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das Recht, ein Urtbeil darüber abzugeben. Man frage die Arbeiter, dabei betheiligt sind, ob sie diese Einrichtung für eine Knechtung für eine Heuchelei halten. Alljährlich gehen bei der Direktion cbrücken Hunderte von Eingaben ein, in denen dringend darum gebeten daß ihnen dieses Benifizium zum Hausbau zu Theil werde. Es men nicht alle Gesuche befriedigt werden, weil dazu die Mit:el feblen. Fragen Sie die Arbeiter dort, ob sie wirklich damit einverftanden sein würden, daß die Bergwerksverwaltung heute diese Einrichtung ohne Weiteres fallen läßt! Das Urtheil derer, die was von der Sache verstehen, der Arbeiter nämlich, würde anders ausfallen, und deshalb, wenn der Hr. Abg. Bebel gesagt hat, er babe oͤffentlich dargethan, das diese Woblfahrtseinrichtungen nichts seien als Knechtung der Arbeiter und Heuchelei, so erwidere ich ihm: Bebauptet hat er viel, dargethan hat er nichts. (Lebhaftes Bravo! rechts.)
Abg. Freiberr von Stumm: Der Abg. Bebel habe einmal deutlich bewiesen, daß es den Sozialdemokraten ankomme, die Interessen der Arbeiter zu fördern, sondern * Intereffen der Partei. Wenn der Abg. Bebel sogar die Sparkassen der Arbeiter perborreszire, so beweise das wiederum, was die Herren auch hundert Mal ausdrücklich ausgeführt hätten, daß sie richt die Zufriedenheit der Arbeiter herbeiführen, sondern deren. Anforderungen ünmer weiter in die Höhe schrauben wollten. Die Bebanvtung des Abg. Bebel, daß die Gebrüder Stumm Arbeiter entlasten hätten, weil fie gewissen Bestrebungen huldigten, habe vor allen Dingen mi der Wohnungsfrage nichts zu thun; es sei keinem Arbeit wegen die Wohnung gekündigt worden. Er (Redner) kalte Grundsatz fest, keinen Arbeiter zu beschäftigen, der sich der demokratischen Bewegung anschließe. Glücklicherweise sei. dortige Arbeiterbevölkerung bis jetzt von den Schäden dies⸗ bungen so überzeugt, daß es nicht nötbig sei, Arbeiter za e Die Maßregel richte sich also nicht gegen die Arbeiter selhst gegen die Aaitatoren, welche in die Reiben der Ärbeiter einzu versuchten. Die sozialdemokratische Agitation im Saatrevier ein klägliches Ende genommen. (Beifall rechts.)
Abg. Bebel: Der Handels⸗Minister bejweifele iner (des Redners) Angaben über das Verhalten zergwerksdirektion in Saarbrücken. Das betreffende der Direktion habe w
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der Feundalabsolutismus Das s, als das politische Recht des Arbeiters, er vollständig untergraben. Heute sei an S die Schäden eigefũ 2
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Staats⸗-Minister Freiherr von Berlepsch:
Meine Herren! Der Abg. Bebel hat bemerkt, daß aus Thatsache, daß die fiskalische Grubenverwaltung Arbeiter wieder an— genommen hat, die sich des Kontraktbruchs schuldig gemacht batten, das Eingeständniß zu folgern sei, die Mißstände im Saargebiet seien derartige gewesen, daß die Arbeiter zur Arbeits · niederlegung mittels Kontraktbruchs genöthigt gewesen seien. Melne Herren, dieser Schluß ist falsch; wenn die fiskalische Berg⸗ verwaltung Arbeiter wieder angenommen hat zur Arbeit, Lie unter Kontraktbruch die Arbeit niedergelegt hatten, so ist das jedenfalls in der Erwägung geschehen, daß der größere Theil der betreffenden Arbeiter den Kontraktbruch in einer Zwangslage begangen bat, nicht aber in einer Zwangslage, die durch die fiskalische Bergverwattung herbeigeführt ist, sondern durch die Agitatoren und Treiber zum Strike, (Hört! bört! rechts), die ibre Genossen in jeder Weise ge— nöthigt haben, sich dem Kontraktbruch anzuschließen. Das war der Grund, und deshalb konnte sie meines Erachtens über die Tbatsache binwegsehen, daß sie den Kontraktbruch begangen batten. Hr. Bebel bat ferner bemerkt, daß es sehr begreiflich oder vielleicht nothwendig gewesen, daß die Arbeiter die Arbeit mittels des Kontraktbruches niedergelegt hätten, weil die Kündigungs- frist in dem Bergrevier eine übermäßig lange sei. Die Kũndigungs⸗ frist beträgt 14 Tage. Meines Grachtens hat Hr. Bebel mit dieser Behauptung bewiesen, daß er von den thatsächlichen Verbältnissen außerhalb der Orte, wo er der Agitation wegen sich aufzuhalten ge⸗ nöthigt ist, keine Ahnung hat. (Bravo! rechts.)
Abg. Leuschner: Wenn der Abg. Bebel mit den Bergleuten bekannt wäre, könnte er nicht dagegen sein, daß die Staatsbehörde in Saarbrücken den Leuten Gelegenheit gebe, sich möglichst billig anzubauen. In anderen Bezirken werde mit der größten deiden · schaftlichkeit dahin gewirkt, daß die Arbeitgeber Kapital beibrächten, um den Leuten Wohnungen zu bauen. Er (Redner) sei in den Berg revieren viel genauer bekannt als der Abg. Bebel und wisse, daß die vernünftigen Leute sich durch die Agitatoren nicht beeinflussen ließen und nichts von sozialdemokratischen Prinzipien wissen wollten; denn sie hätten gesunden Menschenverstand genug, um zu wissen, wohin das fübren würde. Man könne Bergbau nicht ohne eine gewisse Ordnung treiben, und diefe Disziplin untergrabe die sozialdemokratische Partei mit ihren ewigen Bestrebungen, die Unzufriedenbeit der Arbeiter zu erregen. Arbeitgeber, die dem entgegenfräten, verdienten den Dank des Vaterlandes. Es werde sich Niemand das Fell über zie Obren zieben lassen, bloß weil die Sozialdemokraten es wollten. Die Maß zeln der Arbeitgeber richteten sich nicht gegen die Arbeiter, sondern
⸗ ber dagegen vorgegangen werde. 265 schen Irrlehren bald von den Arbeitern als solche erkannt
Abg. Roesicke: Ein großer Theil der Wohlfahrtseinrichtun gen die Arbeiter, wenn auch nicht alle, mache dem deutschen Namen re und sei ein schönes and beredtes Zeugniß für die Huma—⸗ Arbeitgeber. Zu den Kosten der Wohlfahrtseinrichtangen
die Arbeiter vielfach selbst herangezogen werden, um das baben, darüber mitzusprechen, und um kein Almosen ju er—
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un den Worten „Fesseln, Knechte Biete er dem WMbeiter Vortbei 1 Betrieb einzuflößen, so tbue er etwas Gutes und erhalte sich if die Dauer gute und brave Arbeiter. Der Abg Bebel jübre für die politische Unfreibeit der Arbeiter nur einige wenige Beispiele an. Die politische Freibeit der Arbeiter bestehe unbedingt in der großen Mebrjabl der Betriebe. Wäre das nicht der Fall, so würden die 17 Millionen sozialdemokratischer Wäbler ja keine Arbeit mehr finden. Wenn der Abg. Bebel gegen alle Wohlfahrtseinrichtungen sei, so frage er (Redner) ihn: solle etwa dem Arbeitgeber verboten sein, Badeanstalten, Handarbeitsschulen, Kleinkinderschulen iu errichten, Sparkassen zu gründen, welche sogar einen erheblich höheren Zins fuß zablten als andere Sparkasfen? Meine der Abg. Bebel, die Arbeiter könnten nicht sparen, so solle er sich nur in den ein zetrieben umsehen, der Durchschnitt der Sparer sei ganz er— Der Abg. Bebel babe nicht ein einziges Mal gesagt, wie it der Wohnungsfrage machen wolle in Gegenden, wo der Arbeiter sonst keine Wohnung finden könne. Durch Vermehrung der Woblfahrtgeinrichtungen werde der Sozialdemokratie der wirksamste Abbruch geschehen können. Er (Redner) weise ganz entschieden die Denunziation zurück, daß alle Arbeitgeber die Wohlfahrtseinrich⸗ tungen nur träfen, um die Arbeiter zu knechten, ö Abg. Freiberr Son Stumm: Gerade weil das Sozialistengesetz nicht erneuert sei, hätten die Arbeitgeber die heilige Pflicht, im Selbstbülfe das anzustreben, was der Staat bisher er— . Nicht um volitische Ueberzeugungen handele es sich hier, rum, ob der Arbeitgeber Leute in seinem Betriebe dulden hm bei jeder Gelegenheit den Hals abschneiden könnten. Bebel möge sich bei seinem Freunde Liebknecht er Gebe es eine größere Knechtung,
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, obwohl doch ohne die Lohnregulirung durch den Staat ihr zes Gebäude zusammenfalle, so sei dieses Einziehen der Krallen nichts weiter als Heuchelei.
Abg. Bebel: Seine Partei habe gar nichts dagegen, wenn der Arbeitgeber auf eigene Kosten Wohlfahrtseinrichtungen einführe. Einrichtungen dagegen, zu deren materieller Unterstützung die Ar— beiter gezwungen würden, schmeckten sebr nach Unterdrückung und Aus nutzung. Wenn die Abgg. Leuschner und Freiherr von Stumm, deren geschmackvolle Redewendungen sich mit mehr Recht auf die Arbeitgeber
auf die Arbeiter anwenden ließen, wirklich die Ueberzeugung
daß ihre Arbeiter den sozialdemokratischen Agitatoren gegen⸗ so gewappnet seien, warum böten sie denn bei
Gelegenheit ihre ganze soziale Macht auf, um die
Sozialdemokratie aus den ihrem Kommando stehbenden zi zu verdrängen? Was einmal der General⸗Sekretär lvereins deutscher Großindustrieller erklärt habe, gelte auch zeiter habe zu stimmen, wie sein Unternehmer es ver— lange. Das sei ein Fabrik. und Industriefeudalismus, wie ihn in anderer Form nur das Mittelalter gekannt habe. Wenn der Handelẽ⸗ Minister erklärt habe, man gehe nur gegen die sozialdemokratischen Agitatoren in den Staatswerkstätten vor, so widersprächen dem eine Königlich baverische Fabrikordnung und die der Kaiserlichen Marine in Kiel, auf die er (Redner) später eingeben werde, nach welchen Jeder, der sich an einem sozialdemokratischen Berein betheilige, oder sogar bei einem solchen Verein oder Fest zu Gaste sei, aus der Arbeit zu entlassen sei, und war sofort. Solche Maßregeln seien darauf zugeschnitten, den Arbeiter mundtodt und rechtlos zu machen.
Damit schließt die Diskussion. Der Antrag Auer wird abgelehnt und 8. 117 unverändert in der Fassung der Kom— mission angenommen. . .
5. 1192 bestimmt im ersten Alinea: Lohneinbehaltungen, welche von den Gewerbeunternehmern zur Sicherung des Er— satzes eines ihnen aus der widerrechtlichen Auflbsung des Arbeitsverhälinisses erwachsenden Schadens ausbedungen werden, dürfen bei den einzelnen Lohnzahlungen ein Viertel des fälligen Lohnes, im Gesammtbetrage den Betrag eines durchschnittlichen Wochenlohnes nicht übersteigen.
Absatz 2 überläßt statutarischer Regelung einer Ge— meinde oder eines weiteren Kommunalverbandes für alle oder gewisse Gewerbebetriebe 1) die Festsetzung fester Fristen für die Lohn- und Abschlagszahlungen, die Fristen dürfen nicht länger als einen Monat und nicht kürzer als eine Woche sein; 2) die Zahlung des Lohnes der minderjährigen Arbeiter an die Eltern und nur mit deren schriftlicher Zustimmung an die Minderjährigen selbst; 3) die Verpflichtung der Gewerbe— treibenden zur Mittheilung der den Minderjährigen gezahlten Löhne an die Eltern oder Vormünder innerhalb gewisser Fristen.
Die Sozialdemokraten (Abgg. Auer u. Gen.) beantragen die Streichung des 8 1192. Die Abgg. Dr. Gutfleisch u. Gen. wollen die Bestimmung des ersten Absatzes auch auf die Konventionalstrafen ausdehnen, welche für den Fall des Eintritts eines solchen Schadens verabredet werden.
Die Velkspartei (Abgg. Dillinger, Hähnle, Payer, e ger wollen die Ziffern 2 und 3 des zweiten Absatzes streichen.
Abg. Dr. Hirsch beantragt endlich folgende Reso— lution:
Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, Behufs Förderung der Wirthschaftlichkeit unter den Arbeitern dahin zu wirken, daß in den Betrieben des Reichs und der Bundesstaaten Abschlagsjahlungen des verdienten Lohnes wöchentlich, die Abrechnung desselben, soweit möglich, spätestens vierzehntägig erfolgen.“
Abg. Paper befürwortet den Antrag der Volkspartei. Seine Partei halte die von ihr angefochtenen Bestimmungen für eine ganz ungewöhnliche gesetzgeberische Maßregel, welche weder in der österreichischen, noch der schweizerischen Gesetz« gebung einen Vorgang habe. Ein sonderbares Wohlwollen“ gegen die minderjährigen Arbeiter! Der junge Arbeiter werde da—⸗ durch tbatsächlich gezwungen, durch ein Taschengeld seine Bedürfnisse zu befriedigen. Wenn diese Maßregel so verständig sei, warum habe man sie nicht auch für die jungen Kaufleute, ländlichen Ar
beiter und Dienstbolen eingeführt? Man sollte überhaupt diese Frage nicht mit dem gegenwärtigen Gesetz verquicken. Wolle man für eine bessere Erziehung der Arbeiter sorgen, so bringe man darüber ein besonderts Arbeitererziehungsgesetz, dann könne man darüber weiter reden. Durch eine derartige Bestimmung werde nicht bloß der Minderjäbrige, sondern auch der Unternehmer außerordent⸗ lich getroffen Es entstünden unnöthige Schreibereien und Be⸗ lästigungen, die einen praktischen Werth nicht hätten. Das schriftliche Einzerständniß des Vaters werde verlangt. Häufig wisse aber der minderjäbrige Arbeiter gar nicht, wo sein Vater sich aufbalte. Und wenn der Vater sage: ich gebe überhaupt nichts Schriftliches von mir? Ausgezahlt müsse doch der Lobn jedenfalls werden. Das sei ein Konflikt, aus dem sich der Arbeiter nicht leicht durch eine Hinterthür retten könne. Eine solche väterliche Zustimmung werde auch beglaubigt sein müssen, damit der Fabrikant sicher sei, daß sie auch recht sei. Die Nothwendigkeit der schriftlichen Zustimmung biete auch die Verlockung zu Fälschungen. Die Kommission babe sich mit einer gewissen Vorsicht um ihren eigenen Vorschlag herumgedrückt, sie habe davon abgesehen, selbst solche Bestimmungen zu treffen; der Bundesrath, an den man sich sehr häufig in solcher Verlegenheit ge= wendet habe, ebenfalls; man habe die Bestimmung der Gemeinde und dem größeren FKommunalverbande überlassen. Glaube man, daß irgend eine Gemeinde oder: ein größerer Kommunalverband die Be⸗ stimmung ins Leben rufen werde? Was die Kommission, der Reichstag und der Bundesrath nicht verantworten wollten, würden auch die Ge⸗ meinden nicht vertreten wollen. Er habe den Eindruck: man treibe bei diestn Bestimmungen eine liebenswürdige Koketterie mit der Stärkang der väterlichen Autorität; in der Praxis werde Alles beim Alten bleiben. Dann sollte man sich mit einer Resolution begnügen. Sei eine solche Bestimmung im Gesetze aber enthalten, so habe man nicbt die Garantie, daß nicht doch eine Gemeinde davon einmal einen gefährlichen Gebrauch mache. Wolle man die Resolution nicht. so streiche man die Bestimmungen ganz. Die Zustimmung der Arbeiter⸗ kreise zur Arbeiterschutz⸗Gesetzgebung werde man durch solche Be⸗ stimmungen nicht erzielen; die Klassengegensätze würden dadurch eher verschãrft. (Beifall links)
Abg. Molkenbuhr: Die Lohnabzüge seien beutzutage nicht allgemein, sondern Ausnahmen. Werde dieser Paragraph Gesetz, so werde der größte Theil der Arbeitgeber zu Lohnabzügen greifen. Das Recht, einen solchen Lohnabzug zu machen und bei sich zurück—⸗ zubebalten, beite nichts Anderes, als durch Gesetz dem Arbeitgeber das Recht einräumen, eine Zwangsanleihe von 60 Millionen Mark bei den Arbeitern zu machen, obne Verpflichtung für den Arbeit⸗ geber, das Geld sicher zu stellen oder dafür Zins zu zahlen. Was würde gesagt werden, wenn seine Partei verlangte, daß die Arbeit⸗ geber verpflichtet sein solten, dem Arbeiter einen Wochenlohn als Vorschuß zu geben? Diese Anleibe solle doch nur den Zweck haben, den Arbeitgeber für den Fall des Kontraktbruchs des Arbeiters schadlos zu halten. Die Bestimmung werde motirirt mit der bekannten Strikestatistik. Aus derselben gehe aber lediglich hervor, wie viel Arbeiter gestrikt hätten und kontraktbrüchig geworden seien, nicht aber, welches die Ursache gewesen sei. In dem Augenblicke, wo die Arbeiter zum Strike griffen, seien sie meist derart erregt, daß sie sich durch derartig kleinliche Bestimmungen nicht würden be—⸗ schränken lassen. Der Erfolg werde keine Strikererminderung, son= dern lediglich der sein, daß die Arbeitgeber die Zwangsanleihe als Eigenthum in ihre Tafche steckten. Ob diese Bestimmung dazu an—⸗ gethan sei, die Zufriedenheit der Arbeiter zu fördern, lasse er dahin gestellt. Wie so ein Strike zu Stande komme, zeige der Ausstand der Tabackarbeiter in Hamburg, der bereits 13 Wochen dauere, Seit den siebliger Jahren sei der Lohn von 27.50 4 pro 1009 Cigarren derselben Sorte bei demselben Fabrikanten auf 20 , also um ein Drittel, heruntergegangen; dabel seien aber die Lebensmittelpreise be⸗ deutend gestiegen. Die Arbeiter hätten nun von einem Fabrikanten, der durch seine niedrigen Löhne besonders berüchtigt sei, eine Lohn erhöhung von 15 0 verlangt. Der Fabrikant habe 1097“ geboten, die Arbeiter hätten sich darauf eingelassen und seien zur Arbeit gegangen,. Sie hätten geglaubt, an Stelle von einer Mark in Zukunft 110 zu erhalten. Der Fabrikant babe sich aber eine Liste von 58 Sorten Cigarren angelegt gehabt. Bei gangbaren Sorten babe er eine Lohn zulage von — 400, bei anderen Sorten, die gar nicht geraucht würden, eine solche von 15—20 ½υ gemacht, sodaß bei den 58 Sorten zu— sammen 580 oυo oder durchschnittlich 10 0. herausgekommen seien. Nach Berechnung der Arbeiter habe tbatsächlich die Erhöhung des Lohnes 3— 4 0,υ, nach Berechnung des Fabrikanten allerdings 7* 100 betragen. Zu gleicher Zeit habe sich der Cigarrenfabrikantenverband gebildet und den Ausschluß aller Mitglieder des Deutschen Taback— und Cigarrenarbeiterbereins und des Freundschaftsklubs der Taback⸗ sortirer von der Arbeit beschlofen; und obgleich die Verhandlungen mit den Arbeitern in Hamburg inzwischen fortgefübrt worden seien, seien plötzlich am 24 November die Arbeiter, welche Mitglieder jener Vereine gewesen seien, entlassen. Dieser Ausschluß, zumal kurz vor Weihnachten, im harten Winter, habe die Arbeiter erregen und zur allgemeinen Arbeitsniederlegung führen müssen. Was würde es in folchen Fällen den Arbeiter kümmern, wenn er einen Wochenlobhn verlöre? Man nehme dabei immer an, daß der Arbeitgeber regel mäßig zahlungsfähig sei. Ein großer Theil der Erkenntnisse der Gewerbegerichte in Hamburg babe nur durch Zwangsvollstreckung, ein anderer Theil garnicht vollstreckt werden können. Ein Ar⸗ beitgeber, der so schwach bei Finanzen sei, könne leicht dazu greifen, den Arbeitnebmer zu chikaniren, um ihn zu veranlassen, davonzugehen; er behielte dann den Wochenlohn und stecke ihn in die Tasche, obwohl er der moralisch Schuldige sei.
Geheimer Regierungs⸗Rath Dr. Hoffmann: Er tbeile die Ansicht nicht, daß die gegenwärtige Bestimmung keine Aenderung des geltenden Rechts bedeute. Die Kommissionsvorlage verbiete dem Arbeitgeber, von einem bestimmten Tage an den Arbeits lohn einzubebalten. Es fehle in dem bestebenden Recht an irgend einer Bestimmung, welche es unzulässig erscheinen laffe, derartige Abrechnungen zu treffen, daß ein Theil des Lohnes erst später ausgezahlt werden solle. Die Baarzablung, die 8. 115 der Gewerbeordnung vorschreibe, könne sebr wohl auch zu einem späteren Termine erfolgen. Ebenso wenig stehe entgegen der S§ 117 der Gewerbeordnung. Man babe sich auf gerichtliche Ent⸗ scheidungen erster Instanz berufen für die Auffassung, daß beute schon Lobneinbehaltungen unzulässig seien. Ihm seien nur wenige Ent⸗ scheidungen bekannt geworden, speziell eine eines Landgerichts, die aber nach ihrer Begründung hier nicht herpasse. Es handele sich um einen Thatbestand, der ganz spezieller Natur und keineswegs tvvisch gewesen. Es haadele sich hier nicht um eine Maßregel des Uater⸗ nehmerschutzes, sondern des Arbeiterschutzes. Er bitte, den Kommissions⸗ antrag anzunehmen. , ö
Abg. Dr. Gutfleisch: Es sei in der Kommission das lebhafte Bestreben gewesen, eine Form dafür zu gewinnen, wie man die Frage der Lohntermine und Lohnfristen regeln sollte, da die gegenwärtige Gesetzgebung Lücken zeige. Man habe sich aber überzeugen müssen, daß es unmöglich sei, alle besonderen Verbältnisse in den verschiedenen Gewerbebetrieben zu überseben. Deshalb habe man auf ein Kom munalstatut zurückgegriffen. Was also gestern die Sozialdemokraten an unrichtiger Stelle und in unrichtiger Form beantragt hätten, überlasse seine Partei bier einem Ortsstatut. Auch sie halte es im Grunde nicht für besonders glücklich, dem Ortsstatut zu übertragen, was ge= setzlich geregelt werden sollte. Aber immerhin sei es besser, etwas zu thun, als gar nichts. Die Bestimmung, daß der von minder⸗ jährigen Arbeitern berdiente Lohn an die Eltern gezablt werden solle, wolle die elterliche Autorität stärken. Heute sei diese Frage in den verschiedenen Landesgesetzgebungen verschieden geregelt. Es könnte sehr wobl vorkommen, daß in einem Etablissement der Lohn für Minderjährige verschieden bejablt werden müßte, je nachdem der Arbeiter in diesem oder jenem Rechtsgebiete wohne. Was die Frage der kurzen oder langen Lohnfristen betreffe, o habe er nur die Möglichkeit betont, daß sich auch lange Lobnfristen empföhlen. Erstaunt sei er, wie die Sozialdemokraten die Wohlthaten dieses S 19a, namentlich im ersten Absatz, den Arbeitern entziehen wollten. Der Abg. Bebel selbst habe in Ter Kommission Fälle angeführt, wo die Arbeiter mehrere hundert Mark Lohn als Kaution hätten
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stehen lafsen müssen; das sei nun nicht mehr möglich nach der neuen Fassung des 5. 119 a. Seine (des Redners) Partei wolle nun auch für eine verabredete Strafe ebenfalls die Lobneinbebaltung den Betrag eines Wochenlohnes nicht übersteigen lassen. Nehme man den &. 119a nicht an, so bleibe die volle Vertragsfreiheit, und den Arbeitern könnten viele Hunderte Kaution wieder auferlegt werden. Wolle man diesen Zustand weiter dauern lassen? Sei nicht gerade nach dieser Seite ein Schutz erforderlich? ; ;
Abg. Dr. Hirsch: Die Ziffern 2 und 3 des jweiten Absatzes könne er im Gezensatz zum Vorredner nicht billigen; er werde iel⸗ mehr mit der Veölkspartei für deren Beseitigung stimmen. Wenn die Sozialdemokraten aber den Abs. 1 ablehnten, weil sie eine Berormundung des Arbeiters nicht wollten, so sei das ein Widerspruch in sich selbst. Dieser erste Absatz bewege sich ganz in der Richtung des Arbeiterschutzes und stebe nicht nothwendig im Zu⸗ sammenhange mit den Paragraphen, die von der Buße handelten; während er sich also gegen diefe erkläre, werde er für den Absatz des vorliegenden Paragraphen stimmen. Seine gestern zurückgezogene Resolution bringe er bier wieder ein, nur lasse er den Hizweis auf Kommunen und Kommunalverbände weg, weil auf deren Beschlüsse der Reichskanzler im Allgemeinen keinen Einfluß babe. Wissenschaft und Erfahrung lebrten, daß beim Einkauf auf Borg eine Erhöhung der Preise und Verschlechterung der Waare eintrete, und darum müffe Trade beim Arbeiter, der vom kärglichen Lohn sich und seine Familie erbalte, dem Borgspstem entgegengetreten werden; diesen Zweck verfolge seine Resolution, welche um so mehr am Platze sei, als sie sich nur auf öffentliche Betriebe beziehe, bei denen manches pekuniäre Interesse, das bei Privaten vorwiegen müsse, zurücktreten könne, und von denen an höchster Stelle bemerkt worden fei, daß fie den Privatzwecken als Muster vorangehen sollten.
Die Debatte wird geschlossen.
Abg. Singer: Vor der Abstimmung bezweifle er die Beschluß—⸗ fähigkeit des Hauses.
Abg. Dr., Windthorst: Er beantrage die Vertagung.
Durch Annahme dieses Antrages wird die Debatte um 5 Uhr auf Mittwoch 1 Uhr vertagt.
Haus der Abgeordneten. 41. Sitzung vom 24. Februar 1891
Der Sitzung wohnen der Minister der geistlichen 2c. Ange—⸗ legenheiten Dr. von Goßler, der Minister des Innern Herrfurth und der Finanz-Minister Dr. Miquel bei.
Die zweite Berathung des Einkom mensteuer— gesetzes wird fortgesetzt, und zwar in der Debatte über die 35. 84 und 85 und die dazu gestellten Anträge, sowie über den Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung der ãgex Huene (Verwendung von 20 Millionen Mark für Volks— schulbauten). .
Neu eingegangen ist folgender Antrag der Abgg. Freiherr von Zedlit und Richter:
S. L. Von dem gemäß 8. 1 des Gesetzes vom 14. Mai 1885 (GesetzSamml. S. 128) den Kommunalverbänden zu überweisenden Betrage von der aus landwirtbsckaftlichen Zöllen eingehenden Summe laben die Kommunalverbände, soweit sie nicht von dem Minister des Janern und dem Unterrichts. Minister von dieser Verpflichtung entbunden werden, für das Etatsjahr 1390 21 ein Drittel. für das Etatsjahr 1391582 ein Viertel zur Unterstüätzung von Gemeinden (Gutsbezirken, Schulverbänden) bei Volkeschulbauten bejw. zur Bil⸗ dung von Schulbaufonds zu verwenden.
§ 2. Die Beschlüsse über die Verwendung des §. 1 bedürfen der Genehmigung der Schulaufsichts behörde.
Abg. Frär. v. Zedlitz: Er ziebe den von freilonservativer Seite gestellten Antrag zurück. Andererseits werde die freikonservative Partei ür den Antrag Enneccerus stimmen, insoweit er aufrecht erkalten sei. Er glaube aber nicht, daß nach den Erklärungen hier im Hause in irgend einer Beziehung ein Antrag, 20 Millionen als Fonds für Schulbauten anzusammeln, Aussicht auf Annahme habe. Desbalb babe er mit dem Abg. Richter versucht, anschließend an den Ge— danken, den der Abg. Frbr. v. Huene in einem Antrag zum Ausdruck gebracht habe, einen Theil der aus der lex Huene flüssig werdenden Mittel zur Befriedigung der Volksschulbauzwecke zu verwenden. Finanziell edeute der Antrag gleichfalls, daß 20 Millionen zu diesem Zwecke verwendet werden sollten. Wenn im laufenden Jahre die Kreise min— destens 49 Millionen erhielten, so werde, selbst wenn jener Betrag zu Volksschulbauzwecken verwendet werde, immerhin noch die Hälfte übrig bleiben. Dem Bedenken, daß man damit denjenigen Kreisen einen Verwendungszweck auferlege, bei denen kein Bedürfniß vorbanden sei, sei dadurch begegnet, daß diejenigen Kreise oder großen Städte, in welchen solche Zwecke in dem Maße nicht vorhanden seien, von dieser Verpflichtung disvensirt würden. Es sollten nur diejenigen Kreise angehalten werden, einen Theil der Zuwendung für Schul⸗ bauzwecke zu verwenden, in denen in der That ein Bedurfniß zur Unterstüßzung der Gemeinden vorhanden sei. Es werde also der Grundgedanke der les Huene in keiner Weise alterirt. Der Antrag liege auch keineswegs außerhalb des Rahmens dieses Gesetzes. Es werde der künftigen Steuerreform nicht präjudizirt, sondern ibr im Gegentheil thunlichst positiv in Bezug auf die Ueberweisung der Grund und Gebäudesteuer vorgearbeitet. Indem der Antrag den ärmeren Landes tbeilen, er meine die östlichen Provinzen, eine Erleichterung der kommunalen Verpflichtungen zu Theil werden lasse, fördere derselbe den Gedanken der Ueberweisung der Grund⸗ und Gebäudesteuer. Redner wendet sich nunmehr gegen die übrigen Anträge, speziell auch den konservativen, den er für finanzpolitisch und konstitutionell bedenklich hält. Es sei ganz zutreffend, daß man nicht noch eine weitere Erleichterung der mittleren und kleinen Ein kommen in Aucssicht stelle, weil dieselbe nicht nothwendig und finanziell nicht realisirbar fei. Wenn man überhaupt Grund und Gebände⸗ stauer und auch die Gewerbesteuer beseitigen wolle, so müsse man die Mittel aus den Mehrerträgen dieser Vorlage nehmen. Der Hin⸗ einziehung der Frage der Quotisirung in diese Vorlage könne er nicht WUftimmen. Es sei kein Zweifel, daß, wenn in der Konfliktszeit die Duotisicung bestanden bätke, die Regierung damals ohne Ctat nicht die Zwecke hätte erfüllen können, welche nachher die große Mehrheit des Volkes durch Ertheilung der Indemnität an⸗ erkannt babe. Er theile nicht die Ansicht, daß durch die Quotisirung eine wesentliche Verschiebung der Machtverhältniffe in Preußen herbeigeführt werden würde. Er habe aber keine Ver— anlassrng, den Gedanken der Quotisirung gerade hier zu verfolgen, und es sei auch nicht gut, in einer Zeit, wo alle staatserbaltenden Elemente sich zusammenschaaren müßten und man große Aufgaben vor sich habe, diesen Versuch zu unternebmen. Die Vorlage wolle ja durchaus nicht der Staatskasse selbst weitere Mittel zuführen. Es sei nicht nöthig, das Prinzip der Quotisirung in dieser Vorlage in irgend einer Form zum Ausdruck zu bringen. Da Prinzip der Quotisirung stehe allerdings schon in dem Verwendungsgesetz (Portemonnategesetz), das aber bisher ein todter Buchstabe geblieben sei. Was der Abg. Graf Kanitz gegen die Quotistrung jagte, schießze allerdings weit über das Ziel hinaus; denn die Eisenbahntarife ließen sich nicht beliebig herauf⸗ und beruntersetzen, sondern richteten sich nach dem Verkehrs⸗ bedürfnisse. Uebrigens sei der Erlaß von drei Monatsraten im Be⸗ trage von 20 Millionen auch gegenüber unserem großen Etat nicht ganz bedeutungslos. Er sei bereit, bei der definitiven Steuerreform auch die Frage der Quotisirung zu erwägen, werde es aber dankbar begrüßen, wenn die Regierung selbst mit entsprechenden Anträgen käme. Bei einer Beschwerung dieser Vorlage durch die Quotisirung sei im Derrenhause nicht auf Annahme zu rechnen. Man möge also im Interesse des Zustandekommens des Gefetzes die Quotisirung heraus— lassen und lediglich den Kommissionsantrag mit dem von ihm einge⸗ brachten Antrag annehmen.
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Vor der Abstimmung möchte ich doch die Stellung der Staattregierung zu den einzelnen Anträgen noch etwas bestimmter bezeichnen, als ich das in meinen ersten einleitenden Be⸗ merkungen gethan habe.
Ich bin den Verbandlungen des Hauses und der Begründung der Anträge durch die verschiedenen Redner sehr aufmerksam gefolgt und kann nur an meiner Ansicht, die ich schon früher ausgesprochen habe, festhalten, daß es richtig ist, sämmtliche Anträge abzulehnen, soweit sie von der Regierungsvorlage abweichen, und nur eventuell, wenn die Regierungsvorlage keine Gnade vor Ihren Augen finden sollte, die Kemmissiortanträße anzunehmen.
Meine Herren, von verschiedenen Seiten, namentlich Hrn. Abg. Richter, ist gestern wiederum hervorgehoben, daß das Reformwerk der Staatsregierung ein nebel haftes, unklares und dunkles Womit ist diese Behauptung begründet? — nur dadurch, daß nicht schon jetzt alle Modalitäten des zweiten Schrittes der Reform der Ueberweisung von Grund ⸗ und Gebändesteuer in Verbindung mit einem Kommunal steuergesetz und in dem Bestreben, einen zweckmäßigen Unterschied in der Besteuerung des fundirten und nichtfundirten Einkommens zu machen, hier bereits vorliegen. Ich glaube, Sie werden mit zu— stimmen, wenn ich sage: wenn schon diese Vorlage, die, wie ich be⸗ haupte, auch ganz abgesehen von dem zweiten Schritt der Reform in sich ihre volle Berechtigung bat, die einen offenbar mangelbaften Za—⸗ stand unserer wichtigften Steuer, der Veranlagung der Einkommen steuer, Abbülfe schaffen soll, — so große Schwierigkeiten macht un so viele Gegner findet auf den verschiedensten Gebieten, so wäre nach meiner Meinung ein Versuch, den ersten Schritt der Reform mit dem zweiten zu verbinden, gleich dem unbedingten Scheitern der ganzen Reform gewesen. (Sehr richtig! rechts) Diejenigen also, die die Reform planmäßig bis zum letzten Zug durchführen, können auf solche Rathschläge sich nicht einlassen.
Wo liegt denn die Unklarbeit? Wir wollen erstens bei der Ein— kommensteuer eine große und gleichmäßige Heranziehung des Einkommens bei allen Steuerpflichtigen, wie wir sie bisher thatsächlich — das ist allseitig anerkannt, auch von dem Hrn. Abg. Richter — nicht batten. Wir wollen eine Erleichterung der unteren Steuerstufen, das Gesetz wird das herbeiführen. Wir wollen in der Gewerbesteuer gleichzeitig eine gerechte Beranlagung nach Maßgabe der Größe der Gewerbe⸗ betriebe und eine bedeutende Entlastung der bisber überlasteten kleine⸗ ren Betriebe. Wir werden dadurch die Mittel erlangen, in Ver— bindung mit den uns nun zur Diepesition stehenden Mitteln aus dem Aufkommen der landwirthschaftlichen Zölle zu dem zweiten Sckritt überzugehen, den ich schon oft bezeichnet habe, zur Beseitigung der Doppelbesteuerung, die hier eigentlich Niemand mehr zu vertheidigen wagt. (Sehr gut))
Meine Herren, die Nothwendigkeit, der Ueberlastung des Grund⸗ besitzes und auch der Gewerbebetriebe demnächst eine Ende zu machen, wird gerade durch diese Votlage aufs Aeußerste verschärft; denn so lange das Einkommen auch aus dem Grundbesitz mangelhaft veranlagt war, so lange nur ein geringer Theil des Reineinkommens in der Form der Einkommensteuer hberangejogen war, trat dieser Druck der Besteuerurg des Bruttoeinkommens ohne Abzug der Schulden aus dem Grund und Boden, neben der rollen Besteuerung des vollen Reineinkommens in der Schärfe nicht hervor, wie es in der Zukunft der Fall sein wird, und schon aus diesem Grunde muß nach meiner Meinung das Bestreben, dieser Doppel— besteuerung ein Ende zu machen, soweit es die Finanzlage irgendwie gestattet, verschärft werden durch die Vorlage, wie wir sie hier votiren.
Deshalb ist es auch nicht richtig, wenn der Hr. Abg. Weber meinte, es sei die Ueberweisung der Grund⸗ und Gebäudesteuer ledig⸗ lich als ein Schlepper dieses Einkommensteuergesetzes betrachtet worden. Nein, sie stehen in unerläßlichem Zusammenhang. Denn wenn man meines Erachtens die Unzertrennlichkeit beider Frage bisher schon nicht leugnen konnte, muß man zugeben, daß sie in Zu— kunft noch verschärft werden wird.
Meine Herren, nun geben wir aber noch einen Schritt weiter und sagen: es kann mit der bloßen Reform der Staats steuern uns auch nicht allein gedient sein, wir müssen aus der vorangegangenen Reform der Staatssteuern die Konsequenzen auf die Reform der Kommunal⸗ steuern zieher, und gerade der Hr. Abg. Richter bat früher mir in seiner Presse immer vorgeworfen, daß mein Streben, die Staats steuern zu reformiren ja nur die Nebensache träfe, die Hauptsache sei die Reform der Kommunalsteuern. Gut, diese Konsequenz ziehen wir, und die Voraussetzung dieser Reform der Kommunalsteuern ist eben die Ueberweisung der Grund- und Gebäudesteuer.
Aber weiter! Wer wie der Hr. Abg. Broemel hier eine Rede hält, wo er in den allerschärfsten Ausdrücken die schreiende Ungerechtig⸗ keit der gleichmäßigen prozentualen Besteuerung des fundirten und nichtfundirten Einkommens entwickelt, in solchen Ausdrücken, daß man wohl daraus konkludiren muß, daß er, wenn nicht schon jetzt seinen Wünschen entsprochen wird, dann das Gesetz für eine schreiende Un⸗ gerechtigkeit hält, — der kann doch auf die Frage: wie soll denn dieser Frage näher getreten werden, so lange die Gewerbsteuer, so lange wenigstens die Grund und Gebäudesteuer als Staatssteuer besteht, gar keine Antwort geben. Wir werden auch zu einer richtigen Regelung der verschiedenen Besteuerung der fundirten und nicht fundirten Einkommen ohne Ueberweisung der Grund⸗ und Gebäude⸗ steuer gar nicht gelangen. Im ganzen Hause — ich babe noch keine entgegengesetzte Stimme gehört — ist aber die Arschauung rerbreitet, daß demnächst zur Vollendung der Steuerreform, zur Herstellung einer wirklichen Gleichmäßigkeit der Steuerlast nach Maßgabe der Leistungs—⸗ fähigkeit die Lösung dieser Frage gehört.
Meine Herren, das sind doch ganz klare und einfache, unzertrenn⸗ lich zusammenhängende Gedanken, da ist von einer Unklarheit, von einer Nebelhaftigkeit nicht entfernt die Rede. Nun frage ich aber: welches Programm haben die Herren von der freisinnigen Partei diesem Programm der Staatsregierung gegenübergestellt Meine Herren, ich habe schon in meiner ersten einleitenden Rede gesagt, daß ich wohl hoffen dürfte, daß Diejenigen, welche das Prozramm, die ganzen Grundlagen der Steuerreform der Staatsregierung ver werfen, sich gegenüber der doch von allen Seiten im ganzen Lande anerkannten Reformbedürftigkeit der gegenwärtig bestebenden Staatssteuer verpflichtet halten müssen, ein positives Programm dem Regierungfprogramm gegenüberzustellen. Jetzt frage ich einen der Herren aus den übrigen Parteien: Haben Sie irgend eine Idee über
Meine Herren, ich will das etwas näher beleuchten. Der Hr. Abg. Rickert kat in der Kommission erklärt, er stimm— gegen das Gesetz lediglich wegen des Mangels der Quotisirung; er sei ein ent⸗ schiedener Freund der Deklaration, und im Uebrigen sei er mit dem Gesetz einverstanden. Der Hr. Abg. Richter hingegen hat uns geftern eine Pbilippika hier gebalten gegen die Ueberweisung von Grund. und Gebäͤudesteuer und dieselbe als ein rein azrarisches Programm be— zeichnet. Da babe ich also schor einen ber vorra nenden Redner aus dieser Partei, welcher erklärt: auch wenn die Quotisirung von der Staatsregierung angenommen wür würden wir doch gegen das Gesetz ö Noc K er sich gegen das Gesetz in der Richtung gewandt, : recht verändere, und man kann daher wohl di daß, selbst wenn die Staatsregierung die Quotis
ätte, dann doch schließlich noch andere Grund
sein würden, das Gesetz nicht anzunehmen. (Heiterkeit. Auf die Aeußerung des Hrn. Abg. Broemel habe ich ziehung ja auch schon bingewiesen; ö Nun, meine Herren, ich kann also nicht die Herren als Partei ertheilen; die verschied einander im Widerspruch, aber nar in Bet positives Gegenprꝛogramm habe ich keinesfal gehört. rechts) Ich bätte doch gewünsct, daß die Herren — Abg. Richter hat ja gesagt: gegen die Deklaration bin i ch nicht, aber es kommt auf die Modalitäten an; er hat uns aber di Modalitäten nicht namhaft gemacht — uns bestimmt erklärten: wir halten auch die Einkommensteuer, wie sie heute besteht, für unhaltbar, wir halte sie für unbedingt reformbedürftig, wir a iren das einzige Mit — denn wir haben auch kein a s Mittel si bessern: die Deklaration und anlagungsverfabrens; wir wollen die Grund. und Gebãudesteue weisen oder nicht überweisen, — eins vor iden; ganz klar sein. (Zuruf links: lex Huene) — Ueber di Einziebung der lex Huene habe ich mich in der bestimmtesten Weis schen aus- gesprochen. Ich sage also: aus diesem Verhalten kann ich keine Lehre ziehen, höchstens die, daß die ? egierungsvorlage auf dem richtigen Wege ist. (Sebr richtig! rechts. Hei . Meine Herren, ich komme von einigen Seiten dabin gerichte rechts als links ist das Weber auch e 84 seien eigentlich gar nicht röthig. meine die Reform des Einkommensteuergesetzes
; ot, und ich wäre der Meinung, wir könnten das Einkommensteuergesetz durchführen obne diese beiden Paragraphen (hört! ⁊hoͤrth and können schließlich doch r graphen steht. Vollkommen zutreffend! doch immer wertbvoll, wenn von
durch den §. 85 in einer durch das
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Staatsregierung dabin sich ausspricht, d
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was in diesen Para⸗
meine Herren, es ist r w durch den 5. 84 und zesetz festgelegten Weise die aß keine Mehrerträge fi die Staatskasse unmittelbar aus der Steuerreform erwartet diese Mehrerträge lediglich zur weiteren Durchfũhrung der reform verwenden will. Das halte ich für werthvoll; nicht minder aber, daß darüber kein Zweifel gelassen wird, daß diese Zweckverwen⸗ dung wesentlich die Ueberweisung von Grund- und Gebäudestzuer ist. Ich glaube, es sitzen neben dem Hrn. Abg. Weber eine Reihe von Abgeordneten, die ich hier vor mir sehe, die schon an und für sich etwas mißtrauisch geworden sind, ob es denn wirklich zur Ueber⸗ weisung der Grund und Gebäudestener kommen wird, die daher — wie die Anträge zeigen — sch möchten Ich babe früher schon dar Ja, was würden diese Herren erst gesagt steuergesetjz wenn der §. 384 nicht darin
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ß das nicht möglich ist.
en über das Einkommen⸗ estanden bätte! Sie würden erwidert haben: wir sollen h mehr Steuern bezahlen, und entlastet von dieser z Doppelbesteuerung sollen wir auch nicht erden. ine J s war richtig, jede Beruhigung ᷣ istli Ab der Staats⸗ regierung in dieser Beziehung zu geben überhaupt zu geben vermag.
Meine Herren, nun wollen erren von der Rechten lediglich den §. 81 und wollen den 8 S5 ablehnen. Auch dem kann ich in keiner Weise beitreten.
Meine Herren, wenn wir bis zum Jahre 1895, wie die Regle⸗ rung vorgeschlagen hat, wirklich nicht zu einem weiteren Schritt in der Reform kommen sollten, dann kann das Geld auch nicht auf ewige Zeiten tbesaurirt bleiben (sehr richtig ), dann muß doch irgend eine Verwendung der Mittel vorhanden sein, das war der 5. 85. Die Herren dort fürchten wahrscheinlich, daß, wenn der 5. 85 auf den §. 84 folgt, der 5. 84 keine Realisitung möglicherweise finden würde. Ich theile in dieser Beziehung ganz die Ansicht des Hrn. Abg. ron Zedlitz. Der §. 585 verstärkt die Sicherheit des Insleben⸗ tretens des 5. 84. Wollen doch die Herren sich einmal die Lage der Sache vorstellen im Jahre 1894. Wir haben Mehreinnahmen jedes Jahr gehabt, ich will sagen 15 Millionen, wir haben 30 Millionen aufgehãuft; Sie haben dafür gar keine andere gesetzliche Verwendung als Bebufs Durchführung des Steuerreformprogramms, Sie können nichts zur Schuldentilgung, nicht einmal nach Ihrem Beschluß zu allgemeinen staatlichen Ausgaben sonstiger Art verwenden. Und jetzt wird einem preußischen Abgeordnetenbause die Frage vorgelegt: sollen ziese Gelder und die in Zukunft aufkommenden , das Programm, welches nun die Herren von jener Seite (links) wollen? (Heiterkeit. ) zur Beseitigung der bestebenden Doppelbesteuerung, zur Ver⸗ wandlung der Grund⸗ und Gebäudesteuer in eine Kommunal steuer als Grundlage der weiteren Reform der Kommunal besteuerung dienen, oder sollen diejenigen Klassen, welche in der Ein— kommensteuer nur ein Reineinkommen zahlen, nur soviel, als sie zu zahlen nach ibren Vermögensverbältnissen wohl im Stande sind, nun wieder entlastet werden durch Reduktion der Sätze in der Einkommensteuer? Ich kann mir nicht denken, daß ein preußisches Abgeordnetenhaus gefunden wird, welches die letztere Frage gegen die erstere bejahen sollte.
Stellen Sie sich den Fall nur sehr scharf und deutlich so in Frage gestellt vor, so ergiebt sich die Antwort von selbst; aber ich wiederbole, wenn man dennoch mit der weiteren Durchführung der Steuerreform nicht zum Ziele kommen könnte, wenn man dann einen ganz anderen Weg einschlagen müßte, wenn man die Grund⸗ und Gebäudesteuer als Staatsstener behielte, wenn man dann, naturlich
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