gegen den Sozialismus, weil derselbe die Grundlagen der Gesellschaft, Sittlichkeit und Religion, untergrabe. Rechtsanwalt Trimborn erläuterte sodann die Ziele des Vereins und forderte zum Beitritt zu demselben auf. Erzbischof Dr. rementz entwarf zum Schluß ein Lebensbild des gläubigen und des ungläubigen Arbeiters, ermahnte zur Rückkehr zum Glauben und ertheilte der Ver⸗ sammlung den Segen.
Sachsen.
Dresden, 14. Februar. Se. Durchlaucht der Fürst zu Stolberg⸗Wernigerode wurde dem „Dr. J.“ zufolge gestern Nachmittag von Sr. Majestät dem König im König⸗ lichen Residenzschloß empfangen und nahm dann an der Königlichen Tafel Theil. Zu derselben waren auch Ein⸗ ladungen an Ihre Durchlauchten Prinz Reuß j. L. Hein⸗ rich XIII,, Prinz Ernst von Schönburg-Waldenburg und Prinz Carl zu Bentheim-Tecklenburg ergangen.
Mecklenburg⸗Schwerin.
Schwerin, 14. Februar. Das heute ausgegebene Bulletin über das Befinden Ihrer Königlichen Hoheit der Groß— herzogin⸗Mutter lautet: J . .
In dem Befinden Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin Mutter baben im Verlauf dieser Woche wahrnehmbare Fertschritte stattgefunden: die Nächte sind meistens ruhig, der Husten bat abge⸗ . der ,, sich ö
Schwerin, den 14. Februar 1891. ‚.
ö Dr. Mettenbeimer. Dr. Müller.
Oldenburg. (HU) Oldenburg, 13. Februar. * das Einkommensteuergesetz, wie es aus den Beschlüssen der ersten Lesung hervorgegangen, mit einigen Modifikationen auch in zweiter Lesung angenommen. Die Einkommensteuer, mit 1 6 Jahressteuer bei einem Einkommen bis zu 225 4 beginnend, steigt bis zu 4 Proz. bei einem Jahreseinkommen von 60 900 S. Zu dem von der Staatsregierung vorgelegten Voranschlage des Landeskulturfonds für 1891 bis 1893 wurden für Kanalbauten und für Unterhaltung der fertigen Kanäle im Ganzen 899 800 6 bewilligt.
Reuß ä. L. 4 Greiz, 14 Februar. Gestern Abend sind Ihre Durchlauchten der Fürst und die Fürstin, von Rudolstadt kommend, hier wieder eingetroffen.
Oesterreich⸗ Ungarn.
Die „Presse“ schreibt: „Die Berat hungen der öster⸗ reichisch-ungarischen und deutschen Delegirten wechseln seit einiger Zeit mit Sitzungen des aus dem Schooße der Ver⸗ tragsunterhändler eingesetzten Redaktions Comités ab, welches die Aufgabe hat, jene Bestimmungen, über welche bereits eine Verständigung erzielt wurde, zu formuliren. Inzwischen werden fortlaufend Instruktionen eingeholt und machen überhaupt die Veriragsverhandlungen den Eindruck, daß dieselben über die Erledigung der prinzipiellen Fragen hinausgelangt sind und sich nunmehr lediglich mit den Details beschäftigen. Natürlich ist auch bereits der Text des neuen Handels vertrags in Berathung gezogen worden, und nachdem in den jüngsten, anläßlich der Anwesenheit des Hrn. von Baroß abgehaltenen Minister-Konferenzen die Stellungnahme Oesterreich-Ungarns gegenüber den Forderungen Deutschlands in Bezug auf die Eisenbahntarife ver⸗ einbart worden ist, steht nunmehr diese Angelegenheit, be⸗ ziehungsweise der Art. 165 des österreichisch⸗deutschin Handels⸗ vertrags und dessen Interpretation in Verhandlung. Von einer endgültigen Feststellung der Vertragstarife oder über⸗ haupt eines Theiles aus dem Komplexe der den Inhalt des Vertrags bildenden Vereinbarungen kann natürlich derzeit nicht die Rede sein, da die Tarife und sonstigen Vertragsbestimmungen mit einander in untrennbarem Zusammenhange stehen und die einzelnen Abmachungen, so lange die Verhandlungen über— haupt im Zuge sind, noch allfällige Veränderungen er⸗ fahren können.“ Wie das genannte Blatt ferner mittheilt, ist in den letzten Januartagen die Berathung über die Positionen des deut schen Einfuhrtarifs zu Ende geführt worden und wird die Konferenz nunmehr nach redaktioneller Feststellung einzelner Bestimmungen den österreichisch⸗ ungarischen Tarif in Verhandlung ziehen. Allerdings könne von einer vollständigen Erledigung des erstgenannten Tarifs nicht gesprochen werden, da einzelne Positionen, darunter die Getreidezölle, über die noch keine Einigung erzielt worden sei, spaͤteren Berathungen vorbehalten blieben.
Einer gestern in Prag abgehaltenen Vertrauensmänner⸗ Versammlung der aitczechischen Partei wohnten dem „W. T. B.“ zufolge etwa 400 Personen aller Bevölkerungs⸗
klassen bei, darunter auch der Fürst Karl Schwarzenberg. Die Versammlung nahm unter lebhaften Vertrauenskundgebungen für Rieger das von demselben verfaßte Wahlmanifest ein⸗
Der Landtag hat
stimmig an und betraute das Exekutivcomits mit der Auf⸗— stellung der Kandidaten.
Wie der Pester Lloyd“ meldet, hat der ungarische Mi nisterrath beschlossen, in Folge der amtlichen Berichte der serbischen Regierung über die in Serbien herrschende Maul- und Klauenseuche, vom 16. d. angefangen, eine strengere Kontrole bei dem Schweine⸗Import aus Serbien zu üben. Die Thiere dürfen nur dann Über die Grenze ge—⸗ bracht werden, wenn vom österreichischungarischen Konsulat visirte amtliche Atteste erweisen, daß die Thiere aus seuchen— freien Orten stammen.
Großbritannien und Irland.
Die Königin hat beschlossen, dem am 26. Februar in
k outh stattfindenden Stapellauf des neugebauten
riegsschiffs „Royal Sovereign“ in Person beizuwohnen. Sämmtliche Truppen der Garnison von Portsmouth so— wie die Matrosen der im Hafen liegenden Kriegsschiffe werden längs des Weges, welchen Ihre Majestät nach der bei den Docks erbauten Tribüne nehmen wird, Auf— stellung erhalten. Außerdem sind Vorkehrungen getroffen, daß 50 9000 Zuschauer innerhalb der Docks und etwa 8006 in dem reservirten Raum Platz finden können. Der „Daily Telegraph“ ist zu der Mittheilung ermächtigt, daß die Königin auf den Rath ihrer Aerzte die von ihr geplante Reise nach Florenz aufgegeben habe. Wahrscheinlich werde Ihre Majestäat einige Wochen an der Riviera zubtingen.
Dillon und O'Brien traten am Freitag Morgen unter Bedeckung einer Anzahl Geheimpolizisten von Scotland YJard aus die Reise nach Irland an, um in Clonmell die sechs⸗ monatige Gefängnißhaft, zu welcher sie in Tipperary verurtheilt worden sind, abzubüßen.
Frankreich.
Paris, 16 Februar. Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Erzherzogin Elisabeth, welche auf der Rückreise von Madrid nach Wien am Freitag Abend hier eingetroffen ist, nahm, wie „W. T. B.“ meldet, vorgestern bei der Königin Isabella das Dejeuner ein. Der österreichisch⸗ ungarische Botschafter Graf Hoyos, der spanische Boischafter Herzog von Mandas nebst Gemahlinnen, sowie der Botschafts⸗Rath der österreichisch⸗ ungarischen Botschast Graf Zichn und der Sekretär der spanischen Botschaft Marquis de Novallas waren ebenfalls beim Dejeuner zugegen. Vorgestern Abend setzte die Erz⸗ herzogin ihre Reise zunächst nach München fort.
Der Ministerrgth, beschloß in seiner vorgestrigen Sitzung, der von der Regierung der Vereinigten Staaten an die französische Regierung gerichteten Einladung zur offiziellen Theilnahme an der Weltausstellung in Chicago im Jahre 1893 Folge zu geben.
In der vorgestrigen Sitzung der Deputirtenkammer wünschte der Deputirte Laur die Regierung uber die Maß— nahmen zu interpelliren, welche fie zu ergreifen gedenke, um die Ausbeutung des Publikums durch Versprechungen von unwahrscheinlichen Einkünften zu verhindern. Die Berathung der Interpellation wurde auf einen Monat vertagt. Der Budgetentwurf soll heute vorgelegt werden.
Die Zollkommission nahm einen Zoll von 22 Fr. auf rohes Petroleum mit einer Restitutionsprämie von 4 Fr. auf raffinirtes Petroleum an. Die Kommission be— schloß, daß jede Anwendung einer Zuschlagssteuer von . der Regierung der Genehmigung durch die Kammer edürfe.
Der Werth der Einfuhr Frankreichs im Januar cr. betrug 308 Millionen Fr. gegen 334 Millionen im Vorjahre, der Werth der Ausfuhr 201 Millionen gegen 238 Millionen im Vorjahre. Der Temps“ meint, daß die hierin zum Aus⸗ druck gekommene Abnahme der industriellen und kommer— ziellen Thätigkeit vielleicht durch die abnorme Strenge des Winters veranlaßt worden sei.
Die belgische Gesandtschaft hat die Einladungs— karten zu dem französischen Wohlthätigkeitsballe mit dem Bemerken zurückgesandt, daß die Gesandtschaft alle ihre Mittel zur Unterstützung ihrer Landsleute bedürfe, welchen die französischen Behörden Hülfe verweigerten. Mehrere Blätter weisen diesen Vorwurf in heftigen Worten als unge— recht zurück.
Entgegen anderweitigen Berichten wird dem „Temps“ aus Rom gemeldet, Bischof Freppel habe dem Papste eine von mehreren Bischö fen und 60 Deputirten der Rechten gezeichnete Erklärung überreicht, in welcher auf die Unver— einbaxlichkeit der Republik mit dem Katholizismus hingewiesen und die Befürchtung ausgesprochen wird, daß das Programm des Bischofs Lavigerie ein Schisma unter den franzöfischen Katholiken herbeiführen könnte.
Nach einer Meldung des „Sisecle“ wird sich der Gründer der Mozambique⸗Compagnie Bartissot nach London be— geben, um gegen die englisch-südafrikanifche Eom— pagnie Namens der Mozambique-Gesellschaft einen Ent— schädigungsprozeß anzustrengen wegen der Uebergriffe und Mißbräuche, welche die englischen Agenten sich angeblich gegenüber den Befitzungen der Agenten der Mozambique— Compagnie in der Provinz Mania zu Schulden kommen ließen. Der beanspruchte Schadenersatz beträgt nach dem ge⸗ nannten Blatte 25 Millionen Fr.
Rußland und Polen.
. Die „Nordische Telegraphen⸗Agentur“ erfährt, der gute Eindruck, welchen der Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreich-Este in St. Petersburg gemacht, habe sich wäh⸗ rend seines Aufenthalts immer mehr gesteigert, wie dem Erz⸗ herzog denn auch die höchsten Ehren erwiesen worden seien. Der Erzherzog habe St. Petersburg mit den Gefühlen der Freude und des Dankes für den glänzenden und herzlichen Empfang verlassen. — In Moskau ist Erzherzog Franz
erdinand am Sonnabend Mittag eingetroffen und am Bahn— ofe, wo eine Compagnie des Jekaterinos laws ' schen Regi⸗ ments mit der Fahne als Ehrenwache aufgestellt war, von dem General-Gouverneur, den höchsten Würdenträgern und den Spitzen der Civil⸗- und Militärbehörden empfangen worden. Vom Bahnhof begab sich der Erzherzog in Be⸗ en des General⸗ Gouverneurs nach dem Kreml⸗
alaiz, wo er Wohnung in den Apartements des Groß— fürsten⸗Thronfolgers nahm. Nach dem Dẽéjeuner stattele der Erzherzog dem General⸗Gouverneur einen Besuch ab, ebenso dem General Konstandor, Chef des Militarbezirks, und dem Grafen Orloff Dawydow. Hierauf besichtigte der Erzherzog die Kathedrale im Kreml und das Große Palais. Abends 7 Uhr fand ihm zu Ehren bei dem General⸗ Gouverneur Fürsten Dolgorukow ein Diner von 148 Gedecken
statt. Während der Tafel brachte der General⸗Gouverneur einen Trinkspruch auf den Erzherzog Franz Ferdinand und den Kaiser Franz Joseph aus, welchen der Erzherzog mit einem Trinkspruch auf den Kaiser von Rußland erwiderte. Gestern wohnte der Erzherzog dem Gottesdienst in der katho— lischen Kirche bei und empfing sodann eine Deputation der österreichisch-ungarischen Kolonie, welche eine prachtvoll aus⸗ gestattete Adresse und einen Bericht der österreichischen Unter⸗ stützungs⸗Gesellschaft überreichte. Später besichtigte der Erz herzog die Sehenswürdigkeiten Moskaus und wohnte einem Pferderennen bei, woselbst er die Preise vertheilte. Das Diner nahm der Erzherzog bei dem Ober⸗-Hofmeister Grafen Orlow Dawydow ein. Abends erschien er zu der Opern-Vorstellung im großen Theater.
Italien.
In der Deputirtenkammer hat am Sonnabend der Minister⸗Präsident Marchese di Rudini, wie angekündigt, das Programm des neuen Kabinets dargelegt. Die Deputirten waren zu dieser bedeutsamen Sitzung sehr zahlreich erschienen, und alle Tribünen und Galerien dicht besetzt. Auch das diplomatische Corps war durch Botschafter und Ge— sandte vertreten. Die neuen Minister, welche auf der Minister⸗ bank Platz genommen hatten, waren Gegenstand des allge— meinen Interesses. Die ministerielle Erklärung wurde sehr aufmerksam angehört und an verschiedenen Stellen zustimmend aufgenommen. In der Erklärung, welche Marchese di Rudini verlas, heißt es: Die Regierung mache sich den von der Kammer in der Sitzung vom 31. Januar geltend gemachten Standpunkt der Ersparungen zu eigen; unter dieser Fahne werde sie kämpfen und siegen oder fallen. Sie werde das Budget⸗Gleichgewicht ohne neue Belastung der Bürger und zwar durch Ersparnisse in allen Budgets, ein— schließlich derjenigen des Krieges und der Marine sowie des Kolonialbudgets herstellen. Eine Gesetzvorlage, betreffend die Emissionsbanken, werde der Kammer zugehen, dagegen würden für jetzt politische Vorlagen nicht gemacht werden, da die Regierung glaube, daß das Land sich vor Allem nach einer wirthschaftlichen Erholung sehne. Was die auswärtige Politik anlange, so werde die Regierung der bei den letzten Wahlen laut und deutlich zum Ausdruck gelangten Stimme des Volkes folgen; die Politik der Regierung werde einfach, offen und ohne Hintergedanken sein, wie es einem Lande zukomme, das den Frieden wirklich will. Das Programm des neuen Kabinets sei glücklicherweise allen Hauptstaaten Europas gemeinsaem: um den Wunsch und das Be—⸗ dürfniß nach Frieden vereinigten sich die Mächte, welche sich die absolute Sicherheit und Europa dauernde Ruhe verschaffen wollen. Die Regierung werde den Bünd— nissen feste und reine Treue halten; sie werde Allen durch ihr Verhalten zeigen, daß Italien keine aggressiven Absichten hege. Da alle Zweifel, Verdächtigungen und Ausstreuungen des Mißtrauens in Italiens Beziehungen zu Frankreich unbegründet seien, so werde die Regierung sich bemühen, jede falsche Auffassung in dieser Hinsicht zu zerstreuen. Wir sind überzeugt, daß wir durch unser maßvolles, offenes Verhalten das Vertrauen ein— flößen werden, welches wir zu verdienen glauben.“ Betreffs der inneren Politik wirs in der Erklärung gesagt: Es würden mehrere Gesetzentwürfe beantragt werden, die dazu dienen sollten, dem Staatsschatze theils sofort, theils in naher Zukunft eine Erleichterung zu bringen. Als besonders dringend er— scheine die Regelung des Umlaufs der Banknoten; es würden ferner Maßnahmen vorgeschlagen werden, um die Kredit⸗ verhältnisse dauernd zu bessern. Zur Abschaffung des Gesetzes über das Listenskrutinium werde das Kabinet, obschon es die Aufhebung des fraglichen Gesetzes wolle, die Initiative nicht ergreifen; das Kabinet werde vielmehr das Ergebniß der be— züglichen Erhebungen abwarten, welche die unter dem vorigen Kabinet ernannten Kommissionen und die von der Kammer gewählte Kommission angestellt hätten. Das Kabinet wolle indessen erklären, daß nach seiner Ansicht eine Abänderung der Wahlordnung nicht nothwendiger Weise sofortige Neuwahlen nach sich ziehen würde. Zum Schluß äußerte Rudini, der Friede sei nothwendig, Um Italien aus seinem wirth— schaftlichen Mißbehagen aufzurichten, und forderte ein promptes Vertrauens votum für die demnächst einzubringenden Gesetzvorlagen. — Nachdem noch mitgetheilt worden, daß die Gesetzentwürfe, betreffend die Organisirung der Präfekturen und die Abänderung einiger Zollsätze, von der Regierung zu— rückgezogen seien, vertagte sich die Kammer bis zum 2. März.
Im Senat verlas Rudini dieselbe Erklärung wie in der Kammer, worauf sich der Senat auf unbestimmte Zeit vertagte.
Nach einer Meldung der „Agenzia Stefani“ hätte der König den Vorschlag des Minister⸗Präsidenten, dem Vize— Admiral San-Bon, das Portefeuille des Marine— Ministe riums zu übertragen, gebilligt.
In einer am Sonnabend Abend unter dem Vorsitz Mer— zario's stattgehabten Versammlung von etwa 85 Depu— tirten der konstitutio nellen Opposition, darunter Crispi, Zanardel li und andere frühere Minister, wurde auf Antrag San Giuligro's einstimmig beschlossen, ein Leiten des Parteicomits unter dem Vorsitz Merzario's zu bilden.
Von den Pariser Blättern äußern sich der, Temps“ und dis „Liberts“ über das Programm des neuen italienischen Kabinets befriedigt. Der „Temps“ findet in dem die auswärtige Politik betreffenden Passus den lange vermißten Accent der Weisheit, Festigkeit und Mäßigung. Das Programm lasse kein plötzliches Zerreißen' der Kontinuität erwarten; es seien aber neue Männer, welche auch neuen Geist in die gegebene Situgtion bringen würden. Die „Liberté, meint, das Programm beweise, daß Italien seinen diplomatischen Engagements treu bleibe, aber der Ton sei es, welcher die Musik mache.
Eyanien. Gestern haben die Wahlen zum Senat stattgefunden. Es waren im Ganzen 180 Neuwahlen vorzunehmen. Soweit bis gestern Abend bekannt war, sind 130 Ministerielle, 19 Liberale, 7 Reformisten, 2 Demokraten, 2 Karlisten und Republikaner gewählt worden. 19 Wahlergebnisse, darunter diejenigen von Cuba und Portorico, standen noch aus.
Niederlande.
Die „Stedenwet“, das Gesetz, das die Wahlen in den größeren Städten regelt, ist von der Zweiten Kammer nach mehrtägiger Debatte angenommen worden. Es handelt sich dabei um die Eintheilung dieser Städte in Wahldistrikte. Früher hatte jeder Wähler das Recht, für sämmtliche Kan⸗
didaten, die durch seine Partei in der Gemeinde aufgestellt wurden, zu stimmen. In Amsterdam z. B, woselbst neun Ab⸗ geordnete für die Zweite Kammer aufgestellt werden, schritt
jeder Wähler für sämmtliche Kandidaten zur Wahlurne. r. kann er allein für den Kandidaten eintreten, der durch seine Partei in seinem Wahldistrikt aufgestellt ift. Dieses Gesetz ist, wie man der M. „A. 3“ schreibt, ein Triumph der konservativen Partei, unter dessen Folgen die Liberalen wohl schwer zu leiden haben werden. Die Liberalen sind jetzt in einen engen Rahmen gedrängt und werden sicher in vielen Bezirken dem vereinigten Vorgehen der kirchlichen Parteien erliegen. —
Luxemburg.
Wie die Luxemb. Ztg.“ meldet, ist der Zwist, welcher im dortigen Gemeinderath von einigen über das Wahl⸗ ergebniß zum Schöffenrath mißvergnügten Mitgliedern der Kommunalvertretung in Scene gesetzt worden war, bereits wieder beendet. Die Deklaranten haben ihre Sitze wieder eingenommen. Sie erklärten zwar, durch das Organ ihres Wortführers Hrn. Simonis auf ihrem Protest zu verharren, waren aber bereit, an der Erledigung der von den Stadt— wählern ihrer Sorge anvertrauten Geschäfte mitzuwirken. Damit hätte denn, sagt die „Luxemb. Ztg.“, die gesunde Ver⸗ nunft wieder einmal den Sieg davongetragen, und es bleibe nur zu bedauern, daß der Versuch, gegen Gesetz und Gemeinde⸗ interesse vorzugehen, überhaupt gewagt werden konnte.
Schweden und Norwegen.
(E) Stockholm, 13. Februar. Der Bewilligungs— Aussichuß des Reichstages hat folgend Veränderungen des Zolltarifs zu beantragen beschlossen: Der Zoll auf Weizen, Roggen, Gerste, Erbsen, Bohnen und ungeschältem Reis wird von 2.50 Kronen auf 1,50 Kronen per 1690 Eg herabgesetzt, Hafer und Wicken bleiben zollfrei, der Zoll auf Malz wird von 3 Kronen auf 2 Kronen, auf Mehl und Grütze aller Art von 430 Kronen auf 250 Kronen herabgesetzt.
Dänemark.
Prinz Heinrich von Orlsans ist gestern Vormittag
von Kopenhagen über Vamdrup nach Rußland abgereist.
Prinz Waldemar und Gemahlin gaben dem Prinzen das Geleit nach dem Bahnhofe. Afrika.
Egypten. Das Gerücht, das egyptische Ministe rium sei in Folge der Ernennung des Richters Scott zum juridischen Rathgeber der Regierung zurückgetreten, entbehrt einem Tele— gramm des „R. B.“ aus Kairo zufolge der Begründung. Es wird vielmehr täglich eine befriedigende Lösung der streitigen Fragen unter den Auspizien des Khedive erwartet. Scott kann übrigens den ihm zugedachten Posten nicht eher annehmen, bis er seines Postens als Richter in Bombay Seitens der indischen Regierung enthoben worden.
Aus Suakim vom 13. Februar wird gemeldet: Oberst Holled Smith, der General-Gouverneur der Küste des Rothen Meeres, begab sich heute an Bord des britischen Kanonenboots „Sandfly“ nach Trinkitat. Osman Dig ma befindet sich noch in Tokar. Die egyptische Expedition wird wahrscheinlich in vier Tagen den Vormarsch antreten.
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (67) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär Br. von Boetticher und der Staats-Minister Freiherr von Berlepsch beiwohnten, theilte der erste Vize-Präsident Graf Ballestrem zunächst mit, daß als Vorlagen der Geschäftsbericht des Reichs-Versicherungsamts für das Geschäftsjahr 1390 und das Internationale Abkommen zwischen dem Deutschen Reich, Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Oesterreich Ungarn zugleich für Lichtenstein, Rußland und der Schweiz, am 14. Oktober v. J. abgeschlossen, den Eisenbahnfrachtverkehr betreffend, eingegangen sind.
Darauf wurde die zweite Berathung des Gesetz— entwurfs, betreffend die Abänderung der Gewerbe—⸗ ordnung, auf Grund des Berichts der VIII. Kommission mit der vorgestern abgebrochenen Debatte über den 5§. 1056 und die dazu gestellten Anträge fortgesetzt.
Abg. Br. Orterer empfahl seinen Antrag mit beson⸗
derer Beziehung auf das Brauereigewerbe. Die Befürchtung der Brauereien, daß sie unter die Bestimmungen des 53. 105 sielen, welcher große Belästigungen für sie herbeiführe, sei unbegründet, denn dieselben fielen unter die besonderen Ausnahmebestimmungen des §. 1054. Redner wandte sich sodann gegen verschiedene Aus⸗ führungen der Abgg. Payer und Bebel und trat für eine Streichung der Bestimmung ein, nach welcher die Unternehmer ein Verzeichniß über die Zahl der am Sonntag beschäftigten Arbeiter und die einzelnen ausgeführten Arbeiten führen sollen. . Staats-Minister Freiherr von Berlepsch erklärte, daß es sich hier nicht um unnöthiges Schreibwerk handle, sondern um die prinzipielle Frage, ob für die im 5§. 105 e vorgesehenen Ausnahmefälle eine Kontrole nöthig sei oder nicht. Eine solche Kontrole sei unerläßlich, wenn nicht ein erheblicher Einbruch in die Bestimmungen über die Sonntagsruhe gemacht werden solle. Das Verzeichniß sei weniger lästig als eine polizeiliche Genehmigung. Bei Schluß des Blattes wandte sich der Minister gegen den Antrag der Abgg. Aichbichler und Ge—⸗ nossen.
— In der heutigen 642. Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Finanz⸗-Minister Dr. Miquel beiwohnte, wurde die welle Jerathung des Entwurfs eines Einkommensteuergesetzes fortgesetzt, und zwar wurde die am Sonnabend abgebrochene Diskussion über 8. 9 wieder auf⸗ genommen. Die Abgg. Dr. En neccerus, Lückhoff und Rickert stellten unter Zurücknahme der Anträge Lückhoff und Rickert den Antrag, die Steuerfreiheit zu beschließen auch für:
Versicherungsprämien, welche für Versicherungen der Steuer⸗ pflichtigen auf den Todes oder Lebensfall gezahlt werden, soweit dieselben den Betrag von 600 4 jährlich nicht Übersteigen.“
Die Abgg. Dr. Enneccerus, Freiherr von der Reck und Rickert, befürworteten diesen Antrag. Der Finanz— Minister Dr, Miquel wollte sich ihm nicht widersetzen, ob⸗ wohl Steuerhinterziehungen durch denselben zu befürchten seien. Der Antrag wurde als Nr. 7 der Nr. J. des 5. 9 angefügt.
Bei Nr. II. erklärte auf eine Anfrage des Abg. von
Meyer (Arnswalde) der Finanz ⸗Minister Dr. Miquel die