1891 / 48 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 24 Feb 1891 18:00:01 GMT) scan diff

deetaib, weil sie von den Sozialdemokraten vorgeschlagen werde, kurzer Hand ablehnen sollte. . ; . Abg. Dr. Hirsch hat inzwischen folgende Re solution beantragt: . Den Reichskanzler zu ersuchen, behufs Befserung der wirtkh⸗ schaftlichen Verhältnisse unter den Arbeitern dabin zu wirken, daß in den Betrieben des Reichs, der einzelnen Bundesstaaten, der Kommunalverbände und der Kommunen Abschlagszahlungen auf den verdienten Lobn wöchentlich, die Abrechnung desselben, soweit es möglich ist, vierzebntägig erfolge. . . ö Abg. Dr. Gutfleisch: Ec werde gegen die Anträge Auer und Metzner stimmen. Es fei nicht absolut richtig, daß kurze Lohn- sermine überall den Vorzug verdienten, sondern Manches spreche geradezu für das Gegentheil. Seine Partei wolle bier des Truck fostem befeitigen. d. h. verbüten. daß der Lobn der Arbeiter Un⸗ berufenen zufließe, und daß die Arbeiter zu unnützen Geldausgaben verfübrt würden. Er stimme gegen die Anträge Auer und Menner, den Verkauf von Waaren an die Arbeiter Seitens der Arbeitgeber überhaupt ju verbieten. Was gegenwärtig nach 8 117 dec Gewerbe⸗ ordnung Rechtens sei, wonach Verabredungen ungültig eier, re che den Arbeiter wängen, seine Bedärfnisse aus bestimmten Ve lan stellen zu entneb men, genüge ihm. Wenn auch an manchen Stellen Miß verbältniffe bestchen möchten, so gebe es doch an anderen Stellen Konfumrercine, welche für die Arbeiter sebr rortbeilbaft seien und deren gute Einrichtungen man schädigen würde. Man dürfe nicht eine Bestimmung treffen, die das Gute zugleich mit dem Svlechten bescitige. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen. In der Koemmission habe seine Partei erst Bedenken gehabt ge das Wort Turchschnittliche! im Absatz 2, habe sich überieugt, daß die Hinzufügung desselben zur Fassuns der Regicrungsvorlage einen Fortschritt bedeute. Wenn ein Arbeit geber z. B. für seine Arbeifer mehrere Centner Kartoffeln zu ver— schiedenen Preisen kaufe, so sei durchaus zulässig, daß er den Arbeitern einen Durchschnittspreis pro Centner berechne. Bel Arbeitsmaterial, Stoffen. Werkzeug u. dgI. die der Arbeitgeber zu derschiedenen Preisen kaufe, measse er ebenfalls berechtigt sein, dem Arbeiter einen Durchschnittspreis zu berechnen, oder er müsse über jeden einzelnen Gegenffand genau Buch fübren und könne dann z. B. für ein theurercs Werkieug dem Arbeiter einen theureren Preis stellen. Eine Kontrole darüber werde allerdings nur möglich sein; wenn in Qralität und Menge ausreichende Aufsichtsbeamte geschaffen warden, aber diese Kontrole wolle seine (des Redners Partei) schaffen, damit nicht manche Bestimmung dieses Gesetzes nur auf dem Papier stehen bleibe. Der Arbeiter selbst solle vermöge seiner Vereinigungen zur Kontrole berufen sein. Der ortsübliche Preis werde in der Mehrzahl der Fälle feftzustellen sein, und da die Zustimmung des Arbeiters dazu erforderlich fei, werde in Zukunft dem Arbeiter nicht zu virl an— gerechnet werden können. Riemand könne annehmen, daß seine Partei den Stein der Weisen in dieser schwierigen Frage gefunden habe, aber in ihrem Antrag liege wenigftens eine Grundlage, auf wel Her weitergebaut werden könne und welche sich von der exzessiven Fassung des sozialdemokratiscken Antrags fern kalte. Wenn feine Partei auch nicht deswegen gegen einen Antrag sei, weil er von den Sozial⸗ demokraten gestellt sei, fo sei sie doch nicht verpflichtet, einem Antrag zuzustimmen, nur weil man ibn mit arbeiterfreundlichen Redensarten ausstatte. (Beifall bei den Nationalliberalen.) ö ; Metzner: Wenn ein Arbeitgeber einen Konfumverein 'soffe der Arbeiter frei entscheiden dürfen, ob das für ihn eine obltbätige Anftalt sei oder nicht. Sein Antrag wolle die zwangs⸗ weise Hineinziebung der Arbeiter in solche Unternehmungen verhindern. Die jetzigen Bestimmungen reichten nickt aus Man müsse gegen die Umgebungen des Verbots des Trucksystems Vorkehrungen treffen. Die Arbeiter würden jetzt in, die Konsumanstalten hineingezwungen tbeils dadurch, daß sie eine Cession eines Theils ihres Lohnes an die Konsumanstalten unterschreiben müßten, tbeils indem sie nur mit Bons an die Konsumvereine zahlten, theils in der Form, daß der Kassirer des Arbeitgebers den Lohn baar auszahle, aber der Kassirer des Konsumvereins daneben sitze und das Geld einstreiche, ohne daß es der Arbeiter in die Hände bekomme. Ein Bergarbeiter in Oberschlesien habe 45,29 Arbeitslohn verdient, davon scien ab⸗ gegangen: Beitrag zur Krankenkasse 125 ½, Mitthe 104, an den Konsum⸗ verein für gelieferte Waaren 31,95 S6, Steuern 2 *, mache zu— sammen 45,0 6 Der Verdienst sei also null. Einem Andern seien 3 4, einem Dritten 5 Z übrig geblieben. Einem solchen Treiben müsse ein Ende gemacht werden. Ein Konsumverein habe sich sogar eigene Messingmünzen angeschafft, die er den Arbeitern berausgebe, damit sie das herausgegebene Geld nicht wo anders ver— brauchten. Nehme man an, der Arbeiter habe sich freiwillig unter den Konsumperein gestellt, so könne man sagen: Jeder Arbeiter sei frei in seinem Handeln, er könne kaufen, wo er wolle. Aber die Arbeitgeber sagten; Thut er es nicht, wo wir wollen, so machen wir von unserer Freiheit Gebrauch und entlassen ihn. Der 5. 117 genüge hier keineswegs. Er (Redner) könnte noch Verschiedenes über die Konsumvereine anführen, aber er wolle nicht öffentliche Gesellschaften hier kompromittiren. Der verdiente Arbeitslohn sei unantastbares Eigenthum des Arbeiters geworden, und Niemand habe das Recht, direkt oder indirekt darüber zu verfügen. Einer solchen Verfügung, wie sie bisher bestanden habe, wolle sein Antrag vorbeugen. Den zweiten Theil des Antrages ziehe er zurück, nachdem der Antrag Gutfleisch redaktionell geändert sei. Regierungs ⸗Rath Dr. Wil hel mi: Vor einem Jabre sei hier von einem Sozialdemokraten behauptet worden, daß das Trucksystem in Deutschland außerordentlich zugenommen habe. Diese Behauptung sei schon damals vom Staatsfekretär Dr. von Boetticher widerlegt worden. Die Zabl der Bestrafungen deswegen habe 1886 194, 1837 172, 1838 109 betragen. Von einer Zunahme des Truckspstems sei also keine Rede. Mit welcher Sorgfalt die Bebörde dem Truck⸗ system entgegentrete, könne man daraus entnehmen, daß 1888 in 3090 Fällen Anklagen eingeleitet seien, von denen allerdings nur bei 109 der Thatbestand vorliege, welchen der 8 114 der Gewerbeordnung verlange. Den Antrag Metzner bitte er abzulehnen. Auf Veran⸗ lassung des Reichskanzlers angestellte Erhebungen über die Anwen—⸗ dung des Truäckspstems in Sberschlesien hätten ergeben, daß die in der Presse angeführten Fälle der Anwendung des Trucksystems nicht unter die Bestimmungen über das Verbot des Trucksystems zu subsumiren seien. Die Cession des Arbeitslohnes sei weder nach den jetzigen gesetzlichen BVestimmungen strafbar, noch würde sie nach dem Antrage Metzner strafkar sein. Eine solche Cession entbehre aber des gesetzlichen Schutzes nicht, insofern derartige Cessionen gesetzlich un⸗ wirksam seien. Kein Fall ron Trucksystem sei es ferner, wenn der Arbeitgeber auf Veranlassung des Arbeiters an dritte Persanen Schul⸗ den desselben bezable. Der Antrag Auer, den Verkauf von Waaren an die Arbeiter Seitens des Gewerhbetreibenden zu verbieten, würde vielfach zu ganz sonderbaren Verhältnissen führen. Einer Arbeiterin, die bei Rudolph Hertzog beschäftigt sei, könne man doch nicht ver bieten, irgend eine Waare in diesem Geschäft zu kaufen. Der Antrag Auer gehe also über das Interesse der Arbeiter selbst und das Maß des Bedürfniffes weit binaus. Beim Handwerk sei Gewerbebetrieb und Verkaufsgeschäft oft vereinigt. Weshalb solle man da einem Arbeiter gesetzlich verbieten, einen Gegenstand bei seinem Arbeitgeber zu kaufen? Was den übrigen Theil des Antrages Auer betreffe, so kämen Lohnzahlungen am Sonntag sehr selten vor,. und wo sie vor= kämen, liege ein Bedürfniß zum Verbot nicht vor, besonders in Fällen, wo der Arbeiter in Kost und Wohnung stehe. In den Kreisen der Industrie babe sich seit langen Jahren das Bestreben bemerkbar gemacht und vielfach mit Erfolg, Tie Zahlungen am Sonnabend abzuschaffen. Bei diefen freiwilligen Be⸗ strebungen könne man es aber bewenden lassen. Durch statutarische Bestimmung könne die Zahlung am Sonnabend ja beseitigt werden, aber ein allgemeines Verbot wärde zu weit gehen. Wenn die Arbeiter 3. B. weit wohnten und des Sonnabends nach Pause führen, so sei dies der richtige Moment für die Zahlung. Die achttägige Lobnzahlung wäre in manchen Fällen unangebracht. In dieser Beziehung müsse man der Einsicht der Arbeitgeber vertrauen und sich auf die Beschlüsse der Kommission beschränken. Die Regierung könne nur die Anträge des Abg. Gutfleisch empfehlen.

Abg. Dr. Hartmann: Der Antrag Metzner sei überflüssig, denn die Fälle, welche er im Auge habe, würden Burch den 8 117 u, ff. getroffen; den Antrag Auer müsse seine Partei ablehnen, nicht weil er don sozialdemokratischer Seite ausgehe man babe sozialdemokratische Anträge in der Kommission einstimmig angenommen sondern weil er praktisch bedenklich sei. Die Sozialdemokraten suchten auch bier die Legende zu verbreiten, daß die Mehrheit das bestebende Gesetz ver⸗ schlechkern wolle Das sei bereits von dem Abg. Dr. Gutfleisch wider⸗ legt worden. Das Verbot des Auslohnens in Gast⸗ und Schank— wirtbschaften sei bereits in der Kommilsionsvorlage enthalten. Die So ialdemokraten kämpften in der That gegen Windmühlen. Ihrem hublikum freilich wüßten sie den Glauben beizubringen, daß die Mehrbeit arbeiterfeindlich sei. Ein glänzendes Beispiel hier⸗ für biete die vorletzte Nummer des „Vorwärts“, des Amts blatts der deutschen Sozialdemokratie. Da werde berichtet über die Verhandlung vom vorigen Freitag, die Mehrheit bätte die scheußliche That begangen, die Arbeitsbücher für die Arbeiter bis zum 21. Jabre einjuführen. Als ob diese Einrichtung nicht schon seit 1578 bestände! Eine Berichtigung sei bisher nicht erfolgt. Er gebe dem Abg. Grillenberger zu, daß die Fälle der Zuwiderhand⸗ lung gegen das Truckrerbot bedauernswerth häufig seien, häufiger als man nach der Statistik annehmen könne, Es werde sebr häufig gegen §. 115 gefehlt von Arbeitgebern und Arbeitern, welche keine Ahnung davon hätten, daß sie etwas Gesetz⸗ widriges begangen hätten. Das gelobte Land der Sozialdemokraten, Sachen, zeichne sich auch in dieser Beziehung wieder aus, habe der Abg. Grillenberger gesagt. Das habe er bebauptet, aber nicht bewiesen. Der eine Fall beweise gar nichts, und selbst wenn er mehrere Fälle angeführt hätte, so würde dies nur beweisen, daß in Sachsen dte Aufsicht besser sei, als in andern Staaten. Er babe etwas von einem Bezicksamtmann erzählt. Man habe in Sachsen keine Bezirksamtmänner, der Fall müsse also in Bayern passirt sein. Uebrigens hätte man sich nicht an den Bezirksamt mann, sondern an den Staatsanwalt wenden müssen. Mit dem Begriff ortsüblich‘ werde man in der Praxis viel leichter fertig werden als hier im Reichstage, wo man gewissermaßen am Phantom arbeite.

Abg. Dr. Hirsch: Die von den Sozialdemokraten und dem Abg. Metzner vorgebrachten Klagen würden vielfach von den Arbeitern ge⸗ theilt. Solle der alte Truckparagrapb einen Sinn haben, so müsse dem Arbeiter das, was er in Wirklichkeit verdient habe, baar in die Hand gegeben werden und nicht in zu langen Fristen. Der Arbeiter müsse das freie Verfügungsrecht haben über das, was er redlich ver— dient habe. Auch die Konsumvereine, so wohlthätig sie sonst seien, dürften den Arbeitern von den Arbeitgebern nicht als Kaufstellen auf

Er babe sich allerding? davon überzeugen müßsen, daß es außerordentlich schwer sei, durch Verschärfungen des Ge— setzes hier ewas zu bessern, weil diese Dinge zweischneidiger Natur seien. Die Arbeiter kennten das bestebende Gesetz so gut wie die Arbeitgeber, aber sie wagten nicht, eine Anzeige zu machen, aus Furcht,

an anderen Stellen keine Arbeit zu erhalten. Er meine, daß die achttägige Lohnzablung nicht zur Verschwendung führe. Gerade rch die langen Lohnfristen würden die Arbeiter gezwungen, zu borgen, um ihre täglichen und stündlichen Bedürfnisse zu befriedigen, und sie geriethen immer tiefer in das Truckspstem hinein. Um diel em Uebelstande entgegenzutreten, habe er seine Resolution beantragt. Die Beiürchtung, daß in Folge der ackttägigen Lohnzahlung die In— dustciellen mehr Rechnungskräfte anstellen müßten, dürfe den Reichstag nicht schrecken. In vielen Fabriken bestehe dieser Modus bereits zu allseitiger Zufriedenheit. Uebrigens müsse er anerkennen, daß dieser Gegenstand mehr zu 5. 19a gehöre und ziehe deshalb die Resolution vorläufig zurück.

Abs. Sin ger: Er könne die von dem Abg. Mꝛtzner erwähnten Fälle über das Treiben der sogenannten Konsumvereine ergänzen. Im Kattowitzer Kohlenbezirk seien, wie mitgetheilt werde, die Bergarbeiter

ezwungen, bei den unter der Verwaltung der Bergwerke stehenden aden (30 an der Zahl) zu kaufen. Es werde ihnen dort bis zu 70 ο ihres Lohnes geborgt und sie müßten die Waaren 19 0, theurer bezahlen als anderwärts. Seine Partei sei nicht so sehr gegen die Konsumpereine im Allgemeinen, als gegen solche Auswächse, welche die Arbeiter auf das Empfindlichste schädigten. Der Arbeiter habe das unbestreitbare Recht, für seinen verdienten Lohn seine Lebens— bedürfnisse da zu kaufen, wo er Lust babe. Unter dem jetzigen System seien die Arbeiter nicht frei, sondern Sklaven des Unter— nehmers, und das sollte in der Zeit, in der wir jetzt leben, von keiner Seite mehr gebilligt werden. Seine Partei werde selbst—⸗ verständlich für den Antrag Metzner stimmen. Der Abg. Dr. Hart mann habe der Mittheilung des Abg. Grillenberger über das Kantinen wesen widersprochen. Er (Redner) könnte eine ganze Reihe solcher Fälle mittbeilen, bier nur folgende: In Hamburg hätten am Hafen Wirtke die Verpflichtung übernommen, gewissen Arbeitern einen Vorschuß zu gewähren unter der Bedingung, daß der Arbeit—⸗ geber durch den Vermittler das Ausjahlen der Löhne be- werkstelligen lasse. Dadurch werde der Arbeiter direkt in Abhängigkeit gebracht vom Unternehmer und Inhaber der Kantine. Jeder Arbeiter, der diese schmutzige Manipulation durch⸗ schaue und sich darüber ausspreche, werde sofort arbeitslos. Die⸗ jenigen Arbeiter, welche den größten Theil ihres Verdienstes bei dem Wirthe ließen, erbielten am ersten Beschäftigung. Mancher brave Mann solle in Folge dieses Systems zum Trunkenbold geworden sein. In Schleswig ⸗Holstein es handele sich um eine Ziegelei seien die neu aufgenommenen Arbeiter von ihrem Meister ange⸗ wiesen worden, alles Nöthige an Kolonialwaaren auf Conto von dem Inspektor zu entnehmen, der zu gleicher Zeit auch Krämer gewesen sei. IEn Sommer habe der Inspektor das Contobuch dem Meister vorgelegt, der die Rechnung bezahlt und sie den Arbeitern abgezogen habe, obne daß diese einmal hätten kontroliren können, ob die Rechnungen richtig gewesen seien. Durch dieses Kantinenwesen würden gerade die kleinen Gewerbetreibenden geschädigt, die man auf der rechten Seite so warm vertheidige. Seine Partei wolle durch ibren Antrag nicht, wie der Regierungs⸗Rath Or. Wilhelmi ausgefübrt habe, einer Acbeiterin verbieten, in einem Geschäfte, für das sie ihätig sei, einen anderen Artikel zu kaufen, auch nicht verbieten, daß ein Schneidergeselle bei seinem Meister, der einen Laden habe, einen Anzug kaufe. Es solle nur verboten werden, daß Abzüge vom Lohne gemacht würden zu Gunsten von Einkäufen in demselben Geschäft. Das Wort „durchschnittlich würde nicht dem Arbeiter, sondern dem Arbeitgeber zu Gute kommen. Es sei sehr schwer, fast unmöglich, den „durchschnittlichen Selbstkostenpreis anzugeben, leichter aber den wirklichen. Beiläufig gesagt, komme die Klage, daß die Nähterinnen gezwungen würden, ihr Garn in den eigenen Geschäften zu kaufen, in den Mäntelgeschäften viel seltener vor, als in der Wäschefabrikation. Wenn Seitens der Unternehmer den Arbeitern Materialien geliefert würden, so könne man prinzipiell dagegen nichts einwenden, wohl aber, wenn dieses benutzt werde, den schon sonst recht hohen Profit noch zu vermehren. Zu welchem Preise sollten die Arbeitgeber nun die Materialien abliefern? Nur zum Selbfstkostenpreise, den ein Blick auf die Faklura ergebe. Der Unternebmer brauche hier weder aus der Konjunktur, noch aus den Engrosverkäufen Vortheile zu ziehen. Der Durchschnittspreis sei nicht zu kontroliren. Die Fabrikinspektoren bätten die Kontrole vorzugsweise auf die Großbetriebe auszudehnen, aber gerade im Kleingewerbe kämen jene Manipulationen vor. Es sei auch dringend nothwendig, die achttägige Lohnzahlung gesetzlich fest⸗ zusetzen. Der Spartrieb der Arbeiter werde durch langfrifstige Löhne schon deshalb nicht gefördert, weil sie dann zur Deckung der täglichen Lebensbedürfnisse entweder Vorschüsse nehmen oder die Waaren borgen müßten. Wobl aber werde durch langfristige Löhne dem Unternehmerthum ein Dienst erwiesen, weil dieses dann noch mit dem Gelde des Arbeiters Gewinne erzielen könne. Man könne auch hier den Schutz der Arbeiter nicht ein- schtänken. Mit den Aufgaben des praktischen Lebens rechne der Abg. Dr. Gutfleisch allerdings, aber mit denen des Unternebmer⸗ tbums nicht. Der Abg. Dr. Hartmann übersehe, daß die Kom missionsvorlage die Auszahlung des Lohnes in Schankstätten nur so—⸗ weit verbiete, als die unteren Verwaltungsbehörden die Ge—

nebmigung versagten. Diese aber würden zu einer Einschränkung der Befugnisse des Unternehmerthums nicht die Hand bieten, sie müßten dem sozialen Uebergewicht der Unternehmer weichen. Die tausendfachen Einflüsse der Unternehmer und die Vetternwirthschaft seien so mächtig, daß man die Fälle mit Licht suchen würde, wo die untere Verwaltungsbebhörde die Genehmigung zur Auszahlung des Lohnes in Gast⸗ und Schankwirthschaften versage. Diese Bestim⸗ mung sei also nur eine Dekoration; wer wirklich dem Unfug ein Ende machen wolle, müsse den Unternehmer gesetzlich verpflichten. Seine Partei habe ferner beantragt, daß der Tag der Auszahlung kein Sonn⸗ oder Festtag sein dürfe. Der Regierungs-Rath Dr. Wilhelmi meine, es finde keine Lohnzahlung am Sonntage mehr statt, und wo sie stattfinde, liege kein Anlaß vor, sie zu verbieten. Da kenne der Regierungs⸗Rath doch wohl die praktischen Verhältnisse nickt. Im Kleingewerbe werde noch sehr vielfach am Sonntag gelöhnt. Der Arbeiter werde dadurch häufig zur Sonntagszarbeit ge⸗ jwungen. Mancher Arbeiter habe ferner einen weiten Weg zurück⸗ zulegen, müsse also einen Theil des Sonntags opfern, müsse anticham⸗ briren, bis es dem Unternehmer gefalle, dem Arbeiter seinen schon am Sonnabend Abend wohlverdienten Lohn auszuzahlen. Die Regiernng scheine allen Vorscklägen zur Einschränkung und Verschlechterung der ursprünglichen Vorschläge zuzustimmen, während sie sich ablehnend dagegen verhalte, die Rechte der Arbeiter auszudehnen. Das zeige sich auch schon bei dem Antrage des Fünf ⸗Männerkollegiums, der eine Verabfolgung von Werkzeugen und Stoffen zu einem höheren, den ortsüblichen Satz nicht übersteigenden Preise zulassen wolle. Einen „ortsüblichen! Preis könne man nur durch Umfrage bei den Unternehmern feststellen. Diese hätten es also auch hier, ebenso wie bei den Kartellen, Trusts und Ringen, in der Hand, beliebig hohe Preise zu ihrem Vortheil festzusetzen. Namentlich die Herren, die nicht Manchestermänner seien, sollten sich sträuben, der kapitalistischen Ausbeutung Thür und Thor zu öffnen. Er bitte deshalb, den Antrag des Fünf⸗Männertriumvirats abzulehnen und nicht in ein Verbot des Truckspstems eine noch viel härter? Ausbeutung hineinzuschmuggeln. Er wünsckte, die Subkommission hätte sich mit ihrer Thätigkeit zwischen der ersten und zweiten Kommifsionslesung begnügt, und wäre nicht bis zum letzten Athemzug bemüht, Verschlechterungen in das Gesetz zu bringen.

Gebeimer Ober Regierungs Rath Lohmann: Der Abg. Singer habe seine Verwunderung darüber ausgesprochen, daß die Regierung den Antrag Gutfleisch unterstütze, der, statt dem Trucksystem entgegen⸗ zutreten, gerade die Möglichkeit einer neuen Bedrückung der Arbeiter in daz Gesetz hineinbringe. Das sei durchaus unrichtig. Die bis herige Bestimmung der Gewerbeordnung lasse das in uneingeschränkt:m Maße zu, was jetzt durch den Antrag der Kommission und den An⸗ teag Gutfleisch nur in einem sehr eingeschränkten Maße erlaubt werde. Der Abg. Singer habe dann gemeint, es dürften dem Regierungs- Rath Dr. Wühelmi die nöthigen praktischen Erfahrungen für seine Behauptung feblen. Die Erhebungen, die im Jahre 1338 angestellt und auch dem Reichstage mitgetheilt seien, böten aber praltische Erfahrungen auf diesem Gebiete zur Genüge. Durch diefelben sei konstatirt, daß die Auszahlung des Lohnes am Sonntag außerordentlich selten sei. Die Massen armer Ar⸗ beiter, die am Sonntag aus dem Dorfe, um den Lohn zu bolen, in die Stadt müßten und den halben Sonntag dabei ver lören, seien reines Phantasiegebilde des Abg. Singer. Ebenso müsse er mit aller Entschiedenheit den Vorwürfen des Abg. Singer gegen die Beamten der Regierung und Verwaltung entgegentreten. Er (Redner) glaube, sich auf die Zustimmung der Mehrheit des Hauses berufen zu können, wenn er sage, daß die Bebauptung des Abg. Singer die Verallgemeinerung einzelner Fälle sei, die vielleicht bier und da aufgetreten seien, um eine große Menge der angesehensten Beamten in Mißkredit zu bringen. (Zustimmung rechts.) Die Bestimmungen der Vorlage in der Kommisston, meine der Abg. Singer, würden nicht ausreichen, um dem Trucksystem entgegenzutreten. Er (Redner) habe unter den angeführten Fällen keinen einzigen finden können, der nicht schon unter das gegenwärtige Verbot des Trucksystems fiele. Die Manipulation des Ziegeleiinspektors gehöre darunter, da dieser doch ein Beauftragter des Ziegeleibesitzers sei. Was der Abg. Singer für seinen Antrag auf Verschärfung des Truckverbots angeführt habe, sei vollständig unbegründet. Dann habe Abg. Singer bezüglich der Bei⸗ spiele des Regierungs ⸗Raths Dr. Wilhelmi gegen seinen Antrag ge⸗ sagt: das baben wir gar nicht gemeint. Was man aber meine, solle man auch wirklich sagen. (Heiterkeit, Was der Abg. Singer nachher als das bezeichnet habe, was er meine, sei etwas, was schon jetzt verboten sei. Was der Abg. Singer bezüglich der Berechnung der Selbfikosten wolle, habe auch die Regierung und die Kommission ge⸗ wollt. Es babe sich nur im Laufe der Verhandlungen herausgestellt, daß diese Absicht nicht klaren Ausdruck finde, wenn man nicht durch⸗ schnittlich vor Selbstkosten bineinschreibe. Der Abg. Singer meine, die Selbstkosten könne man aus der Faktura ersehen, der durchschnitt⸗ liche Betrag der Selbstkosten sei nicht kontrolirbar. Der Durch— schnittspreis könne aber gerade so aus den verschiedenen Fatturen ent⸗ nommen werden. Die Berechnung der durchschnittlichen Selbstkosten biete aber viele Vortheile. Man möge den Fall eines Arbeitgebers nehmen, der Kartoffeln einkaufe, aus dem einen Ort 1090, aus dem anderen 100 Ctr. zu verschiedenen Preifen, mit verschiedenen Trans portkosten u. s. w. Es wäre doch unrichtig, dann die verschiedenen Lieferungen verschieden lagern zu lassen und aus den verschiedenen Lagern den Arbeitern wiederum einen verschiedenen Selhstkostenpreis anzurechnen. Was an dem Antrag Metzner berechtigt sei, stehe be⸗ reits in dem Gesetz. Wenn man weiter gehe, komme man zu Schwierigkeiten. Was mit den Worten „direkt oder indirekt ge⸗ sagt werden solle, sei nicht zu verstehen. Er bitte deshalb, auch diesen Antrag abzulehnen.

Abg. Freiberr von Stumm: Der Abg. Singer habe das Gegentheil von dem, was darin stehe, in seinen Antrag hineininterpretirt. Er bemängele die Kontrole; entweder sie sei schon jetzt genügend, oder, wenn sie das nicht sei, gebe es keinen Grund, in der Richtung noch weiter zu gehen. Die Konsumvereine dürften nicht in der Weise protegirt werden, daß sie den kleinen Leuten Konkurrenz machten. In seinem (des Redners) Kreise gebe es keine Konsumvereine. Aber es lasse sich nicht leugnen, daß sie im Uebrigen ganz nützliche Ein⸗ richtungen gerade für die Arbeiter seien. Wenn die Sozialdemo⸗ kraten berböten, in einem bestimmten Lokal zu kaufen, in die Phil⸗ harmonie zu gehen (Heiterkeit), so sei dies eine ärgere Sklaverei, als wenn ein Arbeitgeber nur den Hinweis gebe, daß der Arbeiter in einem Geschäft besser kaufe, als in dem andern. Die Sozialdemo⸗ kraten möchten den Fabrikinspektor sonst gern ausspielen gegen den Arbeitgeber. Sollten aber hier ihm Befugnisse zugewiesen werden, um praktische Srleichterungen herbeizuführen, so heiße es: Das ist Polizei! Die Lohnzahlungstermine würden sich nicht immer so durch⸗ führen lassen, wie der Abg. Auer es beantrage; z. B. in solchen Betrieben, wo Generalakkorde beständen und erst der Gesammtlohn der Arbeiter und dann der des Einzelnen ausgerechnet werden mässe, müsse die Ausjahlung in den Händen eines Kassirers bleiben, und danach seien kurze Lohntermine undurchführbar. Uebrigens liege oft den Arbeitern selbst nichts an so kleinen ee, , , . son⸗ dern die Leute wollten ihr Geld erst monatlich haben und es nach Hause tragen. Wo Ausnahmen nöthig seien, könnten sie ja nach dem Vorschlage der Kommission durch Ortsstatut eingerichtet werden. Durch Annahme der Kommissionsvorschläge werde man dieselben Zustände erreichen, die in der Schweiz unter Zustimmung aller Be⸗ theiligten seit langer Zeit beständen. .

Abg. Möller: Der zweite Theil des Antrages Gutfleisch empfehle sich aus mehreren praktischen Gründen; in der Konfektion, in der Schuhmacherei und in vielen anderen Industrien gehe es nicht anders zu machen, und wenn die Preise von den Arbeitgebern zu hoch normirt würden, so würde durch richterliche Erkenntnisse Re⸗ medur geschaffen werden. Billiger als der Arbeiter das Material im Laden kaufe, brauche es ihm der Arbeitgeber auch nicht zu geben, weil sonst häufig Fälle eintreten könnten, daß der Arbeiter das Ma⸗ terial verkaufe. Die Anträge Auer, betreffend die Lobntermine, seien in vielen Fallen nicht durchführbar und würden viele Ausnahmen nöthig machen. Der Abg. Metzner habe Fälle angeführt, in denen die

Abzüge den ganzen Lohn absorbirt bätten, aber er habe nickt gesagt, aus einer wie großen Anzabl von Lohnzetteln er diese Fälle ent⸗ nommen habe, und er bekämpfe auch nicht, daß oft ein Arbeiter die Einkäufe für eine ganze Reihe von Arbeitern beferge. Er bitte also, die Anträge Gutfleisch und mit ihnen die Anträge der Kommission an junehmen. =.

Abg. Dr. Schaedler: Er müsse sich gegen den Antrag Metzner erklären, denn wenn er auch jedem Arbeiter das Recht gebe, zu kaufen, wo er wolle, so sei dies schon durch andere Bestimmungen des Ge⸗ setzes genügend gewahrt. Diejenigen Punkte möchte er aus den An⸗ trägen Metzner heransnebmen, in welchen gegen die Zulässigkeit der Fession von Forderungen auf den Lohn bingewiesen werde. Er be—⸗ 2. sich also deshalb für die dritte Lesung einen dahin gehenden An-

ag ror.

Die Diskussion wird geschlossen. Abg. Metzner zieht seinen Antrag zurück.

Die Anträge Auer werden abgelehnt, die Kom⸗ missionsfassung mit den von den Abgg. Dr. Gutfleisch u. Gen. beantragten Aenderungen angenommen.

Um 5 Uhr wird die Weiterberathung auf Dienstag 1 Uhr vertagt.

Haus der Abgeordneten. 40. Sitzung vom 23. Februar 1891

Der Sitzung wohnen der Minister der geistlichen 2c. Ange— legenheiten Dr. von Goßler, der Minister des Innern Herrfurth und der Finanz-Minister Dr. Miquel bei.

Die zweite Berathung des Einkommensteuer⸗ gesetzes wird fortgesetzt, und zwar bei den 35. 84 und Sh, welche von der Verwendung der zu erwarienden Mehrerträge handeln, und den dazu gestellten Anträgen; verbunden ist mit dieser Debatte die zweite Berathung des Gesetzentwurfs wegen Aenderung der lex Huene, wonach 20 Millionen Mark aus diesem Gesetz für Volksschulbauten zur Verfügung gestellt werden sollen. Die Volksschulgesetziommission beantragt, die Mehrerträge der Ein⸗ kommensteuer für diesen Zweck zu verwenden.

Abg. Graf zu Lim burg⸗Stirum:; Die §5. 84 und 85 ge⸗ börten eigentlich garnicht in dieses Gesetz binein. Es sei aber wünschenswerth, daß über die weiteren Ziele der Steuerreform etwas sestgestellt werde. Wenn der Antrag seiner Partei besage, daß sie die Aufhebung der Grund. und Gebäudesteuer wünsche, so beiße das, daß sie die Srund⸗ und Gebäudesteuer als Staalssteuer nicht wünsche, sie solle den Gemeinden überwiesen werden und der Staat solle durch Zuschläge das fundirte Einkommen aus dem Grundbesitz treffen. Die Vertheilung der Mehrerträge nach der Grund und Gebãudesteuer allein sei nicht richtig; dadurch würden die ärmeren Landestheile des Ostens allju sehr benachtheiligt werden. Das habe man bei der Beratbung der lex Huene schon geltend gemacht. Es komme nicht darauf an, daß vom Staat möglichst viel gefordert werde, wie dies die meisten Anträge thãte . Die Gemeinden könnten zufrieden sein, wenn ihnen aus den Mebrertrãgen feste Umberweisungen gegeben würden statt der vielleicht heren aber schwankenden Ueberweisungen aus der lex Huene. Die Mehreinnahmen aus der Finkommensteuer brauche man vielleicht später für die Staatsausgaben. Redner spricht sich gegen jede so⸗ fortige Ueberweisung aus, weil es schwer sei, die Sache nacher wieder rückgängig zu machen. Bedenklich sei es, den Ueberweifungsmaßstab jetzt jo nebenbei festzustellen. Weniger bedenklich sei die Entnahme der Gelder für Schulbauten aus den Mehrerträgen; denn diese Ent— nahme erfolge nur einmal, Aber auch dadurch werde der weiteren Steuerreform präjudizirt. Er bedauere, daß er der Schul verwaltung nicht entgegenkommen könne, aber das Haus sei nicht schuld an der Häufung der Vorlagen, und man müsse bei der augenblicklichen Sach⸗ laze die Interessen der Steuerreform in die erste Linie stellen. Daß die Mehrerträge verwendet werden sollten zur Erleichterung der kleinen und mittleren Einkommen, erscheine ihm falsch; richtiger wärde es sein, Einen Unterschied zu machen zwischen dem fundirten und unfundirten Einkommen. Am Meisten nähere sich dem Standpunkt seiner Partei nur der Antrag Hobrecht. Vielleicht würde es gut sein, den Fonds, der sich in den ersten beiden Jahren ansammele, zur außerordenklichen Schuldendeckung zu verwenden, bis 1394 die Ueberweifung durch be⸗ sonderes Gesetz erfolge. Die von dem Abg. Rickert beantragte Quotisirung sei eine politische kata morgana, auf die sich keine Re⸗ gierung einlassen könne, weil sie vom politischen Standrunkt aus betrachtet ein Messer ohne Heft und obne Klinge sei. Die Quoti⸗ sirung sei der Anfang einer parlamentarischen Regierung; diese Quoti⸗ sirung werde angewendet werden, um mißliebige Minister zu be seitigen und angeneh nie ans Ruder zu bringen. Seine lange parla⸗ mentarische Thätigkeit habe ihn nicht überzeugt, daß ein solches Verfahren im Interesse des Staats liege. Denn für die Leitung des Staats seien nicht die Berufsparlamentarier ge= eignet, sondern nur die Männer, welche in einer Verwaltung gennbeitet. Seine Partei werde sich der parlamentarischen Herrschaft immer widersetzen; die Initiative unserer Könige sei immer das Beste für unlseren Staat gewesen. Finanziell sei es gar nicht gerechtfertigt, die Quotisirung einzuführen, denn es werde große Unzufriedenbeit erregen, wenn man in dem einen Jahre einen Theil der Steuer erlasse, in dem anderen Jahre dafür umsomehr erhebe. Der Abg. won Stablewski habe am Sonnabend gesagt, die Polengesetze seien einer krankhaften Margtte des Fürsten Bismarck entsprungen. Fürst Bismarck habe mit ihm diese Gesetze vorher besprochen, und er würde sich schäuten, wenn er diese Aeußerungen des Abg. von Stablewe ki unwidersprochen lassen würde, Die Grundzüge der Gesetze seien richtig gewesen, und jede preußische Regierung werde ebenso verfabren, wie Fürst Bismarck verfahren sei. (Beifall rechts.)

Abg. Freiherr von der Reck hält es für unrichtig, über die Ueberschüsse aus dem Gesetz zu verfügen, bevor sie da seien. Die Grundsteuer gebe zu den größten Ungtrechtigkeiten Veranlassung, weil sie vom Brutto⸗Ginkommen erhoben werde und das Steigen und Fallen der Preife nicht berücksichtige; noch ungerechter werde fie durch die Kommunalzuschläge. Redner empfiehlt, die ganzen beiden Paragraphen fallen zu lassen.

3. Awg, Rickert: Es handele sich bier um die Entscheidung, os die Volle vertretung Steuern bewilligen wolle, ohne die Verwendung der selben zu kennen. Cine gewiffenhafte Volksvertretung müsse das Geld solange in den Taschen der Steuerzahler lafsen, bis es gebraucht werde, Daber sei es unrecht, fünffeßn bis dreißig Millionen unnöthigerweise aus denselben herauszuziehen. Sein Eventual⸗ antrag und der des Abg. Fritzen verhinderten dieg. Die Erfahrungen mit den Verwendungegefetzen mahnten zur Vorsicht. Die lex . sei nach dem Scheiden des Urhebers von dem Ministerposten nicht so jur Ausführung gekommen, wie Or. Hobrecht es gewellt babe. In dem vorfiegenden Gesetze babe die Regierung das Geld zu jwei Reformen haben wollen, auch zur Er⸗ keicterung der mittleren und unteren Ginkommen. Das babe die Kommisston einfach gestrichen. Die ganze Frage sei eine Vertrauens frage. Wenn er auch zur Mehrheit der gegenärtigen Minister Ver⸗ trauen habe, so habe er doch keinz zun der Höehrbeit bier im Haufe, sie werde das Geld so agrarisch wie möglich verwenden. Der lex Huene bãtten die Minister nur mit sauren Gesichtern zu⸗ gestimmt. Jetzt ein Gesez über die Kommunalverbände Fami zu ver— binden, sei eine Kühnbeit. Diefem Programm: 4060 Millionen indirekte Steuern im Reich und kaum nennenswerthe Erlasse hier, stimme seine Partei nicht zu ohne die Klaufel ihres Antrages. Es bestehe keine Sicherheit, daß das Geld wirklich zur Gatlastung' der Steuer. zabler verwendet werde. Bedauerlich sei, zaß die Volksschuigesetz⸗ kommission in das Gesetz hineingefahren fei. Er wolle wohl Schul⸗ bauten bewilligen, es dürfe hierfür aber keine unbegrenzte Summe festgesetzt werden. In der vorliegenden Faffung fei das Geseß unan⸗

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nehmbar. Eine Erweiterung der Parlamentsrechte zu Ungunsten der Krone strebe seine Partei nicht an. Das zeige sich bei der Land— gemeindeordnung, wo sie der Krone ihr Recht geben wolle. Die Politit, mit den Steuern Schulden zu tilgen, sei schon bankerott geworden. Von diesem Standpunkt aus möge allerdings der Mangel einer Quotisirung eine erweiterte Macht der Frone sein. Hr. Miquel, der Minister des Königs, habe sich 1867 aber für die Quotisirung erklärt und sei noch 1857 bei dem Branntweinsteuergesetz dafür eingetreten. Eine Einigung über die Quotisirung sei durchaus nicht unmöglich; das Centrum, die Polen, viele Freikonservative würden wohl für eine solche Vorlage gestimmt haben. Sogar der Abg. von Gneist sage, daß der Mangel einer beweglichen Steuer eine völlig verkehrte Budgetbebandlung zur Folge gebabt babe. Die drag, sei in der That keine Parteifrane. Es werde jetzt viel von dumpfer Unzafriedenheit gesprochen, des balb weil man jetzt nicht mehr gegen die Reichsfeinde hetzen könne. Daß pon Unzufriedenheit keine Rede sein könne, bewerse die Ueberzeinung der Anleihe. wie sie in diesem Maße nicht einmal in Frankreich statt⸗ gefunden habe. Er schließe mit den Worten des Finanz⸗Ministers: Es wäre im Interesse aller Theile, auch der Regierung, wenn die Quotisirung zu Stande käme.“ Dahin gelange man doch einmal, wenn sie heute auch abgelehnt werde. (Beifall links.)

Abg. Graf Kanitz: Es handele sich hier nicht um eine Mebr—⸗

bewilligung, denn es handele sich um keine neue Steuer und auch nicht um die Erhöbung einer bestehenden Steuer, sondern um die Verbesserung eines unhaltbaren Einschätzungssystems. Was dakei berauskomme, sei ganz gleichgültig. Welche Steuerzahler sollten denn die fünfzehn Millionen Mark mehr aufbringen? Die Steuerzahler, welche sich bisber von der Struerzahlung gedruckt ätten; es handele sich nur um einen Att der ausgleichenden Gerechtigkeit. Aus den vierhundert Millionen Mark neuer Steuern solle nichts geleistet sein. Sei nichts geschebhen für die Verbesserung der Beamtenbesoldungen, für die Berbesserung des Zollwesens u. s. w.? (Zustimmung rechts.) Die Quotisirung habe er bis jetzt so verstanden, daß böchstens zwölf Monatsraten erboben werden könnten. Dez Abg. Rickeri's Generalbericht der Budgelkommission aus dem Jabre 1878 ergebe, daß auch mehr als zwölf Monats raten erhoben werden könnten. Das sei schon besser, aber was könne man damit für einen Effekt erreichen? Die Einkommen steuer mache nur 44 , der ganzen Einnahmen des Staates aus. Selbst wenn die Selbsteinschätzung eine Steigerung der Einkommensteuer auf 199 Millionen Mark berbeiführe, was könne man damit ausrichten? Man könne doch nicht den vier- oder fünffachen Betrag der Steuer erheben. Von den 1700 Millionen Mark des Etats entfielen mehr als 900 Millionen auf den Eifenbahn— Etat. Der Eisenbahn⸗Minister habe die Quotisirung in der Hand. Wenn mnan die Einkommensteuer quotisiren wolle, dann müsse man auch die Grund und Gebäudesteuer, die G:werbesteuer, die Eisen bahntacife und schließlich auch die Zolleinnahmen quotisiren. In anderen Staaten sei von der Quotisitung nar ein verschwindender Gebrauch gemacht worden. In England spiele die Quolisicung allexdinss eine größere Rolle, weil die Eiakommenstener einen er— heblichen Betrag der ganzen Staatseinnahmen ausmache. Mit Räck— sicht auf die Würde des Landtages bitte er, die Farce der Quotisicung bei Seite lassen zu wollen. (Zustimmung rechts) Gr vertrete hier keine agrarischen Jnteressen, sondern die Interessen des ganzen Volkes; Deshalb wolle er die Ueberschässe verwenden zur Erleichterung der Steuermahler, welche jetzt am Messten betroffen würden. Vor dreißig Jahren sei die Grundsteuer eingeführt werden; dies sei nur durch eine Gewaltmaßregel gelungen, durch einen Pairsschub von vierzig Mann. Er nehme keinen Anftand, zu erklären, daß die Befürchtungen, welche von Seiten der Landwirthschaft an Tieses Gesetz geknäpft worden seien, sich nicht verwirklicht hätten. Die bald nach dem Gesetze folgende Periode sei eine solche des größten Wohlstandes gewesen. Dazu babe die Unabhängigkeit der deutschen Landwirthschaft vom Auslande beigetragen. Der Konsument habe seine Nahrungsmittel nur vom deutschen Landwirth nehmen können, die Zrundsteuer sei auf ihn abgewälit worden. Diese günstigen Zustände seien geschwunden, als die Masseneinfuhr ausländischer Produkte ihren Anfang genommen habe, gegen Ende der siebziger Jahr?. Dadurch feien die Grundlagen der Grundsteuer verschoben worden; sie könne nicht mehr als Staatssteuer weiter bestehen, weil sie für die Steuerfähigkeit des Zensiten nicht mehr passe; denn sie sei eine Doppelbesteuerung für die verschuldeten Landwirtbe, welche ja die Mehrzabl bildeten. Die Gelder für die Ueberweisung der Grund. und Gebäudefleuer selen vorhanden, wenn man zu den Mehrerträgen der Esnkommenfsteuer die Gelder aus der lex Huene nekme. Wenn die Ueberweifung der Fsrund— und Gebäudesteuer an die Stelle der lex Huene trete, fo werde dadurch tbeilweise eine Bevorzugung der großen Städte eintreten. Darüber würde er aber hinwegseben, wenn es sich um eine große Refarm handele. Die Industrie sebe jetzt auch ein, daß der Ruln der Landwirthschaft ein Schaden für die Industrie selbst sein würde; deshalb wünsche man auch von industrieller Seite eine Beseitigung der Getreidezölle nicht, wie noch kürzlich ein großer Industrieller, Herr Vopelius, ausgeführt habe. Die Abgg. von Huene und Fritzen (Borken) ziehen ihre Abänderungsanträge (sofortige Ueberweisung der Ueber⸗ schüsse zum Zweck von Schulbauten an die Stadt- und Land— kreise) zurück.

Abg. Dr. Enneccerus: Seine politischen Freunde erkennten in der Quotisirung ein wertbvolles Mittel zur Erzielung der Spar samkeit, wenn ihre Bedeutung auch jetzt erbeblich vermindert worden sei durch die Verstaatlichunz der Eisenbahnen. Die Annahme der Quotisirung würde aber nichts weiter bedeuten als die Ablehnung der gegenwärtigen Vorlage. Die Vorlage habe, weil sie eine gerechtere Besteuerung herbeiführte, eine erbebliche politische Be⸗ deutung. Eine Ermäßigung der Ginkommensteuersätze werde die allseitig gewünschte Ueberweisung der Grund⸗ und Sebäudesteuer verhindern. Ehe diese Ueberweisung erfolgen könne, müsse man aber erst wissen, was überwiesen werde; deshalb solle zwei Jahre lanz ein Fonds angesammelt werden Er wünsche die weitere Steuerreform, weil nar dadurch die Ueberweisung der Realsteuern an die Gemeinden möglich werde, wodurch allein die kleinsten, vos der Staatssteuer freien Einkommen auch von den Gemeinden steuer— frei gemacht werden könnten. Deswegen sei jetzt von jeder so⸗ fortigen Ueberweisung abzusehen. Denn eine gründliche Reform sei nur möglich, wenn auch die Gelder der ler Huene unter Reform der Kommunalbesteuerung ur Ueberweisung verwendet würden. Nicht so bedenklich, wie eine provisorische Ueberweisung nach irgend einem Maßstabe sei die Verwendung des Fonds für Schulbauten, welche sich als dringend nothwendig herausgestellt hätten. Ein schematischer Maßstab därfe dafür nicht angelegt werden, denn das Bedürfniß sei in den verschiedenen Landestheilen sehr verschieden. Besser würde es allerdings sein, diese Mittel gus allgemeinen Staatsfonds zu nehmen, zumal jetzt, wo man 102 Millionen Ueberschuß zur Schulden⸗ tilgung verwendet habe. Aber er sei im Notbfalle auch bereit, diese 20 Millionen für Schulbauten aus den Ueberschüssen der Ein kommensteuer zu entnehmen. Wenn in zwei Jahren ein Ueber⸗ weisungsgesetz nicht zu Stande gekommen sei, so solle nach §. die Mehreinnahme zur Erleichterung der Einkommensteuer verwendet werden. Dadurch werde die Ueberweisung der Grund⸗ und Gebäude⸗ steuer gefährdet; denn Alle, die kein Interesse an der letzteren hätten würden für die Frleichterung der Cinkommensteuer eintrẽten. Des hall sei die Ueberweisnng der Grund und Gebäudesteuer schon jetzt in Aus. sicht zu nehmen; denn es könnte doch möglich sein, daß weder Über die Form noch über das Maß der Ueberweisung sich ein Eiaverständniß er⸗ gebe. Seine Partei wolle nicht die Ueberweisung der Grund⸗ und TVebäudesteuer berbeiführen und daneben die lex Huene bestehen lafsen. So boch würden die Mehrerträge gar nicht sein; man müsse sebr zufrieden sein, wenn die ganze Grund⸗ und Gebäudesteuer überwiesen werden könne. Erst wenn diese Ueberweisung erfolgt sei, werde vielleicht eine Quotisirung für den Überschießenden Betrag noth⸗ wendig sein.

Abg. Dr. 3 Windthorst: Das Programm der Regierung sei

so folgenreich, daß er die Verantwortlichkeit dafür allein der Regie⸗ rung überlafsen müsse. Er sei des balb gesonnen, für die Vorlage zu stimmen, wenn nicht noch weitere Hindernisse bereitet würden und wenn einige Bedenken ihre Erledigung finden sollten. Von diesem Standpunkte aus betrachte er auch diesen Paragraphen. Er be⸗ dauere, daß der Finanz ⸗Minister diese Vorlage habe verquicken lassen mit anderen Fragen, die nicht bierber gehörten, namentlich daß die Schul verhältnisse hier hineingszogen seien. Von der Ueberweifung der balben Grund und Gebäudesteuer sei bisher nur die Rede gewesen. (Zuruf rechts: halben? Mehr werde es auch nicht werden, denn der Kultus Minister, der mit der Einkommensteuer gar nichts zu thun habe, sei bier anwesend, um den Verlauf zu beobachten. (Heiterkeit) Den Streit über die Quotisirung, der in Preußen noch mit der alten Lebhaftigkeit fortgeführt werde, be— greife er gar nicht. Wenn man von dem autokratischen Regiment zum konstitutionellen System übergegangen sei, sei die Quotisirung von selbst gegeben. Er glaube Ursache zu kaben, anzunehmen, daß bei der gemeinsamen Berathung deutscher Finanz⸗Minister der preußische allein sich gegen die Quotisirung ausgesprochen habe. Wenn sie durchgeführt werden könne, werde er die Quotistrung befürworten; sie könne auf die Dauer nicht abgewntsen werden. Der Fiaan⸗ Minister selle die Sache in Erwägung ziehen und das Haus über diesen Streit binwegfübren. Der 5. S5 enthalte ein Stäck der Quotisirung. Wenn er heute nicht für den Antrag Rickert stimme, so liege das daran, daß die Regierung heute nicht in der Lage fei, den Antrag anzunehmen; die Annahme des Antrags würde alfo die Ablehnung des Gesetzes bedeuten, welche er nicht verantworten könne. Denn die jttzige Einschätzung sei keine gerechte, ein Aus— gleich sei dringend nothwendig. Das Jesetz finde von Tag zu Tag mebr Gegner, weil die Diskussionen des Hauses mehr Und mehr Jedem klar zum Bewußtsein brächten, wie viel er mehr zu zahlen baben werde. (Heiterkeit) Welchen schlechten Eindruck würde die Ablehnung machen in dem großen sozialen Kriege, den man zu fübren habe. Er habe die Furcht, daß die Art und Wässe, wie bier darüte debattirt sei, wo die Spezialinteressen zur Sprache gekorimen selen, den Geg⸗ nern reichlichen Stoff gewähren werde. Man werde agen, daß „hie Agrarier bie Freihändler!“ auch in dieser Frage das Felzgefchrei gewefen . Es handle sich darum, ein Steer ystem einzuführen, gegen welches die Sozialdemokratie begründete Einwendungen nicht erheben könn; das müsse man bei allen Schritten im Auge behalten, auch bei der Ver⸗ wendung der Steuerüberschüsse. Es sei eine asg; neue Einkommen- steuer, eine Grundlage für die weitere Reform, eine Quelle, aus welcher erhebliche Mehreinnahmen fließen sollten. Die Schreierig⸗ keiten des Gesetzes seien gewachsen durch allerlei Zwecke, welche man mit diesem Gesetze in Verbindung gebracht habe. Der Finasj⸗ Minister hätte alle solch neue Zaccke von sich weisen follen; daß er die Forderung für die Schule nicht zurückgewiefen, sei ze— denklich; es sei eine sehr gefährliche Gefälligkeit für seinen Nebenmann. (Heiterkeit Die Mehrüberschüsse follten verwendet werden für dag, worn sie bestinmt feien, für die Ueberweisung der FBrund und Gebäudesteuer, wie es der Antrag Sperlich verkange. Sollte dieser abgelehnt werden, so werde er seine ganze Kraft auf die Vorlage konzentriren. Die Ve ng der Mittel zu Schul⸗ zwecken werde die äußerste Miß herbeiführen, denn die Gemeinden, welche für ihre Schulbaut enügendes geleistet hätten, würden durch diese Verwendung benachtheiligt. Der Kultus. Minister

solle 29 Millionen Mark aus der Cinkommenstener vorweg nehmen. Es sei bedenklich, daß eine Kommission, die eine ganz bestimmte Auf— gabe habe, einen solchen Vorschlag gemacht habe. Daju habe ie gar keinen Beruf und auch keine Qualifikation gehabt. Heiterkeit) Anklang .

Er glaube nicht, daß der Antrag der Schulkommission finden werde. Er würde gewünscht baben, daß die ande träge auch zurückgezogen würden. Wenn für Schul bauten keine Gelder vorhanden seien, möge die Regierung sie auf dem gewöbhmichen Wege verlangen. Ueberhaupt solle man die Steuerreforn' mit diesen Dingen nicht verquicken. (Beifall im Centrum)

Mmister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr, von Goßler:

Meine Herren! Der verehrte Herr Vorredger hat auf die That— sache hingewiesen, daß ich der zweiten Berathung des Einkommen steuergesetzes belwohne, und hat die Thatsache befremdend gefunden, weil ich vermöge meines Ressorts mit dem Steuecreformplane nichts zu thun hätte. Ich kann in gewisser Beziehung diesen Ausführungen beitreten, aber ich muß doch die Erklärung der Thatsache wesentlich auf seine eigene Thätigkeit in der Kommission zurückführen, welche den Gesetzentwurf, der bekannt ist unter dem Namen der Novelle zur lex Huene, zum Scheitern gebracht hat. Wenn er mit seinen Freunden für die Regicrungsgorlage eingetreten wäre, so wäre ich allerdings um das Glück gekommen, den heutigen Verhandlungen bei⸗ zuwohnen, und namentlich würde ich die 20 Millionen Mark gerettet haben für ein Bedürfniß, welches ich als ein außerordentlich dringendes Bedürfniß bezeichnen muß. Ich fasse die Situation, in der ich mich befinde, so auf, daß die Interessen, die ich vertrete, Interessen der ärmsten Kreise des Landes, so wichtige sind, daß, so lange ich die Hoffnung habe, auch nur eine einzige Mark für die Befriedigung des Bedürfnisses zu erhalten, ich alle meine Kräfte einsetzen werde und Alles thun werde, um das Berürfniß der Befriedigung entgegenzuführen. Es ist durch—⸗ aus nicht der Wunsch der Königlichen Staatsregierung gewesen, daß diese Vorlage in der Kommission gefallen ist, und es ist durchaus nicht der Wunsch der Königlichen Staatsregierung gewesen, hier bei diesen 58. 84 und 84a dieses Interesse des Schulressorts zu ver— treten. Aber, meine Herren, die Beschlüsse der Kommission baben dazu geführt; sie sind insofern wohlwollend, als die Kommission sich überzeugte, daß in Bezug auf das Gebiet des Schulbaues ein Bedürfniß allerdings vorhanden sei, daß sie aber nicht auf den Weg getreten ist, den die Königliche Staatsregierung zur Befriedigung dieses Weges und zur Beschaffung der Mittel erhofft und vorgeschlagen hatte, und diese Beihülfe nicht gewährte. Nun soll versucht werden, für einmalige Bedürfnisse einmalige Ueberschüsse bereit zu stellen.

Das mag von einem gewissen hohen finanzpolitischen Stand punkte aus etwas auffällig erscheinen; aber vom Standpunkte einer mit wichtigen, konkreten Landesinteressen betrauten Kommission ist es sehr wohl verständlich, und ich möchte daran erinnern, daß, als die Beschlüsse der Kommission gefaßt wurden, der Bericht der Kommis⸗ sion fär das Einkommensteuergesetz bereits vorlag, auch deren Proto⸗ kolle, und daß man aus den Berichten und den Protokollen ersab, daß dieses Zuhülfekommen der Unterrichts verwaltung in Bezug auf das Schul⸗ baubedürfniß durchaus auch in der Einkommensteuerkommission selbst zur vollen Würdigung und zum Verständniß gekommen war. Anträge waren dort in der Minderheit geblieben, in der Volksschulgesetz⸗ kommission, der Sie die Novelle zur lex Huene überwiesen batten, fanden sie die Mehrheit, und ich glaube, die letztere Kommission war wohl legitimirt und sie erscheint in meinen Augen vollkommen berufen, auch diese Frage zu erörtern.

Ich wiederhole, meine Herren, es handelt sich um ein einmaliges Bedürfniß, nicht um ein Bedürfniß, welches mit dem gegenwärtig in der Kommissisn zur Verhandlung stebenden Volksschulgesetz zusammen⸗ hängt, es handelt sich um die Tilgung eines Passivums. Dieses Passivum, meine Herren, ist mir kein neues. Ich habe, ohne in die Oeffentlichkeit zu treten, im Jahre 1882 schon eine Liquidation auf-

gestellt, die mit ähnlichen Zahlen zu rechnen hatte, und ich habe, wie